Trio Aurora

Transcrição

Trio Aurora
Sonntag, 18. Januar 2015, 16.30 Uhr
im Begegnungszentrum Serata, Thalwil
SerataMusica
Trio Aurora
Das international zusammengesetzte Trio mit Musikerinnen aus
Russland, Polen und Japan bringt uns Werke näher, die es sich zu
entdecken lohnt. Die sprichwörtliche Weite und Tiefe der russischen
Seele wird spürbar, wenn diese hochbegabten jungen MusikerInnen
ihre Instrumente erklingen lassen.
Werke von:
Sergej Rachmaninoff, Paul Juon, Anton Stepanowitsch Arensky
Dieses Konzert wird durch die Stiftung Serata finanziert.
Eintritt frei, Kollekte zur Deckung der Unkosten
Ihr Treffpunkt
vor und nach dem Konzert
Reservation 044 723 71 18
Zu den Komponisten und Stücken
Anton Stepanowitsch Arensky
Über vielen russischen Klaviertrios des späten 19. Jahrhunderts prangt
eine Widmung “À la memoire de 9”. Zum Gedenken an verstorbene
Freunde oder Komponistenkollegen griffen die Russen vorzugsweise
zur Gattung des Klaviertrios, seit Tschaikowsky sein großes a-Moll-Trio
“Dem Gedenken an einen großen Künstler” gewidmet hatte (À la
memoire d’un grand artiste). Ging es in seinem Falle um seinen Freund
und Förderer Nikolaj Rubinstein, so verfassten später Komponisten
wie der junge Sergej Rachmaninoff ihrerseits Trios zum Gedenken an
Tschaikowsky. In eben dieser Tradition steht auch das 1. Klaviertrio von
Anton Arensky, das 1894 veröffentlicht wurde. Der Meister widmete es
dem Gedenken an Karl Davidoff, den 1889 verstorbenen, bedeutendsten
Cellisten der russischen Spätromantik. Da Arensky selbst der Sohn
eines Cello spielenden Arztes war, konnte er Davidoffs Bedeutung für
das Cellospiel in Russland und die Wiederbelebung der russischen
Kammermusik einschätzen. In diesem Sinne ist die Widmung des Trios
zu verstehen, das dem Cello denn auch eine prominente Rolle einräumt.
Sein Komponist ist heute fast vergessen, obwohl er als Meisterschüler
von Nikolaj Rimsky-Korsakoff, als Freund von Tschaikowsky und Lehrer
so berühmter Schüler wie Rachmaninoff und Skrjabin zu den prominentesten Figuren des russischen Musiklebens um die vorletzte Jahrhundertwende zählte. Mit Neid blickte sein Lehrer Rimsky-Korsakoff auf die
finanzielle Unabhängigkeit des einstmaligen Schülers, der einem reichen
Elternhaus entstammte und auch später in eine entsprechend gut
dotierte staatliche Stellung als Leiter der St. Petersburger Hofsängerkapelle aufrückte: “Er galt als Beamter des Hofministeriums und bezog
fünf- bis sechstausend Rubel Pension”, damals eine stattliche Summe.
Leider hat Arensky dieses Geld am Spieltisch allzu leichtfertig vertan und
durch seine Trunksucht auch seine Gesundheit zerrüttet. Bereits 1906
starb er im Alter von 44 Jahren.
Sein nicht allzu umfangreiches Oeuvre enthält neben Chormusik und
Liedern insgesamt drei Opern, ein Ballett, zwei Sinfonien, je ein Klavierund Violinkonzert und einige bedeutende Kammermusikwerke. Unter
ihnen ragen das 1. Klaviertrio und das 2. Streichquartett heraus,
letzteres 1894 zum Gedenken an Tschaikowsky komponiert und dank
seiner Besetzung mit Geige, Bratsche und zwei Celli ein Unikat in der
Gattungsgeschichte. Für diese beiden frühen Kammermusikstücke gilt
noch nicht, was man Arensky später nachsagte: “salonartige Glätte,
makellose, gleichsam elegante Formen und eine lyrisch-elegische
Haltung” (Dorothea Redepenning). Vielmehr handelt es sich gerade
beim d-Moll-Trio um eine Elegie mit durchaus dramatischen Zügen.
Im ersten Satz, Allegro moderato, wird der pathetische Gesang der
beiden Streicher fast ununterbrochen von wogenden Klanggründen des
Klaviers getragen. Mal pulsiert die Bewegung in Triolen wie zu Beginn,
mal in drängenden Sechzehnteln, doch stets vollgriffig und klangsatt.
Darüber breitet sich das Hauptthema zunächst in der Geige mit
schmerzlicher Wehmut aus. Wenn das Cello hinzutritt, beweist das
Thema sogleich seine Eignung für kanonische Stimmführung. Das
zweite Thema, ruhiger im Duktus, aber immer noch über perlenden
Klavier-Arpeggi sich entfaltend, wird vom Cello auf der A-Saite angestimmt, von der Violine auf der D-Saite übernommen. Erst im dritten
Thema, das etwas bewegter zu spielen ist (più mosso), tritt das Klavier
in kraftvollen Akkorden den beiden Partnern gegenüber. Die Durchführung lässt das Hauptthema mit einem neuen Staccato-Motiv alternieren
und gipfelt in einem geradezu melodramatischen Tremolo unmittelbar
vor der Reprise. Ebenso opernhaft wie diese Stelle mutet der Schluss
an: ein Adagio, in dem das Klavier das Hauptthema mit der Wucht eines
orchestralen Rezitativs aufgreift, bevor es im Pianissimo der Streicher
geheimnisvoll verdämmert.
Arenskys Klangsinn, im Kopfsatz schon angedeutet, feiert im Scherzo
wahre Triumphe. In seinem D-Dur-Hauptteil (Allegro molto) alternieren
Flageolett der Geige und Pizzicato des Cellos mit perlenden Klavierläufen. Im etwas weniger bewegten B-Dur-Trio (Meno mosso) gibt das Cello
den Ton an, zweifellos als Reminiszenz an Davidoffs unvergessliches
Spiel. Elegia hat Arensky mit aller Deutlichkeit über den langsamen Satz
geschrieben: Es ist seine eigentliche Totenklage auf den Cellisten
Davidoff, die natürlich mit einem Cellosolo beginnt. Die Griffigkeit dieses
Themas, das mit Dämpfer gespielt und vom Klavier im Rhythmus eines
Trauermarsches begleitet wird, hat viel zur Popularität des d-Moll-Trios
beigetragen, das einstmals zu den viel gespielten Werken der Kammermusik zählte. Immer wieder werfen die Streicher einander das so plastische Kopfmotiv zu, bis sich nach einer Generalpause plötzlich der
Himmel öffnet und in hellem G-Dur das Klavier eine Variante des Themas in hoher Lage anstimmt, die Apotheose des Helden deutet sich an.
Durch immer heller schimmernde Klänge hindurch entführen uns die drei
Musiker gleichsam in himmlische Gefilde, bevor der Trauerkondukt des
Anfangs im düsteren g-Moll wiederkehrt.
Das Finale, Allegro moderato, beginnt als gleichsam hypertrophe Polonaise: ein sich in fetten Klavierakkorden und ausladenden Gesten der
Streicher vor dem Hörer aufbauender Tanz, eine Polonaise concertante
der pathetischsten Manier. Der Taumel des Tanzes gipfelt in einem geradezu orgiastischen Più mosso, bevor plötzlich die Erregung abebbt
und die Bühne freigibt für Reminiszenzen an die früheren Sätze. Zunächst erscheint das himmlische G-Dur-Thema aus dem langsamen
Satz wieder (Streicher con sordino), dann das Hauptthema des ersten
Satzes (senza sordino), schließlich noch einmal die Polonaise des Finales in letzter, zwingender Steigerung.
Sergej Rachmaninov
Die russische Eigenart, die Form des Klaviertrios mit elegischem Inhalt
zu füllen, wurde 1832 von Michail Glinka, dem Vater der nationalrussischen Musik, begründet. Pjotr I. Tschaikowsky monumentalisierte sie mit
seinem Klaviertrio À la memoire d’un grande artiste, das er dem Andenken seines Musikerfreundes Nikolaj Rubinstein widmete. Zehn Jahre
nach diesem Werk von 1882 schrieb Sergej Rachmaninoff sein erstes
Klaviertrio in g-Moll, und fast selbstverständlich folgte auch er dem
Duktus der Vorgänger: er nannte es “elegisches Trio”, Trio élégiaque.
Als im Jahr darauf 1893 Tschaikowsky starb, griff er den Titel noch
einmal auf und schuf sein Trio élégiaque Nr. 2 in d-Moll, das er,
Tschaikowsky zitierend, dessen Andenken widmete: À la memoire d’un
grande artiste. Im Gegensatz zu diesem monumentalen Werk, dessen
drei Sätze eine Spieldauer von 45 Minuten erreichen, ist das erste Trio
in g-Moll ein kompaktes einsätziges Stück. Auf wen sich hier die Klage
oder gar Totenklage bezieht, hat Rachmaninoff verschwiegen. Man kann
den Titel Trio élégiaque auch als Selbstbekenntnis des Komponisten
verstehen. Rachmaninoff war berühmt-berüchtigt dafür, nie zu lächeln,
geschweige denn zu lachen. Melancholie galt als sein hervorstechendes
Charakter-Merkmal.
Der Komponist dieser hoch expressiven Musik war gerade mal 18 Jahre
alt, hatte das Klavierexamen am Petersburger Konservatorium glanzvoll
hinter sich gebracht und stand vor seiner Kompositionsprüfung, die er
mit dem Operneinakter Aleko nach Puschkin so makellos absolvieren
sollte, dass man ihm die Große Goldmedaille des Instituts verlieh, ein
Prädikat, das so gut wie nie vergeben wurde. Auch sein erstes Klavierkonzert hatte Rachmaninoff damals schon geschrieben; sein notorisches
cis-Moll-Prélude für Klavier sollte im Herbst 1892 folgen. Die Zeitgenossen waren konsterniert vom Genie des jungen Komponisten.
Tschaikowsky fand seine Erstlingsoper Aleko so beeindruckend, dass
er den jungen Mann großherzig förderte; auch dessen zweite sinfonische
Dichtung „Der Felsen nach Lermontov“ lobte er für ihre Farbigkeit.
Vor dem Hintergrund dieser ersten Meisterwerke eines jungen Genies
wird auch der zerklüftete Aufbau und wild-romantische Duktus des
ersten Klaviertrios verständlich: man hat es mit einer Art “Sinfonischer
Dichtung” für drei Instrumente zu tun, worin Opernhaftes und die Anregung durch Poeten wie Puschkin und Lermontov sich verbinden. Den
Ton des Ganzen legt das einleitende Thema des Klaviers fest. Im Lento
lugubre, im düster-breiten Duktus entwickelt sich daraus ein monumentaler Sonatensatz mit verschiedenen Episoden, die alle im Tempo und
Ausdruck variieren. Häufiges più vivo, rubato etc. zeigt es an. Den
Höhepunkt des Satzes bildet ein Trauermarsch, der sich zu orchestraler
Klangfülle aufschwingt. Die Uraufführung des Trios spielte der 18jährige
Rachmaninoff zusammen mit dem Geiger David Kreyn und dem Cellisten Anatolji Brandukov, dem damals berühmtesten russischen Cellovirtuosen, für den er zehn Jahre später seine Cellosonate schreiben sollte.
Das Ensemble
Anna Tchinaeva (Violine)
erhielt ihren ersten Geigenunterricht im Alter von sechs Jahren. Bereits
im Alter von acht Jahren trat sie zum ersten Mal öffentlich auf, spielte mit
neun Jahren erstmals als Solistin mit Orchester und gewann mehrere
Preise bei Jugendwettbewerben. Danach wurde sie durch die Stiftung
„Junge Virtuosen von Nishnij Novgorod“ gefördert, die ihr zahlreiche Auftritte in verschiedenen Städten Russlands ermöglichte. Ihre Ausbildung
erhielt sie an der Hochschule für Musik und Theater Hannover und an
der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar, wo sie ihre Studien
2003 mit dem Solistendiplom abschloss. Ihre Lehrer waren die Professoren Sofa Propistschan, Semjon Jaroschewitsch, Jens Ellermann,
Krzysztof Węgrzyn und Jost Witter. Weitere wichtige Impulse erhielt
sie auf Meisterkursen von W. Marschner, H. Krebbers, R. Kußmaul,
I. Neaman, R. Nodel, L. Issakadze.
Sie gewann 1. Preise in den Kategorien „Violine solo“ und „Kammermusik“ des Internationalen Musikwettbewerbes der U.F.A.M. in Paris. 19992001 war sie Stipendiatin der „Villa Musica”- Stiftung der Landesregierung Rheinland-Pfalz. Sie konzertierte solistisch in Russland, Deutschland und weiteren Ländern Europas. 1998– 2004 war sie Mitglied des
Göttinger Symphonie Orchesters. Seit 2004 gehört sie dem Zürcher
Kammerorchester an. Außerdem wirkt sie regelmäßig im Orchester des
Opernhauses Zürich sowie im Orchestre de Chambre de Genève mit.
Anna Tyka Nyffenegger (Violoncello)
wurde in Katowice (Polen) geboren und wuchs in einer Musikerfamilie
auf. Ihr Studium schloss sie an der Hochschule F. Chopin in Warschau
bei Prof. K. Michalik mit Auszeichnung ab. Neben ihrer solistischen
Laufbahn unternahm sie weitere Studien bei Prof. M. Flaksman an der
Staatlichen Musikhochschule in Mannheim.
Sie besuchte Meisterkurse u.a. bei: Stanislaw Firlej, Andrzej Bauer,
Milos Sadlo, Hans Eric Deckert, Tobias Kühne, Natalia Schachowskaya,
Frans Helmerson, Ivan Monigetti, Victoria Yagling, Sigfried Palm,
Eleonore Schoenfeld, Leslie Parnas, Michael Flaksman, Thomas Grossenbacher, Francis Gouton. Als Solistin trat Sie mit vielen Orchestern
auf, u.a.: Mit den Philharmonien Raciborz, Zielona Gora, Jelenia Gora,
Oppeln, Olsztyn, Rzeszow, Breslau, Kolin, “Kleine Philharmonie
Warschau“, Südwestdeutsche Philharmonie, Nationales Polnisches
Rundfunk Orchester, Sinfonieorchester St. Gallen, Appenzeller
Kammerorchester, Neumünster Orchester Zürich, Zürcher Kammerorchester, Kammerorchester Concertino, Capella Bydgostiensis, Concerto
Avenna.
Anna Tyka Nyffenegger gewann eine Vielzahl von Preisen und Auszeichnungen an internationalen Wettbewerben, u.a. den 1. Preis beim
“1. Internationalen Witold-Lutoslawski-Cello- Wettbewerb” in Warschau.
Kammermusik und Solo Konzerte führten Sie zu Festivals u.a. in Polen,
Österreich, Deutschland, der Schweiz, Italien, Frankreich, Russland,
Japan. Seit August 2010 ist sie als stellvertretende Solocellistin beim
Zürcher Kammerorchester (ZKO) engagiert.
Suguru Ito (Klavier)
geboren in Nagano, gab Konzerte mit 11 Jahren in den USA und Australien, studierte Ökonomie und Literatur in Japan, anschliessend Musik u.
a. in Basel (Solistendiplom 1993) an der Musikhochschule. Besonderes
prägend waren seine Begegnungen mit Frans Brüggen, Mstislav Rostropovich, Sándor Zoeldy (Vegh Quartett), Walter Levin (LaSalle Quartett)
und Andreas Staier. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den
Grand Prix de la Fondation Isabelle Zogheb Suisse, den Preis der Yamaha-Music-Foundation in Tokio und den Honorary Citizen of the City
of El Paso in Texas. Seine Auftritte in Solo-Rezitals und als Partner von
renommierten Künstlern und Formationen – wie Dimitri Ashkenazy,
Margo Cadias, Graziella Contratto, Patrick Demenga, Ina Dimitrova,
Latica Honda-Rosenberg, Ivan Monighetti, Emmanuel Pahud, Hartmut
Rohde, Emil Rovner, Christoph Schiller, Kurt Widmer, Deutsche Bachsolisten, Cuarteto Casals etc. – führten ihn an das Sydney Opera House,
die Yuport Hall in Tokio, die Academy of Music in Philadelphia, das
L’Auditori de Barcelona, die Salle UNESCO Paris, die Berliner Congress
Center, das Bonner Beethoven-Haus, das Bach-Archiv Leipzig, die
Zürcher Tonhalle, das Zentrum Paul Klee in Bern, nach England,
Österreich, Italien, Polen, Russland und Neuseeland sowie zu vielen
Festivals; u. a. Mecklenburg-Vorpommern, Bodensee, Lucerne,
St.Moritz, Orpheum, Chopin-Gesellschaft, “Pau Casals” in El Vendrell,
Gidon Kremers “les muséiques” und “anTasten” der IGNM zum 80. Geburtstag von György Ligeti. Enge künstlerische Zusammenarbeit verbindet ihn mit bedeutenden zeitgenössischen Komponisten wie Witold
Lutoslawski, Robert Suter, Albert Haeberling, Frangis Ali-Zadeh, Jürg
Wyttenbach, Roland Moser und Bettina Skrzypczak.
Programm
Russische Weite
Sergej Rachmaninoff
(1873 – 1943)
Trio élégiaque Nr.1 g-moll
Paul Juon
(1872 – 1940)
Trio - Miniaturen op.18/24
Anton Stepanowitsch Arensky
(1861 – 1906)
Trio Nr.1 g-moll op.32