Scope: Servus sorgt für den optimalen Materialfluss bei Miele

Transcrição

Scope: Servus sorgt für den optimalen Materialfluss bei Miele
Messe-Special: Materialfluss/Logistik
Wer heute ein automatisches Kleinteilelager (AKL) plant, steht früher oder später vor der Frage: Shuttle-System
oder klassische Lösung mit Regalbediengerät? Bei Miele in Gütersloh entschied man sich für Ersteres. Seit zwei
Jahren erledigen hier autonome Transportroboter des österreichischen Herstellers Servus alle Bewegungen von
Behältern und Trays zwischen Einlagerung, AKL, Kommissionierung und einem automatischen Supermarkt.
Als erster Fachjournalist erhielt SCOPE-Redakteur Michael Stöcker die Möglichkeit, das System in Aktion zu
besichtigen.
„Flache Flitzer“
„Bis zu 4.500 Waschmaschinen werden hier täglich
produziert“, berichtet Markus Kahlert, Logistikplaner
des Miele-Stammwerks in Gütersloh, und lenkt meinen
Blick auf fünf Montagelinien, an denen Waschmaschinen
der neuesten Gerätegeneration gefertigt werden. Das
geschieht im 54-Sekunden-Takt pro Linie. Zum Staunen
12
bleibt mir allerdings keine Zeit, denn wir müssen einem
Milkrun-Routenzug ausweichen, der gerade in eine der
Linien abbiegen will. „Der kommt aus dem Supermarkt
unseres neuen AKL, da führe ich Sie nun hin“, erklärt
mein Gastgeber und weist den Weg. Einige Schritte
später stehen wir vor einem acht Meter hohen und fast
SCOPE Januar 2015
„Durch diese hohle Gasse…“:
26 Shuttles sind im Miele-AKL
in Gütersloh am Werk.
50 Meter langen automatischen Kleinteilelager, in dem in
fast 13.000 Stellplätzen abertausend Bauteile – allein das
SAP-System von Miele kennt die exakte Zahl – lagern.
Wobei der Begriff „lagern“ eigentlich daneben greift. Denn
die meisten Bauteile sind Schnelldreher, die kaum eine
Ruhepause haben, sondern – kaum kommissioniert und
eingelagert – wieder abgeholt und an die Montagelinie
geroutet werden. Markus Kahlert präzisiert: „Alle Teile
kommen exakt in der Reihenfolge aus dem AKL, in der
sie an der Montagelinie benötigt werden – und zwar mit
einen Materialvorlauf von etwa einer halben Stunde“.
Verantwortlich dafür, dass das – und vieles andere
mehr – reibungslos funktioniert, sind 26 eifrige Transportroboter, die im AKL sämtliche Hol- und Bringdienste
verrichten. Bei diesen flachen Flitzern handelt es sich um
Autonomous Robotic Carrier (ARC) des österreichischen
Unternehmens Servus Intralogistics. In einem Nonstop-
www.scope-online.de
Rundlauf führen sie alle Transporte von Behältern,
Leertrays und Leertraystapeln zwischen Einlagerung,
Kleinteilelager, Kommissionierplätzen und einem automatischen Supermarkt durch.
Das Tolle an diesen umher flitzenden Lastaufnahme-Robotern ist ihre Unabhängigkeit. Denn über ein Orderboard
von Servus und ein Prozessleitsystem (Simatic S7) sind sie
steuerungstechnisch in das übergreifende Miele-Netzwerk
(HP Integrity NonStop Server) eingebunden und agieren
dezentral mit eigener Intelligenz. Feste Grundregeln sind
dabei die Einbahnregelung und das Kreisverkehrsprinzip.
Servus-Gründer und -Inhaber Christian Beer erläutert, was
das in der Praxis bedeutet: „Die ARCs werden nicht zentral
gesteuert, sondern handeln eigenständig und entscheiden selbst. Alle ARCs kommunizieren mit ihren internen
Agenten über Funk in Echtzeit und fahren daher stets den
optimalen Weg“. Und als ich skeptisch nachfrage, erklärt
13
Messe-Special: Materialfluss/Logistik
Beer: „Sie können sich einen ARC im Lager wie einen Taxifahrer in Manhatten vorstellen, der seine Fahraufträge von
der Taxizentrale – unserem Oderboard – erhält. Während
sich der Taxifahrer an Straßenschildern orientiert, erhält
der ARC seine Adressinformationen über RFID-Tags an
der Strecke. Dabei lässt die von uns entwickelte Logik das
Shuttle stets die richtige Abzweigung und den kürzesten
Weg wählen.“
Das AKL von Miele – in weiten Teilen vor etwa zwei
Jahren von Servus errichtet – bildet in Gütersloh das intralogistische Bindeglied zwischen dem Wareneingang mit
Hochregallager (Europaletten) und den Montagelinien.
Es hat 21 Ebenen und drei Gassen. Während an seiner
Vorderseite verschiedene Einlagerungsbahnen, drei Kommissionierstationen sowie eine Großladungsträgeranlage
von Haro (www.haro-gruppe.de) angedockt sind, befindet
sich an seiner gesamten Rückseite ein automatischer Supermarkt, an dem Milkrun-Routenzüge im Minutentakt
die Behälter mit dem Teilen für die Montagelinien abholen.
An seinen Stirnseiten angesiedelt sind je drei Vertikalförderer, die die ARCs in die jeweils geforderten Ebenen
der Regalanlage liften. Zurück geht es über Fahrebenen,
die die Shuttles zurück zur jeweils gegenüberliegenden
Seite des AKL bringen, wo sie über Weichen wieder
verteilt werden. Auf der unteren der beiden Fahrebenen
passieren die ARCs die Kommissionier-Arbeitsplätze und
Einlagerungsbahnen.
An den Einlagerungsplätzen bereitgestellte Leertrays
(600 x 400 mm) werden von einem Mitarbeiter mit Behäl-
tern in vier verschiedenen Größen bestückt. Auf ihrem
Weg zur Übergabe an die Servus-Fahrstrecke wird jedes
Tray automatisch mit einem oder mehreren Behältern verheiratet, vom nächsten freien ARC abgeholt und im AKL
eingelagert. Die Einlagerung, das Rüsten von Montageaufträgen sowie auch das Auslagern auf Großladungsträger
erfolgen an den Kommissionierplätzen. Sobald das System
von Miele einen Montageauftrag auslöst, holen die ARCs
die dafür benötigen Teile aus dem Regal und fahren sie
zu einem der Kommisssionierplätze. Hier landen die Teile
via Pick-by-Light in den Zielbehältern. Fertige Behälter
werden vom Pick-Platz über eine Zuführpufferstrecke und
die Übergabeposition wieder an die Strecke befördert, wo
sie ein ARC abholt und im AKL ein- bzw. zwischenlagert.
Meldet dann eine Montagelinie ihren Bedarf an, bringt der
nächste freie Transportroboter den vorkommissionierten
Behälter in den automatischen Supermarkt.
Dieser Supermarkt besteht aus zwei Lagerebenen, die
eine manuelle Direktentnahme der Behälter aus dem
Regal erlauben (die Trays bleiben im Regal). „Anhand
eines grünen Lichtsignals erkennt jeder Milkrun-Fahrer,
mit welchen Behältern er seinen Routenzug beladen darf.
Durch das Quittieren der Entnahme jedes Behälters löst
er gleichzeitig einen ARC-Fahrauftrag für das Abholen
des entstandenen Leertrays aus“, erläutert Logistikplaner Markus Kahlert. Hat der Fahrer dann alle Behälter
entnommen und in der definierten Reihenfolge auf dem
Milkrun abgelegt, macht er sich auf den Weg zur Montagelinie. Zwischenzeitlich bringen Servus-ARCs alle freien
Blick auf die Rückseite des Miele-AKL: Acht Meter hoch und fast 50 Meter lang, beheimatet es fast 13.000 Stellplätze. Unten erkennt man die beiden Lagerreihen des automatischen Supermarktes; links daneben zwei Milkrun-Routenzüge beim Beladen.
14
SCOPE Januar 2015
chainflex hält:
28 Mio.Hübe
getestet
®
Autonome Schwarmroboter
Die Servus Intralogistics GmbH ist ein österreichisches Technologieunternehmen mit Sitz in Dornbirn (Vorarlberg). Sie beschäftigt 260 Mitarbeiter und bietet eine Intralogistiklösung an,
bei der alle Prozesse von Wareneingang über AKL, Kommissionierung, Montage und Büro bis hin zum Warenausgang ohne
Schnittstellen bedient werden. Kernstück sind autonom agierende Schwarmroboter, die Kartons, Boxen und Trays bis hin zu
Schüttgut und kundenspezifischen Werkstücken bis maximal 50
Kilogramm transportieren und just-in-time abliefern.
Test Nr.
3105 online
weitere Tests,
Lebensdauer,
Finder & Shop im Web
Trays zu einem Leertray-Stapler, der einen Stapelpuffer verwaltet. Ist
der Puffer voll, werden die Trays stapelweise wieder an die Transportroboter übergeben und im AKL eingelagert. Sinkt der Leertray-Puffer
aber unter eine definierte Marke, wird er wieder gefüllt – auch das
übernehmen die ARCs.
„Derzeit registrieren wir im Servus-System täglich etwa 8.000 erfolgreich abgeschlossene Einzelaufträge – bei einer Fehlerquote unter 0,5
Prozent. Das ist ein exzellenter Wert“, berichtet Markus Kahlert. Auf
die Frage, warum er sich gerade für ein Shuttle-System und gegen eine
«
Unsere ARCs werden
nicht zentral gesteuert,
sondern handeln eigenständig
und entscheiden selbst.
»
Christian Beer,
Servus-Inhaber
konventionelle Lösung mit Regalbediengerät entschieden hat, erklärt er:
„Ein Lager mit RGB hätte uns deutlich mehr gekostet und bei weitem
nicht die von uns geforderte Flexibilität abgedeckt. Mit Blick auf unsere
Durchsatzvolumina und Transportwege benötigen wir hier ein maximal
flexibles System, weshalb beispielsweise auch der Aspekt der Skalierbarkeit von zentraler Bedeutung ist.“
Skalierbarkeit bedeutet beispielsweise, dass sich das Shuttle-System
von Servus sehr unkompliziert dem Grad der Auslastung anpassen lässt.
„Ist weniger zu tun, ziehen wir einige ARCs aus dem laufenden Verkehr
heraus und parken sie. Brauchen wir hingegen zusätzliche ARCs, so
lassen sie sich ganz einfach integrieren – im System anmelden, auf die
Strecke setzen, und schon fahren sie mit“, kommentiert Markus Kahlert. Wie er mir außerdem erläutert, lässt sich mit dem Servus-Konzept
auch die Verwaltung leerer Trays und Behälter sehr gut managen: „Die
Leergut-Logistik läuft einfach im AKL-Betrieb mit, ohne dass wir dafür
ein eigenes System benötigen“.
Wie ich von meinen Gesprächspartnern vor Ort erfahre, unterscheidet sich die Servus-Lösung aber vor allem durch zwei entscheidende
Flexibilitätsfaktoren von vielen anderen derzeit angebotenen Shuttle-
Energieführen leicht gemacht:
Roboter-Lichtwellenleiter
chainflex CFROBOT 5.501übersteht mehr
als 28 Mio. Hübe. Bewiesen in Test 3105 von
über 600 parallel laufenden Versuchen im
mit 1.750 m größten Testlabor für flexible
Leitungen. Online berechenbar. Ab Lager,
ab 1m, ohne Schnittkosten. Testinfos und
Details zu den igus -Qualitätsstandards
unter: igus.de/test3105
®
2
®
plastics for longer life ...
®
ab 24h!
Kostenlose Muster:
Tel. 02203 9649-800
chainflex Garantie-Club: 18, 24 oder 36 Monate
®
Besuchen Sie uns: LogiMAT – Halle 3, Stand C55,
inTEC – Halle 2, Stand D03
www.scope-online.de
Messe-Special: Materialfluss/Logistik
Miele-Logistikplaner Markus Kahlert: „Derzeit registrieren wir
im Servus-System täglich etwa 8.000 erfolgreich abgeschlossene
Einzelaufträge – bei einer Fehlerquote unter 0,5 Prozent.“
Systemen: Bewegungsfreiheit und Ortsungebundenheit.
„Die innerbetriebliche Logistik kann schnittstellenlos von
Wareneingang über Lager, Büro, Produktion, Montage
oder Kommissionierung bis zu Warenausgang in einem
optimalen Fließprozess eingebunden werden. Da unsere
ARCs ihre Strecke an der Decke zurücklegen können, ist
das System zudem extrem Platz sparend“, berichtet Christian Beer. Und Miele-Logistiker Kahlert erläutert daraufhin, was das für ihn bedeutet: „Weil die ARCs das AKL
verlassen und direkt zu den Kommissionierplätzen sowie
in die Vor- und Endmontage fahren können, könnten wir
mit dem System von Servus alle Bereiche der Intralogistik
versorgen – ähnlich wie mit unserem Miele-eigenen Hängebahnsystem, das hier schon seit Jahrzehnten durch das
Werk Gütersloh fährt. Darüber denken wir derzeit nach.
Das käme auch unserem Wunsch nach Reduzierung des
Materialaufkommens an der Montagelinie entgegen.“
Ein weiteres Flexibilitätsplus der Servus-Shuttles, ist die
Möglichkeit, sie mit verschiedenen Lastaufnahmemitteln
auszurüsten. Bei Miele sind die ARCs mit dem sogenannten Leanloader ausgerüstet. „Mit diesem Aufsatz können
Behälter, Trays oder Werkstückträger mit spezifischer
Bodengeometrie be- und entladen werden. Am Übergabe-
oder Lagerplatz wird das überstehende Ladehilfsmittel
unterfahren und vom Shuttle aufgenommen. Es ist das
schnellste Lastaufnahmemittel, da nur eine Ausziehbewegung des Gurts erforderlich ist. Die Behälter und Trays
sind gesichert und können nicht verrutschen – daher
kann auch in den Kurven die maximale Geschwindigkeit
gefahren werden“, erklärt Servus-Firmenchef Christian
Beer. Die Alternative dazu wäre der Smartloader, bei dem
Riemenpaare ausfahren und die Ware aufladen. Dank des
Leanloader-Aufsatzes lässt sich im AKL von Miele aber
eine sehr hohe Lagerdichte realisieren, denn die Trays
benötigen nur 9 mm seitlichen Abstand voneinander.
Die Autonomous Robotic Carrier von Servus sind spurgeführte und kurvengängige Dreiräder, die sich durch
ein optimales Verhältnis von Eigengewicht und Nutzlast
(bis 50 kg) auszeichnen. Für die Echtzeitkommunikation
und Wegefindung werden Funk- und RFID-Techniken
verwendet. Für den Antrieb haben sie energieeffiziente
Elektromotoren mit leistungsfähiger Energierückgewinnung, deren Einspareffekt laut Hersteller „gegenüber
herkömmlichen Intralogistik-Systemen bei bis zu 90
Prozent liegt“. Dazu kommt, dass die Verweilzeit der
Fertig beladender Milkrun-Routenzug auf dem Weg in die Montage. Links im Bild befindet sich ein Ausschnitt des automatischen Supermarktes.
Facettenreiche Logistik
Miele beschäftigt weltweit gut 17.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Am Traditionsstandort in Gütersloh
arbeiten derzeit etwa 5.500 Menschen an der Entwicklung und Produktion von Waschmaschinen, elektronischen
Steuerungen für alle Miele-Geräte sowie verschiedenen Teilen für andere Miele-Werke. Mit 25.000 Quadratmetern bildet die Endmontagehalle einen umfangreichen Bereich des Werks. An logistischen Systemen kommen
u.a. Stapler, Roboter sowie das AKL mit dem Servus-System sowie eine Hängebahn-Anlage zum Einsatz.
16
SCOPE Januar 2015
Drehen im Ring
Schwerlastringtische mit Durchmesser bis 10 m
und Lasten bis 100 to.
An den Stirnseiten des AKL befinden sich je drei Vertikalförderer, die die ARCs in die geforderten Ebenen
der Regalanlage liften.
ARCs in den Vertikalförderern bei Bedarf zum
Aufladen ihrer Supercaps (Superkondensatoren)
genutzt wird. Christian Beer betont außerdem,
dass das Servus-System „hinsichtlich Wartung
und Instandhaltung derzeit wohl die Lösung mit
der höchsten Materialschonung ist“.
Nachdem wir das neue AKL nun mehrfach
umrundet haben und dabei das eifrige Tun der
hellblauen Gassenflitzer aus Österreich beobachten konnten, will ich von Markus Kahlert noch
wissen, wie es weitergeht. „Zum einen ist der
durchgängige Einsatz des Servus-Systems bis
zum Endmontagearbeitsplatz und seine Anbindung an die Vormontage angedacht, wobei wir
hier auch die Möglichkeiten zum Zusammenspiel mit fahrerlosen Transportsystemen (FTS)
prüfen. Zum anderen wollen wir im Rahmen
des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses die
Effizienz des AKL weiter steigern, indem wir zukünftig viel mehr Doppelspiele fahren, bei denen
die Transportroboter zeitgleich sowohl Ein- als
auch Auslagerungsaufträge abarbeiten. Das aber
setzt eine deutlich komplexere Steuerungslogik
voraus“, sagt der Miele-Logistikplaner und blickt
hinüber zu Christian Beer. Der nickt wissend
und sagt: „Es gibt bei Servus die entsprechenden
Software-Module zum Generieren der Doppelspiele. Da Miele aber eine eigene Lagerverwaltungssteuerung einsetzt, wird in Zusammenarbeit
ein optimales Verfahren erstellt und in Kürze
umgesetzt“. Michael Stöcker
Halle 1, Stand C32
Ringtisch EDH 3250
Kurze Transportzeiten mit hohen Lasten
EXPERT - TÜNKERS GmbH • Seehofstraße 56- 58 • D-64653 Lorsch
www.expert-tuenkers.de • [email protected]
Weitere Informationen:
expert-tuenkers.de/produkte
Shuttle-Komplettlösung
Servus Intralogistics, www.servus.info
www.scope-online.de
17