Steuererklärungen, Abgabefristen

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Steuererklärungen, Abgabefristen
Dok.-Nr.: 0630005
Durm, Martin
Themenlexikon vom 01.04.2016
Steuererklärungen, Abgabefristen - Lexikon des
Steuerrechts
1 Grundsatz
2 Die Abgabe- und Antragsfristen im Einzelnen
3 Verlängerung der Abgabefristen
3.1 Allgemeines
3.2 Fristverlängerung bei steuerlich beratenen Steuerpflichtigen
3.3 Vorabanforderung von Steuererklärungen ohne nachvollziehbare Begründung
3.4 Rückwirkende Fristverlängerung
4 Literaturhinweise
5 Verwandte Lexikonartikel
Rechtsstand: 01.04.2016
1 Grundsatz
Soweit die Steuergesetze nichts anderes bestimmen, sind Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr
oder einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen, spätestens fünf Monate danach abzugeben (§ 149
Abs. 2 Satz 1 AO).
Mit Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1.11.2011 (BGBl I 2011, 2131) wurde in § 149 Abs. 2 Satz 2 AO für
Steuerpflichtige, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden
Wirtschaftsjahr ermitteln, die Frist zur Abgabe der Steuererklärung vom Ablauf des dritten auf den Ablauf
des fünften Monats nach Schluss des in dem Kalenderjahr begonnenen Wirtschaftsjahr verlängert. Die
Änderung gilt ab dem Kalenderjahr 2010.
2 Die Abgabe- und Antragsfristen im Einzelnen
Im Einzelnen gelten folgende Abgabefristen:
·
§ 39a EStG: Zweijährige Gültigkeit von Freibeträgen im Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren. Mit BMFSchreiben vom 21.5.2015 (IV C 5 – S 2365/15/10001, BStBl I 2015, 488) wird als Starttermin für das
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Verfahren der zweijährigen Gültigkeit von Freibeträgen im Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren der
1.10.2015 festgelegt. Ab diesem Zeitpunkt können die Arbeitnehmer den Antrag auf Bildung eines
Freibetrags nach § 39a EStG für einen Zeitraum von längstens zwei Kalenderjahren mit Wirkung ab dem
1.1.2016 bei ihrem Wohnsitzfinanzamt stellen.
·
§ 41a EStG: Der → Arbeitgeber hat spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden LohnsteuerAnmeldungszeitraums eine → Lohnsteueranmeldung abzugeben.
·
§ 43a Abs. 3 EStG: Verluste aus z.B. Aktiengeschäften werden von der Bank verrechnet bzw. auf das
nächste Kalenderjahr vorgetragen. Ein Antrag auf Verlustbescheinigung für die
Einkommensteuererklärung 2015 muss bis zum 15.12.2015 bei der betroffenen Bank bestellt werden (§
43a Abs. 3 Satz 5 EStG).
·
§ 45a Abs. 1 EStG: Die einbehaltene Kapitalertragsteuer ist dem Finanzamt innerhalb der in § 44 Abs. 1
oder Abs. 7 EStG bestimmten Frist anzumelden.
·
§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG: Der Antrag auf Veranlagung ist bis zum Eintritt der → Festsetzungsverjährung (→
Steuerschuldverhältnis) beim Finanzamt zu stellen. Dabei sind die Fristen des § 169 AO zu beachten. Die
Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO greift hierbei nicht. Die Vorschrift des § 46 Abs. 2 Nr. 8
EStG greift nur dann, wenn der Arbeitnehmer nicht bereits nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG veranlagt
werden muss. In diesen Fällen ist die allgemeine Abgabefrist des § 149 Abs. 2 Satz 1 AO von fünf
Monaten zu beachten. Bis zum 31.12.2016 können Arbeitnehmer, die nicht veranlagungspflichtig sind,
eine Einkommensteuerveranlagung für 2012 beantragen (sog. Antragsveranlagung).
·
§ 48a EStG: Steueranmeldung bei der → Abzugsbesteuerung bei Bauleistungen. Der
Leistungsempfänger hat bis zum 10. Tag nach Ablauf des Monats, in dem die Gegenleistung i.S.d. § 48
EStG erbracht wird, eine Anmeldung für den Steuerabzug abzugeben.
·
§ 28 BewG: Erklärungen zur Feststellung des Einheitswerts sind auf jeden Hauptfeststellungszeitpunkt (→
Einheitswertfeststellungen) abzugeben.
·
§ 31 ErbStG: Das Finanzamt kann von jedem an einem Erbfall, an einer Schenkung oder an einer
Zuwendung Beteiligten die Abgabe einer Erklärung verlangen. Das Finanzamt bestimmt die Abgabefrist,
die mindestens einen Monat betragen muss (→ Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer). Sind mehrere Erben
vorhanden, so sind sie berechtigt, die Steuererklärung gemeinsam abzugeben (§ 31 Abs. 4 ErbStG).
·
§ 18 UStG: Der Unternehmer hat bis zum 10. Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine →
Voranmeldung abzugeben.
Hat der Unternehmer seine Tätigkeit im Laufe des Kalenderjahres beendet, hat er die Jahreserklärung
binnen einem Monat nach Ablauf des kürzeren Besteuerungszeitraums abzugeben (§ 18 Abs. 3 UStG).
Beim → Vorsteuervergütungsverfahren ist der Vergütungsantrag für nicht im Gemeinschaftsgebiet
ansässige Unternehmer binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kj. zu stellen, in dem der
Vergütungsanspruch entstanden ist (§ 18 Abs. 9 UStG i.V.m. § 61a UStDV). Unternehmer, die im übrigen
Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, haben binnen neun Monaten nach Ablauf des Kj., in dem der
Vergütungsanspruch entstanden ist, die Vergütung zu beantragen (§ 18 Abs. 9 UStG i.V.m. § 61 UStDV).
Der im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer hat den Vergütungsantrag nach amtlich
vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung nach Maßgabe der Steuerdaten-
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Übermittlungsverordnung über das in dem Mitgliedstaat, in dem der Unternehmer ansässig ist,
eingerichtete elektronische Portal dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu übermitteln (§ 61
UStDV). Der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer hat die Vergütung grundsätzlich
nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim BZSt zu beantragen, kann aber abweichend davon die
Datenfernübertragung nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung in Anspruch nehmen
(§ 61a UStDV).
·
§ 18a UStG: Abgabe der Zusammenfassenden Meldung, wenn der Unternehmer während eine
Meldezeitraums (Kalendervierteljahr) innergemeinschaftliche Warenlieferungen ausgeführt hat. Die
Meldung ist bis zum 10. Tage nach Ablauf des Meldezeitraums beim Bundesamt für Finanzen
abzugeben.
·
§ 19 GrEStG: Unter bestimmten Voraussetzungen hat der Steuerschuldner über Erwerbsvorgänge eine
Anzeigepflicht. Die Anzeige ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung abzugeben.
·
§ 8 VersStG: Der Versicherer hat innerhalb von 15 Tagen nach Ablauf des Anmeldungszeitraums (→
Anmeldungszeitraum) eine Steueranmeldung abzugeben.
·
§ 8 FeuerschStG: s. § 8 VersStG.
3 Verlängerung der Abgabefristen
3.1 Allgemeines
Fristen zur Einreichung von Steuererklärungen können, wie die behördlichen Fristen, gem. § 109 Abs. 1 AO
verlängert werden. Die gem. § 149 Abs. 2 AO gesetzlich bestimmte Abgabefrist von Steuererklärungen ist die
einzige verlängerbare gesetzliche Frist.
3.2 Fristverlängerung bei steuerlich beratenen Steuerpflichtigen
Erklärungspflichtige, die ihre Steuererklärung von einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe erstellen
lassen, erhalten auf der Grundlage der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder
Fristverlängerung bis zum 31.12. des Folgejahres (BStBl I 2016, 38).
Bei Steuererklärungen für Steuerpflichtige, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom
Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, tritt an die Stelle des 31.12. der 31.5. des
Zweitfolgejahres.
Nach dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des
Besteuerungsverfahren (BT-Drs. 18/7457) wird gem. § 149 Abs. 3 AO eine gesetzliche Fristverlängerung für
beratene Steuerpflichtige eingeführt. Danach können die von der Regelung erfassten Steuererklärungen
nunmehr bis zum 28.2. des Zweitfolgejahres abgegeben werden. Steuerpflichtige, die ihre Erklärung mit
erheblicher Verspätung abgeben, müssen mit einem Verspätungszuschlag rechnen. Der Zuschlag ist
festzusetzen, wenn die Steuererklärung nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Besteuerungsjahres
abgegeben wurde. Dabei ist es unerheblich, ob die Erklärung persönlich oder mit Hilfe eines Beraters erstellt
wurde. Der Verspätungszuschlag beträgt je nach Fall mindestens zehn beziehungsweise mindestens 50 Euro
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für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung. Wenn Bundestag und Bundesrat im ersten
Halbjahr 2016 grünes Licht geben, treten die neuen Regeln zum 1.1.2017 in Kraft.
Es bleibt den Finanzämtern vorbehalten, Erklärungen mit angemessener Frist für einen Zeitpunkt vor Ablauf
der allgemein verlängerten Frist anzufordern. Von dieser Möglichkeit soll insbesondere Gebrauch gemacht
werden, wenn
·
für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum die erforderlichen Erklärungen verspätet oder nicht
abgegeben wurden,
·
für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum kurz vor Abgabe der Erklärung bzw. vor dem Ende der
Karenzzeit nach § 233a Abs. 2 Satz 1 AO nachträgliche Vorauszahlungen festgesetzt wurden,
·
sich aus der Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum eine hohe Abschlusszahlung
ergeben hat,
·
hohe Abschlusszahlungen erwartet werden,
·
für Beteiligte an Gesellschaften und Gemeinschaften Verluste festzustellen sind oder
·
die Arbeitslage der Finanzämter es erfordert.
Im Übrigen wird davon ausgegangen, dass die Erklärungen laufend fertig gestellt und unverzüglich
eingereicht werden.
Anschließend gewährt die Finanzverwaltung aufgrund begründeter Einzelanträge eine Fristverlängerung nur
noch bis zum 28.2. bzw. bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem
vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, bis zum 31.7. des Zweitfolgejahres. Über den
28.2. bzw. 31.7. des Zweitfolgejahres hinaus scheidet eine Fristverlängerung grundsätzlich aus.
Die allgemeine Fristverlängerung gilt nicht für Anträge auf Steuervergütungen. Sie gilt auch nicht für die
Abgabe von Umsatzsteuererklärungen, wenn die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit mit Ablauf des 31.12.
endete. Hat die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit vor dem 31.12. geendet, ist die Umsatzsteuererklärung
für das Kalenderjahr einen Monat nach Beendigung der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit abzugeben
(§ 18 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 3 UStG).
Die Finanzbehörde ist jedoch nicht verpflichtet, eine aufgrund der gleich lautenden Ländererlasse beantragte
Fristverlängerung über den Steuererklärungsfristen ohne eigenes Ermessen in jedem Fall auszusprechen
(BFH Urteil vom 21.2.2006, BStBl II 2006, 399).
Wegen Einzelfragen zu den Abgabefristen und zur Fristverlängerung für den Veranlagungszeitraum 2015
vgl. die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 4.1.2016, BStBl I 2016, 38.
3.3 Vorabanforderung von Steuererklärungen ohne nachvollziehbare
Begründung
Die automatisierte Vorabanforderung von Steuererklärungen muss hinsichtlich des Auswahlermessens
gegenüber dem Stpfl. nachvollziehbar begründet werden. Eine Aufforderung, Steuererklärungen vor Ablauf
der im sog. Fristenerlass (→ Fristen und Termine) genannten Frist vorzulegen mit ausschließlich einer
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Aufzählung der im Fristenerlass aufgezählten Gründe für die Vorabanforderung der Steuererklärungen, ohne
dass erkennbar ist, welcher dieser Gründe für den betroffenen Stpfl. gelte, reicht dem FG Hamburg im Urteil
vom 27.4.2012 (6 K 96/11, EFG 2012, 2256, LEXinform 5014091) nicht aus. Insbesondere der generelle
Verweis darauf, dass der rechtzeitige Abschluss des jährlichen Steuerfestsetzungsverfahrens es erforderlich
mache, einen Teil der jährlichen Steuererklärungen vor Ablauf der allgemein verlängerten Frist anzufordern,
genüge nicht. Daraus gehe nicht hervor, ob sich dies allgemein auf die Arbeitslage der Finanzämter beziehe
oder konkret auf die Arbeitslage des betroffenen FA.
3.4 Rückwirkende Fristverlängerung
Gem. § 109 Abs. 1 Satz 2 AO können auch bereits abgelaufene Fristen rückwirkend verlängert werden. Damit
kann bei einer zunächst verspäteten Abgabe einer Steuererklärung grundsätzlich die Möglichkeit des
Finanzamtes, die Festsetzung eines Verspätungszuschlages vorzunehmen, umgangen werden. Nach
rückwirkender Fristverlängerung entfällt die von § 152 Abs. 1 Satz 1 AO geforderte Voraussetzung einer
nicht fristgemäßen Abgabe der Steuererklärung.
In diesem Fall wäre nur nach Rücknahme bzw. Widerruf (→ Korrektur von Verwaltungsakten) der
nachträglichen Fristverlängerung als sonstiger Verwaltungsakt die Festsetzungen eines
Verspätungszuschlags zulässig.
4 Literaturhinweise
Hagen, Steuererklärungsfristen, StWarte, 2012, 111.
5 Verwandte Lexikonartikel
→ Anmeldungszeitraum
→ Antragsveranlagungen zur Einkommensteuer
→ Fristen und Termine
→ Gesonderte Feststellung
→ Korrektur von Verwaltungsakten
→ Steuererklärung
→ Steuervereinfachungsgesetz 2011
→ Verspätungszuschlag
→ Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Redaktioneller Hinweis:
© Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart. Josef Schneider u.a., Finanz und Steuern Band 16, Lexikon des
Steuerrechts, 6. Auflage; Steuer-Lexikon Online https://www.schaeffer-poeschel.de/isbn/ 978-3-7992-30230.html
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Normen:
AO:109/1 AO:149/2 AO:149/3 BewG:28 BewG:138/6 ErbStG:31 EStG:45a/1 EStG:46/2/8 EStG:48a
FeuerschStG:8 GrEStG:19 UStG:18 UStG:18a VersStG:8
Arbeitshilfen:
§
Steuertermine
§
Steuererklärungsfristen 2015
§
Beratungstipps
§
·
Deubner Verlag, Kurzbeitrag v. 17. 5. 2016
·
Deubner Verlag, Anmerkung v. 8. 9. 2015
Muster/Checklisten
·
Antrag auf Fristverlängerung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung - Muster
·
Antrag auf Fristverlängerung zur Abgabe der Körperschaftsteuererklärung - Muster
·
Antrag auf Fristverlängerung zur Abgabe der Gewerbesteuererklärung - Muster
·
Antrag auf Fristverlängerung zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung - Muster
Zitate:
§
Verwaltungsanweisungen
·
BMF vom 21.5.2015, BStBl I 2015, 488
·
Gleich lautende Erlasse der Länder vom 4.1.2016, BStBl I 2016, 38
Kommentare:
§
Lippross AO § 109
§
Lippross BewG § 28
§
Lippross BewG § 138
§
Lippross EStG § 25
§
Lippross EStG § 41a
§
Littmann/Bitz/Pust EStG § 41a
§
Lippross EStG § 45a
§
Littmann/Bitz/Pust EStG § 45a
§
Lippross EStG § 48a
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§
Lippross ErbStG § 31
§
Preißer/Rödl/Seltenreich ErbStG § 31
§
Lippross GrEStG § 19
§
Lippross UStG § 18
§
Weimann/Lang UStG § 18
§
Lippross UStG § 18a
§
Weimann/Lang UStG § 18a
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