Hilfsprojekt in Kenia: Alles Gute kommt von oben - Menschen
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Hilfsprojekt in Kenia: Alles Gute kommt von oben - Menschen
Hilfsprojekt in Kenia: Alles Gute kommt von oben - Menschen... http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/hilfsprojekt-... http://www.faz.net/-gun-723y5 HERAUSGEGEBEN VON WERNER D'INKA, BERTHOLD KOHLER, GÜNTHER NONNENMACHER, FRANK SCHIRRMACHER, HOLGER STELTZNER Gesellschaft Aktuell Gesellschaft Menschen Hilfsprojekt in Kenia Alles Gute kommt von oben 14.08.2012 · Ein Fünkchen Zuversicht zum Überleben: Mit dem Projekt „Cargo Human Care“ helfen Lufthansa-Piloten und Ärzte aus Deutschland Aids-Waisen und Slum-Bewohnern in Nairobi. Von FRANZ JOSEF GÖRTZ, NAIROBI Artikel © WOLFGANG EILMES Nicht mehr im Abseits: Kinder spielen Fußball am Waisenhaus „W er kein Geld hat in Kenia, stirbt meist sehr früh“, sagt Sven Sievers. Der ehemalige Chefarzt der Frauenklinik in Neustadt fliegt seit seiner Pensionierung mehrmals im Jahr für ein paar Tage nach Nairobi. Dort hält er Sprechstunde in dem kleinen Aids-Waisenhaus dicht bei den Armenvierteln von Limuru am Nordrand der kenianischen Hauptstadt, drei oder vier Tage lang, stets vom frühen Morgen bis in den späten Nachmittag. Und Sievers ist nur einer von 30 Medizinern aus Deutschland, die diesen Job machen - aus freien Stücken, ohne Entgelt und in ihrer freien Zeit. Das „Mothers’ Mercy Home“ ist knapp eine Autostunde vom Zentrum Nairobis entfernt. Timothy R. Mbuthia, der Diözesanbischof der anglikanischen Kirche der Region Mount Kenia South, hat mit Hilfe der Frauen aus seiner Gemeinde das Waisenhaus unweit des Slumviertels Buru Buru im Weichbild der Stadt vor elf Jahren gegründet. Er wollte für die ärmsten der Armen, die in grob gezimmerten Holzhütten und Wellblechbaracken ohne elektrisches Licht und fließendes Wasser leben, „ein Zeichen der Hoffnung setzen“, ein Fünkchen Zuversicht zum Überleben. Denn mehr als 1,7 Millionen Kinder, deren Eltern der Aids-Epidemie zum Opfer gefallen sind, leben in Kenias Elendsvierteln buchstäblich von der Hand in den Mund. In „Mothers’ Mercy Home“ fanden damals 84 Kinder Unterkunft und regelmäßige Verpflegung. Nil bei Nacht, Mount Kenia im Morgengrauen Alles Gute kommt von oben. Das werden die Heimleiterin Paula N. Karanja und ihre Helferinnen gedacht haben, als aus heiterem Himmel der Flugkapitän Fokko Doyen vorsprach, der Chef der Frachterflotte von Lufthansa Cargo, und Hilfe anbot. Doyen 1 von 4 30.12.12 11:54 Hilfsprojekt in Kenia: Alles Gute kommt von oben - Menschen... http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/hilfsprojekt-... hatte auf seinen Flügen von Frankfurt nach Johannesburg planmäßig oft genug in Nairobi zwischenlanden müssen. Die Stadt war ihm vertraut, und der Vater von drei Kindern, ein engagierter und umtriebiger Mann, hatte dort nicht nur das SOS-Kinderdorf besucht, sondern kannte längst auch das Waisenhaus an der vielbefahrenen Ausfallstraße in den Norden. Das soziale Elend in den Vorstädten Nairobis war ihm dabei nicht verborgen geblieben. Mit dem Arzt Sven Sievers und einer Reihe Piloten-Kollegen rief er darum 2004 die „Cargo Human Care“ ins Leben, eine wirkmächtige Initiative zur Unterstützung des Waisenhauses, des SOS-Kinderdorfs in Buru Buru und des SOS Medical Centre, das sich um die ambulante Behandlung der Menschen aus den Armenvierteln im Nordosten Nairobis kümmert. 1/2 © WOLFGANG EILMES Nicht so luxuriös wie in der Business Class: Die Lufthansa willigte ein, auf den Kuriersitzen der Frachtflugzeuge Ärzte mitzunehmen Am ärgsten trifft es die Kinder, die nach dem Tod ihrer Eltern auf der Straße leben müssen oder bei Verwandten unterkommen, wo sie oft nur geduldet sind. Der 16 Jahre alte John zum Beispiel. Seine Eltern sind an Aids gestorben. Danach kroch er in der Hütte seiner Großmutter unter. Doch der Junge litt unter einem lebensbedrohlichen Herzfehler, der einen Krankenhausaufenthalt und eine kostspielige Operation notwendig machte. Weitere Artikel Kenia: Während des Hilfseinsatzes bleibt die eigene Praxis zu Hilfsprojekt: Das neue Mothers’ Mercy Home ist bezogen Spendenaktion: Welle der Gewalt erreicht Waisenhaus nicht Hilfe aus Frankfurt für die Armen Nairobis „F.A.Z.-Leser helfen“: Ein Zuhause für Elisabeth Durch eine glückliche Fügung fand John einen Platz im Waisenhaus von Limuru. Aber wie die Ärzte bezahlen, woher das Geld für die Operation nehmen? Den nachhaltigsten Akzent für Doyens Initiative setzte sein Arbeitgeber, die Lufthansa. Sie willigte ein, auf den beiden „jump seats“, den sogenannten Kuriersitzen der Frachtflugzeuge, die jeden Tag von Frankfurt nach Nairobi unterwegs sind, sonntagnachts Ärzte aus Frankfurt mitzunehmen und auf dem Rückflug drei oder vier Nächte später zurückzubringen und dazu im Frachtraum noch medizinisches Gerät, sofern der Platz dafür ausreicht. Auf den Kuriersitzen ist es zwar nicht so luxuriös wie in der Business Class, man hat dafür aber im Cockpit einen unvergleichlichen Ausblick und sieht den Nil bei Nacht und den Mount Kenia im Morgengrauen - ein Abenteuer ist das allemal. Ein Zuhause mit einem Dach über dem Kopf Seit Februar 2009 gibt es im Komplex von „Mothers’ Mercy Home“ das Cargo Human Care Medical Centre. Sieben einheimische Schwestern betreuen dort zusammen mit 2 von 4 30.12.12 11:54 Hilfsprojekt in Kenia: Alles Gute kommt von oben - Menschen... http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/hilfsprojekt-... den im Wochenabstand aus Frankfurt eingeflogenen Ärzten verschiedener Fachrichtungen - Gynäkologen, Kinderärzte, Allgemeinmediziner oder Physiotherapeuten - neben den zurzeit etwa 100 Kindern im Waisenhaus rund 10.000 Menschen aus der näheren Umgebung, die auf medizinische Hilfe angewiesen sind, aber sich eine ärztliche Betreuung nicht leisten können. An welchen Tagen welche Ärzte zu erreichen sind, erfahren die Patienten im Viertel von Limuru von Flugblättern, aus der Sonntagspredigt oder durch Mundpropaganda. „Dann legen sie Sonntagsstaat an“, erzählt der Bad Sodener Kinderarzt Jürgen Bausch. Die deutschen Ärzte von „Cargo Human Care“ sind überaus beliebt, und nicht selten stehen die Patienten vor Sonnenaufgang schon Schlange vor dem Sprechzimmer - für die allgemeine oder die Diabetes-Sprechstunde genauso wie bei den Beratungen zu Fragen der Familienplanung. Der Neubau des Waisenhauses und die Einrichtung einer Apotheke sowie weiterer Ordinations- und Behandlungsräume gehörten zu einem Spendenprojekt von Lesern der F.A.Z. vor dem Weihnachtsfest 2007. Bis dahin bestand „Mothers’ Mercy Home“ aus ungefügen Wellblechbaracken mit Schlafplätzen für 84 Kinder zwischen fünf und 18 Jahren. Das waren zunächst eiserne Doppelstockbetten, dicht aneinandergedrängt. Ihre persönlichen Sachen verstauten Jungen und Mädchen in Kisten am Fußende des Bettes, für Schränke war weder genügend Geld noch ausreichend Platz vorhanden. Aber die Kinder hatten ein Zuhause mit einem Dach über dem Kopf, waren versorgt und konnten die Schule besuchen. Die Grundlagen für eine Berufsausbildung legen Das zweistöckige Steinhaus, das im darauffolgenden Jahr bezogen wurde, verfügt über 128 Schlafplätze in hellen Vierbettzimmern mit Tischen und Stühlen, als Aufenthalts-, Spiel- und Arbeitsmöglichkeit zugleich. „Erreicht haben wir viel“, sagt Corinna Roericht, die im Controlling von Lufthansa Cargo arbeitet, aber nun das Projekt „Cargo Human Care“ in Nairobi managt. „Schließlich können wir alle Kinder auf die kostenpflichtige Secondary School schicken, auf der sie einen in Kenia sehr wichtigen Schulabschluss machen.“ Man wolle die Kinder allerdings erst dann ins Leben entlassen, „wenn sie auf eigenen Beinen stehen können, und dazu ist eine gute Berufsausbildung unerlässlich“. Das ist die jüngste Initiative in „Mothers’ Mercy Home“: zumindest die Grundlagen für eine Berufsausbildung zu legen. Das heißt, den männlichen wie den weiblichen Schulabgängern den Umgang mit allerlei Werkzeug nahezubringen: Hammer, Säge und Schraubenzieher ebenso wie Schere, Nadel und Faden, sagt Hans-Jürgen Reinhard, der 30 Jahre in der EDV-Abteilung von Lufthansa Cargo tätig war und nun mehrmals im Jahr in seine Lehrwerkstatt nach Nairobi fliegt: „Die meisten Jungs haben noch nie einen Hammer in der Hand gehabt und können auch nicht damit umgehen.“ Doch das lernen sie in der Praxis genauso schnell wie die Mädchen den Umgang mit Stoff und Schere, Nadel und Zwirn an den drei vor Weihnachten gestifteten Nähmaschinen. Quelle: F.A.Z. Hier können Sie die Rechte an diesem Artikel erwerben 3 von 4 30.12.12 11:54 Hilfsprojekt in Kenia: Alles Gute kommt von oben - Menschen... http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/hilfsprojekt-... Suchbegriff eingeben © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH 2012 Alle Rechte vorbehalten. 4 von 4 30.12.12 11:54