Fernando Magellan 1480–1521

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Fernando Magellan 1480–1521
Fernando Magellan 1480–1521
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Antonio Pigafetta
Mit Magellan
um die Erde
Ein Augenzeugenbericht der ersten
Weltumsegelung 1519 – 1522
Herausgegeben von Robert Grün
Mit einer Einführung von Lars Hoffmann
und einem Vorwort von Dieter Lohmann
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Inhalt
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Dieter Lohmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Antonio Pigafetta – Mit Magellan um die Erde . . . . . 31
Vorwort des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . 33
Die erste Reise um die Erde . . . . . . . . . . . . . 71
Antonio Pigafetta . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von der Abfahrt bis zur Entdeckung der Magellanstraße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Vom Abschied von der Meerenge bis zum Tode
des Generalkapitäns . . . . . . . . . . . . . . . Vom Abschied von Zubu bis zum Abschied von
den Molukken . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Vom Abschied von den Molukken bis zur Ankunft in Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
73
108
174
234
Nachwort des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . 261
Editorische Notiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276
Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . 279
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Einführung
Der auf Antonio Pigafetta, eines aus Vicenza in Venetien stammenden Gelehrten und Reisenden zurückgehende Bericht über
die Weltumsegelung von Ferdinand Magellan wurde bereits
wiederholt in der Sammlung Erdmann vorgelegt und gehört
zu den Klassikern dieser Reihe: Die Tatsache, dass nach nur
relativ kurzer Zeit wiederum eine Neuauflage gerade dieses
Bandes erforderlich wurde, spricht für die große Verbreitung,
aber auch für die enorme Bedeutung des Textes selbst heute.
In der Zeit, in der er entstand, war man sich im Allgemeinen
noch nicht so ganz sicher, ob die Erde tatsächlich eine Kugel sei
– oder ob ein Weltumsegler irgendwann nicht doch an ihrem
Rand hinunterfiele. Gleichwohl gingen nach dem Ende des
Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit, die auch im Europa
des 15. Jahrhunderts zu tiefgreifenden kulturellen und politischen Umwälzungen geführt hatte, die sich neu formierenden
Großmächte daran, ihr Einflussgebiet so weit wie möglich auszudehnen. Ein besonderes Interesse galt natürlich den neu entdeckten, vielleicht auch noch neu zu entdeckenden und große
Reichtümer verheißenden Weltgegenden, die insbesondere
die nach mittelalterlichem Verständnis am westlichen Ende
der bekannten Erde lebenden Völker Spaniens und Portugals
nunmehr für ihre eigenen Interessen zu sichern versuchten
und deren Bereisung man anderen Völkern nach Möglichkeit
vorenthalten wollte.
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Einführung
Die beiden westeuropäischen Seemächte einigten sich infolgedessen im Jahr 1494, d.h. rasch nach der Rückkehr des
Kolumbus aus Amerika, darauf, die bekannte Welt in zwei
gleich große Interessensphären aufzuteilen, eine spanische und
eine portugiesische, zwischen denen man eine hypothetische
Demarkationslinie zog. Diese Übereinkunft war nicht zuletzt
durch die Vermittlung Papst Alexanders VI. zustande gekommen und von eben diesem Papst im Vertrag von Tordesillas
bestätigt worden. Ein Bestandteil dieses Vertrags, der später
insbesondere für Magellan von tragischer Bedeutung werden
sollte, war auch die Missionierung der neu entdeckten Gebiete
im Sinne der katholischen Kirche.
Umstritten zwischen den beiden Kontrahenten blieb bis zum
Jahr 1529 nur ein einziges Territorium, das seinem Besitzer
unendlichen Reichtum zu versprechen schien, die Molukken
oder die Gewürzinseln. Denn wer die Möglichkeit dazu besaß, dorthin zu segeln und Gewürze auf dem Seeweg nach
Europa zu importieren, konnte das osmanisch-arabische bzw.
venezianische Handelsmonopol für diese Waren brechen und
die aus diesen Geschäften zu erwartenden satten Gewinne
selbst einstreichen. Den Seeweg in Richtung Osten entlang der
afrikanischen Küsten beherrschten aufgrund des Vertrags von
Tordesillas die Portugiesen, die erfolgreich jedwede spanische
Unternehmung verhinderten, die dieselben Ziele zu erreichen
versuchte. So blieb denn nur der Seeweg in Richtung Westen
– vorausgesetzt freilich, dass die Erde tatsächlich rund sei und
man jenseits des amerikanischen Kontinents nicht doch auf
das Ende der Welt stieße.
Der aus Nordportugal stammende Ferñao de Magalhães, der
zu Beginn des 15. Jahrhunderts wiederholt in diplomatischen
Angelegenheiten der Portugiesen unterwegs war und auf diese
Weise auch in die südostasiatische Inselwelt gelangte, besaß
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Einführung
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die erforderlichen nautischen Kenntnisse und Erfahrungen,
um eine solche Expedition zu leiten. Vieles spricht dafür, dass
Magellan in der Lissabonner Admiralität auch Kenntnis von
Aufzeichnungen portugiesischer Seefahrer bekommen hatte,
die einen Seeweg durch den amerikanischen Kontinent hindurch immer weiter nach Westen vermuten ließen. In den
Jahren 1513/14 fiel er jedoch bei seinem Dienstherrn in Lissabon, dem portugiesischen König Johann II. in Ungnade, da er
Sklavenhandel auf eigene Rechnung betrieb. Magellan wurde
folgerichtig aus dem Dienst der Krone entlassen, doch sollte es
nicht lange dauern, bis ein Mann mit seinen Kenntnissen mit
neuen Aufgaben versehen wurde. Er trat nämlich in die Dienste des spanischen Königs Karls I., dem er die Einrichtung einer
Seehandelsroute zu den Gewürzinseln in Richtung Westen
versprach. Magellan fand am spanischen Hof eine ganze Reihe
von Fürsprechern für dieses Unternehmen, sodass im Frühjahr
1518 eine Vereinbarung mit Karl I. getroffen wurde: Kastilien erklärte sich dazu bereit, einen Verband aus fünf Schiffen
unter der Leitung Magellans auszurüsten und einen großen
Teil der Kosten dafür zu tragen, an deren Gegenfinanzierung
sich wiederum das Augsburger Handelshaus der Fugger beteiligte. Magellan und seinen Erben wurde der fünfte Teil der
zu erwartenden Einnahmen sowie der Gouverneursposten in
den noch zu entdeckenden und für Spanien zu gewinnenden
Gebieten versprochen. Vonseiten der portugiesischen Krone
argwöhnisch beobachtet, begann Magellan im August 1519
seine Reise nach Westen, über deren dramatischen Verlauf
der hier vorgelegte Bericht Antonio Pigafettas ein lebendiges
Zeugnis ablegt. Pigafetta, der in Venedig Seewissenschaften
und Kartographie studiert hatte, hatte bei Magellan gegen ein
recht geringes Entgelt angeheuert, um Zeichnungen und neue
Karten zu erstellen. Sein persönliches Logbuch sollte aber zur
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Die erste Reise um die Erde
oder
Bericht von der Fahrt nach Ostindien
auf dem Westweg
Niedergeschrieben von
dem Ritter
Antonio Pigafetta
einem Adeligen aus Vicenza
auf dem Geschwader des Kapitäns Magaglianes
während der Jahre
1519–1522
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Von der Abfahrt bis zur Entdeckung der Magellanstraße
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Von der Abfahrt bis zur Entdeckung der
Magellanstraße
Magaglianes’ Plan, 1519
Generalkapitän Fernando de Magaglianes hatte beschlossen,
eine lange Schifffahrt auf einem Meer zu unternehmen, das von
wütenden Winden und furchtbaren Stürmen beherrscht wird,
und nach Eilanden zu suchen, auf welchen Menschenfresser
leben und Tiere hausen, denen keiner gewachsen ist, weil sie
fast so groß wie ein Schiff sind. Keinem der Seinen wollte
Magaglianes den kühnen Plan seiner Fahrt offenbaren, um
nicht von seiner großartigen und bewundernswerten Tat, die er
mit Gottes Hilfe auszuführen gedachte, abgehalten zu werden.
Die Kapitäne jedoch, die ihn begleiten sollten, verfolgten ihn
mit Hass. Der Grund ist mir unbekannt, aber ich vermute,
dass sie ihn hassten, weil er in Portugal das Licht der Welt
erblickt hatte und sie Spanier waren. Portugal, glaubten sie,
habe Spanien die Hälfte der Erde gestohlen, dank der Gunst
Seiner Heiligkeit des Papstes Alexander.
Anordnung der Warnzeichen, 1519
Um die Armada beisammenzuhalten, gab der Generalkapitän
allen Kapitänen folgende Befehle:
»Mein Schiff wird stets den anderen voraussegeln. Damit es
auch bei Nacht gesehen wird, werde ich eine hölzerne Fackel,
Farol genannt, am Heck führen.
Lasse ich außer dieser Fackel noch ein Stück eines Binsenseiles oder eine Laterne entzünden, haben die anderen Schiffe
dasselbe zu tun, damit ich mich davon überzeugen kann, dass
sie mir folgen.
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Die erste Reise um die Erde
Zeige ich außer dem Farol zwei andere Feuer, bedeutet dies,
dass die Schiffe entweder langsamer segeln oder bei widrigem
Wind die Richtung ändern müssen.
Drei Feuer bedeuten, dass das Bonnet wegzunehmen ist. Das
Bonnet ist ein Segel, das unter dem Groß-Segel angebracht ist,
um bei gutem Wetter den Wind besser einzufangen. Es wird
jedoch weggenommen, sobald ein Sturm aufkommt.
Lasse ich vier Feuer sehen, so ist dies das Signal, alle Segel
einzuziehen. Sind sie aber gerefft, zeigen die vier Feuer an, dass
sie wieder ganz entfaltet werden sollen.
Noch mehr Feuer oder Kanonenschüsse benachrichtigen die
anderen, dass Land nahe oder mit Untiefen zu rechnen ist und
daher langsamere Fahrt und Vorsicht geboten sind.
Ein anderes Zeichen wird angeben, wenn die Anker geworfen
werden sollen. Dieses Zeichen werde ich noch bekannt geben.«
Es war dem Generalkapitän bekannt, dass die Kapitäne,
Steuermänner und Schiffsmeister wussten, was ein Farol und
ein Bonnet ist. Aber er wollte sie durch seine Erklärung demütigen. Das nährte den Hass gegen ihn noch mehr, und ich
hörte, dass manche seinen Namen so aussprachen, als hätten
sie den des Teufels im Munde.
Wachen, 1519
Die Wachen wechselten jede Nacht dreimal. Die erste trat bei
Sonnenuntergang an, die zweite, die man Medora nennt, um
Mitternacht, die dritte vor Tagesanbruch. Zu diesem Zweck
wurde die Mannschaft in drei Schichten geteilt, von denen
eine dem Kapitän, die zweite dem Steuermann und die dritte
dem Schiffsmeister unterstand. Um die Sicherheit der Fahrt zu
gewährleisten, forderte der Generalkapitän von allen, die sich
auf den Schiffen befanden, strengste Manneszucht.
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Abfahrt von Sevilla, 10. August 1519
Am Morgen des 10. August 1519 – es war ein Mittwoch –,
als die Armada alles für die lange Fahrt Notwendige und ihre
237 Mann starke Besatzung an Bord hatte, kündigte eine Salve
der Geschütze die Abfahrt an und auf allen Schiffen wurde das
Besansegel hochgezogen. Wir fuhren den Fluss Guadalquivir
abwärts, an Juan d’Alfarax vorüber, einer einstmals dicht bevölkerten maurischen Stadt. Hier befand sich früher eine Brücke,
von der noch zwei unter Wasser stehende Pfeiler erhalten sind.
Diese bringen die Schiffe in große Gefahr und man darf hier
nur bei Flut und mit Hilfe der Piloten fahren.
Es herrschte, als wir ausfuhren, strahlend blauer Himmel
und das sahen alle für ein gutes Vorzeichen an. Manche behaupteten sogar, sie hätten am Himmel die Heilige Jungfrau
gesehen, die auf die ausfahrende Armada heruntergelächelt
habe.
Sanlúcar
Wir fuhren an Coria und einigen anderen Dörfern vorüber
und gelangten nach Sanlúcar de Barrameda, einem Schloss, das
dem Herzog von Medina-Sidonia gehört. Hier befindet sich
der Hafen, von dem man ins Weltmeer gelangt, 10 Leghe1 vom
Vorgebirge San Vicenzo entfernt, unter 37° nördlicher Breite.
Von Sevilla bis zu diesem Hafen beträgt die Entfernung etwa
17 bis 20 Leghe.
September 1519
Einige Tage später brachten Boote den Generalkapitän und
die anderen Kapitäne von Sevilla nach Sanlúcar. Die Schiffe
wurden mit weiteren Vorräten versorgt. Tagtäglich gingen wir
1 Eine Legua = 5,57 km.
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Die erste Reise um die Erde
am Morgen in Sanlúcar an Land, um in der Kirche Unserer
Lieben Frau von Barrameda die heilige Messe zu hören. Vor
der Abfahrt befahl Magaglianes, die ganze Mannschaft solle
beichten.
Abfahrt von Sanlúcar, 20. September 1519
Am Dienstag, dem 20. September, stachen wir von Sanlúcar
aus in See und segelten in südwestlicher Richtung. Unser erstes
Ziel auf dieser Fahrt waren die Kanarischen Inseln. Magaglianes war während dieser Tage immer guter Laune und wer ihn
so sah, hätte glauben können, er wüsste nicht, welche Gefahren
auf uns alle noch warteten.
26. September 1519
Am 26. September gingen wir bei Teneriffa, einem der Kanarischen Eilande, das unter 28° nördlicher Breite liegt, vor
Anker. Hier blieben wir drei Tage, um Fleisch, Wasser und
Holz aufzunehmen, und liefen dann, um uns mit Fischen
zu versorgen, in einen anderen Hafen der Insel ein, der den
Namen Monte Rosso trägt. In diesem Hafen brachten wir zwei
vergnügte Tage zu.
Tropfende Bäume1, 2. Oktober 1519
Sie mögen wissen, Euer Hochwohlgeboren, dass man uns von
einer dieser Inseln etwas Seltsames erzählte: Es soll auf ihr nie
regnen und auch weder eine Quelle noch ein Fluss soll auf
diesem seltsamen Eiland zu finden sein. Hingegen befinde
sich auf demselben, versicherte man uns, ein großer Baum,
von dessen Blättern ständig ein wohlschmeckendes Wasser
herabriesele, das in einem am Fuß des Baumes gezogenen
1 Das Märchen von den Wasser spendenden Bäumen auf den Inseln Pluviola und
Ombrion erzählte schon Plinius.
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Von der Abfahrt bis zur Entdeckung der Magellanstraße
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Graben aufgefangen werde. Hier schöpften die Bewohner der
Insel ihr Wasser, hier löschten Tiere, zahme ebenso wie wilde,
ihren Durst. Der Baum, behauptete man ferner, sei immer
von einem dichten Nebel bedeckt und ich nehme an, dass der
Nebel es ist, der die Blätter mit dem herabträufelnden Wasser
versieht.
Das grüne Vorgebirge, 3. Oktober 1519
Am Montag, dem 3. Oktober, setzten wir unsere Fahrt in südlicher Richtung fort. Es war Mitternacht, als wir wieder in See
stachen. Wir segelten nun zwischen dem grünen Vorgebirge
und den nach ihm benannten Inseln, die unter 14° 30‘ nördlicher Breite liegen. Viele Tage fuhren wir dann entlang der
Küste von Guinea, an der sich unter etwa 8° ein Berg namens
Sierra Leone erhebt. In dieser Zeit hatten wir abwechselnd
unter widrigen Winden und völliger Windstille zu leiden.
Außerdem verfolgte uns der Regen bis zum Äquator. Dieses
Regenwetter dauerte sechzig Tage und widerlegte die Meinung
der Alten, dass die Gegenden zwischen den Wendekreisen
unbewohnbar seien, weil es hier nie regne.
Sturm, 14. Oktober 1519
Unter 14° nördlicher Breite überfielen uns heftige Stürme, die
zusammen mit widrigen Strömungen und Regenfällen unsere
Fahrt hemmten. Wir mussten alle Segel reffen, die Schiffe
beilegen und warten, bis besseres Wetter eingetreten war. Die
Mannschaft war nun nicht mehr vergnügt und viele sprachen
offen aus, dass sie lieber heimkehren wollten.
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Die erste Reise um die Erde
Riesenfische, Oktober 1519
An heiteren, ruhigen Tagen kreisten große Fische, die man
Tiburoni1 nennt, um unsere Schiffe. Diese Fische besitzen
mehrere Reihen spitzer, Furcht erregender Zähne und wenn
ein Mensch das Unglück hat, von ihnen im Meer gefunden
zu werden, so wird er auf der Stelle aufgefressen. Mit einer
eisernen Angel fingen wir eine der Bestien. Die Großen taugen
aber gar nicht zum Essen und auch die Kleinen sind nicht
viel wert.
St.-Elms-Feuer, Oktober 1519
Bei sehr stürmischem Wetter sahen wir oft das, was man Corpo santo oder St.-Elms-Feuer nennt. Es erschien bei dunkler
Nacht auf der Spitze des großen Mastes, einer schönen Fackel
gleichend, und verharrte zwei Stunden lang. Das war für uns,
wenn es stürmte, ein großer Trost, und wir begrüßten das Feuer
immer mit Freudentränen.
Wenn es verschwand, gab es ein so starkes Licht von sich,
dass wir alle geblendet wurden. Wir meinten dann, verloren zu
sein. Aber im selben Augenblick legte sich der Sturm.
Unbekannte Vögel und Fische, Oktober 1519
Auch Vögel mannigfacher Gattungen beobachteten wir. Manche schienen kein Hinterteil zu besitzen, andere keine Füße.
Das Weibchen der zuletzt genannten Gattung legt und brütet
seine Eier auf dem Rücken des Männchens mitten im Meer2.
Eine weitere Art, Cagasella3 genannt, lebt von den Exkrementen anderer Vögel und ich habe mit eigenen Augen gesehen,
wie einer dieser Vögel einen anderen unablässig verfolgte,
1 Haie.
2 Vermutlich Seetaucher (Gaviidae). Sie tragen ihre Jungen auf dem Rücken.
3 Die Vögel durchsuchen die Exkremente nach Würmern.
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