Ablauf Insolvenz Kann ein drohendes Insolvenzverfahren

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Ablauf Insolvenz Kann ein drohendes Insolvenzverfahren
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Neue Regeln zur Verbraucherinsolvenz
SCHULDENFREI IN DREI JAHREN
24. Juni 2015 Von: Dr. Britta Beate Schön
Das Wichtigste in Kürze
Seit dem 1. Juli 2014 gelten neue Regeln zur Verbraucherinsolvenz. Eine spürbare Verbesserung für
Schuldner ist dadurch nicht eingetreten.
Kernstück ist die Verkürzung der sogenannten Wohlverhaltensperiode. Statt in sechs Jahren kann der
Schuldner schon nach drei Jahren schuldenfrei sein.
Die Hürden dafür sind hoch: 35 Prozent der Schulden und die gesamten Kosten für das Verfahren
müssen innerhalb von drei Jahren gezahlt sein.
Haben Sie nach fünf Jahren sämtliche Verfahrenskosten gezahlt, kann Ihnen die Restschuldbefreiung
schon nach fünf Jahren gewährt werden.
Unterhaltsansprüche und hinterzogene Steuern sind von der Restschuldbefreiung nicht mehr erfasst.
Diese Schulden müssen Sie selbst nach der Privatinsolvenz weiter zahlen.
Das Konto ist gepfändet und der Gerichtsvollzieher stand auch schon vor der Tür: Nach Untersuchungen
von Creditreform sind derzeit weit über sechs Millionen Privatpersonen in Deutschland überschuldet.
Trotzdem haben davon nur rund 86.000 im Jahr 2014 ihre Insolvenz erklärt. Woran liegt das? Vielleicht an
der Bürokratie und Länge des Verfahrens. Seit dem 1. Juli 2014 gelten zwar neue Regeln, die dem
Verbraucher die Chance geben, schon nach drei anstatt bisher sechs Jahren einen wirtschaftlichen
Neuanfang zu starten. Zu einem Anstieg von Privatinsolvenzen hat die Reform aber nicht geführt.
Was ist eine Privat- oder Verbraucherinsolvenz?
Die Privatinsolvenz ermöglicht es dem Schuldner, nach einer gewissen Zeit von seinen Rückständen
befreit zu werden. Die Schulden werden also gelöscht, obwohl er sie nicht vollständig begleichen konnte.
Dafür sind allerdings bestimmte formelle Hürden zu überwinden. Während des gesamten Verfahrens sind
Schuldner vor der Vollstreckung durch ihre Gläubiger geschützt: Es drohen keine Abgabe einer
eidesstattlichen Versicherung, kein Besuch vom Gerichtsvollzieher und keine Konto- oder
Gehaltspfändung mehr.
Während des Insolvenzverfahrens darf dem Schuldner nur das genommen werden, was auch bei einer
Zwangsvollstreckung weg wäre. Was vom Gehalt bleibt, richtet sich nach der Pfändungstabelle.
Notwendige Arbeitsmittel, wie zum Beispiel das Werkzeug eines Handwerkers oder der Laptop eines
Journalisten, können nicht gepfändet werden.
Wer kann eine Privatinsolvenz beantragen?
Sie können Privatinsolvenz beantragen, wenn Sie keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt
haben. Als Selbstständiger können Sie nur dann das Verfahren anstreben, wenn gegen Sie keine
Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen und Ihre Vermögensverhältnisse überschaubar sind. Das
ist der Fall, wenn Sie bei Antragstellung weniger als 20 Gläubiger haben (§ 304 Abs. 2 InsO).
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Vorteile und Nachteile der Privatinsolvenz
Der Weg in die Privatinsolvenz will gut überlegt sein. Sie sollten sich die Vor- und Nachteile klar vor Augen
führen und mit einem Berater Ihre konkrete Situation besprechen.
Vorteile
Nachteile
Schuldenfrei - Sie sind nach der
Lange Dauer - Es dauert einfach lange, bis Sie
Wohlverhaltensphase von sechs, fünf oder drei
die Schulden los sind und aufatmen können.
Jahren Ihre Schulden los. Ohne Privatinsolvenz
können Ihre Gläubiger 30 Jahre aus einem
Schuldtitel pfänden.
Keine Konto- oder Lohnpfändungen mehr Böse Überraschungen wie Konto- oder
Lohnpfändungen fallen mit Eröffnung der
Privatinsolvenz weg.
Keine Besuche vom Gerichtsvollzieher mehr
- Dadurch, dass Ihre Schulden und Ihr Vermögen
während der Insolvenz vom Treuhänder
verwaltet werden, überprüft der
Gerichtsvollzieher nicht mehr, ob noch
Vermögen vorhanden ist.
Existenzminimum ist gesichert - Durch die
Pfändungsgrenzen ist Ihr Existenzminimum auf
jeden Fall gesichert.
Chance auf Neustart - Die Privatinsolvenz
bietet Ihnen eine Möglichkeit, finanziell neu
Ihr Arbeitgeber weiß Bescheid - Sie müssen
mit Ihrem Chef sprechen, denn die
Lohnbuchhaltung muss den pfändungsfreien Teil
an den Treuhänder überweisen.
Keine teuren Neuanschaffungen mehr - Sie
müssen sich im Konsumverhalten einschränken.
Ratenkaufverträge und Kreditkarte sind passé.
Wohnungswechsel schwierig - Sie haben
einen Schufa-Eintrag wegen der Insolvenz und
werden sich deshalb schwertun, einen neuen
Vermieter zu finden.
Vertragswechsel kaum möglich - Wegen Ihrer
Schufa werden Sie den Strom-, Gas- oder
Telefonanbieter nicht wechseln können.
Kosten - Durch die Privatinsolvenz fallen
Kosten für das Gericht und für den Treuhänder
an, die Sie zahlen müssen.
anzufangen. Ihre Schulden werden gelöscht,
genauso wie Negativeinträge bei der Schufa letztere allerdings erst drei Jahre nach Erteilung
der Restschuldbefreiung.
So läuft ein Insolvenzverfahren ab
Das Verfahren der Verbraucherinsolvenz gliedert sich in sechs aufeinander folgende Stufen, die Sie aber
nicht alle durchlaufen müssen. Vielleicht gelingt es Ihnen mithilfe Ihres Beraters, schon ohne Gericht eine
einvernehmliche Lösung mit Ihren Gläubigern zu finden. Dann erübrigen sich alle weiteren Schritte.
Daneben gibt es seit dem 1. Juli 2014 den Insolvenzplan auch für Verbraucher. Dadurch können Sie in der
Insolvenz das Verfahren frühzeitig beenden.
1. Außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren - Vor dem eigentlichen Insolvenzverfahren
muss ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren stattfinden. Ziel ist es, mithilfe eines Anwalts
oder einer Schuldnerberatungsstelle eine Einigung mit den Gläubigern herbeizuführen. Dazu werden ein
Schuldenbereinigungsplan erstellt und die Gesamthöhe der rückständigen Zahlungen ermittelt. Das ist
aufwendig und mühsam, aber Voraussetzung für eine Lösung. Es werden alle Gläubiger angeschrieben
und ein Teilverzicht oder Ratenzahlungen angestrebt. Es müssen allerdings alle Gläubiger zustimmen.
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Diese Variante ist für den Verschuldeten am günstigsten, da weder Gerichtsgebühren noch Kosten für den
Insolvenzverwalter anfallen.
2. Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren - Ist die außergerichtliche Einigung gescheitert, kann
ein Insolvenzantrag gestellt werden. Gleichzeitig muss der Schuldenbereinigungsplan vorgelegt und
nachgewiesen werden, warum es mit der außergerichtlichen Einigung nicht geklappt hat. Das
Insolvenzgericht prüft nun, ob ein Schuldenbereinigungsverfahren Erfolg verspricht. Andernfalls kann es
darauf verzichten und das Insolvenzverfahren sofort eröffnen. In der Praxis wird das gerichtliche
Schuldenbereinigungsverfahren eher selten durchgeführt. Wenn der Hauptgläubiger schon im Vorfeld
erklärt hat, er sei nicht bereit, auf einen Teil der Forderungen zu verzichten, wird er auch ein paar Monate
später wahrscheinlich damit nicht einverstanden sein. Bei Erfolg kommt es nicht zur Privatinsolvenz,
sondern zu einer Art Vergleich.
3. Insolvenzplanverfahren - Das ist für Verbraucher ein neues Verfahren. Wenn sich während der
Wohlverhaltensphase in Ihren Vermögensverhältnissen etwas geändert hat oder wenn Ihre Gläubiger
signalisieren, dass Sie jetzt verhandlungsbereit sind, können Sie einen erneuten Einigungsversuch
unternehmen und die Insolvenz vorzeitig beenden. Das kann funktionieren, da Gläubiger nach
Insolvenzeröffnung manchmal einigungsbereiter sind als vorher. Das Verbraucherinsolvenzverfahren wird
damit deutlich flexibler, zumindest soweit sich alle Parteien um eine Lösung bemühen. Auch wenn Sie sich
in einem laufenden Insolvenzverfahren befinden, können Sie seit dem 1. Juli 2014 das Planverfahren
nutzen.
4. Gerichtliches Insolvenzverfahren - Gibt es keinen Schuldenbereinigungsplan, wird das
Insolvenzverfahren eröffnet. Die entsprechenden amtlichen Vordrucke vom Juli 2014 umfassen 45 Seiten,
die Ihr Berater oder Anwalt mit Ihnen durcharbeiten muss. Das Gericht prüft zunächst, ob die
Verfahrenskosten gedeckt sind oder einem Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten stattgegeben wird.
Die Eröffnung des Verfahrens wird auf dieser Webseite veröffentlicht. Nach der Eröffnung wird ein
Treuhänder bestimmt, den Sie auch selbst vorschlagen können. Dieser versucht, das vorhandene
Vermögen zu verwerten. Alles, was im Fall einer Zwangsvollstreckung pfändbar wäre, gehört zur
Insolvenzmasse.
5. Wohlverhaltensphase - Nachdem das Gericht die Restschuldbefreiung angekündigt hat, beginnt die
Wohlverhaltensphase. Währenddessen haben Sie nur den pfändbaren Anteil ihres Einkommens an einen
Treuhänder abzuführen. Aus einer tabellarischen Übersicht lässt sich die Höhe leicht ablesen. Die
Pfändungsgrenze steigt entsprechend, sofern Sie für Kinder oder den Ehepartner Unterhalt zahlen
müssen. Falls Sie während der Wohlverhaltensphase etwas erben, müssen Sie die Hälfte des Erbteils an
den Treuhänder herausgeben.
Zwar wird weiterhin spätestens sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über eine mögliche
Restschuldbefreiung entschieden. Diese Frist verkürzt sich aber auf
drei Jahre, wenn es dem Schuldner gelingt, mindestens 35 Prozent seiner Außenstände und die
gesamten Verfahrenskosten in diesem Zeitraum zu zahlen (§ 300 Abs. 1 Ziff. 2 InsO).
fünf Jahre, wenn der Schuldner es zumindest schafft, innerhalb dieses Zeitraums die gesamten
Verfahrenskosten abzutragen (§ 300 Abs. 1 Ziff. 3 InsO).
Die Praxis zeigt allerdings: Die meisten Gläubiger in einem Verbraucherinsolvenzverfahren erreichen
innerhalb von sechs Jahren nur eine Rückzahlquote im einstelligen Prozentbereich. Darum ist es sehr
wahrscheinlich, dass in Zukunft nur wenige Schuldner eine Verkürzung der Wohlverhaltensperiode auf drei
Jahre erreichen. Realistischer ist die Verkürzung auf fünf Jahre, weil dort die Anforderungen nicht so hoch
sind.
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6. Restschuldbefreiung - Nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode entscheidet das Gericht über die
Restschuldbefreiung. Wenn der Schuldner seine Verpflichtungen erfüllt hat und keine Gründe dagegen
sprechen, wird das Gericht dem stattgeben. Die Restschuldbefreiung bedeutet, dass die Gläubiger ihre
Forderungen gegen den Schuldner endgültig nicht mehr durchsetzen können.
ACHTUNG
Unterhalts- und Steuerschulden bleiben bestehen
Seit dem 1. Juli 2014 sind Unterhaltsansprüche, die der Schuldner pflichtwidrig nicht zahlt, und
hinterzogene Steuern von der Restschuldbefreiung nicht mehr erfasst (§ 302 InsO). Die Privatinsolvenz
hilft hier nicht weiter. Sie müssen Ihre Unterhaltsschulden also trotz Restschuldbefreiung weiter zahlen.
Gleiches gilt für hinterzogene Steuern, sofern eine rechtskräftige Verurteilung vorliegt.
Diese Kosten können anfallen
Eine Privatinsolvenz gibt es nicht gratis. Sie müssen den Treuhänder zahlen, die Gerichtskosten
übernehmen und eventuell einen Anwalt oder Schuldnerberater entlohnen.
Gerichts- und Treuhänderkosten - Die Gerichts- und Treuhändergebühren werden nach der
Insolvenzmasse berechnet. Das ist unter anderem der Betrag, den der Treuhänder monatlich von Ihrem
Gehalt bekommt, wenn Sie mehr verdienen als das, was Ihnen gesetzlich bleiben muss. Falls Sie weder
Vermögen noch Arbeit haben, müssen Sie mit Mindestgebühren von etwa 2.000 Euro rechnen. Es gibt
aber die Möglichkeit, den Betrag zu stunden oder in Raten abzuzahlen.
Beratungskosten - Neben Rechtsanwälten und den Verbraucherzentralen bieten auch kostenfrei
arbeitende Schuldnerberatungsstellen Privatpersonen Hilfe bei Überschuldung an. Sie können sich vom
Amtsgericht einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe holen, womit die Kosten für den Anwalt vom
Staat getragen werden. Jedoch ist das kein Freifahrtschein! Übernommen werden nur die Kosten bis zur
Erteilung der Bescheinigung über das Scheitern des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuchs.
Antragstellung und Vertretung im Eröffnungsverfahren sind nicht inbegriffen. Auch Prozesskostenhilfe gibt
es im Insolvenzverfahren nicht. Sofern Sie sich an einen Anwalt wenden, sollten Sie ein pauschales
Honorar vereinbaren. Dann wissen Sie vorher, was auf Sie zukommt.
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chris2702
@Doris: Dave Ramsey macht grad Werbung für ein neues kostenloses Tool zur Budgetierung im
Haushalt. Falls du vor hast es zu testen wäre es toll wenn du berichtest ob "EveryDollar" auch was
für ...
29. März 2015 zum Beitrag
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