Bewässerungssteuerung im Weinbau

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Bewässerungssteuerung im Weinbau
Bewässerungssteuerung
im Weinbau
Günther Pertoll, Barbara Raifer, Versuchszentrum Laimburg
Die Bewässerung in der Landwirtschaft wird in Zukunft eine immer
wichtigere Rolle spielen. Zum einen muss man mit dem Naturgut
Wasser verantwortungsvoll umgehen und zum anderen werden die
Witterungsbedingungen in Folge des Klimawandels immer extremer. Dabei gewinnt die Steuerung der Bewässerung an Bedeutung.
Häufig wird zu früh
bewässert
Die Entscheidung, wann und wie
lange bewässert werden soll, wird in
der Praxis vorwiegend anhand von
Beobachtungen der Reben und laut
Erfahrungswerten der Weinbauern
getroffen. In der Praxis wird häufig zu
früh mit dem Bewässern der Reben
begonnen und dann auch regelmäßig
nach festgelegten Turnussen fortgesetzt.
In manchen Fällen, besonders in Junganlagen oder auf trockenen Standorten (Hanglagen) mit leichten Böden,
wird auch zu spät mit der Zusatzbewässerung begonnen und/oder die
Abstände von einer Bewässerung
zur anderen sind nicht optimal abgestimmt.
Bewässerung nach
Standort und Boden
Eine wichtige Funktion der Böden ist
die Nährstoff- und Wasserspeicherung. Bei mangelnder Bodenfeuchte
können die Nährstoffe nur begrenzt
oder überhaupt nicht aufgenommen
werden. Die Folgen sind eingeschränktes vegetatives Wachstum, verringerte
Ertragsleistung und Qualitätsverluste.
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Bei intensiver Bewässerung hingegen,
kann es zu einer Nährstoffauswaschung im Boden kommen mit folgender Belastung des Grundwassers.
An Standorten, in denen sich Staunässe bildet, kann zu starkes Wachstum
die Trauben- und Weinqualität stark
beeinträchtigen. Zudem kann Sauerstoffmangel im Boden und Wurzelfäulnis eintreten.
Die Menge und die Verfügbarkeit des
Bodenwassers hängen von der Bodenart und von der durchwurzelten Bodentiefe ab.
Das maximale Wasserhaltevermögen
eines Bodens ist die so genannte Feldkapazität (FK). Darunter versteht man
jene Wassermenge eines Bodens, die
bei Wassersättigung nicht versickert,
sondern entgegen der Schwerkraft
gehalten wird. Dieses Wasser ist jedoch nicht vollständig pflanzenverfügbar, da die Wurzeln das so genannte
Totwasser (TW) den Feinporen des
Bodens nicht entziehen können. Aus
der Differenz zwischen Feldkapazität
und Totwasseranteil wird die nutzbare Feldkapazität (nFK) errechnet.
Diese entspricht dem maximalen
pflanzenverfügbaren
Wassergehalt
des Bodens. Diese Kennwerte werden in Prozent des Bodengewichtes
(Gew.-%), in Prozent des Bodenvo-
Triebspitze von gut wasserversorgten
Reben (Ranken sind vertikal).
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Symptome von Wassermangel (Ranken an
der Triebspitze verlaufen horizontal).
lumens (Vol.-%) oder in mm Wasser
im durchwurzelten Boden gemessen.
Dabei entspricht ein Volumenprozent
Wasser einem mm Wasser in 10 cm
Bodentiefe (1 Vol.-% = 1 mm/dm =
1 l/m² je dm).
„Leichte“ Böden (viel Sand und/oder
hoher Steingehalt) haben eine geringe Wasserspeicherfähigkeit, während
„schwere“ Böden mit einem hohen
Tonanteil mehr Wasser speichern können. Je enger der Durchmesser der
wasserführenden Poren ist, desto fester wird das Wasser im Boden gebunden und desto mehr Energie braucht
die Rebe, um dieses Wasser zu entziehen. Die Spannung, mit der das Wasser im Boden festgehalten wird, bezeichnet man als Saugspannung. Die
dafür üblichen Maßeinheiten sind Megapascal (MPa), Hektopascal (hPa),
Kilopascal (kPa), Bar (bar), Centibar
(cbar) und Millibar (mbar).
Bewässerung nach
phänologischen
Entwicklungsstadien
Laut langjährigen Messungen der Bodenfeuchte zeigt sich zum Zeitpunkt
des Austriebes kaum ein Wasserdefizit im Boden. Die Niederschläge des
Herbstes und des Winters des jeweiligen Vorjahres füllen den Boden meist
bis zur Wassersättigung auf. Vom
Austrieb bis zur Blüte besteht bei den
Südtiroler Klimaverhältnissen nur selten der Bedarf einer Zusatzbewässerung, da auch der Wasserbedarf der
Rebe sehr gering ist. Ein Trockenstress
zur und unmittelbar nach der Blüte
hingegen reduziert den Fruchtansatz
und somit die Anzahl der Beeren pro
Traube. Neben der Bodenfeuchtigkeit
haben in dieser Phase die klimatischen Verhältnisse (Lufttemperatur,
Luftfeuchtigkeit usw.) einen großen
Einfluss auf die Ertragsleistung der Reben. Ein Wassermangel nach der Blüte
beeinträchtigt laut Ojeda und anderen
(2001) nicht die Zellteilung, d.h. die
Anzahl der Zellen pro Beeren nimmt
nicht zu, während die Elastizität der
Zellwände irreversibel verloren geht.
Damit wird die Zellgröße beeinflusst
und es findet eine Ertragsreduzierung
statt. Im Gegensatz führt eine Zusatzbewässerung ab Fruchtansatz zu höheren Einzelbeerengewichten und zu
deutlichen Ertragssteigerungen.
Das Triebwachstum, die Gescheinsbildung und das Beerenwachstum
sind mit dem Wasserhaushalt der
Rebe sehr stark verbunden. Über die
gesamte Vegetationsperiode ist das
vegetative Wachstum der Rebe von
der Wasserverfügbarkeit beeinflusst.
In Junganlagen, auf stark austrocknenden Hanglagen mit leichten Böden
und/oder in schwach wachsenden
Rebanlagen, sollte gerade in der ersten Phase des Triebwachstums auf
eine gute Wasserversorgung geachtet
werden. In stark wachsenden Rebanlagen und in tiefgründigen Böden hingegen sollte eine Zusatzbewässerung
nur im Notfall eingesetzt werden.
Bei zunehmender Trockenheit im Boden wird in den Wurzeln verstärkt das
Phytohormon Abscisinsäure gebildet,
das über das Xylem in die Blätter gelangt und die Schließung der Spaltöffnungen veranlasst. Diese Wurzelsignale nötigen die Rebe zu einem
sparsamen Umgang mit Wasser. Bei
zunehmendem Trockenstress wird die
Assimilationsleistung (Photosynthese)
eingeschränkt, was eine Reduktion
des vegetativen Wachstums (Triebwachstum) zur Folge hat und darauf
folgend wird die Beerenentwicklung
(Ertrag) eingeschränkt.
Die Zusatzbewässerung ab Reifebeginn zeigte in den Versuchen mit der
Sorte Cabernet Sauvignon ein verstärktes Auftreten der Stiellähme mit
gleichzeitigen
Wachstumsschüben
(starkes Geiztriebwachstum).
Eine gute Wasserversorgung in der
Reifephase führt je nach Sorte zu
einer mehr oder weniger starken Ertragssteigerung. Der Zuckergehalt in
den Beeren wird mit der Zusatzbewässerung in trockenen Jahren bis zu
1,5-2,0 °KMW gesteigert, während in
niederschlagsreichen Jahren niedrigere Zuckergehalte gemessen wurden.
Durch Wassermangel wird auch die
Zusammensetzung der Inhaltsstoffe
beeinflusst. So haben verschiedene
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Versuche gezeigt, dass sich ein moderater Wasserstress bei Rotweinsorten
(z.B. Cabernet Sauvignon) qualitätsfördernd auswirkt, da eine Anreicherung phenolischer Substanzen einsetzt (Tannine, Farbe) und auch die
Qualität der Inhaltsstoffe (z.B. Gerbstoff- und Aromagehalt) verbessert
wird. Bei Weißweinsorten hat starker
Wasserstress in der Reifephase einen
negativen Einfluss auf die Weinqualität, da dieser zu einem verstärkten
nicht überschritten werden, um starke
Wachstumsschübe zu vermeiden.
Möglichkeiten der
Bewässerungssteuerung
Beobachtungen der Rebe: Reben
mit guter Wasserversorgung zeigen
eine gut entwickelte Triebspitze und
die Ranken verlaufen vertikal. Bei längerer Trockenheit verlaufen die Ranken an der Triebspitze horizontal bzw.
Welkeerscheinungen der
Blätter zur Mittagszeit bei
Lagrein.
Vergilbung der Blätter
in der Traubenzone
(Trockenstress).
Säureabbau führt und die Aufnahme
weiterer Inhaltsstoffe (z.B. Sickstoffverbindungen) vermindert. In der Reifephase sollte bei Weißweinsorten ein
leichtes bis moderates Wasserdefizit
aufkommen, während bei Rotweinsorten durchaus ein moderater bis
starker Wassermangel einsetzen kann.
Bei Bedarf sollten in dieser Phase
kleine Wassergaben, je nach Bodentyp 6 bis 8 Liter Wasser pro Rebe,
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hängen schlaff herunter. Auch die Länge der Internodien weist auf die Wasserversorgung hin. Kürzere Internodien und deren Zick-Zack-Verlauf an der
Triebspitze sind wichtige Indizen für
einen akuten Wassermangel. Nimmt
der Trockenstress zu, trocknen die
Triebspitze und auch die Ranken ein
und fallen ab. Gerade bei Junganlagen, in denen die Wurzelentwicklung
beschränkt ist, kann Trockenstress
schnell eintreten und diese Symptome
hervorrufen. In diesem Fall wurde mit
der Bewässerung zu lange gewartet.
Bei vorzeitigem Wachstumsabschluss
ist das Triebwachstum beeinträchtigt,
was sich negativ auf die Ertrags- und
Qualitätsproduktion auswirkt.
Bei fortschreitendem Trockenstress
„welken“ die voll entwickelten Haupttriebblätter. Gerade zur Mittagszeit
sind die Symptome sehr stark ausgeprägt. Auch die Sorten reagieren sehr
unterschiedlich, so zeigt z.B. Lagrein
bei anhaltender Hitze ein verstärktes
Einwölben der Blätter.
Bei anhaltendem Trockenstress wird
die Beerenentwicklung eingeschränkt
und der Ertrag wird vermindert. Auch
die Photosyntheseleistung reduziert
sich, und sofern ein akuter Wassermangel in der Reifephase auftritt, wird
die Zuckereinlagerung verringert. Bei
fortdauerndem Trockenstress setzt
eine Vergilbung der Blätter in der Traubenzone ein und die Traubenqualität
kann in der Folge stark beeinträchtigt
werden. Durch Trockenschäden wird
auch die Reservestoffeinlagerung vermindert und die Winterfestigkeit bzw.
die Stressfestigkeit der Reben im Folgejahr wird reduziert.
Messung der Bodenfeuchte: Das im
Obstbau angewandte Tensiometer ist
durch den begrenzten Schwellenwert
von bis zu -0,85 bar (-85 kPa) im
Weinbau nicht verwendbar. Bei dieser
Saugspannung besteht bei Weinreben
noch kein Bewässerungsbedarf.
Zur Messung der Saugspannung im
Boden eignet sich im Weinbau der
Watermark Sensor. Dieser wird vom
Versuchszentrum Laimburg schon seit
mehreren Jahren in Bewässerungsversuchen zur Messung der Bodenfeuchte eingesetzt. Über ein Kabel
werden die Elektroden am Messgerät
angeschlossen und der elektrische
Widerstand gemessen. Diese Messwerte sind vom Feuchtezustand des
Sensors und daher vom umliegenden
Boden abhängig. Die Saugspannungswerte werden direkt auf dem Display
angezeigt. Der Messbereich reicht bis
zu einem Unterdruck von -2 bar (-200
kPa).
06
/0
13 4/2
/0 01
20 4/2 0
/0 01
27 4/2 0
/0 01
04 4/2 0
/0 01
11 5/2 0
/0 01
18 5/2 0
/0 01
25 5/2 0
/0 01
01 5/2 0
/0 01
08 6/2 0
/0 01
15 6/2 0
/0 01
22 6/2 0
/0 01
29 6/2 0
/0 01
06 6/2 0
/0 01
13 7/2 0
/0 01
20 7/2 0
/0 01
27 7/2 0
/0 01
03 7/2 0
/0 01
10 8/2 0
/0 01
17 8/2 0
/0 01
24 8/2 0
/0 01
31 8/2 0
/0 01
8/ 0
20
10
5/2011
Saugspannung im Boden, centibar
0
50
100
150
200
250
trocken, 50 cm
bewässert, 50 cm
Dieser Sensor ermöglicht eine einfache Dateninterpretation und hat einen
geringen Wartungsaufwand. Zudem
ist er nicht frostempfindlich und kann
auch über den Winter im Boden bleiben. Der Watermark Sensor hat eine
Lebensdauer von maximal fünf Jahren.
Der Anschaffungspreis ist im Vergleich
zu anderen Sensorentypen für die
Bodenfeuchtebestimmung
niedrig.
Etwas aufwändig ist das regelmäßige
Ablesen der Bodenfeuchtewerte mit
dem speziellen Handlesegerät, besonders wenn mehrere Messungen in
verschiedenen Parzellen durchgeführt
werden. Die Aufzeichnungen können
auch durch einen Datalogger erfolgen
(auch in Kombination mit einer Wetterstation) und damit zu Hause am PC
abgerufen und beobachtet werden.
Vor dem Einbau des Sensors sollte
eine repräsentative Messstelle in der
Rebanlage ausfindig gemacht werden.
Da der Sensor im Wurzelbereich installiert werden soll, ist es auch sehr
wichtig, dass die Reben in unmittelbarer Nähe einer „durchschnittlichen“
Pflanze entsprechen, also weder zu
schwach noch zu stark sind. Da die
Feuchtigkeit im ungestörten Boden
gemessen werden soll, ist es am besten, mit einem Bodenbohrer bis in
die gewünschte Tiefe vorzubohren.
Der Sensor wird dann eingesetzt und
sollte mit dem gleichen Bodenmaterial eingeschlämmt werden. Es sollte
dabei unbedingt beachtet werden,
dass zwischen dem Sensor und dem
Erdreich keine Luftspalten entstehen.
Die Nachteile dieses Sensors sind der
Grafik 1:
Bodenfeuchteverlauf in
50 cm Tiefe.
Blaue Pfeile
zeigen Wassergaben
an. Bewässerungsversuch bei
Sauvignon
blanc, Terlan
2010.
Einfluss der Bodentemperatur auf die
Messgenauigkeit und eine etwas trägere Reaktion auf die Änderung der
Bodenfeuchte im Verhältnis zu anderen Messmethoden.
In Grafik 1 ist der Bodenfeuchteverlauf in 50 cm Bodentiefe der nicht
bewässerten Parzellen der Variante
„Trocken“ und einer bewässerten Parzelle des Bewässerungsversuchs in
Terlan mit der Sorte Sauvignon blanc
dargestellt. Während in der bewässerten Variante mit vier Wassergaben ein
andauerndes intensives Austrocknen
des Hauptwurzelraumes vermieden
wurde, fand in der Variante „Trocken“
schon ab Ende Mai eine starke Wasserabnahme statt und erreichte Ende
Juni den Schwellenwert von -150 centibar. Die intensive Trockenheit dauerte bis Mitte August an. Die darauf
folgenden intensiven Niederschläge
ließen die Bodenfeuchte wieder ansteigen.
FDR Sensoren: Eine indirekte Me-
thode zur Bodenfeuchtebestimmung
stellen die so genannten „kapazitiven“
Sensoren dar. Die FDR Sensoren (Frequency Domain Reflectometry) messen die Dielektrizitätskonstante des
Bodens, die zwischen zwei Elektroden gemessen wird. Wasser hat eine
Dielektrizitätskonstante von etwa 80,
während dieser Wert für mineralische
Böden zwischen 2 und 5, und für Luft
bei 1 liegt. Anhand dieser Werte wird
der volumetrische Wassergehalt des
Bodens in Volumenprozent erfasst.
Um keine Messfehler zu erhalten,
ist auf einen sachgerechten Einbau
mit gutem Bodenkontakt zu achten.
Verschiedene Störungen der Bodenmatrix (insbesondere Luftspalten)
können die Messwerte fälschen. Für
genaue, absolute Werte des Wassergehalts wäre eine bodenspezifische
Kalibrierung (Eichung) der Sensoren
notwendig. Diese wird hauptsächlich
für wissenschaftliche Untersuchungen
durchgeführt. Im Handel werden unterschiedliche Sensoren von verschiedenen Herstellern angeboten.
Sentek-Sonden: Seit mehreren Jahren wird in einem Bewässerungsversuch des VZ Laimburg in Schreckbichl
(Girlan) das Bodenfeuchte-Mess-System „EnviroSCAN“ der Firma Sentek
Pty Ltd aus Australien benutzt. Dieses
besteht aus einem Datenaufzeichnungsgerät (Datalogger), Stromversorgung, Solarpaneel und vier Bodenfeuchtesonden mit jeweils sechs FDR
Sensoren in 10 cm, 20 cm, 30 cm, 40
cm, 60 cm und 80 cm Bodentiefe.
Das Messintervall ist auf 30 Minuten
-10 cm
Grafik 2:
Bodenfeuchteverlauf in
10, 20, 30,
40, 60 und
80 cm Tiefe.
Nicht bewässerte Parzelle, Girlan/
Schreckbichl,
2010.
-20 cm
-30 cm
-40 cm
-60 cm
-80 cm
Bodenaustrocknung
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eingestellt. Mittels PC und einer eigenen von der Firma Sentek entwickelten Software kann die Bodenwasserdynamik, ausgedrückt in mm pro dm
Bodenschicht oder Vol%, von jeder
gewünschten Bodentiefe oder auch
von der Gesamttiefe in Form einer
Grafik dargestellt werden.
In Grafik 2 ist der Bodenfeuchteverlauf im Jahr 2010 in den verschiedenen Bodentiefen der nicht bewässerten Parzelle (Variante „Trocken“)
dargestellt. Es kann deutlich erkannt
werden, bis in welche Tiefe die natürlichen Niederschläge eingedrungen
sind (Spitzen nach oben). Somit ist
der Wassergehalt in 10 cm Bodentiefe bei jedem Niederschlagsereignis
angestiegen, während bis in 60 und
80 cm Bodentiefe nur wenige Niederschläge vorgedrungen sind. Eine starke Wasseraufnahme mit folgender Bodenaustrocknung fand im Monat Juni
statt und weiters auch in der zweiten
Hälfte des Monats August. Die intensiven Niederschläge im Zeitraum vom
10. bis 16. August befeuchteten den
Boden bis in eine Tiefe von 80 cm. Ab
etwa der ersten Julidekade bis Mitte
August verlaufen die Linien flach. Das
bedeutet, dass in diesem Zeitraum in
den betreffenden Bodenschichten für
die Rebe kein Wasser zur Verfügung
stand. Anhand dieser Aufzeichnungen
kann also auch beobachtet werden,
aus welcher Bodentiefe die Rebwurzeln das Wasser entnehmen.
Messung des Wasserpotenzials: Die
Wasserversorgung der Reben kann
direkt anhand des Blattwasserpotenzials gemessen werden. Dabei wird
ein gut ausgebildetes Blatt aus der
Traubenzone entnommen und in die
Druckkammer (Scholander Bombe)
eingespannt, sodass der Blattstiel aus
der Kammer ragt. Daraufhin wird das
Blatt einem kontinuierlichen steigenden Luftdruck (Stickstoff-Sauerstoff)
ausgesetzt und dieser entspricht bei
Austritt des Xylemsaftes aus dem
Blattstiel dem Wasserpotenzial des
Blattes.
Bei der Messung des Blattwasserpotenzials können drei Verfahren verwendet werden.
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Die Messung des Blattwasserpotenzials vor Sonnenaufgang (Predawn Water Potential) basiert auf der Erkenntnis, dass sich die Rebe in der Nacht
wieder mit Wasser anreichert. Wieweit
ihr das gelingt, hängt weitgehend von
der Wasserverfügbarkeit des Bodens
ab. Dieses Verfahren wird in zahlreichen Versuchen in Deutschland,
Österreich, Schweiz u.a. verwendet.
Die Messung des Blattwasserpotenzials zu Mittag (Leaf Midday Potential)
und das Stammwasserpotenzial zu
Mittag (Stem Water Potential) werden
ebenfalls in einigen Weinbauländern
wie Kalifornien, Australien usw. angewandt.
In den Bewässerungsversuchen des
VZ Laimburg wurden Messungen des
Stammwasserpotenzials durchgeführt.
Dabei wurden die Haupttriebblätter
der Traubenzone zwischen 10 und
11 Uhr MEZ in Plastiktüten eingepackt
und mit einer Aluminiumfolie abgedeckt. Die Messungen an den nicht
transpirierenden Blättern erfolgten
zwischen 13 und 15 Uhr MEZ. Ein großer Vorteil dieses Verfahrens besteht
darin, dass die Messungen tagsüber
erfolgen können. Andererseits zeigt
sich der Nachteil, dass man innerhalb
kurzer Zeit zweimal dieselbe Anlage
aufsuchen muss. Die untertags gemessenen Wasserpotenziale sind
auch von den klimatischen Bedingungen, insbesondere vom herrschenden
Dampfdrucksättigungsdefizit der Luft
mit geprägt, was mit zu berücksichtigen ist. In den Bewässerungsversuchen am VZ Laimburg zeigt sich häufig, dass die Extremvarianten, also die
Variante ohne Bewässerung wie auch
die regelmäßig intensiv bewässerte
Variante, über weite Strecken nur geringfügig in den gemessenen Wasserpotenzialen voneinander abweichen,
auch dann, wenn sich die Varianten
in der Wuchsstärke und -dauer sowie in der Ertragsleistung sehr deutlich unterscheiden. Daher ist auch bei
diesem Verfahren die Situation der
Anlage immer mit zu berücksichtigen.
Für die Bewässerungssteuerung in der
Praxis wäre die Wasserpotenzialmessung jedenfalls zu aufwändig.
Schluss
Die Ergebnisse langjähriger Bewässerungsversuche auf unterschiedlichen
Standorten und mit verschiedenen
Sorten zeigen, dass unter Südtiroler
Verhältnissen sehr viel leichter Ertragsreduzierungen infolge von Wassermangel auftreten als gravierende
Qualitätseinbußen.
In der ersten Phase des Triebwachstums ist mit geringen Wassermengen
eine ausreichende vegetative Entwicklung anzustreben. Zuviel Wasser
in dieser Phase ist zu vermeiden, um
Luxuskonsum und zu starkes vegetatives Wachstum nicht aufkommen zu
lassen.
Im Sommer können ausgedehnte
Trockenphasen mit Temperaturen um
35 °C auftreten. Intensive Bodenaustrocknung in dieser Zeit führte in den
Versuchen zu starker Einschränkung
der Leistung der Rebe und bei längerem Andauern der Situation immer
zu negativen Begleiterscheinungen.
Eine fortgeschrittene Austrocknung
des Hauptwurzelraumes in sommerlichen Hitzephasen sollte daher nicht
aufkommen oder zumindest zeitlich in
Grenzen gehalten werden.
Sobald in der Reifephase der Trauben
die Temperaturen zurückgehen und
die Tage kürzer werden, sinkt auch
der Wasserverbrauch der Rebe. Daher sind besonders in der Reifephase
nur kleine Wassergaben pro Bewässerungstermin zu empfehlen. Sie sind
nur bei fortgeschrittener Bodenaustrocknung im Hauptwurzelbereich der
Rebe angezeigt.
Durch die zunehmende Intensität der
Hitzephasen und die relativ leichten
Bodenverhältnisse im Südtiroler Weinbau gewinnt die Zusatzbewässerung
an Bedeutung. Die Messung der Bodenfeuchte im Hauptwurzelraum der
Rebe, ist zumindest in eher leichten
Böden ein guter Anhaltspunkt zur
Steuerung der Bewässerung. Das
Beobachten der Anlage und die Erfahrung mit dem jeweiligen Standort
sind zudem in die Entscheidungen mit
einzubeziehen.