VG Ansbach: HzV, Zahnmedizin, Studiengang, Fachsemester

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VG Ansbach: HzV, Zahnmedizin, Studiengang, Fachsemester
VG Ansbach, Beschluss v. 16.12.2015 – AN 2 E 15.10270
Titel:
Einstweilige Anordnung, Hochschulzulassung, Aufnahmekapazität, Zahnmedizin,
Curriculareigenanteil, Schwundberechnung
Normenketten:
VwGO § 123
HZV §§ 53, 45
Schlagworte:
Einstweilige Anordnung, Hochschulzulassung, Aufnahmekapazität, Zahnmedizin, Curriculareigenanteil,
Schwundberechnung
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1.
Die Antragstellerseite beantragt im Wege einer einstweiligen Anordnung sinngemäß
die Verpflichtung des Freistaats Bayern auf Zulassung im 1. Fachsemester des Studiums der Zahnmedizin
an der F.-A.-Universität E.-N. (FAU) ab dem Wintersemester 2015/2016, hilfsweise beschränkt auf einen
Teilstudienplatz.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die FAU habe rechtswidrigerweise ihre Kapazität nicht
voll ausgeschöpft. Zu den Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Antragsbegründung Bezug genommen.
2.
Die FAU beantragt für den Freistaat Bayern sinngemäß,
den Antrag abzulehnen,
und teilt dazu unter Bezugnahme auf die vorgelegten Unterlagen zur Kapazitätsberechnung für das
Studienjahr 2015/2016 mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2015 folgende Kapazitätsauslastung mit:
Semester 1 NC
Semester 2
Semester 3
Semester 4
Semester 5
Semester 6
Semester 7
Semester 8
Semester 9
Semester 10
insgesamt
3.
56
54
54
53
53
51
51
50
50
48
520
Studenten 56
56
56
56
56
49
51
48
48
43
519
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten, insbesondere auf die Datenerhebungsformularsätze
mit den Kapazitätsberechnungen der Universität für das Studienjahr 2015/2016 Bezug genommen.
II.
1.
Der streitgegenständliche Antrag ist zulässig, aber nicht begründet und deshalb abzulehnen.
Das Gericht geht nach eingehender Prüfung im Rahmen des Eilverfahrens davon aus, dass an der FAU im
Studiengang Zahnmedizin im Wintersemester 2015/2016 für das 1. Semester über die jeweils festgesetzte
Zahl von 56 Studienplätzen hinaus keine weiteren Studienplätze zur Verfügung stehen. Die ermittelten
Studienplätze sind nach der glaubhaften Erklärung der FAU regulär besetzt (worden). Von Seiten der FAU
ist mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2015 auch ausdrücklich mitgeteilt worden, dass eine Beurlaubung von
Studenten im 1. Fachsemester des Studiengangs Zahnmedizin im Wintersemester 2014/2015 nicht vorliegt;
die Frage einer Beurlaubung von Studenten in höheren Semestern ist nach gefestigter Rechtsprechung des
Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B. v. 22.04.2014 - 7 CE 14.10043 u. a. - juris Rn. 8ff.), der sich
die Kammer weiterhin anschließt, insoweit nicht erheblich.
a)
Der Ermittlung der Aufnahmekapazität der FAU im Studiengang Zahnmedizin für das Wintersemester
2015/2016 sind das Gesetz über die Hochschulzulassung in Bayern (BayHZG) und die Verordnung über die
Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern (HZV) zugrunde zu legen.
aa)
Für die dabei erforderliche Ermittlung des Lehrangebots (vgl. §§ 45 ff. HZV) sind die Vorschriften der
Verordnung über die Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an
Universitäten, Kunsthochschulen und Fachhochschulen (LUFV) maßgebend. Diesen hat die FAU
entsprochen. Insoweit hat sich bei der Überprüfung kein Beanstandungsgrund hinsichtlich der
Stellenstruktur oder der einzelnen Lehrdeputate ergeben. Das Lehrangebot wurde von der FAU im
Vergleich zum Vorjahr um 3 SWS leicht erhöht, wobei zwei mit je 5 SWS eingesetzte befristete Stellen
durch eine unbefristete Stelle mit 9 SWS im Bereich der Zahnklinik 1 getauscht wurden und 4 zusätzliche
SWS auf eine Stundenerhöhung eines wissenschaftlichen Angestellten zurückzuführen sind. Der dennoch
im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnende, aber geringfügige Rückgang um einen Studienplatz ergibt sich
hauptsächlich aufgrund eines insoweit leicht nachteilig geänderten Schwundausgleichfaktors.
Wie vom Gericht bereits für das vorausgegangene Studienjahr entschieden und vom Bayerischen
Verwaltungsgerichtshof bestätigt wurde, wirken sich die beiden als Zahntechniker im zahntechnischen
Labor der FAU beschäftigten Mitarbeiter nicht auf die Kapazitätsberechnung aus, da diese keinerlei
selbstständige Aufgaben in der Lehre wahrnehmen und zu keiner gemäß § 51 Abs. 3 Nr. 1 HZV relevanten
Entlastung des Lehrpersonals führen (vgl. VG Ansbach, B. v. 10.2.2015, AN 2 E 14.10170, BayVGH, B. v.
26.5.2015, 7 CE 15.10110).
Danach ergibt sich als zugrunde zu legendes Lehrangebot:
7 Stellen W3, W2 mit je 9 SWS
= 63 SWS
1 Stelle W3 mit 7 SWS (Deputatsverminderung Studienfachberater, = 7 SWS
§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LUFV)
29 Stellen A13 aZ mit je 5 SWS
19 Stellen A 16/A 15/A 14/A 13 mit je 9 SWS angesetzt
2 Stellen A 16/A 14 mit je 8 SWS angesetzt
2 Stellen A 14 mit je 0 SWS angesetzt
2 Stellen wissenschaftl. Angestellte mit je 9 SWS angesetzt
62 Stellen wissenschaftliches Lehrpersonal
= 145 SWS
= 171 SWS
= 16 SWS
= 0 SWS
= 18 SWS
= 420 SWS
Die Beschäftigung von Drittmittelbediensteten, denen keine dienstrechtliche Lehrverpflichtung obliegt,
erhöht das der Kapazitätsberechnung zugrunde liegende Lehrangebot nicht (ständige Rechtsprechung des
Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs: etwa B. v. 02.05.2012 - 7 CE 12.10010 - juris; B. v. 11.03.2010 - 7
CE 10.10075 - juris; B. v. 22.08.2006 - 7 CE 06.10313 - juris). Dies gilt auch für Stellen, die aus
Mittelzuweisungen der Krankenkassen und aus Eigenmitteln des Universitätsklinikums für Zwecke der
Krankenversorgung finanziert werden und dementsprechend ausschließlich dafür gewidmet sind (vgl.
BayVGH, B. v. 18.05.2012 - 7 CE 12.10005 u. a. - juris; B. v. 24.07.2008 - 7 CE 08.10122 - juris). Diese
Stellen sind lediglich als den Personalbedarf für die Krankenversorgung mindernd anzusetzen (BayVGH, B.
v. 01.10.2009 - 7 CE 09.10538 - juris).
Zusätzliche Mittel/Stellen im Hinblick auf den doppelten Abiturientenjahrgang 2011 in Bayern sind der FAU
nach deren früherer Auskunft für den Studiengang Zahnmedizin schon in den vergangenen Studienjahren
nicht zugewiesen worden. Anhaltspunkte dafür, dass durch einen nicht vorgenommenen Ausbau des
Studiengangs an der FAU das diesbezüglich sehr weite Ermessen bei der Gestaltung des Staatshaushalts
auf Antragsgegnerseite verletzt wäre (die weitere Frage dahingestellt, ob damit hier ein
Zulassungsanspruch begründet werden könnte), sind weder konkret geltend gemacht worden noch sonst
für das Gericht ersichtlich. Einen einklagbaren Anspruch auf staatliche Zuwendungen zur Erhöhung der
Ausbildungskapazität verneint grundsätzlich etwa auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (vgl. B. v.
14.6.2012 - 7 CE 12.10004 - juris; bezogen auf den Hochschulpakt 2020: B. v. 27.06.2011 - 7 CE 11.10501
u. a. - juris, m. w. N.). Für das Studienjahr 2015/2015 kann der doppelte Abiturjahrgang in tatsächlicher
Hinsicht ohnehin kaum noch eine Rolle spielen.
bb)
Das durchschnittliche Lehrdeputat beträgt danach 420 SWS : 62 Stellen = 6,7742 SWS (berechnete Zahlen
hier und im Folgenden aus Vereinfachungsgründen wiedergegeben jeweils nur mit vier Nachkomma-Stellen
und Rundung bei der vierten Nachkomma-Stelle).
cc)
Die Berechnung des Krankenversorgungsabzugs an der FAU für das Studienjahr 2015/2016 ist gemäß den
normativen Vorgaben (vgl. zu deren Verfassungsgemäßheit BayVGH, B. v. 22.06.2010 - 7 CE 10.10134 u.
a. - juris, m. w. N. aus der Rechtsprechung des BayVGH; zuletzt bestätigend B. v. 14.5.2013 - 7 CE
13.10006 - juris Rn. 11ff.) nicht zu beanstanden:
1. Die FAU hat zunächst aus der errechneten Anzahl (21,21) tagesbelegter, nicht privat genutzter Betten auf
der Grundlage von § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b HZV einen Bedarf von 2,9461 Stellen für stationäre
Krankenversorgung ermittelt.
2. Personalbedarf für die ambulante Krankenversorgung:
62,00 Stellen + 2,00 nur für Krankenversorgung gewidmete Stellen = 64,0000 Stellen;
65,00 Stellen ./. 2,9461 Stellen für stationäre Krankenversorgung = 61,0539 Stellen;
61,0539 Stellen x 30/100 (§ 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Buchst. c HZV) = 18,3162 Stellen.
Der in dieser Berechnung enthaltene Pauschalabzug in Höhe von 30% gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 Ziffer 3
Buchst. c HZV ist unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Bayerischen
Verwaltungsgerichtshofs dazu (vgl. zuletzt B. v. 14.5.2013 - 7 CE 13.10006 - juris Rn. 12f.; B. v. 02.05.2012
- 7 CE 12.10010 - juris) weiterhin nicht zu beanstanden.
3. Aus den vorstehenden Nummern 1. und 2. errechnet sich ein Personalgesamtbedarf für
Krankenversorgung von
2,9461 Stellen (für stationäre Krankenversorgung)
+ 18,3162 Stellen (für ambulante Krankenversorgung)
21,2623 Stellen, der für die weitere Berechnung noch um die 2,0000 ausschließlich für Krankenversorgung
gewidmeten Stellen auf 19,2623 Stellen zu vermindern ist.
dd)
Dies schlägt sich auf die Lehrangebotsberechnung wie folgt nieder:
Stellen mit Lehrverpflichtung: 62,0000 Stellen
./.19,2623 Stellen
verbleibende Zahl von 42,7377 Stellen, multipliziert mit der durchschnittlichen Lehrverpflichtung (6,7742
SWS) ergibt
Angebot an Deputatsstunden: 289,5137 SWS
+ Lehrauftragsstunden/Titellehre (gegenüber 2014/2015 um 2,0 erhöht) 11,5000 SWS
bereinigtes Lehrangebot: 301,0137 SWS.
Die geringfügige Abweichung in der 4. Nachkommastelle bei der Berechnung der FAU - Angebot an
Deputatstellen 289,5135, bereinigtes Lehrangebot 301,0135 - wirkt sich auf das Ergebnis, d. h. die
Studienplatzzahl, nicht aus - siehe im Weiteren - und bedarf deshalb keiner weiteren Aufklärung.
ee)
Nach Anlage 5 zu § 43 HZV errechnet sich aus dem bereinigten Lehrangebot, multipliziert mit 2 (=
602,0274) und dividiert durch den Curriculareigenanteil des Curricularnormwertes für den Studiengang
Zahnmedizin (5,7968), aufgrund der personellen Ausstattung eine jährliche Aufnahmekapazität von
103,8551 Plätzen im Jahresdurchschnitt (Berechnung der FAU: 103,8559). Der Curriculareigenanteil
entspricht dabei dem Wert des Vorjahres und überschreitet - und dies ist in rechtlicher Hinsicht maßgeblich
(vgl. BayVGH, B. v. 31.10.2013 - 7 CE 13.10312 - juris Rn. 11) - nicht den in Anlage 7 I
Hochschulzulassungsverordnung festgesetzten Curricularnormwert von 7,80 für den Studiengang
Zahnmedizin.
ff)
Gemäß § 53 HZV ist die Studienanfängerzahl zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Aufgabe des
Studiums oder Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studenten in höheren
Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge. Die FAU hat die Schwundberechnung anhand des sog.
Hamburger Modells durchgeführt, was nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen
Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B. v. 11.4.2011 - 7 CE 11.10004 u. a. - juris; B. v. 27.7.2010 - 7 CE 10.10317
u. a. - juris; B. v. 21.7.2009 - 7 CE 09.10090 - juris) grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Bei der
Ermittlung der Zahl der Studierenden sind als Schwund systemgerecht auch nur dauerhafte Abgänge zu
berücksichtigen, die zum Freiwerden von Studienplätzen führen (vgl. BayVGH, B. v. 11.3.2010 - 7 CE
10.10075 - juris), weshalb etwa beurlaubte Studierende nicht aus den Bestandszahlen herausgerechnet
werden müssen (vgl. zuletzt BayVGH, B. v. 26.5.2015 - 7 CE 15.10110 u. a. - juris Rn. 6; B. v. 14.5.2013 - 7
CE 13.10006 - juris Rn. 21, m. w. N.). Eine „Korrektur“ der so ermittelten Bestandszahlen kommt lediglich
dann in Betracht, wenn außergewöhnliche Einflussfaktoren in atypischer Weise die Entwicklung der
Studentenzahlen beeinflusst haben sollten (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 02.05.2012 - 7 CE 12.10010 - juris);
dies wird nicht etwa bereits allein durch einzelne Semesterübergangsquoten, die den Wert von 1,0000
geringfügig überschreiten, indiziert.
Nach der derart fehlerfrei durchgeführten Berechnung beträgt der hier anzusetzende
Schwundausgleichsfaktor 0,9372. Davon ausgehend ergeben sich für das Studienjahr 2015/2016 (103,8551
: 0,9372 =) 110,81, d. h. schließlich auf ganze Zahlen gerundet 111 Studienplätze für Studienanfänger, die
auf das Wintersemester 2015/2016 mit 56 und das Sommersemester 2016 mit 55 aufgeteilt wurden.
gg)
Die ermittelte Kapazität für das Studienjahr 2015/2016 ist nach alledem nicht zu beanstanden und mit 56
zugelassenen Studienanfängern auch ausgeschöpft.
b)
Eine Zulassung beschränkt auf den vorklinischen Studienabschnitt oder bis zu einem
kapazitätsbestimmenden Engpass scheidet ebenfalls aus, da die Kammer keine Engpässe erst im weiteren
Verlauf dieses Studienganges an der FAU zu erkennen vermag. Ebenso wie die Antragstellerseite selbst
von einer hinreichenden Substantiierung bezüglich irgendwelcher studienbegrenzender Engpässe absieht,
beruft sich auch der Antragsgegner nicht auf ein Vorhandensein solcher bei der FAU. Im Übrigen verneint
der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (zuletzt B. v. 18.5.2012 - 7 CE
12.10002 - juris) die Möglichkeit der Vergabe von Teilstudienplätzen im Studiengang Zahnmedizin.
c)
Der Antrag war daher abzulehnen.
2.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO.
3.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m § 52 Abs. 1 GKG. Eine Herabsetzung des
Streitwertes ist auch nicht in den Fällen veranlasst, in denen Antragsteller nur die Durchführung eines
Losverfahrens und/bzw. die Beteiligung an einem Losverfahren und die Zulassung, wenn sie einen
entsprechenden Rangplatz erhalten, beantragt haben. Denn auch in diesen Fällen wird im Grunde die
vorläufige Zulassung zum Studium der Zahnmedizin und die Zuteilung eines entsprechenden
Studienplatzes begehrt.