Hochwertigkeit von Flanschverbindungen nach TA Luft

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Hochwertigkeit von Flanschverbindungen nach TA Luft
Flansche
Hochwertigkeit von Flanschverbindungen nach TA Luft
Rolf Hahn und Hans Kockelmann, Stuttgart
Die Begrenzung von Emissionen aus industriellen Anlagen wird in verschiedenen Regelwerken behandelt, z. B. in der Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) in Verbindung mit den Richtlinien VDI 2200 und VDI 2440. Die
TA Luft enthält u. a. für einige Schadstoffe auch Angaben zu zulässigen Emissionen. Für Flanschverbindungen, die durch
Leckagen einen hohen Anteil an den Emissionen haben, fehlen dagegen konkrete Hinweise zu den zulässigen Leckageraten
der geförderten Medien. Flanschverbindungen sollen nur verwendet werden, wenn sie verfahrenstechnisch, sicherheitstechnisch oder für die Instandhaltung notwendig sind. Für diesen Fall sind technisch dichte „hochwertige“ Flanschverbindungen entsprechend VDI 2440 zu verwenden.
H
ochwertige
Flanschverbindungen
müssen im Nachweisverfahren folgende Anforderungen erfüllen:
● geeignete konstruktive Ausführung für
den langzeitigen Betrieb,
● Dichtungsauswahl und Auslegung mit
relevanten Dichtungskennwerten,
● Nachweis der Einhaltung der spezifischen Leckagerate von 1·10-4 mbarl/
(s·m) für spezielle prüftechnische Randbedingungen in einer Bauartprüfung (Bauteilversuch).
Wird für das Betriebsmedium eine zulässige Leckagerate bzw. geforderte Dichtheitsklasse festgelegt und diese der Dichtheitsklasse des Prüfmediums zugeordnet
(wie z. B. im kerntechnischen Regelwerk),
dann kann im Rahmen der Auslegung
neben dem Festigkeitsnachweis unter Verwendung der Dichtungskennwerte auch
der quantitative Dichtheitsnachweis, d. h.
der Nachweis der Einhaltung der geforderten Dichtheitsklasse für das Betriebsmedium geführt werden. Unter diesen Voraussetzungen sind die ersten beiden der
o. g. Anforderungen für den Nachweise der
Hochwertigkeit einer Flanschverbindung
hinreichend. Der Bauteilversuch als dritte
Forderung im Hinblick auf die Hochwertigkeit von Flanschverbindungen entsprechend TA Luft ist nicht unumstritten und
aufgrund der festgelegten speziellen Prüfbedingungen (insbesondere werden keine
äußeren Kräfte und Momente einbezogen)
nur bedingt für die Bewertung des Verhaltens von Flanschverbindungen unter den
realen Betriebsbedingungen geeignet. Mit
ihm kann eigentlich nur das grundsätzliche Potenzial der Hochwertigkeit nachgewiesen werden.
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In diesem Beitrag werden schwerpunktmäßig die Vorgehensweise und die prüftechnischen Randbedingungen des Bauteilversuchs nach TA Luft und VDI 2200
bzw. VDI 2440 mit dem Prüfmedium Helium dargestellt. Darüber hinausgehend
werden vergleichende Untersuchungen
mit realen Prüfmedien (organische Kohlenwasserstoffe) berichtet. Schließlich
wird eine Klassifizierung unterschiedlicher
Dichtungsarten und -werkstoffe auf der
Basis experimenteller Untersuchungen
vorgenommen.
Forderungen der TA Luft
und der Richtlinie VDI 2440
Zielsetzung der TA Luft [1] ist es,
Vorgaben für die immissionsschutzrechtliche Beurteilung von Luftverunreinigungen zu schaffen (gesetzlicher Auftrag
nach § 48 Bundes-Immissionsschutzgesetz
(BImSchG)). Sie verbessert den Schutz vor
schädlichen Umwelteinwirkungen von
Produktionsanlagen für die Nachbarschaft
und die Allgemeinheit, entwickelt die Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen entsprechend
dem Stand der Technik weiter und trägt
durch konkrete Vorgaben zu höherer
Rechts-, Planungs- und Investitionssicherheit und damit unmittelbar zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren bei.
Zu Flanschverbindungen als mögliche
Quellen von diffusen Emissionen flüchtiger organischer Substanzen sagt die TA Luft
Folgendes:
● „Flanschverbindungen sollen in der Regel
nur verwendet werden, wenn sie verfahrenstechnisch, sicherheitstechnisch oder für die In-
standhaltung notwendig sind. Für diesen Fall
sind technisch dichte Flanschverbindungen
entsprechend der Richtlinie VDI 2440 (Ausgabe November 2000) zu verwenden.
● für Dichtungsauswahl und Auslegung der
Flanschverbindungen sind Dichtungskennwerte nach DIN 28090-1 (Ausgabe September
1995) oder DIN ENV 1591-2 (Ausgabe Oktober 2001) zugrunde zu legen.“
Anmerkung: DIN 28090-1 [3] wurde mit
der Herausgabe der DIN EN 13555 [4] zurückgezogen und EN 1591-2 liegt derzeit als
Entwurf 2007 vor.
● „die Einhaltung der spezifischen Leckagerate von 1·10-5 kPa·l/(s·m) (entspricht
1·10-4 mbar·l/(s·m)) ist durch erstmalige Bauartprüfung entsprechend Richtlinie VDI 2440
(Ausgabe November 2000) nachzuweisen.“
Anmerkung: Die Leckagerate bei der Dichtungsprüfung nach DIN EN 13555 wird
üblicherweise in mg/(s·m) angegeben, bei
der Bauartprüfung nach VDI 2440 in
mbar·l/(s·m). Beide Einheiten sind ineinander umrechenbar; z. B. gilt für
Helium die Beziehung lHe = 1·10-4 mbar·l/
(s·m)) = 0,165· 10-4 mg/(s·m).
Die in TA Luft zitierte Richtlinie
VDI 2440 „Emissionsminderung Mineralölraffinerien“ [2] sieht als eine besonders
wirksame Maßnahme zur Emissionsminderung bei Flanschverbindungen die Verwendung von „hochwertigen“ Dichtsystemen an. Hierzu gehören Metall- und
Schweißdichtungen sowie alle Dichtsysteme, die in einem Nachweisverfahren folgende Anforderungen erfüllen:
● die konstruktive Ausführung des Dichtsystems lässt eine bestimmungsgemäße
Funktion unter den Betriebsbedingungen
auf Dauer erwarten,
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Flansche
Tabelle 1Prüftechnische Festlegungen für den Nachweis der Hochwertigkeit von Flanschdichtungen nach TA Luft.
Prüfgerät
Als Prüfgerät wird in Anlehnung an DIN 28090-2 ein Prüfflanschpaar DN40 DIN EN 1092-1 mit vier kraftkalibrierten Messschrauben (DIN 28090-2) mit folgender Spezifikation für die Gestaltung der Dichtleisten und
-flächen festgelegt:
• Dichtflächenrauheit: 3,2 µm < Ra < 6,3 µm (DIN EN 13555)
• Dichtflächendurchmesser: Da = 88 mm, Di = 43,1 mm
Für Prüfungen mit Pressungen ≤ 30 MPa wird ein Prüfflanschpaar DN40 PN40 verwendet, für Prüfungen mit
höheren Pressungen ein Prüfflanschpaar DN40 PN160.
Prüfling (Dichtung)
Als Prüfling wird eine Dichtung DN40 (DIN EN 1514) verwendet.
Dichtungspressung
Die Dichtungspressung hängt von der Art der Dichtung, dem Betriebsdruck und der geforderten Dichtheitsklasse ab.
In VDI 2440 wird eine Pressung von 30 MPa festgelegt. Bei Dichtungen, die jedoch bereits bei einer Pressung von
30 MPa beschädigt werden oder die eine geringere Pressung erfordern, müssen entsprechend geringere Pressungen verwendet werden. Bei Dichtungen, die eine höhere (Mindestflächen-)Pressung als 30 MPa erfordern, und bei
Anwendungen, bei denen eine höhere Pressung gegeben ist (z. B. Flansche mit Nut und Feder), ist eine Prüfung
mit höherer Dichtungspressung vorzunehmen.
Montage
Die Schraubenkraft ist entsprechend DIN 28090-2 in vier Stufen (ca. 25 %, 50 %, 75 % und 100 %) durch ÜberKreuz-Anziehen aufzubringen. Der Verschraubungsvorgang ist innerhalb von 15 min abzuschließen. Nach weiteren
5 min ist die Vorspannung zu kontrollieren und ggf. nachzuziehen. Für die Montage sind vier Messuhren (Teilung
0,001 mm) erforderlich.
Warmlagerung
Warmlagerungstemperatur und Warmlagerungsdauer sind vom Dichtungswerkstoff abhängig und werden vom
Hersteller festgelegt.
Als Richtwerte für die Warmlagerungstemperatur gelten für PTFE-Dichtungen 150 °C, für Faserdichtungen 200 °C
und für Graphitdichtungen 300 °C. Spezielle Anforderungen können abweichende Prüftemperaturen notwendig
machen.
Die Warmlagerungsdauer soll für alle Dichtungswerkstoffe mindestens 48 h betragen. Bei Dichtungen, deren
Eigenschaften sich mit der Zeit unter dem Einfluss der Temperatur deutlich ändern, ist eine längere Warmlagerungsdauer zu wählen. In DIN 28090-1, Abschn. 7.3.5 „Leckageversuch nach Warmlagerung“ werden
z. B. Warmlagerungsdauern bis zu 2 000 h angesetzt. Werden kürzere Warmlagerungsdauern gewählt, ist vom
Hersteller zu belegen, dass die Alterungsphänomene innerhalb der Warmlagerungsdauer im Wesentlichen
abgeschlossen sind.
Ermittlung der Leckagerate
Nach der Warmlagerung und Abkühlung auf Raumtemperatur erfolgt die Ermittlung der Leckagerate ohne
Nachspannen der Verbindung. Bei Flanschverbindungen, bei denen der Betrieb überwiegend unter erhöhter
Temperatur erfolgt, darf die Ermittlung der Leckagerate unter Temperatur, ebenfalls ohne Nachspannen der Verbindung, erfolgen. Geprüft wird in der Regel mittels Massenspektrometer nach dem Vakuumverfahren. Andere
validierte Verfahren mit Helium sind ebenfalls zulässig. Die Leckagerate wird als Funktion der Zeit registriert und
nach 24 h bzw. 100 h Messzeit mit dem Leckageratenkriterium 1 · 10-4 mbar · l/(s · m) nach TA Luft und VDI
2440 verglichen. Die Abbruchkriterien der Leckageprüfung im Hinblick auf die Erfüllung oder Nichterfüllung der
Dichtheitsanforderung nach TA Luft und VDI 2440 sind in VDI 2200 (Flussdiagramm in Anhang C) festgelegt.
Bei der Demontage ist die Restschraubenkraft bzw. Restflächenpressung zu ermitteln und zu dokumentieren.
Prüfdruck
In VDI 2440 ist der Prüfdruck auf 1 bar und das Leckageratenkriterium auf 1 · 10-4 mbar · l/(s · m) festgelegt.
Alternativ kann mit einem Prüfdruck von 40 bar geprüft werden, wobei das Leckageratenkriterium dann 1 · 10-2
mbar · l/(s · m) beträgt.
● für
Dichtungsauswahl und Auslegung
der Flanschverbindungen sind Dichtungskennwerte nach DIN 28090-1 bzw.
DIN EN 1591 zugrunde zu legen (in TA Luft
übernommene identische Forderung),
● die Einhaltung der spezifischen Leckagerate von 1·10-4 mbar·l/(s·m) wird durch
erstmalige Prüfung nachgewiesen. Hierbei
wird ein Prüfverfahren mit einem HeliumMassenspektrometer bei einem Prüf-Differenzdruck von 1 bar absolut und einer Flächenpressung von 30 MPa angewandt.
Andere validierte Prüfverfahren, z. B. die
Druckabfallmethode nach DIN 28090-2
[3] oder die Spülgasmethode sind zulässig.
Hierbei ist auf die Einheit mbar·l/(s·m) für
die Leckagerate umzurechnen. Vor der
Leckagemessung wird die Dichtung bei
maximaler Betriebstemperatur im montierten Zustand an Luft gelagert. Der Nachweis wird an einem für das Dichtsystem repräsentativen Prüfling durch den Hersteller erbracht. Der Hersteller dokumentiert
die Prüfbedingungen und -ergebnisse und
stellt sie auf Anforderung zur Verfügung.
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Der von TA Luft und VDI 2440 geforderte
„Bauteilversuch“ dient dem prinzipiellen
Nachweis der Hochwertigkeit einer
Flanschdichtung bezüglich des Abdichtvermögens. Sind in der praktischen Anwendung jedoch aufgrund anlagenspezifischer Gegebenheiten andere Randbedingungen als im „Bauteilversuch“ gegeben,
folgert dies auch für die „hochwertigen“
Dichtelemente Überschreitungen der
genannten Leckageraten-Kriterien. Die
Leckageraten-Anforderungswerte nach der
derzeitigen Fassung der VDI 2440 und der
TA Luft sind also keine Werte, die Dichtverbindungen in der betrieblichen Anwendung unter allen Umständen erfüllen müssen.
In der Richtlinie VDI 2440 [2] sind mangels ausreichender Grundlagen zum Zeitpunkt der Erstellung keine prüftechnischen Details festgelegt. Es wird aber bei
Flanschverbindungen auf die damals erwartete und kürzlich erschienene Richtlinie VDI 2200 [5] verwiesen, in die entsprechende Festlegungen zu den prüftech-
nischen Randbedingungen aufgenommen
wurden.
Die Entwicklung eines geeigneten Prüfverfahrens und einer entsprechenden Prüfeinrichtung für den Nachweis der Hochwertigkeit von Flanschdichtungen im
Sinne von TA Luft und VDI 2440 und die
Klassifizierung der unterschiedlichen
Dichtungsarten und -werkstoffe hinsichtlich ihres Hochwertigkeitspotenzials war
Gegenstand eines an der Materialprüfungsanstalt (MPA) Universität Stuttgart
durchgeführten Forschungsvorhabens [6].
Im Zuge der Erstellung der PAS 1050 „Leitfaden zur Umsetzung der TA-Luft in der
chemisch-pharmazeutischen Industrie“
[7] wurde darüber hinaus an der Materialprüfungsanstalt (MPA) Universität Stuttgart ein alternatives praxisorientiertes
Prüfverfahren mit realen Prüfmedien (flüssige und gasförmige organische Kohlenwasserstoffe) entwickelt und angewendet
[8]. Über diese Ergebnisse wird nachfolgend auszugsweise berichtet.
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Flansche
Prüfverfahren für den Nachweis
der Hochwertigkeit von Flanschdichtungen im Sinne von TA Luft
und VDI 2440
Die prüftechnischen Randbedingungen
des Bauteilversuchs zum Nachweis der
Hochwertigkeit von Flanschdichtungen
im Sinne von TA Luft und VDI 2440 sind in
VDI 2200 festgelegt. Die Wertigkeit dieses
Versuchs wird durch das folgende Zitat aus
VDI 2200 relativiert: „Der Leckageversuch
nach VDI 2200 (Weiterentwicklung des Versuchs nach VDI 2440) ist ein Bauteilversuch
zur Klassifizierung von Flanschdichtungen.
Die Erfüllung des Anforderungswertes (Leckageratenkriterium) ... bedeutet nicht zwingend,
dass mit einer entsprechend zertifizierten
Dichtung unter allen betrieblichen Umständen
eine Flanschverbindung mit besonders niedriger Leckagerate erreicht wird. Dies ist nur in
Verbindung mit einer fachgerechten Auslegung
(Dichtungskennwerte nach DIN EN 13555)
und Montage der Flanschverbindung zu gewährleisten (vergleiche VDI 2440, Abschnitt
3.3.1.4 „Flanschverbindungen“). Insofern hat
die Einhaltung der geforderten Leckagerate nur
eine untergeordnete Bedeutung. Da die Ergebnisse eines unter speziellen Randbedingungen
durchgeführten Bauteilversuchs nicht allgemein auf die Praxis übertragbar sind, sollte
erwogen werden, künftig für technisch dichte
Flanschverbindungen den Nachweis der Einhaltung geforderter Dichtheitsklassen zu erbringen. Bei einer Überarbeitung der maßgebenden Regelwerke bestünde dann die Aufgabe, in Abhängigkeit vom Gefährdungspotenzial der Medien die geforderten Dichtheitsklassen festzulegen.“
Idealerweise sollten die Bedingungen
des Bauteilversuchs die realen Betriebsbedingungen widerspiegeln. Dies ist allerdings insbesondere angesichts der großen
Zahl an Medien, die in chemischen Anlagen vorkommen, derzeit noch nicht mög-
Bild 2 Prüfflanschverbindung geöffnet.
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Bild 1Prüfanordnung für die TA Luft-Prüfung mit Helium-Massenspektrometer (MSM).
lich. Deshalb wird dieser Bauteilversuch
unter von der Realität abstrahierenden
Randbedingungen mit einem Referenzmedium durchgeführt. Hierzu wird aus
messtechnischen Gründen Helium verwendet. Das Dichtheitskriterium sollte
sich andererseits idealerweise am Gefahrenpotenzial des gegebenen Mediums orientieren. Da es aber auch in dieser Hinsicht
– wiederum angesichts der großen Zahl an
Medien, die in chemischen Anlagen vorkommen – keine umfassenden Kenntnisse
gibt, wird für das Referenzmedium Helium
eine bestimmte Leckagerate festgelegt:
1·10-4 mbar·l/(s·m) bei Prüfdruck 1 bar
(VDI 2440) bzw. 1·10-2 mbar·l/(s·m) bei
Prüfdruck 40 bar (VDI 2200).
Die auf der Basis der Ergebnisse des Vorhabens [6] getroffenen Festlegungen in
VDI 2200 sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Bild 3 Montierter Zustand.
Prüfeinrichtung für den Hochwertigkeitsnachweis nach
TA Luft für Flanschdichtungen
In Bild 1 ist der Messaufbau schematisch dargestellt. Die Prüfflanschverbindung, Bild 2, ist mit einem handelsüblichen Vakuum-Blindflansch verschweißt.
Die Flansche werden mit speziellen hohl
gebohrten Messschrauben verspannt
(Bild 3), in die ein unbelasteter Messstift
eingeschweißt ist. Die Schraubenkraft wird
über aufgeschraubte Messuhren bestimmt
(Bild 4), die die Kraft als Längenänderung
der kalibrierten Schrauben gegenüber dem
unbelasteten Messstift anzeigen.
Nach der Montage wird die Prüfflanschverbindung entweder mittels einer im Inneren der Verbindung integrierten Heizpatrone oder in einem Ofen warm ausgelagert. Die Einbauflächenpressung der Dichtung, die Warmlagerungstemperatur und
-dauer sind abhängig vom Dichtungswerkstoff. Für Graphit-Spießblechdichtungen
Bild 4 Aufgesetzte Messuhren.
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Flansche
gelten beispielsweise folgende Richtwerte:
Einbauflächenpressung: 30 MPa
Warmlagerungstemperatur: 300 °C
Warmlagerungsdauer: 48 h
Nach der Warmlagerung kann die Prüfanordnung auf Raumtemperatur abgekühlt oder auch bei Warmlagerungstemperatur belassen werden. Danach wird ein
Rezipient über die Prüfflanschverbindung
gestülpt und am Vakuum-Blindflansch abgedichtet. Mittels Massenspektrometer
(MSM) und ggf. einer Hilfspumpe wird der
Rezipient dann evakuiert. Nach Erreichen
einer bestimmten Vakuumqualität (ca.
1·10-3 mbar) ist eine verlässliche Messung
mit dem Massenspektrometer gewährleistet. Sofern die Heliumkonzentration im abgedichteten Raum der Prüfflanschverbindung etwa 100 % ist, zeigt das MSM unmittelbar die Leckagerate der Dichtverbindung in mbar·l/s an. Durch Bezug auf den
mittleren Dichtungsumfang ergibt sich die
in TA Luft bzw. VDI 2440 gebräuchliche
spezifische Leckagerate in mbar·l/(s·m).
In VDI 2200 ist alternativ zum Grenzwert 1·10-4 mbar·l/(s·m) bei 1 bar Prüfdifferenzdruck ein Leckageratenkriterium von
1·10-2 mbar·l/(s·m) bei einem Prüfdruck
von 40 bar definiert. Die Leckageratenmessung bei 40 bar Innendruck ist als sinnvoller anzusehen, weil dies den realen Betriebsbedingungen in Anlagen weit eher
entspricht bzw. für viele Anwendungen abdeckend ist. Darüber hinaus ist diese Messung prüftechnisch einfacher zu realisieren und verlässlicher. Zudem können bei
dem geringen Prüfdruck von 1 bar andere
Strömungsverhältnisse vorliegen als bei
höheren Drücken, die eher der Realität entsprechen. Die Bauteilprüfung bei einem
Differenzdruck von 1 bar lässt damit keine
gesicherte Übertragung der Messwerte auf
Leckageraten zu, wie sie in der Praxis gegeben sind.
Aus strömungstechnischer Sicht stellt
das Kriterium 1·10-2 mbar·l/(s·m) bei 40 bar
im Vergleich zu 1·10-4 mbar·l/(s·m) bei 1 bar
eher eine höhere Anforderung an die
Dichtheit dar.
Bild 5 Klassifizierung der Flanschdichtungsarten und -werkstoffe hinsichtlich
ihres Hochwertigkeitspotenzials gemäß TA Luft (1 bar (oben) und 40 bar (unten)
Prüfdifferenzdruck).
FA: Faserdichtung, GR: Graphit-Dichtung,TF: PTFE-Dichtung, KPG :Kammprofildichtung mit Graphit, KPT: Kammprofildichtung mit PTFE, SWG: Spiraldichtung mit Graphit, SWT: Spiraldichtung mit PTFE, WEG: Wellringdichtung mit Graphit, TFEn: PTFE-Hüllendichtung, StG: Graphit mit Stahlkern, StTF: PTFE mit Stahlkern
Tabelle 2 Klassifizierung der unterschiedlichen Dichtungsarten und -werkstoffe nach
EN 1514 (PN-Bezeichnung) und EN 12560 (Class-Bezeichnung) hinsichtlich ihres Hochwertigkeitspotenzials (Erläuterungen im Text).
Dichtungsart/Dichtungswerkstoff
Flachdichtungen aus nichtmetallischem Werkstoff
mit oder ohne Einlagen
Die Ergebnisse einer Auswahl an Untersuchungen an Flanschdichtungen werden
in Bild 5 sowohl für den Prüfdifferenzdruck 1 bar als auch 40 bar zusammengefasst. Weiterhin ist auch die Restpressung
und die Relaxation dargestellt (Bild 6).
Hieraus können Hinweise auf das Hochwertigkeitspotenzial der einzelnen Dich-
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Faser-Basis
Graphit-Basis „konventionell“
Graphit-Dichtsystem
PTFE-Basis
+
Nichtmetallische Weichstoffdichtungen mit PTFE-Mantel
++
Dichtungen aus Metall mit gewelltem, flachem oder gekerbtem Profil
+
RTJ-Dichtungen aus Metall
(++)
Kammprofildichtungen
++
Metallummantelte Dichtungen mit Auflage
+/-
++:
+:
+/-:
(++):
*)
+/+/+
++
Spiraldichtungen
*)
Klassifizierung der Flanschdichtungsarten und -werkstoffe hinsichtlich ihres Hochwertigkeitspotenzials gemäß TA Luft
Hochwertigkeitspotenzial
sehr hohes Hochwertigkeitspotenzial
hohes Hochwertigkeitspotenzial
kein sicheres Hochwertigkeitspotenzial
bisher keine Erfahrungen; hohes Hochwertigkeitspotenzial vermutet
tungsarten abgeleitet werden. Eine solche
Klassifizierung auf der Basis einer beschränkten Anzahl an Untersuchungen an
wenigen Exemplaren eines Dichtungstyps
kann natürlich keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben, es können jedoch Tendenzen angegeben werden. Wie
die bisherige Erfahrung mehrfach gezeigt
hat, können Dichtungen, die in ihrer Standardausführung die Anforderungen von
TA Luft bzw. VDI 2440 nicht erfüllen,
durch gezielte Optimierungsmaßnahmen
so weit verbessert werden, dass sie dann
den Anforderungen genügen.
Tabelle 2 zeigt die Klassifizierung der
unterschiedlichen Flanschdichtungsarten
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Flansche
und -werkstoffe hinsichtlich ihres Hochwertigkeitspotenzials unter den o. g.
Aspekten und Einschränkungen. Bei einigen Dichtungsarten (Dichtungssysteme
auf der Basis von Graphit, Flachdichtungen auf der Basis von PTFE, Weichstoffdichtungen mit PTFE-Mantel, Kammprofildichtungen mit Graphit- oder PTFE-Auflage) ist ein eindeutiges Hochwertigkeitspotenzial gegeben. In anderen Fällen
(„konventionelle“ Graphit-Flachdichtungen und metallummantelte Dichtungen
mit Auflage) ergibt sich kein einheitliches
Bild; es gibt Varianten, die das Hochwertigkeitskriterium klar einhalten, und andere,
die die Anforderungen nicht erfüllen. Dieser Sachverhalt spiegelt die große Qualitätsspanne in diesen Dichtungsgruppen
wider.
Mit metallischen Ring-Joint-Dichtungen (RTJ) liegen bisher keine Erfahrungen
vor. Die Prüfung müsste, abweichend von
den o. g. Festlegungen und Tabelle 1, in speziellen, für RTJ-Dichtungen geeigneten
Flanschen durchgeführt werden. Für diese
Dichtungsgruppe ist aber bei sachgemäßer
Ausführung ein hohes Hochwertigkeitspotenzial zu vermuten.
Bild 6 Relaxation und Restpressung beim Hochwertigkeitsnachweis an Flanschdichtungen
gemäß TA Luft.
Alternatives praxisorientiertes
Prüfverfahren zum Hochwertigkeitsnachweis für Flanschdichtungen nach TA Luft
Vergleich der Leckageratenmessung
mit Helium-Massenspektrometrie
und der Druckanstiegsmethode als
alternatives Prüfverfahren
Helium, ein relativ teures Prüfgas, wird
hauptsächlich zum Nachweis von minimalen Undichtigkeiten verwendet. Der typische Anwendungsbereich der HeliumMassenspektrometrie liegt unterhalb 1·10-6
mbar·l/(s·m).
Beim
Nachweis
von
Leckageraten
der
Größenordnung
1·10-4 mbar·l/(s·m) kommt die MSMMessung bereits in die Nähe der oberen
Messbereichsgrenze und ist eigentlich zu
aufwendig. Bei höheren Leckageraten
(Größenordnung 1·10–2 mbar·l/(s·m)) sowie bei Messungen über viele Stunden wird
Helium im MSM angereichert und kann so
zu einer Verfälschung der Messergebnisse
führen.
Eine verlässlichere und auch wesentlich
preiswertere Messmethode stellt die
Druckanstiegsmethode dar. Dabei wird das
MSM durch einen Pumpstand in Verbindung mit einem Absperrventil und einem
präzisen Druckaufnehmer ersetzt (Bild 7).
Der Pumpstand (Fa. Pfeiffer Typ Turbocube) ist eigentlich Bestandteil eines han-
36
Bild 7 Abgewandelter Prüfaufbau für die Druckanstiegsmethode.
delsüblichen MSM. Er setzt sich zusammen
aus einer Drehschieberpumpe mit nachgeschalteter Turbo-Molekularpumpe zur
Verbesserung des Saugvermögens. Mit diesem Pumpstand kann relativ leicht ein
Druck < 1·10-4 mbar erreicht werden. Der
Membrandruckaufnehmer vom Typ Baratron arbeitet kapazitiv und ist unabhängig
von der Gasart. Er hat einen Messbereich
von 1·10-4 bis 1·10 0 mbar und gibt ein lineares analoges Messsignal zwischen 0 und
10 V aus. Das Messsignal wird mit einem
Analog/Digitalwandler mit einem Computer aufgezeichnet. Der Druckaufnehmer ist
bis 2 bar druckfest, für den Fall, dass ein unvorhergesehener plötzlicher Druckanstieg
auftreten sollte.
Eine Leckagerate von 1·10-4 mbar·l/s
führt in Verbindung mit einem realistischen Rezipientenvolumen von 10 l in 10 s
zu einem Druckanstieg von 1·10-4 mbar.
Der physikalische Zusammenhang ist einfach und ideal linear. Der Vorteil der
Druckanstiegsmethode besteht darin, dass
die Leckagerate für beliebige Medien ermittelt werden kann. Dabei haben langsame
Druckschwankungen, die z. B. durch die
Änderung der Umgebungstemperatur verursacht werden, keinen Einfluss auf die
Leckagerate, wenn diese aus der Druckdifferenz kleiner Zeitintervalle berechnet
wird. Lediglich bei sehr niedrigen Leckageraten, bei denen der Druckanstieg nur über
stundenlange Messungen nachgewiesen
werden kann, muss die Temperaturänderung rechnerisch kompensiert werden.
Um
das
Ausgangsvakuum
von
1·10-4 mbar zu erreichen, muss der Rezipient mit dem Pumpstand u. U. 24 h und
länger abgepumpt werden. Mit Ausheizen
kann diese Zeit verringert werden. Selbst
geringfügige Leckagen durch die Dichtung
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Flansche
bzw. aus dem System können dazu führen,
dass das angestrebte Ausgangsvakuum
nicht ganz erreicht wird. Der kleinste erreichbare Druck ist bei genauer Kenntnis
des effektiven Saugvermögens des Pumpstands ebenfalls ein Maß für die Leckagerate.
Druckanstiegsmethode
und Validierung
Vor der Messung mit der Druckanstiegsmethode wird zunächst die Eigenleckage
des Systems bestimmt, die auf eine nichthermetische Abdichtung des Rezipienten
und der Verbindungselemente zurückzuführen ist. Es muss sicher gestellt sein,
dass diese Eigenleckage deutlich niedriger
ist als die Leckagerate der Dichtung. Gegebenenfalls ist eine Korrektur der Eigenleckage bei der Versuchsauswertung vorzunehmen.
Danach wird die Prüfflanschverbindung
zusammen mit dem Rezipienten evakuiert
und anschließend die Pumpe abgesperrt.
Als Nächstes wird die Prüfflanschverbindung mit Prüfgas druckbeaufschlagt und
der Druckanstieg als Funktion der Prüfdauer aufgezeichnet. Die spezifische
Leckagerate ergibt sich nach folgender Beziehung:
λ=
∆p V
mbar ⋅ l
⋅
in
∆t lm
s⋅m
Das Volumen V des Rezipienten beträgt
abzüglich des Volumens der Prüfflanschverbindung 12 l. Der mittlere Umfang lm
von Dichtungen DN40 PN40 beträgt
0,215 m. Dp/DT stellt die zeitliche Ableitung des Druckanstiegs dar.
Zur Validierung der Druckanstiegsmethode werden die ermittelten Messergebnisse von Untersuchungen an einer
Graphit-Spießblechdichtung vom Typ
Sigraflex Universal bei 1 bar und bei 40 bar
mit denen der MSM-Messung verglichen
(Tabelle 3). Der Vergleich zeigt gute Übereinstimmung. Das Ergebnis der MSM-Messung bei 40 bar ist eher unzuverlässig, weil
es sehr dicht an der oberen Messbereichsgrenze liegt. Hier ist die Druckanstiegsmethode verlässlicher.
Tabelle 3 Ergebnisse der Validierungsversuche an einer Graphit-Spießblechdichtung
bei 1 bar absolut und 40 bar Überdruck (Helium).
Innendruck
1 bar absolut
40 bar Ü
MSM Maximalwert in mbar · l/(s · m)
1,6 · 10-3
5,5 · 10-2
Druckanstiegsmethode in mbar · l/(s · m)
1,5 · 10-3
4,7 · 10-2
Tabelle 4 Ergebnisse der Untersuchungen mit organischen Gasen.
1 bar absolut
35 bar Ü
Methan in mbar · l/(s · m)
1,1 · 10-3
nicht geprüft
Ethan in mbar · l/(s · m)
1,7 · 10-3
3,7 → 4,0 · 10-2
Methan ergab bei 1 bar Druck eine Leckagerate von 1,1·10-3 mbar·l/(s·m), Ethan
1,7·10-3 mbar·l/(s·m) (Tabelle 4). Bei
35 bar Überdruck (max. Flaschendruck)
lag die Leckagerate von Ethan nach
vierstündiger
Prüfdauer
bei
ca.
3,7·10-2 mbar·l/(s·m). Aus dem Verlauf der
noch nicht stationären Leckagerate in Abhängigkeit von der Zeit lässt sich ein Endwert knapp über 4,0·10-3 mbar·l/(s·m) abschätzen. Die Leckageratenkriterien von
TA Luft/VDI 2440 und VDI 2200 werden in
allen Fällen nicht eingehalten.
Als flüssige Medien kamen die Alkohole
Methanol CH3-OH (99,8 %) und Ethanol
C2H5-OH (90 %) zum Einsatz. Die Messungen wurden ausschließlich bei 40 bar Überdruck vorgenommen.
Leckagen in Form von Flüssigkeiten in
den erwarteten Größenordnungen sind
äußerst schwierig nachzuweisen. Die aus
der Dichtung austretende Flüssigkeitsmenge ist minimal und es dürfte praktisch
unmöglich sein, diese quantitativ zu erfassen. Die Druckanstiegsmethode hat den
Vorteil, dass durch den Unterdruck im
Rezipienten der Dampfdruck der Flüssigkeiten unterschritten wird, womit austretende Flüssigkeiten sofort verdampfen und
gasförmig werden. Vermutlich wird auf
diese Weise die Leckagerate überschätzt,
weil Flüssigleckagen normalerweise lediglich verdunsten und nicht verdampfen. Da
sich das Vakuum wahrscheinlich ein Stück
weit von außen in die Dichtung fortsetzt,
ist auch die wirksame Dichtungsbreite geringer als in der Realität. Die Messergebnisse können deshalb als konservativ angesehen werden.
Methanol: Zunächst wurden die Prüfflanschverbindung und der Rezipient gemeinsam evakuiert. Anschließend wurde
die Prüfflanschverbindung mit Methanol
mit 40 bar Überdruck befüllt. Der folgende
Druckanstieg zeigt, dass die Dichtung nur
langsam vom Medium durchdrungen wird
(Bild 8) (Kurve 1). Nach ca. 8 h nahm die
Druckanstiegsrate zu, gleichbedeutend
mit der Zunahme der Leckagerate (Bild 9)
(Kurve 1). Es folgten weitere Abpumpvorgänge und Druckanstiegsmessungen (Kurven 2 bis 5). Dabei nahm der erreichbare
minimale Enddruck zunächst mit steigender Zeit zu. Ab ca. 150 h Prüfdauer ist der
Enddruck dann konstant.
Die aus dem Druckanstieg berechnete
Leckagerate führt nach dieser Zeit zu Werten um etwa 8·10-3 mbar·l/(s·m). Damit
Leckageratenmessung
mit gasförmigen und flüssigen
organischen Medien
Die folgenden Untersuchungen wurden
ebenfalls an einer Graphit-Spießblechdichtung vom Typ Sigraflex Universal
durchgeführt. Als gasförmige Medien kamen Methan und Ethan zum Einsatz.
TÜ Bd.49 (2008) Nr. 10 - Oktober
Bild 8 Prüfmedium Methanol bei 40 bar Ü: Druckanstieg als Funktion der Zeit.
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Flansche
Bild 9 Prüfmedium Methanol bei 40 bar Ü: Leckagerate als Funktion der Zeit.
wird das in der VDI 2200 geforderte Leckagekriterium von 1·10-2 mbar·l/(s·m) für
40 bar eingehalten.
Ethanol: Die Versuchsdurchführung war
ähnlich wie bei den oben beschriebenen
Untersuchungen mit Methanol. Der
Druckanstieg lässt auch hier erkennen,
dass die Dichtung sehr langsam vom Prüfmedium durchdrungen wird (Bild 10)
(Kurve 1). Nach ca. 15 h nahm die Druckanstiegsrate und damit die Leckagerate zu,
(Bilder 10 und 11) (Kurve 1). Danach folgten weitere Abpumpvorgänge und Druckanstiegsmessungen (Kurven 2 bis 8). Der erreichbare minimale Enddruck nahm hier
ebenfalls zunächst mit steigender Zeit zu,
ab ca. 100 h ist er wieder konstant.
Die aus dem Druckanstieg berechnete
Leckagerate führt nach dieser Zeit zu Werten um etwa 5,5·10-3 mbar·l/(s·m). Damit
wird das in der VDI 2200 geforderte Leckageratenkriterium von 1·10-2 mbar·l/(s·m)
für 40 bar deutlich unterschritten.
Die Ergebnisse der Untersuchungen mit
den Prüfmedien Methanol und Ethanol
sind in Tabelle 5 zusammengefasst.
Schlussfolgerungen
Bild 10 Prüfmedium Ethanol bei 40 bar Ü: Druckanstieg als Funktion der Zeit.
Bild 11 Prüfmedium Ethanol bei 40 bar Ü: Leckagerate als Funktion der Zeit.
Tabelle 5 Ergebnisse der Untersuchungen mit organischen Flüssigkeiten.
40 bar Ü
Methanol in mbar · l/(s · m)
8,0 · 10-3
Ethanol in mbar · l/(s · m)
5,5 · 10-3
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Der Nachweis der Hochwertigkeit von
Flanschdichtungen, richtiger von Flanschverbindungen, im Sinne der TA Luft und
der Richtlinie VDI 2440 ist im Gegensatz zu
häufigen Darstellungen als eine komplexe
Problemstellung zu betrachten und bedingt mehr als nur die Einhaltung eines bestimmten Leckageratenwerts in einem speziellen Bauteilversuch. Die wichtigste Voraussetzung für den Nachweis der Hochwertigkeit von Flanschverbindungen ist
die sachgemäße Auslegung mit Festigkeitsund Dichtheitsnachweis unter Verwendung von leckageraten- bzw. dichtheitsklassenbezogenen Berechnungskennwerten. Der in TA Luft geforderte Bauteilversuch allein ist unzureichend.
Über die in TA Luft und VDI 2440 explizit genannten Anforderungen hinausgehend, sind als weitere wichtige Forderungen im Hinblick auf Hochwertigkeit
anzusehen:
● Qualitätsgesicherte
Dichtungsherstellung. Dies kann durch Qualitätsmanagement beim Hersteller und durch Einhaltung der Anforderungen in entsprechenden Qualitätsnormen (DIN 28091 [9],
EN 14772) gewährleistet werden.
● Kontrollierte Montage, mit der die bei
der Auslegung bestimmte Einbauschraubenkraft mit eng begrenzter Streuung realisiert werden kann.
TÜ Bd.49 (2008) Nr. 10 - Oktober
Flansche
Literaturverzeichnis
Mit der Druckanstiegsmethode wurde
ein alternatives Messprinzip für den Nachweis der Hochwertigkeit von Flanschdichtungen entwickelt, das auf einfachsten
physikalischen Gesetzen basiert, und im
Vergleich mit der bisher standardmäßig
verwendeten Helium-Massenspektrometrie validiert. Der Vorteil der Druckanstiegsmethode besteht u. a. darin, dass
für viele flüchtige Medien Leckageratenmessungen vorgenommen werden können. Es wurde nachgewiesen, dass mit
Methanol und Ethanol das Leckagekriterium der VDI 2200 für 40 bar Innendruck
eingehalten wird.
TÜ 757
Dipl.-Ing. Rolf Hahn, Dr.-Ing. Hans
Kockelmann, Materialprüfungsanstalt
(MPA) Universität Stuttgart, Abteilung
Beanspruchungsanalysen.
TÜ Bd.49 (2008) Nr. 10 - Oktober
[1] Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft) vom 24. Juli
2002. GMBl. (2002) Nr. 25-29,
S. 511-605.
[2] VDI 2440: Emissionsminderung
Mineralölraffinerien. Berlin: Beuth-Verlag 2000.
[3] DIN 28090: Statische Dichtungen
für Flanschverbindungen. Teil 1:Dichtungskennwerte und Prüfverfahren; Teil
2:Dichtungen aus Dichtungsplatten;
Spezielle Prüfverfahren zur Qualitätssicherung; Teil 3:Dichtungen aus Dichtungsplatten; Prüfverfahren zur Ermittlung der chemischen Beständigkeit.
Berlin: Beuth-Verlag 1995.
[4] EN 13555: Flanges and their
joints; gasket characteristics and test
procedures relevant to design rules for
gasketed circular flange connections.
2004.
[5] VDI 2200: Dichte Flanschverbindungen – Auswahl, Auslegung,
Gestaltung und Montage von verschraubten Flanschverbindungen.
Berlin: Beuth-Verlag 2007.
[6] /AiF/DECHEMA Forschungsvorhaben 13239 N: „Nachweis der Hochwertigkeit von Dichtelementen nach
TA Luft bzw. VDI-Richtlinie 2440. Abschlussbericht März 2004, MPA Stuttgart.
[7] PAS (Publicly Available Specification) 1050: Leitfaden zur Umsetzung
der TA Luft in der chemisch-pharmazeutischen Industrie, Teil 1: Allgemeine
Anforderungen, Teil 2: Flansche und
Dichtungen.
[8] Bern, A.; Göbel, D.; Hecker, H.-P.;
Hövel, A.; Hahn, R. Kockelmann, H.:
Alternatives praxisorientiertes Prüfverfahren zum Hochwertigkeitsnachweis
für Flanschverbindungen nach TA Luft.
XIV. Dichtungskolloquium „Untersuchung und Anwendung von Dichtelementen“, Steinfurt, 11. und 12. Mai
2005.
[9] DIN 28091: Technische Lieferbedingungen für Dichtungsplatten; Teil 1:
Dichtungswerkstoffe; allgemeine Festlegungen; Teil 2: Dichtungswerkstoffe
auf Basis von Fasern (FA); Anforderungen und Prüfung; Teil 3: Dichtungswerkstoffe auf Basis von PTFE (TF);
Anforderungen und Prüfung; Teil 4:
Dichtungswerkstoffe auf Basis von expandiertem Graphit (GR); Anforderungen und Prüfung. Berlin: Beuth-Verlag
1995.
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