Wale in der Eckernförder Bucht einst und jetzt
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Wale in der Eckernförder Bucht einst und jetzt
NATUR UND UMWELT CARL CHRISTIAN KINZE UND ANDREAS FRIEDRICH PFANDER Wale in der Eckernförder Bucht einst und jetzt Es ist Samstag, 16. April 2005, gegen 20 Uhr. Leicht durchgefroren und enttäuscht kehren wir zurück nach einer 3-stündigen erfolglosen Suche in der Eckernförder Bucht. Sechs Tage zuvor war der Wal am Sonntag um etwa 10.30 Uhr aufgetaucht und mehrfach gesehen worden, ebenso an den darauf folgenden Tagen, und nun hat er offensichtlich die Eckernförder Bucht wieder verlassen. Höchstwahrscheinlich handelte es sich um denselben Finnwal, der erstmals am 21. Dezember 2004 bei der dänischen Insel Samsö entdeckt worden war, am 26. Dezember 2004 weiter westlich bei Endelave und am 27.12.04 bei Middelfart erneut gesichtet wurde. Bis zum 19. Januar 2005 wurde er mehrfach in der Apenrader Förde beobachtet und fotografiert. Auf Grund des Fotos konnte er eindeutig als Finnwal (Balaenoptera physalus) identifiziert werden. Aktuell sind seit 2003 praktisch jedes Jahr, vorwiegend im Frühjahr, aber auch im Sommer, Finnwale in deutschen Ostseegewässern aufgetaucht. Durch eine enge dänisch-deutsche Kooperation gelingt es meist zweifelsfrei, den Weg der Wale zu verfolgen; über Internet und Telefon werden Informationen weitergegeben. Vor Ort werden die Wale von der Wasserschutzpolizei, Wissenschaftlern sowie Natur- und Walschutzorganisationen (Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere, Greenpeace) engmaschig überwacht. Das Medieninteresse ist groß, Fotos und Videosequenzen werden im Internet veröffentlicht. Vor 100 Jahren war die Öffentlichkeit an Walbeobachtungen in der Eckernförder Bucht nicht weniger interessiert. Die Zielrichtung war jedoch eine andere. Am 25. Oktober 1898 erscheint folgende Meldung in der Eckernförder Zeitung: „Der in letzterer Zeit in der Ostsee bemerkte Walfisch wurde Diese Postkarte stellt das Auftauchen eines Wals vor Eckernförde im November 1898 dar. Die überdimensionierte Größe des Tieres vermittelt einen Eindruck, welche Bedeutung das Ereignis einst für die Stadt und seine Bewohner hatte. gestern in der hiesigen Förde gesehen.“ Unter dem 26. Oktober 1898 heißt es dann: „Der seit mehreren Tagen in unserer Förde sich aufhaltende Walf sch zeigt sich heute morgen in der Nähe des Süder Denkmals, gerade als unsere Fischer dort ihre Heringswade auswarfen. Bei dieser Gelegenheit gelang es, den Koloss (ca. 10 m lang) in das Netz zu bringen und verhielt er sich eine Zeit lang ruhig, bis sie die Wade ungefähr halb eingezogen hatten. Dann wurde er unruhig, zerriss das Netz und rückte aus.“ Nach diesen Berichten hatte sich der Wal bis zum 23. November 1898 in der Eckernförder Bucht aufgehalten; die abschließende Meldung ist charakteristisch für die Einstellung der damaligen Zeit: „ Der Walfisch, welcher sich seit mehreren Wochen in unserer Föhrde aufgehalten und sich während dieser Zeit in zuvorkommendster Weise dem schaulustigen Publikum in unmittelbarer Nähe des Wellenbrechers am äußersten Ende der Schiffsbrücke zeigte, hat sich seit Sonntag wieder aus derselben entfernt, nachdem verschiedentlich von hiesigen Einwohnern, wie auch von Kielern per Dampfer mittelst Harpunen und den verschiedenstartigen Schießgewehren vergeblich Jagd auf denselben gemacht war. Der Walfisch soll in den letzten Tagen in der Kieler Föhrde bei Ellerbek gesehen worden sein. Die Länge desselben wurde auf reichlich 40 Fuß geschätzt.“ Es wird auch über eine Jagdexpedition aus Schleswig berichtet, die sich auf dem Dampfschiff „Valparaiso“ einschiffte, jedoch wegen Sturm und Seekrankheit in Lindaunis die Eisenbahn nach Eckernförde bestieg und schließlich unverrichteter Dinge nach Schleswig zurückkehren musste. Es existiert ein Foto der Jagdgesellschaft im Garten des Bahnhofshotels. Der Wal wurde überdimensioniert auf einer Postkarte verewigt unter dem Titel „Walfischjagd bei Eckernförde“. Möglicherweise ist dieser Wal identisch mit dem männlichen 14 m langen Finnwal, der am 14. August 1899 bei Dievenow (heute Dziwnow) an der pommerschen Küste strandete. Am 1. März 1911 berichtet die Eckernförder Zeitung: „Das Ereignis des Tages ist hier natürlich der Walfisch, der sich seit gestern seelenvergnügt in der Eckernförder Bucht tummelt und von so zahlreichen, glaubwürdigen Leuten beobachtet wurde, daß kein Zweifel mehr laut wurde. Unter Benutzung des Motorbootes von W. Dibbert machten sich schon gestern Nachmittag mehrere Schützen von hier auf die Walfischjagd. Man kam wiederholt zum Schuß und konnte auch mehrere Treffer verzeichnen. Der Walfisch schien solchen ungastlichen Empfang nicht weiter übel zu nehmen. Vergnügt und gut gelaunt setzte er seine Spritzfahrten in der inneren Förde fort, tauchte bald weiter draußen, bald nahe am Strand auf, und hielt sich aber meist vorschriftsmäßig in der Nähe der roten Einfahrtstonne. Denn als voll befahrener, alter, ehrlicher Seemann weiß er natürlich mit den Seezeichen genau Bescheid. Nach den übereinstimmenden Berichten aller Augenzeugen handelt es sich um einen Wal von gewaltiger Größe, auf dreißig Meter schätzen ihn die Sachverständigen. Heute morgen wurde das Tier in der Nähe der Neumannschen Badeanstalten bei der Morgentoilette beobachtet. Er hat uns also noch nicht wieder verlassen, der gute Wal, und hoffentlich wird er uns noch für längere Zeit die Ehre seiner Anwesenheit schenken. Es tut so wohl zur Abwechslung, statt von Heringen, Sielen und Sprotten, auch einmal vornehm, herablassend von ,unserem Walfisch‘ reden zu können.“ Am Freitag, den 3. März 1911, wird berichtet: „Der Walfisch ist auch heute Vormittag wieder in der inneren Föhrde beobachtet worden: in der Nähe der Einfahrtstonne bei der Ringelnatter und an anderen Stellen. Heute Nachmittag wollen verschiedene hiesige Jäger ihm zu Leibe.“ Und an einer anderenStelle dieser Ausgabe der Eckernförder Zeitung heißt es weiter: „Die Ellerbeker Fischer machten in der letzten Nacht recht bedeutende Fänge von Heringen und Sprotten. Anscheinend hat der in der Eckernförder Bucht auftauchende Wal die Schwärme vor sich hergetrieben.“ Eine ungefähre Vorstellung von der die Intensität der Jagdbemühungen vermittelt eine Notiz in der Eckernförder Zeitung vom 7. März 1911: „Der Walfisch wurde gestern wiederholt in der mittleren Förde unterhalb Hohenstein und noch etwas weiter draußen beobachtet. Am Sonnabend wurde von mehreren Motorbooten aus auf den Walfisch gejagt, u.a. kam Graf Reventlow-Altenhof wiederholt zum Schuß, 5 gute Treffer wurden wahrgenommen.“ Danach hat der Wal die Eckernförder Bucht wieder verlassen, wurde vor Alsen gesehen und tauchte am 8. März 1911 in der Flensburger Förde auf. Folgende Meldung erscheint in der Eckernförder Zeitung vom 18. März 1911: „,Unserem Walfisch‘ ist es im weiteren Verlauf seiner Ostseereise schlecht ergangen. Bekanntlich hatte er sich von hier etwas weiter nach Norden begeben, und war zunächst in den Gewässern um Alsen aufgetaucht und hatte dann einen Abstecher in die Flensburger Förde unternommen. Hier ist er von seinem Geschick ereilt worden. Zur Unterstützung der Fischer von Langballigau, die sogleich die Walfischjagd energisch aufnahmen, entsandte S.M.S. Württemberg mehrere Dampfboote unter Führung des Kapitänleutnants Schleuser, und den vereinten Bemühungen gelang es das seltene Wild zur Strecke zu bringen. Nach einem uns zugehenden Privat-Telegramm ist der Wal- fi sch auf einer Sandbank bei Westerholz in nächster Nähe von Langballigau gestrandet. Durch die Fischer hatte der Riese sich auf die Sandbank treiben lassen, und von dort gab es kein Entrinnen mehr. Die Länge des gefangenen Wals wird uns auf 15 Meter angegeben: das Tier ist also erheblich kleiner, als es hier von den Augenzeugen geschätzt wurde.“ Das Strandungsdatum wird von der Hamburger Zoologin Erna Mohr 20 Strandung eines Finnwals am 17. März 1911 auf einer Sandbank vor Westerholz, aus: Heimatbuch des Kreises Eckernförde, S. 167, 1928. Nacht vom 16. auf den 17. März 1911“ angegeben. 1 Der Walkadaver wurde zu einer Sensation. Unter dem 24. März 1911 berichtet die Eckernförder Zeitung, dass 3000 Personen mit Extrazügen der Bahn, 600 bis 800 per Schiff anreisten. Neben dem Kadaver wurde heiße Wurst, sog. „WalAuf einem Stein am Strand von wurst“, angeboten, in Anbetracht der schnell einsetzenden, massiven Verwe- Westerholz erinnert noch heute eine Inschrift an das Ereignis aus sungdes Kadavers sicherlich ein zweidem März 1911. felhaftes Vergnügen. Der Kadaver wurde dann am 01. April 1911 durch eine Düngerfabrik aus Sonderburg entsorgt, die auch die Art bestimmte und den Wal vermaß. Er hatte eine Länge von 19,17 m. Nach Erna Mohr sollen zwei Barten im Flensburger Museum, das Skelett im Museum in Hannover verblieben sein, wo es aber nicht mehr auffindbar ist. Am Strand von Westerholz erinnert noch heute ein Stein an das Ereignis. In der ersten Novemberhälfte 1943 soll ein Finnwal von 12 bis 13 Metern ebenfalls in der Flensburger Förde „im Fahrwasser bei den Ochseninseln“ erfolglos beschossen worden sein (Flensburger Nachrichten vom 16. November 1943). Die Zeitungsmeldung spricht von einem „Grindwal“ (Globicephala melas), der aber allein schon wegen der Längenangabe ausscheidet.2 Weitere Sichtungen von Finnwalen gab es 1957/58 in der Apenrader Förde, außerdem strandete am 26. Februar 1958 ein 20,6 m langer männlicher Finnwal bei Naesbystrand auf der dänischen Insel Lolland. Heutzutage wissen wir, dass Finnwale die Ostsee regelmäßig besuchen. Offensichtlich kommen sie mit der Topographie des flachen Randmeeres Ostsee gut zu Recht, sie schwimmen zwischen den Dalben eines Jachthafens und wurden sogar unter der Brücke von Sonderburg beobachtet. Finnwale scheinen dem Heringszug im Frühjahr, seltener im Herbst zu folgen, sie nutzen geschickt flache Buchten oder die Spundwände der Häfen aus, in denen sie die Schwärme zusammentreiben. Während unserer vergeblichen Suche am 16. April 2005 sprachen wir auch mit einem Angler, der uns Folgendes berichtete: Er habe auf seinem Fischfinder zahlreiche Heringe gesehen, die sich jedoch über ein größeres Gebiet verteilten. Als der Finnwal neben ihm Luftaufnahme eines Finnwals, der sich 2006 in der Flensburger Förde aufhielt. Der Vergleich mit dem Boot ermöglicht eine Schätzung der Länge des Tieres auf über 10 Meter. aufgetaucht sei, hätten die Heringe einen Schwarm gebildet, dann sei der Finnwal abgetaucht und die Heringe seien plötzlich verschwunden. Es bleibt anzumerken, dass an diesem Tag, einem Sonntag, im Gegensatz zu den Ellerbeker Fischern vor fast hundert Jahren die meisten Angler leer ausgingen. An einem Sonntag im August 1766 (17. August 1766) wurde ein Buckelwal von Eckernförder Fischern erlegt. Über seinen Fang ist im städtischen Protokoll von Eckernförde am 21. August 1766 zu lesen3: „Am vorigen Sonntag, als den 17. des Monates wurde von den hiesigen Fischern, im Strohme bey hiesiger Schiffbrücke gleich nach 12 Uhr des Mittags ein Fisch von ganz besonderer und merkwürdiger Größe, nachdem die auf ihn gemachte Jagd von des Morgens 5 Uhr mithin an die 7 Stunden gedauert hatte, gefangen und getötet. Die Länge desselben betrug 34 Fuß 7 Zoll und die Dicke 21 Fuß. Die beiden Flarren oder Floßfedern und der Schwantz sollen getrocknet und wenn es projektiertermaßen angehen will, auf dem hiesigen Rathaus zum ewigen Angedenken aufbewahrt werden; eines der Flarren, welches in des Herrn CantzeleyRath Otten Hause gewogen wurde, hat 17 Pfund gewogen. Die auf diesen Fisch gemachte Jagd, welche man von der Schiffbrücke und denen daran liegenden Schiffen, wo er gantz nahe vorbey strich, eigentlich zusehen konnte, war sehr divertissant anzuschauen; und war das Ufer an beiden Teilen mit Menschen gleichsam besät. Da die nach der Föhrde oder Rhede führende Mündung des Strohmes mit einigen Böten besetzet war, welche dem Fische den Ausweg in die Föhrde oder den Hafen, wo er gewis entwischet oder doch nicht zu fangen gewesen seyn würde, versperreten: so schwamm er immer in einer Länge von 3 bis 400 Schritten im Strohme längs der Schiffbrücke auf und nieder, oder schoß vielmehr so schnell als ein Pfeil fort und schlepte die Böte, worin die Fischer, welche ihn harpuniert hatten, sich befanden, mit gleicher Geschwindigkeit hinter sich drein. Bey einer jeden Tour, die er machte kam er etliche Mahl ein paar Ellen hoch übers Wasser in die Höhe, um Luft zu schöpfen, da er denn aus seinem Blase-Loch das Wasser in die Höhe blies, und dabey, so lange er noch nicht matt war, ein Getöhn fast wie das Brüllen eines Ochsen von sich hören ließe. Und sooft er in die Höhe kam, schossen die in der Nähe befindlichen Fischer auf ihn mit Harpunen, Lantzen, Boots-Hacken u. d.gl., wodurch sowohl, als durch etliche 30 Kugeln, womit die vorhandenen Schützen ihn verwundeten, er endlich gantz abgemattet ward und sein Leben aufgab… Die Fischer haben ihn bis auf den dritten Tag für Geld sehen lassen und wohl 100 Mark damit verdient… Es ist fast unglaublich, was für eine Menge Menschen von Sleswig, Rendsburg, Kiel und den umliegenden Güthern hierher gekommen sind, um den Fisch zu sehen; allein viele derselben kamen zu spät, weil er wegen des Gestankes nicht länger als 3 Tage conservieret werden konnte.“ Von dem Tier, einem Buckelwal oder Megaptera novaeangliae, wurde von dem Maler Johann Leihammer auf Veranlassung des Bürgermeisters Classen Johann Leihamer: In Eckernförde erlegter Buckelwal, 1766, Gouache/Papier, 26 x 44,2 cm, Original im Museum Eckernförde. „eine Abzeichnung gemachet“. Glaubt man dem Autor des Beitrags Über Walfische im Eckernförder Hafen“ im Heimatbuch des Kreises Eckernförde von 1928, so soll die Neugier der Borbyer so groß gewesen sein, „ daß sie den Prediger in der Kirche allein ließen, um das ungewohnte Schauspiel zugenießen.“ Weiter schreibt der Chronist, der fälschlicherweise von einem Finnwal spricht: „Lange Jahre stand am Ballastberg eine Rippe von dem Wal, und der Porzellanmaler Leihamer ließ ein Bild von dem Seeungeheuer im Druck erscheinen, welches in vielen Häusern die Wand zierte.“4 Auch in jüngster Zeit wurden Buckelwale in der Ostsee beobachtet, so zum Beispiel am 25. Februar 2004 im Hafen von Sonderburg und am 31. März 2006, rechtzeitig zur Tagung der europäischen Walforscher (ECS – European Cetacean Society), in der Danziger Bucht. Leider ist dieser Buckelwal am 25. Juli 2006 in Lettland gestrandet bzw. tot angetrieben worden. Weitere Strandungen in der Ostsee sind dokumentiert: 1578 bei Liebau in Kurland, 1620 an der Divenow Mündung und 1803 bei Göteborg. 1806 wurde sowohl bei Petersburg und Bornholm als auch 1851 bei Tallin/Reval jeweils ein Buckelwal gefangen und getötet. 1978 und 1979 durchschwamm ein Buckelwal die nördliche Ostsee und verendete schließlich an der polnischen Küste. Bei der für das Jahr 1709 angegebenen Strandung vor Ystad handelt es sich wahrscheinlich eher um den seltenen, im Nordatlantik als ausgestorben geltenden Grauwal (Eschrichtius robustus), der heutzutage nur noch im Nordpazifik vorkommt (Kinze, 2005). C. G. Hanssen berichtet 1833 in seinem „Versuch einer Chronik von Eckernförde“: „Schon früher hatte man dergleichen Seeungeheuer hier eingefangen. So 1520 einen großen Fisch, dessen Zunge 300 Pfund wog, und dessen Leber anderthalb Tonnen Thran gab“. Leider liegen Originalunterlagen, die wissenschaftlich ausgewertet werden könnten, heute nicht mehr vor, so dass man auf Vermutungen angewiesen ist. Es wurde bisher angenommen, dass es sich um einen Wal, möglicherweise um einen Bartenwal gehandelt hat, aber die angegebenen Massenwerte stimmen nicht mit den einschlägigen Angaben der Fachliteratur überein. Die Zunge macht bei Großwalen etwa 5 Prozent des Körpergewichts aus. Ein Zungengewicht von 300 Pfund oder 150 kg entspräche demnach einem drei Tonnen schweren Wal. Es kämen also nur mittelgroße Wale wie Schwertwale,Entenwale oder Zwergwale in Frage. Bei keiner dieser Arten wiegt die Leber jedoch mehr als 100 kg. Ein Tranertrag aus der Leber von anderthalb Tonnen deutet aber auf ein Lebergewicht von 900 kg! Eine so große Lebermasse gibt Zwischen Meierwik und Glücksburg am 27. Oktober 1928 gestrandeter Zwergwal oder Minkewal es bei Dreitonnen-Tieren nur beim Riesenhai (Cetorhinus maximus), bei dem die Leber 25 bis 30 Prozent des Körpergewichts ausmacht. Zudem ist die Zunge eines Riesenhais viel leichter vollständig aus dem Mund abzutrennen als bei einem Wal. 1520 handelte es sich bei dem Fang also wahrscheinlich gar nicht um einen Riesen-Wal, sondern um einen Riesenhai. Weitere Strandungen oder Fänge von Bartenwalen in der Eckernförder Bucht sind nicht bekannt. Der hier abgebildete Zwergwal oder Minke (Balaenoptera acutorostrata) strandete am 27. Oktober 1928 in der Flensburger Förde zwischen Meierwik und Glücksburg, er hatte ein Gewicht von 2000 Pfund. Bei der letzten Presseveröffentlichung am 22. Dezember 1994 in „Moin Moin“ wurde immer noch gerätselt, ob es sich um einen Schnabelwal oder Finnwal gehandelt haben könnte. Das Foto verdanken wir Herrn Artur Elias aus Flensburg, dessen Vater den Wal entdeckte und fotografierte. Auf Grund der nebenstehenden Personen lässt sich die Länge des Wals auf zwischen 4 und 5 m schätzen, es muss sich danach um ein jugendliches Tier gehandelt haben. Anfang September 2000 gab es eine Sichtung eines Zwergwales in der Flensburger Förde und später eine Strandung bei Heiligenhafen. 1850 strandete ein Zwergwal bei Flensburg, und zwar nördlich der preußisch-schwedischnorwegischen Demarkationslinie. Das Kieler Museum musste damals von einem Erwerb absehen, da der genannte Preis der Eigner zu hoch war. Ob die Eigner dänisch-gesinnte königstreue Flensburger waren und gerade deshalb hohe Forderungen stellten, wissen wir nicht. Der wahrscheinliche Strandungsort liegt ziemlich genau an der heutigen deutsch-dänischen Grenze. Auf Grund von weiteren Strandungen und Fängen aus angrenzenden dänischen und deutschen Gewässern in den Jahren 1824, 1839, 1918, 1952, 1953, 1960, 1974, 1976, 1980, 1999, 2001, 2002 und aktuell am 22. April 2007 in der Apenrader Förde muss man annehmen, dass der Zwergwal neben dem Finnwal der häufigste Bartenwal in der westlichen Ostsee ist. Am 5. Juni 2003 wurde ein Zwergwal aus dem südlichen Kattegatt, der in ein Bundgarn geschwommen war, von dem dänischen Wissenschaftler Jonas Teilmann mit einem Sender versehen. Die weitere Reise dieses kleinen eleganten Furchenwals, der bis zu zehn Meter lang wird, konnte dank Sender und Satellit über 87 Tage verfolgt werden. Sie verlief über den Norden von England in den Atlantik bis in die Breite der Kapverdischen Inseln und endete am 28.08.2003 im Mittelmeer, nachdem die Batterie erschöpft und der Sender abgefallen war. Am 21. April 2001 wurde von dem Arnisser Fischer Schock auf dem Stoller Grund mit dem Grundschleppnetz ein eigenartig geformter Schädel an die Oberfläche geholt. Auf Grund der Form war sofort erkennbar, dass es sich hierbei um den Schädel eines jungen Nördlichen Entenwals oder Döglings (Hyperoodon ampullatus) handelte. Dies legte die Vermutung nahe, dass es sich um das Jungtier handeln könnte, das am 23. August 1993 zusammen mit seiner Mutter an der Südspitze von Hiddensee strandete. Das Jungtier, ein Säugling, kam frei und verschwand. Die Mutter verendete auf der Sandbank und wurde im Hafen von Stralsund seziert. Neben der reichlich vorhandenen Muttermilch wurde auch der Mageninhalt untersucht. Auf Grund von unverdauten Schnäbeln einer Tiefseetintenfi schart gelang der Nachweis, dass die Entenwale direkt vom norwegischen Schelf in die Ostsee geschwommen waren. Die Vermessung des 2001 geborgenen Schädels, der sich im Zoologischen Museum in Kiel befindet, ergab, dass es sich zwar um ein junges subadultes Tier handelt, nicht aber um einen Säugling. Damit erübrigt sich eine aufwendige und teure Untersuchung der DNS zum Nachweis einer möglichen Verwandtschaft. Der Schädel gehört damit zu einer bisher nicht bekannten Strandung eines Nördlichen Entenwals in der Kieler bzw. Eckernförder Bucht. Erst kürzlich wurden Aufzeichnungen des Pastors Tobias Meier aus dem Kirchenbuch von Gelting in der Illustrierten Beilage zum Flensburger Tagesblatt, 1926, „wiedergefunden“. Pastor Meier beschreibt einen Entenwal, der 1707 an der Küste des östlichen Angeln gestrandet war. Strandungen von Entenwalen gab es mehrmals auch in unmittelbarer Nähe der Eckernförder Bucht: 1801 bei Möltenort und 1634 bei Brunsnæs an der Nordküste der Flensburger Förde. Ein jugendliches Tier, das im Januar 2006 die Themse hinauf bis nach London schwamm, überlebte diesen Ausflug nicht – trotz intensiver Zeitgenössische Darstellung des 1707 bei Gelting Rettungsversuche und gestrandeten Nördlichen Entenwals aus dem Live-Berichterstattung Kirchenbuch Gelting im Fernsehen. Im Sommer 1989 fand vor Eckernförde eine Regatta der Mehrrumpfboote statt. Am 30. Juni 1989 erschienen plötzlich zwei Delphine, die sich mehrere Stunden in der Umgebung der Regattabahn aufhielten und als glückliche Vorzeichen angesehen wurden. Sie konnten schließlich nach einer längeren Suche mit dem Boot der Wasserschutzpolizei in Höhe der Tonne Aschau als Weißschnauzendelphine (Lagenorhynchus albirostris) identifiziert werden. diese Weißschnauzendelphine gehörten zu einer Gruppe von sechs vermutlich jugendlichen Individuen, die einen Abstecher in die westliche Ostsee unternommen hatten. Der Verlauf dieser Reise konnte von dänischen Wissenschaftlern nahezu lückenlos dokumentiert werden. Der Weißschnauzendelphin ist der zweithäufigste Zahnwal in den Gewässern der Ostsee. In Kinzes Zusammenstellung von 1575 bis 1991 finden sich 26 Strandungen und Fänge im Bereich der Kieler Bucht und des Kleinen Beltes. Am 31. Dezember 1857, so berichtet die Eckernförder Zeitung vom 2. Januar 1858, sei ein Delphin vor Louisenberg gestrandet und getötet worden, der 400 Pfund gewogen habe. Weitere Daten außer denen der Zeitungsmeldung sind nicht bekannt. Es könnte sich möglicherweise um einen Weißschnauzendelphin gehandelt haben, wie auch bei den fünf Weißschnauzendelphinen, die am 3. Januar 1862 6 Weißschnauzendelphine im Skagerrak am 27. Mai 2007, Foto: Carsten Michael Hansen während der saisonal bedingten Jagd auf den Schweinswal in Middelfart erbeutet wurden. Auch im September 1851 soll es an der schleswigschen Küste ein vermehrtes Auftreten von Delphinen gegeben haben, ohne dass die Art bisher sicher bestimmt werden konnte. Zwei Weißschnauzendelphine wurden im März 1852 in der Kieler Bucht erlegt. Die Skelette wurden von dem Kieler Zoologen Claudius untersucht und in einer auf Latein veröffentlichten Arbeit beschrieben. Die Schädel dieser beiden männlichen Delphine sollen sich noch heute im Zoologischen Museum in Kiel befinden. Für die benachbarten Gewässer der Eckernförder Bucht sind auch mehrere Funde und Fänge des Großen Tümmlers (Tursiops truncatus) bekannt, so auch für das Jahr 1870. Am 26. Januar 1870 wurden 49 Tiere einer vielleicht doppelt so großen Schule im Kleinen Belt bei Middelfart erlegt. Im Juni dieses Jahres strandeten zwei Tiere an der Ostseite der Kieler Außenförde.5 Nach Angaben der Eckernförder Zeitung Nr. 52 vom 2. Juli 1870 hatte am 29. Juni in Flensburg „eine von Cappeln kommende Yacht… einen ca. 300 Pfund wiegenden Tummler im Schlepptau, den der Schiffer in hiesiger Föhrde todt treibend angetroffen haben will… ( Auch von hiesigen Fischern sindohnlängst mehrere Delphine treibend aufgefunden und das Fett derselben ausgekocht worden. Anm d. Red.)“ Im Herbst 1929 ließ sich ein großer Tümmler in Brunsbüttel in den Nord- Ostseekanal einschleusen, der am 12. Oktober, nachdem er den Kanal unversehrt durchschwommen hatte, bei Holtenau getötet wurde.6 Zwei weitere „Tümmler“ sollen am 4. Mai 1933 bei Möltenort gefangen worden sein.7 Auf Grund des angegebenen Gewichtes von 85 kg wird es sich vermutlich eher um Delphine oder sogar um Schweinswale gehandelt haben. Erna Mohr berichtet über die Sichtung eines Großen Tümmlers Mitte April 1930 In der Schlei bei Grauhöft. Dazu berichtet der Schleibote Nr. 87 vom 12. April 1930: „Ein Tümmler auch Schweinsfisch genannt wurde dieser Tage in der Schlei bei Grauhöft gesichtet. Das Tier wird sich bei der Verfolgung eines Heringschwarms verirrt haben. Der letzte Tümmler wurde im Jahre 1921 in der Schlei bei Rabelsund wahrgenommen. Die Tiere werden 1,50 bis 2 Meter lang. Die Tümmler, die sich oft auch in Flüsse verirren, schaden, indem sie auch den Fischern bereits ausgestellte Netze zerreißen.“ Damit wird dieser „Große“ zu einem „Kleinen Tümmler“, der heute – um den Sachverhalt eindeutig festzulegen – oft als Schweinswal bezeichnet wird.8 Laut Schultz erfolgten Sichtungen von Großen Tümmlern bei Lippe/Hohwacht im Sommer 1963 und 1964, wohingegen es sich bei dem Fund vom 3. April 1963 in der Kieler Förde bei Bülk nicht um einen Großen Tümmler, sondern einen Weißschnauzendelphin gehandelt hat. Aus den Jahren 1996 bis 1997 und 2001 bis 2005 wurden etliche Sichtungen des Gewöhnlichen Delphins (D. delphis) aus der Flensburger Förde, dem Fehmarnsund und den angrenzenden dänischen Gewässern gemeldet. Dass sie auch der Eckernförder Bucht einen Besuch abgestattet haben, erscheint wahrscheinlich. Am 2. Mai 2002 tauchten gegen 16.00 Uhr zwei Delphine zehn Seemeilen nördlich von Schleimünde in unmittelbarer Nähe mehrerer Boote auf. Nach Angaben eines Gewährsmannes hielten sie sich mehrere Minuten in der Umgebung auf und entfernten sich dann in östlicher Richtung. 1984 tauchte in der Ostsee, wie schon 1964, 1965,1966, 1976, 1981, 1982 und 1983, ein Weißwal oder Beluga (Delphinapterus leucas) auf. Er wurde auch von einem Fischer in der Eckernförder Bucht gesichtet. 1903 wurde ein jugendliches Tier in der Flensburger Förde erbeutet, dessen Skelett ins Altonaer Museum kam, wo es leider nicht mehr auffindbar ist. Der Weißwal, von den Medien scherzhaft als „Moby Dick“ bezeichnet, der im Mai 1966 den Rhein stromaufwärts bis zum Rolandseck schwamm, sorgte vielleicht auch dank der erfolglosen Versuche des Dr. Gewalt aus dem Zoo Duisburg für eine große öffentliche Aufmerksamkeit. Das Tier erreichte am 16. Juni 1966 um 18.42 Uhr bei Hoek van Holland die Nordsee und hinterließ einen nachhaltigen Eindruck, der in der Bundesrepublik Deutschland zu einem Umdenken im Natur- und Umweltschutz führte. 1983 konnte der Weißwal „Willem“, der die Elbe hinauf schwamm, dank des Einsatzes der Meeresbiologin und Walschützerin Petra Deimer (Vorsitzende der Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere) am 17. Januar 1984 den Weg zurück in die Nordsee finden. Auch echte Exoten besuchen gelegentlich die Ostsee und die Kieler Bucht: Am 24. November 1861 kam es nicht weit von Eckernförde, nämlich in Strande, zu einem Ereignis, das man aus heutiger Sicht als eine echte Sensation werten muss. Brehm schreibt in seinem „Thierleben“ 14 Jahre später über die Begebenheit: „Grinde, nicht aber Schwertfische waren es wohl, welche am 24. November 1861 in der Kieler Bucht sich verirrten und anfänglich die Fischer in nicht geringen Schrecken versetzt hatten. Als es hell geworden war, sagt Möbius, welcher hierüber berichtet, sah man den ganzen inneren Teil der Bucht von ihnen belegt. Zu 4 – 6 nebeneinander gereiht zogen sie herein, dem Hafen zu. Ein Segelboot mit einigen Bootsleuten, welche am frühen Morgen Möwen zu schießen ausgesegelt waren, folgte ihnen. Ihre schwarzen,säbelförmigen Rückenfinnen traten hoch aus dem Wasser, wenn sich der gewaltige Rücken und dann der Kopf heraushob, um das Nasenloch in die Luft zu tauchen. Als dann verschwanden sie wieder. So wogte ihr schwarzer Körper auf und nieder und setzte das Wasser, in welchem sie sich kraftvoll tummelten, in Bewegung. Wenn sie aber über der Oberfläche atmeten, hörte Kleiner Schwertwal, am 24. November 1861 von Kieler Fischern erlegt, die sich auf dem Foto zusammen mit ihrer Beute präsentieren. man ein starkes Pusten und stießen sie im Niedertauchen die Luft aus den Lungen, so stieg ein Strahl von 1 – 1,5 m Höhe empor. Je näher diese Riesen der Stadt Kiel kamen, umso mehr Boote sammelten sich hinter ihnen, von beiden Ufern eilten Schiffer, Fischer und Neugierige herbei. So waren sie in den schmalsten, seichtesten Teil der Bucht und zum Stranden getrieben worden. Das war der Plan, welchen die Fischer ausführen wollten. Wirklich gelang es ihnen auch, gegen 30 Tiere von der wohl mehr als 5-fach starken Schar, welche sich in der Bucht verteilt hatten, abzuschneiden und vor sich her in den Hafen zu treiben. Schon waren sie hinter den Schiffen, als unvermutet zwei Boote von Land stießen und gerade in die Herde zufuhren. Da stob sie auseinander, warf eines jener Boote in die Höhe, so daß es fast umfiel, und fl oh zwischen ihnen und unter den Fischerbooten ins Weite. Man hieb und schoss nach den Fliehenden, von denen einer auf 8 – 10 m weit über das Wasser hin sprang, und brachte endlich drei in seichtes Fahrwasser. Allein von diesen entkamen doch noch zwei, so daß nur 1 im flachen Schlamme an der Spitze der Bucht strandete. Zahlreiche Stiche und einige Beilhiebe auf den Kopf töteten den Gefangenen und er verschied unter lautem Röcheln, welches dem Brüllen eines Bären glich, während dampfend warmes Blut aus dem Rachen und den Wunden floss.“ Professor Möbius sorgte dafür, dass das Skelett des getöteten Tieres – es handelte sich um ein weibliches Tier von 4,56 m Länge – in das von ihm geleitete Zoologischen Museum in Kiel verbracht, präpariert und ausgestellt wurde. Es handelt sich um den ersten Nachweis des so genannten Kleinen Schwertwals (Pseudorca crassidens) in gemäßigten Breiten. Bis dahin war dieses Tier nur aus subfossilen Skelettfunden durch die Beschreibung von Owen im Jahr 1846 bekannt und galt als ausgestorben. Der dänische Zoologe J. Th. Reinhardt beschrieb 1862 erstmalig diese Art unter dem heutigen Namen. Weitere Mitglieder dieser Herde strandeten im Jahr 1862 bei Heiligenhafen, Middelfart, Kalundborg, an den Küsten von Seeland und Fünen sowie an der südschwedischen Küste. Diese, die Hochsee bewohnende, Art gemäßigter Breiten ist sehr anfällig für Strandungen. Nach Kinze sind zwei, vielleicht drei Vorstöße in die Ostsee dokumentiert: 1862, 1935 und möglicherweise 1871. Die Eckernförder Zeitung vom 25. Juni 1856 berichtet unter den lokalen Nachrichten über einen Walfang, der sich bei der dänischen Insel Strynö zugetragen haben soll. Zwei als „Schwertfische“ bezeichnete Wale „sechzehn bzw. acht Fuß lang“ waren im flachen Wasser westlich der Insel gestrandet. Der „Dänische Fuß“ betrug 0,314 m. Das ergibt für den größeren der beiden „Schwertfische“ eine Länge um die fünf, für den kleineren eine Länge von 2,5 Meter; somit handelt es sich bei den beiden Schwertwalen (Orcinus orca) wahrscheinlich um Mutter und Kind. Der Schweinswal (Phocoena phocoena) ist im wahrsten Sinn ein Bewohner unserer heimischen Küstengewässer. Er wurde in früheren Zeiten regelmäßig in der Ostsee bejagt; am besten dokumentiert ist die Jagd durch Fangstatistiken im Kleinen Belt. Sie wurde seit dem Mittelalter durch die Innung der Middelfarter Schweinswaljäger vom St. Martinstag im November bis Mariä Lichtmess (2. Februar) durchgeführt. Die Zunft hatte laut Statut zehn Bootsführer und jedes Boot eine Besatzung von drei Mann zu stellen. Auf diese Weise erbeutete man im Gamborg Fjord pro Jahr bzw. Saison durchschnittlich 1036 Tiere. Möglicherweise vertrug die Population die Jagd, die nachweislich seit dem 14. Jahrhundert durchgeführt wurde, ohne dass größere Rückgänge zu verzeichnen waren. Erst als in der Mitte des 19. Jahrhundert, bedingt durch den steigenden Bedarf an Waltran für die Straßenbeleuchtung größerer Städte (z. B. Kopenhagen) und industrielle Fertigung, auch die Fischer von Skaerbaek begannen, Schweinswale zu jagen und die jährliche Rate im Bereich des Kleinen Beltes sich verdoppelte, die Population so zurückgegangen, dass die Jagd 1897 eingestellt wurde. Während der zwei Weltkriege wurde versucht, die Jagd auf den „Braunfisch“, wie der Schweinswal in früheren Zeiten wegen seiner braunen Färbung auch genannt wurde, wieder aufzunehmen, um die Wirtschaft und die Bevölkerung mit Fett und Eiweiß zu versorgen. Die Ergebnisse waren jedoch nur mäßig, so dass man die Jagd bei Kriegsende wieder aufgegeben hat. Heutzutage ist der Schweinswal durch menschliche Aktivitäten in vielfältiger Weise bedroht. Neben dem Tod durch Ersticken in den Grundstellnetzen aus feinen Kunststofffäden, die die Tiere mit ihrem Sonar nicht rechtzeitig orten können, sind es Überfischung sowie Umweltzerstörung, Vergiftung und die zunehmende Störung durch Lärm, die den Schweinswalen zu schaffen macht. Dennoch hat sich diese kleine, elegante Walart in deutschen Küstengewässern, so auch in der Kieler Bucht, behauptet. Mit einem Gewicht bis zu 60 kg und einer Länge zwischen 1,40 m und 1,80 m ist der Schweinswal nach Stefan Bräger der größte in Deutschland noch vorkommende Beutegreifer. Er ernährt sich in der Ostsee vorwiegend von Dorsch, Hering, Sprotten und Grundeln; seine Bestandsdichte nimmt nach Osten zu ab, der Bereich zwischen Eckernförder Bucht und Flensburger Förde hat die höchste Dichte in deutschen Ostseegewässern. Auf Grund von genetischen Untersuchungen und Untersuchungen mit Radiosendern sind insbesondere die weiblichen Tiere sehr ortstreu. Nach einer Hochrechnung aus den Beifängen und Strandfunden während der vergangenen 20 Jahre in einem begrenzten Küstenabschnitt zwischen Eckernförde und Flensburg kann geschlossen werden, dass es im Bereich der Kieler Bucht ca. 40 bis 60 weibliche geschlechtsreife Schweinswale gibt. Sie sorgen bislang für ausreichend Nachwuchs, um den Bestand trotz der hohen Verluste durch die von Menschen verursachte Sterblichkeit während des 20-jährigen Beobachtungszeitraums zu sichern. Erschwerend Preisgekröntes Foto eines springenden Schweinswals am 15. Oktober 2005 im Hafen von Fredericia/DK, Foto: Ulrik Ramsing und bedrohlich für den Fortbestand des Schweinswals in unseren Küstengewässern kommt hinzu, dass mehr als 70 Prozent der als Beifang in Stellnetzen verendeten Tiere noch nicht geschlechtsreif sind. Deshalb könnte eine Viruserkrankung, eine Umweltkatastrophe oder ein ausgedehntes Fischsterben sowie die massenhafte Vermehrung von Giftalgen das fragile Gleichgewicht zerstören und den Zusammenbruch des Bestandes bewirken. 2006 wurden sechs verendete Schweinswale in der Umgebung von Eckernförde gefunden, darunter auch ein 163 cm großes Weibchen, so dass möglicherweise die örtliche Gruppe, die mehrfach zusammen gesehen wurde, nicht mehr existiert. Daher erscheint es dringend erforderlich, den Schutz der Meeressäugetiere in unseren Gewässern durch internationale Zusammenarbeit und intensive Forschungsarbeit zu verbessern. Zum Schutz der Kleinwalbestände, insbesondere der Schweinswale, wurde 1990 ein internationales Abkommen, genannt ASCOBANS (Agreement Small Cetaceans Of Baltic And North Sea), geschlossen. Das Komitee trifft sich jährlich und berät über verbindliche Schutzmaßnahmen. So bleibt zu hoffen, dass in einem nachfolgenden Aufsatz in zehn bis zwanzig Jahren über effektivere Maßnahmen zum Schutz der in den Gewässern der Ostsee vorkommenden Meeressäugetiere berichtet werden kann, die den Fortbestand der Wale, insbesondere des Schweinswals, gewährleisten. Sicher werden dann noch weitere historische Daten über Wale in der EckernförderBucht bekannt sein und neue Erkenntnisse über die „Walfische“ vorliegen. Vielleicht ist es bis dahin gelungen, auch einen größeren Furchenwal in der Ostsee mit einem Sender zu versehen. Der Autor schrieb am Schluss seines Berichtes im Heimatbuch des Kreises Eckernförde von 1928 „Über Walfische im Eckernförder Hafen“: „So sind Besuche von Walfischen in unserem offenen Hafen freilich etwas Seltenes; aber von Zeit zu Zeit erfreut sich unser Städtchen doch dadurch einer gewissen Berühmtheit.“ Dem ist nichts hinzuzufügen; auch in den nächsten Jahren ist mit Beginn des Heringszuges mit dem Auftauchen eines Finnwals zu rechnen, sei es vor Apenrade, in der Flensburger Förde oder in der Eckernförder Bucht. Wir danken unseren Familien für die Geduld und Unterstützung. Ein besonderer Dank gilt Herrn Heinrich Schafstall, Eckernförde, der die Idee hatte, die historischen Daten über Wale in der Eckernförder Bucht neu zu bearbeiten, und wertvolles Material zur Verfügung stellte. Weiterhin danken wir der Eckernförder Zeitung, dem Schleswig-Holstein-Zeitungsverlag und allen, die uns geholfen haben. Anmerkungen und Quellen: 1 Erna Mohr: „Die Säugetiere Schleswig-Holsteins 1931“. Wolfhardt Schultz: „Über das Vorkommen von Walen in der Nord- und Ostsee 1970“ – gibt den 17.3.1911 unter Bezug auf Erna Mohr als Strandungsdatum an. 2 s.a. Wolfhart Schultz: Über das Vorkommen von Walen in der Nordund Ostsee, 1970. 3 zitiert nach Fontenay von Wobeser: Eckernfördes Blütezeit 1920, und Erna Mohr: Die Säugetiere Schleswig-Holsteins, 1931. 4 Der Autor zitiert C. G. Hanssen: Versuch einer Chronik von Eckernförde 1833 S. 35/36. Bezüglich der Abbildung ist im Stadtprotokoll zu lesen: „20.8.1766 producirte Herr Bürgermeister Classen beiden collegiis eine Abzeichnung des den 17ten dieses Monaths im hiesigen Hafen gefangenen großen Fisches und proponirte zugleich ob man nicht zum beständigen Angedencken dieser esonderen Begebenheit, einen Abris im Archiv deponiren, einen davon an Herrn Statthalters von Dehn Hochfreyherrl. Eycellence einsenden, und einem jedem membro magistratis et Deputat, eines ertheilen, und zu solchem behuf 12 Exemplare machen lassen wolle. H. Leihamer, welcher das gegenwärtige gemachet, würde auch die Ausfertigung der übrigen übernehmen“. 5 nach Möbius, 1873; Japha, 1907; Mohr, 1931; Schultz, 1970; Borkenhagen, 2007. 6 Erna Mohr 1931. 7 Wolfhart Schultz: Über das Vorkommen von Walen in der Nord- und Ostsee, 1970; Borkenhagen: persönliche Mitteilung, 2007. 8 Damit erweist sich allerdings auch die Aussage als falsch, die in einem Rundfunkinterview und einer Pressemeldung anlässlich der Sichtung eines Schweinswals am 28. September 2006 vor Maasholm gemacht wurde, dass es vorher noch nie Schweinswale in der Schlei gegeben habe. 9 Laut John K.B. Ford in „Encyclopedia of Marine Mammals“, 2002, S. 669 ff., beträgt die Länge eines Schwertwals bei der Geburt zwischen 2 und 2,5 m. Damit wäre der kleinere Schwertwal zumindest ein Säugling, wenn nicht sogar ein Neugeborenes. Ulf Petermann, „Küstenstudie – Eckernförder Bucht“, 2007, Öl auf Leinwand, 30 x 24 cm, WKV 03/07 (Privatbesitz) GERD PIENING Bilder aus einem Schuhkarton – Eckernförder auf Walfang Ja, man versucht zu sortieren, beginnt mit einem Karton alter Fotos undvertieft sich in die Bilder und in die Vergangenheit. So fielen mir Bilder in die Hand, die ich vor etwa 40 Jahren von Arthur Bruhn geschenkt bekam. Er berichtete mir, dass er 1936/38 mit dem Walfänger, „Jan Willem“ in die Antarktis zum Walfang gefahren sei. Hitler führte am 23. März 1933 das so genannte „Fettmonopol“ ein. Um unabhängig von ausländischen Importen zu sein, ergab sich die Notwendigkeit des Aufbaus einer eigenen Walfangflotte. Ein 1933 gegründetes Konsortium kaufte einen Tanker auf, der umgerüstet wurde. Getauft auf den Namen „Jan Willem“, brach er im September 1936, begleitet von 8 Fangbooten, in Richtung Weddell Meer (Antarktis) auf. In der Saison 1938/39 war in der Antarktis neben den Walfangflotten Norwegens, Großbritanniens und Japans auch die deutsche Walfangflotte mit den Schiffen „Jan Willem“, „Walter Rau“, „Unitas“, „Südmeer“, „Wikinger“ und zwei von den Norwegern gecharterten Mutterschiffen mit insgesamt 56 Fangbooten tätig. In dieser Saison starben 14.922 Blauwale, 2079 Buckelwale und 28.009 Finnwale – ein bis dahin nie erreichter Rekord. Auch während des Zweiten Weltkrieges wurden 1940 und 1941 Walfangexpeditionen gestartet. Der Zweite Weltkrieg beendete dann den Walfang für deutsche Schiffe. Nach dem Krieg heuerte Arthur Bruhn erneut auf einem Walfänger an und fuhr 1951/52 mit dem Walfangschiff „Olympic Challenger“ wieder in die Antarktis. Der griechische Reeder Aristoteles Onassis baute 1949/50 einen Tanker in das Fabrikschiff „Olympic Challenger“ um, mit dem er in den Walfang einstieg. Auf diesem Schiff und den 17 Fangbooten waren insgesamt 519 Deutsche beschäftigt. In Gesprächen mit ehemaligen Besatzungsmitgliedern kann man erfahren, dass sie auch heute, 50 Jahre später, nichts auf ihren damaligen Arbeitgeber kommen lassen. Er gab ihnen nach dem Krieg Arbeit und Hoffnung, indem er sie als Walfänger auf seinen Schiffen arbeiten ließ. Das ändert nichts an der Tatsache, dass die Aktivitäten dieses Schiffsmagnaten, der den Walfang als einträglichen Nebenerwerb betrieb, zu den dunkelsten Kapiteln des modernen Walfangs zählen. Im September 1954 wurde die „Olympic Challenger“ samt Ladung wegen illegalen Walfangs vor der Küste Perus von der Marine aufgebracht, im Hafen Paita beschlagnahmt und „an die Kette gelegt“. Aristoteles Onassis kassierte die damals unglaubliche Versicherungssumme von 15 Mio. Dollar für die Beschlagnahme seines Schiffes. Nachdem die „Olympic Challenger“ wegen wiederholter Verstöße gegen die Richtlinien der IWC (International Whaling Commission) 1956 samt Ladung erneut beschlagnahmt worden war, zog Onassis sich aus dem Geschäft zurück. Sein Partner und Freund Costa Grastos verkaufte die gesamte Flotte für 8,5 Mio. Dollar an die Japaner, die auch heute noch Walfang betreiben. Mit Arthur Bruhn sind auch andere Eckernförder gefahren, deren Namen ich nicht ermitteln konnte. Er schenkte mir einige Fotografien, einen Walembryo sowie einen so genannten Walstein, Walzähne und einen aus einem Walzahn geschnitzten Pinguin. Es liegt mir am Herzen, dass diese Zeugnisse erhalten bleiben, und daher habe ich mich entschlossen, sie im Jahrbuch der Geimatgemeinschaft zusammen mit einigen Erläuterungen zu veröffentlichen. Ein mittlerer Finnwal, auf der Rückseite als „Gammel“ bezeichnet, der schon zu lange im Wasser gelegen hat und bereits in Verwesung übergegangen ist. Durch den Gasdruck im Leib wurde der Penis herausgepresst. Dieser Wal wurde nur abgespeckt und dann wieder außenbords gehievt. Die Männer sind von links nach rechts: Willy Wegner, 1. Bootsmann, Arthur Bruhn, 2. Schiffszimmermann, und W. Schaller, Matrose und Walverarbeiter. Es ist vermerkt, dass W. Schaller wegen Beleidigung von Leni Riefenstahl 11/2 Jahre inhaftiert wurde. Links: Entenmuschel, die sich am Wal festgesetzt hat und so durch die Weltmeere getragen wurde. Diese Krebstiere (Cirripedier der Gattung Conchoderma) sitzen bevorzugt an geschützten Stellen der Wale, zum Beispiel an den Barten oder am Blasloch, haben eine Art Stiel und ernähren sich von Plankton, also nicht parasitisch, sondern epibiontisch. Das rechte Bild zeigt eine präparierte Walflosse: Man erkennt deutlich die fünf Strahlen einer Hand. Die Flosse vom Orka oder Schwertwal (Orcinus orca) wurde von Hans Perkuhn 1951 präpariert. Das untere Bild zeigt den Embryo eines Pottwals (Physeter macrocephalus), – kürzer als ein Streichholz. Im Zoologischen Institut der Universität Kiel nimmt man ein Alter des Embryos von 6 Wochen an. Auf dem Bild erkennt man deutlich die Anlage für Arme, die rudimentär sind und im Laufe der Entwicklung in Flossen umgewandelt wurden. Die Länge der Mutter wird mit 18 m angegeben – diese Angabe erscheint sehr hoch, da ausgewachsene weibliche Pottwale eine durchschnittliche Länge von 11 m bei einem Gewicht von 15 Tonnen erreichen, ausgewachsene männliche Tiere werden etwa 16 m lang und 55 Tonnen schwer. Als Fangort wird der Eingang ins Rossmeer genannt. Walzähne vom Pottwal und Schwertwal sowie ein aus einem Walzahn geschnitzter Pinguin. Der kleine geschnitzte Pinguin hat leider seinen Schnabel verloren. Das Zahnmaterial ist Elfenbein. Arthur Bruhn berichtete mir, dass die Besatzung der Walfangschiffe sich in den fangfreien Stunden und nach dem Dienst mit Präparationen und Schnitzen beschäftigte. Der Pottwal (Physeter macrocephalus) besitzt nur im Unterkiefer 36 bis 52 konisch geformte Zähne, mit denen er seine Beute (Fische, Kalamare und Kraken) erbeuten und festhalten kann. Diese Zähne, aber auch Knochen und Zähne anderer Walarten wurden bereits im 18. Jahrhundert an Bord von Walfängern zu verschiedenen Gebrauchsgegenständen verarbeitet. Die schönsten und künstlerischsten entstanden jedoch bei der Verarbeitung von Pottwalzähnen etwa ab 1830, häufig mit der Darstellung von Schiffen oder Szenen, aber auch Blumentöpfen oder Landschaften. Heute steht „Scrimshaw“ synonym für den Pottwalzahn. Vom Pottwal stammt auch das präparierte Innenohr, das wie eine Skulptur wirkt. Zahnwale, vom 1,60 m großen Schweinswal (Phocoena phocoena) bis zum über 10 m langen Pottwal (Physeter macrocephalus), orientieren sich unter und im Wasser mit Hilfe von Ultraschall, den sie in einem komplizierten Luftsacksystem unterhalb des Blaslochs erzeugen und gebündelt über die Melone abstrahlen. Das Echo bzw. die reflektierte Welle empfangen sie über einen Fettkörper im Unterkiefer, der bis an die Ohrkapsel reicht, die aber nicht mit dem knöchernen Schädel verbunden ist, sondern – umgeben von einer gelatinösen Kapsel – durch Bänder befestigt ist. Die Ultraschallortung der Zahnwale dient einmal zur Orientierung im Element Wasser und erlaubt zum Beispiel dem abtauchenden Pottwal eine Abschätzung der Entfernung bis zum Meeresgrund, zudem ermöglicht sie das Aufspüren und Verfolgen von Fischschwärmen, aber auch von Beutetieren, die sich unter einer Sandschicht verstecken. Unbewiesen ist bisher die Vermutung, dass Pottwale und andere Zahnwale mit Hilfe der energiereichen, gezielt eingesetzten Ultraschallwellen Fische und Kopffüßler lähmen, um sie leichter zu erbeuten. Für die Durchsicht und die umfangreichen Ergänzungen danke ich Herrn Dr. Andreas Pfander sehr herzlich. Sylvia Meisner-Zimmermann, „Insel (2)“, Acryl, 100 x 100 cm, 2007