•J TEE •N TGV •W DDT •R GEW •B GDL

Transcrição

•J TEE •N TGV •W DDT •R GEW •B GDL
20 K U L T U R B E U T E L
VER.DI PUBLIK 11 NOVEMBER 2007
SEHEN
Wenn man trotzdem lacht
Persepolis | Es war nur eine Frage der Zeit, bis die wunderbaren Bilder von Marjane Satrapi laufen lernen würden. Die
iranische Zeichnerin hat mit ihrer autobiografischen Bildergeschichte, einem Comic, geschafft, was keiner anderen literarischen Gattung bisher mit solchem Erfolg gelungen ist: Ihre
schwarzweißen Zeichnungen bringen Licht in die vom Kopftuch verdunkelte Wahrnehmung ihres Landes; sie zelebrieren
den Individualismus, der zwar nicht sein darf, aber dennoch
existiert. In den nun verfilmten Comics hat die frühere Kunststudentin ihre Kindheit und Jugend zwischen Iran und Europa
aufgezeichnet. Mit acht erlebt die kleine Marjane die islamische Revolution der Mullahs und erzählt dies aus köstlich unbestechlicher Kinderperspektive, die zwar nicht alles versteht,
aber vieles registriert. Ihre Familie gehört den linken, intellektuellen Kreisen an, Leute wie sie müssen nach der Machtergreifung des Ayatollahs vorsichtig sein. Doch Marjane ist ein
kleiner Punk. Sie interessiert sich wie alle Mädchen überall für
Popkultur, schicke Turnschuhe und Iron Maiden. Mit List und
Humor laviert sich die ganze Familie durch die repressiven Bestimmungen. Marjane testet die Dehnbarkeit des Kopftuchgebots und ertrotzt sich jede Haarsträhne. Die resolute Oma als
zentrale Gestalt der Familie tanzt mit deftigen Prinzipien aus
der Reihe. Das eigentliche Drama erleben die Eltern. Unglücklich schicken sie das Kind zur Sicherheit nach Österreich. MitAcross the universe | Warum man
33 Beatles-Songs zu einer Liebesgeschichte zusammenfügt, deren 68erSetting samt Studentenunruhen und
Vietnamkrieg ausgerechnet an das Musical Hair erinnert,
das dürfte für
manche ein Rätsel
bleiben. Doch die
Cover-Versionen
sind oft originell,
Joe Cockers Come
Together beispielsweise sogar elektrisierend. Und, wie in
eigentlich fast jedem Musical, geht es
auch hier mehr um Stil als um Story:
ten in der Pubertät und allein auf sich gestellt, erlebt es hier,
zwischen Vorurteilen und Sachertorten, was alle Mädchen
überall zunächst erleben: die erste Liebe, den ersten Liebeskummer, Heimweh. Sie verheddert sich im Kulturclash, nimmt
Drogen und ohne den Halt der Familie landet sie irgendwann
ganz unten. Nach ihrer Rückkehr in den Iran bleibt diese Zerrissenheit, später kehrt sie ihrem Land für immer den Rücken.
In erster Linie sei dies eine Geschichte über die Liebe zu ihrer
Familie, sagt Marjane Satrapi heute. Dennoch schieben sich –
auf der Leinwand ein märchenhafter Effekt – die Zeichenkulissen ab und zu beiseite, wenn von früher erzählt wird, von Politik, dem Schah und der Folter. So erschütternd diese Szenen
sind, die Geschichte durchzieht ein fröhlicher Sinn für Humor,
den die 37-Jährige zu Recht subversiv nennt. Ihre Zeichnungen,
die mit winzigen Strichen große Themen treffen, hat Regisseur
Vincent Paronnaud kongenial inszeniert. Sie leben von der
Weglassung, dem Angedeuteten, nicht Ausgemalten und sind
oftmals ganz einfach entzückend, was die iranische Filmbehörde natürlich anders sieht. Ach ja, und apropos Familie: Von
ihrem unschätzbaren Wert kann man eben auch modern, weltoffen und amüsant erzählen.
JENNY MANSCH
F 2007; R: MARJANE SAPRATI, VINCENT PARONNAUD, SYNCHRON:
J. TABATABAI, N. TILLER, H. ZISCHLER; L. 96 MIN., AB 22.11.2007
PERSEPOLIS, 2 BÄNDE, UEBERREUTER VERLAG, JEWEILS 9,95 €
Nach ihrer immens erfolgreichen Bühnenfassung von Disneys Der König der
Löwen zieht die Regisseurin Julie Taymor alle visuellen Register. Es gibt ein
Cheerleader- und Rugbyballett, I Want
to Hold Your Hand wird zur schmerzlichen Lesbenballade umfunktioniert,
und Bono wirft sich in den psychedelischen Farbenrausch von I Am the Walrus. Aus I Want You macht Regisseurin
Taymor den Soundrack zur Einberufung
beim Militär, großartig choreographiert
und in Szene gesetzt. Auf ganzer Linie
kann sie mit ihrem „Beatles-Musical“
zwar nicht gewinnen – doch gewagt
hat Julie Taymor hier einiges.
ROBL
USA 2007; R: JULIE TAYMOR; D: EVAN RACHEL WOOD, JIM STURGESS; L: 131 MIN.;
START AM 22. NOVEMBER
Vier Monate, drei Wochen, zwei
Tage | „Mein Bauch gehört mir“: Lang
ist’s her, dass Frauen für das Recht auf
legale Abtreibung kämpften, heute wird
die Mutterschaft wieder groß beworben
und diskutiert. Cristian Mungius eindringlicher Film warnt vor dem Extrem
einer in diese Richtung zielenden Politik.
Der im kommunistischen Rumänien vorherrschende Geburtenwahn ging mit einem strikten Abtreibungsverbot einher.
HÖREN
Unterstützung findet Gabita nur bei
ihrer pragmatischen, mutigen Freundin,
die alles organisiert und sich um sie
kümmert. Wird alles gut gehen? Der Zuschauer bangt mit der Freundin, die auf
einer Geburtstagsfeier snobistischen
Small Talk über sich ergehen lassen
muss, während Gabita auf ihren Abgang
wartet. Das alles ist schwer auszuhalten,
ungemein beklemmend und stark inszeniert. Soll da noch einer sagen, alles
Frauengedöns. Diesen Film hat ein
Mann gemacht!
KL
RUMÄNIEN 2007. R: CRISTIAN MUNGIU.
D: ANAMARIA MARINCA, LAURA VASILIU,
VLAD IVANOV. 113. MIN. START. 22.11.
LESEN
Youssou N’Dour: Rokku Mi Rokka (Give And Take) | Seven Seconds
hieß 1994 sein mit
Duettpartnerin
Neneh Cherry gesungener Welthit.
Das Time Magazine führt Youssou
N’Dour in der Liste
der 100 einflussreichsten Frauen und Männer. Mit Peter
Gabriel, Sting, Tracy Chapman und Paul
Simon hat er zusammen gearbeitet. Seit
PREISRÄTSEL
Unter allen
richtigen
Einsendungen
verlosen wir
3 x 2 Comicbände zum
Film
Persepolis
1
Alle reden von der Bahn. Wir auch!
Worüber wurde bei diesem Thema
in den letzten Wochen noch
am wenigsten debattiert?
P die neue UmweltBahncard25
E den Streik der Lokführer
X die von Bahnchef Mehdorn gewünschte Teilprivatisierung
•
•
•
1
Und es ist gar nicht so leicht, den
Überblick zu behalten. Welche von
diesen ist keine Gewerk-
schaft für Beschäftigte
der Eisenbahn?
•
•
•1
S transnet
R GEW
B GDL
Herr Mehdorn braucht sich privat
über Preissteigerungen keine Sorgen
zu machen. Sein Gehalt samt
aller Sonderzulagen stieg
2006 auf
M 520 000 Euro
K 783 000 Euro
L mehr als 3 Millionen Euro
•
•
•1
Gabita will trotz alledem ihre Schwangerschaft abbrechen. Die Gründe dafür
spielen keine Rolle, entscheidend sind
die katastrophalen und zerstörerischen
Umstände, die die junge Frau dafür in
Kauf nehmen
muss. In einem heruntergekommenen Hotel kommt
es zum Treffen mit
dem Engelmacher,
der ohne Narkose
arbeitet, keine Verantwortung übernimmt und sich als ein
Widerling entpuppt, der noch Sex will,
bevor er die Sonde einführt. Hilfe und
Über ihre Tarifbedingungen haben
Jim Knopf und Lukas der Lokomotiv-
25 Jahren ist er die Symbolfigur für afrikanische Musik. Dreimal engagierte er
sich bei den Live8-Festivals. Und für sein
letztes Album Egypt gab’s 2004 den
Grammy. Rokku Mi Rokka ist Youssou
N’Dours Reise in die reichen musikalischen Traditionen des Senegal. Denn
das Land bietet eine Vielzahl an Rhythmen und Sounds wie Blues, Reggae,
Afrokubanisches. Stile, die ihr afrikanisches Erbe in sich tragen und deshalb in
Afrika sehr populär sind. Dort lieben sie
den Sound von Keyboards und anderen
führer nie geklagt. Wie hießen ihre
beiden Loks, mit denen der
Nahverkehr in Lummerland gesichert wurde?
•
•
•1
H Emma und Molly
Y Wolfgang und Angela
O Tim und Struppi
Sicher lag das an der weisen
Regierungsführung von Lummerlands
Herrscher König Alfons dem Viertelvor-zwölften. Das erinnert viele junge
Leser gerade an Gleis 9 3/4. Es
bringt sie schmökernderweise
A vom Londoner Bahnhof King’s
Cross zum Zauberinternat
Hogwarts
Z direkt zur kleinen Hexe
C mit der Berliner U-Bahn zu der
Polizeiwache, an der Emil und die
Detektive auf sie warten
•
•
•
1
Auch früher schon haben Schriftsteller über Züge geschrieben. Einer
der berühmtesten Morde
bei Agatha Christie fand statt
modernen Instrumenten. In der westlichen Welt mag man eher traditionelle
afrikanische Instrumente wie Talking
Drums, Balafone und Kora. Mit seiner
markanten Stimme und seiner musikalischen Autorität bringt N’Dour die beiden Welten in Einklang. Er mischt Eingängiges mit Exotischem, Pop mit afrikanischer Tradition. Und einen Hit gibt’s
auch: Wake Up, der Youssou N’dour mit
seiner langjährigen guten Freundin
Neneh Cherry wiedervereint.
RIX
CD, WARNER
•
•
•1
U in der Transsibirischen Eisenbahn
H auf der Zugspitzbahn
F im Orient-Express
Auch in Frankreich streikten Lokführer, da sie um ihre Renten bangten.
Die superschnellen Fernzüge blieben
stehen. Der französische
Bruder des ICE heißt
J TEE
N TGV
W DDT
•
•
•1
Diese ungewöhnliche
Idee ließ Familienministerin Ursula
von der Leyen schnell wieder fallen.
Sie wollte, dass 14-Jährige
Q streikende Bahn-Mitarbeiter
ersetzen
Ö helfen, die „Bundestrojaner“
zu programmieren, die man zur
online-Durchsuchung von
Computern bräuchte
A als Testkäufer von Schnaps
und Zigaretten zu Hilfspolizisten
werden
•
•
•
Die Kennbuchstaben der richtigen Lösungen ergeben, neu sortiert, das
Lösungswort. Es zeigt uns, wie wir weiterkommen. Viel Spaß!
11111111
Bitte schicken Sie eine Postkarte mit dem Lösungswort bis zum 1. 12. 07
(Datum des Poststempels) an: ver.di PUBLIK Preisrätsel, 10112 Berlin.
Lösungswort des letzten Preisrätsels: Kongress
Gewonnen haben: H. Schindler (Kornwestheim), O. Kreßner (Werdau),
G. Matthes (Freiberg), O. de Vries (Wolfsburg), C. Schmalzbauer (Nürnberg),
A. Wiesemann (Duisburg), R. Müller (Saarbrücken),
M.-L. Arnold (Dannstadt-Schauernheim), D. Landreh (Berlin), M. Buchwald (Berlin)
Blick durch die Luke
Hamid Skif: Geografie der Angst | Es ist kein Weihnachtsgeschenk, kein Geburtstagsgeschenk. Es ist ein unbequemes Buch, dem man doch viele Leser wünscht.
Dabei erzählt der kleine Roman des Exil-Algeriers Hamid Skif nichts, was man nicht
wissen könnte, wenn man sich die Mühe machte, hinzuschauen. Eigentlich erstaunlich ist nur, wie fix solches Wissen wieder verdrängt, vergessen werden kann.
Skif skizziert den Alltag eines illegalen Immigranten, der sich gesichts- und namenlos
in einer westeuropäischen Großstadt aufhält. Während draußen in den Straßen Jagd
auf solche wie ihn gemacht wird, verbirgt er sich in einer scheinbar unbewohnten,
stromlosen und ungeheizten Dachkammer. Die hat ein zunächst barmherziger Student zur Verfügung gestellt, der ihn auch alle paar Tage besucht und leidlich mit Lebensmitteln versorgt. Der Mensch wird vollkommen auf sich selbst geworfen in dieser Isolation. Seine Fantasien und Gefühle spielen mit ihm ihr böses Spiel. Bald wagt
er sich gar nicht mehr heraus, vertraut nicht einmal mehr für einen kurzen Moment
dem Schutz der Dunkelheit. Ganz selten riskiert er einen Blick durch die Dachluke,
auf das gegenüber liegende Haus, wo andere Menschen ihr mehr oder minder geregeltes Leben leben. Sie werden zur Projektionsfläche seiner Erinnerungen. Gnadenlos
verstrickt Hamid Skif seine Leser in eine Seelenreise. Man lernt Abgründe kennen:
Angst in all ihren gemeinen Erscheinungsformen. Wie sie wütet, stinkt und winselt.
Angst vor Armut, Hunger, Krieg. Wie schwer es ist, sich dagegen zu stemmen, Mut
zu sammeln. Aufzubrechen, zu fliehen, die Suche nicht aufzugeben. Sich nicht zum
Komplizen jener zu machen, die vom Elend profitieren: Dealer, Diebe, Schlepper. Immer wieder versprechen warme Lichter einen Ausweg, am Ende aber lauert der Abgrund – auf alle. Auf den Flüchtling, wie auf seinen Beschützer, auf die, die Gleichgültigkeit oder Unwissenheit demonstrieren. Und auf die, die helfen könnten, statt
dessen aber Zäune bauen und den Ausgesperrten Fernseher aufschwatzen wollen.
Noch einmal nimmt die Angst eine andere Erscheinung an: Wut.
Hamid Skif, der 1997 aus Algerien fliehen musste und seither in Hamburg lebt, pflegt
die blumige Sprache arabischer Geschichtenerzähler, was hier aber eben nicht zu verspielten Szenen aus 1001 Nächten führt, sondern in drastischen Farben eine Geschichte hinter den Nachrichten unserer Tage malt. Die Übersetzung aus dem Französischen besorgte der Schweizer Schriftsteller Andreas Münzner, dem ein starkes
Stück gelungen ist.
PETRA GROLL
EDITION NAUTILUS, 158 SEITEN, 16 €
Naomi Klein: Die Schock Strategie | Wer der Kapitalismuskritikerin
Naomi Klein vorwirft, dass ihr neues
Buch nicht alle Fragen der global-ökonomischen Lage erklärt, hat sicher Recht.
Recht hat auch,
wer sich über fehlende Alternativangebote mokiert
und Antiglobalisierungsbewegte als
diffuse Kräfte betrachtet – die lassen sich eben nicht über einen Kamm
scheren. Kleins globale Politikgeschichten von Pinochets Chile über den Tsunami bis zum Chaos im Irak aber schon. Es
geht um konkrete Fragen: Wie hat die
radikal-marktliberale Chicagoer Schule
unter der Anleitung von Milton Friedman Politik gemacht? Wie wurden ihre
Vorstellungen von Privatisierung, Deregulierung und Kürzung der Staatsausgaben zur Durchsetzung freier Märkte umgesetzt? Und welche Folgen zeitigen ihre Einflussmaßnahmen auf die gegenwärtige globale Wirtschaftslage? Die
Freihandels- und Privatisierungsideologie
der Globalisierung hat mit diesem Buch
ein einprägsames Portrait erhalten. Der
sogenannte Katastrophen-KapitalismusKomplex ist ein praktikables analytisches
Modell, auch wenn wir in Europa (noch)
nicht Opfer der radikalliberalen Katastrophentaktik geworden sind.
ZÄH
SACHBUCH, AUS DEM ENGLISCHEN H.
SCHICKERT, M. BISCHOFF, K.H. SIBER.
S. FISCHER 2007, 763 SEITEN. 22,90 €
VER.DI PUBLIK 11 NOVEMBER 2007
K U L T U R B E U T E L 21
ANSTEHEN
Herzenspein und Nasenschmerz
– Wilhelm Busch und die Folgen |
Heutzutage Karikaturist zu sein, ist gar
nicht leicht. Nicht zuletzt der Streit um
die Mohammed-Karikaturen hat gezeigt,
wer die Welt und ihr
Geschehen in Bildern überspitzt,
kann die Mordgelüste einer ganzen
Gemeinschaft auf
sich vereinen. Als
Wilhelm Busch im
19. Jahrhundert Figuren wie Plisch und
Plum, Hans Huckebein, die fromme Helene und Max und Moritz erfand, war
das unerhört. Aber auch unerhört gut,
weil sie die Tragik und Komik des Seins
auf den Punkt brachten. Und der Kunst
damit ganz neue Wege eröffneten. Das
kann man in dieser Ausstellung in Oberhausen umso eindringlicher verfolgen,
weil rund 100 Werke von Wilhelm Busch
mit 80 Arbeiten von Künstlern wie Gillray, Carracci, Tomi Ungerer und anderen
zusammen wirken. In ihnen allen manifestiert sich die Geschichte der Karikatur
aufs Feinste.
PEWE
SPIELEN
LUDWIG GALERIE SCHLOSS OBERHAUSEN,
KONRAD-ADENAUER-ALLEE 46, BIS 24.
Die freche Sprech-Hexe | Kleine
Kinder kochen gern, spielen gern und
reden gern – jedenfalls, wenn man sie
lässt. Und dass das
auch alles auf einmal geht, lehrt die
kleine Sprech-Hexe.
Zu ihren Füßen brodelt ein riesiger Topf,
und der will gefüllt
werden. Wahlweise
mit Wortpaaren, die sich reimen wie Teller auf Keller, oder mit Wörtern, die sich
ähneln wie Ohr und Uhr. Schon 3-Jähri-
ge finden ganz schnell heraus, wie sie
hexen können. Die Hexe gibt ihnen
noch eine Zauberscheibe neben dem
Kochstab mit an die Hand. Die Zutaten,
fein in runde Scheiben portioniert, gehören nämlich nur in ihren Eintopf, wenn
sie auf der Rückseite das gleiche verborgene Zeichen tragen. Und dies wird nur
durch die Zauberscheibe sichtbar. So
manches Kind vergnügt sich ganz allein
mit der Hexe, quatscht sie voll und rührt
in ihrem Topf. Aber auch viele kleine Köche verderben ihr nicht den Brei. PEWE
RAVENSBURGER, AB 4 J., CA. 11 €
FOTOS: COURTESY FIONA TAN UND FRITH STREET GALLERY, LONDON; PROMO; VERLEIH
FEBRUAR 2008, DI–SO 11–18 UHR
Kunstmaschinen
– Maschinenkunst | Es ist eigentlich erstaunlich, dass
die industrielle Revolution erst rund
150 Jahre später
einen unmittelbaren
Ausdruck in der Kunstproduktion gefunden hat. Erst in der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts fingen Künstler an, Maschinen zu bauen, statt Bilder zu malen oder
Skulpturen zu formen. Von der Technik
fasziniert, aber auch manches Mal abgestoßen, fanden sie ganz neue Wege, sich
auszudrücken, das Leben, die Welt, Zusammenhänge in Maschinen zu übersetzen. Die Frankfurter Schirn hat sich jetzt
in eine große Maschinenhalle verwandelt, in der Kunstmaschinen von Jean
Tinguely, Angela Bulloch, Olafur Eliasson,
Damien Hirst, Rebecca Horn und anderen
ihre Arbeit verrichten. Die einen produzieren Kunst zum Mitnehmen, andere
übersetzen menschliche Unzulänglichkeiten in reproduzierbare Abläufe und wiederum andere wollen einfach nur völlig
zweckfrei gefallen. Absolut nicht nur eine
Ausstellung für Technikverliebte.
PEWE
SCHIRN KUNSTHALLE FRANKFURT, RÖMERBERG, BIS 27. JANUAR 2008, DI, FR–SO
10–19 UHR, MI/DO 10–22 UHR
Liverpool Street | Der Bahnhof in
London, an dem rettende Transporte
jüdischer Kinder aus Nazideutschland
ankamen, gab diesem Jugendbuch den
Titel. Eins von ihnen ist 1938 Franziska
Mangold. Ihre
Eltern haben sie
schweren Herzens
allein weggeschickt, da ihre
gemeinsamen Ausreisepläne bisher
scheiterten. Ziska
fragt ihre neue Pflegemutter sofort
nach geeigneten Verstecken, für ein
Mädchen wie sie und ihre beste Freundin überlebenswichtig im damaligen
Berlin. Als assimilierte Jüdin protestantisch aufgewachsen, wurde Ziska
durch die rassische Verfolgung zu einer Identität gezwungen, die ihr bisher
ganz und gar fremd war. In England
wiederum wird dann ausgerechnet das
orthodox gelebte Judentum ihrer Gastfamilie zur Zuflucht. Die ihr anfangs so
fremden Bräuche werden von Anne C.
Voorhoeve wunderbar aus der lernenden Perspektive des jungen Mädchens
geschildert. Ihr Glaube und das Vertrauen in sich selbst helfen Ziska, die
jetzt Frances heißt, auch den Krieg zu
überleben. Die Autorin lässt ihre junge
kämpferische Heldin die eigene Geschichte unglaublich spannend erzählen.
KLIX
Fiona Tan – 80 Tage | In 80 Tagen
um die Welt zu kommen, hat die Künstlerin Fiona Tan nicht geschafft. Dennoch
nimmt der Titel ihrer aktuellen Ausstellung unmittelbar Bezug auf Jules Vernes
abenteuerliche Expedition. Tan hat sich
nämlich einerseits in Norwegen, Australien und Japan auf die Suche nach Amateurfotografien ihr unbekannter Personen gemacht. Wie ein Ethnograph reiht
sie diese Bilder tafelartig nebeneinander
auf, um so etwas wie die Idee von einer
kollektiven Kultur und Geschichte darzustellen. Ähnlich verfährt sie in der zweiten Arbeit dieser Ausstellung, die in Berlin entstand. Es ist ein Film mit 200 Porträts verschiedenster Menschen, die still
vor der Kamera stehen und nur von ihr
bewegt werden. Wie auch in der Reihung der Amateurfotografien, glaubt
man zunächst dahinter das ethnographische Moment des Sammelns und Dokumentierens zu erkennen. Je länger
man sich allerdings
mit den abgebildeten Menschen beschäftigt, fragt man
sich, ob sich die
Künstlerin nicht gerade davon distanzieren will. Und einen
auf eine fantastische Reise zum Mensch
an sich mitnehmen möchte…
PEWE
ANNE C. VOORHOEVE, LIVERPOOL STREET,
PINAKOTHEK DER MODERNE MÜNCHEN,
RAVENSBURGER BUCHVERLAG, 480 S.,
BARER STR. 40, BIS 6. JANUAR 2008, TGL.
16,95 €
AUSSER MO 10–18 UHR, DO 10–20 UHR