Loesung fuer Internet - Prof. Dr. Rainer Schröder

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Loesung fuer Internet - Prof. Dr. Rainer Schröder
Prof. Dr. Rainer Schröder
Wintersemester 2009/10
Universitätsrepetitorium – Klausurenkurs
Zivilrecht 1 vom 16.10.2009
Lösungshinweise
zur Wiederholung und Vertiefung:
BGH, NJW 2009, 2530 und Besprechungen (Schmidt, JuS 2009, 762 und RÜ 2009, 490);
Lorenz, NJW 2009, 1025, 1026; Pöschke/Sonntag, JuS 2009, 711, 712; Baldringer/Jordans,
NZV 2005, 75; Schwarz/Ernst, NJW 1997, 2550; Janssen, NJW 1995, 624
Ausgangsfall: Ansprüche der M gegen A (ohne dass der PKW abgeschleppt wird)
A. Ansprüche auf Herausgabe / Beseitigung:
Vorüberlegung: Art der Besitzbeeinträchtigung
- (teilweise) Besitzentziehung oder Besitzstörung? Unterscheidung bedeutsam für Rechtsfolgen (§§ 859 II und III BGB) und anwendbare Anspruchsgrundlagen (§ 861 oder § 862)
- überwA: sowohl (teilweise) Besitzentziehung hins. des einzelnen Stellplatzes ( Anspruch
gem. § 861) als auch Besitzstörung ( Anspruch gem. § 862), da Grundstücksbesitzer von
Nutzung des betroffenen Grundstücksteils zum vorgesehenen Zweck gänzlich ausgeschlossen und zugleich körperliche Einwirkung in Bezug auf das Gesamtgrundstück.
- Besitzentziehung und -störung sind zugleich Eigentumsbeeinträchtigung, da M vorliegend
nicht nur Besitzerin, sondern auch Eigentümerin
I. § 861 I (possessorischer Besitzschutz auf Wiedereinräumung des Besitzes)
1. (ursprünglich) Besitz des Anspruchstellers
(+)
- Zurechnung der von den Organen (Geschäftsführer) ausgeübten tatsächlichen Sachherrschaft
als eigene (Organbesitz), § 854 I
2. Entzug des Besitzes durch verbotene Eigenmacht, § 858 I
(+)
- Entziehung des unmittelbaren Besitzes ohne Willen des Besitzers und ohne gesetzliche Gestattung
- unbefugtes Abstellen eines Fahrzeugs auf in fremdem Besitz befindlichen Grundstück unstreitig verbotene Eigenmacht (Schmidt, JuS 2009, 762 mwN.)
3. fehlerhafter Besitz des Anspruchsgegners, § 858 II
(+)
4. kein Ausschlussgrund
(+)
- kein Ausschluss gem. § 861 II (eigener fehlerhafter Besitz), § 864 I und II
5. Ergebnis: Anspruch auf Herausgabe/Wiedereinräumung des Besitzes aus § 861 I
II. § 862 I 1 (possessorischer Besitzschutz auf Beseitigung der Störung)
1. Unmittelbarer Besitzer durch verbotene Eigenmacht
im Besitz gestört
(+)
- tatsächliche Benutzung = Besitzstörung durch körperliche Einwirkung
- durch verbotene Eigenmacht, s.o.
2. Anspruchsgegner = Störer
(+)
1
(+)
-
§ 862 liegt derselbe Störerbegriff zugrunde wie auch § 1004
Störer ist daher jede Person, die durch eine eigene Handlung die Störung adäquat kausal verursacht hat (Handlungsstörer); hier: A
3. Kein Ausschlussgrund, gem. §§ 862 II, 864 I oder II
(+)
4. Ergebnis: § 862 I 1 auf Beseitigung der Störung durch Entfernen des PKW (+)
III. § 985
(+)
- M ist Eigentümerin des gesamten Grundstücks inkl. Parkplatz
- A hat die betroffene Teilfläche des Grundstücks äußerlich sichtbar in Besitz genommen
- Recht zum Besitz iSd. § 986 I ?
o dingliches RzB
(–)
o obligatorisches RzB (–), kein ausdrücklicher oder konkludenter Vertragsschluss
(es fehlt wohl schon ein [unbedingtes] Angebot der M; auch über die Lehre vom sozialtypischen Verhalten – sofern man sie anerkennt – lässt sich allenfalls die Annahme konstruieren, nicht aber schon das Angebot)
- Ergebnis:
Herausgabeanspruch bzgl. der ihrem Besitz entzogenen Teilfläche, § 985 (+)
IV. § 1004 I 1
0. Anwendbarkeit neben § 985 ?
- (P) für Beeinträchtigungen des Eigentums durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes ist § 985 lex specialis
- aber: Beeinträchtigung der M nicht nur in der Entziehung des Besitzes an einem Teil ihres
Grundstücks; Falschparken ist auch Störung des Eigentums am (Gesamt)Parkplatz
- § 1004 I 1 in Fällen der Teilbesitzentziehung neben § 985 anwendbar
1. Beeinträchtigung des Eigentums
(+)
- Eigentumsbeeinträchtigung durch körperliche Einwirkung: auch tatsächliche Benutzung
2. Störung dauert an
- bis zur Abholung des Autos dauert die Störung an
(+)
3. Störereigenschaft des Anspruchsgegners
- A ist Handlungsstörer, s.o.
(+)
4. Rechtswidrigkeit der Störung
(+)
- M darf Beeinträchtigung nicht zu dulden haben, § 1004 II
- Hier: M ist weder gesetzlich (etwa nach §§ 227, 229, 904) noch aufgrund rechtsgeschäftlicher Vereinbarung zur Duldung verpflichtet
5. Ergebnis: Anspruch gem. § 1004 I 1
(+),
auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes durch Entfernen des Fahrzeugs
V. § 1007 (petitorischer Besitzschutz)
- Parkplatz keine bewegliche Sache
(–)
VI. § 823 I iVm § 249 I
0. Anwendbarkeit des Deliktsrechts?
(+)
- Deliktsrecht durch vorrangige Vorschriften des EBV gesperrt?, vgl. § 993 I 2. HS
- EBV sperrt das Deliktsrecht gem. § 992 jedoch dann nicht, wenn der Besitzer den Besitz
durch verbotene Eigenmacht erlangt hat, hier (+)
2
-
über den Wortlaut von § 992 hinaus schuldhaft verbotene Eigenmacht erforderlich, hier (+)
1.
a)
-
Haftungsbegründender Tatbestand
Rechtsgutsverletzung
(+)
Eigentumsverletzung iSe Substanzverletzung (–)
aber: Eigentumsverletzung auch durch Beeinträchtigung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs mgl. (+)
zudem auch berechtigter Besitz von § 823 I geschütztes Rechtsgut / rechtl. Interesse, hier (+)
-
b) Haftungsbegründende Kausalität
- Rechtsgutsverletzung dem Verhalten des A zuzurechnen
(+)
c) Rechtswidrigkeit und Verschulden
(+)
- eine durch verbotene Eigenmacht erfolgte Besitzentziehung und -störung ist rechtswidrig
- Verschulden in Bezug auf die Rechtsgutsverletzung
(+)
2. Haftungsausfüllender Tatbestand
a) Ersatzfähiger Schaden
(+)
- Schaden im natürlichen Sinn: jede Einbuße, die eine Person an Gütern wie Gesundheit, Ehre
oder Eigentum erleidet, konkrete Vermögenseinbuße nicht erforderlich
b) Haftungsausfüllende Kausalität
(+)
c) Art, Inhalt, Umfang des Schadensersatzes
- § 249 I: A hat der M die Nutzungsmöglichkeit des Stellplatzes wieder einzuräumen und die
Besitz-/Eigentumsstörung zu beseitigen, indem er den PKW entfernt
3. Ergebnis: Anspruch gem. § 823 I iVm § 249 I
(+)
VII. §§ 823 II, 858 I iVm § 249 I
1. Schutzgesetz
(+)
- Schutzgesetz: Norm, die neben dem Schutz der Allgemeinheit auch den Schutz der M bezweckt
- § 858 I anerkanntes Schutzgesetz zugunsten des unmittelbaren Besitzers
2. Verletzung des Schutzgesetzes
(+)
3. Rechtswidrigkeit und Verschulden (§ 823 II 2)
(+)
- Rechtswidrigkeit indiziert
- Verschulden ist positiv festzustellen (§ 823 II 2), da verbotene Eigenmacht ein schuldhaftes
Handeln nicht voraussetzt, hier: schuldhaftes Handeln iSv. § 276
(+)
4. Ersatzfähiger Schaden
(+)
- Entziehung des unmittelbaren Besitzes am Stellplatz; vom Schutzbereich des § 858 erfasst
und daher ersatzfähig
5. Art, Inhalt, Umfang des Ersatzes
- § 249 I: Herstellung des Zustandes ohne das schädigende Ereignis, d.h. unmittelbarer Besitz
ist durch Entfernung des Fahrzeugs wieder einzuräumen bzw. die Störung zu beseitigen
6. Ergebnis: §§ 823 II, 858 I iVm § 249 I auf Herausgabe und Beseitigung
der Störung durch Entfernen des PKW
(+)
3
VIII. StVG
(–)
- Auswirkung der spezifischen Gefahren des Kraftfahrzeugverkehrs?, „Betrieb“ eines Kfz endet mit dem verkehrsmäßig ordnungsgemäßen Abstellen eines Fahrzeugs auf einem Privatgrundstück (anders für den öff. Verkehrsraum)
- zudem hier kein Schaden entstanden, der nach StVG zu ersetzen wäre (nur bei Tötung oder
Verletzung eines Menschen oder Beschädigung einer Sache)
IX. § 812 I 1 2. Alt. (Eingriffskondiktion)
0. Anwendbarkeit der §§ 812 ff.?
- grds. § 861 als Sondervorschrift zur Eingriffskondiktion
- jedoch Anwendbarkeit des Bereicherungsrechts, wenn der Besitzer wegen seines Besitzrechts einen bestimmten Zuweisungsgehalt hat, z.B. ein Nutzungsrecht (vgl. BGH WM
1987, 181 zur Eingriffskondiktion in Fällen eigenmächtiger Besitzverschaffung)
1. etwas erlangt
(+)
- jede vorteilhafte Rechtsstellung, hier Besitz am Stellplatz und entspr. Nutzungsmöglichkeit
2. in sonstiger Weise
(+)
- Eingriff in den Zuweisungsgehalt eines fremden Rechts
- Zuweisungsgehalt kommt allen Rechtspositionen zu, deren Verwertung nach der Rechtsordnung dem Rechteinhaber zusteht, insb. für absolute Rechte (Eigentum), aber auch für den
berechtigten Besitz
- hier: Nutzungsmöglichkeit des Parkplatzes ist der M als Besitzerin und Eigentümerin zugewiesen
3. „auf dessen Kosten“
(+)
4. ohne rechtlichen Grund
(+)
- Def.: erlangter Vermögensvorteil gebührt einem anderen und kein besonderer Behaltensgrund
5. Ergebnis: § 812 I 1 2. Alt. auf Herausgabe des erlangten Besitzes
am Stellplatz
(+)
B. Unterlassungsansprüche
I. § 862 I 2
1. Voraussetzungen des § 862 I 1 liegen vor, s.o.
2. weitere materielle Anspruchsvoraussetzung: Wiederholungsgefahr (+)
- wie bei § 1004 I 2: die auf Tatsachen gegründete objektive Besorgnis weiterer Störungen
- vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung begründet tatsächliche Vermutung für eine
Wiederholungsgefahr; aber auch die erstmals ernsthaft drohende Beeinträchtigung genügt
3. Ergebnis: § 862 I 2
gerichtet auf das Unterlassen künftiger Störungen
II. § 1004 I 2
1. Voraussetzungen von § 1004 I 1
2. Wiederholungsgefahr, § 1004 I 2
(+),
(+)
(+)
(+)
III. analog § 1004 I 2 iVm § 823 I
(+)
- negatorischer Unterlassungsanspruch bzgl. künftiger Besitzstörungen
4
-
§ 1004 schützt nach st. Rspr. nicht nur das Eigentum, sondern in entsprechender Anwendung
alle von § 823 I erfassten Rechtsgüter, Rechte oder rechtlichen Interessen, d.h. auch den berechtigten Besitz
2. Abwandlung: Zulässigkeit und Begründetheit der Klage
A. Zulässigkeit
I. Sachliche Zuständigkeit des Landgerichts
- LG-Zuständigkeit in allen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, deren Wert 5.000 € übersteigt
(§§ 23 Nr. 1, 71 GVG)
- Ermittlung des sog. Zuständigkeitsstreitwerts nach §§ 2 ff. ZPO
- § 6 ZPO: Streitwert bestimmt sich nach dem (Verkehrs-)Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz ankommt; Norm gilt nach hM „erst recht“ für das Eigentum
- hier: Wert des neuen BMW nach lebensnaher Auslegung > 5.000 €
(P) aber Herausgabeanspruch eigentlich unstreitig, es wird lediglich ein Zurückbehaltungsrecht
iHv. 170 € geltend gemacht
- eA: restriktive Auslegung erforderlich, d.h. es entscheidet das wirtschaftliche Interesse (hier
170 €, mit der Folge, dass das LG sachlich unzuständig und nach § 281 ZPO zu verfahren
wäre)
- hM: Angreiferinteresse entscheidet (hier Wert des BMW), § 6 ZPO ist uneingeschränkt anzuwenden
- Ergebnis mit hM: LG ist sachlich zuständig
II. Örtliche Zuständigkeit
- LG Berlin ist gem. §§ 12, 21 ZPO (Gerichtsstand der Niederlassung) örtlich zuständig
III. Ergebnis: Zulässigkeit
(+)
B. Begründetheit
B U (durchsetzbarer) Herausgabeanspruch?
I. Anspruch aus §§ 677, 681 S. 2, 667 (GoA)
(–)
(P) U hat gleichzeitig in Erfüllung seiner Verbindlichkeit aus dem Werkvertrag mit M gehandelt
(„pflichtengebundener“ GF)
- strittig, ob GoA in diesen Fällen als sog. „auch-fremdes“ Geschäft einschlägig
- FGFW hier (–), zudem würde U im Ergebnis (grundlos) einen zweiten (Werklohn)Schuldner
erhalten
II. Anspruch aus § 985
1. B ist Eigentümer und U Besitzer des BMW
2.
-
Kein Recht zum Besitz, § 986 I BGB
evtl. Zurückbehaltungsrecht gegen B als Halter und Eigentümer des PKW
sehr umstritten, ob ein ZBR ein RzB iSv. § 986 I begründen kann
Rspr (BGHZ 64, 122; BGH, WM 1985, 1421): ja – „…Das Zurückbehaltungsrecht ... begründet ein Recht zum Besitz im Sinne von BGB § 986, auch wenn es nicht zur Klageabweisung, sondern lediglich zur Zug-um-Zug-Verurteilung führt. Zu den Einwendungen im Sinne
von BGB § 986 Abs. 1 gehören auch solche aus Schuldverhältnissen.“
5
-
-
Literatur: nein – ZBR hat Sicherungsfunktion und ist iRv. § 985 selbständiges Gegenrecht,
das die Vollstreckung des Herausgabeanspruchs beschränkt, im Übrigen aber die Vindikationslage unberührt lässt
Stellungnahme: iE entbehrlich, da nach beiden Meinungen Verurteilung nur Zug-um-Zug;
Lösung folgt dem BGH: ZBR als RzB
a) ZBR aus § 1000
- keine Verwendungen auf den PKW gemacht
(–)
b) ZBR aus § 273 I?
- Vor.: fälliger konnexer Gegenanspruch gegen B und Ausübung des ZBR nicht ausgeschlossen
aa) Gegenansprüche des U aus eigenem Recht
(–)
o allein aus GoA denkbar, hier: Vorauss. einer GoA nicht gegeben, s.o.
bb) Gegenansprüche aus abgetretenem Recht
o Rechtswirksamkeit der Abtretung war nicht zu prüfen
Exkurs:
o uU deswegen problematisch, weil evtl. Aufwendungs- oder Schadensersatzanspruch der M, der Gegenstand der Abtretung war, inhaltlich zunächst nur auf Befreiung von der gegenüber U eingegangenen Verbindlichkeit aus dem Werkvertrag ging
o (P): Befreiungsanspruch (§ 257) kann wegen § 399 Alt. 1 (Inhaltsänderung) grds.
nicht abgetreten werden; Ausnahme: Abtretung des Befreiungsanspruchs an den
Gläubiger der eingegangenen Verbindlichkeit (hier U), wegen der Befreiung verlangt werden kann. In dessen Person wandelt sich der Befreiungsanspruch dann
in einen Zahlungsanspruch um.
(1) Aufwendungsersatz aus GoA, §§ 670, 683, 677
(i) Führung eines fremden Geschäfts
(+)
Geschäft: auch tatsächliche Handlungen erfasst wie Entfernung eines PKW
vom Parkplatz
fremd: Geschäft greift in den Rechts- oder Pflichtenkreis eines anderen (hier
des B) ein
Halter müsste zur Beseitigung der Störung verpflichtet gewesen sein (§§ 862
I 1, 1004 I 1); B als Störer? hier: Zustandsstörer (+), = Ps., die durch ihr
Handeln eine Störungsquelle schafft sowie derjenige, der die Störungsquelle
beherrscht, sodass die Störung mittelbar auf seinen Willen zurückzuführen
ist
sog. „auch-fremdes“ Geschäft lässt GoA nicht entfallen
(ii) Fremdgeschäftsführungswille
(+)
auch-fremdes Geschäft: widerlegliche Vermutung des FGFW (überwA)
(iii) Ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung
(+)
(iv) Berechtigung der Geschäftsübernahme: objektives Interesse & tatsächlicher oder
mutmaßlicher Wille
objektives Interesse: objektive Nützlichkeit für den Geschäftsherrn?, hier (+),
da B gleichzeitig von seiner Beseitigungspflicht aus §§ 862, 1004 befreit
wurde (s.o.); mutmaßliche subjektive Vorbehalte unbeachtlich
zusätzlich: tatsächlicher oder mutmaßlicher Wille (§ 683 S. 1), hier kann nur
auf mutmaßlichen Willen abgestellt werden
6
B dürfte subjektiv kein Interesse an kostenpflichtigem Abschleppen seines
Kfz gehabt haben
entgegenstehender Wille gem. § 679 unbeachtlich?
wenn ohne die Geschäftsübernahme eine im besonderen öffentlichen Interesse stehende Pflicht nicht rechtzeitig erfüllt würde (über den Wortlaut hinaus)
eA: bloß unberechtigt parkendes Fahrzeug begründet keine konkrete Gefahr
für fremde Rechtsgüter hier fast leerer Parkplatz, M allenfalls in formaler
Rechtsstellung verletzt, was für ein bes. öff. Interesse nicht genügt; entgegenstehender mutmaßlicher Wille daher beachtlich, § 679 (–)
aA: § 679 immer bei Beseitigung von Eigentums- oder Besitzbeeinträchtigungen einschlägig entgegenstehender mutmaßlicher Wille unbeachtlich,
§§ 670, 683 (S. 2), 677 (+)
beide Ansichten gut vertretbar, wer der letzten Ansicht folgt, prüft weiter:
(v) Rechtsfolge: Ersatz der erforderlichen Aufwendungen
Eingehung von Verbindlichkeiten gegenüber U iHv. 170 € erforderlich?,
fraglich, da marktüblich nur 140 €
subjektive Kriterien maßgeblich, d.h., es ist zu fragen, ob ein nach verständigem Ermessen Handelnder dieselben Aufwendungen getätigt hätte
hier: Erforderlichkeit (+), Summe beinhaltet auch Entgelt für Überwachung
der Parkfläche, Feststellung einer Parkzeitüberschreitung bzw. einer fehlenden Parkberechtigung sowie Überwachung und Dokumentation des Abschleppvorgangs, hierfür 30 € wohl nicht unangemessen
(vi) Ergebnis: Aufwendungsersatz aus GoA, §§ 670, 683, 677 (+)
[oder (–), s.o.]
(2) § 823 I
(–)
o eigenes Verschulden allenfalls, wenn (eigene) Verkehrssicherungspflicht verletzt
o VSP trifft u.a. denjenigen, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft, beherrscht oder andauern lässt; Treffen aller zumutbaren Vorkehrungen, die zur Abwehr von Gefahren für die Rechtsgüter des § 823 I erforderlich
sind
o bloße Überlassung = VSP-Verletzung?
(–)
o VSP dergestalt, dass Dritte zu verkehrsrichtigem Verhalten anzuhalten sind?,
wohl (–), jedenfalls hat B den A zu umsichtigem und verkehrsgerechtem Verhalten angehalten
(–)
(3) § 823 II iVm § 858 I
(–)
o verbotene Eigenmacht, s.o. (+), setzt im Interesse effektiven Besitzschutzes kein
Bewusstsein der Rechtswidrigkeit oder Verschulden voraus
o aber § 832 II 2: B müsste ein Verschulden in Bezug auf die Schutzgesetzverletzung treffen, hier
(–)
(4) § 823 II iVm § 25a StVG
(–)
o § 25a StVG: Halterhaftung allein im (öffentlich-rechtlichen) Bußgeldverfahren
(5) § 831
o A kein Verrichtungsgehilfe des B
(6) Zwischenergebnis:
Gegenanspruch des U gegen B nur aus GoA
7
(–)
entweder (+)
[oder (–)]
Bei Bejahung des Anspruchs:
cc) Gegenseitigkeit der Ansprüche
(+)
dd) Konnexität der Ansprüche
(+)
o einheitliches Lebensverhältnis; es genügt, wenn die wechselseitigen Ansprüche in
einem natürlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, sodass die Geltendmachung des einen ohne Berücksichtigung des anderen als Verstoß gegen
Treu und Glauben erschiene, bei Herausgabe eines kostenpflichtig abgeschleppten
PKW (+)
ee) Fälligkeit des Gegenanspruchs
o § 271 I
(+)
ff) Kein Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts
(+)
3. Ergebnis zu § 985:
- § 986 I aus einem Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 I
(+),
- ZBR lässt den Anspruch aus § 985 nicht entfallen, sondern führt zu einer Verurteilung Zugum-Zug gegen Bezahlung der Forderung aus GoA iHv § 170 €
III. Herausgabeanspruch aus § 823 I iVm. § 249 I BGB
(–)
- Eigentumsverletzung nicht rechtswidrig, weil das Abschleppen durch § 859 gerechtfertigt
war
- Abschleppen erst nach 2,5 h noch sofort iSd. § 859 III ?, (+)
Rspr.: Zeitraum von „wenigen Stunden“ bis hin zu „noch am folgenden Tag“
- Unzulässigkeit gem. § 242 trotz Vorhandenseins anderer Parkplätze (–),
BGH, NJW 2009, 2530, 2531: „…der unmittelbare Besitzer [kann sich] verbotener Eigenmacht durch Selbsthilfe unabhängig davon erwehren, welches räumliche Ausmaß sie hat und
ob sie die Nutzungsmöglichkeit von ihr nicht betroffener Grundstücksteile unberührt lässt.
…“.
- Unzulässigkeit der Selbsthilfe gem. § 242, weil U über den Abschleppvorgang selbständig
entscheiden und dies für sich theor. ausnutzen konnte (–),
BGH NJW 2009, 2530, 2531:„…[Die Vereinbarung ist] von dem Bestreben gekennzeichnet,
rechtsmissbräuchliche Abschleppvorgänge, die z.B. auf bloßer Gewinnsucht des Abschleppunternehmens beruhen, zu verhindern. Falls sich das Abschleppunternehmen nicht an die
Vorgaben hält, macht es sich schadensersatzpflichtig mit der Folge, dass [die M] die Abschleppkosten nicht bezahlen muss…“, was wiederum mangels Schaden auch einen an U abtretbaren Anspruch nicht entstehen ließe.
IV. Ergebnis zur Begründetheit:
- Klage nur teilweise begründet: Herausgabeanspruch des B nur Zug-um-Zug gegen Zahlung
von 170 €
C. Endergebnis zur Abwandlung:
Die Klage des B ist zwar zulässig, aber nur teilweise begründet. U würde zur Herausgabe Zug-umZug gegen Zahlung von 170 € verurteilt. Im Übrigen würde die Klage abgewiesen werden.
Wer ein ZBR und mit ihm ein Recht zum Besitz des U ablehnt, kommt zur Begründetheit der Klage wegen eines Anspruchs aus § 985.
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