SIAM deckt Pelzskandal in den USA auf

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SIAM deckt Pelzskandal in den USA auf
Forschung & Transfer
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6-JUN-07
Neue Waffe gegen die Pelzmafia
SIAM deckt Pelzskandal in den USA auf
Saarbrücker Forscher erschweren skrupellosen Pelzhändlern das
Handwerk: Ihr neues Verfahren kann unter anderem Hunde- und
Katzenfelle von Zuchtpelzen und Imitaten unterscheiden. Erstmals
werden Routinekontrollen etwa bei Import und Export möglich. In den
USA sorgte ihre SIAM-Methode für einen handfesten Pelzskandal. Wie
die Biochemiker der Saar-Uni für die US-amerikanische TierschutzVereinigung Humane Society of the United States herausfanden, waren als
Imitate deklarierte Pelze tatsächlich echtes Fell vor allem von
Marderhunden, einer mit dem Hund verwandten Tierart.
D
ie Bilder vom Abschlachten der
Tiere, die der US-Tierschutzbund
auf seiner Website zeigt, sind grausam.
Sie sind vor allem in Asien tägliche
Realität. Wie in diesem Video werden
Millionen von Katzen, Hunden und
Marderhunden unter schlimmsten Bedingungen gefangen gehalten, gequält,
auf bestialische Weise getötet, etwa bei
lebendigem Leibe gehäutet. Undeklariert oder mit irreführenden Bezeichnungen landen ihre Felle in der Bekleidungs- oder Spielzeugindustrie. So geschehen in den USA, wo zwar die
Einfuhr und der Handel mit Katzenund Hundefellen verboten ist, bisher
aber nicht der Handel mit Marderhund-
fellen. Kleidungsstücke mit diesen Pelzen gelangten in die US-Warenhäuser –
als angebliche Imitate von Kaninchen-,
Kojote- oder Waschbärfellen.
the United States auf. „SIAM steht für
Species-Identification of Animals using
MALDI-TOF-MS“, erklärt Dr. Klaus
Hollemeyer. Die neue Technik, die auf
der MALDI-TOF-Massenspektrometrie
beruht, entwickelte er am Institut für
Technische Biochemie der Saar-Uni
gemeinsam mit dessen Leiter Prof.
Elmar Heinzle und in Zusammenarbeit
mit der Firma Gene-Facts. Zurzeit ist
dieses Unternehmen, das von Absolventen der Universität gegründet wurde, weltweit das einzige Labor, das die
Methode kommerziell anbietet.
Statt Kunstpelz, zur Zeit der Moderenner in den USA, kauften die
ahnungslosen Kunden echtes Tierfell.
Wer einen Mantel mit Kunstfellkragen
zu haben glaubte, trägt tatsächlich echten Marderhund. Die Täuschung deckten Forscher der Saar-Uni mit der
SIAM-Methode im Auftrag der Tierschutz-Vereinigung Humane Society of
In Europa könnte das Verfahren bald
großen Einsatz finden. Auch hier sollen Katzen- und Hundefelle verboten
werden. Die EU-Kommission will ein
europaweites Ein- und Ausfuhrverbot
für Katzen- und Hundefelle und aus
ihnen hergestellte Produkte verhängen
– einen entsprechenden Vorschlag hat
sie bereits dem Europäischen Parla-
Stammen Pelzimitate
von Haustieren?
Geht es illegalem Pelzhandel
in Europa an den Kragen?
Kurz notiert
campus 2/2007
Durchblick in der Arbeitswelt
Konkrete Zahlen, die helfen, die Arbeitswelt zu verstehen
und zu gestalten, verspricht der neue Arbeitsweltmonitor.
Dieses vom Institut für Managementkompetenz (imk) unter
Leitung von Prof. Christian Scholz entwickelte neue Instrument für Unternehmen liefert ständig aktuelle Analysen zu
Karriere, Finanzen, Arbeitsumfeld und Gesundheit. Mehrere
hundert Arbeitnehmer beantworten hierzu regelmäßig
anonym und online dieselben Fragen. Über die Daten zur
Personalarbeit hinaus zeigt der Monitor Trends und Stimmungen. So wurden 2006 synchron mit der wirtschaftlichen
Erholung auch Stimmungsänderungen sichtbar: Der Aufschwung führte vielerorts zu einer Verschärfung des Betriebsklimas. Mit den personalwirtschaftlichen Konsequenzen der Ergebnisse wird sich noch diesen Sommer ein Kongress in Walldorf befassen.
Der Arbeitsweltmonitor 2006 kann kostenlos abgerufen
werden unter: www.arbeitsweltmonitor.de
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Neuer Direktor am INM
Ein Metallforscher von weltweitem Renommee kommt nach
Saarbrücken: Prof. Eduard Arzt, Geschäftsführender Direktor des Stuttgarter Max-Planck-Instituts für Metallforschung,
wird neuer Wissenschaftlicher Direktor am Leibniz Institut
für Neue Materialien (INM). Ab Oktober 2007 wird er zusammen mit Prof. Michael Veith (Wissenschaftlicher CoDirektor) und Jochen Flackus (Kaufmännischer Direktor)
das INM leiten. Zugleich übernimmt Arzt die Professur für
Neue Materialien unserer Universität.
Präsident Linneweber, dem gemeinsam mit Staatssekretär
Christian Ege gelungen war, den Physiker ins Saarland zu
holen, wertet Arzts Zusage „als Beleg für das hohe Ansehen
des INM und weitere Stärkung des Schwerpunkts der Nanound Biowissenschaften der Universität“. Bekannt wurde Arzt
in jüngster Zeit auch durch seine Forschung zu Hafttechniken nach dem Vorbild der Natur. Hierbei arbeitete er bereits mit Wissenschaftlern unserer Universität zusammen. red
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Prof. Elmar Heinzle
Dr. Klaus Hollemeyer
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Mit ihrer SIAM-Methode können die Saarbrücker Biochemiker die Herkunft von Haaren
und Federn nachweisen.
Foto: das bilderwerk
entstehenden Spaltpeptide unterscheiden sich bei den einzelnen Tierarten.
Diese Unterschiede können wir sichtbar machen“, erklärt der Biochemiker.
So sind anhand der artspezifischen
Peptide Ente und Fasan ebenso zweifelsfrei und schnell erkennbar wie
Hamster, Nerz, Kaninchen, Kamel und
Merinoschaf – oder eben Katze und
Hund. Auch das menschliche Haar
lässt sich identifizieren.
Die SIAM-Methode kann routinemäßig auf Flughäfen oder bei Grenzkontrollen eingesetzt werden. Erforderlich ist hierfür ein Massenspektrometrie-Gerät, das derzeit speziell zum
Einsatz für Stichproben entwickelt
wird. Die Saarbrücker Biochemiker
haben bereits Datenbanken mit den
Peptidspektren bedrohter Tierarten
und auch jenen Säugetieren erstellt,
deren Wolle oder Felle legal oder illegal
genutzt werden. Verdächtige Proben
können mit diesen Datenbanken verglichen, identifiziert und aus dem Verkehr gezogen werden. Stoppen kann
SIAM damit das grausame Abschlachten nicht. Aber wo kein Markt,
da kein Absatz – und umso weniger
Tiere müssen auf so schreckliche Art
ihr Leben lassen.
CE
REGLER
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ment und dem Rat vorgelegt. Damit ein
EU-weites Verbot auch greift, sind
verlässliche Prüfverfahren erforderlich.
Haustierfelle lassen sich vom Aussehen
oder Anfühlen her kaum von anderen
Pelzen oder Imitaten unterscheiden.
Das stellt die Kontrollbehörden vor
Probleme. „In ihrem Vorschlag hat die
EU-Kommission aus drei Analysetechniken insbesondere die MALDI-TOFMassenspektrometrie als geeignet und
besonders zuverlässig bewertet“, freut
sich Hollemeyer. Auch die britische Regierung und der amtliche Verbraucherschutz der Niederlande haben die Saarbrücker SIAM-Methode bereits prüfen
lassen. „Die Ergebnisse dieser Untersuchungen bestätigten, dass SIAM als
einziges Verfahren die geforderte Zuverlässigkeit erreicht“, so der Forscher.
Ursprünglich war die SIAM-Methode als Instrument zur Qualitätskontrolle für Hersteller und Händler von
Bettwaren entwickelt worden, um Enten- von Gänsedaunen zu unterscheiden (campus 4/2002, S. 10). Schnell
zeigte sich aber weiteres Potenzial: Die
biochemisch-physikalische Methode
kann routinemäßig die Tierart auch bei
Säugetieren und dadurch auch die Herkunft von Haaren nachweisen. Die Forscher erkannten die Bedeutung für den
Schutz bedrohter Tierarten oder die
Ermittlung von Fälschungen. „Außerdem können wir die Methode einsetzen, um die Qualität von Textilien tierischen Ursprungs zu kontrollieren“, ergänzt Hollemeyer. Recht häufig wird
nämlich etwa teure Wolle von Kaschmir-Ziegen mit preiswerterer Wolle von
Yak, Angorakaninchen oder Schaf gestreckt. „Sind diese Verfälschungen
nicht deklariert, werden die Verbraucher arglistig getäuscht. Mit SIAM
können wir nicht nur die Verfälschung
erkennen, sondern sie auch prozentual
bestimmen“, erklärt Hollemeyer.
Kern des Verfahrens sind so genannte Spaltpeptide, die entstehen,
wenn Proteine von Haaren oder
Federn mittels spezieller biochemischer
Techniken gespalten werden. „Der
Aufbau der Proteine und die daraus
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