Dear Keiko,
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Dear Keiko,
Trompe de Chasse / Parforcehorn / Naturhorn KURZE EINFÜHRUNG IN DIE GESCHICHTE, ENTWICKLUNG UND GEBRAUCH DER FRANZÖSISCHEN JAGDHÖRNER Wer heutzutage ein philharmonisches Konzert besucht, der wird sich bei dem Anblick der dort geblasenen Ventilhörner, u.a. auch Waldhörner genannt, nicht unbedingt bewusst sein, dass diese modernen Hörner ursprünglich von historischen Jagdhörnern abstammen, von dem Parforcejagdhorn und von dem Vorläufer dieses Hornes, der französischen Trompe de Chasse. Der Tonumfang eines Waldhornes ergibt sich aus dem auf diesem Horntyp (Bauart) physikalisch zur Verfügung stehendem Naturtonumfang, der durch den Bläser nur durch Einsatz seiner Lippen erzeugt wird, sowie durch den zusätzlich auf dem Waldhorn integrierten Ventilen, die ein Blasen in Halbtonschritten ermöglichen. Bild links: Waldhorn, Ventilhorn mit Hand betätigten Ventilen zur Tonerzeugung - zusätzlich zu den mit den Lippen erzeugten Naturtönen Bild rechts daneben zum Vergleich : Fürst Pless Horn / Jagdhorn Benannt nach Hans Heinrich XI. Fürst von Pless, dem Oberjägermeister von Kaiser Wilhelm I, der zu seiner Verbreitung wesentlich beitrug. Das Waldhorn bietet also beides, die Naturtöne, durch die Lippen des Bläsers erzeugt, sowie zusätzliche Töne durch Betätigung der integrierten Ventile. Dieses bietet einen Tonumfang von über zwei Oktaven. Diese aus der Philharmonie bekannten Waldhörner existieren seit etwa Ende des 19. Jahrhunderts. Vor dieser Zeit gab es nur Naturhörner - Hörner ohne Ventile, aus Messing gefertigt - die eine überwiegende Anwendung bei der Jagd, aber auch beim Militär und z.B. bei der Post fanden. Die bekanntesten Horntypen dieser Art in Deutschland waren und sind das alte Bügelhorn vom Militär, das Posthorn sowie das heute noch bei der Jagd gebräuchliche Fürst Pless Horn. Als reines Naturhorn mit einer Rohrlänge von ca. 130 cm hat das Fürst Pless Horn einen Tonvorrat von 5-6 Naturtönen. Diese eingeschränkte musikalische Verwendungsmöglichkeit wird durch eine Vielfalt der rhythmischen Figuren und Tonfolgen ausgeglichen. Daneben gab es seinerzeit ein aus Frankreich stammendes Jagdhorn mit einem gegenüber dem deutschen Jagdhorn (s.o.) größerem Windungsdurchmesser und somit unterschiedlicher Klangart. Dieses Jagdhorn wurde unter dem Namen „Trompe de Chasse“ bekannt. Es fand bei den höfischen Parforcejagden der französischen Könige Verwendung und verbreitete sich über Österreich und Böhmen auch nach Deutschland. Autor : Guido Friederich 1/6 Trompe de Chasse / Parforcehorn / Naturhorn Bild links: Historische französische Trompe de Chasse Zweieinhalbfache Windung des Horns mit eng mensuriertem Schallbecher (Stürze). Damals verwendet zur Jagd auf dem Pferd mit zusätzlicher Hundemeute. Heutzutage finden in Deutschland und Europa die folgenden Naturhörner Anwendung: Für jagdliche / jagdmusikalische Zwecke das oben beschriebene Fürst Pless Horn. Zum Einsatz auf Reiterjagden und Reitveranstaltungen sowie konzertante Zwecke die Trompe de Chasse, das aus der Trompe de Chasse weiterentwickelte Parforcehorn sowie das Inventionshorn als ein Naturhorn mit verschiedenen Aufsteckbögen, die zur Veränderung der Tonhöhe für rein konzertante Zwecke dienen. Der Tonumfang einer Trompe de Chasse, eines Parforcehornes und eines Naturhornes / Inventionshornes mit Aufsteckbogen, ergibt sich NUR aus der abgewickelten Länge des Hornrohres, d.h. aus der Gesamtlänge der schwingenden Luftsäule. Alle verschiedenen Naturtöne auf der Naturtonleiter werden nur durch die Lippen des Bläsers moduliert. Naturtonumfang einer französischen Trompe de Chasse, bzw. eines Parforcehorns Autor : Guido Friederich 2/6 Trompe de Chasse / Parforcehorn / Naturhorn Die Trompe de Chasse ist seit dem Leben des französischen Königs Ludwig XIV (1638-1715) berühmt und wurde während der Lebenszeit Ludwigs XIV und später in verschiedenen konstruktiven Ausführungen als (Natur-) Jagdhorn gebaut und diente auf den königlichen und adeligen Parforcejagden zur Jagdleitung und -Begleitung. Heutzutage ist die Trompe de Chasse in einer Bauart mit zweieinhalbfacher Windung des Hornrohres standardisiert. Der Grundton dieses Hornes ist D. Bild links: Trompe de Chasse in heutiger Ausführung in Tonart “D” Der Schallbecher ist - damals wie heute - innen schwarz brüniert, damit die nachfolgenden Pferde nicht geblendet werden. Die Parforcejagden waren seinerzeit höfische Jagden zu Pferd, z.B. auf Hirsch, Wildschwein oder Reh, mittels Hundemeute und galten auch als ein adeliger Gesellschaftsmittelpunkt. Der Jagdablauf folgte oft einem festgelegten Hofjagdzeremoniell. Historische höfische Parforcejagd mit Pikeuren und Trompe de Chasse. Die damaligen Hornisten leiteten diese Hofjagden zu Pferd mittels verschiedener Hornsignale und Fanfaren, anhand derer der genaue Jagdablauf erfolgte und zu erkennen war. Autor : Guido Friederich 3/6 Trompe de Chasse / Parforcehorn / Naturhorn Historische, noch heute gebräuchliche Fanfare, geblasen bei Ende einer Reiterjagd. Nach Beendigung der Jagden wurden auf den königlichen (Jagd-) Schlössern (Chateaus) elegante Feste gefeiert. Die Hornisten (Pikeure), die tagsüber mit ihren Hörnern die Jagd geleitet und begleitet hatten, wurden auf den höfischen Festen ihrer Zeit aufgefordert, mit ihren Hörnern zu musizieren. Die rauh, harzig und schmetternd klingende Trompe de Chasse war damals hierfür nur wenig geeignet und wurde konstruktiv hinsichtlich ihrer Klangqualität verbessert. Diese etwas modifizierte neue Hornbauart verbreitete sich dann als Parforcehorn über Österreich, Böhmen auch nach Deutschland. Heute werden diese Parforcehörner in den Tonarten „D“ und „ES“, vereinzelt auch in der Tonart „F“ geblasen. Der Tonumfang des Parforcehornes ist der gleiche, wie auf der ähnlich gebauten Trompe de Chasse. ( Siehe obige Naturtonreihe) “Parforce Horn” in heutigen Ausführungen, Tonarten wahlweise in “D” oder “ES” Im Gegensatz zur Trompe de Chasse kann das Parforcehorn aufgrund der konstruktiv besseren Klangqualität auch sehr gut für klassische Hornstücke und –Sonaten genutzt werden. Dennoch lassen sich auch auf einem Parforcehorn alle klassischen und historischen Jagdsignale und Fanfaren blasen, wie auf einer Trompe de Chasse. Somit finden heute beide Horntypen ihre Verwendung auf Reiterjagden, wie auch auf feierlichen Festveranstaltungen, Konzerten und Hubertusmessen, wenngleich die Trompe de Chasse aber deutlich anders klingt. Verschiedene klassische Komponisten, wie z.B. Mozart, Haydn und Händel entdeckten in ihrer Zeit das Parforcehorn für ihre neuen klassischen Musikkompositionen. Autor : Guido Friederich 4/6 Trompe de Chasse / Parforcehorn / Naturhorn Somit entstand zur Zeit der klassischen Komponisten wieder eine erneute Forderung nach einer Modifizierung des Parforcehornes mit dem Ziel, dieses Horn in verschieden hohen Grundtonarten zu nutzen, um es mit anderen klassischen Musikinstrumenten, wie z.B. Violine, Oboe oder Flöte, musikalisch kombinieren zu können. Die Bauart des Parforcehornes wurde dahin verändert, dass auf einem Horn-Grundkörper Aufsteckbögen in verschiedenen Größen (Durchmesser) mit somit unterschiedlichen Längen aufgesetzt wurden, um das Horn in verschieden hohen Tonarten klingen zu lassen. Je größer ein Aufsteckbogen im Durchmesser und in der dazu gedachten abgewickelten Länge ist, umso tiefer klingt das Horn, je kleiner der Aufsteckbogen im Durchmesser ist, umso höher klingt das Horn. Hierdurch konnten mit verschiedenen Aufsteckbögen unterschiedliche Tonarten erreicht werden, wie z.B. die Tonarten A, D, E, ES, G oder F. Diese Hornbauart ist musikalisch unter dem Begriff Inventionshorn oder auch nur Naturhorn bekannt und erfreut sich entsprechender konzertanter Beliebtheit. Bedingt durch viele verschiedene Hornbaumeister finden sich hier entsprechend viele konstruktive Hornvarianten. Parforcehörner, einige Trompes de Chasses, aber auch Inventionshörner, werden mit speziellen Stimmzügen ausgestattet, um eine Feinabstimmung der Töne, das heißt die Feinabstimmung der schwingenden Luftsäule im Hornrohr zu ermöglichen. Mundstück Stimmzug Aufsteckbögen HornGrundkörper Historische Reproduktion eines Inventionshornes (Naturhorn) mit aufgesetzten Aufsteckbögen Heutzutage werden in philharmonischen Orchestern Inventionshörner oft in gleicher Weise genutzt, wie Waldhörner. Dennoch wurden die ersten klassischen Hornsonaten auf Parforcehörnern geblasen und die heutigen Wald- und Inventionshörner verdanken ihre Popularität ihren historischen Vorbildern, der französischen Trompe de Chasse sowie dem Parforcehorn. Autor : Guido Friederich 5/6 Trompe de Chasse / Parforcehorn / Naturhorn Historische Reproduktion eines Inventions- bzw. Parforcehornes mit Aufsteckbogen und Stimmzug Bild links: Reiterlicher Bläser mit einer Trompe de Chasse Bild rechts: Parforcehornbläser Autor : Guido Friederich 6/6