Die unsterbliche Seele nach Platon

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Die unsterbliche Seele nach Platon
Peter J. Reichard
Die unsterbliche Seele
nach Platon
Vortrag am 10.06.2008 in Bad Salzhausen
Gliederung
• Platon
• bildliche Darstellungen und Assoziation, • zeitliche Einordnung, Herkunft, • Beziehung zu Sokrates, Schwanengesang
• Die Seele
• Dreigliederung
• Tugenden
• Die gefiederte Seele
• Ein Unsterblichkeitsbeweis
• Seeleneigeschaften
• Tugendhaftigkeit
• Der Tod
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Die unsterbliche Seele bei Platon
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Aussehen und Lebensdaten Platons Glyptothek Pio Clemtino
Raphael
428 – 348 a. Chr. 10.06.2008
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Bildliche Assoziation
Platon
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Johannes der Täufer
Die unsterbliche Seele bei Platon
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Zeitliche Einordnung Platons (428 – 348)
428: Tod des Anaxagoras (geb. 499)
427: Tod des Perikles (geb. ca. 500)
Fertigstellung von Parthenon und Propyläen
Zeitgenossen:
Phaidias (500‐432), Sophokles (496‐406),
Euripides (484‐406), Aristophanes (448‐385), Sokrates (469‐399).
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Im Zeichen Apollons
Platon stammte aus dem höchsten Adel Athens. Nach alter Überlieferung kam Platon am Geburtstag des Sonnengottes Apollon zur Welt, der ihn ihn mit dem inneren Licht philosophischen Durchblicks begabte . Die Seele zur geistigen Sonne zu erheben, war Platons Lebensziel, die Beschreibung des Weges seine Lebensleistung.
Sein geistiges Wirken stand ganz im Zeichen des ApolIon, der Verkörperung des Sonnengottes.
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Traum des Sokrates (nach Diogenes Laertius)
Ein junger Schwan flog vom Altar des Eros in der Akademie auf und setzte sich auf Sokrates‘ Schoß und erhob sich dann singend zum Himmel. Tags darauf brachte ihm Platons Vater Ariston seinen Sohn als Schüler. Als Sokrates ihn erblickte und aus seinem äußeren sein inneres Wesen erkannte, sagte er: ‚Dieser hier, Freunde, war der Schwan des Eros aus der Akademie‘. 10.06.2008
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Sokrates
Platon war etwa 8 Jahre Schüler von Sokrates bis zu dessen Tod.
Damals war Platon 28 Jahre alt. Im Dialog „Phaidon“ hat er Sokrates ein unvergängliches Denkmal gesetzt: Die Gedanken über das Wesen und die Unsterblichkeit der Seele füllten den Todestag des Sokrates aus.
Diesen Dialog habe ich in heutiges Deutsch übertragen, um ihn mit Schülern der Stufe 11 im Philosophie‐Unterricht zu behandeln.
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Schwanengesang
• Platons Todesahnung: Traum vom Schwan, den seine Verfolger nicht erreichen. • Sokrates: Gesang der Schwäne vor ihrem Tod ‐ nicht aus Trauer, sondern aus Freude, zu dem Gott eingehen zu dürfen, dessen Diener sie sind.
„Ich aber halte mich auch für einen Dienstgenossen der Schwäne und demselben Gott heilig.“
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Dreigliederung der Seele
Pythagoras
Platon (Phaidros)
Vernunft
Denken
Gemüt
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Begierde
Angreifen
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Begehren
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Entstehung der Tugenden
Seelenkräfte
Tugenden
Denken
Weisheit
CHAOS
Angreifen
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ORDNUNG
EINSICHT
Gerechtigkeit
Begehren
Tapfer‐
keit
Die unsterbliche Seele bei Platon
Besonnen‐
heit
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Die gefiederte Seele (in Phaidros)
• Metapher: Seele als „vereinigte Kraft eines gefiederten Gespanns und seines Wagenlenkers“ (Phaidros 246)
• Befiederung kennzeichnet den Zustand der Seele während ihres Aufenthalts im All (in der geistigen Welt); der Verlust des Gefieders führt zum „Sturz auf die Erde“ und die Verkörperung in einem Menschen. (Phaidros 246, 248)
• Zwei Zyklen der Seelenwidergeburt unterscheidet Platon (Phaidros 248, 249):
• 10000‐Jahres‐Zyklus bei unphilosophischer Lebensweise
• 3000 Jahre für wahre Philosophen der Liebe • Die Phasen der Seelenverkörperungen (Phaidros 247):
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1. Philosoph,
Schöngeist
2. gerechter Herrscher
3. Verwalter, Beamter
4. Trainer, Therapeut
5. Wahrsager, Priester
6. Poet, Darsteller
7. Handwerker, Bauer
8. Sophist,
Politiker
9. Tyrann
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Die gefiederte Seele (in Phaidros)
διὸ δὴ δικαίως μόνη
πτεροῦται ἡ τοῦ φιλοσόφου
διάνοια: πρὸς γὰρ ἐκείνοις
ἀεί ἐστιν μνήμῃ κατὰ
δύναμιν, πρὸς οἷσπερ θεὸς ὢν
θεῖός ἐστιν. τοῖς δὲ δὴ
τοιούτοις ἀνὴρ ὑπομνήμασιν
ὀρθῶς χρώμενος, τελέους ἀεὶ
τελετὰς τελούμενος, τέλεος
ὄντως μόνος γίγνεται:
ἐξιστάμενος δὲ τῶν
ἀνθρωπίνων σπουδασμάτων
καὶ πρὸς τῷ θείῳ γιγνόμενος,
νουθετεῖται μὲν ὑπὸ τῶν
πολλῶν ὡς παρακινῶν,
ἐνθουσιάζων δὲ λέληθεν τοὺς
πολλούς.
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Daher wird denn auch gerechter‐
weise allein des Philosophen Geist befiedert, denn er verweilt so viel als möglich ununterbrochen im Erinnern bei jenem, bei dem sein Gott verweilt, um göttlich zu sein. Welcher Mann aber nun solche Erinnerungen sich auf rechte Weise zu Nutzen macht, der allein empfängt, als ununterbrochen mit vollkommenen Weihen geweiht, wahrhaft die Weihe der Vollkom‐
menheit. Indem er aber der menschlichen Bestrebungen sich entschlägt und bei dem Göttlichen verweilt, wird er zwar von der Menge als ein Verrückter gescholten, dass er aber ein göttlich Begeisterter ist, bleibt der Menge verborgen.
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Unsterblichkeitsbeweis in Phaidros [245]
1. Körper bewegen sich nur von sich aus, wenn und solange sie beseelt sind.
2. Selbständige Bewegung ist also das Charakteristikum der Seele.
3. Was sich selbst bewegt, ist zugleich Quelle und Anfang der Bewegung, also ungeworden und mithin unvergänglich.
4. Also ist die Seele unsterblich und unvergänglich.
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Seeleneigenschaften im Phaidon
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Erkenntnisstreben [65]
Tugendhaftigkeit, Läuterungsstreben [69]
Präexistenz und Postexistenz [77]
Unsichtbarkeit [79]
Beständigkeit [79]
Reinheit [79]
Göttlichkeit [80]
Unvergänglichkeit und Unsterblichkeit [107]
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Unvergänglichkeit der Seele (Phaidon [80])
ἡ δὲ ψυχὴ ἄρα, τὸ ἀιδές, τὸ εἰς τοιοῦτον
τόπον ἕτερον οἰχόμενον γενναῖον καὶ
καθαρὸν καὶ ἀιδῆ, εἰς Ἅιδου ὡς ἀληθῶς,
παρὰ τὸν ἀγαθὸν καὶ φρόνιμον θεόν, οἷ, ἂν
θεὸς θέλῃ, αὐτίκα καὶ τῇ ἐμῇ ψυχῇ ἰτέον,
αὕτη δὲ δὴ ἡμῖν ἡ τοιαύτη καὶ οὕτω
πεφυκυῖα ἀπαλλαττομένη τοῦ σώματος
εὐθὺς διαπεφύσηται καὶ ἀπόλωλεν, ὥς
φασιν οἱ πολλοὶ ἄνθρωποι; πολλοῦ γε δεῖ, ὦ
φίλε Κέβης τε καὶ Σιμμία, ἀλλὰ πολλῷ
μᾶλλον ὧδ᾽ ἔχει: ἐὰν μὲν καθαρὰ
ἀπαλλάττηται, μηδὲν τοῦ σώματος
συνεφέλκουσα, ἅτε οὐδὲν κοινωνοῦσα αὐτῷ
ἐν τῷ βίῳ ἑκοῦσα εἶναι, ἀλλὰ φεύγουσα
αὐτὸ καὶ συνηθροισμένη αὐτὴ εἰς ἑαυτήν,
ἅτε μελετῶσα ἀεὶ τοῦτο— τὸ δὲ οὐδὲν
ἄλλο ἐστὶν ἢ ὀρθῶς φιλοσοφοῦσα καὶ τῷ
ὄντι τεθνάναι μελετῶσα ῥᾳδίως: ἢ οὐ
τοῦτ᾽ ἂν εἴη μελέτη θανάτου;
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Im Gegensatz zum Körper begibt sich die unsicht‐
bare Seele an einen andern Ort, der edel und rein und auch unsichtbar ist, nämlich in die wahre geistige Welt zu dem guten und weisen Gott, wohin, wenn Gott will, auch meine Seele alsbald zu gehen hat. Diese, so geartete Seele, sollte nach Meinung vieler Menschen, sobald sie vom Körper getrennt ist, sogleich verweht und untergegangen sein? Das kann doch nicht wahr sein, ihr lieben Kebes
und Simmias! Sie bleibt vielmehr unvergänglich, wenn sie sich rein befreit hat und nichts vom Körper an ihr haftet. Denn bei gutem Willen hatte sie im Leben nichts mit ihm gemein, sondern floh ihn und blieb in sich selbst und hatte dies immer im Sinn. Das heißt doch nichts anderes als dass sie recht philosophierte und darauf bedacht war, leicht zu sterben. Und bedeutet das denn nicht, schon im Leben auf den Tod bedacht zu sein?
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Die Tugendhaftigkeit
• Tugendhaftigkeit ist Grundlage für die Moral der Gesellschaft. • Wer sich als wahrer Philosoph um Tugendhaftigkeit bemüht, läutert (veredelt ) seine Seele. (Phaidon [69])
• Die „geläuterte Seele“ wird „bei Gott wohnen“. (Phaidon, ebd.)
• „ Der Lohn der Tugend ist schön und die Hoffnung groß.“ (Phaidon [114c])
• Der Tugendhafte braucht den Tod nicht zu fürchten. (Phaidon, [115a])
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Der Tod
• Der Tod ist Trennung (und Erlösung) der Seele vom Körper. (Phaidon [64c], 67d])
• Wahre Philosophen sehnen sich nach dem Tod. (Phaidon, mehrfach)
• Im Tod ‐ bei Trennung vom „störenden Leib“ ‐ wird der Seele wahre Erkenntnis zuteil. (Phaidon [67b])
• Im Tod ist die Seele von allen menschlichen Übeln erlöst. (Phaidon [84b])
• Die Seele bewahrt über den Tod hinaus nichts außer ihrer Bildung und ihrem Zustand. (Phaidon [107d])
• Im Tod „gehe ich fort zu irgendwelchen Wonnen der Seligen“. (Phaidon [115d])
• Furchtlosigkeit, heitere Gelassenheit und Hoffnung kennzeichnen Platons Einstellung zum Tod.
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Schlusswort
• Sokrates sagt: (Phaidon [91b]):
„Wenn meine Aussagen wahr sind, ist es doch vortrefflich, davon überzeugt zu sein. Wenn sie es aber nicht wären, werde ich in der Zeit bis zu meinem Tod immerhin
den Mitmenschen weniger lästig sein als durch Klagen. Sollte ich mich also irren, so wäre es nicht schlimm.“
• Ihnen, verehrte Zuhörer mit theologischem Wissen, darf ich die Aussage zumuten, dass • die Haltung des Sokrates manchem Christen gut anstünde, • es aber ungleich besser ist, von der Christlichen Botschaft des unvergänglichen Lebens überzeugt und getragen zu sein.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
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