Die He li co bac ter-py lo ri

Transcrição

Die He li co bac ter-py lo ri
Originalien und Übersichtsarbeiten
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 2005 · 48:669–678
DOI 10.1007/s00103-005-1065-y
© Springer Medizin Verlag 2005
M. Kist1 · E. Glocker1 · S. Suerbaum2
1 Universitätsklinikum Freiburg · 2 Medizinische Hochschule Hannover
Pathogenese,
Diagnostik und Therapie
der Helicobacter-pyloriInfektion
D
ie Helicobacter-pylori-Infektion ist
die zweithäufigste bakterielle Infektionskrankheit des Menschen. Über die Hälfte
der Weltbevölkerung ist mit diesem Organismus infiziert [1]. Forschungsergebnisse
der letzten Jahre haben gezeigt, dass Helicobacter pylori (H. pylori) den Menschen
wahrscheinlich bereits seit der Entstehung der Spezies Homo sapiens begleitet
hat [2]. Obwohl die Prävalenz der Infektion in den westlichen Industrieländern zurückgeht, verursacht die H.-pylori-Infektion weltweit weiterhin etwa 500.000 Todesfälle durch Magenkarzinom pro Jahr
[3]. Und auch die anderen Folgekrankheiten der Infektion wie Ulkuskrankheit, Magenschleimhautatrophie und MALT-Lymphom sind mit erheblicher Morbidität
und Mortalität assoziiert. In diesem Übersichtsartikel werden der aktuelle Stand
der Forschung zur Pathogenese sowie die
aktuellen Empfehlungen zur Diagnostik
und Therapie der H.-pylori-Infektion dargestellt.
Pathogenese der
H.-pylori-Infektion
Die Magenschleimhaut ist durch vielfältige Schutzmechanismen gegen das Eindringen von Bakterien geschützt. H. pylori ist an diese ökologische Nische hochgradig adaptiert. Eine einzigartige Kombination von Eigenschaften und Fähigkeiten erlaubt es diesem Bakterium, kurze Zeit im
sauren Milieu des Magenlumens zu überleben, in den hochviskösen Magenschleim
einzudringen, sich dort fortzubewegen
und mithilfe von chemotaktischen Sensoren räumlich zu orientieren, sich mit spezialisierten Haftstrukturen an die Epithelzellen anzuheften, die Immunantwort abzuwehren bzw. partiell zu paralysieren.
Das Ergebnis dieser Kombination von Eigenschaften ist die Fähigkeit, eine persistierende Kolonisation der Magenschleimhaut hervorzurufen, die Jahrzehnte andauern kann.
Das mit 1,65 Millionen Basenpaaren relativ kleine Genom des H. pylori kodiert
für ca. 1500 Proteine [4, 5]. Trotz intensiver Forschungstätigkeit ist die Funktion
für nur wenige dieser Proteine bekannt.
Nach der oralen Aufnahme müssen die
Bakterien für kurze Zeit im sauren Milieu des Magenlumens überleben, bevor
sie das fast neutrale Milieu des epithelnahen Magenschleims erreichen. Hierfür ist
die Urease, ein Enzym, das Harnstoff in
Ammoniak und CO2 spalten kann, essenziell. Die Bakterien verdanken ihre Beweglichkeit einem unipolaren Bündel von Geißeln, langen spiralförmigen Proteinfäden,
die sie durch Rotation wie ein Propeller
voranschieben [6]. Spezialisierte Sensorproteine erlauben es den Bakterien, sich
an Substanzgradienten im Magenschleim
zu orientieren und die optimale Position
knapp oberhalb der Epithelzellen zu finden. Eine wesentliche Rolle spielt bei dieser Orientierung der transmukosale pHGradient [7]. Während die Mehrzahl der
Bakterien ein kontinuierlich schwimmendes Reser voir im Mukus bildet, heften
sich einige Bakterien stabil an Epithelzellen an. Diese Bindung vermitteln speziel-
le Adhärenzproteine, so genannte Adhäsine, von denen bisher 2 detailliert charakterisiert wurden: Die Proteine BabA und SabA vermitteln die Bindung an glykosylierte Blutgruppenantigene [8, 9].
Durch Rekombination zwischen verschiedenen Adhäsingenen können sich
die Bakterien an die Oberflächenantigene
der Wirtsepithelzellen adaptieren. Dies
ist nur ein Beispiel für ihre extreme genetische Variabilität. Praktisch jeder mit
H. pylori infizierte Patient trägt seinen eigenen individuellen Bakterienstamm, der
sich von allen anderen unterscheidet. Diese extreme Vielfalt resultiert aus einer hohen Mutationsrate und der Fähigkeit, mit
hoher Effizienz DNA-Fragmente anderer
ko-kolonisierender H.-pylori-Stämme aufzunehmen (Rekombination) [10, 11].
Ein weiterer intensiv erforschter Virulenzfaktor ist das vakuolisierende Zytotoxin VacA. Das Toxin, das von etwa der
Hälfte aller H.-pylori-Stämme exprimiert
wird, wird aktiv sezerniert und zeigt im
Hinblick auf Epithel- und Immunzellen
vielfältige Effekte. Es verdankt seinen Namen der Bildung großer Vakuolen im
Zytoplasma von Epithelzellen. Zudem
hemmt es T-Zellen, bewirkt die Auflockerung von Kontaktstellen zwischen Epithelzellen und induziert Apoptose [12]. Die
Rolle des Toxins bei der Entstehung von
Folgekrankheiten ist allerdings noch immer nicht eindeutig geklärt.
Der wahrscheinlich bestcharakterisierte Virulenzfaktor von H. pylori ist das Protein CagA. Das Gen, das für CagA kodiert,
liegt auf der so genannten cag-Pathogeni-
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 6 · 2005
| 669
Originalien und Übersichtsarbeiten
tätsinsel, einem 37.000 Basenpaar großen
Genomfragment, das 29 Gene umfasst
[13]. Zahlreiche dieser Gene kodieren für
Komponenten eines spezialisierten molekularen Injektionsapparates, d. h. eines
Typ-IV-Sekretionssystems, das das CagA-Protein aus dem Bakterium in die Epithelzelle translozieren kann [14]. Nach der
Translokation wird CagA von zellulären
Kinasen phosphoryliert [15] und bindet
an verschiedene intrazelluläre Liganden,
wie beispielsweise an die Tyrosinphosphatase SHP-2. Es löst dadurch Veränderungen intrazellulärer Signalvorgänge aus, die
zu veränderten Migrations- und Wachstumseigenschaften der Zellen führen. Aktuelle Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass das CagA-Protein selbst an
der Tumorentstehung beteiligt sein kann;
es wird daher auch als bakterielles Onkoprotein bezeichnet. H.-pylori-Stämme, denen die cag-Pathogenitätsinsel fehlt oder
bei denen sie inaktiv ist, sind signifikant
weniger mit Folgekrankheiten assoziiert
als cag-positive Stämme.
Die Infektion der Magenschleimhaut
mit H. pylori führt in dieser bei allen Infizierten zu einer entzündlichen Reaktion.
Es kommt zu einer Infiltration der Submukosa mit neutrophilen Granulozyten,
gefolgt von T- und B-Lymphozyten, Plasmazellen und Makrophagen. Das klinische Bild wird als chronisch-aktive Gastritis (Typ-B-Gastritis) bezeichnet. Dieses
Geschehen wird wahrscheinlich in erster
Linie durch die Anheftung der Bakterien an Epithelzellen ausgelöst, da H. pylori praktisch nie in diese eindringt. Die Anheftung von (insbesondere cag-positiven)
H. pylori an die Zellen führt zur Stimulation der Freisetzung von Interleukin 8, das
offensichtlich eine zentrale Rolle in der H.pylori-Gastritis spielt und die Granulozyten anlockt. Weitere Zytokine, die in der
H.-pylori-positiven Mukosa vermehrt exprimiert werden, sind Interleukin 1-β, Interleukin 2, Interleukin 6 und Tumor-Nekrosefaktor α.
H. pylori interagiert auf ungewöhnliche
Weise mit den Komponenten des angeborenen Immunsystems. Verschiedene Oberflächenstrukturen des Bakteriums (Flagellin,
LPS) interagieren offensichtlich nicht mit
den normalerweise für die Erkennung dieser Strukturen zuständigen Rezeptoren des
angeborenen Immunsystems (Toll-like-Re-
670 |
zeptoren, TLR5 und TLR4) [16]. Cag-positive H.-pylori-Stämme stimulieren das angeborene Immunsystem über intrazelluläre Rezeptoren (Nod1), die durch Peptidoglycanfragmente aktiviert werden [17]. Diese
Aktivierung stimuliert letztlich auch die IL8-Freisetzung. Die spezifische Immunantwort gegen H. pylori ist durch eine Prädominanz von T-Zellen des Th1-Phänotyps
charakterisiert. Dies ist ungewöhnlich, weil
solche Antworten eher für intrazelluläre Pathogene charakteristisch sind. Die Stimulation einer Th1-Antwort könnte ein weiterer
Mechanismus sein, der eine persistente Infektion mit den Bakterien ermöglicht. Hierzu passt, dass die in Tierexperimenten erfolgreichen Impfstoffe gegen H. pylori einen Wechsel der Immunantwort vom Th1Typ zum Th2-Typ bewirken [18].
Auch wenn wesentliche pathogenetische Mechanismen von H. pylori mittlerweile bekannt sind, ist es noch immer nicht
möglich, aufgrund der genetischen Ausstattung des Bakteriums vorherzusagen, welche Patienten Folgekrankheiten wie Ulkus
oder Karzinom entwickeln und welche lebenslang asymptomatisch bleiben werden.
Somit kann auf der Grundlage der gegenwärtigen mikrobiologischen Kenntnis und
der bekannten Virulenzfaktoren eine klinisch folgenlose „Kolonisation“ nicht von
einer klinisch relevanten „Infektion“ unterschieden werden, zumal auch eine asymptomatische Besiedelung zumindest histologisch immer mit einer Entzündung einhergeht [1]. Die Forschungsergebnisse der
letzten Jahre verdeutlichen, dass die möglichen Folgen der Infektion sowohl von
bakteriellen Faktoren als auch vom genetischen Hintergrund des Wirts beeinflusst
werden. Es besteht daher Hoffnung, dass
in Zukunft mithilfe bakterieller und wirtsspezifischer Marker Vorhersagen über den
Ausgang einer Infektion möglich werden.
An einem Patientenkollektiv aus Portugal
konnte beispielsweise gezeigt werden, dass
bestimmte Kombinationen menschlicher
Zytokingen-Polymorphismen und H.-pylori-vacA-Allele mit einem erheblich erhöhten Risiko für eine Karzinomentwicklung
assoziiert sind [19].
Diagnostik der H.-pylori-Infektion
Der Nachweis einer H-pylori-Infektion
kann „invasiv“ oder „nicht invasiv“ erfol-
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 6 · 2005
gen. Als invasiv gelten alle Untersuchungen, die mit einer Endoskopie des oberen
Gastrointestinaltrakts verbunden sind.
Dabei werden Gewebeproben entnommen, die entweder enzymatisch (UreaseSchnelltest), mikroskopisch (Bakterioskopie), kulturell (Bakteriologie) oder mit
molekulargenetischen Methoden (PCR,
Sonden, Realtime-PCR) auf H. pylori untersucht werden. Nur die kulturelle Untersuchung und bedingt der Urease-Schnelltest sind in der Lage, eindeutig lebende Erreger nachzuweisen. Nicht invasive Nachweisverfahren erfordern keine vorausgehende Endoskopie. Sie basieren entweder
auf einer im Magen erfolgenden Ureasereaktion, deren 13CO2-Reaktionsprodukt
in der Atemluft nachgewiesen wird (13CHarnstoff-Atemtest), oder auf dem enzymimmunologischen Nachweis von H.-pylori-Antigenen, die vor allem mit dem Stuhl
ausgeschieden werden (H.-pylori-Stuhlantigen-ELISA). Beide Testverfahren sind
geeignet, das Vorhandensein von H. pylori im Magen aufzuzeigen, wobei aber der
13C-Atemtest im Gegensatz zum Stuhlantigen-ELISA nur stoffwechselaktive Erreger
erkennen kann. Mit serologischen Methoden (enzymimmunologische Methoden,
Immunoblot) können Antikörper gegen
H. pylori vor allem im Serum, aber auch
im Urin oder im Speichel detektiert werden. Im Unterschied zum 13C-Atemtest,
der bei positivem Ausfall eine aktuelle Kolonisation anzeigt, kann aus einer positiven Serologie nicht in jedem Fall auf eine solche geschlossen werden, da die spezifische Immunantwort nach einer durchgemachten Infektion bis zu einem Jahr
positiv bleiben kann [20]. Das Ergebnis
einer serologischen Untersuchung lässt
sich somit nur im Zusammenhang mit
der Anamnese des Patienten beurteilen:
Nur wenn eine vorausgehende Eradikationstherapie innerhalb des letzten Jahres
ausgeschlossen ist, kann eine positive Serologie als Hinweis auf eine aktuelle Kolonisation gewertet werden.
Der Nachweis einer H.-pylori-Infektion mit dem Urease-Schnelltest (HUT) sollte heute bei der Endoskopie des oberen
Gastrointestinaltrakts zur diagnostischen
Routine gehören, falls ein Endoskopiebefund oder eine Symptomatik vorliegt, die
auf eine solche Infektion verdächtig ist
[21]. Eine Diagnostik ist auch bei Kontroll-
Zusammenfassung · Abstract
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2005 · 48:669–678
DOI 10.1007/s00103-005-1065-y
© Springer Medizin Verlag 2005
M. Kist · E. Glocker · S. Suerbaum
Pathogenese, Diagnostik und Therapie der Helicobacter-pylori-Infektion
Zusammenfassung
Über die Hälfte der Weltbevölkerung ist
mit Helicobacter pylori infiziert. Weltweit
sterben pro Jahr etwa 500.000 Menschen
an einem H.-pylori-assoziierten Magenkarzinom. Ulkuskrankheit, Magenschleimhautatrophie und das seltene MALT-Lymphom sind weitere Folgekrankheiten. H.
pylori besitzt diverse Virulenzfaktoren wie
Urease, Motilität, Adhärenzproteine, das
vakuolisierende Zytotoxin VacA und das
Protein CagA. Das Gen, das für CagA kodiert, liegt auf der so genannten cag-Pathogenitätsinsel, die 29 Gene umfasst.
Von diesen Genen kodieren die meisten
für Komponenten eines Typ-IV-Sekretionssystems, das das CagA-Protein aus dem
Bakterium in die Epithelzelle translozieren kann. Hier interferiert es mit zellulären Signalketten. Diagnostische Metho-
den wie der Urease-Schnelltest, die histologische Untersuchung, die Kultur mit Antibiogramm sowie molekulargenetische Analysen
erfordern eine Gastroskopie. Nicht invasive
diagnostische Verfahren umfassen den 13CHarnstoff-Atemtest, den H.-pylori-Stuhlantigen-ELISA sowie die Serologie, wobei die spezifische Immunantwort nach einer durchgemachten Infektion bis zu einem Jahr positiv
bleiben kann. Bei nicht vorbehandelten Patienten genügt der Urease-Schnelltest (HUT)
während der Endoskopie und/oder die Bakterioskopie bei der histopathologischen Untersuchung. Falls keine Indikation für eine endoskopische Untersuchung besteht, kann eine H.-pylori-Infektion über den 13C-HarnstoffAtemtest oder den H.-pylori-Stuhlantigen-ELISA nachgewiesen werden. Die Serologie ist
hier ebenfalls geeignet. Patienten, die bereits
erfolglos antibiotisch vorbehandelt wurden,
tragen signifikant häufiger resistente Erreger.
Hier steht die Untersuchung der Antibiotikaempfindlichkeit im Vordergrund. Bei nicht vorbehandelten Patienten finden sich in der Regel sensible Erreger. Hier erreichen sowohl
die klassische italienische als auch die sog.
französische Tripeltherapie Eradikationsquoten von über 90%. Kann nach einem erfolglosen Eradikationsversuch die Antibiotikaempfindlichkeit nicht bestimmt werden, muss auf
sog. „Rescue-Therapieschemata“ zurückgegriffen werden. Bei bekannter Erregerempfindlichkeit werden Antibiotika gezielt eingesetzt
und der Therapieerfolg damit optimiert.
Schlüsselwörter
Helicobacter pylori · Pathogenese ·
Diagnostik · Therapie
Pathogenesis, diagnostics and treatment of Helicobacter pylori infection
Abstract
More than one-half of the world population is infected with Helicobacter pylori. Of
those, approx. 500,000 die from gastric carcinoma every year. Ulcer disease, gastric atrophy and the rare MALT lymphoma are
other sequelae of H. pylori infection. H. pylori possesses an array of virulence factors
that include urease, flagellar motility, adhesins, the vacuolating cytotoxin VacA and
the protein CagA. The gene encoding CagA is located on the cag pathogenicity island, comprising 29 genes the majority
of which encodes components of a type
IV secretion system capable of translocating CagA into epithelial cells where it interferes with cellular signal transduction processes. A number of diagnostic tests for H.
pylori infection require gastroendoscopy. These include the biopsy urease test, histology, culture with susceptibility testing, and molecular
detection methods such as fluorescent in situ hybridization. Non-invasive tests that do not
require endoscopy include the 13C urea breath test, H. pylori stool antigen ELISA and serology. The latter is unsuitable for treatment follow-up, since antibody titres persist up to a year after successful treatment. When patients
have never been treated for H. pylori infection,
biopsy urease test and histology are usually sufficient for diagnosis. In patients where endoscopy is not required, H. pylori infection can be
reliably detected by 13C urea breath test, stool
antigen ELISA or serology. Patients who have
undergone one or more unsuccessful cycles of
eradication therapy in most cases harbour H.
pylori resistant to one or several antibiotics. In
these patients, culture and antibiotic susceptibility testing are indicated. Patients who have
never been treated for H. pylori infection usually harbour susceptible strains. In such patients,
classic “Italian” or “French” triple therapies may
achieve eradication in >90% of cases. In the
case of treatment failure, second-line antibiotic
treatment regiments (rescue therapy) are used,
optimally guided by susceptibility data.
Keywords
Helicobacter pylori · Pathogenesis · Diagnostics ·
Treatment
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 6 · 2005
| 671
Originalien und Übersichtsarbeiten
Tabelle 1
Indikationen zur Helicobacter-pylori-Eradikationstherapie. (Nach [30])
Absolute Indikationen
Relative Indikationen
Duodenalulkus/Magenulkus
Geplante längerfristige Einnahme potenter Säurehemmer (z. B. bei Refluxkrankheit)
MALT-Lymphom (niedrig maligne)
Atrophische Gastritis
Zustände nach partieller Magenresektion
Geplante längerfristige Einnahme nicht-steroidaler Antirheumatika (NSAR)
Verwandte 1. Grades mit Magenkrebs
Patientenwunsch
Verdacht auf Riesenfaltengastritisa
Funktionelle Dyspepsie
a Nach [21].
untersuchungen nach einer Eradikationstherapie sowie bei Untersuchungen zur
Abklärung unspezifischer Oberbauchbeschwerden bei Patienten unter 45 Jahren
ohne „Alarmsymptome“ (z. B. Gewichtsabnahme, Verdacht auf Blutung), bei denen primär auf die Endoskopie verzichtet
werden kann, indiziert. Schließlich ergibt
sich eine Notwendigkeit zur Diagnostik
der H.-pylori-Infektion auch im Rahmen
epidemiologischer Prävalenz- und FallKontroll-Studien. Solche Studien wurden
in den vergangenen Jahren häufig durchgeführt. Sie bilden die Grundlage für unser heutiges Wissen zur Epidemiologie der
H.-pylori-Infektion, über ihre Assoziation
mit bestimmten Krankheitsbildern und
über die Risikofaktoren für den Erwerb einer Infektion. In diesen Studien wird eine
Diagnostik in der Regel ohne therapeutische Konsequenzen durchgeführt. Sie unterscheidet sich deshalb grundsätzlich von
einer Diagnostik, die als Grundlage für eine therapeutische Intervention dient: Für
groß angelegte epidemiologische Studien,
insbesondere wenn sie als retrospektive
Kohortenstudien durchgeführt werden,
hat sich in der Vergangenheit die Serologie vielfach bewährt. In den letzten Jahren
wurde vor allem bei Inzidenzstudien auch
der 13C-Atemtest erfolgreich eingesetzt.
In dieser Übersicht soll in erster Linie
die therapieorientierte Diagnostik dargestellt werden: Die Diagnostik im Vorfeld
einer möglichen antimikrobiellen Therapie sollte es neben dem eigentlichen H.pylori-Nachweis auch ermöglichen, das
klinische Krankheitsbild so weit zu spezifizieren, dass daraus die Indikationen
für therapeutische Maßnahmen ableitbar
672 |
sind [21]. Dieser Anspruch wird in der Regel durch die Gastroduodenoskopie ggf.
mit Biopsieentnahme und Histopathologie erfüllt. Mit dieser könnten alle absoluten Indikationen einer H.-pylori-Eradikationstherapie (. Tabelle 1) gestellt werden,
zu der die peptische Ulkuskrankheit, das
MALT-Lymphom im Frühstadium, die
Riesenfaltengastritis, die atrophische Corpusgastritis sowie das operierte Magenkarzinom zählen.
Hinsichtlich der Methodik der H.-pylori-Diagnostik sollte streng unterschieden
werden zwischen der Erstdiagnose bei antimikrobiell nicht vorbehandelten Patienten und dem H.-pylori-Nachweis bei Patienten mit einer bekannten H.-pylori-Infektion und einer bereits erfolgten antimikrobiellen Vorbehandlung.
Invasive H.-pylori-Diagnostik bei
nicht vorbehandelten Patienten
Bei antimikrobiell nicht vorbehandelten
Patienten, bei denen eine H.-pylori-Infektion zum Zeitpunkt der Untersuchung
noch nicht bekannt ist, genügt es in der Regel, den Erregernachweis im Rahmen der
Endoskopie über den Urease-Schnelltest
(HUT) und/oder die Bakterioskopie bei
der histopathologischen Untersuchung zu
führen. Eine Erregeranzucht mit Antibiogramm ist in diesem Fall zurzeit nicht erforderlich, da H. pylori in dieser Patientengruppe nur geringe Resistenzquoten aufweist (ResiNet-Studie, eigene Daten, . Tabelle 2) und somit eine empirische antimikrobielle Therapie mit sehr guten Erfolgsaussichten durchgeführt werden kann.
Dies gilt insbesondere dann, wenn die
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 6 · 2005
Erstlinientherapie kein Metronidazol enthält (s. Kapitel „Therapie der H.-pylori-Infektion“). Die Kontrolle des Erfolgs der antimikrobiellen Eradikationstherapie kann
anschließend mit nicht invasiven Methoden (Stuhlantigen-ELISA, ggf. Atemtest)
durchgeführt werden, jedoch mit der Einschränkung, dass hier die serologische Untersuchung wegen der bekannten Antikörperpersistenz ungeeignet ist. Weitere Ausnahmen sind die Behandlung eines Ulcus
duodeni, bei dem bei eindeutiger Besserung der typischen Symptomatik auf eine Laborkontrolle verzichtet werden kann
[21], sowie das behandelte Ulcus ventriculi, bei dem wegen des erhöhten Malignitätsrisikos endoskopische Kontrollen empfohlen werden [21]. Im zuletzt genannten Fall
wäre bei einem positiven Urease-Schnelltest auch eine mikrobiologische Untersuchung mit Kultur und Antibiogramm angezeigt, da zu diesem Zeitpunkt bereits eine Vorbehandlung erfolglos war.
Nicht invasive H.-pylori-Diagnostik
bei nicht vorbehandelten Patienten
Falls die klinische Symptomatik mit einer
H.-pylori-Infektion vereinbar ist, aber keine Indikation für eine endoskopische Untersuchung besteht oder diese vom Patienten abgelehnt wird, kann der Nachweis einer aktuellen H.-pylori-Kolonisation über
den 13C-Harnstoff-Atemtest oder den H.pylori-Stuhl-Antigen-ELISA geführt werden. Die Serologie als besonders preisgünstiges Verfahren ist hier ebenfalls ohne Einschränkung geeignet, da diese Patientengruppe laut Definition nicht antimikrobiell vorbehandelt ist. Auch diese Pati-
enten können wegen der günstigen Resistenzlage mit guten Erfolgsaussichten empirisch behandelt werden. Die erfolgreiche
Erregereradikation sollte bei dieser Patientengruppe möglichst immer kontrolliert
werden, da das klinische Beschwerdebild
auch nach erfolgreicher Therapie unverändert weiter bestehen kann und somit keinen Rückschluss auf den Erfolg der antimikrobiellen Behandlung zulässt.
H.-pylori-Diagnostik bei
vorbehandelten Patienten mit
bekannter H.-pylori-Infektion
Patienten, die bereits erfolglos antibiotisch behandelt wurden, tragen bereits
nach dem ersten Therapieversuch H.-pylori-Bakterien, die im Vergleich zu den Erregern unbehandelter Patienten signifikant
häufiger gegen Metronidazol und Clarithromycin resistent sind (. Tabelle 2).
Nach mehrfacher Vorbehandlung zeigen
etwa 70 der Bakterien eine Resistenz sowohl gegen Metronidazol als auch gegen
Clarithromycin [22]. Da die Infektion in
diesen Fällen bereits bekannt ist, muss das
Hauptziel der Diagnostik deshalb nicht
der Erregernachweis, sondern die Untersuchung der Antibiotikaempfindlichkeit
im Hinblick auf weitere Therapieversuche
sein. Daher ist, wenn immer möglich, die
Kultivierung der Erreger aus Magenbiopsien mit dem Ziel der Empfindlichkeitstestung anzustreben. Falls dies aufgrund fehlender Laborkapazitäten nicht möglich ist,
muss auf die Therapieschemata der kalkulierten Zweitlinientherapie (Rescue-Schemata) zurückgegriffen werden (s. Kapitel
„Therapie der H.-pylori-Infektion“).
Eigenschaften und Bewertung
der wichtigsten diagnostischen
Testverfahren
Antigen gilt CagA, erstmals als immundominantes 120-kDa-Protein beschrieben
[25], das zusammen mit dem 97 kDa großen VacA-Protein die sog. Typ-I-Stämme
charakterisiert [13]. Der Nachweis von IgG
im ELISA erreicht Sensitivitäts- und Spezifitätswerte von über 90 [27] sowie positive (95–100) und negative Vorhersagewerte (84–89), die mit denen der Histologie, des Harnstoff-Atemtestes und des Urease-Schnelltestes vergleichbar sind [28].
Die Spezifität und Sensitivität des Nachweises von anti-H.-pylori-JgA-Antikörpern im ELISA ist mit 39–82 deutlich
geringer [29]. In einzelnen Fällen (<10)
kommen isolierte IgA-Antikörper ohne
IgG-Antwort vor. Mit dem Immunoblot
können Antikörper gegen einzelne Antigene, vor allem gegen CagA, aber auch,
wenn auch nicht regelmäßig, gegen VacA
nachgewiesen werden. Somit ist die Unterscheidung von Infektionen durch CagA-positive und CagA-negative H.-pyloriStämme möglich. Der Immunoblot wird
heute in der Regel als Bestätigungsreaktion bei unklaren ELISA-Ergebnissen eingesetzt. Als Screeningtest kann der IgG-ELISA empfohlen werden. Zu alternativen serologischen Untersuchungen von Speichel
und Urin liegen bisher noch keine ausreichenden Erfahrungen aus der Routinediagnostik vor. Einschränkungen der Serodiagnostik sind durch die Antikörperpersistenz nach Eradikationstherapie [20] sowie durch die unsichere Seroreaktion bei
AIDS-Patienten bedingt [30]. Die Serologie hat in Fällen mit fortgeschrittener Atrophie der Magenschleimhaut sowie unter
Protonenpumpeninhibitoren (PPI) Vorteile. Diese sind Konditionen, bei denen
sowohl der Atemtest als auch der Stuhlantigentest falsch negativ verlaufen kann [31,
32]. Weiterhin gilt sie neben der Histologie
als das diagnostische Verfahren, zu dem
die längsten Erfahrungen vorliegen.
Serologie
Praktisch alle Individuen mit einer chronischen H.-pylori-Infektion entwickeln spezifische Antikörper gegen H.-pylori-Antigene [23, 24, 25]. Während Antikörper der
IgG-Klasse nahezu regelmäßig vorkommen, bildet ein geringerer Teil IgA; spezifisches IgM wird selten nachgewiesen. Verschiedene Oberflächen- bzw. zytosolische
Proteine repräsentieren immundominante Antigene [26]. Als besonders wichtiges
Harnstoff-Atemtest
Der Harnstoff-Atemtest basiert auf der besonders starken Produktion des Enzyms
Urease durch H. pylori. Bei der enzymatischen Spaltung von 50–100 mg oral verabreichtem 13C-markiertem Harnstoff entsteht im H.-pylori-kolonisierten Magen
neben Ammoniak auch 13CO2 als weiteres
Reaktionsprodukt. Das markierte CO2
kann in der Atemluft gemessen werden.
Die Messgenauigkeit des Verfahrens wird
durch eine Testmahlzeit oder häufiger
durch die Verabreichung des Harnstoffs
in Zitronensäure verbessert. Durch die
Verwendung von Harnstoff in Tablettenform soll zudem die Interferenz mit Urease produzierenden Bakterien der Mundhöhle vermindert werden.
Der Harnstoff-Atemtest weist bei Erwachsenen eine Spezifität und Sensitivität
von etwa 95 auf [33]. Bei Kindern wurden nach der Verabreichung von 50 mg
13C in Orangensaft Sensitivitäten von 88–
93 und Spezifitäten von 96–100 gemessen [34, 35]. Der Harnstoff-Atemtest kann
ausschließlich stoffwechselaktive Bakterien nachweisen, die in ausreichender Zahl
vorhanden sein müssen und zudem eine möglichst optimale Ureaseaktivität zeigen. Die Erregerdichte und deren Stoffwechselaktivität sind häufig auch nach erfolgloser Therapie vorübergehend reduziert. Deshalb kann ein Harnstoff-Atemtest bis zu mehreren Wochen nach einer
erfolglosen Eradikationstherapie falsch negative Ergebnisse erbringen. Weiterhin versagt der Harnstoff-Atemtest bei akuter Ulkusblutung [36]. PPI scheinen zudem eine hemmende Wirkung auf die Ureaseaktivität auszuüben, die mit einer Reduktion der Sensitivität auf 60–30 einhergehen kann [31, 37]. Es wird deshalb empfohlen, den Harnstoff-Atemtest frühestens
4, besser 6 Wochen nach einer Eradikationstherapie durchzuführen und Protonenpumpeninhibitoren mindestens eine Woche, besser 2 Wochen vor dem Test abzusetzen.
H.-pylori-Antigennachweis aus
Stuhlproben
Bei diesem Test wird H.-pylori-Antigen
aus Stuhlproben an polyklonale oder monoklonale anti-H.-pylori-Antikörper gebunden, die an Plastikoberflächen (meist
Mikrotiterplatten) adsorbiert sind. Der
Nachweis des gebundenen Antigens erfolgt anschließend mit dem ELISA-Verfahren. Der Stuhl sollte möglichst frisch getestet oder bis zum Untersuchungszeitpunkt
bei −20°C aufbewahrt werden. Die erste
Testkitgeneration (HpSA) basierte auf der
Verwendung polyklonaler Antikörper. Inzwischen wurden Testverfahren auf der
Grundlage monoklonaler Antikörper entwickelt. Eine neue Übersicht zum Nach-
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 6 · 2005
| 673
Originalien und Übersichtsarbeiten
Tabelle 2
Resistenzquoten (%) bei Helicobacter-pylori-Isolaten von Patienten ohne
Vorbehandlung und nach einmaliger bzw. mehrmaliger erfolgloser Vorbehandlung (ResiNet-Studie [3], Stand September 2004)
Resistenz [%]
gegen
Breakpoint
[mg/Liter]
Patienten ohne
Vorbehandlung
Patienten 1-mal
vorbehandelt
Patienten
mehrfach
vorbehandelt
Metronidazol (MTZ)
8
23,6
53,3
77,8
Clarithromycin (CLA)
1
5,8
50,0
81,5
MTZ und CLA
Entfällt
2,9
33,3
70,4
Ciprofloxacin (CIP)
1
14,1
20,0
7,4
Rifabutin (RIF)
4
6,1
13,3
3,7
weis aus Stuhlproben [38] umfasst 10.858
nicht vorbehandelte Patienten aus 89 Studien. Es wurde hier eine mittlere Sensitivität, Spezifität sowie ein positiver bzw.
negativer Vorhersagewert von 91, 93,
92 und 87 erreicht. Bei Ver wendung
monoklonaler Antikörper konnten in bisher 8 Studien mit insgesamt 1399 Patienten signifikant bessere Ergebnisse erzielt
werden (Sensitivität, Spezifität, PPV, NPV
von 96, 97, 96 bzw. 97). In 39 Studien wurden insgesamt 3147 Patienten 4–
8 Wochen nach Eradikationstherapie untersucht. Hier zeigten sich Werte von 86,
92, 76 und 93 für die mittlere Sensitivität, Spezifität sowie für PPV und NPV.
Testverfahren mit monoklonalen Antikörpern waren dabei denen mit polyklonalen
Antikörpern signifikant überlegen. Die Ergebnisse waren uneinheitlich, wenn die
Untersuchung vor Ablauf der vierten Woche nach Therapieende durchgeführt wurde. Weiterhin können die Testergebnisse
wie beim Harnstoff-Atemtest bei der Einnahme von PPI sowie bei gastrointestinalen Blutungen falsch negativ werden. Eine
deutsche Kohortenstudie mit 302 Kindern
konnte kürzlich zeigen, dass der Test auch
für die Untersuchung von Kindern hervorragend geeignet ist (Sensitivität: 98, Spezifität: 99) [39].
Urease-Schnelltest aus
Magenbiopsien
Mit dem Ure a se-Schnell test (HUT)
und anderen vergleichbaren Testsystemen wird die Ureaseaktivität in Magenschleimhautbiopsien nachgewiesen. Das
Testprinzip basiert wie beim HarnstoffAtemtest auf der enzymatischen Umset-
674 |
zung von Harnstoff in CO2 und Ammoniak. Im Test wird ein harnstoffhaltiges
halbfestes oder flüssiges Medium verwendet, dem ein pH-Indikator, z. B. Phenolrot, zugesetzt ist. Ist eine Ureaseaktivität,
in der Regel ausgehend von H. pylori, in
der Biopsie vorhanden, führt das Reaktionsprodukt Ammoniak zu einer Alkalisierung des Testmediums und damit innerhalb von 1–3 Stunden zu einem Farbumschlag des Indikators. Wärmezufuhr
und größere Biopsievolumina beschleunigen die Reaktion. Das Testverfahren
ist hochspezifisch (93–100), die Sensitivität liegt zwischen 89 und 98 und ist
stark von der Kolonisierungsdichte der Biopsie sowie von der Stoffwechselaktivität
der Erreger abhängig [28, 40, 41]. Somit
zeigt der Urease-Schnelltest ähnliche methodische Schwächen wie der HarnstoffAtemtest, nämlich falsch negative Ausfälle unter Therapie mit PPI, bei Magenblutungen sowie in den ersten 4–6 Wochen
nach einer Eradikationstherapie.
Anzucht und antimikrobielle
Empfindlichkeit von H. pylori
Zur Anzucht von H. pylori werden möglichst frische Magenbiopsien (Transportzeit in Transportmedium <24 Std.) in einem sterilen Eppendorf-Gefäß (1,5 ml)
mit einem sterilen Pistill homogenisiert.
Vom Homogenat werden Spezialnährböden mit bzw. ohne Antibiotikazusätze
beimpft sowie ein kleines Ausstrichpräparat (5 mm) nach Gram gefärbt und beurteilt. Der Rest der Biopsie wird mit 1 ml
Harnstoff-Bouillon überschichtet und bei
Raumtemperatur inkubiert. Nach 48 Stunden Inkubation bei 36°C in mikroaerophi-
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 6 · 2005
ler, feuchter Atmosphäre werden die Nährböden zum ersten Mal abgelesen und verdächtige Kolonien subkultiviert. Nährböden, die kein Wachstum zeigen, werden
nach 5 und ggf. 10 Tagen nochmals kontrolliert. In der Regel sind nach 48 Stunden feine Kolonien sichtbar, selten benötigen die Erreger 5 Tage. Wachstum nach
10 Tagen ist eine Rarität, aber nicht auszuschließen. Empfindlichkeitstestungen werden mit dem E-Test von der Primärkultur
oder ggf. nach Subkultur gegen Metronidazol, Clarithromycin, Amoxicillin, Tetracyclin und Ciprofloxacin durchgeführt,
gegen Rifampicin wird im Agardiffusionsverfahren getestet (Breakpoints s. . Tabelle 2). Zeigt die Harnstoffbouillon einen Farbumschlag, und bleibt die Kultur
negativ, kann daraus mit molekulargenetischen Methoden eine „Rescue-Diagnostik“ erfolgen (s. unten). Standardisierte Arbeitsanweisungen sind unter http://www.
nrz-helicobacter.de publiziert.
Die Einsendung einer Antrum- und einer Corpusbiopsie an ein geeignetes mikrobiologisches Laboratorium sollte im Transportmedium (kann vom Untersuchungslabor angefordert werden) erfolgen. Dazu
werden Biopsien zur mikrobiologischen
Untersuchung als Erste entnommen und
ca. 1 mm in das Transportmedium eingesenkt. Die Transportzeit sollte ungekühlt
24 Stunden keinesfalls überschreiten. Falls
der Urease-Schnelltest (z. B. HUT) abgewartet wird, können die Biopsien bis maximal 3 Stunden in sterilem NaCl im Kühlschrank zwischengelagert werden.
Mindestens eine Woche bzw. 4 Wochen
vor einer geplanten mikrobiologischen Untersuchung sollten Protonenpumpeninhibitoren bzw. Antibiotika abgesetzt werden. Die Gastroskopie ist, wenn möglich,
ohne bakterizide Entschäumer durchzuführen. Die Spezifität der Kultur beträgt
100, außerdem können bisher nur über
die Kultur sämtliche relevanten Antibiotika auf Wirksamkeit getestet werden. Die
Sensitivität des Verfahrens wird durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst (Transportzeit, Erregerdichte und -vitalität, Qualität der Nährböden, sekundäre Kontamination der Probe, Erfahrung des Laborpersonals) und kann deshalb zwischen 50
und 90 schwanken. Unter optimalen Bedingungen wird eine Sensitivität von über
90 erreicht.
Molekulargenetische
Diagnostik (Erregernachweis
und Resistenzbestimmung)
Die molekulare Diagnostik der H.-pyloriInfektion hat in den letzten Jahren vor allem durch die Entwicklung und den Einsatz neuer Technologien an Bedeutung gewonnen. Wurden früher molekularbiologische Techniken wie die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) in der Regel beispielsweise nur für Genotypisierungen eingesetzt, so werden sie heute bereits nicht
nur zum Nachweis von H. pylori aus klinischem Untersuchungsmaterial, sondern
auch für genotypische Empfindlichkeitsprüfungen gegenüber bestimmten Antibiotika angewandt. Insbesondere in den
Fällen, in denen eine konventionelle Sensibilitätstestung des Keims nicht mehr möglich ist, wie nach zu langen Transportzeiten der zu untersuchenden Biopsie oder
bei Kontaminationen, sind molekularbiologische Methoden hilfreiche Verfahren,
um für den behandelnden Gastroenterologen bezüglich einer Therapie wichtige
Hinweise zu gewinnen.
Für solche diagnostischen Untersuchungen werden heute überwiegend RealTime-PCR-Verfahren eingesetzt, da sie einerseits über ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit, andererseits
über eine hohe Spezifität und Sensitivität
(>95) verfügen. Um ein für die PCR geeignetes Untersuchungsmaterial zu gewinnen, können beispielsweise Biopsiereste aus einem Urease-Test verwendet werden. Mit kommerziell erhältlichen DNAExtraktionskits können daraus DNA-Präparationen hergestellt und mit der RealTime-PCR auf das Vorhandensein von H.pylori-DNA untersucht werden. In der Regel ist hierbei der Nachweis eines H.-pylori-spezifischen Gens, wie z. B. ureC, zu favorisieren [42]. Auch der Nachweis von
H. pylori auf Ebene der 16S-rRNA-Gene
mithilfe einer sog. TaqMan-Sonde wird
beschrieben [43].
Eine der her vorstechendsten Eigenschaften der Real-Time-PCR ist jedoch
die Möglichkeit der Durchführung von
Mutationsanalysen durch den Einsatz
so genannter FRET- (Fluorescence resonance energy transfer-)Sonden. Dabei
werden dem eigentlichen PCR-Ansatz neben den üblichen Reagenzien 2 mit fluoreszierenden Farbstoffen markierte Son-
den zugegeben, deren Bindungsstärke an
den komplementären DNA-Strang durch
eine sog. Schmelzkur venanalyse visualisiert werden kann. Diese Technik erlaubt
es dem Anwender, Punktmutationen in einem Gen zu erkennen, wie sie u. a. auch
bei Resistenzen von H. pylori gegenüber
einigen Antibiotika gefunden werden.
So wurden bereits zahlreiche Real-TimePCR-Verfahren entwickelt, die eine Detektion von Punktmutationen in den 23S-rRNA-Genen (Punktmutationen an den Nukleotiden 2142 und/oder 2143) von H. pylori, die eine Resistenz gegenüber Clarithromycin und anderen Makroliden bewirken, erlauben [44, 45]. Die Sensitivität dieser FRET-basierten Real-Time-PCR-Verfahren übertrifft sowohl die der Kultur als
auch der Histopathologie, und in ca. 98
der Fälle stimmt diese genotypische Resistenzbestimmung mit der phänotypischen
durch E-Test überein [46].
Inzwischen ist auch eine genotypische
Resistenztestung von H. pylori gegenüber
Gyrasehemmern wie Ciprofloxacin durch
Detektion von Mutationen im gyrA-Gen
des Bakteriums möglich [47], eine weitere Real-Time-PCR zur genotypischen Resistenzbestimmung gegen Tetrazykline
wird in absehbarer Zeit ebenfalls verfügbar sein. Trotz dieser enormen Fortschritte in der molekularen Diagnostik sollte
aber nach wie vor die Kultur des Bakteriums mit anschließender phänotypischer
Sensibilitätstestung durch Agardilution
oder Agardiffusion als Goldstandard angestrebt werden, um eine individuelle Therapiestrategie insbesondere bei bereits mehrfach erfolglos therapierten Patienten zu erarbeiten. Real-Time-PCR-basierte Methoden sind allerdings in diesen Fällen, in denen eine konventionelle Resistenztestung
nicht mehr möglich ist, eine hervorragende und aussagekräftige Alternative.
die Bestimmung des Schleimhautbildes
im Magenantrum und Corpus Aufschluss
darüber geben, ob eine Erregerbesiedlung
wahrscheinlich ist (in der Regel aktive antrumdominante Gastritis=B-Gastritis, seltener multifokal aktive Gastritis=Typ-A/
B-Gastritis). Um diese Beurteilung durchführen zu können und um die Möglichkeit des Stichprobenfehlers auch für die
bakterioskopische Untersuchung zu minimieren, ist eine Entnahme von jeweils 2 Biopsiepartikeln aus Antrum und Corpus erforderlich. Die Proben benötigen keine besondere Behandlung, sollten allerdings unmittelbar in die übliche gepufferte 4ige
Fixationslösung überführt werden.
Die histologische Beurteilung geht vom
Schleimhautbild aus. Im Fall der Normalschleimhaut in Antrum und Corpus oder
bei Ausprägung einer reaktiven Gastritis
(Typ-C-Gastritis) kann im Regelfall kein
Bakteriennachweis geführt werden, und
eine aufwändige Suche ist nutzlos. Das
Gleiche gilt für die inaktive chronische
Gastritis. Wenn eine antrumdominante aktive Gastritis vorliegt, ist primär von einer
H.-pylori-Infektion auszugehen. Diese ist
durch Screening der HE-Schnitte bei mindestens 40facher Okularvergrößerung in
aller Regel auch nachweisbar. Bevor ein
negativer bakterioskopischer Befund als
H.-pylori-Ausschluss gewertet wird, sind
die in Übersicht 1 dargelegten Fehlerquellen einer falsch negativen Diagnostik zu
bedenken und in die Befundmitteilung an
den Kliniker einzuschließen oder durch
entsprechende ergänzende Methoden zu
beheben.
Werden diese Details beachtet, ist im
Regelfall eine richtige und damit relevante Aussage zum Helicobacterstatus bei der
Beurteilung von Magenschleimhautbiopsien möglich.
Therapie der H.-pylori-Infektion
Histologische Diagnostik
Die histologische Diagnostik dient zuvorderst der Feststellung pathologischer Veränderungen der Magenschleimhaut. Es
ist ein glückliches Zusammentreffen, dass
schon in der gebräuchlichen HämatoxylinEosin- (HE-)Übersichtsfärbung die Bakterien sichtbar sind und die Darstellung von
H. pylori als Qualitätsmerkmal der HEFärbung dienen kann. Die histologische
Diagnostik kann darüber hinaus durch
Therapieindikationen
Die klinischen Indikationen zur H.-pylori-Eradikationstherapie orientieren sich
im Wesentlichen am Maastricht-Konsensus 2-2000 [48], dessen Überarbeitung im
Jahr 2005 ansteht. Streng empfohlene Indikationen mit hohem Evidenzgrad sind
dabei Magen- und Duodenalulzera, das
niedrig maligne MALT-Lymphom sowie
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 6 · 2005
| 675
Originalien und Übersichtsarbeiten
Übersicht 1
Mögliche Fehlerquellen bei einer biologischen H.-pylori-Diagnostik
Problem
Problembehebung
Mangelhafte Qualität der HE-Färbung
Einsatz alternativer Färbungen: Giemsa, Warthin-Starry-Versilberung
Flachanschnitt ohne Foveolen
Schulung der MTA, Versuch der Umbettung
Aktivität Grad III
Falsch negatives Resultat wahrscheinlich, auf eingeschränkte Aussagekraft hinweisen
Ausgedehnte Metaplasie (intestinal/enteral)
Auf eingeschränkte Aussagekraft und möglichen falsch negativen Befund hinweisen
Variante lymphozytäre Gastritis
Auf Zusammenhang mit Keimsuppression und Möglichkeit des falsch negativen Befundes
bei geringer Keimzahl hinweisen
Kontrolle in kurzem Abstand zur Eradikationstherapie oder bei PPI-Behandlung
Im Falle einer aktiven Entzündung auf Möglichkeit des falsch negativen Befundes unter
Keimsuppression hinweisen
die atrophische Gastritis. Mit geringerem
Evidenzgrad fallen hierunter auch Zustände nach Magenteilresektion wegen Magenkarzinom oder peptischem Ulkus, das
Vorkommen von Magenkarzinom bei Verwandten 1. Grades und – ohne klinische
Evidenz – der Patientenwunsch (. Tabelle 1). Bei folgenden Zuständen ist nach
dem Maastricht-Konsensus 2000 eine Eradikationsbehandlung als therapeutische
Option in Betracht zu ziehen: funktionelle Dyspepsie (klinischer Erfolg bei ca. 7–
10 der Patienten) [49], gastroösophageale Refluxkrankheit, wenn eine Langzeitbehandlung mit einem potenten Säuresekretionshemmer vorgesehen ist, vor der
Verabreichung von nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR), wobei die H.-pyloriBehandlung allein nicht ausreicht, um rezidivierende Ulkusblutungen in Hochrisikogruppen zu vermeiden oder eine schnellere Abheilung von Ulzera bei weiter gehendem NSAR-Gebrauch zu erreichen (. Tabelle 1).
Therapie nicht vorbehandelter
Patienten
Nach den Ergebnissen einer laufenden
bundesweiten, systematischen und prospektiven Sentinelstudie des Nationalen
Referenzzentrums für Helicobacter pylori
sind ca. 80 der Patienten, die sich bei niedergelassenen Gastroenterologen wegen
entsprechender Beschwerden zur Gastroskopie vorstellen, nicht vorbehandelt. H.pylori-Isolate solcher Patienten sind überwiegend sensibel gegen die bei der H.-pylori-Eradikation eingesetzten Antibiotika. In Deutschland (Stand 9/2004) waren
nach dieser Studie bei Patienten ohne Vor-
676 |
behandlung 23,6 der Isolate resistent gegen Metronidazol (MTZ), 5,8 gegen Clarithromycin (CLA) und 2,9 gegen beide
Antibiotika. Gegen Fluorchinolone (FC)
und Rifabutin (RIF), 2 mögliche Reserveantibiotika, waren 14,1 bzw. 6,1 der Isolate resistent. Bereits nach nur einer erfolglosen Vorbehandlung erhöhten sich
diese Quoten auf 53,3 (MTZ), 50,0
(CLA) und 33,3 (MTZ und CLA) sowie
20 (FC) und 13,3 (RIF) (. Tabelle 2).
Eindeutige Resistenzen gegen Ampicillin
und Tetracyclin wurden in Deutschland
bisher nicht gefunden. Unter diesen Voraussetzungen können bei nicht vorbehandelten Patienten bei korrekter Einnahme
sowohl mit der klassischen italienischen
Tripeltherapie mit einem PPI (2-mal täglich Normaldosis), 2-mal 250 mg Clarithromycin und 2-mal 500 mg Metronidazol als auch mit der sog. französischen Tripeltherapie aus PPI (2-mal täglich Normaldosis), 2-mal 500 mg Clarithromycin und
2-mal 1000 mg Amoxicillin Eradikationsquoten von über 90 erreicht werden. Dabei hat die französische Tripeltherapie den
Vorteil, dass nach erfolgloser Vorbehandlung weniger Doppelresistenzen als nach
der italienischen Tripeltherapie beobachtet werden [22, 50]. Mit einer weiteren Variante, der so genannten englischen Tripeltherapie, mit einem PPI (2-mal täglich
Normaldosis) 2-mal täglich 1000 mg Amoxicillin und 2-mal täglich 400–800 mg Metronidazol, wurden Eradikationsraten zwischen 70–80 erzielt [51].
Kürzlich wurden in einer Übersichtsarbeit weitere Erstlinientherapieschemata
(Übersicht 2) beschrieben, zu denen allerdings bisher nur wenige Studien vorliegen
[52]. So wurde bei der französischen Tripel-
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 6 · 2005
therapie das Amoxicillin (2-mal 1000 mg)
durch Amoxicillin/Clavulansäure (2-mal
1000 mg) ersetzt. Weiterhin wurde bereits zur Erstbehandlung eine sequenzielle Therapie vorgeschlagen aus PPI (2-mal
täglich Normaldosis) und Amoxicillin 2mal 1000 mg für 5 Tage, gefolgt von PPI
(2-mal täglich Normaldosis) zusammen
mit 2-mal 500 mg Clarithromycin und 2mal 500 mg Tinidazol für weitere 5 Tage
[53]. Damit wurden signifikant bessere Erfolge als mit einer Standardtherapie erzielt.
Um diese Behandlungsschemata uneingeschränkt für die primäre Eradikationstherapie empfehlen zu können, sind weitere
Studien oder Erfahrungsberichte abzuwarten.
Therapie nach erfolgloser
Vorbehandlung ohne Kenntnis
der antimikrobiellen
Erregerempfindlichkeit (empirisch)
Besteht nach einem erfolglosen Eradikationsversuch keine Möglichkeit, den Erreger anzuzüchten, um seine Antibiotikaempfindlichkeit zu bestimmen, oder verweigert der Patient eine weitere Gastroskopie, muss auf empirische Behandlungsregime zur Zweitlinientherapie, auf sog.
„Rescue-Therapieschemata“, zurückgegriffen werden [52] (Übersicht 2). Neben der
bereits klassischen Quadrupeltherapie
mit 2-mal täglich 20 mg Omeprazol, zusammen mit 4-mal 120 mg Wismutsubzitrat (nur in internationaler Apotheke) und
4-mal 500 mg Tetracyclin sowie 3-mal
400 mg Metronidazol über 7 Tage, bei der
über eine reduzierte Compliance und vermehrte Nebenwirkungen berichtet wurde,
wird bereits seit längerem die sog. Amoxi-
Übersicht 2
Primäre Therapieschemata und „Rescue-Therapien“ zur Eradikationsbehandlung der H.-pylori-Infektion (Literatur)
Primäre Therapieschemata (nach [52])
• Französische Tripeltherapieb
• Pantoprazola 2-mal 40 mg+Amoxicillin 2-mal 1000 mg+Clarithromycin 2-mal 500 mg
(7 Tage)
• Italienische Tripeltherapieb
• Omeprazola 2-mal 20 mg+Metronidazol 2-mal 500 mg+Clarithromycin 2-mal 250 mg
(7 Tage)
• Omeprazola 2-mal 20 mg+Amoxicillin/Clavulansäure 2-mal 1000 mg+Clarithromycin 2-mal
500 mgc
• PPI 2-mal täglich+Amoxicillin 2-mal 1000 mg (Tag 1–5) a PPI 2-mal täglich+Clarithromycin
2-mal 500 mg+Tinidazol 2-mal 500 mg (Tag 6–10)
• Englische Tripeltherapie
• Omeprazola 2-mal 20 mg+Amoxicillin 2-mal 1000 mg+2-mal 400–800 mg Metronidazol [51]
• Sequenzielle Therapie [53]c
Rescue-Therapieschemata (nach [52])
• Omeprazola 3-mal 40 mg+Amoxicillin 3-mal 1000 mg (14 Tage) [54]c
• Pantoprazola 2-mal 40 mg+Rifabutin 2-mal 150 mg+Amoxicillin 2×-mal 1000 mg
(7–10 Tage) [55]c
• Omeprazola 2-mal 20 mg+Wismutsubzitrat 4-mal 120 mg (nur in Internationaler Apotheke)+Tetracyclin 4-mal 500 mg+Metronidazol 3-mal 400 mg (7 Tage)b
• Pantoprazola 2-mal 40 mg+Amoxicillin 2-mal 1000 mg+Levofloxacin 2-mal 200 mg
(7–10 Tage) [56, 57]c
• Rabeprazola 2-mal 20 mg+Rifabutin 1-mal 300 mg+Levofloxacin 1-mal 500 mg [58]c
• Französische oder italienische Tripeltherapie mit Verlängerung der Behandlungsdauerc
PPI Protonenpumpeninhibitor;
a in der Originalpublikation angegeben, kann durch andere PPI ersetzt werden;
b im Maastricht-Konsensus 2000 [48] empfohlen;
c neues Schema, nicht durch Konsensus sanktioniert.
cillin-Hochdosistherapie mit 3-mal 40 mg
Omeprazol und 3-mal 1000 mg Amoxicillin als Rescue-Therapie über 14 Tage eingesetzt [54]. Inzwischen sind neue Schemata
mit Levofloxacin bzw. Rifabutin als Zweitlinientherapeutika hinzugekommen, so
z. B. 2-mal 40 mg Pantoprazol mit 2-mal
150 mg Rifabutin und 2-mal 1000 mg Amoxicillin [55] sowie 2-mal 40 mg Pantoprazol mit 2-mal 1000 mg Amoxicillin und
2-mal 200 mg Levofloxacin jeweils über 7
bis 10 Tage [56, 57]. In einer randomisierten Studie wurde bei vorbehandelten Personen auch die direkte Kombination von
Levofloxacin 1-mal 500 mg und Rifabutin
1-mal 300 mg zusammen mit Rabeprazol
2-mal 20 mg untersucht. Dabei gelang bei
Patienten mit Doppelresistenz gegen Metronidazol und Clarithromycin in 85 eine Eradikation [58]. Auch in der Zweitlinientherapie wurde Amoxicillin erfolgreich durch Amoxicillin/Clavulansäure
ersetzt [59]. Schließlich wurde auch eine
Wiederholung der Tripeltherapie mit Verlängerung der Behandlungsdauer auf 10–
14 Tage vorgeschlagen [60]. Erfolge mit einer verlängerten Therapie wurden besonders bei Fällen mit nicht ulzeröser Dyspepsie beobachtet [61].
Therapie nach erfolgloser
Vorbehandlung mit Kenntnis
der antimikrobiellen
Erregerempfindlichkeit (gezielt)
Bei bekannter Erregerempfindlichkeit können Antibiotika und Antibiotikakombinationen gezielt eingesetzt und damit der
Therapieerfolg gegenüber der ungezielten
Therapie optimiert werden [62]. Dabei ist
zu beachten, dass trotz einer bestehenden
isolierten Resistenz gegen Metronidazol
mit diesem Antibiotikum dennoch Eradikationsquoten zwischen 60 und 80
erreicht werden, während mit Clarithromycin bei entsprechender Resistenz prak-
tisch keine Eradikation mehr erzielt werden kann [63].
Anmerkung. Das Kapitel „Histologische
Diagnostik“ wurde unter Mitarbeit von
Prof. Dr. Herbert K. Koch, Gemeinschaftspraxis für Pathologie, Bötzingerstr. 60,
79111 Freiburg, verfasst.
Korrespondierender Autor
E Prof. M. Kist
Nationales Referenzzentrum für Helicobacter
pylori, Abteilung Mikrobiologie und Hygiene,
Universitätsklinikum Freiburg,
Hermann-Herder-Straße 11, 79104 Freiburg
E-Mail: [email protected]
E Prof. Dr. S. Suerbaum
Medizinische Hochschule Hannover,
Institut für Medizinische Mikrobiologie
und Krankenhaushygiene,
Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover
E-Mail: [email protected]
Literatur
1. Suerbaum S, Michetti P (2002) Helicobacter pylori
infection. N Engl J Med 347:1175–1186
2. Falush D, Wirth T, Linz B et al. (2003) Traces of human migrations in Helicobacter pylori populations.
Science 299:1582–1585
3. Levi F, Lucchini F, Gonzalez JR et al. (2004) Monitoring falls in gastric cancer mortality in Europe. Ann
Oncol 15:338–345
4. Alm RA, Ling LS, Moir DT et al. (1999) Genomic-sequence comparison of two unrelated isolates of
the human gastric pathogen Helicobacter pylori.
Nature 397:176–180
5. Tomb JF, White O, Kerlavage AR et al. (1997) The
complete genome sequence of the gastric pathogen Helicobacter pylori. Nature 388:539–547
6. Josenhans C, Suerbaum S (2001) Motility and chemotaxis. In: Achtmann M, Suerbaum S (eds) Helicobacter pylori: molecular and cellular biology. Molecular and Cellular Biology, Wymondham Scientific
Press, pp 171–184
7. Schreiber S, Konradt M, Groll C et al. (2004) The spatial orientation of Helicobacter pylori in the gastric
mucus. Proc Natl Acad Sci USA 101:5024–5029
8. Ilver D, Arnqvist A, Ogren J et al. (1998) Helicobacter pylori adhesin binding fucosylated histo-blood
group antigens revealed by retagging. Science
279:373–377
9. Mahdavi J, Sonden B, Hurtig M et al. (2002) Helicobacter pylori SabA adhesin in persistent infection
and chronic inflammation. Science 297:573–578
10. Suerbaum S, Maynard Smith J, Bapumia K et al.
(1998) Free recombination within Helicobacter pylori. Proc Natl Acad Sci USA 95:12619–12624
11. Falush D, Kraft C, Taylor NS et al. (2001) Recombination and mutation during long-term gastric colonization by Helicobacter pylori: estimates of clock rates, recombination size, and minimal age. Proc
Natl Acad Sci USA 98:15056–15061
12. Blaser MJ, Atherton JC (2004) Helicobacter pylori persistence: biology and disease. J Clin Invest
113:321–333
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 6 · 2005
| 677
Originalien und Übersichtsarbeiten
13. Censini S, Lange C, Xiang Z et al. (1996) cag, a pathogenicity island of Helicobacter pylori, encodes
type I-specific and disease-associated virulence factors. Proc Natl Acad Sci USA 93:14648–14653
14. Odenbreit S, Puls J, Sedlmaier B et al. (2000) Translocation of Helicobacter pylori CagA into gastric epithelial cells by type IV secretion. Science
287:1497–1500
15. Selbach M, Moese S, Hurwitz R et al. (2003) The Helicobacter pylori CagA protein induces cortactin dephosphorylation and actin rearrangement by c-Src
inactivation. EMBO J 22:515–528
16. Lee SK, Stack A, Katzowitsch E et al. (2003) Helicobacter pylori flagellins have very low intrinsic activity to stimulate human gastric epithelial cells via
TLR5. Microbes Infect 5:1345–1356
17. Viala J, Chaput C, Boneca IG et al. (2004) Nod1 responds to peptidoglycan delivered by the Helicobacter pylori cag pathogenicity island. Nat Immunol 5:1166–1174
18. Mohammadi M, Nedrud J, Redline R et al. (1997)
Murine CD4 T-cell response to Helicobacter infection: TH1 cells enhance gastritis and TH2 cells reduce bacterial load. Gastroenterology 113:1848–1857
19. Machado JC, Figueiredo C, Canedo P et al. (2003) A
proinflammatory genetic profile increases the risk
for chronic atrophic gastritis and gastric carcinoma.
Gastroenterology 125:364–371
20. Kist M, Strobel S, Kirchner T, Dammann HG (1999)
Impact of ELISA and immunoblot as diagnostic
tools one year after eradication of Helicobacter pylori in a multicentre treatment study. FEMS Immunol Med Microbiol 24:239–242
21. Anonymus (1995) Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Diagnostik und Therapie der Helicobacter-pylori-Infektion. Z Gastroenterol 34:392–401
22. Kist M, Glocker E (2003) Helicobacter-pylori-Infektionen: ResiNet – eine bundesweite Sentinelstudie
zur Resistenzentwicklung. Epidemiol Bull 47:389–
391
23. Rathbone BJ, Wyatt JI, Worsley BW et al. (1986) Systemic and local antibody responses to gastric Campylobacter pyloridis in non-ulcer dyspepsia. Gut
27:642–647
24. Perez-Perez GI, Dworkin BM, Chodos JE, Blaser
MJ (1988) Campylobacter pylori antibodies in humans. Ann Intern Med 109:11–17
25. Apel I, Jacobs E, Kist M, Bredt W (1988) Antibody response of patients against a 120 kDa surface protein of Campylobacter pylori. Zentralbl Bakteriol Mikrobiol Hyg [A] 268:271–276
26. Kimmel B, Bosserhoff A, Frank R et al. (2000) Identification of immunodominant antigens from Helicobacter pylori and evaluation of their reactivities
with sera from patients with different gastroduodenal pathologies. Infect Immun 68:915–920
27. Laheij RJ, Straatman H, Jansen JB, Verbeek AL
(1998) Evaluation of commercially available Helicobacter pylori serology kits: a review. J Clin Microbiol 36:2803–2809
28. Cutler AF, Havstad S, Ma CK et al. (1995) Accuracy of invasive and noninvasive tests to diagnose
Helicobacter pylori infection. Gastroenterology
109:136–141
29. Jaskowski TD, Martins TB, Hill HR, Litwin CM (1997)
Immunoglobulin A antibodies to Helicobacter pylori. J Clin Microbiol 35:2999–3000
30. Fabris P, Bozzola L, Benedetti P et al. (1997) H. pylori infection in HIV-positive patients. A serohistological study. Dig Dis Sci 42:289–292
678 |
31. Graham DY, Opekun AR, Hammoud F et al. (2003)
Studies regarding the mechanism of false negative
urea breath tests with proton pump inhibitors. Am
J Gastroenterol 98:1005–1009
32. Manes G, Balzano A, Iaquinto G et al. (2001) Accuracy of the stool antigen test in the diagnosis of Helicobacter pylori infection before treatment and in
patients on omeprazole therapy. Aliment Pharmacol Ther 15:73–79
33. Vaira D, Vakil N (2001) Blood, urine, stool, breath,
money, and Helicobacter pylori. Gut 48:287–289
34. Machado RS, Patricio FR, Kawakami E (2004) 13Curea breath test to diagnose Helicobacter pylori infection in children aged up to 6 years. Helicobacter
9:39–45
35. Carvalho Costa CL, Rocha GA, Rocha AM et al.
(2003) Evaluation of [13C]urea breath test and Helicobacter pylori stool antigen test for diagnosis of
H. pylori infection in children from a developing
country. J Clin Microbiol 41:3334–3335
36. Peitz U, Leodolter A, Wex T et al. (2004) Diagnostics
of Helicobacter pylori infection in patients with
peptic ulcer bleeding. Z Gastroenterol 42:141–146
37. Udd M, Miettinen P, Palmu A, Julkunen R (2003) Effect of short-term treatment with regular or high
doses of omeprazole on the detection of Helicobacter pylori in bleeding peptic ulcer patients.
Scand J Gastroenterol 38:588–593
38. Gisbert JP, Pajares JM (2004) Stool antigen test for
the diagnosis of Helicobacter pylori infection: a systematic review. Helicobacter 9:347–368
39. Koletzko S, Konstantopoulos N, Bosman D et al.
(2003) Evaluation of a novel monoclonal enzyme
immunoassay for detection of Helicobacter pylori
antigen in stool from children. Gut 52:804–806
40. Dunn BE, Cohen H, Blaser MJ (1997) Helicobacter
pylori. Clin Microbiol Rev 10:720–741
41. Monteiro L, de Mascarel A, Sarrasqueta AM et al.
(2001) Diagnosis of Helicobacter pylori infection:
noninvasive methods compared to invasive methods and evaluation of two new tests. Am J Gastroenterol 96:353–358
42. He Q, Wang JP, Osato M, Lachman LB (2002) Realtime quantitative PCR for detection of Helicobacter
pylori. J Clin Microbiol 40:3720–3728
43. Kobayashi D, Eishi Y, Ohkusa T et al. (2002) Gastric
mucosal density of Helicobacter pylori estimated
by real-time PCR compared with results of urea
breath test and histological grading. J Med Microbiol 51:305–311
44. Matsumura M, Hikiba Y, Ogura K et al. (2001) Rapid
detection of mutations in the 23S rRNA gene of Helicobacter pylori that confers resistance to clarithromycin treatment to the bacterium. J Clin Microbiol
39:691–695
45. Oleastro M, Menard A, Santos A et al. (2003) Real-time PCR assay for rapid and accurate detection of point mutations conferring resistance to clarithromycin in Helicobacter pylori. J Clin Microbiol
41:397–402
46. Lascols C, Lamarque D, Costa JM et al. (2003) Fast
and accurate quantitative detection of Helicobacter pylori and identification of clarithromycin resistance mutations in H. pylori isolates from gastric
biopsy specimens by real-time PCR. J Clin Microbiol 41:4573–4577
47. Glocker E, Kist M (2004) Rapid detection of point
mutations in the gyrA gene of Helicobacter pylori conferring resistance to ciprofloxacin by a fluorescence resonance energy transfer-based real-time
PCR approach. J Clin Microbiol 42:2241–2246
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 6 · 2005
48. Malfertheiner P, Megraud F, O’Morain C et al.
(2002) Current concepts in the management of
Helicobacter pylori infection – the Maastricht 22000 Consensus Report. Aliment Pharmacol Ther
16:167–180
49. Moayyedi P, Soo S, Deeks J et al. (2000) Systematic
review and economic evaluation of Helicobacter
pylori eradication treatment for non-ulcer dyspepsia. Dyspepsia Review Group. BMJ 321:659–664
50. Murakami K, Fujioka T, Okimoto T et al. (2002)
Drug combinations with amoxycillin reduce selection of clarithromycin resistance during Helicobacter pylori eradication therapy. Int J Antimicrob
Agents 19:67–70
51. Bayerdorffer E, Lind T, Dite P et al. (1999) Omeprazole, amoxycillin and metronidazole for the cure of
Heliobacter pylori infection. Eur J Gastroenterol Hepatol 11 [Suppl 2]:S19–22
52. McLoughlin R, Racz I, Buckley M et al. (2004) Therapy of Helicobacter pylori. Helicobacter 9 [Suppl
1]:42–48
53. Zullo A, Vaira D, Vakil N et al. (2003) High eradication rates of Helicobacter pylori with a new sequential treatment. Aliment Pharmacol Ther 17:719–726
54. Peitz U, Hackelsberger A, Malfertheiner P (1999) A
practical approach to patients with refractory Helicobacter pylori infection, or who are re-infected after standard therapy. Drugs 57:905–920
55. Gisbert JP, Calvet X, Bujanda L et al. (2003) „Rescue“
therapy with rifabutin after multiple Helicobacter
pylori treatment failures. Helicobacter 8:90–94
56. Zullo A, Hassan C, De F et al. (2003) A third-line
levofloxacin-based rescue therapy for Helicobacter
pylori eradication. Dig Liver Dis 35:232–236
57. Watanabe Y, Aoyama N, Shirasaka D et al. (2003)
Levofloxacin based triple therapy as a second-line
treatment after failure of Helicobacter pylori eradication with standard triple therapy. Dig Liver Dis
35:711–715
58. Wong WM, Gu Q, Lam SK et al. (2003) Randomized
controlled study of rabeprazole, levofloxacin and rifabutin triple therapy vs. quadruple therapy as second-line treatment for Helicobacter pylori infection. Aliment Pharmacol Ther 17:553–560
59. Ojetti V, Migneco A, Zocco MA et al. (2004) Beta-lactamase inhibitor enhances Helicobacter pylori eradication rate. J Intern Med 255:125–129
60. Malfertheiner P, Peitz U, Wolle K, Treiber G (2004) Helicobacter pylori infection – update for the clinician
2004. Dtsch Med Wochenschr 20(129):1821–1826
61. Gisbert JP, Hermida C, Pajares JM (2001) Are twelve days of omeprazole, amoxicillin and clarithromycin better than six days for treating H. pylori infection in peptic ulcer and in non-ulcer dyspepsia? Hepatogastroenterology 48:1383–1388
62. Lamouliatte H, Megraud F, Delchier JC et al. (2003)
Second-line treatment for failure to eradicate Helicobacter pylori: a randomized trial comparing
four treatment strategies. Aliment Pharmacol Ther
18:791–797
63. Bazzoli F, Pozzato P, Rokkas T (2002) Helicobacter
pylori: the challenge in therapy. Helicobacter 7
[Suppl 1]:43–49