Das Lied von der Glocke

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Das Lied von der Glocke
Die schwarzen und die heitern Lose, das Haus.
Und drinnen waltet
Die züchtige Hausfrau,
Die Mutter der Kinder,
Und herrschet weise
Im häuslichen Kreise,
Knabe,
Und lehret die Mädchen
Er stürmt ins Leben wild hinaus,
Und wehret den Knaben,
Durchmisst die Welt am
Und reget ohn Ende
Wanderstabe.
Fremd kehrt er heim ins Vaterhaus, Die fleißigen Hände,
Fest gemauert in der Erden
Steht die Form, aus Lehm gebrannt. Und herrlich, in der Jugend Prangen, Und mehrt den Gewinn
Mit ordnendem Sinn.
Wie ein Gebild aus Himmelshöhn,
Heute muss die Glocke werden.
Mit züchtigen, verschämten Wangen Und füllet mit Schätzen die duftenden
Frisch Gesellen, seid zur Hand.
Sieht er die Jungfrau vor sich stehn. Laden,
Von der Stirne heiß
Und dreht um die schnurrende
Da fasst ein namenloses Sehnen
Rinnen muss der Schweiß,
Spindel
den Faden,
Des
Jünglings
Herz,
er
irrt
allein,
Soll das Werk den Meister loben,
Und
sammelt
im reinlich geglätteten
Aus
seinen
Augen
brechen
Tränen,
Doch der Segen kommt von oben.
Schrein
Er flieht der Brüder wilder Reihn.
Die schimmernde Wolle, den
Zum Werke, das wir ernst bereiten, Errötend folgt er ihren Spuren
schneeigten Lein,
Geziemt sich wohl ein ernstes Wort; Und ist von ihrem Gruß beglückt,
Und füget zum Guten den Glanz und
Das Schönste sucht er auf den
Wenn gute Reden sie begleiten,
den
Schimmer,
Fluren,
Dann fließt die Arbeit munter fort.
Und
ruhet nimmer.
Womit
er
seine
Liebe
schmückt.
So lass uns jetzt mit Fleiß betrachten,
O!
zarte
Sehnsucht,
süßes
Hoffen,
Was durch die schwache Kraft
Und der Vater mit frohem Blick
Der ersten Liebe goldne Zeit,
entspringt,
Von des Hauses weitschauendem
Das Auge sieht den Himmel offen,
Den schlechten Mann muss man
Giebel
Es schwelgt das Herz in Seligkeit.
verachten,
Überzählet sein blühendes Glück,
O!
dass
sie
ewig
grünen
bliebe,
Der nie bedacht, was er vollbringt.
Siehet
der Pfosten ragende Bäume
Die
schöne
Zeit
der
jungen
Liebe!
Das ist's ja, was den Menschen zieret,
Und
der
Scheunen gefüllte Räume
Und dazu ward ihm der Verstand,
Wie sich schon die Pfeifen bräunen! Und die Speicher, vom Segen
dass er im innern Herzen spüret,
gebogen,
Dieses Stäbchen tauch ich ein,
Was er erschafft mit seiner Hand.
Und des Kornes bewegte Wogen,
Sehn wir's überglast erscheinen,
Rühmt sich mit stolzem Mund:
Nehmet Holz vom Fichtenstamme, Wird's zum Gusse zeitig sein.
Fest,
wie der Erde Grund,
Jetzt,
Gesellen,
frisch!
Doch recht trocken lass es sein,
Gegen des Unglücks Macht
Prüft mir das Gemisch,
dass die eingepresste Flamme
Steht mit des Hauses Pracht!
Ob das Spröde mit dem Weichen
Schlage zu dem Schwalch hinein.
Doch mit des Geschickes Mächten
Sich vereint zum guten Zeichen.
Kocht des Kupfers Brei,
Ist kein ewger Bund zu flechten,
Schnell das Zinn herbei,
Und
das Unglück schreitet schnell.
Denn
wo
das
Strenge
mit
dem
Zarten,
dass die zähe Glockenspeise
Wo
Starkes
sich
und
Mildes
paarten,
Fließe nach der rechten Weise.
Wohl! nun kann der Guss beginnen,
Da gibt es einen guten Klang.
Schön gezacket ist der Bruch.
Drum prüfe, wer sich ewig bindet,
Was in des Dammes tiefer Grube
Ob sich das Herz zum Herzen findet! Doch bevor wir's lassen rinnen,
Die Hand mit Feuers Hülfe baut,
Der
Wahn ist kurz, die Reu ist lang. Betet einen frommen Spruch!
Hoch auf des Turmes Glockenstube
Stoßt den Zapfen aus!
Lieblich
in der Bräute Locken
Da wird es von uns zeugen laut.
Gott
bewahr das Haus!
Spielt
der
jungfräuliche
Kranz,
Noch dauern wird's in späten Tagen
Rauchend in des Henkels Bogen
Wenn die hellen Kirchenglocken
Und rühren vieler Menschen Ohr
Schießt's mit feuerbraunen Wogen.
Und wird mit dem Betrübten klagen Laden zu des Festes Glanz.
Wohtätig
ist des Feuers Macht,
Ach!
des
Lebens
schönste
Feier
Und stimmen zu der Andacht Chor.
Wenn
sie
der Mensch bezähmt,
Endigt
auch
den
Lebensmai,
Was unten tief dem Erdensohne
bewacht,
Mit
dem
Gürtel,
mit
dem
Schleier
Das wechselnde Verhängnis bringt,
Und was er bildet, was er schafft,
Das schlägt an die metallne Krone, Reißt der schöne Wahn entzwei.
Das dankt er dieser Himmelskraft,
Die Leidenschaft flieht!
Die es erbaulich weiterklingt.
Doch furchtbar wird die Himmelskraft,
Die Liebe muss bleiben,
Wenn
sie der Fessel sich entrafft,
Die
Blume
verblüht,
Weiße Blasen seh ich springen,
Einhertritt
auf der eignen Spur
Die
Frucht
muss
treiben.
Wohl! Die Massen sind im Fluss.
Die
freie
Tochter
der Natur.
Der
Mann
muss
hinaus
Laßt's mit Aschensalz durchdringen,
Wehe, wenn sie losgelassen
Ins feindliche Leben,
Das befördert schnell den Guss.
Wachsend ohne Widerstand
Muss wirken und streben
Auch von Schaume rein
Durch die volkbelebten Gassen
Und pflanzen und schaffen,
Muss die Mischung sein,
Wälzt den ungeheuren Brand!
Erlisten, erraffen,
dass vom reinlichen Metalle
Denn
die Elemente hassen
Muss
wetten
und
wagen,
Rein und voll die Stimme schalle.
Das Gebild der Menschenhand.
Das Glück zu erjagen.
Aus der Wolke
Da strömet herbei die unendliche
Denn mit der Freude Feierklange
Quillt der Segen,
Gabe,
Begrüßt sie das geliebte Kind
Strömt der Regen,
Es füllt sich der Speicher mit
Auf seines Lebens erstem Gange,
Aus
der Wolke, ohne Wahl,
köstlicher
Habe,
Den es in Schlafes Arm beginnt;
Zuckt
der Strahl!
Die
Räume
wachsen,
es
dehnt
sich
Ihm ruhen noch im Zeitenschoße
Mutterliebe zarte Sorgen
Das Lied von Der
Bewachen seinen goldnen Morgen.Jahre fliehen pfeilgeschwind.
der Glocke Die
Vom Mädchen reißt sich stolz der
Friedrich Schiller
Hört ihr's wimmern hoch vom Turm? Zum Segen, nach des Himmels Rat.
Noch köstlicheren Samen bergen
Das ist Sturm!
Wir trauernd in der Erde Schoß
Rot wie Blut
Und hoffen, dass er aus den Särgen
Ist der Himmel,
Erblühen soll zu schönerm Los.
Das ist nicht des Tages Glut!
Welch Getümmel
Von dem Dome,
Straßen auf!
Schwer und bang,
Dampf wallt auf!
Tönt die Glocke
Flackernd steigt die Feuersäule,
Grabgesang.
Durch der Straße lange Zeile
Ernst begleiten ihre Trauerschläge
Wächst es fort mit Windeseile,
Einen Wandrer auf dem letzten
Kochend wie aus Ofens Rachen
Wege.
Glühn die Lüfte, Balken krachen,
Pfosten stürzen, Fenster klirren,
Ach! die Gattin ist's, die teure,
Kinder jammern, Mütter irren,
Ach! es ist die treue Mutter,
Tiere wimmern
Die der schwarze Fürst der Schatten
Unter Trümmern,
Wegführt aus dem Arm des Gatten,
Alles rennet, rettet, flüchtet,
Aus der zarten Kinder Schar,
Taghell ist die Nacht gelichtet;
Die sie blühend ihm gebar,
Durch der Hände lange Kette
Die sie an der treuen Brust
Um die Wette
Wachsen sah mit Mutterlust Fliegt der Eimer, hoch im Bogen
Ach! des Hauses zarte Bande
Spritzen Quellen, Wasserwogen.
Heulend kommt der Sturm geflogen, Sind gelöst auf immerdar,
Denn sie wohnt im Schattenlande,
Der die Flamme brausend sucht.
Die des Hauses Mutter war,
Prasselnd in die dürre Frucht
Denn es fehlt ihr treues Walten,
Fällt sie in des Speichers Räume,
Ihre Sorge wacht nicht mehr,
In der Sparren dürre Bäume,
An verwaister Stätte schalten
Und als wollte sie im Wehen
Wird die Fremde, liebeleer.
Mit sich fort der Erde Wucht
Reißen, in gewaltger Flucht,
Bis die Glocke sich verkühlet,
Wächst sie in des Himmels Höhen
lasst die strenge Arbeit ruhn,
Riesengroß!
Wie im Laub der Vogel spielet,
Hoffnungslos
Weicht der Mensch der Götterstärke, Mag sich jeder gütlich tun.
Winkt der Sterne Licht,
Müßig sieht er seine Werke
Ledig aller Pflicht
Und bewundernd untergehn.
Hört der Bursch die Vesper schlagen,
Leergebrannt
Meister muss sich immer plagen.
Ist die Stätte,
Wilder Stürme raues Bette,
Munter fördert seine Schritte
In den öden Fensterhöhlen
Fern im wilden Forst der Wandrer
Wohnt das Grauen,
Und des Himmels Wolken schauen Nach der lieben Heimathütte.
Blökend ziehen
Hoch hinein.
Heim die Schafe,
Einen Blick
Und der Rinder
Nach den Grabe
Breitgestirnte, glatte Scharen
Seiner Habe
Kommen brüllend,
Sendet noch der Mensch zurück Die gewohnten Ställe füllend.
Greift fröhlich dann zum
Schwer herein
Wanderstabe.
Was Feuers Wut ihm auch geraubt, Schwankt der Wagen,
Kornbeladen,
Ein süßer Trost ist ihm geblieben,
Bunt von Farben
Er zählt die Häupter seiner Lieben,
Und sieh! ihm fehlt kein teures Haupt. Auf den Garben
Liegt der Kranz,
Und das junge Volk der Schnitter
In die Erd ist's aufgenommen,
Fliegt zum Tanz.
Glücklich ist die Form gefüllt,
Wird's auch schön zutage kommen, Markt und Straße werden stiller,
Um des Lichts gesellge Flamme
dass es Fleiß und Kunst vergilt?
Sammeln sich die Hausbewohner,
Wenn der Guss misslang?
Und das Stadttor schließt sich
Wenn die Form zersprang?
knarrend.
Ach! vielleicht indem wir hoffen,
Schwarz bedecket
Hat uns Unheil schon getroffen.
Sich die Erde,
Dem dunkeln Schoß der heilgen Erde Doch den sichern Bürger schrecket
Nicht die Nacht,
Vertrauen wir der Hände Tat,
Die den Bösen grässlich wecket,
Vertraut der Sämann seine Saat
Und hofft, dass sie entkeimen werde Denn das Auge des Gesetzes wacht.
Heilge Ordnung, segenreiche
Himmelstochter, die das Gleiche
Frei und leicht und freudig bindet,
Die der Städte Bau begründet,
Die herein von den Gefilden
Rief den ungesellgen Wilden,
Eintrat in der Menschen Hütten,
Sie gewöhnt zu sanften Sitten
Und das teuerste der Bande
Wob, den Trieb zum Vaterlande!
Tausend fleißge Hände regen,
helfen sich in munterm Bund,
Und in feurigem Bewegen
Werden alle Kräfte kund.
Meister rührt sich und Geselle
In der Freiheit heilgem Schutz.
Jeder freut sich seiner Stelle,
Bietet dem Verächter Trutz.
Arbeit ist des Bürgers Zierde,
Segen ist der Mühe Preis,
Ehrt den König seine Würde,
Ehret uns der Hände Fleiß.
Holder Friede,
Süße Eintracht,
Weilet, weilet
Freundlich über dieser Stadt!
Möge nie der Tag erscheinen,
Wo des rauen Krieges Horden
Dieses stille Tal durchtoben,
Wo der Himmel,
Den des Abends sanfte Röte
Lieblich malt,
Von der Dörfer, von der Städte
Wildem Brande schrecklich strahlt!
Nun zerbrecht mir das Gebäude,
Seine Absicht hat's erfüllt,
dass sich Herz und Auge weide
An dem wohlgelungnen Bild.
Schwingt den Hammer, schwingt,
Bis der Mantel springt,
Wenn die Glock soll auferstehen,
Muss die Form in Stücke gehen.
Der Meister kann die Form
zerbrechen
Mit weiser Hand, zur rechten Zeit,
Doch wehe, wenn in Flammenbächen
Das glühnde Erz sich selbst befreit!
Blindwütend mit des Donners
Krachen
Zersprengt es das geborstne Haus,
Und wie aus offnem Höllenrachen
Speit es Verderben zündend aus;
Wo rohe Kräfte sinnlos walten,
Da kann sich kein Gebild gestalten,
Wenn sich die Völker selbst befrein,
Da kann die Wohlfahrt nicht gedeihn.
Weh, wenn sich in dem Schoß der
Städte
Der Feuerzunder still gehäuft,
Das Volk, zerreißend seine Kette,
Zur Eigenhilfe schrecklich greift!
Da zerret an der Glocken Strängen
Der Aufruhr, dass sie heulend schallt
Und, nur geweiht zu Friedensklängen, Der mächtig tönend ihr erschallt,
So lehre sie, dass nichts bestehet,
Die Losung anstimmt zur Gewalt.
dass alles Irdische verhallt.
Freiheit und Gleichheit! hört man
Jetzo mit der Kraft des Stranges
schallen,
Wiegt die Glock mir aus der Gruft,
Der ruhge Bürger greift zur Wehr,
Die Straßen füllen sich, die Hallen, dass sie in das Reich des Klanges
Steige, in die Himmelsluft.
Und Würgerbanden ziehn umher,
Ziehet, ziehet, hebt!
Sie bewegt sich, schwebt,
Da werden Weiber zu Hyänen
Freude dieser Stadt bedeute,
Und treiben mit Entsetzen Scherz,
Friede sei ihr erst Geläute.
Noch zuckend, mit des Panthers
Zähnen,
Friedrich Schiller
Zerreißen sie des Feindes Herz.
Nichts Heiliges ist mehr, es lösen
Sich alle Bande frommer Scheu,
Der Gute räumt den Platz dem
Bösen,
Und alle Laster walten frei.
Gefährlich ist's, den Leu zu wecken,
Verderblich ist des Tigers Zahn,
Jedoch der schrecklichste der
Schrecken,
Das ist der Mensch in seinem Wahn.
Weh denen, die dem Ewigblinden
Des Lichtes Himmelsfackel leihn!
Sie strahlt ihm nicht, sie kann nur
zünden
Und äschert Städt und Länder ein.
Freude hat mir Gott gegeben!
Sehet! Wie ein goldner Stern
Aus der Hülse, blank und eben,
Schält sich der metallne Kern.
Von dem Helm zum Kranz
Spielt's wie Sonnenglanz,
Auch des Wappens nette Schilder
Loben den erfahrnen Bilder.
Herein! herein!
Gesellen alle, schließt den Reihen,
dass wir die Glocke taufend weihen,
Concordia soll ihr Name sein,
Zur Eintracht, zu herzinnigem Vereine
Versammle sich die liebende
Gemeine.
Und dies sei fortan ihr Beruf,
Wozu der Meister sie erschuf!
Hoch überm niedern Erdenleben
Soll sie im blauen Himmelszelt
Die Nachbarin des Donners schweben
Und grenzen an die Sternenwelt,
Soll eine Stimme sein von oben,
Wie der Gestirne helle Schar,
Die ihren Schöpfer wandelnd loben
Und führen das bekränzte Jahr.
Nur ewigen und ernsten Dingen
Sei ihr metallner Mund geweiht,
Und stündlich mit den schnellen
Schwingen
Berühr im Fluge sie die Zeit,
Dem Schicksal leihe sie die Zunge,
Selbst herzlos, ohne Mitgefühl,
Begleite sie mit ihrem Schwunge
Des Lebens wechselvolles Spiel.
Und wie der Klang im Ohr vergehet,