Abwarten, bis nichts mehr geht (Tiroler Tageszeitung, 13.01.2015)
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Abwarten, bis nichts mehr geht (Tiroler Tageszeitung, 13.01.2015)
2 Meinung Nummer 13 | Dienstag, 13. Jänner 2015 Leitartikel Abwarten, bis nichts mehr geht Das Gesprächsklima zwischen Spitalsärzten, Betreibergesellschaft Tilak und Gesundheitslandesrat Tilg ist derart vergiftet, dass völlig offen ist, wie man aus der Sackgasse wieder herauskommen will. Zum Leidwesen der Patienten. Von Anita Heubacher D er Frust unter den Tiroler Spitalsärzten ist groß. Es ist der Kitt, der zum ersten Mal Bundes- und Landesärtze, Mittelbau und auszubildende Ärzte sowie Klinikchefs solidarisch werden lässt. Solidarität am Arbeitsplatz ist in jeder Berufsgruppe schwer herzustellen. Was ist also passiert, dass die Ärzte die bisher üblichen Grabenkämpfe und Eitelkeiten hinter sich gelassen haben und sich in erster Linie gegen die Spitalsführung Tilak und Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg stellen? Seitens der Verwantwortlichen hat man sich viel Zeit gelassen. So wie sich die Zustände an Tirols Landes- und Bezirksspi- Eigentlich Politische Farbenleere tälern derzeit darstellen, zu viel. Da wäre zuerst die Bundesregierung zu nennen. Sie hat im letzten Abdruck, im Herbst 2014, ein neues Ärztearbeitszeitgesetz auf die Welt gebracht. Die EU-Richtlinie liegt seit 2003 auf dem Tisch. Deutschland hat 2005 nachgezogen. Im November 2013 hat die EU Griechenland und Irland wegen der Überschreitung der Ärztearbeitszeit geklagt. Österreich hätte also erahnen können, dass die Union es ernst meint. Aber nein, die Bundesregierung hat sich eine Übergangsfrist bis 2021 ausverhandelt und die Rechnung ohne den Wirt, sprich die Ärzteschaft, gemacht. Zu lange zugeschaut hat auch die Landespolitik. In einem Umfeld, wo Ärzte rar werden, hat das Land die Warnrufe der Ärz- teschaft, dass die Arbeitsbedingungen an Tirols Spitälern unbefriedigend sind, ignoriert. Wertschätzung, Arbeitsumfeld und Entlohnung, der Saldo war auf Seiten der Ärzteschaft ein negativer. Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg ist auch nicht erst seit vorgestern, sondern seit 2008 im Amt. Zeit genug, um festzustellen, dass die Befindlichkeit unter Tirols Spitalsärzten alarmierend schlecht ist. Alles lässt sich eben nicht in einer Exceltabelle darstellen. Unterm Strich reicht es aus, damit Ärzte abwandern und die Tilak-Häuser als Arbeitgeber an Reputation verloren haben. Die Betreibergesellschaft Tilak wird aus Sicht der Ärzte als aufgeblasener Verwaltungsapparat wahrgenommen. Dieses Konglomerat hat dazu geführt, dass es keine Gesprächsbasis Karikatur Peter Plaikner ist Medienberater und Politikanalyst mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten. Frage des Tages (742 Teilnehmer) Diese Woche wird im Nationalrat der Antrag zur Einsetzung eines U-Ausschusses zur Hypo Alpe Adria beschlossen werden. Rechnen Sie mit einer Aufklärung? 11 % – Ja. Endlich geht es jetzt um die politische Verantwortung. Jetzt müssen alle Verantwortungsträger Rede und Antwort stehen. 53 % – U-Ausschuss gut und recht. Aber der Hypo-Fall muss vor Gericht. 36 % – Ich bezweifle, dass es durch den U-Ausschuss neue Erkenntnisse geben wird. Die Umfrage finden Sie auf www.tt.com [email protected] Ein Torjäger mit sozialem Gewissen E [email protected] Lesen Sie dazu mehr auf den Seiten 1, 4 Kopf des Tages „Besorgte Eltern“ Von Peter Plaikner Cristiano Ronaldo (Weltfußballer 2014) A Karikatur: Daniel Jokesch; Foto: gepa/Oliver Lerch rst die Grünen, dann die NEOS, jetzt die FDP: Deutschlands Partei mit den meisten Regierungsjahren setzt auf Magenta. Ähnlich wie Österreichs Ökopaxe unterlegt sie Parolen mit dieser Signalfarbe. Sogar das Parteikürzel steht weiß auf solchem Untergrund. Ein markanter Akzent im klassischen Gelb-Blau der Liberalen, wie sie es kombiniert seit 1972 verwenden. Dieses „Pretty in Pink“ ist ein unverhohlener deutscher Versuch, sich an einem österreichischen Vorbild zu orientieren, das total in Magenta erscheint. Beim Politikaward 2013 in Berlin landete die Kampagne der NEOS für den Nationalrat nur knapp hinter jener der CDU für den Bundestag. In der liberalen Diaspora blüht plötzlich jene Parteipflanze, die in einer Hochburg zu verdorren droht. Die neue Parteifarbe vermag dies sicher nicht zu ändern. Umso verblüffender ist das große Echo darauf. Politik gerät immer noch mehr in die Fänge purer Symbolik. Ihr Couleur-Relaunch ist das seit Langem meistbeachtete Lebenszeichen der todesnahen FDP. Der Rückzug von Blau tut ihr zwar gut, weil es nun auch die rechte Alternative für Deutschland benutzt, doch mit Positionen ernten die Liberalen kaum Aufmerksamkeit. Dabei bietet vom BZÖ-belasteten Orange bis zum kirchlich bis feministisch besetzten Lila keine Kolorierung einen Ausweg aus dem umfassenden parteipolitischen InhaltAnstrich-Dilemma. Wichtiger als jede Farbenlehre wirkt jene Farbenleere, die sich bloß umsetzen, aber nicht plakatieren lässt: Transparenz. zwischen den handelnden Akteuren und nicht einmal mehr offizielle Ansprechpartner gibt. Die Arbeitsgemeinschaft der Klinikärzte hat ihren Betriebsräten das Misstrauen ausgesprochen und hätte sie am liebsten abgesetzt. Jetzt läuft den Verantwortlichen die Zeit davon. Wer nämlich sicher nicht abwarten will, sind die Patienten. Analyse Die ewige Herausforderung für unsere Freiheit Von Wolfgang Sablatnig D ie Bilder des Großeinsatzes gegen den so genannten „Wil derer“ von Annaberg sind noch in guter Erinnerung. Die Polizei hat damals beim Bundesheer einen Schüt zenpanzer anfordern müssen, weil sie selbst nicht über ausreichend schwere Fahrzeuge verfügt. Auch für die schnelle Verlegung von Spezialkräften in der Luft sind die zivilen Behörden auf das Bun desheer und seine Hubschrauberflotte angewiesen. Geht es nach Innenminis terin Johanna MiklLeitner (ÖVP) soll sich dieser Missstand ändern. Sie will im Sog des Terrors von Paris die Poli zei materiell und gesetzlich aufrüsten. Damit stößt sie zwangsläufig an das ewige Dilemma des Rechtsstaates – das schwierige Verhältnis von Sicherheit und Freiheit nämlich. Das Problem sind dabei weniger die Panzerfahr zeuge und die Hub Lesen Sie dazu mehr auf Seite 9 [email protected] schrauber. Beide stehen schon länger auf der Wunschliste – bisher hatte sich aber kein Anlass gefunden, der auch eine Finanzierung realistisch machte. Jetzt kann sich MiklLeitners Par teifreund Finanzminister Hans Jörg Schelling nur noch schwer querlegen. Die Argumente der Ministerin klingen bestechend: Wer sollte zum Schutz der Polizisten Nein sagen? Und wer sollte einen Einwand haben, dass Spezialkräf te der Polizei rasch von einem Ort zum anderen kommen? Problematischer sind die Vorratsda tenspeicherung und der Austausch von Fluggastdaten. MiklLeitner beteuert, beides nur unter dem Gesichtspunkt diskutieren zu wollen, gleichzeitig die Grundrechte zu wahren. Zumindest hinsichtlich der Vorratsdaten haben Höchstgerichte diese Diskussion aber schon einmal abgeschlossen – und ge gen die Speicherung entschieden. Nach dem Terror von Paris stellt sich somit neuerlich die Frage, in welche Richtung das Pendel ausschlägt – in die der Sicherheit oder in die der Freiheit. Beide zu vereinen und die Freiheit nicht der Sicherheit zu opfern, ist eine ewige Herausforderung für Demokratie und Rechtsstaat. m wichtigsten ist immer das nächste Tor.“ Die Antwort auf die Frage, welcher Treffer der wichtigste für ihn gewesen war, sagt viel über Cristiano Ronaldo aus. Der Portugiese definiert sich vor allem über Quantität: Unglaubliche 203 Tore hat er in insgesamt 181 Spielen für seinen Klub Real Madrid erzielt, allein 26 in 18 Spielen der Saison 2014/15. Auch weil er alles dem Erfolg unterordnet. Obwohl er sich auf seinem Status längst ausruhen könnte, soll der 29-Jährige immer noch jeden Tag der Erste und Letzte am Real-Trainingsgelände sein. Ronaldo ist außerdem überzeugter AntiAlkoholiker. Wahrscheinlich auch, weil sein Vater José Dinis Aveiro bereits mit 51 Jahren an Leber- und Nierenversagen starb. Das Image des Cristiano Ronaldo dos Santos Aveiro kann mit seiner sportlichen Entwicklung noch nicht Schritt halten. Der 28-Jährige ist zwar eine Marke – unter anderem hat er Werbeverträge mit Coca-Cola, Nike, Samsung und Suzuki –, in der Öffentlichkeit gilt er allerdings auch als Prototyp des „narzisstischen Selbstdarstellers“. Gegeltes Haar, Flinserl im Ohr und ein Freistoßstil, der eher an den Wilden Westen als an Fußball erinnert. Außerdem hat er ein Topmodel (die Russin Irina Shayk) zur Freundin, posierte schon fast textilfrei als Unterhosenmodel und bejubelt seine Treffer selbstverliebt. Alles Dinge, die Neid anziehen. Das ist allerdings nur eine Seite des zweifachen Champions-League-Gewinners. Als einem 19-jährigen Fan in den USA eine harte Strafe drohte, weil er bei einem Real-Testspiel das Feld gestürmt hatte, um sein Idol zu umarmen, schrieb der Mann von der Blumeninsel Madeira einen Brief an die Staatsanwaltschaft mit der Bitte, die Entscheidung zu überdenken. Im November 2012 ließ Ronaldo den Goldenen Schuh versteigern und spendete den Erlös an Hilfsprojekte im Gaza. Der beste Kicker der Welt scheint also auch ein ziemlich netter Kerl zu sein. (t.w.) Lesen Sie dazu mehr auf Seite 23