diagonal 2009-1 - Psychiatrie Baselland

Transcrição

diagonal 2009-1 - Psychiatrie Baselland
1
09
Kantonale Psychiatrische Dienste
Baselland
Im Garten des Lebens
ist Humor der beste Dünger.
diagonal
Editorial
Da sollte es mir doch leicht fallen, Sie
in die neue Ausgabe des thematisch
sehr breit gehaltenen diagonal mit
einem passenden Editorial einzuführen.
Sie finden in ihm Artikel über das Ko­
chen, über die Kinderkrippe Waldelfe,
über die in Planung begriffenen neuen
Tarifstrukturen, über die transkulturelle
Psychiatrie, über die psychische Ge­
sundheit der Schweizer Bevölkerung,
über Elektrovelos, über Verbesserung in
der ambulanten Krisenbehandlung,
über CIRS und KVP, über ein Theater­
projekt und sogar über die Leidenschaft
für den Dudelsack. Am Schluss dann
noch ein bemerkenswert offenes Inter­
view mit dem abtretenden Landratsprä­
sidenten Peter Holinger.
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Es ist Sonntagnachmittag, draussen
ziehen die Wolken bei kräftigem, fast
stürmischem Wind über den blauen
Himmel. Von meinem Büro zu Hause
habe ich einen weiten Blick über das
Mittelland. Heute reicht er sogar bis
zu den Alpen.
Das ist einmalig und eröffnet viele
Möglichkeiten. Meine Zeit als Ärzt­
licher Leiter KPD möchte ich mit dazu
nutzen, die noch nicht umgesetzten
Projekte der Folgeplanung II verwirkli­
chen zu helfen. Dann können wir un­
seren Blick auf die Folgeplanung III
richten.
Trotz der heutigen klaren Luftverhält­
nisse habe ich keine freie Sicht auf das
Mittelmeer. Ich hoffe, dass es denjeni­
gen, die bald in die Sommerferien fah­
ren werden, vergönnt sein wird, ihre
Blicke auch über das Meer oder andere
Ferienlandschaften schweifen zu lassen.
Allen, die zu anderer Zeit ihre Ferien
nehmen werden, wünsche ich trotzdem
möglichst viele freudige und klare Som­
merstunden zu Hause.
Die Kantonalen Psychiatrischen Diens­te
bieten unter einem Dach unserer Kan­
tonsbevölkerung eine breite psychia­tri­
Dr. med. Alexander Zimmer
sche Versorgung über alle Alters­stufen, Ärztlicher Leiter KPD
Krankheitsbilder und Behand­­­lungs­
stufen von ambulant über teilstationär
zu stationär an. Unsere Versorgungspla­
nung basiert auf einem fachlich breit
abgestützten Psychiatriekonzept mit den
entsprechenden Folgeplanungen, die
politisch verankert sind und den jeweils
aktuellen epidemiologischen und ge­
sellschaftlichen Entwicklungen Rech­
nung tragen und daraus konkrete
Massnahmen für die jeweils nächste
Planungsdekade vorschlagen.
Inhaltsverzeichnis
2Editorial
3 Umsetzung Folgeplanung ll
— Ausbau der Krisenintervention an
den EPD Liestal
5Transkulturelle Psychiatrie
— Die Bedeutung des Kulturwechsels
– macht Auswanderung krank?
8 zu Gast
— Landratspräsident Peter Holinger
10Theaterprojekt Förderstätte
— «Der Applaus hing noch lange in
der Luft»
2
12Qualitätsmanagement
— CIRS und KVP – «Motoren» für ein
nachhaltiges Qualitätsmanagement
14Psysuisse
— Eine nationale Tarifstruktur
für die Psychiatrie
21Hobby
— Passion Dudelsack
22Gesundheitsbericht
— Wie gesund ist die Psyche der
Schweizerinnen und Schweizer?
24diagonal persönlich
16Job Coaching
— Integrative Arbeitsplätze sind
gefragt
19Familienergänzende Kinderbetreuung
— Kita Waldelfe: Lebensraum für
Kinder
20MUBA 2009
— Abenteuer Kocharena
26Kunst in der Psychiatrie
— Bildgeschichten
26kreuz & quer
27Personelles
— Eintritte, Jubiläen, Pensionierungen
Umsetzung Folgeplanung ll
Ausbau der Krisenintervention
an den EPD Liestal
Eine Erweiterung der bestehenden Angebote der
Externen Psychiatrischen Dienste in der gemeinde-­
psychiatrischen und teilstationären Krisenhilfe
soll neue Möglichkeiten für die frühe Rehabilitation
und die Behandlung akuter und komplexer psychosozialer Problemstellungen eröffnen.
In der Folgeplanung II zum Psychiatriekonzept Basel-Land­
schaft1 wurde folgende Feststellung gemacht: «Zunahme
prinzipiell integrationsfähiger Patientinnen und Patienten,
die auf dafür wenig vorbereitete Versorgungsstrukturen
treffen.»
Der Schlussbericht der Folgeplanung, der vom Landrat am
19. August 2003 zustimmend zur Kenntnis genommen
wurde, forderte deshalb «den Ausbau der Tagesversorgung
und eine Verstärkung ihres Profils in Richtung Krisenhil­
fe und Rehabilitation. (…) Die bestehenden Tageskliniken
in Liestal und Münchenstein werden personell so ergänzt,
dass sie eine aktivere Rolle in der Krisenintervention und
aufsuchenden Behandlung sowie in der Rehabilitation ga­
rantieren können.»
Die geplanten Massnahmen im Einzelnen
Anpassung des internen Zuweisungsweges, der
Triagierung und des Rapportwesens
Die Behandlung von Krisenpatienten und -patientinnen
erfordert eine intensivere Kommunikation unter den be­
teiligten Personen aus den entsprechenden Subteams der
EPD. Deshalb soll die heutige Rapportstruktur der EPD auf
täglich je 15 Minuten am Morgen und Nachmittag ausge­
baut werden.
Erweiterung der Tagesklinik Liestal von 20 auf 24
Behandlungsplätze
Die Erhöhung der Zahl der Behandlungsplätze der Tages­
klinik Liestal von 20 auf 24 ist wegen der seit Jahren be­
Die Externen Psychiatrischen Dienste (EPD) greifen nun stehenden extrem hohen Auslastung notwendig und wird
die Aufträge aus der Folgeplanung II in einem Konzept erst die Möglichkeit schaffen, das Tagesklinikangebot auch
auf und setzen sie mit geeigneten «institutionellen und qualitativ zu differenzieren.
konzeptionellen Massnahmen» zunächst im oberen Kan­
tonsteil um. Der obere Kantonsteil wurde für einen ersten Die Tagesklinik Liestal soll eine aktivere Rolle in
Schritt ausgewählt, da an den EPD Liestal im Vergleich zu der Krisenintervention spielen
den EPD Bruderholz / Münchenstein ausbaufähige räum­ Sechs der dann 24 Behandlungsplätze der Tagesklinik Liestal
liche Möglichkeiten und geeignete strukturelle Bedingun- sollen für Patienten und Patientinnen in krisenhaften Be­
gen zur Umsetzung vorhanden sind. Zudem bietet die Nähe handlungsphasen zu Verfügung stehen. Da diese Patienten
zur Kantonalen Psychiatrischen Klinik optimale Möglich­ und Patientinnen einen intensiveren Behandlungsbedarf
haben, wird das Behandlungskonzept angepasst und das
keiten zur abgestuften Krisenintervention.
In einem zweiten Schritt soll das Konzept in Zusammen­ Behandlungsteam entsprechend personell verstärkt.
hang mit der geplanten Zusammenlegung der beiden
EPD-Standorte Bruderholz und Münchenstein auf dem
Bruderholzareal und mit dem dortigen Aufbau einer wei­
teren Tagesklinik auch auf das untere Baselbiet ausgedehnt
werden.
1
Cahn T. / Baer N.: Folgeplanung II zum Psychiatriekonzept des Kantons
Basel-Landschaft, 2003, Verlag Kanton Basel-Landschaft
3
Umsetzung Folgeplanung ll
Wochenendbetreuung in der Tagesklinik für
Menschen in einer psychischen Krise
Patientinnen und Patienten in psychischen Krisen sind
auch an Wochenenden und Feiertagen auf ein Behand­
lungssetting angewiesen. Die Krisenbehandlungsfähigkeit
der Tagesklinik wird durch die halbtageweise Öffnung an
diesen Tagen weiter erhöht.
Erfahrungen aus anderen Kantonen zeigen, dass die mei­
sten Fragen von Patientinnen und Patienten sowie von An­
gehörigen ausserhalb der Dienstöffnungszeit telefonisch be­
antwortet werden können. Die pikettdiensthabende Person
des GRP-Tagesklinik-Teams wird in dringenden Fällen aber
auch ausrücken können. Sie kann, falls notwendig, dabei
auf den ärztlichen Pikettdienst der EPD zurückgreifen.
Notfallbereitschaft und ambulante intensive
(aufsuchende) Krisenbehandlung durch das
Gemeinde- und Rehabilitationsteam (GRP-Team)
während den Öffnungszeiten
Zusammenfassung und Ausblick
Mit den verbesserten aufsuchenden Krisenbehandlungs­
möglichkeiten in Verbindung mit einer Erhöhung der Be­
handlungsplätze der Tagesklinik und einer qualitativen
Differenzierung des tagesklinischen Settings sollen Lücken
in den Schnittstellen verschiedener Behandlungsangebote,
insbesondere zwischen ambulant und stationär, geschlos­
sen werden. Dadurch können die Kantonalen Psychiat­
rischen Dienste eine optimale, abgestufte Kriseninterven­
tion von ambulant über teilstationär zu stationär im Sinne
moderner psychiatrischer Versorgungsprinzipien2 anbieten,
die sowohl den Patientinnen und Patienten als auch deren
Angehörigen zugute kommt.
Die im oberen Kantonsteil gemachten Erfahrungen sollen
dabei in eine Konzeption für das zukünftige Angebot eines
vollständig ausgebauten EPD-Standortes auf dem Bruder­
holz für das untere Baselbiet einfliessen. ■
Während den Öffnungszeiten der EPD sollen Mitarbeitende
des gemeinde- und rehabilitationspsychiatrischen Teams,
also erfahrene Pflegekräfte, Sozialarbeiter, Sozialpädago­
ginnen und Psychologen, analog der Notfallbereitschaft der
Assistenzärzte und -ärztinnen, für die Abklärung, Planung
der weiteren Behandlung und deren Umsetzung auch im
Sinne einer intensiven, aufsuchenden Krisenbehandlung
zur Verfügung stehen.
Diese Dienstleistung kann auch durch die Kantonale Psy­
chiatrische Klinik (KPK) bei frühen, allenfalls überstürzten
Austritten von Patientinnen und Patienten aus der statio­
nären Behandlung zur kurzfristigen Planung und Durch­
führung einer intensiven Nachbehandlung in Anspruch
genommen werden.
Dr. Alexander Zimmer,
4
Pikett-/Telefonbereitschaft des GRP-Teams
Chefarzt Externe Psychiatrische Dienste
ausserhalb der Öffnungszeiten
Eine intensive Krisenbehandlung bedingt die Möglichkeit,
dass Patienten und Patientinnen sowie Angehörige auch
ausserhalb der Dienstöffnungszeiten der EPD bei Bedarf
professionelle psychiatrische Unterstützung erhalten kön­
nen. Zusätzlich zum ärztlichen Pikettdienst der EPD soll
deshalb eine gemeinsam durch das Personal des GRPTeams und der Tagesklinik Liestal getragene Pikett- und
Telefonbereitschaft zur Verfügung stehen.
Leitfaden zur Psychiatrieplanung der Schweizerischen Konferenz der Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren, Bern, Juli 2008
2
Transkulturelle Psychiatrie
Die Bedeutung des Kulturwechsels
– macht Auswanderung krank?
Menschen aus unterschiedlichen Herkunftskulturen zeigen im Krankheitsfall oft abweichende Verhaltensweisen, die in
der Tradition ihrer Sozialisationskultur fussen. Ohne Berücksichtigung dieser Unterschiede bei der medizinischen
Behandlung, insbesondere bei chronischen und/oder psychosomatischen Leiden, ist kaum eine dauerhafte Genesung
zu erzielen.
«Fremde» in der Schweiz entstammen vielfach anderen
Medizinkulturen. Entsprechend prallen bei Krankheits­
fällen und ärztlichen Interventionen verschiedene Welten
aufeinander. Die Beziehungen, die im Zentrum der me­
dizinischen Interaktion zwischen Patient, Patientin und
Fachperson stehen, können bewusst und unter Berücksich­
tigung der bekannten Aspekte gestaltet werden. Die Sen­
sibilisierung hinsichtlich möglicher Verschiedenheiten und
Konfliktzonen in der Beratung und Behandlung von Men­
schen mit Migrationshintergrund kann ein erster Schritt
sein. Der zweite ist es dann, nicht nur die Unterschiede
und Eigenarten des Anderen zu erfassen, sondern ebenso
die Gemeinsamkeiten zu suchen.
Medizinethnologische und transkulturelle Konzepte
In den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts sprach man
erstmals von kulturspezifischen Krankheitsklassifikationen
– die Gesellschaft wurde kulturspezifisch wahrgenommen.
Der aktuelle, politisch korrekte Begriff lautet «Transkultu­
ralität» oder auch «Diversity Management». Die Entwick­
lung der Gesellschaft führte zu steigender Heterogenität,
Migranten finden sich in jeder sozialen Schicht – und das
nicht nur in Europa, sondern weltweit. Transkulturalität ist
zum Alltag geworden.
Lenka Svejda-Hirsch
Sozialwissenschafterin EPD
Zentral ist jedoch immer noch die Frage: Wie hängen die
Wahrnehmung der Wirklichkeit, das Denken und der äussere
Ausdruck der inneren Empfindungen zusammen? Prallen in
Form zweier Menschen unterschiedlicher Herkunft zwei
verschiedene kulturelle Systeme aufeinander, so können
Kommunikationsschwierigkeiten auftreten, im Krank­
heitsfall zwischen Fachperson und Patientin oder Patient.
Diese sind meistens umso grösser, je weiter auseinander­
liegend und unterschiedlicher die Herkunftskulturen der
betreffenden Personen sind. Wirksam sind auch andere
verbindende oder trennende Faktoren wie Bildungsstand,
Sprachkenntnisse, die Art des Problems, das Geschlecht
der Beteiligten, die aktuelle Lebenssituation und andere
mehr. Da wir vielschichtig kommunizieren, ist auch nicht
die Sprache (oder deren Unkenntnis) allein für Kommu­
nikations- und Interaktionsprobleme verantwortlich zu
machen. Die Sprache an sich ist nur ein Symbolträger für
Zeichen und deren Bedeutungen, die weit unter der ver­
balen Oberfläche liegen.
Gerade in der Psychiatrie und Psychosomatik, wo an den
unsichtbaren Schnittstellen von «Körper und Seele» gear­
beitet wird, wird erkannt, dass der Mensch mehr als nur
ein Körper ist, der sich mit einer mechanischen Wartung
seiner inneren und äusseren Einzelteile zufrieden gibt. Mit
Christian Morgenstern können wir sagen: «Der Körper ist
der Übersetzer der Seele ins Sichtbare.»
Bei einer Migration wird also nicht nur das gewohnte Le­
bensumfeld verlassen, sondern auch das bekannte und
vertraute Medizinsystem. In diesem Sinn kann von ver­
schiedenen medizinischen Systemen gesprochen werden,
die erwiesenermassen Ähnlichkeit mit anderen soziokulturellen Funktionskreisen aufweisen: Erkrankungen und
der Umgang damit, die davon ausgelösten Prozesse sowie
die entsprechenden Institutionen sind alle miteinander
verbunden – und Kultur ist jeweils ein impliziter Teil die­
ser Realität. Auf der Patientenebene äussert sich das in
bestimmten Vorstellungen und Erwartungshaltungen, mit
denen Fachpersonen konfrontiert werden, und umgekehrt.
Konfliktzonen wie sprachliche Kommunikationsbarrieren,
fehlendes aktives Partizipieren an der Behandlung oder
schlicht (gegenseitiges) Unverständnis können entstehen.
5
Transkulturelle Psychiatrie
«Migration Friendly Hospitals» (MFH)
Ein Projekt der Kantonalen Psychiatrischen Klinik
Äussere und innere Schwellen senken
Rund 25 Prozent der Patientinnen und Patienten der KPK haben einen direkten • Kooperation mit den Externen Psychiatrischen Dien­
Migrationshintergrund, entsprechende Folgeprobleme und Erkrankungen. Auf­
sten bezüglich der genannten Ziele; Ausbauen und
grund der Erfahrungen der seit 2004 aktiven interdisziplinären Arbeitsgruppe der
Nutzen von Synergien zwecks gemeinsamer kantonaler
KPK und des wachsenden Bedarfs gezielter Verbesserungsschritte zur Behand­
Zuständigkeiten
lung von Migrantinnen und Migranten wurde in Anlehnung an MFH-Kriterien • Regionale Netzwerkarbeit mit migrationskompetenten
(Migration Friendly Hospitals) das MFH-Projekt mit Teilprojekten definiert:
Institutionen
• Verbesserte Möglichkeiten zur Religionsausübung bei
• Schwerpunkt Informations- und Wissensaustausch mittels Übersetzung:
nicht-christlichen Glaubensrichtungen
Verbesserte Komunikation mit den Patientinnen und Patienten als Voraus­
Ziel des Projekts mit voraussichtlicher Dauer von zwei Jah­
setzung für eine gleichwertige stationäre Behandlung von Migrantinnen
ren ist es, bestehende Kompetenzen und Ressourcen zu er­
und Migranten
• Schwerpunkt transkulturelle Diagnostik, Therapie und Pflege: Sensibilisie­ weitern, um die Chancengleichheit und Nachhaltigkeit der
Behandlungen zu verbessern.
rung und Kompetenzförderung der Fachmitarbeitenden bezüglich trans­
kultureller und migrationsbedingter Aspekte, die die psychiatrische und
Dr. phil. Dipankar Das, Psychologe KPK, Projektleiter
psychotherapeutische Behandlung beeinflussen und prägen.
• Kooperation mit entsprechenden MFH-Mitgliedern (psychiatrische Kli­
Weitere Informationen sind Mitarbeitenden der KPD im
niken / Institutionen) mit gleichen Zielsetzungen zwecks Wissenstransfer
Intranet unter KPK/Informationen zugänglich.
Macht Auswanderung krank?
Bei einer Migration, insbesondere bei einer unfreiwilligen,
erfährt das Individuum in der Regel Existenzverunsiche­
rungen, Trennungen mit Verlust emotionaler Bindungen
und sozialer Netze, evtl. Bedrohungen und trifft auf unbe­
kannte soziale Realitäten und Kulturmuster. Hinzu kommt,
dass dieses Erleben chronologisch nicht gestaffelt, sondern
oft synchron geschieht, d.h., alles bricht gleichzeitig he­
rein und kumuliert sich zu einer enormen psychischen
Belastung. Der Integrationsprozess kann, je nach erlebten
Belastungen, kürzer sein oder auch jahrelang andauern,
gegebenenfalls auch nie zum Abschluss kommen. Kommt
ein unsicherer Aufenthaltsstatus und damit die Ungewiss­
heit bezüglich der näheren Zukunft als zusätzlicher Stressor
hinzu, erhöht sich die Verletzlichkeit. Diese äussert sich
etwa in Ängsten, Depressionen oder paranoiden Reakti­
onen. Daraus können psychische und psychosomatische
Störungen resultieren. Soziale Problemlagen und persön­
liche Ressourcen haben einen grossen Einfluss auf die
psychische, emotionale und physische Gesundheit – nicht
nur bei Personen mit Migrationshintergrund. Bei letzteren
kann eine Migrations­anamnese Sinn machen und notwen­
dige Erklärungen liefern.
6
Alltagspraxis und transkulturelle Kompetenz
Die Forderung nach Chancengleichheit im Gesundheitssy­
stem birgt nicht zuletzt ein ökonomisches Interesse in sich:
Fühlen sich ausländische Patienten missverstanden oder
«schlecht behandelt», resultiert häufig ein «Ärzte-Noma­
dismus» oder «Ärzte-(S)hopping», das in der Regel weder
den Patienten nachhaltig hilft noch der Finanzsituation im
Gesundheitswesen gut tut. Insbesondere bei intrafamili­
ären Konflikten ist die Somatisation psychischen Leidens
sehr häufig. Ein weiterer Themenkreis ist die Sozialisation:
Oft steht unser Individualismus einer kollektiv orientierten
Sozialisation gegenüber, die einschliesst, dass über persön­
liche Gefühle nicht gesprochen wird.
Aus all diesen Gründen ist es notwendig, in der Behand­
lung von Menschen mit Migrationshintergrund einen
möglichst ganzheitlichen oder bio-psycho-sozialen und in
der Begegnung selbst wertfreien Ansatz zu praktizieren.
Gegebenenfalls braucht es Kenntnisse der Herkunftskul­
tur oder Dolmetscher-/Mediatorendienste für erfolgreiche
Therapeuten-Patienten-Interaktionen. Mit steigender Teil­
nehmerzahl im therapeutischen Setting steigt auch der
Zeit­aufwand. Transkulturell versierte Therapeuten und
Therapeutinnen müssen bereit sein, sich auf die fremden
Lebenswelten einzulassen, den Versuch einer Perspektiven­
übernahme einzugehen, und Empathie mitbringen. Nur
so kann ein transkulturell erfolgreiches therapeutisches
Setting initiiert werden. Der Aspekt der Gegenseitigkeit,
des Integrationsleitgedankens «fördern und fordern» ist im
Laufe der Behandlung zu thematisieren.
Transkulturelle Kompetenz 1 beinhaltet im Wesentlichen die
Fähigkeit, anderen Menschen in ihrer individuellen Lebensund Gesundheitssituation vorurteilsfrei begegnen zu können.
Sie ist im Gesundheitswesen von grosser Wichtigkeit, denn
unreflektierte Verallgemeinerungen und Vorurteile verhin­
dern den Blick auf die tatsächlichen Probleme von Patien­
ten und damit auch eine angemessene Behandlung.
1
Siehe auch SRK-Website: www.transkulturelle-kompetenz.ch
Medizinethnologische Konzepte liefern Hintergrundwissen und
Erklärungen und sollen im klinischen Alltag vermitteln
helfen durch:
• das Erweitern der Perspektive und damit des Verständnisses von Fachpersonen
• kulturspezifisches Wissen über Wahrnehmung, Klassifi­
kation und Beurteilung von Krankheit und Gesundheit
• das Benennen der Differenz bezüglich der Körper­­bilder und Seelenvorstellungen, aber auch das Suchen
nach Ver­bindendem, Gemeinsamem
Beziehungen aller Art, also auch therapeutische, bilden ein
zentrales Muster, das zusammen mit der Wahrnehmung
die Lebenswelt des Einzelnen weitgehend bestimmt. Es ist
anerkannt, dass Beziehungen im Zentrum aller Gesund­
heitsbestrebungen stehen. Ein möglichst gegenseitiges kul­
turelles Bezugswissen und die Berücksichtigung der indivi­
duellen Lebenswelten der Patienten können eine für beide
Seiten positive Interaktion ermöglichen. Nachfolgend ein
der Patientenzufriedenheitsbefragung 2008 entnommenes
Zitat:
«Da ich Deutsche bin und Ausländer[in], bin ich sehr
froh, dass es bei Ihnen auch deutsche Ärzte, Psychologen gibt, da ich [mich] von denen besser verstanden
fühle, also es keine Sprachbarrieren gibt.»
Den Fragen nach Sinnhaftigkeit, lebensweltlicher Orien­
tierung und ähnlichem nachzugehen und das patienten­
eigene Erklärungsmodell zu entwickeln, funktioniert am
besten im Kontext einer vertrauensvollen Beziehung. Ein
respektvoller Umgang mit den Patienten kann z.B. in der
Einstiegsfrage zum Ausdruck gebracht werden: «Ich weiss,
verschiedene Menschen haben unterschiedliche Vorstel­
lungen von Krankheit ... bitte helfen Sie uns, Ihre Sicht
der Dinge zu verstehen.» Und wie das Patientenzitat zeigt,
ist auch kein «Exotismus» notwendig, manchmal fangen
«fremde Welten» bereits vor der Haustüre an. ■
Lenka Svejda-Hirsch, lic.phil., MAS
Sozialwissenschafterin Externe Psychiatrische Dienste
Literaturzitate:
Bundesamt für Gesundheit (BAG; Hrsg.)
2007 Strategie Migration und Gesundheit (Phase II: 2008-2013), Bern:
BAG / EDI
Geertz, Clifford
1987 Dichte Beschreibung: Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme, Frankfurt a.M.: Suhrkamp
Svejda-Hirsch, Lenka
1996 Migration und Erkrankung: Medizinethnologische Sichtweise von Gesundheitsproblemen als Hilfe bei der Betreuung und Beratung von MigrantInnen, in: Einwanderung und Flucht: Überleben-Leben-Zusammenleben,
Handlungsmöglichkeiten im Gesundheits- und Sozialwesen, S. 78–89, Basel:
SGSG
Für alle Interessierten und zur
Vertiefung des Themas findet
im September 2009 in Zürich der
3. internationale interdisziplinäre
Kongress zur Transkulturellen
Psychiatrie statt. Details siehe
www.transkulturellepsychiatrie.ch/
home_Ch.html.
7
Zu Gast Landsratspräsident
«Manchmal kann eine Krise
auch eine Chance sein»
diagonal im Gespräch mit Landratspräsident Peter Holinger
Landratspräsident wird man
nicht von heute auf morgen, das
muss man sich «abverdienen».
Welches waren bisher für Sie die politischen Höhepunkte
des Präsidialjahres?
Landsratspräsident 2008 – 2009:
Peter Holinger
diagonal: Herr Holinger, kurz nach Ihrer Wahl am 19. Juni
Mussten Sie auch einmal einen Stichentscheid treffen?
Bis jetzt nicht. Es gab allerdings ein paar Abstimmungen,
die sehr knapp waren. Aber einen Stichentscheid durfte ich
ten sich in Spitalpflege begeben. Wie geht es Ihnen heute?
P. Holinger: Ich bin im Moment eigentlich zufrieden, es selber noch nicht fällen.
geht mir nicht schlecht. Ich habe im Anschluss an dieses
Interview einen Termin bei der Onkologin. Natürlich habe Weltpolitisch waren die letzten Monate von der Finanzkrise
ich hie und da gewisse «Bräschte» und die Erkrankung hat geprägt. Wie hat sich dies im Landrat ausgedrückt?
einen grossen Schaden hinterlassen – physisch und psy­ Bis jetzt noch nicht gross. Natürlich war die Unterdeckung
der Pensionskasse BL ein Thema. Auch die Beschäftigungs­
chisch ist es eine grosse Belastung.
lage, die ja mit der schwierigen Wirtschaftslage zusammen­
Damals war nicht klar, ob Sie auf die erste Landratssitzung
hängt, ist ein Thema. Vorstösse wurden eingereicht oder
nach den Sommerferien am 11. September 2008 wieder re- sind noch in Bearbeitung, die in diese Richtung zielen.
habilitiert sind. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Aber bisher wurde die Finanzkrise noch nicht so inten­
Es war sehr schwer für mich, da ich ja damals schon seit 13 siv diskutiert. Ich glaube nicht, dass im Kanton Baselland
Jahren Landrat war (heute seit 14 Jahren) und ich mich von einem Tag auf den anderen Weltuntergangsstimmung
auf dieses Amt sehr gefreut habe. Landratspräsident wird herrscht. Es ist sehr viel etabliert und auf gutem Funda­
man nicht von heute auf morgen, das muss man sich «ab­ ment strukturiert. Natürlich, die «Luftballone» in Amerika
verdienen». Als die Wahl am 19. Juni letztes Jahr stattfand, haben weltweit eine grosse Rolle gespielt. Unsere Banken
wusste ich in etwa, was auf mich zukommen wird, aber haben Fehler gemacht. Es war ein ganz grosser Fehler, dass
noch nicht ganz genau. Das zeigte sich dann erst in den sie sich darauf eingelassen haben.
Sommerferien. Ende Juli, Anfangs August musste ich ins Es ist für mich natürlich belastend, dass diese Krise gerade
Spital. Ich war drei Wochen in Isolation, danach noch im in meiner Amtszeit eingetroffen ist. Auf der anderen Seite
Zustand der Aplasie [Phase, in welcher sich die Zahl der bin ich schon so lange Landrat; ich war auch Landrat, als es
weissen Blutkörperchen in einem Tiefstand befindet]. Die das Attentat in Zug gab oder als das Flugzeug der Swissair
ersten beiden Sitzungen des Landrates konnte ich zur Hälf­ vor Halifax abgestürzt ist. Das sind genauer betrachtet ja
te leiten, die anschliessenden vollumfänglich.
2008 zum Landratspräsidenten sind Sie erkrankt und muss-
8
Thematisch behandelten wir im Landrat schwergewichtige
Traktanden, zum Beispiel den Richtplan, der sich eigentlich
mit der Zukunft unseres Kantons befasst: Wo soll es wel­
che Entwicklungen geben, wo welche Verkehrsflüsse usw.
Dieses wichtige Geschäft hat mich auch persönlich sehr in­
teressiert, da ich früher Präsident der Bau- und Planungs­
kommission war. Ein spezieller Teil daraus, Salina Rauri­
ca, der bei mir behandelt worden ist, war ein gewichtiges
zukunftsträchtiges Geschäft im Landrat. Selbstverständlich
gab es auch andere wichtige Themen wie das Budget des
Kantons, wo es nicht um Millionen, sondern um Milliarden
geht! Dies ist natürlich für jeden Landratspräsidenten eine
spezielle Herausforderung.
viel schlimmere Ereignisse, denn da ging es um Menschen­
leben. Das andere ist schlimm für die Weltwirtschaft, für die
Bevölkerung, für die Beschäftigungszahl, aber man kann
dies mit Arbeit auch irgendwie wieder egalisieren. Manch­
mal kann eine Krise auch eine Chance sein.
Welches waren die gesellschaftlichen Highlights des Jahres?
Natürlich gab es viele tolle Begegnungen mit Menschen im
ganzen Kanton aber auch ausserhalb des Kantons, bei An­
lässen, zu denen man sonst als «normaler» Landrat nicht
eingeladen wird. Zum Beispiel durfte ich mit Bundesrätin
Eveline Widmer-Schlumpf zu Abend essen. Auch Bundes­
rätin Doris Leuthard durfte ich an der MUBA-Eröffnung
Bei Amtsantritt haben Sie Ihre Ratskolleginnen und -kollegen
und am Pfeffingerforum die Hand geben. Und auf kanto­
gebeten, sich an die vorgegebene Redezeit zu halten.
naler, kommunaler und Vereinsebene, z.B. die GV der Han­
Bei welchen Themen war es für Sie besonders schwierig,
delskammer beider Basel, gab es viele Einladungen, die ich
diese Vorgaben durchzusetzen?
Gewisse Geschäfte können einfach und ohne grosse Dis­ nicht vergessen werde. Sie alle waren toll und bereichernd
kussionen beraten werden. Dann gibt es solche, die sehr für mein Leben.
intensiv und à fond diskutiert werden, manchmal zu tief
und zu lang... mit Redezeiten von 15 Minuten, die habe ich Welchen Rat geben Sie Ihrem Nachfolger, Hanspeter Frey,
nicht so gerne. Denn die Meinungen sind bereits vor jeder mit auf den Weg?
Landratssitzung in den Fraktionen gemacht. Redezeitbe­ Er braucht keine grossen Ratschläge von mir. Er kann das,
schränkungen, wie dies andere Parlamente kennen, wären das ist keine Frage. Auch er ist ein alter Fuchs, er ist gleich
lange im Landrat wie ich. Er weiss genau, dass auch er die
manchmal wünschenswert.
Sitzungsführung möglichst straff halten muss. Das Wich­
tigste für ihn ist, das sage ich jetzt aus eigener Erfahrung,
dass er keine gesundheitlichen Probleme hat. Das wünsche
ich ihm, natürlich auch sonst jedem. Allen Menschen wün­
sche ich Gesundheit, das kann ich wirklich so sagen.
Redezeitbeschränkungen, wie dies
andere Parlamente kennen, wären
manchmal wünschenswert.
Ende Juni 2009 ist Ihr Amtsjahr als Landratspräsident
schon wieder vorbei. Welche Ihrer persönlichen Hoffnungen
und Erwartungen sind in dieser Zeit erfüllt worden?
Ich hätte eigentlich gehofft, dass wir wirtschaftlich nicht
so durchgeschüttelt werden. Ansonsten habe ich jetzt
schon das erreichen können, was ich mir als Ziel gesetzt
habe. Man kann ja nicht zu Beginn der Amtszeit sagen,
das will ich und das mache ich. Auf das meiste kann man
nur beschränkt Einfluss nehmen – man ist sehr von aussen
gesteuert, von der Traktandenliste her etc. Ich finde, der
Landratspräsident sollte zurückhaltend sein, sich nicht zu
einem Geschäft äussern – man sollte sich so neutral wie
möglich verhalten.
Wissen Sie, wie viele Reden Sie in Ihrem Amtsjahr gehalten
und wie viele Anlässe, Essen, Apéros etc. Sie besucht haben?
Was werden Sie mit der neu gewonnenen freien Zeit tun?
Ich bin OK-Präsident des Kantonalschützenfests beider
Basel, das Ende Juni / Anfang Juli stattfindet. Und am 5. Juli
wird dort auch der letzte Schuss geschossen. Dann kann ich
wieder mehr auf mich selber schauen, vor allem auch ge­
sundheitlich. Ich bin jetzt schon ziemlich müde. Die HochDosis «Chemo» macht müde, hat man mir gesagt. Dann
möchte ich auch für das Geschäft [Willy Holinger AG] etwas
mehr Zeit aufwenden. Wir haben dieses Jahr unser 100-jäh­
riges Jubiläum. Der jüngste Sohn ist in der Sanitärlehre.
Jetzt muss ich noch ein wenig auf die Zähne beissen und
hoffen, dass er die Firma später übernehmen kann. Wenn
die Gesundheit und die äusseren Bedingungen es erlauben,
werde ich auch das TCS-Präsidium wieder übernehmen –
ich konnte es ja an den Vize-Präsidenten Christophe Haller
delegieren. Ich habe viele Ämter abgegeben und neue nicht
angenommen. Politisch habe ich – aus heutiger Sicht – kei­
ne grossen Ambitionen mehr. Als Landrat scheide ich dann
ja auch aus, spätestens 2011 wegen der Amtszeitgrenze.
Ich habe viele Hobbys, ich möchte gerne wieder in die
Berge gehen (wir haben eine Wohnung im Wallis). Und
auf See. Ein wenig mehr geniessen. Ich habe früher viele
Skitouren gemacht. Über Ostern war ich mit einem jun­
gen Walliser unterwegs. Und ich habe es geschafft, meine
Onkologin wird staunen! Ich bin 600 Meter auf 3000 m
über Meer mit den Tourenski gelaufen und nachher im
Tiefschnee wieder hinunter gefahren. Das hat mir sehr gut
getan. Solche Dinge werde ich wieder vermehrt machen,
wenn es geht. ■
Ich hatte einen schlechten Start und musste zurückhaltend
sein wegen meiner Gesundheit. Ich habe mich auch nicht
so getraut, mich in der Öffentlichkeit zu zeigen, ich hatte ja
keine Haare mehr. Ich habe es dann aber trotzdem getan.
Ich erhalte von politisch linken bis politisch rechten Krei­
sen Einladungen. Von ganz einfachen Anlässen bis hin zu
einer Einladung, bei der die Bundesrätin mit am Tisch sitzt.
Da muss man flexibel sein, und das war ich auch. Ich habe
gemacht, was ich konnte. Ich habe so viele Einladungen
wahrgenommen, wie es möglich war in der letzten Zeit.
Insgesamt waren das sehr viele Anlässe und Reden – zum
Teil vorbereitete, zum Teil auch spontane kurze mit Gruss­ Interview: Dominique Ehrsam
worten und Glückwünschen. Auf jeden Fall weit über hun­
dert Anlässe. Reden und Grussworte habe ich sicher etwa
40 bis 50 gehalten resp. ausgerichtet.
9
Theaterprojekt Förderstätte
«Der Applaus hing noch
lange in der Luft»
Für die 26 Bewohnerinnen und Bewohner des Wohnheims Windspiel fand Mitte Februar 09 ein
spezielles Theaterprojekt seinen erfolgreichen Abschluss: Im KPK-Mehrzweckraum gelangte das Stück
«Frederik oder was ist Arbeit?» nach der Erzählung von Leo Lionni zur Aufführung. Die Vorstellungen
stiessen beim Publikum, darunter viele Angehörige, auf grosse Begeisterung.
Die letzte Theateraufführung im Wohnheim Windspiel
fand vor rund zehn Jahren statt. 2007, so Manuel Bächle,
Leiter der Förderstätte und zuständig für die Projektorgani­
sation, ist im Team die Idee aufgekommen, wieder einmal
«ein tolles Projekt durchzuziehen mit dem Ziel, etwas zu­
sammen zu machen». Bei der Wahl des Stücks hätten sie
etwas gesucht, «das zu unseren Leuten passt, nicht zu ein­
fach, aber auch nicht zu komplex. Wir stiessen dabei auf die
Geschichte von Frederik, der Maus, die im Winter Farben
und Sonnenstrahlen sammelt.» Die 26 Bewohnerinnen
und Bewohner – Menschen mit schwerer geistiger Behin­
derung – machten mit. Unter ihnen finden sich sehr aktive
und extrem passive Menschen, die Altersspanne reicht von
20 bis 77 Jahren. Alle Rollen und Aufgaben mussten so
ausgewählt werden, dass niemand überfordert war.
10
Kommunizieren mit Bildern und Gesten
Das bedeutete für das siebenköpfige Team der Förderstätte
und weitere Kolleginnen und Kollegen vom Wohnheim
ein über Monate dauerndes riesiges Engagement. Die 13
Schauspielerinnen und Schauspieler sowie die Requisiten­
bastler und Kulissenmalerinnen wurden von Beginn des
Prozesses an einbezogen. Dies tönt einfacher, als es in Wirk­
lichkeit war. Denn «Frederik» konnte naturgemäss nicht
anhand der Geschichte einfach so nachgespielt werden.
Unter Anwendung von «unterstützender Kommunikati­
on» in Form von Bildern, Gesten sowie Gebärden wurden
die Bewohnerinnen und Bewohner langsam mit dem Pro­
jekt vertraut gemacht.
«Wir haben die Geschichte immer wieder vorgelesen –
jene, die sprechen können, konnten sich mit der Zeit etwas
unter Frederik vorstellen. Andere bekamen sicher mit, dass
sie an einem speziellen Anlass teilnehmen», erzählt Manu­
el Bächle. Es sei nicht einfach gewesen, denn es gab kein
Drehbuch. «Wir erarbeiteten die Szenen ad hoc von Fall zu
Fall und wussten beispielsweise bis zum Schluss nicht, ob
die jeweiligen Schauspieler ihre Rollen auch spielen wür­
den. Es gab für jede Rolle mehrere Kandidaten. Ob diese
jedoch zum Zeitpunkt der Aufführung auch tatsächlich
spielen konnten, war stark von der aktuellen Verfassung
jedes Einzelnen abhängig.» Seine Kollegin Catja Zwicker,
verantwortlich für die Regie, habe einen detaillierten Ab­
laufplan ausgearbeitet, erinnert sich Bächle schmunzelnd,
auf welchem sämtliche Schritte aller Beteiligten eingetra­
Vorbereitung: Die Requisiten und die
Kostüme in der Entstehung
gen waren und bei dem alle Eventualitäten vorgesehen waren, um im Notfall
eingreifen zu können. Aus diesem Grund sassen beispielsweise während den
Aufführungen mehrere Kollegen im Publikum oder begleiteten auf der Bühne
die Bewohner und Bewohnerinnen durchs Stück.
Erste Probe zwei Wochen vor Aufführung
Richtige Proben, wie sie auf Theaterbühnen üblich sind, fanden nie statt. «Die
Spannung stieg schon mächtig an. Erst zwei Wochen vor dem ersten Auffüh­
rungstermin haben wir mit Proben begonnen. Ein früherer Start hätte in einem
Chaos geendet. Änderungen wurden laufend an Ort besprochen, wobei natür­
lich nie klar war, wie präzis diese an der Aufführung umgesetzt würden.»
Die zahlreichen Stunden Einsatz haben sich gelohnt. Man habe viel positives
Feedback bekommen, betont Manuel Bächle. «Alles ging gut über die Bühne,
es gab kaum grössere Krisen. Die Doppelbesetzung der Rollen bewährte sich.
Und der Erfolg hat klar gezeigt, dass man mit der Auswahl des Stückes den
Leuten gerecht geworden ist. Sie konnten sich so einbringen, wie es letztlich
möglich ist.» Bächle erinnert sich gerne daran: «Jedenfalls hing der Applaus
noch lange in der Luft.»
Zurückblickend hält er fest, dass ein derartiges Vorhaben Lust auf mehr mache.
Er ist der Meinung, dass diese positiven Erfahrungen für ein neues Projekt ge­
nutzt werden sollten. «Auch als Team spürte man eine ganz andere Dynamik
bei der Arbeit an einem länger angelegten Projekt. Und für die Bewohner war
es etwas Besonderes, weil es den Alltag über lange Zeit auflockerte und sie zu
besonderen Leistungen anspornte.» ■
Madlen Blösch
«Frederik oder was ist Arbeit?»
Impressionen von den Vorstellungen
11
Qualitätsmanagement
CIRS und KVP – «Motoren» für ein
nachhaltiges Qualitätsmanagement
Seit einem Jahr verfügen die Kantonalen Psychiatrischen Dienste
über die Führungsinstrumente «Critical Incident Reporting System»
(CIRS) und «Kontinuierlicher Verbesserungsprozess» (KVP). Mit
ihnen soll das Kernziel des Qualitätsmanagements, die nachhaltige
Verbesserung und Optimierung der internen Abläufe, unterstützt
und gefördert werden.
CIRS in den KPD
Zwischenfall-Meldesysteme haben ihren Ursprung in der
Fliegerei und sind in der Schweiz schon seit über zehn Jah­
ren unter den Begriffen CIRS® oder CIRSmedical bekannt.
Das Ziel all dieser Systeme ist, in einer geschützten Umge­
bung den Benutzerinnen und Benutzern die Möglichkeit
zu geben, unter Wahrung der Vertraulichkeit oder der Ano­
nymität über kritische Vorfälle, Fehler oder Fehlleistungen
usw. in ihrem jeweiligen Arbeitsumfeld zu berichten.
Beispiele von kritischen Vorkommnissen in den KPD:
• Missverständnisse bezüglich Verordnungen oder Abma­
chungen
• nicht vorgenommene oder unklare Einschätzung von
Selbst-/Fremdgefährdung
• fehlende, mangelhafte, unklare Daten in der Patienten­
dokumentation
• Medikamentenverwechslungen
• Fehler in der Infrastruktur (Personennotruf, Türschlies­
sung usw.)
Die CIRS-Meldungen werden in den KPD systematisch ausge­
wertet und es werden daraus Verbesserungsmassnahmen abge­
leitet. Das CIRS ist also ein Element des Qualitätsmanagements
mit dem Schwerpunkt, geeignete Massnahmen zu finden, um
Fehlerquellen aufzuheben oder zu minimieren. Es liefert somit
die Handlungsgrundlage für systematische Verbesserungen der
Patientensicherheit. Ein Nachteil dieses Systems ist allerdings,
dass es wegen des anonymen Charakters der Meldung nur
beschränkt Rückschlüsse auf die detaillierten Hintergründe
eines Zwischenfalls zulässt. Eine profunde Analyse einzig auf
der Grundlage einer einzelnen Meldung ist etwas problema­
tisch. Dennoch können Häufungen einzelner Meldungen zu
einem Themenkreis (z.B. Medikationsfehler) zugeordnet wer­
den und dann Grundlage für eine systematische Analyse des
jeweiligen Bereichs der KPD darstellen.
12
CIRS sucht nicht Schuldige, sondern bietet die Chance:
• aus Fehlern und kritischen Ereignissen zu lernen
• kritische Abläufe und mögliche Schwachstellen zu er­
mitteln (Risikoerkennung)
• mögliche Fehler frühzeitig zu erkennen und zu lokali­
sieren
• Strukturen zu schaffen, die Fehler verhindern
CIRS-Meldesystem
Die Mitarbeitenden der Kantonalen Psychiatrischen Klinik
(KPK), der Externen Psychiatrischen Dienste (EPD), des
Psychiatrischen Dienstes für Abhängigkeitserkrankungen
(PDA) und des Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienstes
(KJPD) melden die kritischen Ereignisse anonym auf einem
speziellen Formular via Intranet. 2008 gingen rund 25
CIRS-Meldungen aus den einzelnen Bereichen ein. Aus
einigen Meldungen konnten bereits konkrete Massnahmen
zur Verbesserung der Patientensicherheit abgeleitet und in
der Folge umgesetzt werden.
Erfolgsfördernde Unternehmenskultur
der KPD für das CIRS
Der konstruktive, interdisziplinäre Umgang mit Fehlern,
das konsequente Umsetzen von
Verbesserungsmassnahmen, das laufende Feedback an die
Mitarbeitenden und die Unterstützung durch die
Geschäftsleitung der KPD machen unser CIRS erfolgreich.
CIRS beschleunigt die Entwicklung einer
Sicherheitskultur zugunsten unserer Patientinnen und
Patienten.
KVP in den KPD
Der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) wurde in
den 1980er-Jahren als die europäische Variante von KAI­
ZEN entwickelt. KAIZEN will die Fähigkeit aller Mitarbei­
tenden zur ständigen Verbesserung der Prozesse im Sinne
der Unternehmensziele aktivieren. In der freien Überset­
zung aus dem Japanischen bedeutet Kai = Veränderung,
Wandel; Zen = zum Besseren. Eben diese «Veränderung
zum Besseren» zielt auf nachhaltige Prozessverbesserungen
ab. Ob innerhalb eines definierten Prozesses oder aus ganz­
heitlicher Sicht auf die gesamte Prozesslandschaft der KPD,
die Zielsetzung bleibt die gleiche: Der KVP unterstützt die
Führungsverantwortlichen bei der stetigen Verbesserung
und Weiterentwicklung der vereinbarten Zielerreichung
und Prozessbeherrschung.
Der Kerngedanke des KVP stützt sich auf ein reiferes Men­
schenbild mit motivierten und gut ausgebildeten Mitarbei­
tenden. Jeder Mitarbeiter wird als Experte seiner Arbeit
angesehen, der die Probleme seines Prozessabschnitts am
besten kennt und passende Lösungen entwickeln kann. Die
Integration von Führungskräften auf allen Ebenen sowie
die Verknüpfung des KVP mit bestehenden Initiativen der
KPD sind wichtige Erfolgsfaktoren.
Leitlinien, Methoden und geeignete Tools helfen bei der
praktischen Umsetzung. Dabei geht es darum, kontinuierlich
kleinere stetige Verbesserungen der Prozesse zu erreichen.
Das Prinzip der ständigen Verbesserung beruht auf dem
von W. E. Deming entwickelten Plan-Do-Check-Act-Zyklus
(PDCA-Zyklus), welcher auch Deming-Kreis genannt wird
und zugleich Anwendungs- und Erklärungsmodell ist.
Verbesserungsvorschläge bzw. -ideen sind in
den KPD erwünscht
Verbesserungsvorschläge oder -ideen können von allen
Mitarbeitenden der KPD in Papierform oder über ein Mel­
deformular im Intranet an die jeweiligen Prozesseigner bzw.
Führungsverantwortlichen gemeldet werden. Bei den Vor­
schlägen geht es beispielsweise um folgende Kernthemen:
• Zufriedenheit aller Anspruchsgruppen erhöhen
• Qualität sichern und verbessern
• Ressourcen und Synergien entdecken
• Abläufe/Prozesse optimieren
• Motivation und Kreativität fördern
Seit der Einführung des KVP im Frühjahr 2008 gingen
aus den verschiedenen Bereichen der KPD zwölf KVPMeldungen ein. Verbesserungsmassnahmen sind teilweise
bereits erfolgreich umgesetzt worden.
Thomas Brand
CIRS und KVP – zwei Instrumente
mit unterschiedlichem Ansatz und gleichem Ziel
Die beiden Instrumente CIRS und KVP haben ein gemein­
sames Ziel: die nachhaltige Verbesserung! Dabei wird beim
KVP primär der Fokus auf die Optimierung und die Nut­
zung von verstecktem Potenzial der KPD gerichtet. Das
CIRS will durch das Transparentmachen von kritischen
Vorkommnissen die Patientensicherheit erhöhen.
Die stetige Verbesserung der Gesamtleistung der Institution
ist Ziel der KPD. Dabei sind CIRS und KVP zwei unver­
zichtbare Führungsinstrumente, welche in das Manage­
ment-System der KPD integriert sind, Mitarbeiterpotenzial
nutzen und die «Motoren» für ein nachhaltiges Qualitäts­
management darstellen. ■
Thomas Brand
Mitarbeiter Qualitätsmanagement KPD
13
Psysuisse
Eine nationale Tarifstruktur
für die Psychiatrie
Das H+-Projekt «Psysuisse» beschäftigt sich mit der Ausarbeitung eines nationalen Vergütungssystems
für Leistungen der stationären und tagesklinischen Behandlung in der Psychiatrie. Ein Bericht über
den Projektstand April 2009.
Die KVG-Revision schreibt für stationäre Gesundheitslei­ Zielsetzung (Auszug)
stungen künftig national einheitliche, leistungsorientierte • Einführung eines gesamtschweizerisch gültigen, lei­
stungsbezogenen Finanzierungssystems für die statio­
Pauschalen vor. Solche Leistungsspauschalen müssen auch
näre und tagesklinische Behandlung per 1. Januar 2011,
für die Psychiatrie entwickelt werden. Erfahrungen im Aus­
das die aktuellen und zukünftigen Versorgungs- und
land haben gezeigt, dass diagnosebezogene Fallpauschalen
Behandlungsangebote in der Psychiatrie transparent
wie in der Akutsomatik kaum ein gangbarer Weg sind. Vi­
abbildet und in allen psychiatrischen Institutionen und
sionäre Modelle leistungsorientierter Pauschalen würden
Diensten, unabhängig von ihrer Rechtsform, angewen­
scheitern an der schweizerischen politischen Wirklichkeit.
det werden kann.
Ein Modell der gleichen Finanzierung ambulanter und sta­
tionärer Leistungen beispielsweise ist in den nächsten zehn • Die nationale Tarifstruktur für die Psychiatrie basiert
auf einem psychiatriespezifischen Patientenklassifikati­
Jahren kaum möglich. Aber Lösungsansätze existieren.
onsmodell, das den Schweregrad der Erkrankung und
Ausgangslage
die Intensität der Behandlung nach Behandlungsange­
Die GV von H+ (Verband der Schweizer Spitäler) hat im
boten für Allgemeine Psychiatrie, Abhängigkeitskran­
Herbst 2005 das Projekt «nationale Tarifstruktur Psychiatrie»
ke, Gerontopsychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie
genehmigt. Damit erfolgte der Startschuss für die konkrete
und Forensik berücksichtigt.
Projektarbeit. In der Aktivkonferenz Psychiatrie sind Vertre­ • Das leistungsbezogene Finanzierungssystem für die
ter der drei Verbände der Chefärzte sowie der Spital- und der
Psychiatrie muss den aktuellen und den in Revision
Pflegedirektoren vertreten. Deshalb war es möglich, rasch
stehenden gesetzlichen Anforderungen des KVG, UVG,
eine breit abgestützte, regional repräsentative Fachkommissi­
IVG und MVG genügen, die geforderten Qualitäts- und
on zu gründen, die im Frühling 2006 ihre Arbeit aufnahm. Zu
Wirtschaftlichkeitskriterien erfüllen und Betriebsver­
Beginn stellte sie ein paar wenige, zentrale Eckwerte auf:
gleiche ermöglichen.
• Es soll eine nationale Tarifstruktur geben.
Pilotphase 1
• Diese deckt den ganzen stationären und tageskli­
Nach Abschluss der Voranalyse und Evaluationsphase 2006
nischen Bereich der Psychiatrie ab, auch die Bereiche
über bereits vorhandene Modelle und laufende Projekte im
der Kinder- und Jugendpsychiatrie und der Forensik.
• Die Lösung richtet sich nach den Vorgaben der Verord­ In- und Ausland galt es die Tarifpartner im schweizerischen
Gesundheitswesen (Gesundheitsdirektorenkonferenz GDK,
nung über die Kostenermittlung und das Leistungser­
Bundesamt für Gesundheit BAG, Verband der Kranken­
fassen (VKL). Sie integriert die Kostenträgerrechung
versicherer santésuisse und wichtige Krankenversicherer)
(REKOLE).
über das Projekt Psysuisse zu informieren und Instrumente
• Die nationale Tarifstruktur ist mit vertretbarem Auf­
für die erste Pilotphase 2008 zu entwickeln.
wand praxistauglich.
In der Fachkommission ergaben sich rasch zwei entschei­
dende Erkenntnisse:
• In der Schweiz und im Ausland gibt es kein Tarifsy­
stem, das die formulierten Eckwerte erfüllen kann.
• Das zentrale Element ist die landesweit einheitliche
Einteilung der Patienten nach Art der Behandlung,
nach Schweregrad der Erkrankung und nach Intensität
des Behandlungsaufwandes in eine sinnvolle und aus­
sagekräftige Gruppierung der nach VKL geforderten
Kostenträgerrechnung.
14
Gestützt auf die in der Psychiatrie-Personalverordnung
für Deutschland definierten Behandlungsbereiche und
-kategorien und die Erfahrungen und Ergebnisse der Vor­
projekte in den Kantonen Bern, Waadt und Genf ist ein
Einteilungsraster entwickelt worden, welches die Behand­
lungsbereiche und -kategorien in der Schweiz abbildet.
Das Einteilungsraster finden Sie mit der Projektbeschrei­
bung auf der Homepage von H+ Die Spitäler der Schweiz
(www.hplus.ch) unter Tarife und Preise, andere stationäre
Tarife.
Pilotphase 2
Die zweite Pilotphase 2009 ist von H+ Die Spitäler der
Schweiz mit einem Rundschreiben, an alle psychiatrischen
Institutionen der Schweiz adressiert, eingeleitet worden.
H+ und die Aktivkonferenz Psychiatrie erhoffen sich von
der zweiten Pilotphase eine hohe Akzeptanz für das Pro­
jekt Psysuisse, eine breite aktive Mitwirkung möglichst
vieler psychiatrischer Institutionen aus allen Regionen der
Schweiz und aussagekräftige Auswertungen, die mit den
Tarifpartnern im schweizerischen Gesundheitswesen für
die Weiterentwicklung eines gesamtschweizerisch einheit­
In der ersten Pilotphase sind die obgenannten, auf die lichen Leistungsvergütungssystems genutzt werden kön­
schweizerischen Verhältnisse zugeschnittenen Instrumente nen. Für die Phase 2 wird die Projektorganisation professi­
erstmals eingesetzt und erprobt worden. Die Auswertungen onalisiert und verstärkt. ■
haben Schwachstellen in Bezug auf die Projektorganisati­
on, die Datenmenge, die Qualität der Daten und die ein­ Bruno Guggisberg, Vorstandsmitglied H+
gesetzten Instrumente aufgezeigt, die im ersten Quartal
2009 behoben wurden. Dies gilt insbesondere für die De­ Christoph Wenk
finitionen im Einteilungsraster und die Umschreibung der Leiter Tarife und Verträge, UPD Bern
Beurteilungskriterien. Gleichzeitig wurden die Datensätze Projektmitglied psysuisse
überarbeitet und die Projektorganisation für die zweite Pi­
lotphase 2009 angepasst.
Für die Zuordnung der Behandlungsfälle in die einzelnen
Behandlungskategorien nach Schweregrad der Erkrankung
und Behandlungsaufwand sind Beurteilungskriterien erar­
beitet worden, die ohne grossen Instruktionsaufwand eine
einfache, rasche und einheitliche Beurteilung und Zuord­
nung ermöglichen. Fünf miteinander verbundene Datensätze sind für eine möglichst umfassende und aussagekräftige
Auswertung definiert worden. Datenschutzbestimmungen von
H+ stellen den Persönlichkeitsschutz bei der Erfassung und
der zentralen Verarbeitung der Daten sicher.
15
Job Coaching
Die Kantonalen Psychiatrischen Dienste bieten in den Werkstätten «Produktion» und «Abwaschküche» integrative und geschützte Arbeitsplätze
für psychisch beeinträchtigte Menschen an. Seit 2006 auch in Unternehmen der Wirtschaft.
Integrative Arbeitsplätze
sind gefragt
Der Leiter von «Arbeit und Beschäftigung» gibt Einblick in das Job Coaching.
Viele Menschen mit einer IV-Rente aufgrund einer psy­
chischen Beeinträchtigung haben den Wunsch nach einer
geregelten Arbeit. Manche finden diese an einem Arbeits­
platz in einer geschützten Werkstatt, manche werden aber
gerade da nicht glücklich. «Arbeit und Beschäftigung»,
kurz «AuB», bietet deshalb in den Werkstätten Produktion
und Abwaschküche für letztere Zielgruppe seit 1990 in­
nerhalb der eigenen Betriebe der KPD (Angebot IAP KPD)
und seit 2006 in Unternehmen der Wirtschaft (Angebot
IAP iU) sogenannte «integrative Arbeitsplätze» an, für Per­
sonen, die sich explizit einen Arbeitsplatz in einem Umfeld
von gesunden Menschen wünschen. Dort erbringen diese
Leistungen, die ihnen trotz der bestehenden Beeinträchti­
gung möglich sind. Die zu verrichtenden Arbeiten werden
in Zusammenarbeit zwischen Job Coach und jeweiligem
Betrieb entsprechend definiert, vertraglich vereinbart, ge­
staltet und begleitet.
Methodisch wenden die Job Coachs der AuB «Supported
Employment», genauer IPS (s. Kasten) an, um für die An­
gestellten der AuB erfolgreich Beschäftigungsverhältnisse
erreichen und längerfristig halten zu können. Sie begleiten
zurzeit zehn Arbeitsuchende im Integrationsprozess sowie
über 40 Angestellte an Arbeitsplätzen.
16
Aussagen wie «Diese Frau ist genau die Mitarbeiterin, die
ich brauche» (siehe den Bericht von Zyhra Salihi auf Seite
18) bestätigen das Gelingen der Integration. Sie sind der
Lohn der gemeinsamen Anstrengungen von mutigen Vor­
gesetzten, ermutigten Betroffenen und unterstützungs­
wirksamen Job Coachs.
Vor dem Coaching steht die Integrationsberatung
Zu Beginn ist immer der Wunsch von Betroffenen nach ei­
ner Arbeitsmöglichkeit da. Wenn die betroffenen Menschen
mit der AuB in Kontakt kommen und die Eingangsvoraus­
setzungen erfüllen, werden sie über die Integrationsbera­
tung in eine Arbeit geführt und mit dem anschliessenden
Job Coaching darin längerfristig begleitet.
Eingangsvoraussetzungen für das Angebot der AuB sind:
• IV-Rente
• regelmässige therapeutische Behandlung
• Motivation
• Befähigung für Arbeit
• keine akute Krise
• unterstützende Partner wie Familienangehörige, Kon­
taktpersonen der sozialen Sicherheit usw., die sich in
den Integrationsprozess einbinden lassen
orientieren
Erstkontakte
Übersicht des
Angebotes
vorläufige
Zustimmung
Das Vorgehen bei der Integrationsberatung und beim Job Der Zeithorizont bis zum Start der Arbeitssuche beträgt in
Coaching sieht folgendermassen aus:
der Regel etwa acht Wochen; die Suche selber dauert un­
terschiedlich lange, da sie auch von Faktoren abhängig ist,
die durch die Fachpersonen der AuB nicht direkt beein­
INTEGRATIONSBERATUNG
COACHING
flussbar sind.
Wurde ein Arbeitsplatz in den KPD oder einem Unter­
Profil finden
klären
Support für Menschen
Arbeit vermitteln
am Arbeitsplatz
nehmen der Wirtschaft gefunden, führt der Weg über eine
Schnupperzeit zu einem Anstellungsvertrag. Arbeit und
Arbeitsfeld und
Wünsche, Fähigkeiten
Aktive Hilfestellung
Arbeitsbedingungen
Einschränkungen
zur Befähigung
Beschäftigung stellt dabei die Arbeitnehmenden bei sich an
bestimmen
Arbeitsamnese
Berichte Dritter
und verleiht sie an den jeweiligen Einsatzort. Dies verrin­
gert das arbeitgeberische Risiko und den administrativen
Arbeitssuche vorbereiten
Integrationsprognose
Krisenintervention
und starten
Entscheid
Aufwand der aufnehmenden Institutionen, was ihre Be­
Vermittlung abschliessen
reitschaft deutlich erhöht, einen solchen Versuch zu wagen.
Die Methode Supported Employment (SE):
Definition, Prinzipien und Standards
SE ist ein Modell zur direkten Vermittlung und Unterstüt­
zung von Menschen mit Erwerbsbeeinträchtigungen in die/
in der Wirtschaft, das seit vielen Jahren in den verschie­
densten Ländern umgesetzt und auch evaluiert wird. Im
Bereich der beruflichen Integration psychisch beeinträch­
tigter Personen gilt ein Modell (Individual Placement and
Support / IPS) als evidence based (d.h. wissenschaftlich be­
legt wirksame) Methode, entsprechend wurden dafür auch
in sogenannten fidelity-scales qualitätsrelevante Kriterien
erarbeitet. Die Europäische Vereinigung für Supported Em­
ployment (EUSE) verabschiedete 2004 einen Leitfaden mit
einem Verhaltenskodex für Fachleute und Rahmenbedin­
gungen für Qualitätsstandards (www.euse.org), an denen
sich die 2008 gegründete Mitgliedsorganisation «supported
employment schweiz» ebenfalls orientiert.
Im weitesten Sinne bezeichnet SE die Unterstützung von
Menschen mit Behinderungen oder von andern benachtei­
ligten Personen beim Erlangen und Erhalten von bezahlter
Arbeit in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes.
SE stellt die arbeitsuchende und unterstützte Person in den
Mittelpunkt und berücksichtigt gleichermassen Bedarf und
Möglichkeiten von Betrieben. Der ganze Prozess wird von
Fachleuten für berufliche Integration (Integrationsberater,
Job Coach) initiiert und begleitet, dies in enger Zusammen­
arbeit mit der beschäftigten Person, Arbeitgebern und
Vorge­setzten am Arbeitsplatz sowie anderen relevanten
Partnern.
Für Sie unterwegs – lassen Sie
sich noch genauer über die Angebote
AuB informieren
Sie möchten sich allein, zu zweit oder als gesamte Arbeits­
gruppe über die Angebote von Arbeit und Beschäftigung
informieren lassen? Unsere Veranstaltungen bieten Gele­
genheit, sich grundlegend über den Aufgabenbereich zu
informieren, Fragen zu klären und Kontakte zu knüpfen.
Die Veranstaltungen finden entweder bei Ihnen oder in den
Räumlichkeiten der AuB am Standort Liestal, Haus C, statt.
Wir freuen uns auf Ihre Anfrage.
Wir suchen Beschäftigungen – Sie können
helfen!
Gerne möchten wir das Angebot IAP KPD erweitern und
freuen uns über zusätzliche Stellen, die sich für unsere
Angestellten auftun. Personalangehörige der KPD, die sol­
che Möglichkeiten sehen, melden sich bitte bei Job Coach
Zyhra Salihi, Tel. 061 927 71 91.
Alle diagonal-Leser/innen, die Kontakt haben zu Personen
und Unternehmen der Wirtschaft, von denen sie denken,
dass sie sich für die Arbeitsintegration von beeinträchtigten
Menschen engagieren wollen und Arbeit zur Verfügung
stellen könnten, melden sich bitte bei Job Coach Annette
Witt, Tel. 061 927 71 95.
L YdYdzUgPF
17
Job Coaching
Familienergänzende Kinderbetreuung
Wir erkennen und fördern Potenzial
Zyhra Salihi
Vor gut drei Jahren nahm ich bei AuB meine Tätigkeit als
Job Coach für Integrative Arbeitsplätze KPD auf. Meine
Kernaufgabe ist, das Potenzial der Interessierten und An­
gestellten zu entdecken und sie so zu unterstützen, dass sie
dieses optimal einsetzen können. In Gesprächen erlebe ich
oft, dass diese Menschen besser über ihre Defizite Bescheid
wissen als über ihre Stärken. Was sie während ihrer An­
stellung brauchen, ist nicht unbedingt Kontrolle und Überwachung, sondern
Vertrauen, einen klaren Auftrag, freundliche Anleitung und Ermunterung.
Hinderlich bei meiner Aufgabe und für die Rehabilitation der Angestellten ist
die Stigmatisierung, die diese Menschen sowohl von Profis als auch von Laien
erfahren. Erfreulicherweise treffe ich aber bei Betrieben der KPK, in denen die
Angestellten integriert arbeiten, auch auf solche mit einem integrierenden Ar­
beitsklima. In diesen Betrieben werden unsere Angestellten nicht als Last – um
die man sich zusätzlich kümmern muss – empfunden, sondern im Gegenteil
als hilfreiche Arbeitskräfte geschätzt. Entsprechend gibt es Rückmeldungen wie
diejenige von Stefan Lohner, Diätkoch und Vorgesetztem einer unserer Ange­
stellten in der Küche: «Diese Frau ist genau die Mitarbeiterin, die ich brauche!»
Eine solche Haltung schafft eine Atmosphäre des Vertrauens und der Zuversicht,
was wiederum unseren Angestellten hilft, ihren Auftrag innerhalb ihrer Mög­
lichkeiten gerne, mit Hingabe und gewissenhaft auszuüben.
Annette Witt
Im August 2008 habe ich meine Tätigkeit als Job Coach IAP
iU aufgenommen. Zunächst einmal war meine Aufgabe,
das Coaching der bisherigen Angestellten wahrzunehmen.
Ich lernte nach und nach die einzelnen Angestellten und
ihren bisherigen (beruflichen) Lebensweg kennen, der
durch die Erkrankung spürbar geprägt wurde. Vielen war
es durch sich wiederholende Krisen nicht möglich, eine
berufliche Zukunft aufbauen.
Mich macht es immer wieder betroffen, an diesen schwierigen Lebenserfah­
rungen teilzuhaben. Es motiviert mich aber auch, denn ich sehe trotz häufig
fehlender Berufsausbildung die Qualitäten, die jeder Einzelne mitbringt. Diese
Qualitäten haben sich nicht selten auch aufgrund von krankheitsbedingten Le­
benserfahrungen entwickelt. Die persönlichen Kompetenzen und Fähigkeiten
zu erkennen, als individuelle Stärken wahrnehmbar zu machen und bei der
Suche nach einem passenden Arbeitsplatz einzubeziehen, sehe ich für mich als
besondere Herausforderung.
Zum Glück treffe ich bei meiner Akquisitionstätigkeit immer wieder auf Per­
sonen, denen es ein Anliegen ist, Menschen mit einer Beeinträchtigung zu un­
terstützen, die wissen, wie wichtig Arbeit für ein gutes Selbstgefühl ist, und die
diesen gesellschaftlichen Auftrag persönlich ernst nehmen. Für meine gerade
jetzt und auch künftig noch zu vermittelnden Menschen hoffe ich sehr, dass sich
immer wieder Türen in Unternehmen auftun werden. An meiner Unterstüt­
zung wird es dann nicht mangeln, dass sich daraus erfolgreiche Anstellungen
entwickeln können. ■
Fabian Bussinger, Leiter Arbeit und Beschäftigung
18
«I froi mi immer
riesig uf mini
Fründe i dr Kita.»
Tim Kräher, 2½-jährig
Lebensraum
für Kinder
In der Kindertagesstätte Waldelfe in Liestal wird
viel Wert auf eine gute Atmosphäre gelegt.
Alle Beteiligten, Kinder und Erwachsene, sollen
sich wohl fühlen. Und mit dem «Entenland»
hat die Tagesstätte auch ein neues Projekt, wie
die Kita-Leiterin berichtet.
Im Jahr 2008 ist die Belegung unserer Kindertagesstätte
stetig angestiegen, so dass wir unser Personal mit moti­
vierten Mitarbeiterinnen aufstocken konnten. In der Kita
Waldelfe herrscht ein sehr freundliches und harmonisches
Klima unter den Teammitgliedern und den Kindern. Es ha­
ben sich schon enge Freundschaften zwischen den Kindern
entwickelt. Wir legen grossen Wert darauf, dass die Kinder
selbstständig sind, sich gegenseitig unterstützen und dass
sie Konflikte untereinander möglichst selber lösen. So ist
für alle ein angenehmes Umfeld gewährleistet. Die Erwach­
senen, aber auch die Kinder selbst, sind immer wieder fas­
ziniert und freuen sich über die vielen Fortschritte, die alle
Kinder machen.
Die Eltern schätzen die gemütlich eingerichteten Räume
und das freundliche Klima bei uns. Es hat sich gezeigt, dass
vor allem Eltern mit Kindern bis zu vier Jahren Interesse
an Kitaplätzen haben. Besonders begehrt sind die Plätze
bei Eltern von Kindern unter zwölf Monaten. Da wir eine
altersgemischte Gruppe von bis zu 15 Kindern pro Tag füh­
ren, betreuen wir pro Tag nur zwei Babys unter einem Jahr.
So können wir den Bedürfnissen der Kinder besser gerecht
werden.
«Guguseli
Waldelfe – hesch
di öppe do inne
versteckt?»
Sofia Saillant, 1½-jährig
Ufpasse, das
isch denn mis
Zvieri und mini
Teefläsche!»
Ramon Siegrist, 2-jährig
Familienergänzende Kinderbetreuung
für KPD-Mitarbeitende – es hat noch freie
Plätze!
Seit dem 1. Januar 2008 verfügen die Kantonalen Psychiatrischen Dienste über ein fest zugeteiltes Kontingent an
Plätzen in der Kindertagesstätte Waldelfe in Liestal, womit die Kinder von Mitarbeitenden der Kantonalen Psychiatrischen Dienste bevorzugt Aufnahme finden. Dieses
Angebot kommt dem Bedürfnis nach familienergänzender
Kinderbetreuung nach und stellt einen Schritt auf dem Weg
zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf dar.
Im Jahr 2009 wollen wir Material für unser neues Projekt
«Entenland» anschaffen. Bei diesem Projekt können die
Kinder anhand verschiedener Materialien Farben, Formen,
Zahlen, Ganzheitlichkeit, Zusammenhänge, Selbstständig­
keit, soziales Verhalten und vieles mehr entdecken, lernen
und vertiefen. Wir hoffen, dass wir damit ebenso viel Po­
sitives erreichen wie beim Projekt «Bedürfnisse», das wir
im Jahr 2008 durchgeführt haben. Dabei hat sich das ganze
Team darauf sensibilisiert, die unterschiedlichen Bedürf­
nisse der Kinder wahrzunehmen und ihnen bestmöglich
gerecht zu werden. ■
Manuela Schenker, Leiterin Kita
Kita Waldelfe, Floraweg 7, 4410 Liestal
Telefon 061 599 49 19
http://home.eblcom.ch/kitawaldelfe
Die Kita Waldelfe befindet sich verkehrstechnisch gut gelegen in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs SBB in Liestal.
Sie bietet Platz für insgesamt 15 Kinder. Aufgenommen
werden Kinder im Alter von drei Monaten bis zum Schuleintritt. Für die Kinderbetreuung werden ganze und halbe
Tage angeboten. Die Betreuungskosten für die Mitarbeitenden der Kantonalen Psychiatrischen Dienste sind einkommensabhängig.
Für Informationen, welche die direkte Betreuung des Kindes betreffen, wenden Sie sich bitte an die Leitung der Kita
Waldelfe. Die Mitarbeitenden der Kita Waldelfe schätzen
eine gute Zusammenarbeit mit den Eltern und stehen bei
Fragen gerne für ein Gespräch zur Verfügung. Bei vertraglichen und abrechnungstechnischen Fragen wenden Sie
sich bitte an den Personaldienst der Kantonalen Psychiatrischen Dienste. Informationen vermittelt auch das Kinderkrippen-Reglement, das im QM (Dok.-Nr. 112-K07) zu
finden ist.
Gabriela Degen, Direktionsassistentin
19
MUBA 2009
Abenteuer Kocharena
Markus Schwehr, Leiter Gastronomie, trat an der ersten Kocharena
im Rahmen der MUBA 2009 auf. Hier sein Erlebnisbericht.
Am 17. Februar 2009 fand das Showkochen statt. Am Mor­
gen bereitete ich sämtliche Zutaten und das Mise-en-place
vor. Da die zur Verfügung stehende Zeit während der Show
zu knapp bemessen war, um das Gericht fertig kochen zu
können, musste ich dieses ebenfalls bereits am Vormittag
in der Küche der KPD zubereiten, so dass es mir wäh­
rend der Kochshow möglich war, das Vorgehen praktisch
zu demonstrieren. Während ich den Kochlöffel schwang
und mich meinen Vorbereitungen in der Küche widmete,
schauten mir viele Mitarbeitende mit einem Schmunzeln
über die Schulter. In den KPD ist es keine Alltäglichkeit, die
Leitung Gastronomie selber am Herd anzutreffen. Für mich
ergaben sich so schöne Momente und gute Gespräche.
Im April 2008 nahm der regionale Künstler Däge mit mir
Kontakt auf. Er fragte mich, ob wir als kantonale Institution,
die sich auch der Kunst öffnet, Lust hätten, uns in einem
Kunstkalender, der Kochen und Kunst vereint, zu präsen­
tieren. Ich interessierte mich sofort sehr dafür, da Kochen
und Kunst viele Gemeinsamkeiten haben und ein solcher
Kalender eine gute Möglichkeit bietet, die Institution KPD
aus einem ungewohnten Blickwinkel darzustellen. Nach
internen Abklärungen erhielt ich von Seiten der Direktion
grünes Licht für die Beteiligung an diesem Projekt.
20
Kaum hatte ich alles vorbereitet, musste ich mich auch
schon mit dem vorgekochten Gericht und den Zutaten auf
den Weg Richtung MUBA machen. Dank der Unterstüt­
zung von Mitarbeitenden konnte ich mich ganz auf meinen
Auftritt konzentrieren. Schliesslich hat man nicht oft die
Gelegenheit, an einer öffentlichen Kochshow teilzuneh­
men.
In der Kocharena angekommen, wurde ich vom bekannten
Moderator Heinz Margot empfangen und in einem kurzen
Briefing über den Ablauf informiert. Ein Tontechniker
machte sich an meinem Kopf zu schaffen und verpasste
mir ein Mikrofon. Spätestens da wurde mir klar, dass es
nun ernst wurde. Ich verspürte ein leichtes Kribbeln in
der Magengegend und meine Gedanken kreisten ständig
darum, was ich dem Publikum sagen könnte.
Kaum hatte ich mein gekochtes Gericht im Backofen ver­
staut und meine Zutaten aufgebaut, ging es los. Dank der
geschickten Moderation von Heinz Margot gingen mir die
Worte leicht von den Lippen. Die Anspannung fiel inner­
halb kürzester Zeit von mir ab und die Stunde, in der die
Kochdemonstration über die Bühne ging, verflog im Nu.
Unsere Institution auf eine so sympathische Art und Wei­
se vertreten zu können, war für mich ein wunderschönes
Erlebnis.
Im Herbst 2008 wurde der Kalender anlässlich eines Fest­
aktes vorgestellt. Auf jedem Kalenderblatt (halber Mo­
nat) stellt eine Persönlichkeit ihren Arbeitsplatz sowie ihr
Lieblingsrezept vor. Die Illustrationen dazu stammen vom
Künstler Däge.
Däge war es auch, der die Idee hatte, mehr aus dem Kunst­
kalender zu machen: Nun ging es um ein Buch, in dem 50
Persönlichkeiten ihre Lieblingsrezepte präsentieren. Das
Buch sollte auf die MUBA 2009 hin erscheinen und alle am
Buch beteiligten Persönlichkeiten würden ihre Lieblingsge­
richte im Rahmen eines Showkochens zubereiten.
Das Buch, in dem mit schönen Illustrationen die Rezepte
der Persönlichkeiten präsentiert sind, ist im Kiosk Bienen­
Als Mensch, der für Neues immer offen ist, war ich von täli für CHF 45.- erhältlich. Von jedem verkauften Buch
dieser Idee begeistert und sagte sofort zu. Ich schickte mein gehen CHF 5.- an die Schweizer Berghilfe.
Rezept an die Redaktion und wurde zu einem Interview
eingeladen. Der Texter Alois Schmelzer erstellte in Zusam­ Nun gilt es noch, Ihnen beim Lesen der Texte und beim
menarbeit mit mir eine Kurzbiografie. Es ging aber nicht Nachkochen der Rezepte viel Spass zu wünschen. E Guete!
nur um meinen bisherigen Werdegang. Ich hatte auch Ge­
legenheit, mich über mein heutiges Tätigkeitsfeld zu äus­ Markus Schwehr, Leitung Gastronomie
sern. Gedanken zum Thema Psychiatrie kamen ebenfalls
nicht zu kurz. Diese sind nun im Kochbuch der Kocharena
MUBA 2009 nachzulesen.
Hobby
Passion Dudelsack
Bereits seit 31 Jahren spielt Werner Frei Dudelsack. Als Mitbegründer der Band Pipes and Drums
of Basel ist er heute noch das einzige Mitglied der ursprünglichen Formation.
Die Leidenschaft für den Dudelsack packte Werner Frei
schon in früher Jugend. Als ca. zehnjähriger Knabe be­
suchte er zusammen mit seinen Eltern einen Anlass, bei
dem Dudelsackspieler auftraten. Er war so in den Bann
gezogen, dass er nur noch eines wollte: Dudelsack spielen
lernen.
Sogar während seiner Lehrzeit, als die Beatles und Rol­
ling Stones das Feld beherrschten, interessierte sich Werner
Frei ausschliesslich für die Dudelsackmusik. Er streifte von
Musikgeschäft zu Musikgeschäft in der Hoffnung, auf eine
Schallplatte mit der damals noch wenig verbreiteten Du­
delsackmusik zu stossen. Eine einzige Schallplatte hat er
gefunden und sie natürlich sofort gekauft. Sie war für ihn
lange Zeit der einzige Zugang zu dieser besonderen Musik.
Im Jahre 1978 kam Werner Frei dann zum ersten Mal mit
Dudelsackspielern in Kontakt. Zusammen gründeten sie
die Band Pipes and Drums of Basel.
Damals wurde extra ein Lehrer aus Schottland eingeflogen,
der den Bandmitgliedern das Dudelsackspiel von Grund auf
lehrte. Heutzutage hat jeder Interessierte die Möglichkeit,
professionellen Unterricht vor Ort zu erhalten.
Einfach ist es nicht, auf diesem speziellen Instrument spie­
len zu lernen. «Viele sehen uns an Auftritten und sind
begeistert von der tollen Stimmung. Sie wollen das Du­
delsackspielen dann schnell lernen und scheitern oft allzu
rasch an der Ausdauer, die es dafür braucht», sagt Werner
Frei. Es dauert zwei bis drei Jahre, bis man einen kom­
pletten Song spielen kann. Die Schwierigkeit besteht vor
allem darin, die Luft in den Sack zu blasen, auf der Flöte
die Melodie zu spielen und den Luftdruck im Sack konstant
zu halten – natürlich alles gleichzeitig.
Entgegen weitläufiger Meinung stammt der Dudelsack nicht
aus Schottland, sondern aus Asien. «Die Schotten haben
den Dudelsack jedoch perfektioniert. Nirgendwo sonst er­
hält man eine so gute Qualität», erklärt Werner Frei. Auch
in technischer Hinsicht hat sich in den letzten Jahren viel
getan. Um die Instrumente unempfindlicher zu machen
(z.B. gegen Nässe), werden heute Säcke aus Goretex statt
aus Leder hergestellt, die Melodieflöten aus Kunststoff statt
aus Holz, die Drohnen aus Carbonfasern oder Chromstahl
statt aus Schilfrohr.
Auf die Frage, wie viele verschiedene Instrumente er be­
reits gehabt habe, lächelt Werner Frei und meint: «Ich habe
heute noch dasselbe Instrument, mit dem ich angefangen
habe.»
Die Kleidung der Dudelsackspieler fasziniert nicht weniger als
ihr Spiel. Es gehört nicht nur der typische Kilt (Schottenrock)
dazu, speziell sind auch die Schuhe, Hüte und Accessoires wie
zum Beispiel die Kilttasche und der Gürtel. Ca. 2500 Franken
kostet eine komplette Ausrüstung – ohne Instrument.
Ob allein, privat oder öffentlich mit seiner Band, Auftritte
hatte Werner Frei schon unzählige. Dazu gehören diverse
Konzerte und Swiss Pipeband-Meetings in der ganzen
Schweiz, aber auch Wettkämpfe an verschiedenen High­
land Games in Schottland. Fragt man Werner Frei nach den
für ihn eindrücklichsten Auftritten, kommen ihm spon­
tan zwei in den Sinn: «Wir durften beim letzten Schweizer
Kampf des Kickboxers Andy Hug im Hallenstadion in Zü­
rich spielen. Unser Auftritt war nur kurz, dafür aber umso
schöner.» Besonders berührt hat ihn die Hochzeit einer
Freundin, bei der er und ein Kollege zu zweit in der Kapel­
le «Amazing Grace» spielen durften. Die Situation war so
emotional, dass dabei nicht nur der Braut die Tränen in den
Augen standen. «Diesen Moment werde ich nie vergessen,
das bleibt für immer.»
Als nächste grosse Ereignisse stehen das Basel Pipefest am
18. Juli 2009 sowie das darauf folgende Basel Tattoo vom
18. bis 25. Juli 2009 bevor. Neben den wöchentlichen Pro­
ben mit der Band übt Werner Frei momentan täglich für
diese Anlässe. Denn erstmals wird er dieses Jahr mit den
Swiss Highlanders am Basel Tattoo teilnehmen.
Corinne Wenger, Direktionssekretärin
21
Gesundheitsbericht
Wie gesund ist die Psyche der
Schweizerinnen und Schweizer?
Der folgende Artikel zeigt einige Resultate der Forschung zur psychischen Gesundheit der Schweizer
Bevölkerung und stellt Überlegungen zum Begriff der psychischen Gesundheit an. Der Artikel basiert auf
dem von Theodor Cahn und Niklas Baer für den Schweizerischen Gesundheitsbericht verfassten Kapitel
«Psychische Gesundheitsprobleme».*
Erkrankungen der Sinnesorgane sowie muskuloskelettale
Erkrankungen. Betrachtet man die Jahre, die Menschen
mit einer Behinderung leben müssen, so sind neuropsychi­
atrische Erkrankungen in Europa für 43 Prozent aller mit
Behinderung verlebten Lebensjahre verantwortlich.
22
Psychisch bedingte Invalidität
Dies schlägt sich auch in der IV-Rentenstatistik nieder: In
den letzten Dekaden haben die Invalidenrenten aus psychi­
atrischen Gründen stetig und stark zugenommen, zwischen
1986 (20’000) und 2006 (100’000) etwa um das Fünffache.
Zugenommen hat vor allem die Gruppe der so genannt
«psychogenen oder milieureaktiven» Störungen, die u.a.
Depressionen, Persönlichkeitsstörungen und Schmerz­
Dr. phil. Niklas Baer
störungen beinhaltet. Die Wirksamkeit von beruflichen
Eingliederungsmassnahmen ist bei psychisch Behinderten
Psychische Krankheiten und Gesundheitsprobleme zudem besonders tief.
sind häufig
Psychische Störungen inklusive Substanzabhängigkeiten Psychisch bedingte Suizide
treten allgemein sehr häufig auf und sind wegen ihres Eine tragische Folge psychischen Leidens sind Selbsttö­
meist frühen Beginns und nicht selten chronischen und tungen. In der Schweiz sind Selbsttötungen häufig, die
behindernden Verlaufs sowie wegen tief greifender Ängste Suizidrate ist im langjährigen europäischen Vergleich überin der Bevölkerung häufig mit ausgeprägten sekundären durchschnittlich hoch mit rund 20 Suiziden pro 100’000
Folgen für die direkt Betroffenen, ihre Angehörigen und Einwohnerinnen und Einwohner. Jedes Jahr begehen in
die Gesellschaft insgesamt verbunden. Rund die Hälfte der der Schweiz durchschnittlich rund 1000 Männer und 400
Bevölkerung leidet mindestens einmal im Leben an einer Frauen Suizid. Neun von zehn Menschen, die Suizid bege­
psychischen Störung, die definierte diagnostische Kriterien hen, litten zuvor an einer depressiven Erkrankung oder an
erfüllt und reine Befindlichkeitsstörungen ausschliesst. Die einer anderen psychischen Störung.
sogenannte «Zürich-Studie», die vor rund 30 Jahren ge­
startet wurde und auch leichtere Störungen erfasste, fand Psychische Gesundheitsprobleme in der
beispielsweise eine Lebenszeitprävalenz von 48 Prozent. Bevölkerung
Das bedeutet, dass nahezu alle von uns tief greifendes psy­ In der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2002 des
chisches Leiden an uns selbst oder in unserer nächsten Um- Bundesamtes für Statistik berichtete insgesamt knapp ein
Drittel der Schweizer Bevölkerung über leichtere psychigebung schon erfahren haben.
sche Beschwerden an mindestens drei bis vier Tagen in der
Folgen psychischer Störungen
vorhergehenden Woche, wobei Gefühle von Pessimismus,
In mit der Schweiz vergleichbaren europäischen Ländern Energielosigkeit und Nervosität besonders häufig sind.
sind bei den nicht übertragbaren Krankheiten neuropsy­ Ein Fünftel der Schweizer Bevölkerung fühlt sich zudem
chiatrische Erkrankungen mit Abstand die häufigste Ur­ psychisch unausgeglichen und weist zumindest schwache
sache für die gesellschaftliche Krankheitslast (gemessen in depressive Symptome auf. Auch äussert etwa jeder Vierte
so genannten DALYS – disability adjusted life years). Mit eine schwache Kontrollüberzeugung und damit das Gefühl,
32 Prozent aller Ursachen sind sie wichtiger als Herz-Kreis­ sein Leben nicht selbst kontrollieren und bestimmen zu
lauf-Erkrankungen, Krebs, Atemwegserkrankungen oder können, sondern den eigenen Problemen ausgeliefert und
im Leben hin- und hergeworfen zu sein. In Anbetracht sol­
cher Fakten wird häufig zunächst nach Gründen gesucht,
warum psychische Probleme heute so verbreitet sind. Die
* Baer N. & Cahn T., 2009 in: Meyer K. (Hrsg.): Gesundheit in der Schweiz.
Faktenlage zeigt allerdings ein anderes Bild:
Nationaler Gesundheitsbericht 2008. Buchreihe des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums, Bundesamt für Statistik, Bern.
Verbesserte psychische Gesundheit
in der Schweiz
Seit 1992 hat sich nämlich die selbst berichtete psychische
Ausgeglichenheit der Bevölkerung stark und stetig verbes­
sert: Der Bevölkerungsanteil mit reduzierter psychischer
Ausgeglichenheit und ebenso derjenige mit psychischen
Beschwerden sind um bemerkenswerte zehn Prozent ge­
sunken. Weil die Bevölkerungsanteile mit körperlichen Beschwerden zwischen 1992 und 2002 nicht gesunken sind,
darf man annehmen, dass sich spezifisch die psychische Ge­
sundheit der Bevölkerung verbessert hat. Zwischen 1997
und 2002 ist auch die Angst vor dem Verlust des Arbeits­
platzes deutlich – von 18 auf elf Prozent – gesunken, und
Erwerbstätige sind 2002 zuversichtlicher als noch 1997, bei
Arbeitsplatzverlust eine neue Stelle zu finden. Die Angst
vor Arbeitsplatzverlust ist – nach der Arbeitslosigkeit – einer
der stärksten psychischen Stressoren überhaupt. Personen
mit Ängsten vor Arbeitsplatzverlust sind doppelt so häufig
von schlechter psychischer Gesundheit betroffen wie Per­
sonen ohne solche Ängste. Möglicherweise schwankt der
psychische Zustand der Bevölkerung demnach auch mit
der volkswirtschaftlichen Situation. Es bleibt abzuwarten,
ob sich die jetzige wirtschaftliche Krise auch negativ auf die
psychische Gesundheit auswirken wird.
Resultate einer anderen repräsentativen Befragung – des
Schweizer Haushalt-Panel (SHP): 2004 geben tendenziell
mehr Personen an, sie fühlten sich emotional von ihrer
Umgebung gut unterstützt, als noch im Jahr 2000. Interes­
santerweise geben aber 2004 auch mehr Personen an, sie
seien mit belastenden Ereignissen (vor allem «Krankheit,
Unfall oder Tod einer nahestehenden Person») konfrontiert
gewesen als im Jahr 2000. Dies ist ein Hinweis darauf, dass
die psychische Gesundheit nicht nur davon abhängt, was
einem im Leben geschieht, sondern vor allem auch davon,
wie gut man solche Ereignisse bewältigen kann und ob
man dabei emotionale Unterstützung erhält – wobei das
Vorhandensein einer einzigen (gegenüber keiner) Ver­
trauensperson entscheidend ist. Auf der einen Seite geht
es demnach einer Mehrheit der Schweizer Bevölkerung
psychisch besser als früher, auf der anderen Seite werden
heute viel mehr Menschen wegen schwerer Probleme in­
validisiert als früher.
Psychische Gesundheit bei Migrantinnen
und Migranten
Sowohl bei Schweizern wie bei Migranten beider Ge­
schlechter zeigt sich zwischen 1992 und 2002 eine Verbes­
serung der psychischen Gesundheit, allerdings in typischer
Abstufung: Männern geht es psychisch besser als Frauen
Insgesamt zeigen die heute verfügbaren Daten, dass sich und Schweizern besser als Migranten. Besonders belastet
mehr Schweizerinnen und Schweizer psychisch ausgegli­ sind demnach Migrantinnen. Weiter zeigt sich, dass Bil­
chen fühlen als in den 1990er-Jahren. Dazu passen auch dung ein zentraler psychischer Schutzfaktor ist. Ausländer
mit hohem Bildungsstatus unterscheiden sich nicht von
Schweizern mit vergleichbarer Bildung in ihrer psychischen
Anteil Personen mit körperlichen und psychischen Beschwerden sowie
Ausgeglichenheit.
reduzierter psychischer Ausgeglichenheit 1992, 1997 und 2002 in %
Quelle: Schweizerische Gesundheitsbefragung, Bundesamt für Statistik
70
65
60
55
50
45
40
Angaben in %
35
30
25
20
15
10
5
0
1992
1997
2002
% körperliche Beschwerden (letzte 4 Wochen)
% reduzierte psychische Ausgeglichenheit
% psychische Beschwerden (letzte Woche)
Konzepte psychischer Gesundheit
Wenn letztlich fast alle Menschen irgendwann einmal von
zumindest subklinischen psychischen Gesundheitsproble­
men oder Suizidgedanken betroffen sind, stellt sich die Frage, was denn eigentlich psychische Gesundheit bedeutet.
Man findet unterschiedliche Konzepte psychischer Ge­
sundheit, die einander ergänzen:
• Entwicklungsfähigkeit: Psychische Gesundheit als Le­
bensentwicklung mit der Möglichkeit, die eigenen Po­
tenziale offen zu entfalten: sowohl in der Breite wie in
der Tiefe der besonderen Begabungen, unter realis­
tischem Respekt der Begrenzungen, aber ohne dau­
ernde Blockaden. Dies bedeutet auch Entfaltung der
mitmenschlichen Beziehungen.
• Lebensbewältigung: Psychische Gesundheit als grund­
legende Befähigung, das Leben aktiv, selbständig und
in der Beziehung zu Mitmenschen zu meistern: Freud
sprach von «Arbeits- und Liebesfähigkeit» als Merk­
male psychischer Gesundheit.
• Kontrollgefühl: Psychische Gesundheit als Leben im
Vertrauen auf die eigenen Möglichkeiten, sich selbst
gut steuern und wesentliche äussere Faktoren der Lebensführung (mit-)bestimmen und gestalten zu kön­
nen – im Gegensatz zu Ohnmachts-, Versagensgefühlen
oder Fremdbestimmtheit.
23
Gesundheitsbericht
• Resilienz: Psychische Gesundheit als Potenzial von in­
neren Kräften und Beziehungsressourcen mit repara­
tiver Wirkung, um schwere Lebenssituationen, trauma­
tische Belastungen und Konflikte und auch körperliche
und psychische Erkrankungen ohne andauernden psy­
chischen Schaden, vielleicht sogar gestärkt zu überste­
hen.
Psychische Gesundheit und psychische Krankheit
Diese Konzepte zeigen, dass psychische Gesundheit und
Krankheit eng miteinander verknüpfte Begriffe sind, dass
man sie aber nicht als einfache Gegensätze verstehen darf.
Psychische Gesundheit ist nicht blosse Abwesenheit von
psychischer Krankheit – und umgekehrt bedeutet psy­
chische Krankheit nicht die Abwesenheit von psychischer
Gesundheit. Seelisches Gleichgewicht ist zudem niemals
definitiv erworben, vielmehr müssen wir unsere psychische
Gesundheit immer wieder von Neuem herstellen. Psychische Gesundheit ist eine komplexe und dynamische Eigen­
schaft, welche die Befähigung zur sinnerfüllten mensch­
lichen Lebensführung beinhaltet, aber die Konflikte,
Leiden, Krisen und Fehlreaktionen, welche das Leben mit
sich bringt, explizit einschliesst; entscheidend ist, wie wir
diese Probleme bewältigen können.
sucht, psychische Krankheiten zu bagatellisieren (Befind­
lichkeitsstörungen), zu verleugnen (Scheininvalide), als
etwas ganz Neues zu erklären (technologischer Wandel,
Urbanisierung, Vereinzelung, früher war alles besser), als
ein selbstverschuldetes Problem darzustellen (mangelnder
Wille, schlechte Lebensführung) oder deren Vorkommen
auf bestimmte Bevölkerungsgruppen zu begrenzen (betrifft ausschliesslich Ungebildete oder Ausländer). Letztlich
geht es bei solchen verallgemeinernden Begründungen um
den Versuch, die Bedrohung psychische Erkrankung zu
verringern und von einem fernzuhalten. Dies verdeutlicht,
dass die Stigmatisierung psychisch Kranker im Kern kein
oberflächliches Informationsproblem, sondern emotional
bedingt ist (Angst).
Wie gehen wir mit unseren eigenen Grenzen um?
Wenn psychisch Kranke vermehrt integriert und psy­
chische Probleme früher erkannt und angegangen werden
sollen, so ist dies nur zu erreichen, wenn man in Eltern­
haus, Schule und am Arbeitsplatz Probleme und Konflikte
auch erkennen will und sie aushält statt sie zu verleug­
nen oder zu beschönigen. Letztlich wird es darum gehen,
einen angstfreieren Umgang mit psychischen Problemen
und ein umfassenderes Verständnis von psychischer Ge­
sundheit zu fördern, das eigene Defizite und psychische
Reaktionen auf die Verbreitung psychischer
Probleme einschliesst. Je integrierter und umfassender wir
Probleme
alle psychische Gesundheit verstehen, desto besser ist un­
Dass sich psychische Gesundheit und psychische Gesund­ sere eigene psychische Gesundheit und desto grösser sind
heitsprobleme nicht ausschliessen, ist keine selbstver­ letztlich auch die Integrationschancen psychisch kranker
ständliche Feststellung, dies zeigt sich auch in gesund- Menschen.
heitspolitischen Diskussionen: Angesichts der Verbreitung
psychischer Gesundheitsprobleme wird immer wieder ver­ Dr. phil. Niklas Baer,
Leiter Fachstelle für Psychiatrische Rehabilitation
Aktion für Mitarbeitende –
zehn Prozent auf Elektrovelos
Die Firma Elektro-Fahrzeug-Service GmbH (efs) führte
vom 22. bis 25. April 2009 auf dem Gelände der Kanto­
nalen Psychiatrischen Dienste eine Elektrovelo-Aktion für
die Mitarbeitenden der KPD und des Kantonsspital Liestal
durch. Dafür stellte efs Elektrovelos der Marken Flyer,
Kogy Miyata, Sparta, Giant, Villiger, Wattworld und Fly­
ing Cranes zur Verfügung. Viele Mitarbeitende nahmen
die Gelegenheit wahr und testeten mit grossem Spass die
verschiedenen Elektrovelos.
Wer die Aktion verpasst hat, kann dennoch profitieren: Die
Firma Elektro-Fahrzeug-Service GmbH gewährt weiterhin
einen Mitarbeiter-Rabatt von zehn Prozent. ■
24
Mitarbeitende der KPD und des KSL testen
die verschiedenen Elektrovelomodelle.
Persönlich
«Ich hätte gern mehr Zeit für mich»
_Wo essen Sie am liebsten?
Zuhause oder in der Pizzeria im Quartier.
_Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Gartenarbeiten, Regale auffüllen im Quartierladen,
Veloreparaturen.
_Welcher Zeitepoche möchten Sie gerne
einen Besuch abstatten?
Der Zukunft, in der gegebenenfalls meine Enkelkinder
erwachsen sein werden.
_Was würden Sie mitnehmen auf eine einsame Insel?
Familie, Freunde (sofern sie mitkommen wollen) und
diverse Bücher.
Interview mit Andrea Planta Co-Leiter Psychiatrischer Dienst für Abhängigkeitserkrankungen
unteres Baselland
_Was hat Sie kürzlich besonders gefreut?
Die Besuche meiner beiden erwachsenen Töchter.
Die älteste lebt seit zwei Jahren in Brasilien, die jüngere
war ein halbes Jahr unterwegs auf Reisen.
Das Heranwachsen der jüngsten Kinder (9 und 11 Jahre)
immer wieder.
_Was hat Sie kürzlich besonders geärgert?
Dass für Grossbanken schnell Milliarden auf Kosten der
Steuerzahlenden gefunden werden, während bei den
Sozialwerken und dem Service Public seit Jahren gespart
wird.
_Was steht auf Ihrem Nachttisch?
Stapelweise Bücher, die ich schon länger mal lesen wollte.
_Was hält Sie nachts wach?
Manchmal der Vollmond oder wenn die Nachbarn im
Hinterhof laut feiern.
_Wenn Sie sich entscheiden müssten: Welches Tier
wären Sie am liebsten? Und warum?
Im Moment: Bär im Winterschlaf. Nachholbedarf.
_Was macht Sie ganz schnell wütend?
Unachtsame Autofahrer, wenn ich mit dem Velo
unterwegs bin.
_Was weckt Ihre Leidenschaft?
Musik, Bilder, Literatur.
_Wo platzieren Sie Ihren Mut auf einer Skala von 0 bis 10?
Je nach Situation zwischen 3 und 8.
_Wenn Sie jetzt ein Buch schrieben, zu welchem
Genre würde es gehören?
Roman über (Miss)-Verständnisse zwischen Kulturen.
Zum Glück können das andere besser als ich.
_Welche Charaktereigenschaft Ihres/Ihrer
Liebsten ist für Sie die wichtigste?
Humor, Empathie, Direktheit und Selbstironie.
_Drei Wünsche haben Sie offen. Wie lauten sie?
• Wohlergehen meiner Familie
• Mehr Zeit für mich
Sie gerne ein Abendessen verbringen?
• Weniger Administration und mehr Zeit für die
Mit Woody Allen (obwohl der letzte Film nicht besonders
wesentlichen Dinge in der Arbeit
gut war).
_Mit welcher bekannten Persönlichkeit würden
_Welches ist Ihr liebstes Buch?
Da ich dies nicht auf eines reduzieren kann:
Tim Krohn, Quatemberkinder; Haruki Murakami, Kafka
am Strand; Laura Esquvel, Bittersüsse Schokolade;
Orhan Pamuk, Rot ist mein Name; Umberto Ecco, Die In­
sel des vorigen Tages; Jeffrey Eugenides, Middelsex; Sal­
man Rushdie, Wut; Toni Morrison, Jazz; Elias Khoury,
Das Tor zur Sonne; Ian McEwan, Liebeswahn; Julian
Barnes, Darüber reden; Yasmina Reza, Hammerklavier…
_In welcher Landschaft fühlen Sie sich «daheim»?
Als «Stadtmensch» fühle ich mich in Basel wohl, bin aber
auch sehr gerne im Unterengadin, meiner ursprünglichen
Heimat.
_Wovon träumen Sie mitten am Tag?
Dazu habe ich leider sehr wenig Zeit.
_Wovon sind Sie Fan?
Engadiner Nusstorte, Städtereisen und Rheinschwimmen
an einem heissen Sommerabend.
25
Kunst in der Psychiatrie
«Bildgeschichten»
Eine Ausstellung von Werner von Mutzenbecher und Amaya Eglin.
Im Zyklus «Kunst in der Psychiatrie» wurde am 24. April
die bereits 17. Ausstellung mit einer Vernissage eröffnet.
Die Kantonalen Psychiatrischen Dienste (KPD) führen seit
2001 zweimal im Jahr mit renommierten Kunstschaffen­
den aus der Region eine öffentlich zugängliche Ausstellung
durch. Aktuell zeigen unter dem Titel «Bildgeschichten»
der bekannte Basler Künstler Werner von Mutzenbecher
und die Künstlerin Amaya Eglin ihre Werke.
Claudia His, Kunsthistorikerin, führte die zahlreichen Ver­
nissagegäste anschaulich in die Ausstellung der beiden
Künstler ein. Musikalisch wurde die Ausstellung von Chri­
stoph Ehrsam auf der Flöte umrahmt.
Die Ausstellung ist täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet und
dauert bis 9. Oktober 2009. ■
Werner von Mutzenbecher, Amaya Eglin und
Claudia His (v.l.n.r.)
Dominique Ehrsam
Assistentin Unternehmenskommunikation
kreuz & quer
Dieser Basler Künstler stellt aktuell an der Art Basel 09 und in
den Kantonalen Psychiatrischen Diensten aus. (Nachname)
Dieses Projekt sieht eine nationale
Tarifstruktur für die Psychiatrie vor.
Der Name der Maus, die aus der Feder von
Leo Lionni geboren wurde.
Ziert manchen Garten und unser diagonal.
So nennt sich das neue Projekt der Waldelfe ist quasi auch im Tierpark Weihermätteli zu finden.
Diese hohe Baselbieter Persönlichkeit stand
diagonal Red und Antwort. (Nachname)
Damit fährt sich’s spielend leicht selbst
steile Steigungen hinauf…
An dieser Veranstaltung hatte unser Leiter
Gastronomie seinen grossen Auftritt.
Dieser musikalische Beutel stammt
ursprünglich tatsächlich aus Asien.
26
a Die Lösung finden Sie auf dem
KPD-Intranet und unter www.kpd.ch.
Personelles
1. Januar bis
30. Juni 2009
Eintritte
Januar
Eichin Astrid
Dipl.Pflegefachfrau
Pflegedienst KPK
Koçer Özlem
Assistenzärztin
KJPD Liestal
Künzli Daniela
Dipl.Pflegefachfrau
Pflegedienst KPK
Müller Gubler Sascha
Oberärztin
Ärztlicher Dienst KPK
Schädler Eliane
Assistenzärztin
Ärztlicher Dienst KPK
Stark Klauspeter
Oberarzt
PDA Reinach
Schmidlin Marcel
Informatiker
Finanzen & Informatik
KPD
Februar
Röber Markus
Assistenzarzt
EPD Liestal
Stucki-Ebener Anita
Angestellte IAP
AUB
März
Amann Anna
Assistenzärztin
EPD Liestal
Bayha Jennifer
Psychologin PG
EPD Liestal
Fischer Heike
Kunsttherapeutin
Pflegedienst KPK /
Kunsttherapie
Sorger Adriana
Assistenzärztin
Ärtztlicher Dienst
KPK
Streb Peter
Oberarzt
EPD Bruderholz
Jubiläen
Baumeister Marcus
Assistenzarzt
PDA Liestal
Spitteler Regula
Dipl. Pflegefachfrau
Pflegedienst KPK
Hernandez Nadine
Pflegefachfrau
Pflegedienst KPK
Sroka Magdalena
Psychologin PG
KJPD Liestal
Spaar-Vogt Ursula
Sekretärin
KJPD Bruderholz
Stefanovic Jasmina
Psychologin PG
KJPD Liestal
April
Teuscher Brigitte
Sozialarbeiterin
Sozialdienst KPK
Frigg Andrea
Assistenzärztin
KJPD Bruderholz
Trübel Karin
Assistenzärztin
Ärztlicher Dienst KPK
Fuchs-Egli Ursula
Spitalärztin
KJPD Bruderholz
Gränicher Joélle
Angestellte IAP
AUB
Meury Pascal
Betriebshandwerker
Logistik / Technischer Dienst KPD
Trute-Riess Maria
Assistenzärztin
Ärztlicher Dienst KPK
Urso Tania
Assistenzärztin
Ärztlicher Dienst KPK
Gutzwiler Beatrice
Ergotherapeutin
Pflegedienst KPK
Mai
Mozillo Domenico
Sicherheitsbeauftragter und Spez. Aufg.
Logistik / Unternehmensentwicklung
KPD
Travaglini Katarina
Fachperson
Betreuung
Wohnheim Windspiel
Juni
Brunner Rebekka
Dipl. Pflegefachfrau
Pflegedienst KPK
Mattes Stefan
Thommen Stefanie
Pflegeassistentin i.A. Leiter
Bauprojekte KPD
Pflegedienst KPK
Unternehmens­
Vonmoos Maria
entwicklung KPD
Dipl. Pflegefachfrau
Pflegedienst KPK
Rytz Patrick
Dipl. Pflegefachmann
Pflegedienst KPK
10 Jahre
20 Jahre
25 Jahre
35 Jahre
01.01.2009
Guimaraes Maria
Arminda
01.01.2009
Labriola-Aulicino
Maria
14.01.2009
Meier-Jamnik
Josefine
01.04.2009
Attinger Ursula
01.01.2009
Madörin Manuela
01.02.2009
Hauri-Bäni Katharina
15.01.2009
Halilbegovic Sanja
06.02.2009
Wirz Hanspeter
01.02.2009
Götz-Häusler Sabine
09.03.2009
Weber Elisabeth
Pensioniert
per 01.04.2009
Haecky-Maurer
Christin
15.02.2009
D’Ajourd’hui
Catherine
01.03.2009
Salman Döndü
21.05.2009
Villiger Hedwigohne
01.01.2009
Oezel-Van Dijk Linda
01.04.2009
Berdat Janine
20.02.2009
Huber Roger
01.04.2009
Huggler Andreas
per 01.04.2009
Seppi Hanny
01.04.2009
Thommen Brigitte
01.04.2009
Zwicker Caterina
01.05.2009
Andrist-Buser
Therese
01.06.2009
Buri Matthias
09.01.2009
Petrovic-Bajic Natasa
16.01.2009
Montalbo Santiago
01.05.2009
Ziegler Susann
15 Jahre
per 01.06.2009
Fischli Paul
01.02.2009
Cardoso Roas
per 01.06.2009
Schmidlin Marianne
01.03.2009
Oguz Gülfer
09.03.2009
Degen Kurt
15.03.2009
Csanyi Csaba
15.04.2009
Feigenwinter-Zaugg
Corinne
16.04.2009
Büchenbacher
Christian
per 01.07.2009
Albert-Bühler René
01.04.2009
Roth Manuela
01.06.2009
Gioia-Gioia Maria
01.06.2009
Weiz-Oeschger Cecile
30 Jahre
15.02.2008
Gurrieri Antonietta
01.05.2009
Furrer-Weisshaupt
Gisela
24.05.2009
Altorfer Martin
15.06.2009
Yildiz Ayse
16.06.2009
Tschopp Lislott
15.07.2008
Pato-Alvarez Amparo
27
Jazz-Matinee
mit den
Melody Makers
Sonntag, 16. August 2009
Impressum
Herausgeber
Direktion Kantonale
Psychiatrische Dienste Baselland
Redaktion
Dominique Ehrsam
Redaktionelle Bearbeitung
Heinz Heer, Basel
• ab 9.30 Uhr Ökumenischer Gottesdienst
• ab 11.00 Uhr Konzert der Melody Makers
Gestaltung
• Ponyreiten und Ponywagenfahrten
im Tierpark Weihermätteli
Druck
Festwirtschaft mit Grill von 11.00 Uhr
bis 15.00 Uhr
diagonal erscheint 3-mal jährlich
vista point, Basel
Lüdin AG, Liestal
A
P.P.
4410 Liestal
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
der Kantonalen Psychiatrischen Dienste sind
eingeladen, Themenvorschläge, Artikel
oder Berichte einzureichen. Wenden Sie sich
dazu an die Redaktionsleitung oder an
eine der folgenden Kontaktpersonen aus
Ihrem Bereich:
Elke Anschütz, Ärztlicher Dienst KPK
Renata Balmer, Alterspsychiatrie Bereich III KPK
Susanne Bielser, Logistik
Madlen Blösch, PDA und KJPD
Regine Meyer, Personal
Stefan Lohner, Betriebskommission
Lenka Svejda, EPD
Cecile Weiz, Wohnheime
Diana Wieland, Pflegedienst KPK