„Wir müssen uns nicht verstecken“

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„Wir müssen uns nicht verstecken“
SPORT
Seite 29, DK Nr. 61, Dienstag, 13. März 2012
„Wir müssen uns nicht verstecken“
Basel-Profi Markus Steinhöfer ist vor dem Champions-League-Rückspiel gegen Bayern siegessicher
Wir haben ein gutes Spiel gezeigt. Deshalb glaube ich nicht,
dass die Bayern uns unterschätzt haben. Außerdem wollen sie um Alles in der Welt das
Champions-League-Finale in
der Allianz-Arena erreichen.
Wenn sie da mit einer schwächeren Einstellung nach Basel
gereist wären, wären einige sicherlich fehl am Platz.
Basel (DK) Der Druck ist
hoch: Nicht für den FC Basel,
sondern für den FC Bayern
München. Denn der Rekordmeister könnte bereits im Achtelfinale der Champions League
ausscheiden. Nach dem 0:1 im
Hinspiel gegen Basel müssen
die Bayern gewinnen, wollen sie
weiterkommen. Einer, der etwas dagegen hat, ist der Weißenburger Markus Steinhöfer.
Der 26-Jährige ist der einzige
deutsche Profi beim FC Basel
und auf der rechten Abwehrseite gesetzt. Dort trifft Steinhöfer, wie im Hinspiel, auf Superstar Franck Ribery. Mit unserem Redakteur Timo Schoch
hat Steinhöfer über den FC
Bayern und die Stärken des Rekordmeisters gesprochen.
Ist die Unruhe bei den Bayern
ein Vor- oder Nachteil für Basel?
Steinhöfer: Wir lassen uns von
den Nebengeräuschen nicht
beeinflussen. Wir gehen davon
aus, dass die beste Mannschaft
von Bayern gegen uns spielen
wird.
Wie hoch wird ihr Puls sein,
wenn Sie aufs Spielfeld der Allianz-Arena laufen?
Steinhöfer: So wie vor jedem
anderen Champions-LeagueSpiel auch. Jedes internationale
Spiel ist etwas Besonderes. Da
ist jeder anders angespannt, als
vor einem Spiel in der Liga. Die
Anspannung vor München hat
aber nichts damit zu tun, dass
ich dort früher einmal gespielt
habe. Ich wäre vor einem Spiel
gegen Real Madrid genauso angespannt, wie nun vor diesem
Spiel gegen Bayern.
Ihr Mitspieler Aleksandar Dragovic will bei einem Triumph
über den FC Bayern nackt durch
Wien laufen. Werden Sie bei einem Weiterkommen auch nackt
durch Weißenburg rennen?
Markus Steinhöfer: Sicher
nicht. Ich würde mich riesig
über ein Weiterkommen freuen. Aber nackt durch Weißenburg rennen, das würde ich
nicht machen. Aber vom Charakter bin ich sowieso eher einer, der abwartet. Wir müssen
ja zuerst einmal das Viertelfinale in trockene Tücher bekommen. Falls wir das schaffen, überlege ich mir vielleicht
etwas. Aber sich einfach nur
darüber freuen – das reicht ja
auch schon.
Sie spielen auf der rechten Abwehrseite und treffen dabei wohl
auf Franck Ribery. Was macht
ihn so besonders?
Steinhöfer: Er ist ein genialer
Spieler. Er ist nicht so berechenbar wie Arjen Robben. Er
hat mehr Genialität und ist
trickreicher. Trotzdem bleibt
auch Robben ein überragender
Spieler, der brandgefährlich ist.
Mit Ribery und Robben haben
die Bayern auf den Außenbahnen eine riesige Durchschlagskraft. Und hinter Ribery spielt
noch Philipp Lahm, der auch
offensiv eine gewisse Klasse hat.
Bayern hat eine gute Mannschaft. Aber Xherdan Shakiri
und ich haben auch gezeigt,
dass wir dagegen halten können. Wir haben unsere Seite gut
gespielt, nach vorne Akzente
gesetzt und hinten kaum etwas
zugelassen. Wir müssen uns
nicht verstecken. Natürlich ist
Ribery immer für eine Überraschung gut.
Was war nach dem Hinspiel los?
Steinhöfer: Es war eine gute
Stimmung und ein super Erlebnis. Nach dem 1:0 war die
Atmosphäre im Stadion sensationell. Aber die Stimmung innerhalb der Mannschaft war
noch nicht so ausgelassen wie
nach dem Sieg gegen Manchester United. Denn wir wissen alle: Wir haben erst die halbe Miete gegen Bayern eingefahren. Der Sieg war nur ein
kleiner Schritt. Wir haben noch
nichts geschafft. Wenn es am
Dienstag gut geht, dann wird
die Stimmung aber definitiv
anders sein.
Wie lange haben Sie gefeiert?
Steinhöfer: Meine Freundin
war da. Wir waren noch etwas
trinken. Denn nach so einem
Spiel kann man sowieso nicht
gleich schlafen. Aber wir haben
nicht lange gefeiert.
Wie viele Menschen haben Ihnen gratuliert?
Steinhöfer: Sehr viele. Es gab
eine große Resonanz, auch von
Leuten, von denen man lange
nichts gehört hat und die sich
nun gemeldet haben. Das war
schön.
Ist Basel nun komplett im
Champions-League-Fieber?
Wer wird heute der Sieger sein? Markus Steinhöfer (links) vom FC Basel will wieder die Kreise der Bayern-Superstars Franck Ribery und Philipp Lahm (Foto) einschränken.
Foto: imago
Steinhöfer: Basel ist schon lange im Champions-League-Fieber. Das begann schon in der
Gruppenphase. Aber es läuft
auch in der Liga sehr gut für
uns. Die Euphorie ist also insgesamt in der Stadt da.
Ein Sieg ohne Gegentor ist eine
gute Ausgangsbasis. Ist Basel
nun der Favorit ?
Steinhöfer: Ideal wäre ein 2:0
gewesen. Aber es ist gut, dass
wir kein Gegentor bekommen
haben. Zu Null gespielt zu haben, ist ein Vorteil. Die Bayern
sind nun gefordert. Sie liegen
zurück. Wir sind und bleiben
aber der Außenseiter. Wir haben allerdings eine gute Ausgangsbasis und wir haben uns
Respekt verschafft.
Wie bereiten Sie sich nun auf das
Spiel in München vor?
Steinhöfer: Wir sind gestern
angereist, wie vor jedem anderen Champions-League-Spiel
auch. Wir ändern nichts und
haben die gleichen Abläufe.
Glauben Sie, die Bayern haben
Sie im Hinspiel unterschätzt?
Steinhöfer: Es lag auch an uns:
Wie kann man gegen einen solchen Spieler verteidigen?
Steinhöfer: So wie ich es im
Hinspiel gemacht habe (lacht).
Kaum Platz lassen, immer an
ihm dran sein, ihm keine Zeit
und keinen Raum geben, sonst
spielt er seine Stärken aus. Mein
Trainer wird mir dazu noch ein
paar Tipps geben. Aber ich habe es schon im Hinspiel gezeigt, dass ich gegen ihn spielen kann. Von daher freue ich
mich auf das Spiel und die
Zweikämpfe mit Ribery.
Basel
träumt,
Bayern hofft
München (dpa) Bayern-Trainer Jupp Heynckes geht nach
der gelungenen Generalprobe
gegen Hoffenheim „sehr zuversichtlich“ in das entscheidende Rückspiel im Achtelfinale der Champions League gegen den FC Basel. „Das 7:1 kam
zum richtigen Zeitpunkt“, erklärte Heynckes gestern in der
Münchner Allianz Arena. Nach
dem 0:1 im Hinspiel sei man
am Dienstagabend „extrem gefordert“, betonte der Coach des
FC Bayern: „Wir wollen ins
Viertelfinale, deshalb brauchen wir eine Top-Leistung.“
Heynckes fordert eine „homogene“
Leistung
seiner
Mannschaft wie gegen Hoffenheim.
Heynckes hofft, dass die angeschlagenen Akteure wie Torjäger Mario Gomez (Fleischwunde am Schienbein) einsatzfähig sein werden. Bastian Schweinsteiger wird wohl
nicht in der Startelf stehen, wie
sowohl der Trainer als auch der
Nationalspieler selbst bei der
Pressekonferenz am Tag vor
dem Spiel andeuteten. Er werde nicht „sauer“ sein, wenn er
nicht von Anfang spiele, kündigte Schweinsteiger an. Entscheidend sei, dass der FC Bayern weiterkomme: „Ob ich
spiele, ist sekundär.“
Basels Trainer Heiko Vogel
benannte „Mut“ als „entscheidenden Faktor“ für eine
mögliche
weitere
Überraschung seiner Mannschaft. Die
früheren
Bundesliga-Profis
Marco Streller und Alex Frei bezeichneten den FC Basel als
krassen, aber nicht chancenlosen Außenseiter. „Das Spiel
ist für uns ein Jahrhundertspiel – wir können nur gewinnen“,
erklärte
Kapitän
Streller. „Es braucht ganz viel
Schwein und ein nächstes
Wunder“, sagte Frei zur Aussicht auf das Viertelfinale.
DER VERGLEICH
Mitglieder
FC Bayern:
171 345
FC Basel:
3500
Umsatz
FC Bayern: 328,5 Mio. Euro
FC Basel: 47,6 Mio. Euro
Meistertitel
FC Bayern:
22
FC Basel:
14
Pokalsiege
FC Bayern:
15
FC Basel:
10
Offizielle Fanklubs
FC Bayern:
2952
FC Basel:
12
Viermal trafen beide
Mannschaften in der
Champions League
bislang aufeinander
FC Bayern:
3 Siege
FC Basel:
1 Sieg
Wiederholt sich Geschichte?
Drei Beispiele, die Hoffnung auf ein Weiterkommen des FC Bayern geben
Von Julia Pickl
Das Wunder von Mailand: Mit 3:1 siegten Klaus Augenthaler (rechts)
und Co. im Achtelfinal-Rückspiel 1989 in Mailand und zogen trotz ihrer Heimniederlage noch in die nächste Runde ein.
Foto: imago
München (DK) 256 Spiele hat
der FC Bayern bereits in der
Champions League und im Europapokal bestritten. In den
Jahren 1974, 1975, 1976 und
2001 holten die Münchner den
Pokal, ebenso oft schrammten sie knapp am Titel vorbei und wurden am Ende Zweiter. Seit der Einführung der
Champions League 1992 schied
der Rekordmeister in einer K.oRunde dreimal nach einer Hinspiel-Niederlage aus: 1999/00
im Halbfinale gegen Madrid
(0:2, 2:1), 2004/05 im Viertelfinale gegen Chelsea (2:4, 3:2)
sowie 2008/09 im Viertelfinale gegen Barcelona (0:4, 1:1).
In einem der vier Fälle kamen die Münchner dagegen
weiter. Und auch im Europapokal gab es legendäre Spiele, bei denen sie das Ruder in
glanzvoller Art noch einmal herumrissen. Ein Rückblick.
Die Premiere
Das einzige Weiterkommen
nach einer Hinspiel-Niederlage gelang dem Rekordmeister in der Champions
League im Achtelfinale der Saison 2006/07, als die Bayern nach
einer 2:3-Pleite in Madrid die
Königlichen in der Allianz Arena noch mit 2:1 besiegten. Zehn
Sekunden nach Anpfiff standen die Zeichen bereits auf Sieg:
Nach einem Blitzangriff von
Salihamidzic schoss Makaay das
schnellste Tor der Champions League-Geschichte, eine
gute Stunde später erhöhte Lucio zum 2:0. Doch die Partie
wurde noch einmal richtig
spannend, als van Nistelrooy
mit einem Foulelfmeter zum 2:1
verkürzte. Zwei Gelb-Rote Karten und ein wegen Handspiels aberkanntes Real-Tor
später standen die Bayern doch
noch im Viertelfinale, da sie ein
Auswärtstor mehr erzielt hatten.
Das Wunder von Mailand
In
der
Europapokalsaison
1988/89 schien nach dem Achtelfinal-Hinspiel des UEFACups schon alles vorbei zu sein.
0:2 hatten die Bayern, schon
damals unter Jupp Heynckes,
gegen Inter Mailand im Olympiastadion verloren. Doch im
Rückspiel in San Siro boten die
Bayern von der ersten Minute an ein eindrucksvolles Offensivspiel, und bereits nach 37
Minuten war das Hinspiel-Ergebnis dank Wohlfahrt und Augenthaler egalisiert. Noch vor
dem Halbzeitpfiff schoss Wegmann das 3:0, nach der Pause hielt Bayern-Torhüter Raimond Aumann mit seinem wohl
besten Spiel für die Münchner den Sieg fest und das „Wunder von Mailand“ war perfekt. Serena verkürzte für die
Mailänder zwar noch auf 3:1,
doch es waren die Bayern, die
freudestrahlend ins Viertelfinale einzogen.
Der Durchmarsch
In der Saison 1975/76 mussten die Bayern im Achtelfinale des Europapokals bei Malmö FF antreten. Die Münchner, die in den Jahren zuvor
zweimal den Pokal gewonnen
hatten, reisten als großer Favorit zum Außenseiter nach
Schweden. Doch im Hinspiel
gab es ein böses Erwachen: Andersson schoss das 1:0 für die
Schweden, was zugleich auch
den Endstand bedeutete. Doch
die unter Dettmar Cramer trainierten Bayern schlugen zurück: Im Olympiastadion siegten Beckenbauer, Rummenigge und Co. mit 2:0. Im Viertelfinale gegen Benfica Lissabon und im Halbfinale gegen
Real Madrid hatten die Münchner dann keine Probleme und
zogen gegen AS St. Etienne ins
Finale ein, wo sie mit einem
1:0-Erfolg
im
Glasgower
Hampden Park den Titel zum
zweiten Mal verteidigten.