Artikel - Dr. Johannes Fiala

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Artikel - Dr. Johannes Fiala
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steuer & recht I rechtsberatung
Ein Recht auf Beratung
Die Annahme, dass nur der Rechtsanwalt befugt ist, juristische Ratschläge zu erteilen, entspricht schon seit
Mitte der neunziger Jahre nicht mehr der geltenden Rechtsprechung.
W
inkeladvokaten nennt man heute in
der Regel Anwälte, die ihren Job
eher schlecht als recht erledigen,
ursprünglich wurden damit hingegen nur
Personen bezeichnet, die Rechtsberatung
(etwa im hintersten Winkel von Gaststuben)
verkauften, ohne die dafür nötige Qualifikation und Zulassung zu haben. Dass es die
Bezeichnung überhaupt gibt, ist ein klarer
Hinweis darauf, dass es seinerzeit eine beträchtliche Anzahl dieser „Nebenerwerbsan-
wälte“ gegeben haben muss. Er dürfte aber
auch darauf zurückzuführen sein, dass sich
die – zugelassenen – Anwälte zu allen Zeiten
massiv und mit allen Mitteln gegen derlei
Anmaßungen gewehrt haben. Und das ist ihnen tatsächlich außerordentlich gut gelungen.
Im Rechtsverständnis der breiten Öffentlichkeit herrscht nämlich bis heute mehrheitlich
die Annahme vor, dass Nicht-Anwälte niemals Rechtsauskünfte erteilen dürfen, obwohl das keineswegs so ist.
Gericht bestätigt Erlaubnis zur Rechtsberatung
Der Lübecker Allfinanzdienstleister Dr. Klein & Co. AG
hat vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht das
Recht erstritten, Kunden, die einen Kredit umschulden
wollen, zu beraten. Das Hanseatische Oberlandesgericht habe klargestellt, dass ein Kreditvermittler die in
Umschuldungsfragen relevante rechtliche Beratung
leisten darf, hieß es dazu in einer Pressemitteilung,
zumal eine qualifizierte Beratung auch in rechtlichen
Fragestellungen die Voraussetzung für eine erfolgreiche Umschuldung sei. In dem rechtskräftigen Urteil
(Geschäftszeichen: 3 U 204/05 406 O 138/04), zu
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dem die Revision vor dem Bundesgerichtshof nicht
zugelassen wurde, heißt es wörtlich: „Eine solche Art
der Beratung verstößt nach heutigen Anschauungen
nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz.“ Insofern haben die Lübecker schon Recht, wenn sie feststellen,
dass das Urteil wegweisenden Charakter für die gesamte Finanzdienstleistungsbranche hat. Ihre darüber
hinaus geäußerte Annahme, dass bisher ausschließlich Rechtsanwälte eine rechtliche Beratung von Privatpersonen vornehmen durften – nicht jedoch Kreditvermittler, greift allerdings zu kurz.
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Sogar der Lübecker Allfinanzdienstleister
Dr. Klein & Co. AG, der vor dem Oberlandesgericht Hamburg ein Verfahren gewonnen
hat, in dem es genau um dieses Thema ging
(siehe Kasten), scheint bis zuletzt gedacht zu
haben, dass nur Rechtsanwälte eine rechtliche Beratung vornehmen dürfen. In einer
Presseaussendung mit dem Titel „Dr. Klein
erstreitet Recht auf Beratung“ erklärt das
Unternehmen: „Bisher durften ausschließlich Rechtsanwälte eine rechtliche Beratung
von Privatpersonen vornehmen – nicht jedoch Kreditvermittler.“
Das allerdings entspricht nicht ganz der
schon seit längerem geltenden Rechtsprechung. Bereits in den neunziger Jahren hat das
Bundesverfassungsgericht erstmals wesentlich umfassendere Möglichkeiten zur Rechtsberatung geschaffen – auch für Finanzdienstleister. Die Frage ist nur: Wie viel Rechtsberatung ist dem Finanzdienstleister erlaubt?
Zum Hintergrund: Das Rechtsberatungsgesetz verfolgt im Wesentlichen zwei
Zwecke: zum einen den Schutz der Verbraucher und zum zweiten die Förderung und
Funktionssicherung einer reibungslosen
Rechtspflege, indem fachlich ungeeignete
und unzuverlässige Personen von der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ferngehalten werden sollen. Dem entsprechend hat
das Bundesverfassungsgericht daraus abgeleitet, dass nur noch dann eine verbotene
Rechtsberatung vorliegt, wenn „im Kern und
Schwerpunkt“ eine Rechtsdienstleistung, also zum Beispiel eine Beratung oder eine Vertretung, erbracht wird. Und damit sind zahlreiche Tätigkeiten schon seit langem nicht
mehr allein den Anwälten vorbehalten. Ein
dritter Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes – der so genannte Erhalt einer leistungsfähigen Berufsgruppe (Rechtsanwälte
und Rechtsbeistände) – hat in der Bedeutung
abgenommen. Aufgrund des verfassungsrechtlichen Ziels eines „Rechtsstaates“ nach
Artikel 19 IV, 20, 103 des Grundgesetzes
können jedoch die Rechtsdienstleistungen
nicht komplett für Jedermann freigegeben
werden. In anderen europäischen Verfassungen findet sich eine derartige Einschränkung
übrigens nicht.
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Mit dem ab Mitte 2007 geltenden Rechtsdienstleistungsgesetz bekommt
das Thema Rechtsberatung durch Finanzdienstleister eine neue Bedeutung.
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steuer & recht I rechtsberatung
Der Bundesgerichtshof (BGH) legt das
Rechtsberatungsgesetz übrigens deutlich
weiter aus, indem er auf die Frage abstellt, ob
ein Kunde „eine besondere Rechtsprüfung
ausdrücklich wünscht oder erkennbar erwartet“. Die Antwort auf diese Frage hängt zum
einen davon ab, welche Person die Beratung
durchführt und wie qualifiziert sie ist. Zum
anderen kann es anhand „verkehrstypischer
Gepflogenheiten“ oder „objektiven Maßstäben des jeweiligen Geschäfts“, wie es die
Juristen ausdrücken, entschieden werden.
Danach könnten sich Gerichte faktisch noch
immer über den Willen der Parteien eines
Dienstleistungsvertrags hinwegsetzen und so
manche Dienstleistung kurzerhand als verboten einstufen.
In solchen Fällen, kommt es dann auf den
Auftragsinhalt und die „Kriegskasse“ an,
denn das Verfassungsrecht wird im Zweifel
für die Freiheit sprechen, also dafür, dass das
Verbot einer Rechtsdienstleistung sehr eng
auszulegen ist und deshalb nicht mehr eingreift. Wer also entsprechende Dienstleistungen anbieten möchte, sollte zumindest darauf
vorbereitet sein, „sein Recht“ im Zweifel bis
liegt es natürlich nahe, entsprechende Sachverhalte an einen Rechtsbeistand, einen Steuerberater oder einen Anwalt als Kooperationspartner zu delegieren. Übrigens darf
eine solche Kooperation seit Mitte 2005 auch
ganz offen bekannt gemacht werden. Für den
Finanzdienstleister entsteht hier keine Konkurrenzsituation, denn im Grundsatz dürfen
weder Rechtsanwälte noch Steuerberater für
die Mandanten Finanzdienstleistungen gegen
Provisionen erbringen.
Rechtsdienstleistung für alle
Der Autor Dr. Johannes Fiala ist Rechtsanwalt in der
Münchner Kanzlei Fiala Freiesleben und Weber.
vor eben das Verfassungsgericht durchstreiten zu müssen.
Nachdem in den Vermögensschadenhaftpflicht-Policen von Finanzdienstleistern und
Unternehmensberatern bis heute keine
Rechts- und Steuerberatung versichert wird,
Mit dem neuen Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) ab 1. Juli 2007 wird sich diese Situation noch einmal erheblich verändern. Steht die Rechtsdienstleistung nämlich nicht im Mittelpunkt des Angebots,
kann ein Finanzdienstleister künftig so gut
wie jede Rechtsberatung mit übernehmen.
Das neue Gesetz nennt zahlreiche Beispiele
wie etwa die Streitschlichtung, die Fördermittelberatung und die Testamentsvollstreckung.
Einfache Rechtsdienstleistungen werden
dann sogar jedermann erlaubt sein. Ein Bei-
Beispiele für die erlaubte Rechtsberatung durch Finanzdienstleister
OBERGERICHTE ERLAUBEN
DAS INKASSOGESCHÄFT
Im Rahmen dieser Tätigkeit dürfen auch die Kunden
des Inkassounternehmers rechtlich beraten werden,
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Anwaltswahl“ beeinträchtigen darf. Auch hier dürften
50 Prozent und mehr als Erfolgsvergütung im Einzelfall zulässig sein. Beispiele sind Angebote zum
„Sozialversicherungs-Clearing“ oder zur Nachforderung „falsch“ abgerechneter Kredite, Konten und
Lebensversicherungen.
Inkassounternehmen dürfen ihre Kunden im Rahmen
eines Inkassoauftrags juristisch beraten
wie zuletzt auch vom Bundesverfassungsgericht entschieden. Erfolgsbeteiligungen in Höhe von 50 Prozent und mehr sind anzutreffen. Beispiele sind Unternehmensberater, die Forderungen gegen Banken und
Versicherungen aufkaufen, um sie dann für den Kunden – und wegen der Erfolgsbeteiligung auch für sich
selbst – geltend zu machen.
PROZESSFINANZIERUNG
Weiterhin haben Obergerichte es Finanzdienstleistern
gestattet, als Prozessfinanzierer – auch außergerichtlich – tätig zu sein. Das Modell ist ähnlich dem
Inkasso. Die Rechtsdienstleistungen müssen dabei
durch einen Anwalt erbracht werden, wobei der
Gewerbetreibende/Finanzdienstleister nicht die „freie
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SCHULDENBERATUNG
Schließlich gibt es eine Reihe gerichtlicher Entscheidungen, wonach Rechtsberatung durch Gewerbetreibende dann erlaubt ist, wenn im Kern und Schwerpunkt wirtschaftliche Fragen stehen: So haben sich
einige „private Schuldenberater“ den Abmahnungen
bzw. Unterlassungserklärungen von Rechtsanwälten
mit Erfolg nicht gebeugt.
GUTACHTERTÄTIGKEIT
Auch echte wissenschaftliche Gutachten darf jedermann erbringen. Entscheidend ist insbesondere, dass
sich der Gutachter mit der wissenschaftlichen Literatur und den Meinungen unterschiedlicher Fachautoren
und Gerichte auseinandersetzt. Fehlt dies, so handelt
es sich nicht um ein „erlaubtes“ Gutachten. Beispiele
dafür sind die Parteigutachten zum Arbeits- und Steuerrecht im Bereich von Pensionszusagen, wie sie
mancher Unternehmersberater oder Wirtschaftsprüfer
anbietet.
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HILFSGESCHÄFT ZUM KAUFMÄNNISCHEN
HAUPTGESCHÄFT
Mit dem konkreten Ziel der Vermittlung einer Kapitalanlage bzw. einer Versicherung dürfen Finanzdienstleister zu nahezu allem, was damit im Zusammenhang
steht, steuerlich und rechtlich beraten. Beim Versicherungsmakler kann dies sogar eine Pflicht sein! Je
nach Anforderung sollten Vermittler allerdings einen
Aktuar oder einen Rechtsbeistand zum Beratungsgespräch hinzuziehen, in jedem Fall dort, wo das eigene
Fachwissen nicht ausreicht. Ein Beispiel: Eine Pensionszusage gestalten zu dürfen ist die eine Seite,
teure juristische Fehler dabei zu vermeiden die andere Seite der Medaille. Die Krux dabei besteht darin,
dass in der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung
(VSH) des Vermittlers weder die Rechts- noch die
Steuerberatung versichert sind. Wer also das Thema
Finanzmathematik bzw. die Kalkulation eines Tarifs
nicht wirklich beherrscht, zieht besser einen Aktuar
hinzu, denn der Vermittler ist in aller Regel nicht
gegen Fehler bei Renditeangaben oder -prognosen
versichert.
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spiel wäre die Geltendmachung von Haftpflichtansprüchen durch eine Kfz-Werkstatt.
Auch die Mitwirkung bei Vertragskündigung
und -abschluss soll dann jedem gestattet sein,
so etwa die Mitwirkung bei der Kündigung
und dem Neuabschluss eines Energieversorgungsvertrags durch einen Energieberater.
Insgesamt betrachtet wird dies künftig als so
genannte „Nebenleistung“ möglich sein und
damit vermehrt „Leistungen aus einer Hand“
ermöglichen.
Die rechtliche Beratung als typische
Nebenleistung wird damit auch einem Insolvenz- oder Sanierungsberater bezüglich der
Insolvenzordnung möglich sein genauso wie
einem Architekten in baurechtlichen Fragen.
Im Finanzdienstleistungssektor wird ein
Kreditinstitut seine Kunden auch im Hinblick auf die Vermögens- oder Unternehmensnachfolge beraten können, und ein
Erbenermittler wird bei der gerichtlichen
Beantragung eines Erbscheins tätig werden
können. Als Voraussetzung ausreichend wird
dann sein, dass die Rechtsdienste zum
Berufsbild oder den vertraglich übernommenen Pflichten des rechtlich Beratenden
gehören.
Teilweise sind derartige Tätigkeiten laut
Bundesverfassungsgericht bereits heute jedermann erlaubt. Andererseits greift das
RDG die Linie des BGH auf, indem solche
Prüfungen verboten sein sollen, bei welchen
ein Einzelpunkt eine vertiefte Rechtsprüfung
erfordert. Damit eröffnet sich ein rechtlich
unsicherer und unbestimmter Bereich, zu
dem sich eine neue Rechtsprechung erst noch
entwickeln muss. Das wirtschaftlich bedeutendere Risiko liegt beim Verbraucher und
beim Gewerbetreibenden gerade dort, wo
fahrlässig verursachte Schäden durch Fehler
nicht versichert beziehungsweise nicht versicherbar sind. Einziger Ausweg ist hier das
Teamwork beziehungsweise die Kooperation, beispielsweise zwischen Rechtsanwälten und Finanzdienstleistern.
FP
Weitere aktuelle Urteile aus dem Finanzdienstleistungsbereich
Erlaubnisplicht für Finanzdienstleister aus Drittstaaten
Finanzdienstleister mit Sitz außerhalb der Europäischen Gemeinschaft (EG) können sich nur beschränkt
auf die Grundfreiheiten der europäischen Gemeinschaft berufen. Dies hat der Europäische Gerichtshof
(EuGH) in einem Urteil vom 3. Oktober 2006 (Az.
C-452/04) festgestellt. Unter Berufung auf die Dienstleistungs- und Kapitalverkehrsfreiheit wollte sich ein
Schweizer Finanzdienstleister der deutschen Finanzaufsicht entziehen.
Anlass für das Verfahren war eine Verfügung der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin) an das Schweizer Unternehmen Fidium Finanz
AG, das von der Schweiz aus übers Internet und Kreditvermittler Kleinkrediten an Kunden in Deutschland
vermittelt. Die BaFin untersagte der Fidium Finanz AG
grenzüberschreitende Tätigkeiten in Deutschland, da
sie hier ohne eine Bewilligung und ohne eigene physische Präsenz tätig war. Die Fidium Finanz AG stellte
sich jedoch auf den Standpunkt, das Erfordernis einer
Erlaubnis verstoße gegen die gemeinschaftsrechtliche
Dienstleistungs- und Kapitalverkehrsfreiheit und sei
damit rechtswidrig.
Der EuGH stellte laut der Siegburger Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte in seinem Urteil fest, dass eine
Erlaubnispflicht für Finanzdienstleister außerhalb der
Europäischen Gemeinschaft (so genannte Drittstaaten) nicht gegen EG-Recht verstoße. Zwar könnten
sich auch diese Unternehmen auf die europarechtliche
Kapitalverkehrsfreiheit berufen. Allerdings sei diese
nicht der rechtliche Beurteilungsmaßstab, da die Vergabe von Kleinkrediten trotz des damit verbundenen
grenzüberschreitenden Kapitalflusses nur der gemeinschaftsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit unterfalle.
Diese Grundfreiheit kommt aber Unternehmen aus
Drittstaaten wie der Schweiz nicht zu gute.
„Damit wird unseriösen Finanzunternehmen aus dem
Ausland, die dort zumeist auch keiner Kontrolle unter-
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Rechtsanwalt Patrick J. Elixmann, LLM, Kanzlei Göddecke: „Unseriösen Ausländern den Weg versperrt“
liegen, der Weg zum deutschen Verbraucher wirkungsvoll versperrt“, freut sich Rechtsanwalt Patrick J.
Elixmann über das von ihm erstrittene Urteil.
Südwestbank AG
Rechtsprechung zu „Kickbacks“ weiterentwickelt
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine Beschwerde
der Stuttgarter Südwestbank AG gegen die Nichtzulassung der Revision in einem Urteil des 9. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart vom 16. Februar 2005 zurückgewiesen (Az: XI ZR 73/05; Az. des
OLG-Verfahrens: 9 U 171/03). Damit wird einer Mandantin der Tübinger Kanzlei TILP-Rechtsanwälte
rechtskräftig ein Schadenersatz in Höhe von rund
240.000 Euro gewährt, den die Südwestbank AG ihrer
ehemaligen Kundin leisten muss. Konkret ging es um
einen Fall im Zeitraum 1994 bis 1997. Die Südwestbank AG gewährte rechtswidrige „Provisionen“ an
eine Firma aus dem Umfeld eines Bevollmächtigten
ihrer Kundin für die Vermittlung diverser Kapitalanla-
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gen. Gegenüber der Klägerin wurden die Geldflüsse
zwischen der Südwestbank AG und dieser Firma jedoch während der dreijährigen geschäftlichen Beziehung verheimlicht. Die Verheimlichung der als „Kickbacks“ bezeichneten Provisionen sei jedoch eine
„schwerwiegende Treuwidrigkeit“, so die damalige
Urteilsbegründung des OLG Stuttgart.
„Solche Zuwendungen bergen immer die Gefahr, dass
ein Kunde nicht ordnungs- und sachgemäß, sondern
nur provisionsorientiert beraten wird und tendenziell
natürlich zu mehr Geschäften verleitet werden soll",
sagt die für den Fall zuständige Rechtsanwältin Petra
Dietenmaier. Ihrer Meinung nach hat das OLG Stuttgart mit seinem Urteil die Rechtsprechung zu „Kickbacks“ weiterentwickelt: Erstmals wurde offenbar die
Rechtsprechung auf Personen beziehungsweise Firmen angewendet, die keine Vermögensverwalter sind.
„In unserem Fall kann von Kickback keine Rede sein“,
sagt Bernd Kiene, Vorstandssprecher der Südwestbank AG, in einer Stellungnahme gegenüber FONDS
professionell. „Die Zahlung war vielmehr eine Bonusleistung und mit anderen Fällen nicht zu vergleichen.
Die jetzige Entscheidung des BGH werden wir so akzeptieren, auch wenn wir sie nicht für richtig halten.“
Commerzbank
Schadenersatz wegen Falschbereatung
Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 25.
September 2006 (Az.: 28 O 468/06) die Commerzbank AG wegen fehlerhafter Anlageberatung zum
Schadenersatz an einen Anleger des Babelsberger
Filmfonds „Vif Dritte KG“ in Höhe von 93.873,19 Euro
nebst Zinsen verurteilt, weil sie den Prospekt des
Filmfonds falsch verstanden und dementsprechend
die Fondsbeteiligung als abgesicherte Kapitalanlage
verkauft hat. Das Urteil ist allerdings noch nicht
rechtskräftig. Die Commerzbank hat Berufung eingelegt. Der Anleger hatte sich im Jahr 2000 an der „Vif
Babelsberger Filmproduktion GmbH & Co. KG“ in
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EuGH-Urteil
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Weitere aktuelle Urteile aus dem Finanzdienstleistungsbereich
Falk-Zinsfonds
Gericht erkennt Rückzahlungsansprüche an
Das Oberlandesgericht (OLG) München hat mit Urteil
vom 24. Oktober 2006 (Az.: 13 U 3676/06) zwei Klägern gegenüber der Falk-Zinsfonds GbR Rückzahlungsansprüche in voller Höhe der von ihnen geleisteten Einlagen zugesprochen. Die Besonderheit dieses
Falls sieht Rechtsanwalt Axel Rathgeber von der
Münchner Kanzlei Mattil & Kollegen darin, dass es
sich bei beiden Klägern um Minderjährige handelt.
„Die Falk-Zinsfonds GbR hatte in den Zeitpunkten der
Zeichnungen der Beitrittserklärungen versäumt, auf
die Vorlage einer familienrechtlichen Genehmigung zu
achten“, so Rathgeber. „Dies wird der Falk-Zinsfonds
GbR nunmehr insoweit zum Nachteil, als dass sämtliche Beteiligungen der minderjährigen Gesellschafter
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zierten Gesellschaftsanteil übertragen. Dabei muss sie
sich nur die von der Fondsgesellschaft bereits gezahlten Ausschüttungen anrechnen lassen. Erzielte Steuervorteile müssen jedoch nicht erstattet werden. Zuvor
hatten die Parteien auf Widerruf einen gerichtlichen
Vergleich geschlossen. Dieser war jedoch von der
beklagten Bank widerrufen worden. „Der Ausgang des
erstinstanzlichen Rechtsstreits zeigt, dass Gesellschafter von fremdfinanzierten Fondsbeteiligungen bei
Vorlage einer Haustürsituation gute Chancen haben,
ihre Beteiligung loszuwerden und ihren Schaden
ersetzt zu bekommen“, sagt Anwalt Peter Hahn von der
Bremer Kanzlei Hahn Rechtsanwälte Partnerschaft.
BGH zu geschlossenen Fonds
Katja Fohrer, Mattil & Kollegen: „Vermeintliche Risi-
koabsicherung als Verkaufsargument“
von Anfang an unwirksam sind und demzufolge die
geleisteten Einlagen in voller Höhe an die Kläger rückerstattet werden müssen.“ Michael Obermaier von der
Kanzlei Schiessl Schrank & Partner, der die Falk Zinsfonds GbR in dem Rechtsstreit vertreten hat, erklärte
dazu gegenüber FONDS professionell. „Wir werden
nach Durchsicht der Urteilsbegründung, die uns derzeit noch nicht vorliegt, die Aussichten einer Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof prüfen.“ Damit wäre die letzte Möglichkeit ausgeschöpft,
gegen die Entscheidung der Münchner Richter vorzugehen, denn die hatten eine Revision ausdrücklich
nicht zugelassen.
Dreiländerfonds DLF 97/22
Gericht erkennt Rückzahlungsansprüche an
Das Landgericht Bremen hat die Stuttgarter Volksbank
AG zur Rücknahme von Anteilen eines geschlossenen
Immobilienfonds verurteilt, an dem sich eine Kundin
per Bankdarlehen beteiligt hatte (Urteil vom 21. September 2006, Az.: 2 O 1914/05, noch nicht rechtskräftig). Die Richter gaben der Klägerin überwiegend
Recht, die als Anlegerin eine Beteiligung an dem
geschlossenen Immobilienfonds Dreiländerfonds DLF
97/22 abgeschlossen und den Kauf der Anteile über
rund 75.000 Euro auf Empfehlung des Anlageberaters
über die Stuttgarter Volksbank AG finanziert hatte. Der
Abschluss des Darlehensvertrags war in einer Haustürsituation erfolgt. Die Haustürsituation sei, so das
Gericht, auch der Bank zuzurechnen. Deren Widerrufsbelehrung habe jedoch nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen. Da Fondsbeteiligung und
Darlehen ein verbundenes Geschäft nach dem Verbraucherkreditgesetz darstellen, muss die Klägerin
das Darlehen nicht zurückzahlen und nur den finan-
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Rechtsschutzversicherung muss Prozesskosten tragen
Rechtsschutzversicherungen müssen die Prozesskosten übernehmen, wenn Anleger auf die Rückabwicklung einer Fondsbeteiligung aufgrund eines
fehlerhaften Anlageprospekts klagen. Das hat der
Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom 3. Mai
2006 (Az.: IV ZR 252/04) entschieden. Das Urteil erleichtert damit Anlegern Schadenersatzklagen gegen
die Anbieter geschlossener Fonds, da sie nicht mehr
wegen des ungewissen Prozessausgangs eine Klage
scheuen müssen.
Im Fall, der zur Entscheidung des BGH führte, hatte
sich ein Anleger als Kommanditist an der V.B.F. GmbH
& Co. D. KG beteiligt. Im Zuge der Prüfung von Ansprüchen aus der Prospekthaftung bat der Anleger und
spätere Kläger um eine entsprechende Deckungszusage der von seiner Ehefrau abgeschlossenen Privat-,
Berufs- und Verkehrs-Rechtsschutzversicherung für
Selbstständige, in der auch er im privaten Bereich und
für die Ausübung nicht selbstständiger Tätigkeiten
mitversichert war. Die Versicherung lehnte dies ab, da
eine nicht versicherte selbstständige Tätigkeit des
Klägers betroffen sei. Außerdem greife der Risikoausschluss nach § 3 (2) c der Allgemeinen Bedingungen
für Rechtsschutz-Versicherungen 94; es gehe um die
Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Recht
der Handelsgesellschaften, heißt es. Für den BGH
stellt die Geltendmachung von Prospekthaftungsansprüchen allerdings keine nach § 3 (2) c ARB 94
ausgeschlossene Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Recht der Handelsgesellschaften dar.
Rechtsschutzversicherungen verweigern häufig mit
Hinweis auf Ausschlussklauseln die Kostenübernahme. Die ARB schließen Kostenerstattung bei Privatpersonen in den Fällen von Streitigkeiten nach dem
„Recht der Handelsgesellschaft“ und bei „selbstständiger Tätigkeit“ aus. Wer sich an einem geschlossenen Fonds beteiligt, wird so genannter Mitunternehmer, in der Regel als Kommanditist oder Gesellschafter bürgerlichen Rechts.
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Höhe von insgesamt 180.000 DM zuzüglich fünf Prozent Agio beteiligt. Die Beteiligung war ihm von seinem langjährigen Berater bei der Commerzbank als
abgesicherte Beteiligung vorgestellt worden. Der Berater hatte argumentiert, insbesondere durch den Abschluss einer so genannten Erlösausfallversicherung
sei das Verlustrisiko auf lediglich zirka 21,6 Prozent
beschränkt. Hierzu hatte der Berater sich auf die Angaben des Initiators verlassen und die Prospektangaben an den Anleger weitergegeben. Auf ein Totalverlustrisiko hatte er den Anleger nicht hingewiesen.
„Stattdessen wurde dem Anleger der Eindruck vermittelt, die Absicherung durch die Erlösausfallversicherung sei bereits sichergestellt“, erklärt Katja
Fohrer, die mit dem Fall betraute Rechtsanwältin der
Münchner Kanzlei Mattil & Kollegen. Der Berater
selbst sei auch anhand des Prospekts und eines darin
abgedruckten „Worst-Case-Szenarios“ davon ausgegangen, dass das Verlustrisiko nur bei maximal rund
20 Prozent liegen würde. Nach Auffassung des Landgerichts München I hätte der Berater jedoch darauf
hinweisen müssen, dass das im Prospekt abgedruckte „Worst-Case-Szenario“ nur unter der Voraussetzung
des tatsächlichen Abschlusses einer Erlösausfallversicherung greifen konnte und damit gerade nicht ohne
weiteres eine Reduktion des Verlustrisikos garantiert
war. Dies hätte der Berater – so der Richter – dem Verkaufsprospekt entnehmen können. Den Verkaufsprospekt selbst hatte das Landgericht München I als fehlerfrei eingestuft. Laut Anwältin Fohrer wird der
Bundesgrichtshof (BGH) wahrscheinlich in diesem
Herbst noch entscheiden, ob der Prospekt tatsächlich
nicht zu beanstanden ist. „Bisher haben wir vom BGH
aber noch nichts gehört“, so Fohrer. Am BGH sind
zahlreiche Parallelverfahren geschädigter Anleger der
„Vif dritte KG“ anhängig, die sich unter anderem auch
gegen die Prospektprüferin Deloitte & Touche GmbH
wegen fehlerhafter Prospektprüfung richten.