Wer ist wirklich ein Hanseat

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Wer ist wirklich ein Hanseat
Wer ist wirklich ein Hanseat?
Mein Vater der war in der Tat
Ein überzeugter Hanseat.
In Hamburg wurde er geboren,
Und die Stadt war auserkoren,
Sie mit Bauten schön zu machen.
Sein Leben lang war`n`s seine Sachen.
Darauf hatte er studiert,
Dass er das Bauen recht ausführt.
Was erst einmal am Anfang steht,
Dass er zu der Firma geht,
Die Großvater hat gegründet,
In der Bachstraße befindet
Sich das längliche Gebäude,
Das mir später dient zur Freude.
Bauhandwerke soll er lernen.
Dann zum Studium ausschwärmen.
Alles geht genau nach Sitten.
Hamburg baut nicht kleine Hütten.
Beim Bauamt ist er lange tätig.
Renzelstraße sein Platz stetig.
Nach dem Krieg wird neu gebaut,
Dass Hamburg wieder lieblich schaut.
Hamburg-Eimsbüttel vor der Tür
Wird da oft zum Baupläsier.
Nun ist mein Vater auch sehr zähe
Längst erpicht auf eine Ehe.
Meine Mutti ist das Siegel.
Die sah er erstmal nur im Spiegel.
In der Bachstraße sitzt er da,
Ein Friseur verkürzt sein Haar.
Der Friseur hat eine Frau,
Die kennt ne Freundin ganz genau.
Die Freundin guckt mal eben rein.
Ja, wer wird denn das wohl sein?
Sie ist in strenger Schwesterntracht,
Ein weißer Bügel angebracht
Oben über ihrer Stirn,
Und auch weitres ist ganz firm:
Die Haube deckt den halben Rücken,
Schwarz das Kleid und ohne Lücken
Tief der Rock bis auf die Zehen.
Von Beinen ist da nichts zu sehen.
Wie sie sich zur Freundin bückt,
Ist Vater vom Gesicht entzückt:
Große schwarze Kulleraugen
Seine Blicke voll ansaugen.
Wie ein Herz geformt der Mund,
Bräunlich ist die Haut im Grund.
Das Näschen ist wie Himmelfahrt,
Die Stimme singend, lieb und zart.
Vater denkt da auf der Stelle:
Die schnapp`ich mir auf alle Fälle.
Das scheint ein süßer kleiner Käfer,
Wie so leicht man ihn kaum träf`er.
Zu schade doch für diese Tracht,
Ich möchte sie in voller Pracht.
Und so begibt er sich zur Jagd,
Hat sie endlich heim gebracht.
Gemeindeschwester, die war sie
Von Hamburger Diakonie.
So war sie ganz ungeniert
Hamburgern kooperiert.
Doch ihr stolzes Elternhaus –
Das stand – o je! mit Graus!
In der Eimsbütteler Straße;
Denn nach Eimsbüttel geht`s mit Maße.
Doch die Grenze unerhört –
Ja, da ist Vater ganz empört –
Ist doch all zu hart gezogen,
Das Haus , das sei doch ungelogen,
Noch ein Stück von Altona.
Nun ist das junge EhepaarIn Altona getraut es war Vater und die ihm neu verbunden
Aus Altona auch schnell verschwunden.
Die Gluckstraße war ihr Ziel.
Doch zeigte sich: ich kam ins Spiel.
Erst strampel ich in Muttis Bauch.
Dann jedoch: raus wollt` ich auch.
Heut würde man ganz unversehn
Dann in eine Klinik gehn.
Doch dazumals war es noch Sitte,
Dass man die Geburt erlitte
Einfach in dem Elternhaus,
Dass da kommt das Baby raus.
Oma, Tanten war`n dabei,
Warten auf den ersten Schrei.
Die Hebamme kam gerannt,
Hatte mich total verkannt;
Ich war schneller als gedacht,
Und meine kleine Oma lacht.
Ja, so haben wir`s gemacht.
Hausgeburten waren fein.
In Familien zu sein,
Ließ vergessen alle Pein.
So es meine Mutti hält.
Also – wo kam ich zur Welt?
In der Eimsbütteler Straße,
Dass mich Oma gleich erfasse,
Und mich ansieht ganz beglückt,
Das Baby an ihr Herz gleich drückt.
Der Vater kommt von Hamburg her.
Die Bachstraße hört die Mär.
Als Hanseat sagt Vater drauf:
Es geht um einen Stapellauf.
Vom Stapel ließ das Kind die Mutter,
Ein Mädchen, gleichsam nur ein Kutter.
Lieber wäre ihm gelungen,
Der Stapellauf von einem Jungen.
Der Entwurf war ja schon fertig.
Vater hoffte gegenwärtig,
Wie er wollt´den Bau umreißen:
Da sollte es in Zukunft heißen:
Karl Ruppenthal und Sohn.
Das wär`für ihn der schönste Lohn.
Nun war es leider nur ein Mädchen.
In Altona dreht es das Rädchen.
Wenn Vater mich mal ärgern will,
Als später ich nicht immer still,
Sagt er:“Weine nur den ganzen Tag!
Weil ich das gerne hören mag.
Du bist kein echter Hanseat.
Ein Quitje bist du in der Tat.
Da kannst du nur noch immer greinen,
Sitzt auf Altonaer Steinen.“
Nun gebe ich es ja auch zu:
Altona gab keine Ruh.
Die Schule da im Preußenstil
Wurde mir auch schnell zu viel.
Und wer in Altona anfing,
Zum Beruf nach Hamburg ging.
Wo Uropa Gewürze hat –
Sie lagern in der Speicherstadt.
Muttis Vater ganz galant
Bei der Hacifa sich fand.
Das Bürohaus sollt`gereichen
Für ihn an den Großen Bleichen.
Hamburger Zigarrnfabrik
Machte überall Musik.
Stand in Altona das Haus,
Nach Hamburg gingen alle raus.
Schließlich auch mein Herr Papa
Sich in Omas Hause sah.
Da war Platz für viele Leute
Und Vater mit das Haus betreute.
Schließlich ist es auch geglückt,
Dass die Grenze ward verrückt,
Verschoben auf den Alsenplatz.
Eimsbütteler Straße ist jetzt Satz
Ganz von Eimsbüttel selbst,
Nicht zu Altona noch fällt`s.
Doch inzwischen voller Freude
Man auch voll in Hamburg weide.
Ich fahr nach Hamburg in die Schule,
Bin nicht mehr in Preußens Kuhle.
Zu Vater sag ich akurat:
Ich bin rechtschaffen Hanseat.
Da erst bin ich frei geworden,
Nicht geführt wie dumme Horden.
Hanseluft ist meine Welt,
Die mir immer wohl gefällt.
Vater muss es anerkennen,
Von Hanseaten mich nicht trennen.
So zahlt er auch das Schulgeld gern,
Dass ich hanseatisch lern`.
Später ist er darauf stolz,
Ich sei Ruppenthalsches Holz.
Nun ist Omas Haus kaputt.
Der Krieg der machte daraus Schutt.
Aber Hamburg wurde neu.
Vater blieb dem Bauen treu.
Vielfach hat er sich bemüht,
Mit Erfolg, wie man es sieht.
Immer blieb er Hanseat,
Hanseat auch als Soldat.
So ist ihm dieses wohl gediehn,
Das Hanseatenkreuz verliehn.

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