15. Newsletter - Hospiz Sankt Katharina

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15. Newsletter - Hospiz Sankt Katharina
 Post vom Hospiz Sankt Katharina NR. 15 VOM 15. MAI 2015 AUSGABE 1-­‐2015 Inhalt dieser Ausgabe -­‐ Nachgefragt -­‐ Klausurtag Resilienz -­‐ Neues Vorstandsmitglied -­‐ Terminankündigungen Herr Agethen, regelmäßig taucht die Frage auf: Liebe Freunde und Förderer des Hospiz Sankt Katharina, zu einigen oft gestellten Fragen und zu Aussagen, die es wert sind, genauer beleuchtet zu werden, haben wir jetzt nachgefragt: In dieser Ausgabe erklären Pflegekräfte und der Hospiz-­‐
leiter anschaulich ihre Arbeit und sprechen über ihre Moti-­‐
vation, in einem Hospiz zu arbeiten. Was der Klausur-­‐
tag „Resilienz“ bei den Hospiz-­‐Mitarbeitern bewirkt und angestoßen hat, lesen Sie ab Seite 6. Vielen Dank an die „Margarete und Peter Noss-­‐Stiftung“, die durch ihre Spende diesen Tag erst möglich gemacht hat! Wir freuen uns sehr, dass der Vorstand unseres Hospiz-­‐
vereins durch dieses nam-­‐
hafte Mitglied erweitert werden konnte: Prof. Dr. Karl Hans Holtermüller, der sich Ihnen auf Seite 7 vorstellt. Freundliche Grüße aus dem Hospiz Sankt Katharina Ihr Prof. Dr. Albrecht Encke Vorsitzender Hospizverein Nachgefragt: „Kann man vom Pflegeheim in ein Hospiz verlegt werden?“ „Prinzipiell kann man schon vom Pflegeheim ins Hospiz aufgenommen werden, es birgt aber Schwierigkeiten in Form der Kostenübernahme durch die Kostenträger. Denn Grund-­‐
voraussetzung ist – festgelegt im Sozialgesetzbuch – dass zur Aufnahme ins Hospiz eine unheilbare Erkrankung vorliegt, die in absehbarer Zeit – sprich Wochen oder Monate – zum Tode führt, dass eine Krankenhausversorgung nicht mehr sinnvoll ist, es also keinen kurativen Ansatz mehr gibt, und dass eine häusliche Versorgung nicht möglich ist. Und das ist der Knack-­‐
Markus J. Agethen, punkt. Wenn jemand im Pflegeheim wohnt, ist das seine Leiter des H ospiz Sankt Katharina häusliche Versorgung, die gleichzeitig auf einer professio-­‐
nellen Ebene geschieht. Die Krankenkassen sagen dann, dass es in einer Pflegeeinrichtung möglich sein muss, eine palliative Versorgung zu gestalten. Von daher sperren sie sich hin und wieder gegen eine Kostenzusage und ohne diese kann ich nicht aufnehmen. Wir können natürlich gegen ablehnende Bescheide der Kranken-­‐ und Pflege-­‐
kasse Beschwerde einlegen mit dem Argument, dass eine hohe Symptomlast vorliegt und es aufgrund der personellen Ausstattung der Pflegeheime nicht gewährleistet ist, dass der Bewohner zeitnah seine Medikamente bekommen kann bzw. keine rasche Intervention möglichst ist. Ein Teil der Kassen lässt sich darauf ein, weil sie natürlich schon auch wissen, wie die Gegebenheiten in einem Altenheim aussehen. Die spirituelle und psychosoziale Betreuung ist im Altenheim ganz gut geregelt. Der Punkt ist nur: es gibt in den Heimen zu wenig palliativ geschultes Pflegepersonal, auch die betreuenden Hausärzte haben nur selten eine palliativmedizinische Zusatzausbildung. Dazu kommt, dass es den Pflegekräften auf Grund der Stellensituation in den Heimen oft nicht möglich ist, angemessen schnell auf akute Schmerzsituationen reagieren zu können. Was ich häufig empfehle, ist die „Spezialisierte ambulante Palliativ-­‐Versorgung“ (SAPV). Das gibt dem Pflegeheim-­‐Personal Sicherheit beim Umgang mit Opiaten und führt dazu, dass die Heimbewohner besser palliativ versorgt sind. Es muss nicht jeder im Hospiz sterben. Entsprechend versorgt kann jemand, der schon viele Jahre im Altenheim wohnt und dort auch Freunde hat, seine letzte Zeit da in seinem gewohnten Umfeld vielleicht sogar besser verbringen. Die meisten Menschen wünschen sich ohnehin, zuhause sterben zu dürfen.“ 1 Frau Kuchler, Sie betonen immer wieder „Ins Hospiz ziehe ich ein“ – wie ist das gemeint? „Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.“ Cicely Saunders Begründerin der Hospizbewegung „Diese Aussage ist mir sehr wichtig. Es wird immer gesagt, der Arzt oder das Krankenhaus hat mich über-­‐
wiesen oder gar, ich wurde eingeliefert – für mich ein furchtbarer Begriff in diesem Zusammenhang. Natürlich ist es nicht unbedingt freiwillig, es sind Lebensumstände, die es erforderlich machen, dass Menschen in ein Hospiz einziehen. Aber faktisch ist es eine freiwillige Entschei-­‐
dung vom sterbenden und schwerkranken Menschen oder dessen Angehörigen. Die Hospizgäste mieten hier ein Zimmer und haben hier ihre Versorgung. Dieser Gisela Kuchler, Sozial-­‐
arbeiterin & Ehren-­‐
Umstand kann ein anderes Grundgefühl geben. Es amtlichen-­‐Betreuerin, eröffnet die Möglichkeit zu einer freieren Sichtweise 9 Jahre im Hospiz Sankt Katharina ohne Abhängigkeit. Es gibt einen Hospizvertrag, der unterschrieben wird wie ein Mietvertrag. Der Hospizgast entscheidet, was passiert. Das ist im Hospiz ja das allerwichtigste, egal in welcher Situation, ob medizinisch oder pflegerisch, ob das Zimmer verlassen wird oder nicht, der Hospizgast allein entscheidet! Das drückt die Aussage „ich ziehe in ein Hospiz ein“ auch mit aus, deshalb betone ich das! Der Hospizgast kann den Vertrag auch wieder kündigen. Das ist Teil des Hospizvertrags. Es geschieht nicht oft, aber man kann auch wieder ausziehen, egal aus welchen Gründen, z.B. um sich am Wohnort der Kinder ein anderes Hospiz auszusuchen. Jeder hat ja freie Wahl. Aber grundsätzlich müssen natürlich die Kriterien zur Aufnahme in ein Hospiz erfüllt sein. Die Finanzierung übernehmen die Kranken-­‐ und Pflege-­‐kassen, sowie das Hospiz selbst.“ Herr Lemperle, von Ihnen stammt diese Aussage -­‐ wie ist sie zu verstehen? „Wir sind das Sprachrohr der Hospizgäste“ „Das Sprachrohr ja, oder – um noch einen anderen Begriff zu verwenden -­‐ in gewisser Hinsicht auch der „Anwalt“. Die Menschen, die wir hier pflegen, betreuen und begleiten sind aufgrund ihrer Erkrankungen so eingeschränkt, dass ihnen teilweise die Fähigkeit abhanden kommen kann, sich selbst zu schützen. Und das meine ich bezüglich vieler Bereiche. Ein ganz häufiges Beispiel ist, dass ein Mensch aufgrund seiner Erkrankung in eine Phase gerät, in der er sich eher zurück ziehen möchte, in der Besuche und viele Sinnesreize anstren-­‐
gend werden, in der die ganze „äußere Welt“ ihn über-­‐
Martin Lemperle, fordert. Das ist nicht immer so, aber das gibt es doch relativ Pflegefachkraft, 3 ½ Jahre im Hospiz häufig. Dann ist es unsere Aufgabe, diesen Menschen zu Sankt Katharina vertreten, in dem, was er will. Um das Beispiel noch weiter zu führen: Es ist oft so, dass Besucher kommen. Sie möchten ja was Gutes tun und merken dann vielleicht nicht, dass es dem Hospizgast zu viel wird. Dieser möchte das selber aber auch nicht so äußern. Ich hör dann oft Sätze wie „ich möchte nicht unhöflich sein“. Also wird der Besuch erduldet. Wenn wir das mitbekommen und nachfragen kommt oft die Aussage: „Der Besuch freut mich sehr, aber es ist zu lang und zu anstrengend für mich.“ Hier sind wir dann als „Sprachrohr“ gefordert. Es ist dann unsere Aufgabe, mit den Angehörigen zu sprechen und z.B. den Vorschlag zu machen, die Besuche ein bisschen anders zu organisieren oder so zu koordinieren, dass man sich abwechselt, einen Tag mal nicht kommt und so dem Menschen eine gewisse Erleichterung verschafft. Am nächsten Tag ist dann oft die Kraft für 2 „Du bist wichtig, weil Du eben Du bist. Du bist bis zum letzten Augenblick deines Lebens wichtig, und wir werden alles tun, damit Du nicht nur im Frieden sterben, sondern auch bis zuletzt leben kannst!“ Cicely Saunders einen Besuch wieder da. Das ist jetzt ein Beispiel, aber es bezieht sich eigentlich auf vieles. Wir müssen in unserer Arbeit sehr genau hinhören, was wirklich gemeint ist. Die Sprache allein ist oft ein unzulängliches Mittel, es gehören der mimische und gestische Ausdruck, der Gesichtsausdruck, die ganzen nonverbalen Zeichen dazu und wir müssen vieles interpretieren. Richtig schwierig wird es dann, wenn ich einen Menschen pflege, versorge, begleite, der sich gar nicht mehr äußern kann. Da stehe ich dann vor der Situation, für diesen Menschen gewisse Dinge entscheiden zu müssen. Kleines Beispiel: soll ich Musik für ihn anmachen? Er kann sich dazu nicht äußern und die Frage ist, ob es belästigend für ihn ist oder hilfreich? Dann probiere ich es aus, mach die Musik an und beobachte, ob sich sein Gesicht vielleicht entspannt. Wenn er unruhiger wird habe ich den Hinweis und mache die Musik wieder aus. Es liegt sehr viel an unserer Beobachtung und Einschätzung. Unser Job ist in gewisser Hinsicht, zu verstehen, was der Mensch will, selbst wenn er nicht mehr in der Lage ist, dies klar auszudrücken. Wir müssen seinen Wunsch erfassen und ihn den anderen Menschen vermitteln.“ Immer wieder werden Sie als Hospiz-­‐Pflegekräfte gefragt: „Was motiviert Sie zur Arbeit in einem Hospiz?“ Ulrike Wegener: „Ich sehe in dieser Palliativ-­‐Arbeit einen Sinn. Ich bin zufriedener als in meinen vorherigen Tätigkeiten weil ich weiß, dass man alles versucht, für den betreffenden Menschen, seine Familie und seine Angehörigen zu tun. Für mich geht das hin zur Berufung. Zuvor war ich in einer neuro-­‐
logischen Reha, im ambulanten Pflegedienst, im Altenheim – Ulrike Wegener, Pflege-­‐
alle sind personell unterbesetzt. Von daher habe ich heute fachkraft, 6 Jahre im Hospiz Sankt Katharina eine deutlichere Zufriedenheit und sehe einen Sinn in dem, was ich tue. Ich fühl mich dadurch wohl in meiner Arbeit. Es ist anstrengend, eine andere Belastung als in anderen Bereichen, aber trotzdem schön. Viele Gespräche mit unseren Gästen berühren mich auf tiefster Ebene... Ein Mensch, der von seinem Leben Abschied nimmt – sein Sterben bewusst erlebt (was nicht bei jedem so ist) – wird unweigerlich auf seinem Sterbebett vom Leben überrollt! Ich erlebe Gäste, die mit ihrem Leben zufrieden waren und eine große Dankbarkeit zum Ausdruck bringen. Ebenso begleite ich Gäste, die tief depressiv sind, die hadern und sich damit konfrontiert fühlen, nichts mehr ändern zu können! Die Wertigkeiten des Lebens bekomme somit auch ich aufgezeigt, was mich erdet und dankbar sein lässt!“ Sind Sie gezielt auf diese Arbeit zugegangen? „Ja, ich habe vor etwa 10 Jahren eine Weiterbildung zur „Lehrerin für Gesund-­‐
heitsfachberufe“ gemacht und nach Beendigung festgestellt, dass es nichts für mich ist. Zur gleichen Zeit hat ein Hospiz in der Nähe meines Wohnortes aufgemacht und ich dachte mir, ich schaue da über die ehrenamtliche Arbeit mal rein. Ich habe dann die ehrenamtliche Ausbildung gemacht und ein Jahr als Ehrenamtliche gearbeitet. Da ich aus der Pflege komme habe ich dort auch schon viel in der Pflege mitgeholfen und parallel die Palliativ-­‐Care-­‐ Ausbildung gemacht mit dem Ziel, im Hospiz zu arbeiten. Hier habe ich viel mehr Zeit, mich um die Gäste zu kümmern, was in anderen pflegerischen Bereichen aufgrund der Personalsituation oft nicht gegeben ist. Es ist das, was ich mir vorgestellt habe in dieser Arbeit.“ Sybille Wolfart: „Es sind eigentlich mehrere Motive. Für mich ist die Zeit am Ende des Lebens eine ganz wichtige Zeit, die ich beachten möchte. Als Kranken-­‐
schwester habe ich die Möglichkeit, hier mit Menschen auf eine Ebene zu 3 „Der Mensch erfährt, er sei auch wer er mag, ein letztes Glück und einen letzten Tag“ Johann Wolfgang von Goethe kommen, auf der man nochmal Dinge beleuchten oder gemeinsam überdenken kann. Wir haben in der Palliativ-­‐
Arbeit viel mehr Zeit für den Menschen. Die Dinge, die sich am Lebensende ereignen und nochmal Revue passieren, brauchen ihre Zeit. Das finde ich so toll in der Hospizarbeit, dass man diese Zeit auch bekommt. Wir haben hier in einem kleineren Rahmen einfach bessere Möglichkeiten, mit den Menschen umzugehen, für sie da zu sein am Ende des Lebens, auch nonverbal. Und das Sybille Wolfart, liegt mir ganz wichtig am Herzen, dass Menschen für Pflegefachkraft, mit Menschen da sein können. Ich bin auch zur Hospizarbeit Unterbrechung 9 Jahre im Hospiz Sankt gekommen, weil ich denke, den Menschen nochmal etwas Katharina geben zu können, das sie unter anderen Umständen vielleicht nicht bekommen. Ich habe gerade heute so ein tolles Beispiel gehabt mit einem Gast, einer Frau, die gelagert werden muss, weil sie sich selbst nicht mehr bewegen kann. Da die Zimmer hier ebenerdig sind und der Garten direkt von dem Fenster ist, habe ich die Möglichkeit, das Bett so hinzustellen und die Frau so hinzulegen, als würde sie auf der Wiese im Liegestuhl liegen. Das ist so ein unglaublich beglückendes Gefühl, Sie sehen da so viel Freude im Gesicht, da braucht es nur wenige Worte. Diese lebensnahen Dinge -­‐ im Garten sein, den Gärtner beobachten -­‐ kann ich den Menschen im Hospiz und in der Palliativ-­‐
Arbeit nochmal ermöglichen. Für mich kommt da auch ganz viel zurück! Manchmal denke ich, dass es mehr ist, als das, was ich geben kann. Ich ver-­‐
suche immer, den Menschen alles zu geben was ich meine, dass sie brauchen. Auch die Dankbarkeit ist eine ganz andere, man bekommt ein ganz anderes Feedback. Die Menschen sind hier mehr im Jetzt! Und in dem was war, kann ich sie begleiten. Das gibt mir sehr viel, ich lerne die Menschen kennen, ihre Geschichten, ihre Lebensphilosophien. Ich lerne daraus auch für mich selbst. Das Leben wird so kostbar, ich erlebe nicht nur mein eigenes, sondern auch Dinge, die andere Menschen erlebt haben. Das prägt mich und erfüllt mich mit sehr viel Dankbarkeit.“ Martin Lemperle: Ich glaube, da kann ich nicht nur einen, sondern mehrere Aspekte nennen. Die Basis, auf der ich mich bewege, ist das generelle Interesse an Menschen! Im Hospiz haben wir ganz andere Möglichkeiten in der Pflege als anderswo -­‐ dort gibt es oft Rahmenbedingungen, die das verhindern. Hier im Hospiz können wir die Pflege den Ansprüchen anpassen, die wir als Pflegekräfte selber haben. Das war für mich sehr attraktiv, als ich das mitbekam, während ich hier im Rahmen meiner Ausbildung eine Woche hospitiert habe. Ich lerne viel, ich tauche hier in Geschichten ein, die ich sonst im Leben niemals mitbe-­‐
kommen würde. Hier sind die Menschen oft sehr offen in dem, was sie erzäh-­‐
len. Es ist interessant, die Konstellationen, die Zusammenhänge, die Verläufe, die Biografien kennen zu lernen. Als dritter Punkt ist das Thema „Tod und Sterben“ von Jugend an kein Tabuthema für mich. Es hat mich schon immer interessiert, bereits als 15-­‐jähiger habe ich mich damit auseinander gesetzt. Später habe ich dann auch in andere Kulturen reingeschaut, bin viel gereist, in asiatische Länder, wo man viel offener mit dem Thema umgeht. Ich habe jedenfalls noch nie Berührungsängste gehabt im Kontakt mit sterbenden Menschen. In meiner Familie ist das Tradition, wir sprechen offen darüber. Wir haben meine Mutter, auch meine Tante, nach Hause genommen, sie für 2, 3 Tage aufgebahrt und Abschied genommen... Diese Dinge machen für mich die Aufgabe hier sehr attraktiv, ich liebe diesen Beruf über alles. Aber ich bin auch nicht so naiv zu sagen, dass ich das noch 10 Jahre machen kann. Vermut-­‐
lich mache ich in einigen Jahres etwas anderes. 4 Geben Sie uns bitte einen Einblick zum oft nachgefragten Thema: „Wie werden die letzten Stunden im Hospiz gestaltet?“ Ulrike Wegener: „Wenn es um die allerletzen Stunden geht, ist manchmal weniger mehr. Dann lassen wir den Gast in Ruhe seinen Weg gehen. Wir machen eine kleine Pflege oder Intimpflege, wenn notwendig. Wir machen Einreibungen, Waschungen oder Massagen mit ätherischen Ölen. Manchmal, wenn wir feststellen, dass jemand einfach nicht sterben kann oder das Sterben sich so lange zieht, machen wir oft auch eine Waschung mit „erdenden“ Ölen. Und wir begleiten die Angehörigen, für die es auch oft sehr schwer ist. In den letzten verbleibenden Stunden eines Gastes nimmt die psychosoziale Begleitung der Angehörigen auch viel Zeit in Anspruch.“ Spielt die Berührung, der Körperkontakt eine Rolle? „Das muss man individuell entscheiden, ob jemand Körperberührung mag. Wenn ich den Mensch kenne weiß ich, ob er das will oder nicht. Manche wollen alleine sterben. Wir haben gerade heute einen Gast gehabt, der hat seine Angehörigen weggeschickt. Er hat sich von seinen Söhnen verabschiedet und von seiner Schwester, die schon gestern nach Belgien abgereist ist. Er wollte alleine Sterben und ist dann heute in der Mittagsstunde auch gestorben.“ Haben Sie ein Gespür dafür, wann die letzte Stunde kommt? „Man sieht es den Gästen an, manchmal sieht man ganz deutliche Symptome wie Verfärbungen oder Blässe, dass die Atmung sich verändert oder der Gast in eine noch tiefere Schläfrigkeit kommt oder nicht mehr ansprechbar ist. Trotz-­‐
dem kommt es auch vor, dass jemand plötzlich verstirbt, mit dem man gar nicht gerechnet hat. Sterben ist so unterschiedlich. Viele Angehörige wünschen sich, im Sterbeprozess dabei sein zu können. Wir versuchen den Angehörigen dann verständlich rüberzubringen, dass es so, wie es dann geschieht, auch gut ist, dass der Gast sich seinen Weg selbst aussucht. Manchmal will der Gast seinen Angehörigen das Sterben nicht zumuten und entscheidet sich, allein zu gehen. Oder aber die Angehörigen sind dabei. Es ist, wie es ist. Wir hatten auch schon Angehörige, die wochenlang Tag und Nacht da waren. Die halten sich dann gegenseitig: die Frau will z.B. ihren Mann nicht loslassen und er will seiner Frau den Tod nicht zumuten. Wenn man dann sieht, dass sich in diesen Fällen das Sterben lange hinzieht, empfehlen wir, sich auch mal zurückzuziehen.“ Sybille Wolfart: „Es ist schön, jemanden in der Sterbestunde zu begleiten, auch wenn das jetzt komisch klingt. Wenn Sie merken, sie können ihm helfen, die Leiter hoch zu klettern und es ist schwer und schwer... Und ich kann dann verschiedene Dinge einsetzen wie einfach nur da sein, die Hand auflegen... Die letzten Stunden gestalten sich sehr unterschiedlich, das ist von Mensch zu Mensch verschieden. Viele kommen nur wenige Tage oder Stunden vor dem Tod, dann haben wir nicht die Möglichkeit, uns auf die Person so einzustimmen dass wir wissen, was er gerne wollte, welche Gerüche er gerne hat, welche Ge-­‐
räusche er mag oder nicht, ob er frische Luft, warme Luft, geschlossenes oder offenes Fenster mag. Das in der Vorphase zu erspüren und zu wissen, dann, wenn es soweit ist und der Gast sich nicht mehr ausdrücken kann, das Richtige zu tun, vielleicht etwas mit Lagerung zu machen, mit Düften, mit Musik, mit Anfassen oder Loslassen, das ist schön. Manche möchten, dass man das Zimmer verlässt. Das wird mir vielleicht im Vorfeld gesagt und dann halte ich mich im Hintergrund und beobachte trotzdem, um den Zeitpunkt nicht zu versäumen, dass sich am Ende doch noch etwas ändert, dass der Mensch doch um Hilfe bittet oder die Hand ausstreckt. Oder dass ich die ausgestreckte Hand erkenne und dann da bin. Es gibt auch Menschen, die sagen „fasst mich nicht mehr an, 5 damit ich nicht ins Leben zurück geholt werde“ und andere sagen „lass mich bitte nicht los, bis zum Schluss -­‐ lass nicht los!“ Für mich ist es schön, mich sicher zu fühlen in dieser Situation und zu wissen, ja, es tut ihm gut. Es gibt auch Menschen, die können ganz genau sagen, was sie sich in ihrer letzten Stunde wünschen. Fenster öffnen, die Vögel hören, die sie rufen. Die letzten Stunden im Hospiz sind auch ganz spirituell, es gehen Stimmungen im Zimmer um, auf dem Flur, das ist fühlbar. Dann bei den Menschen zu sein und zu wissen, jetzt ein warmes Handbad oder eine ganz zarte Öl-­‐Fußmassage, dann können sie leicht loslassen und müssen sich nicht so anstrengen... Aber das gelingt natürlich nicht immer.“ Die Gespräche führte Ursula Schaffitzel Hospiz intern Dank Spende der Margarete und Peter Noss-­‐Stiftung Klausurtag „Resilienz“ inspiriert Mitarbeiter Dank einer großzügigen Spende der Resilienz bezeichnet die psychische Widerstandsfähigkeit von Menschen, „Margarete und Peter Noss-­‐Stiftung“ die es ermöglicht, selbst widrigste konnten am 18.04.2015 haupt-­‐ und Lebenssituationen und hohe ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Belastungen ohne nachhaltige Mitarbeiter einen Klausurtag veranstalten, psychische Schäden zu bewältigen. Definition Brockhaus Enzyklopädie online der von Coach Dr. Christian Rak begleitet wurde. Thema des Tages war „Resilienz“, also die Fähigkeit eines Menschen oder einer Institution, mit Belastungen fertig zu werden. Mit Hilfe mehrerer Übungen wurde erarbeitet, wie jeder und jede seine eigene Fähigkeit verbessern kann, mit den berufsbedingten Belastungen wie Abschied, Tod und Trauer umzugehen und wie man diese Fähigkeit dann auch in den Organismus „Hospiz“ einbringen kann. Gleichzeitig wurde die Vergangenheit des Hospiz Sankt Katharina vom Anfang bis heute betrachtet: Was war gut? Was war weniger gut? Wie sind wir mit Problemen umgegangen? Sind wir vielleicht daran gewachsen? Anhand von „Eckpunkten“ der letzten 10 Jahre wurden zwei Linien gelegt, die einerseits das Hospiz in seiner Funktionsfähigkeit wie auch die Arbeits-­‐
zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nachgezeichnet haben. Wodurch also füllt oder leert sich das „Energiefass“ Hospiz? Daran kann jetzt weiter gear-­‐
beitet werden. Alle Beteiligten zeigten sich am Abend zwar erschöpft, aber sehr zufrieden mit dem, was sie für sich und für ihren Arbeitsplatz im Hospiz Sankt Katharina mitnehmen konnten. Weitere Informationen: Hospizleitung Markus Johannes Agethen, Tel. 069-­‐4603-­‐2101, agethen@hospiz-­‐sankt-­‐katharina.de 6 Neues Vorstandsmitglied im Hospizverein: Hospiz Sankt Katharina Seckbacher Landstr. 65 e 60389 Frankfurt am Main www.hospiz-­‐sankt-­‐katharina.de Fragen im Zusammenhang mit der Aufnahme besprechen Sie bitte mit Hospizleiter Markus Johannes Agethen Telefon 069-­‐4603-­‐2101 Fax 069-­‐4603-­‐2102 info@hospiz-­‐sankt-­‐katharina.de Impressum Herausgeber Hospiz Sankt Katharina Telefon 069-­‐4603-­‐2101 Redaktion, Texte, Fotos Ursula Schaffitzel Telefon 0172-­‐6109563 usp-­‐schaffitzel@t-­‐online.de Links …zu den Hospiz-­‐Trägern www.sankt-­‐katharinen-­‐ffm.de www.stkathweis.de …und hilfreichen Einrichtungen www.buergerinstitut-­‐ffm.de Bürgerinstitut (Kooperationspartner) www.sptg.de Stiftung Polytechnische Gesellschaft www.frankfurt.de www.livemusicnow-­‐
frankfurt.de Prof. Dr. med. Karl Hans Holtermüller In der Mitgliederversammlung am 23.4.2015 wurde der ehemalige Chefarzt der Medizinischen Klinik I im AGAPLESION Markus Krankenhaus, Prof. Dr. med. Karl Hans Holtermüller, einstimmig in den Vorstand des Hospizvereins gewählt. Er kennt Prof. Dr. med. Albrecht Encke seit rund 20 Jahren und der Vorsitzende des Hospizvereins zeigte sich hocherfreut, dass er den Vorstand um diesen geschätzten Kollegen erweitern und ihn für diese ehrenamtliche Arbeit gewinnen konnte. In seiner Kurzvorstellung spannte der Internist und Gastroenterologe Prof. Dr. Holtermüller einen weiten Bogen: Nach seinem Medizinstudium in München und Genf und seiner Promotion erhielt er ein Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft und studierte zudem Biochemie am Max Planck Institut für Zellchemie München, bevor er 1969 nach USA ging. Nach seiner Facharztausbildung als Internist und Gastroentero-­‐
loge an der Mayo Clinic in Rochester/Minnesota kam er 1973 als wissenschaft-­‐
licher Mitarbeiter an die Johannes Gutenberg Universität nach Mainz, wo er habilitierte und 1976 zum außerplanmäßigen Professor ernannt wurde. Eine Gastprofessur an der University of Texas Southwestern Medical Center in Dallas/Texas führte ihn erneut in die USA, bevor er 1983 als Chefarzt der Inneren Medizin im Markus Krankenhaus nach Deutschland zurück kam, wo er bis 2005 wirkte. Er gehört zu den Pionieren der Gastroenterologie. In all den Jahren hielt er rund 250 Vorträge, verfasste 180 wissenschaftliche Arbeiten und ist Herausgeber von 3 wissenschaftlichen Lehrbüchern. Seit 1990 ist er Ehrenmitglied der türkischen Gesellschaft für Gastroenterologie. Eine hohe Auszeichnung für ihn war die Ehrenplakette der Landesärztekammer Hessen, die er 2005 erhielt. Für Verdienste in der ärztlichen Fortbildung wurde er 2006 mit der MEDICA Plakette ausgezeichnet. Warum er sich jetzt für die Förderung des Hospizes einsetzt, hat vor allem einen Grund: „Menschen mit schweren und weit fortgeschrittenen Erkrankungen sollten die Möglichkeit haben, frei von Angst, quälenden Symptomen und Schmerzen, in Würde und in Respekt vor ihrer Individualität -­‐ begleitet von verständnisvollen und fürsorglichen Menschen -­‐ sterben zu können.“ Prof. Holtermüller wohnt mit seiner Frau Dr. med. Carmen Holtermüller, einer gebürtigen Spanierin, in Bad Vilbel, ihre erwachsenen Zwillingssöhne sind nicht in die Fußstapfen der Eltern getreten, sondern sind Betriebswirt und Jurist geworden. Kontakt: E-­‐Mail: [email protected] Terminankündigung Das nächste Konzert im Hospiz Sankt Katharina mit hochbegabten Künstlern, die von Live Music Now gefördert werden, findet am v 10. Juni 2015 um 17 Uhr statt Sie sind herzlich eingeladen! Wir müssen die Dinge, die in unserer Macht stehen, möglichst gut einrichten, alles andere aber so n ehmen, wie es kommt. Epiktet 7