REHAU Unlimted
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REHAU Unlimted
RehaU _ editorial Nr 01 _ 2010 > Landschaftsschutz Rothenthurm: Und ewig locken die Moore > Architektur Ein TTalentschuppen für den Firmen-Nachwuchs > Tropenhaus Frutigen Kaviar made in Switzerland > Im Gespräch mit Prof. Hansjürg Leibundgut Wärmepumpen, Solarzellen, Sonden: «Das ist die Revolution der Gebäudetechnik.» 1/10 _ REHAU unlimited 03 Rehau bewegt Menschen und Menschen bewegen Rehau. Rainer Schulz, Ceo der Rehau Gruppe uNLIMITeD NR 01 _ 2010 Gratis-abonnement bestellen unter: www.rehau.com/unlimited Rehau _ editorial IMPRESSUM UNLIMITED Nr. 01_2010 ein Magazin der REHAU AG + C0 Herausgeber REHAU AG + CO Erscheint 4x jährlich Auflage: 40’000 Projektleitung Nils Wagner Chefredaktion Birgitta Willmann Mitarbeiter dieser Ausgabe René Lüchinger Fotografie Christian Grund Gestaltungskonzept Art Direction Simone Fennel Inhaltskonzept Lüchinger Publishing GmbH Litho DRUCKPRODUKT Buchmann Druck Mayr Miesbach GmbH Liebe Leserin, Lieber Leser, alle sprechen von Nachhaltigkeit. Wir auch. Wir tun das schon seit 60 Jahren. Seither versuchen wir, durch eine weitsichtige und langfristig orientierte Geschäftspolitik, unsere Verantwortung als Arbeitgeber und auch als Industrieunternehmen wahrzunehmen. Seit der Gründung des Unternehmens im Jahre 1948 durch Helmut Wagner, stehen Innovation, die Weiterentwicklung von Werkstoffen und Produkten im Mittelpunkt all unserer Überlegungen. Zu Beginn ging es in erster Linie darum, teure und knappe Materialien durch Polymere zu ersetzen. Heute sind wir stolz, dass unsere intelligenten Systemlösungen im Bereich der Infrastruktur, der Gebäudetechnik oder der Mobilität einen Beitrag zum schonenden Umgang mit Energie und Rohstoffen leisten. Was unsere Systeme und Produkte bewirken, zeigen die Recherchen in diesem neuen Magazin, das wir auf den Namen Unlimited getauft haben. Das passt zu unserem Leitmotiv «REHAU bewegt Menschen und Menschen bewegen REHAU». Im Zentrum stehen bei Unlimited all jene, die unsere Produkte herstellen, verbauen oder verplanen. Wir zeigen auf, wie REHAU Systeme dazu beitragen, unsere Umwelt zu schonen. Wir alle wollen unseren Planeten für die nächsten Generationen erhalten. Diese erste Ausgabe von Unlimited ist dem Thema Wasser gewidmet. Ohne Wasser kann bekanntlich kein Leben existieren, deshalb müssen wir alles tun, um dieser lebensnotwendigen und knapp werdenden Ressource Sorge zu tragen. Schmutziges Wasser muss gesammelt und aufbereitet, kostbares Trinkwasser über Distanzen sicher transportiert, Regenwasser kontrolliert in den Kreislauf rückgeführt werden. All diese Prozesse unterstützt REHAU und trägt damit zum verantwortungsvollen und nachhaltigen Umgang mit diesem kostbaren Element bei. Ich wünsche mir, dass unser Magazin Unlimited Ihnen einen ganz neuen Zugang zum Unternehmen REHAU eröffnet. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Nils Wagner, Projektleiter 01/10 _ Rehau unlimited 03 Inhalt > Editorial News Menschen Zahlen Standorte 03 05 19 30 31 Nachhaltigkeit H 20 Seite 08 Seite 23 Interview Fischzucht Moorlandschaft in Rothenthurm. Ausbildung Eine Investition in die Zukunft. Seite 14 04 Rehau Unlimited _ 01/10 Prof. Hansjürg Leibundgut über neue Gebäudetechniken. Seite 26 Roman von Urbanowicz über Wassermanagement. Kaviar aus Frutigen. Seite 20 RehaU _ News > Hygiene > Grüne Technologie Vier Milliarden Euro schwer ist das Entwicklungsbudget von Daimler und die Hälfte davon fließt in «grüne Technologien und Produkte». Das hat Daimler Entwicklungsvorstand Thomas Weber in einem Interview bestätigt. In Stuttgart ist das eine Investition in die Zukunft angesichts des knapp und immer teurer werdenden Treibstoffs. Der Konzern rüstet auf: Schon Stern mit E-Motor Jeder Mensch hat das Recht auf sauberes Wasser. Dies hat die UNO Generalversammlung im Juli in New York in einer Resolution festgehalten. Ein wichtiger Schritt angesichts der Tatsache, dass 1,5 Milliarden Erdenbürger keinen direkten Zugriff auf das lebenswichtige Element haben. Um das Problem auch zusätzlich lösen zu können, wird heftig daran geforscht, Wasser sicher, nachhaltig und kostengünstig zu entkeimen. Eine Forschergruppe am Ferdinand-Braun-Institut Leibniz und der technischen Universität Berlin (TU), die sich seit längerem mit Sauberes Wasser gibt es den Smart mit E-Motor und bis Ende des Jahres werden auch die ersten Hybridantriebe bei den größeren Mittel- und Langstreckenfahrzeugen der Mercedes B-Klasse auf den Markt gebracht werden. Weber glaubt, dass in Zukunft auch für die Modelle der S-Klasse ein zertifizierter Verbrauch von 3,2 Litern auf hundert Kilometer möglich ist. An die Zuliefererfirmen appelliert der Vorstand daher, diese Zeit des Umbruchs in der Autobranche kreativ zu nutzen, denn dies «ist eine riesige Chance» für sie, da die Automobilhersteller nicht alles selber machen könnten. In der Tat verlockend: Daimlers Zuliefererquote liegt derzeit bei 70 Prozent. www.Mercedes-Benz.ch/B-Klasse diesem Problem befasst, meldet nun Erfolge. Die mögliche Lösung: Beleuchten des Wassers mit ultravioletten Leuchtdioden (UV-LEDs). Das UV-Licht eignet sich bei richtiger Dosis und Wellenlänge hervorragend, um Mikroorganismen wie Bakterien, Viren und Sporen zu deaktivieren. Die Bestrahlung zerstört das Erbgut und verhindert dadurch die Vermehrung der Organismen. Diese Erkenntnis ist nicht neu – neu ist aber die Methode zur Gewinnung des UV-Lichts. Dieses wurde bislang mit umweltbelastenden Niederdruck-Quecksilberdampflampen erzeugt. Die alternative Methode basiert nun auf halbleiterbasierten InAlGaNLeuchtdioden und die Forscher arbeiten nun daran, deren Leistungen und Effizienzen zu steigern. Gelänge dies, stünde künftig eine vielversprechende und kostengünstige Alternative zu herkömmlichen Quecksilberdampflampen zur Verfügung. Und damit eine Möglichkeit, auch in armen Ländern Wasser nachhaltig desinfizieren zu können. www.wgl.de 01/10 _ REHAU Unlimited 05 Rehau _ News > Ressourcen > elektromobilität Der weiße kleine Flitzer, ein Citroën Berlingo, gehört zum Stolz der neuen Autoflotte von REHAU. Das Unternehmen hat Zeichen gesetzt und seine Fuhrparkfamilie um die Elektromotorvariante des VW T5, einen Berlingo und Elektroroller erweitert. Die E-Fahrzeuge werden im innerbetrieblichen Verkehr am jeweiligen Standort zum Einsatz kommen und haben eine eigene Tankstelle. «Energieeffizienz ist unser Antrieb» heißt denn das Motto, unter dem die neuen Fahrzeuge den Mitarbeitern vorgestellt wurden. Rehaus e-Flotte www.evaporiticosbolivia.org Laptops, Handys und auch Hybrid- und Elektromobile: Sie alle sind auf ausdauernde Batterien angewiesen. Diese basieren seit einigen Jahren auf Lithium-Ionen Batterien. Und weil der weltweite Bedarf an diesem Leichtmetall sprunghaft steigt, rückt sein Vorkommen nun plötzlich in den Fokus. Die weltweit größten Lithiumreserven befinden sich in Bolivien. Dort, auf einer Hochebene im Südwesten des Landes, ist der Salar de Uyuni, der größte Salzsee der Welt. Unter seiner dicken Salzkruste, gebunden in Salzlake, lagert das vermutlich größte Lithiumvor- Mit der teilweisen Umstellung auf elektromotorbetriebene Fahrzeuge reagiert das Unternehmen auf den Appell der Bundesregierung, sukzessive auf alternative Energien umzusteigen. Und es will Zeichen setzen: Geschäfts- und Entwicklungsstrategien des Polymerspezialisten orientieren sich an den Megatrends Energieeffizienz und Elektromobibiltät. Diese wird denn auch gelebt. Nicht nur durch die neuen E-Autos, sondern Reduktion der CO2 Emissionen durch energieeffizientes Bauen etwa. Die neue weiße Flotte mit dem grünen Auto samt Stecker darauf ist also mehr als ein Fortbewegungsmittel, sie ist auch ein Bekenntnis zu Ökologie, Nachhaltigkeit und Forschung. Das Gold der Salzseen kommen der Welt: 5,4 Millionen Tonnen sollen es sein. Und auch wenn andere Lithiumförderstaaten wie Chile, Argentinien oder China ihre Fördermengen noch steigern können, so wächst doch das internationale Interesse an Boliviens Vorräten von Tag zu Tag. Doch die bolivianische Regierung möchte dieses Mal gewappnet sein und ihr Lithium nicht leichtfertig und billig ans Ausland weggeben wie früher das Silber. Unter Präsident Evo Morales, dessen Regierung Rohstoffe unter staatliche Kontrolle gestellt hat, sind nun eigene, bolivianische Projekte zum Lithiumabbau geplant. In Fachkreisen wird der Andenstaat daher bereits «Saudi Arabien des Lithiums» genannt. 06 Rehau unlimited _ 01/10 www.rehau.de RehaU _ News > Öko-Schiffe > Solarenergie Dass überalterte Öltanker Umweltkatastrophen auslösen können, ist bekannt. Weniger hingegen, dass die gesamte Schifffahrt drei Prozent des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgas verursacht. Tendenz steigend. Und deswegen erhöht sich seit einiger Zeit der Druck auf die internationale Schifffahrtsindustrie, umweltfreundliche Schiffe zu bauen. Japan macht den Anfang. Dort sind gleich mehrere Unternehmen daran, die ersten Öko-Schiffe der Welt zu entwickeln. Und wie beim Auto spielen auch bei den Ökofrachtern Hybrid- und Elektromotoren sowie Brennstoffzellen die Hauptrolle – allerdings in umfangreicherem Ausmaß. Ein Tochterunternehmen des Schwermaschinenherstellers IHI will eine 30 Meter lange Passagierfähre mit einer Lithium-Ionen Batterie ausstatten, die bis zu 300 mal größer ist als eine entsprechende Autobatterie. Diese erste Plug-in Fähre der Welt, Plug-in Fähre Und das Forschen geht weiter: Auf der Suche nach Solarstromerzeugung mittels organischer Solarzellen meldet das Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme (ISE) in Zusammenarbeit mit dem Freiburger Materialforschungszentrum (FMF) Erfolge. Dem Forschungsteam ist es gelungen, den weltweit besten Wert beim Füllfaktor für flexible organische Solarzellen zu erzielen. Der Füllfaktor beschreibt die Qualität der Solarzelle und ist ein Maß dafür, wie gut die Zelle in der Lage ist, die auf der 800 Fahrgäste Platz finden, soll nach Unternehmensangaben mit einer Batterieladung maximal 80 Kilometer zurücklegen können. Die Konkurrenz Mitsui-Engeneering&Shipbuilding arbeitet an der Entwicklung eines Diesel-Elektro-Hybridantriebssystems für Langstrecken Containerschiffe. Und last not least setzt NYK auf die alternative Windund Sonnenenergie. Bis 2030 will die Schifffahrtgesellschaft das «NYK Super Eco Ship 2020» zur Anwendungsreife bringen, das mit mindestens 8 Windsegeln und 31.000 Quadratmetern Solarzellen ausgestattet ist. Bleibt zu hoffen, dass den Forschern nicht zwischendrin der Fahrtwind ausgeht. Energieerzeugende Polymere durch Licht erzeugten Ladungsträger zu sammeln. Das Ziel war, möglichst leichte und flexible Solarzellen zu entwickeln. Das FMF forschte an leitfähigen Kunststoffen für den Einsatz in der organischen Photovoltaik. Diese ist im Vergleich zur etablierten Siliciumphotovoltaik ein junges Forschungsgebiet, das sich in den letzten Jahren mit großer Dynamik entwickelt hat. Im Gegensatz zu herkömmlichen, bereits auf dem Markt etablierten Solarzellen aus anorganischen Halbleitern, nutzen organische Solarzellen für die Umwandlung des Sonnenlichts in elektrische Energie organische Materialien wie beispielsweise Polymere. © NYK Line www.japanmarkt.de www.ise.fraunhofer.de www.fmf.uni-freiburg.de 01/10 _ REHAU Unlimited 07 RehaU _ Nachhaltigkeit 08 Rehau Unlimited _ 1/10 Rehau _ Nachhaltigkeit Das gerettete Paradies TEXT Birgitta Willmann FOTOS Christian Grund > Die Moorlandschaft Rothenthurm wäre um ein Haar ein Waffenplatz des Schweizer Militärs geworden. Heute wird kein Aufwand gescheut, die einzigartige Landschaft zu schützen und zu erhalten. Naturschützerin: annemarie Sandor. 01/10 _ REHAU unlimited 09 Nationale Bedeutung: Hochmoor Rothenthurm. Biodiversität: Magerwiese. Seltene Vögel: fragiles Ökosystem. Nährstoffarmer Boden: anspruchslose Vegetation. 10 Rehau Unlimited _ 01/10 RehaU _ Nachhaltigkeit Es regnet. Es ist kalt. Nebelschwaden hängen in der Luft. Das perfekte Wetter also. Nicht unbedingt für ausgedehnte Wanderungen - aber doch für die Vegetation eines Hochmoors. Denn Wasser und Feuchtigkeit sind die Voraussetzungen für dieses Biotop. Das Wetter im Hochmoor Rothenthurm im Kanton Schwyz zeigt sich pflichtbewusst von eben dieser Seite. Weitläufige Wiesen, auf denen lila und weiße Blumen blühen, ab und an von kleinen Baumgruppen unterbrochen, saugen sich gierig mit dem Wasser voll, das wie aus Kübeln geschüttet die Erde tränkt. Der Boden gibt nach, als würde der Mensch auf einer Matratze laufen. «Das ist das Torfmoos, das Sphagnum, welches das Hochmoor bildet», erklärt Annemarie Sandor, «es saugt sich mit dem Regenwasser voll wie ein Schwamm». Das Ergebnis sei ein stets feuchter, nicht vermodernder Untergrund, der sich kontinuierlich aufbaue, bis er mehrere Meter über die Landschaft hinauswüchse. Daher der Name: Hochmoor. Die Biologin arbeitet beim Kanton Schwyz und hat als Projektleiterin einen Schutzplan für die Moorlandschaft Rothenthurm erstellt. Das 1138 Hektar große Gebiet zwischen Rothenthurm und Biberbrugg beheimatet die größte zusammenhängende Hochmoorfläche der Schweiz. Seit 1996 gehört es zu den Schweizer Moorlandschaften von besonderer Schönheit und von nationaler Bedeutung. Und wie es dazu kam – das hat in der Schweiz Geschichte geschrieben. Zu Beginn der 80er Jahre wollte die Schweizer Armee mitten in das große Moorgebiet, in die Hochmoorebene von Biberbrugg-Rothenthurm, einen Waffenplatz bauen. Naturschützer, Bauern und auch die Bevölkerung liefen Sturm, organisierten den Widerstand und sammelten Unterschriften. 1987 kam es schließlich zur Volksabstimmung. Was damals keiner glaubte, wurde wahr: 58 Prozent der Stimmbürger nahmen die Initiative an. Mit dem ErgebMoore und Moorlandschaften von besonderer Schönheit und nationaler Bedeutung sind Schutzobjekte. nis, dass heute der Schutz der Schweizer Moore in der Verfassung festgeschrieben ist: «Moore und Moorlandschaften von besonderer Schönheit und von nationaler Bedeutung sind Schutzobjekte. Es dürfen darin weder Anlagen gebaut noch Bodenveränderungen irgendwelcher Art vorgenommen werden. Ausgenommen sind Einrichtungen, die der Aufrechterhaltung des Schutzzweckes und der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung dienen». Es war nicht nur der Sieg über das Militär, sondern auch ein Bekenntnis der Schweizer zur Biodiversität und den Schätzen der Natur. Die Auswirkungen der Rothenthurm-Initiative sind die Basis des heutigen Moorschutzes der Schweiz. Dieser ist, weil er in der Verfassung steht, weltweit einmalig. Was der Natur zugute kommt! Im Zweifelsfall wird seither zugunsten des Moors ent- schieden. Zugleich hat der Artikel aber auch dazu geführt, dass umfangreiche Maßnahmen getroffen werden, um Moore zu schützen oder gar wieder zu renaturalisieren. Was das bedeutet, weiß Annemarie Sandor. Sie kennt jeden Halm, jeden Schmetterling, jeden Vogel, der in den Magerwiesen lebt. Braunkehlchen, Sumpfrohrsänger oder Wiesenpieper, «Bodenbrüter», sagt sie, «deswegen darf man unter anderem die Wiesen erst spät im Jahr mähen, um ihre Gelege nicht zu zerstören». Daneben gibt es hier seltene Libellen oder Schmetterlinge, Es war nicht nur der Sieg über das Militär, sondern auch ein Bekenntnis der Schweizer zur Biodiversität und den Schätzen der Natur. wie etwa den Hochmoor-Perlmutterfalter, der sich wiederum nur dort fortpflanzen kann, wo es Moosbeeren gibt. «Das Ökosystem ist fragil, der magere Boden gibt nicht viel her, weswegen sich nur wenige, hochspezialisierte Pflanzen und Tiere hier niederlassen». Auf der nassen Wiese stehen Gräser mit einem weißen Haarbüschel am Ende – das einköpfige Wollgras. Ein typischer Exponent und ein Indikator fürs Hochmoor. Eine anspruchslose Vegetation, die sich Überlebensstrategien zugelegt hat, um in diesem sauren Boden überhaupt existieren zu können. Etwa der Sonnentau, ABC der Moore Moore sind von Wasser geprägte Lebensräume, in denen ständig ein Wasserüberschuss herrscht, weil das Wasser über den Grund schlecht ablaufen kann. Man unterscheidet zwei Typen von Mooren: Flach- und Hochmoor. Das Hochmoor wird von den Torfmoosen gebildet. Weil der Sauerstoffmangel im Boden eine Zersetzung der Pflanzen verhindert, wächst es typischerweise über den Grundwasserspiegel hinaus: in der Schweiz etwa 1 Millimeter pro Jahr. Deshalb dauert es tausende von Jahren, bis sich das Moos im Lauf der Jahrhunderte meterhoch zu mit Wasser vollgesogenen Torfmoosschwämmen aufgebaut hat. Die Pflanzen der obersten Torfschichten werden ausschließlich durch nährstoffarmes Regenwasser und durch aus der Luft eingetragene Nährstoffe gespeist. Hochmoorböden sind nicht nur nass, sondern auch sehr nährstoffarm und sauer. Deshalb sind Hochmoore mit speziellen Pflanzen besiedelt, die mit diesen kargen Bedingungen auskommen können. Flachmoore werden neben dem Regen auch durch andere Wasserquellen gespeist: Bäche, Hangwasser, Überflutungen zum Beispiel. Die Wurzeln der Pflanzen der Flachmoore erreichen das Grund- oder Hangwasser, weswegen sie besser mit Nährstoffen versorgt werden. Daher ist die Vegetation der Flachmoore produktiver und vielfältiger als die der Hochmoore. 01/10 _ REHAU Unlimited 11 RehaU _ Nachhaltigkeit eine fleischfressende Gattung, die sich ihre Nährstoffe durch den Fang von Fliegen holt. Noch Mitte des letzten Jahrhunderts wurden Hochmoore als Torflieferanten regelrecht geplündert. Der getrocknete Torf galt als Heizmittel der armen Leute und wurde systematisch abgebaut. Auch dieses Geschäft fand mit der Rothenthurm Initiative sein Ende. Doch noch heute existieren gut sichtbar Entwässerungsgräben, die sich wie Linien durch die Landschaft ziehen. Wo immer es möglich ist, wird aber regeneriert, das heißt, der ursprüngliche Zustand des Hochmoors wiederhergestellt. Für den kleinen Kanton Schwyz ist dies eine große Aufgabe, denn er beheimatet neben Rothenthurm auch noch die Moorlandschaften Schwantenau, Breitriet/Unteriberg, Lauerzersee, Frauenwinkel und Ibergeregg mit 19 Hochmooren und 104 Flachmooren. Naturschutzgebiete allesamt, die mit Argusaugen bewacht werden. Da kann schon der Ausbau einer Straße, die durch das Moorgebiet führt, zum Politikum werden. Wo immer es möglich ist wird regeneriert. Das heißt, der ursprüngliche Zustand des Moors wieder hergestellt. 2007 etwa musste die Kantonsstraße H8 zwischen den Weilern der 2. und 3. Altmatt bei Rothenthurm aus Altersgründen neu- und ausgebaut werden. Und weil dieser Abschnitt zwar in einer ersten Etappe nicht direkt durch das Moor, aber durch eine Grundwasserschutzzone läuft, wurde kein Aufwand gescheut, das schmutzige Wasser von der Fahrbahn abzuleiten und zu reinigen. Auch Annemarie Sandor war im Vorfeld involviert. Sozusagen als Vertreterin der Interessen des Moors. Ebenfalls engagiert war Guido Schuler vom Tiefbauamt des Kantons Schwyz. «Eine Straßensanierung durch ein Moor war auch für mich Neuland» sagt er. Die Abklärungen im Vorfeld sind dann besonders gründlich ausgefallen. Eine Verletzung der Natur wird, soweit möglich, vermieden. So wurde die neue H8 so angelegt, dass schmutziges Regenwasser nun nicht mehr über die Straßenböschung hinabrinnt, sondern in der Kanalisation aufgefangen wird. Das Wasser wird von dort in ein Retentionsbecken geleitet, eine Art natürliches Auffangbecken mit ökologischer Filteranlage, in der es versickert. Erst dann wird es in einen Bach geleitet. «Vor allem das Torfmoos reagiert auf schmutziges Wasser äußerst empfindlich», sagt Michiel Hartman von der Firma Pöyry, der als Umweltspezialist das Projekt beratend begleitet hat. Und so wurde kein Aufwand gescheut, das Regenwasser der Fahrbahn möglichst vom Boden fernzuhalten. Unter dem Kiesbett der Straße wurde eine dichte Abdeckfolie eingebaut, die ein Versickern des Wassers verhindert. Anstatt einfacher Wasserrohre wurden doppelwandige verwendet, die als absolut dicht gelten. Und während der Bauphase galten auf der Baustelle besonders strenge 12 Rehau Unlimited _ 01/10 Hochmoorvegetation: Hochspezialisierte Pflanzen. Richtlinien was die Umweltverträglichkeit der verwendeten Baumaterialien betraf. Der Ausbau dauerte insgesamt eineinhalb Jahre und kostete 3,2 Millionen Franken. Doch Annemarie Sandor denkt schon an den nächsten Bauabschnitt. Der liegt hinter der 3. Altmatt, ist etwa einen Kilometer lang und soll im Jahre 2012 oder 2013 realisiert werden. Was die Biologin besonders beschäftigt: Dieser Abschnitt führt exakt durch das Moor, nimmt Moorfläche in Anspruch und das Straßenbett würde die Grundwasserströmung gefährden. Also muss die Trasse auf Stelzen gelegt werden. Ein großer Aufwand, der auch den Planern Kopfzerbrechen bereitet. Annemarie Sandor versteht zwar, dass der Aufwand groß ist, aber «wir haben halt vom Bund den Auftrag bekommen, die Moore zu schützen», sagt sie. Und da führt, Straße hin- oder her, kein Weg dran vorbei. < Rehau _ Nachhaltigkeit Das trägt Rehau dazu bei: als die Kantonsstraße zwischen der 2. und 3. altmatt bei Rothenthurm im Kanton Schwyz 2007 saniert werden musste, erforderte dies zugleich eine erneuerung der 70-jährigen Straßenentwässerung. Weil die gut 600 Meter lange Strecke durch zwei Gewässerschutzzonen führt, wurden an das verwendete Baumaterial speziell hohe anforderungen gestellt. Verlangt wurde ein absolut dichtes Doppelrohrsystem, bestehend aus Schächten und Rohren. Insgesamt wurden 1900 Meter Rohre verlegt und 43 Kontroll- und Straßenschächte eingebaut. > Folgende Rehau Systemlösungen wurden verwendet: aWaSChaChT DN 1000/625 aus Polypropylen (PP) Die Schächte erfüllen höchste ansprüche bezüglich Belastbarkeit, Lebensdauer und Materialqualität. Sie bestechen durch das geringe Gewicht und die einfache handhabung beim einbau (Baukastensystem). Zudem sind sie durch die helle Farbe sehr inspektionsfreundlich und erleichtern die Wartung. Nasse Böden: nährstoffarm und sauer. Fauna und Flora der Moorlandschaft: Tiere Libellen Braunkehlchen Wachtel Kiebitz Kuckuck Baumpieper Wiesenpieper Sumpfrohrsänger Fitis Neuntöter Goldammer Kleine Moosjungfer Zweigestreifte Quelljungfer Schwarze heidelibelle Große heidelibelle arktische Smaragdlibelle Becher-azurjungfer Große Pechlibelle Kleiner Blaupfeil Frühe adonislibelle Tagfalter Torfmoose (Sphagnum) Sonnentau Moosbeere ein- und mehrköpfiges Wollgras Schnabel-Segge Rosmarinheide Rasenbinse Dunkler Moorbläuling hochmoor-Perlmutterfalter hochmoor-Gelbling Baldrian-Scheckenfalter Violetter Silberfalter Großes Wiesenvögelchen aWaDuKT Kanalrohre aus Polypropylen (PP) SN10 in den NW160 - NW400 Das hochlastkanalrohrsystem PP SN10 besteht aus zwei verbundenen Systemen: Die innere, verschweißte Transportleitung aus PP SN10 wird durch eine äußere Rohrleitung aus PP SN10 mit Sicherheitsdichtsystemverbindungen geschützt. aWaSChaChT DN 1000/625: aWaDuKT Kanalrohre: Flora 01/10 _ REHAU unlimited 13 Rehau _ ausbildung Preisgekrönte Architektur des Büros WeberWürschinger aus Berlin: «Best architects 2011». 014 REHAU Unlimited _ 1/10 Rehau _ ausbildung Lernfabrik mit aussicht TEXT Birgitta Willmann FOTOS Christian Grund > Prolin – der Name des REHAU Ausbildungszentrums steht für Nachhaltigkeit in Architektur und Nachwuchsförderung. Eine Investition in die Jugend. Was ist das Wichtigste in einem neuen Lehrlingsausbildungszentrum? Christian Uhl muss nicht lange überlegen: «Der neue Kickerkasten», sagt der 21-Jährige im grauen Arbeitsanzug und strahlt. Studienkollegin Jessica Wittmann, die neben ihm im riesigen, lichtdurchfluteten Werkraum mit den Dutzenden von Arbeitstischen steht, lächelt belustigt. Gegen die Geräuschkulisse von Metallfräsen und Schweißgeräten ankämpfend, die zwei Werkbänke weiter zum Einsatz kommen, sagt sie dann: «Was mir hier besonders gut gefällt, ist das viele Licht – es ist alles so freundlich.» Zusammen mit über 70 Kollegen haben die beiden Azubis im Juni Prolin, das neue Ausbildungszentrum von REHAU, in Beschlag genommen. Ab September 2010 wird der rote Klinkerbau im Herzen des Firmengeländes mehr als 170 junge Auszubildende beheimaten. Ein Hingucker ist das restaurierte und mit einem modernen Anbau ergänzte Industriegebäude aus dem 19. Jahrhundert allemal. Neu ragt nun ein markanter Giebel majestätisch in den Himmel und gibt Prolin sein unverwechselbares Gesicht. Für REHAU ist das Ausbildungszentrum aber mehr als ein Prestigeobjekt. «Es ist», sagt Nils Wagner, Leiter Corporate Architecture, «Ausdruck der Unternehmenswerte und ein Beitrag an den Standort Rehau und dessen Ortskultur». Fakt war, dass REHAU 2007 gemäß seiner Firmenphilosophie, nach der Förderung und Ausbildung von Mitarbeitern ganz oben in der Prioritätenliste steht, in die Ausbildung der Lehrlinge investieren wollte und musste. Fakt war auch, dass die alte Buntweberei, die schon vor über dreißig Jahren von REHAU gekauft worden war und seither als Lager genutzt wurde, einer neuen Bestimmung zugeführt werden sollte. Und es war klar, dass man erneut mit dem Architekturbüro WeberWürschinger aus Berlin zusammenarbeiten wollte, mit dem bereits zwei weitere Projekte realisiert worden waren. Sitzung um Sitzung, Wochen und Monate wurde geplant, gefeilt, um Details gerungen. Denn der Anspruch an das zu gestaltende Gebäude war hoch: Es sollte allen Auszubildenden, egal ob aus dem technischen oder dem kaufmännischen Bereich, eine neue Heimat geben. Licht und Platz wünschten sich die Ausbilder, allen voran Michael von Hertell, der als Projektleiter und Zuständiger für die technische Ausbildung bei REHAU besonders viel Herzblut in das Projekt investierte. «Wir hatten in der Vergangenheit keine echte Heimat für unsere kaufmännischen Auszubildenden», sagt er in seinem Büro, «wir brauchten ganz einfach viel mehr Platz». Gut 1300 Quadratmeter verteilt auf drei Ebenen sind es am Ende geworden und von Hertell kann nun in seinem Besprechungszimmer, ausbildungsmöglichkeiten bei Rehau: auSBILDuNGSGÄNGe > Chemielaborant > Industriekaufmann > elektroniker > Fachinformatiker > Industriemechaniker > Mechatroniker > Werkzeugmechaniker > Verfahrensmechaniker > Mediengestalter > Technischer Zeichner VeRBuNDSTuDIuMSGÄNGe (ausbildung und Studium kombiniert) Systemwerkstoffe/Industriemechaniker > Informatik/Fachinformatiker > Systemwerkstoff/Verfahrensmechaniker > Wirtschaftsingenieurwesen/Mechatroniker > Betriebswirtschaft/Industriekaufmann > Wirtschaftsingenieurwesen/Industriekaufmann > Internationales Management/Industriekaufmann > Wirtschaftsrecht/Industriekaufmann 01/10 _ REHAU unlimited 15 RehaU _ Ausbildung Majestätisch: moderne Architektur für wissenshungrige Lehrlinge. 16 Rehau Unlimited _ 01/10 Cooles Styling: Aufenthaltsraum im Prolin. Schweißen, fräsen, sägen: moderne Werkstatt. Relaxen am Mittag: Chillen ohne Stress. Lichtdurchflutet: Transparenz in der Architektur. 01/10 _ REHAU Unlimited 17 Rehau _ ausbildung das durch eine Glasscheibe vom Werkraum getrennt ist, seine Schützlinge stets im Auge behalten. Die Architekten haben durch die Aufteilung auf drei Stockwerke auch sinnbildlich drei verschiedene Nutzungsebenen geschaffen: Die 600 Quadratmeter Werkstatt für die technischen Berufe wie Mechatroniker, Verfahrens- und Werkzeugmechaniker etwa liegt im Parterre, der Aufenthaltsbereich mit Küche und Umkleidekabinen im Mittelgeschoss und die Seminarräume und Zimmer der Informatiker im dritten Stock. Die Ebenen unterscheiden sich auch durch ein klares Farbkonzept: Die Werkstätten sind blau, der Aufenthaltsbereich rot und pink, die «Denkebene» grün akzentuiert. Speziell an Prolin ist darüber hinaus, dass die ganze Bandbreite an REHAU Systemlösungen, bei denen die Nutzung regenerativer Energien eine große Rolle spielt, etwa Wärmepumpen oder Erdwärmesonden verbaut wurden. Diese jungen, hochqualifizierten Mitarbeiter sind die Zukunft des unternehmens. Malte Klindt, Personalleiter Mitteleuropa, ist davon überzeugt, dass REHAU mit dem Festhalten am 3 Millionen Euro teuren Projekt Prolin selbst in den Krisenjahren 2008 und 2009 einmal mehr gezeigt hat, «dass die Ausbildung beim Polymerspezialisten eine bedeutende Rolle spielt» und «Prolin diesbezüglich ein Highlight ist». Seit REHAU 1953 den ersten Lehrling ausbildete, hat sich zwar das Zeitrad weiter gedreht, nicht aber das Engagement, das das Unternehmen in die Ausbildung junger Mitarbeiter steckt. Diese jungen Mitarbeiter, hochqualifiziert und in aller Regel dem Unternehmen treu, seien die Zukunft, meint Klindt. Und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass REHAU an allen seinen Standorten ausbildet. Ein attraktiver Ort, um zu lernen, denn alle Auszubildenden, die einen guten oder zufrieden stellenden Abschluss gemacht haben, werden am Ende übernommen. Das spricht sich herum, der Ansturm auf die Ausbildungsplätze ist groß, «im Moment», sagt Klindt, «haben wir mehr Azubis als je zuvor». Und diese werden – wie alle Jahrgänge zuvor – nach der Ausbildung dann ganz sicher wissen, was Prolin eigentlich bedeutet. Es ist nämlich der Name einer Aminosäure, also einem Bestandteil des Eiweißes und hat die Formel C5H9NO2. < ausbildung bei Rehau: Seit 1949 bildet Rehau Lehrlinge aus. 2010 sind es bereits 573 pro Jahr. Das sind 16 Prozent mehr als im Jahr 2000. Beliebteste ausbildungsgänge sind die des Industriekaufmanns und des Verfahrenmechanikers. Der Gesamtverband der kunststoffverarbeitenden Industrie (GKV) hat in den letzten 10 Jahren 25 Mal Preise für Rehau abschlussprüflinge vergeben - fünf Mal davon den ersten Preis! 18 Rehau unlimited _ 01/10 Das trägt Rehau dazu bei: Für den umbau zur ausbildungswerkstatt Prolin musste die einstige Buntweberei komplett entkernt werden. Das Gebäude ist nicht nur unter architektonischen aspekten so modern und zweckmäßig wie möglich eingerichtet, sondern auch mit energieeffizienten Systemlösungen aus dem haus Rehau ausgestattet. Die Nutzung regenerativer energien spielt eine zentrale Rolle. > Folgende Rehau Systemlösungen wurden verwendet: Fenstersystem Rehau Thermo Design 70 mit alu-Vorsatzschalen erreicht ein optimum an Wärmedämmung und reduziert so den energiebedarf beim heizen und Kühlen. RauGeo Sonden zur Nutzung von erdwärme zum Beheizen und Kühlen des Gebäudes. Die erdwärmesonden reichen tief in die erde und holen sich dort die energie für eine Wärmepumpe. Rehau Wärmepumpen zur Beheizung und Kühlung des Gebäudes sowie der Warmwasserbereitung. Mit hilfe der Wärmepumpe wird die dem erdreich entzogene energie ins Gebäudeinnere geleitet. Rehau Flächenheizung/-kühlung Die Flächenheizungen verteilen die Wärme auf einem niedrigen energieniveau optimal im Raum. Mit den Systemen kann sowohl geheizt als auch gekühlt werden. Rehau Thermo Design 70: Rehau Flächenheizung: Rehau _ Menschen TEXT Birgitta Willmann FOTOS Christian Grund «Dass ich der beste Lehrling Deutschlands 2009 im Bereich Verfahrenstechnik wurde, hat mich ehrlich überrascht. Am Anfang ist das irgendwie komisch, man glaubt das erst gar nicht. Als ich dann erfahren habe, dass das meiste richtig war, war das wirklich ein tolles Gefühl. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Punkte ich hatte, ich denke es waren 97 oder 98 von 100 möglichen. Eine 1,2 oder so. Wir waren eine Gruppe von fünf Lehrlingen, die die Abschlussprüfung um ein halbes Jahr vorzogen. Im Betrieb wurde der Prüfungsstoff, sowohl in der Praxis als auch in der Theorie, im letzten Vierteljahr ständig wiederholt, ich habe das dann zu Hause repetiert - aber nicht mehr als eine halbe Stunde am Tag. Geholfen hat mir, dass ich einen Realschulabschluss habe. Den Stoff, den wir in Physik und Mathe lernen mussten, kannte ich schon aus der Realschule – nur ein bisschen anders. Ich war früher eigentlich gar nicht so der Spitzenschüler. Sicher wird meine einstige Lehrerin kaum glauben, dass ich einen so guten Berufsabschluss gemacht habe. Ich denke, es liegt daran, dass ich in der Schule oft nicht wusste, wofür die viele Theorie gut sein soll. Anders in der Berufsschule. Wenn man dann versteht, wie man Physik und Mathe einsetzen kann, dann macht das Lernen plötzlich Sinn. Insofern finde ich es besser, wenn man etwas älter ist in der Ausbildung. Christoph Riedmüller (22) auSZuBILDeNDeR Wohnort: Burgoberbach ausbildungsstart: 9/2006 Beruf: Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik Rehau Standort: Feuchtwangen Werk 15 hobby: Motorrad fahren Ich lebe zu Hause bei meinen Eltern und habe zwei ältere Brüder. Im Sommer bin ich an den Wochenenden und im Urlaub mit meinem Motorrad, einem Naked Bike, unterwegs. Zusammen mit meinem Bruder und ein paar Freunden. Dadurch habe ich schon einiges gesehen: die Dolomiten, die Pyrenäen, Sardinien oder Korsika. Dadurch, dass ich die Prüfung früher abgeschlossen habe, bin ich nun meinem Jahrgang voraus und ich konnte mir bei REHAU aussuchen, wo ich hinwollte. Ich arbeite im Werk 15 in Feuchtwangen, dort stellen wir im Spritzgussverfahren Stoßfänger für namhafte, deutsche Autohersteller her. Dass wir Azubis alle übernommen wurden, ist schon speziell bei REHAU. Natürlich hat man bei REHAU auch die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen. Ich könnte mir das für ein paar Wochen oder Monate auch durchaus vorstellen». < 01/10 _ REHAU unlimited 19 Zuchtbecken: Heimat von 30.000 Stören. Warmes Lötschbergwasser: ideal für die Fischzucht. Jungstör: vier Barteln zum Gründeln. Urzeitfische: Störe im Becken. 20 Rehau Unlimited _ 01/10 Vorzeigeprojekt: Tropenhaus Frutigen. Rehau _ Fischzucht Der urzeitfisch TEXT Birgitta Willmann FOTOS Christian Grund > Das Tropenhaus Frutigen ist ein innovatives Vorzeigeprojekt. Die Störfischzucht nutzt das warme Wasser aus dem Lötschberg-Basistunnel. Nach einer Stunde Rundgang hat der Mensch die Störe ins Herz geschlossen: Wie sie da im Wasser träge ihre Bahnen ziehen, ihre vier Barteln nachlässig über die Steine am Grund gleiten lassen. Oder wie sie regungslos tief unten im Becken liegen und wie gelangweilt mit den Flossen wedeln - gerade so, als würden sie Siesta halten. Alles ganz unaufgeregt vor den neugierigen Blicken der Zuschauer im Tropenhaus Frutigen, die sich am Panzerglas die Nasen plattdrücken. Ein bisschen urtümlich sehen sie aus, diese Frutiger Störe. Das Maul unten am Kopf eingelassen, diese komische schnabelförmige Kopfform und eine Silhouette, die entfernt an den Hai erinnert. Wie Wesen aus einer fernen Zeit. «Kein Wunder», sagt Samuel Moser, Leiter Forschung und Entwicklung am Tropenhaus, «die Störe gehören zu den ältesten Lebewesen auf unserer Erde, es gab sie schon vor den Dinosauriern». Aber was Jahrtausende Das Projekt besticht durch sein durchdachtes energiekonzept. Nichts wird dem Zufall überlassen. nicht geschafft haben, ist dem Mensch innerhalb kürzester Zeit gelungen: Die meisten der 27 Störarten sind heute vom Aussterben bedroht. Das Resultat menschlicher Habgier. Der größte Süßwasserfisch der Welt besteht nicht nur aus schmackhaftem Fleisch, sondern ist auch der Lieferant von Kaviar, dem teuersten Fischrogen. Letzteres wurde ihm zum Verhängnis. Ende der 70er Jahre etwa gingen im kaspischen Meer noch 20.000 Tonnen Störe ins Netz, im Jahr 2000 waren es nur noch 3000 Tonnen. Sibirischer Stör (Acipenser baerii baerii) schnabelförmiges verlängertes Maul vier Barteln max. Länge: 2 m Gewicht: ca. 200 kg fünfreihige Knochenplatten Kiemenreuse fächerförmig langgestreckte, asymmetrische Schwanzflosse Immerhin 45 Tonnen pro Jahr wird das Tropenhaus in Frutigen produzieren. «Vorsichtig geschätzt werden wir wohl in zwei bis drei Jahren die erste namhafte Kaviarproduktion verkaufen können», sagt Moser und betrachtet liebevoll seine «Großen», die am Schaufenster vorbeischwimmen. Dann werden die Tiere geschlechtsreif sein und den begehrten Rogen produzieren. 60.000 sind dazu nötig, im Moment leben in den bereits gebauten Becken etwa die Hälfte, also 30.000 junge, vorwiegend sibirische Störe. Diese Art liefert zwar schmackhaften Kaviar, braucht aber nur sechs Jahre um geschlechtsreif zu werden und wird ausgewachsen knapp zwei Meter lang und etwa 100 Kilogramm schwer. Weil er unkompliziert ist und in einer überschaubaren Zeit Ertrag bringt, ist der sibirische Stör ein idealer Zuchtfisch. Zum Vergleich: der größ- Illustration: Daniel Müller 01/10 _ REHAU unlimited 21 Rehau _ Fischzucht te Stör, der Beluga, braucht 20 Jahre bis zur Geschlechtsreife, wird vier bis fünf Meter lang und viele hundert Kilo schwer. Wie aber kommt es, dass in Frutigen Störe gezüchtet werden? Und was hat das riesige Gewächshaus neben den Wasserbecken zu bedeuten, in dem unter anderem Bananenstauden, Papayas oder Sternenfrüchte Dschungelatmosphäre verbreiten? Diese Geschichte ist abenteuerlich und der Vorstellungskraft von Peter Hufschmied zu verdanken, der sich vor bald 10 Jahren den Kopf darüber zerbrach, was mit dem 20 Grad warmen Wasser zu tun wäre, das, sozusagen als Abfallprodukt, aus dem Lötschbergtunnel austritt. «Auf dem Weg durch die Gesteinsschichten des Lötschbergs», erklärt Moser vor einer riesigen Karte, die einen Querschnitt durch den Berg zeigt, «erhitzt sich das Wasser an manchen Stellen auf bis zu 35 Grad». Es wird außerhalb der Bahnröhre gefangen und tritt letztlich mit etwa 20 Grad aus dem Berg aus – etwa 100 Liter pro Sekunde. Diese Temperatur ist zu hoch, um es direkt in die Kander zu leiten – es würde das ökologische Gleichgewicht des Flüsschens massiv beeinträchtigen. 2002 präsentierte Hufschmied, der damals die Oberbauleitung des Lötschberg-Basistunnels Nord innehatte, seine Vision, wie man das warme Nass sinnvoll nutzen könnte: Die Schaffung eines «Zentrums für tropische Plantagen und Aquakultur». Die bestechende Idee dahinter: Die Energie des warmen Wassers in einem geschlossenen Kreislauf für Fischzucht und den Anbau tropischer Früchte in einem Gewächshaus zu nutzen. Wärmeliebende Fische und tropische Pflanzen zu züchten und damit auch zugleich eine kostenaufwändige Abkühlung des Tunnelwassers zu umgehen. Bereits 2004 kam es zum Vorprojekt, ein Businessplan wurde erstellt. Und im Mai 2008, nach sechs Jahren Planungszeit, erfolgte der Spatenstich. Nur eineinhalb Jahre später, im November 2009, wurde das Tropenhaus samt der Störzuchtanlage in Betrieb genommen. Das Projekt besticht durch sein durchdachtes Energiekonzept. Nichts wird dem Zufall überlassen. Den größten Teil der im Tropenhaus gebrauchten Energie spendet das warme Wasser aus dem Tunnel. Reicht die Wärme des Wassers im Winter nicht, um das Tropenhaus aufzuwärmen, kommen andere erneuerbare Energien zum Einsatz: Biomasse- und Solarenergie. Dank komplexen technischen Wasseraufbereitungsanlagen wird das Nass mehrmalig durch die Becken der Störe geleitet. Ein dichtes Netz von insgesamt 15 Kilometern Rohre verbindet die Wasserwege unterirdisch miteinander. Wo immer möglich, sind an exponierten Stellen Solarzellen angebracht. Der 30 Millionen Franken teuere Bau ist, wie die Berner Zeitung schreibt, «der größte Energiepark der Schweiz». Eine technologisch einmalige Leistung, die mehrfach ausgezeichnet wurde, 2009 etwa mit dem «Idee Suisse Award». Moser zeigt auf die Wasserbecken mit den Fischen, den Glasbau dahinter, in dem Mangos, Kiwis, Litschis oder Papayas auf ihre Ernte warten. «Natürlich haben wir das technisch Mögliche auf die Spitze getrieben», sagt er dann, «aber auch der Genuss all unserer Produkte ist äußerst nachhaltig». < 22 Rehau unlimited _ 01/10 Das trägt Rehau dazu bei: Im Tropenhaus Frutigen finden Rehau Komplettlösungen und Systemtechniken aus drei Bereichen eine anwendung. > Folgende Rehau Systemlösungen wurden verwendet: Solarthermie, Wärmespeicherung und Rohrleitungen im Rahmen der Kreislaufanlage. auf dem Dach des Gebäudes sind Rehau SoLeCT Wannenkollektoren montiert. Diese hochwertigen Speichersysteme, auf dem aktuellsten Stand der Technik, zeichnen sich durch eine sehr hohe Leistungsfähigkeit sowie eine ansprechende optik aus. Sie liefern die energie für die aufbereitung des Warmwassers im Gastronomiebereich und zum heizen. Die Rehau Rohrsysteme kommen in zwei Bereichen zum einsatz: einerseits wurden 6000 Meter abwasser-Kanalrohre aWaDuKT PP SN4 und SN10 aus Polypropylen verlegt. Für die erschließung des Gewächshauses und des Gastronomiegebäudes mit Fernwärme wurde das Rohrsystem RauTheRMeX eingesetzt. SoLeCT Wannenkollektor: RauTheRMeX: Rehau _ Kompetenz «herr von urbanowicz, was ist Regenwassermanagement?» TEXT Birgitta Willmann FOTO Christian Grund Name: Roman von Urbanowicz alter: 46 Jahre Wohnort: Stein bei Nürnberg ausbildung: Diplom-Kaufmann bei Rehau seit: März 1991 Funktion: Leiter Business Unit Infrastruktur > herr von urbanowicz, Sie beschäftigen sich seit 15 Jahren mit Wassermanagement. hat sich dadurch Ihr Verhältnis zum Wasser geändert? Ja und nein. Ich muss ehrlich sagen, dass ich durch meinen Beruf, bei dem im Alltagsgeschäft aber auch bei Veranstaltungen das Thema Wasser allgegenwärtig ist, hochgradig sensibilisiert bin. Aber privat bin auch ich kein Guru. Da könnte ich den Umgang mit Wasser schon noch optimieren. > Schätzen wir Mitteleuropäer das Wasser, das aus dem hahn kommt, zu gering? Das ist wohl so. Welch hohen Stellenwert Wasser hat, merkt man erst, wenn es nicht mehr so einfach zu haben ist. In anderen Klimazonen sieht das schnell ganz anders aus. Dort ist Wasser rar. So rar, dass es denkbar wird, dass irgendwann einmal Kriege darum geführt werden. > Das hofft niemand. aber Wasser ist Lebenselexir – ohne Wasser geht nichts auf der Welt. Das stimmt schon – aber es kann auch todbringend sein. Bei Überschwemmungen zum Beispiel, oder beim Tsunami. Oder denken Sie Feldforschung: Roman von urbanowicz. 01/10 _ REHAU unlimited 23 Rehau _ Kompetenz Das trägt Rehau dazu bei: > Rehau Regenwasserbewirtschaftung: 01 02 01 04 06 08 03 05 03 an verunreinigtes Trinkwasser. Deswegen ist es ja auch so wichtig, dass das Wasser professionell gemanagt wird. Vor allem, um das kostbare «gute» Wasser der Nachwelt zu erhalten. > Das heißt, man muss Wege finden, mit dem Wasser nachhaltig umzugehen? In der Fachsprache nennen wir das Wassermanagement. Das ist unser Kerngeschäft. Wir unterteilen dabei in die drei Bereiche Trinkwasserversorgung, die Regenwasserbewirtschaftung und die Abwasserentsorgung. > Das heißt, sie müssen das gute Wasser vom schlechten trennen? Genau. Trinkwasser muss unbedingt geschützt werden. Das ist das oberste Gebot. Aber das funktioniert schon seit langem relativ gut. Zumindest in der westlichen Welt. Beim Abwasser und vor allem beim Regenwasser wird es komplexer. Regenwasserbewirtschaftung ist also eine neuere Disziplin. > Wie lange gibt es die schon? Ich schätze man spricht seit etwa 15 Jahren davon. Der Gedanke kam vor allem aus den Industrieländern, wo in den Städten mit versiegelten Flächen der natürliche Wasserkreislauf massiv gestört ist. Das Regenwasser kann nicht versickern, geht in die 24 Rehau unlimited _ 01/10 07 01 Straßenablauf RainSpot 02 Kanalschacht aWaSChaChT PP DN 1000 03 Regenkanalrohr aWaDuKT PP SN10 blue RauSISTo 04 Regenwasservorreinigung RauSIKKo hydroClean 05 RW-Speicher- und Versickerbox RauSIKKo Box 06 Integrierter Zulauf- und Inspektionsschacht RauSIKKo C3 Systemschacht 07 Schutz- und Filtervlies RauMaT 08 Inspektionsschacht mit integrierter Drosseltechnik RauSIKKo Drosselschacht Kanalisation und dann in die Flüsse. Das heißt also, mit der Zeit sinkt der Grundwasserspiegel, wenn man diesen nicht permanent nachfüllt. > und wie versucht man nun, den natürlichen Wasserkreislauf nicht zu stören? Auf verschiedenen Wegen. Man kann das Regenwasser sammeln, nutzen und versickern lassen. Das fängt bei der einfachen Speicherung in der Regentonne oder dem Wassertank zur Gartenbewässerung an und reicht bis zum Einsatz für die Toilettenspülung oder zum Wäschewaschen. Weitaus komplexer ist der Einbau von unterirdischen Box-Systemen, welche in größerem Maßstab zur Speicherung und Versickerung dienen. Immer mehr Gemeinden schreiben diese Bauweise zum nachhaltigen Umgang mit dem Regenwasser vor, um Kosten zu sparen und die Umwelt zu schonen. > Kluges Wassermanagement ist damit der Schlüssel für die wasserarmen Länder. Ja. Wenn das weltweite Wassermanagement nicht besser wird, driften die wasserreichen und die wasserarmen Kontinente – denken Sie an Asien oder Afrika – immer weiter auseinander. Wassermanagement ist nicht nur eine ökologische, sondern auch ein ökonomische Herausforderung. < RehaU _ Kompetenz Wasser für Indien > REHAU Systeme helfen in Indien, Überschwemmungen zu verhindern und wertvolles Regenwasser zu speichern. H2O. Trink-, Wasch-, Regen-, Spül-, oder Schmutzwasser. In der westlichen Welt wird der Wasserhahn aufgedreht und heraus fließt sauberes Wasser. Das schmutzige wird gesammelt, geklärt und wieder dem Wasserkreislauf zugeführt. Anders in Indien, das mit 1,1 Milliarden Einwohnern neben China zu den bevölkerungsreichsten Ländern der Welt gehört. Zugleich ist es aber auch wasserarm. Eine unheilvolle Allianz. Zumal der verfügbare Anteil an Wasser pro Kopf kontinuierlich sinkt; lag er 1951 noch bei rund 5,2 Kubikmetern pro Kopf, so standen 2005 nur noch 1,7 Kubikmeter zur Verfügung. Das sagt die Statistik. Und weil die Bevölkerung kontinuierlich wächst, der Wasserbedarf damit steigt, aber die Wasserversorgungslage sowohl beim Trinkwasser, als auch bei der konsequenten Reinigung des Abwassers massive Mängel aufweist, läuft das Land sehenden Auges in einen Wassernotstand. Der dringend benötigte Aufbau einer Aufbereitungsund Entsorgungsinfrastruktur ist daher eine der größten Herausforderungen der indischen Regierung der nächsten Jahre. Mit jedem Jahr stockt der indische Staatshaushalt das Budget für die Erneuerung der Wasserversorgungssysteme auf. Für ausländische Firmen im Bereich Ausrüstung und Abwasserbehandlung ist Indien daher ein spannendes Geschäftsumfeld. REHAU hat seit einigen Jahren Niederlassungen in Mumbai und Bangalore sowie ein Werk in Pune und einige Satellitenbüros in den urbanen Ballungszentren. Besonders interessant für die indischen Marktbedürfnisse könnten die REHAU Regenwasserbewirtschaftungssysteme RAUSIKKO sein. Diese Lösungen sind auf die Bedürfnisse Indiens zugeschnitten: Einerseits helfen sie, den Monsunregen, der zu dramatischen Überschwemmungen führen kann, abzuleiten – gleichzeitig wird wertvolles Regenwasser für Dürrezeiten gespeichert. < Indien Staatsform: Parlamentarische Bundesrepublik Staatsoberhaupt: Präsidentin Pratibha Patil Fläche: 3.287.240 km2 Hauptstadt: Neu-Delhi Bevölkerungsdichte: 349 Einwohner/km2 Einwohner: 1,18 Milliarden Wirtschaftwachstum bis zum Jahr 2050: ca. 5-6 Prozent Wasserbedarf bis 2050: 1,4 Milliarden Kubikmeter Abwassermenge pro Tag: 30 Milliarden Kubikmeter 01/10 _ REHAU Unlimited 25 26 Rehau Unlimited _ 01/10 Rehau _ Interview «Wir stehen vor einer Revolution.» TEXT René Lüchinger FOTOS Christian Grund > «Warmes Wasser, Heizung und Strom braucht der Mensch im Haus. Mit Solarzellen, Speicher, Sonde und einer Wärmepumpe ist das zu haben», sagt ETH-Professor Hansjürg Leibundgut. > herr Leibundgut, Sie sagen, der Mensch brauche kein Öl, kein Gas, kein uran. Wie kommen Sie denn darauf? Diese Stoffe kann der Mensch körperlich nicht aufnehmen, also nicht essen. Sie sind gefährlich und nicht erneuerbar. In seiner ganzen Geschichte hat der Homo sapiens immer nach Energie gesucht, die er nutzen kann. Die Systeme an sich haben ihn dabei nie interessiert. Sondern nur das, was man damit erzeugen kann. Also das Licht einer Glühbirne, die Rechenleistung eines Computers, die Wärme einer Heizung. > Was ist daran schlecht? Es geht ja nicht nur um die Energiesysteme, sondern um die Apparaturen, die Instrumente, die ganze Versorgungskette, die es braucht, um von einem relativ primitiven chemischen Element zu der gewünschten Energiequelle zu gelangen. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob diese Energie ihren Ursprung in der Bildung des Planetensystems zum Beispiel beim Uran oder im Fusionsprozess der Sonne hat. Wenn das alles so problemlos wäre, müssten wir uns ja keine Gedanken darüber machen, wie wir von den fossilen, CO2-produzierenden und in ihrem natürlichen Vorkommen limitierten Energiequellen wie Kohle oder Erdöl wegkommen. So wie die Dinge liegen, müssen wir uns fragen: Was wäre, wenn wir von dieser Form der Energiegewinnung Abstand nehmen würden? > Die Geschichte der Menschheit ist eine der Verschwendung. Da haben Sie Recht. Das Problem war nur, dass man limitierte Ressourcen verschwendete. Und das hatte stets dramatische Folgen. Einst wurden für den Schiffsbau riesige Waldflächen unwiederbringlich abgeholzt. Dampfmaschinen waren gigantische Kohlefresser. Der AKW-Unfall in Tschernobyl hat die Problematik der Atomenergie drastisch vor Augen geführt und in der Entsorgung der radioaktiven Abfälle haben wir bis heute absolut keine Fortschritte gemacht. Und erinnern Sie sich an das Waldsterben? > Natürlich. heute gibt es Leute, die behaupten, es habe gar nie existiert. Es hat existiert. Es wurde technisch gelöst durch Katalysatoren oder die Entschwefelung von Heizöl. Das alles lehrt uns: die Welt will Energie, koste es, was es wolle. Gas ist aber ein sehr volatiler Brennstoff und beim Öl sehen wir derzeit an der Katastrophe der Plattform im Golf von Mexiko, was passieren kann, wenn mit immer mehr Einsatz von Technik fossile Energieträger gefördert werden. Und das Grundproblem bleibt ungelöst – ohne CO2 kommt aus diesen Brennstoffen nichts heraus und nun versucht man, das CO2 wieder aufzufangen und im tiefen Erdreich wieder zu versorgen. Das ist Unsinn. Fakt ist: Wir haben eine fundamentale Energiekrise. Prof. Hansjürg Leibundgut (48): hansjürg Leibundgut ist seit 2005 Professor für Gebäudetechnik am Institut für Technologie in der architektur im Departement architektur der eTh Zürich. In seinem Maschinenbau-Studium an der eTh Zürich spezialisierte sich Leibundgut auf Reaktortechnik und Fluiddynamik. er beendete sein Studium mit einer Dissertation über Solarenergie und absorptionskältetechnik. Danach ging er in die Wirtschaft und übernahm später die Leitung des Zürcher amtes für energie- und Lufthygiene. er ist seit 1989 Mitinhaber der amstein+Walthert aG. 01/10 _ REHAU unlimited 27 RehaU _ Interview > Der Mensch hat ein Energiesystem gebaut, das immer mehr Technik benötigt. Dabei krankt das System selber. Richtig. Heute aber existieren Technologien, die fossile Energieträger obsolet werden lassen. Windmühlen etwa gibt es seit vielen Jahrhunderten. Ursprünglich waren sie nicht zur Energiegewinnung konstruiert, sondern zum Mahlen von Korn. Seit einigen Jahren ist es aber technologisch möglich, siebzig Meter lange Flügel zu konstruieren, die auf 120 Meter Höhe an ein Getriebe gekoppelt werden können. Dabei wurde die aus der Luftfahrt bekannte Flügeltechnologie angewandt. Das ist fantastisch. Ein großer Durchbruch. Die andere Technologie ist die Photovoltaik, die theoretisch bereits 1857 entdeckt wurde. Sie ging vergessen, weil man die Materialien zu deren breitflächigen Exploration nicht kannte. Heute wissen wir: es braucht Silizium und etwas Kupfer, beides im Überfluss vorhanden, beides einfach zu entsorgen. Beim Silizium genügt ein Loch in der Wüste und schon ist das Material in die Natur zurückgeführt. > Zumindest theoretisch ist also die Energiefrage gelöst? Wir stehen am Anfang einer technologischen Explosion. Die Strahlung der Sonne ist von der Leistung her zehntausendmal höher als der Energiebedarf der Menschheit. Um Europa mit Energie zu versorgen, müssen wir lediglich ein Prozent der Grundfläche mit Windmaschinen oder Solaranlagen bestücken. Es gibt also kein Limite - weder bei der Energie, noch beim Land oder den Maschinen und Anlagen. > Deshalb setzen Sie sich seit Jahren für eine nachhaltige Gebäudetechnik ein. Was ist in diesem Bereich zu erwarten? Grundsätzlich bedeutet der Hausbau die Zusammenführung verschiedenster Materialien wie Backstein, Holz oder Glas. Dabei geht es um das Gleiche: Diese Ansammlung von Stoffen muss so ausgewählt sein, dass sie verfügbar bleiben, nicht korrodieren und bei der Rückführung in der Umwelt keinen Schaden anrichten. Und dann geht es um die entscheidende Frage, wie ein Haus energetisch betrieben werden soll. > Was schlagen Sie vor? Die Frage ist: Um was geht es dabei? Wir brauchen Wärme, um im Winter nicht zu frieren. Wir brauchen warmes Wasser und wir brauchen Strom. All das gilt es, CO2-frei ins Haus zu bringen. Interessant ist, dass bei diesen Diskussionen immer das Heizen im Zentrum steht, dabei ist die Frage des warmen Wassers und des Stroms schwieriger zu lösen. Der Gebäudebau im 20. Jahrhundert basierte darauf, dass keine Probleme mit der Energie existieren und deshalb existierten kaum isolierende Baumateria- 28 Rehau Unlimited _ 01/10 lien. Das hat sich bekanntlich geändert. Heute gibt es eine mächtige Minergie-Lobby, die mit ideologischem Eifer propagiert, die CO2-Emissionsfreiheit ließe sich ausschließlich über eine Verbesserung der Außenhülle des Hauses erreichen. > Was haben Sie gegen Minergie? Ich habe das anfangs stark unterstützt. Aber daraus ist eine Religion geworden und heute bekommen Sie nur noch Subventionen, wenn Sie die Minergiewerte einhalten und ihr Haus mit einer Isolation von 16 Zentimetern umwickeln. Da kann ich nur lachen. Ich kann bessere Werte bei den CO2-Emissionen erhalten mit einer Isolation von vier Zentimetern und mit einer Energiezufuhr aus erneuerbaren Quellen. Wenn ich sehr einfach, billig und umweltneutral Zustrom erzeuge, warum soll ich dann dicke, teure und hässliche Isolationen bauen? > Das leuchtet ein. Aber wie soll das gehen? Ich bekomme im Sommer mehr Sonnenenergie als im Winter. Also muss ich überschüssige Energie für die kalte Jahreszeit speichern. Früher war diese Energie im Holz vor der Hütte gespeichert. Heute besorgen das Erdsonden in 300 Meter Tiefe, wo die Erdtemperatur rund 17 Grad beträgt. Dafür brauche ich Sonnenkollektoren auf dem Dach, einen Speicher und eine Wärmepumpe. Das ist alles. > Wie sieht dann der Energiehaushalt eines solchen Hauses aus? Vereinfacht gesagt schieben wir die Wärme, die oben auf dem Dach anfällt, nach unten in die Erde und holen sie von dort zur kalten Jahreszeit ins Haus. Mit dem solaren Überschuss des Sommers kann das Erdreich um drei bis vier Grad über die natürliche Bodentemperatur von rund 16 Grad erwärmt werden. Das Photovoltaikpanel, das bisher nur ein Stromlieferant war, wird neu auch als Wärmelieferant genutzt. Neun Zehntel des Energiehaushalts des Hauses können auf diesem Wege gedeckt werden. Der Rest wird von außen, in Form von Wind- und Solarstrom zugeführt. Über diesen Weg kann das Gebäude zu tiefen Investitionsund Unterhaltskosten CO2-frei betrieben werden. Ein wichtiges Element ist das vernetzte Rohr, welches die Erdsonde und den Hybridkollektor auf dem Dach verbindet. Es muss einen hohen Druck aushalten können, weil wir die Wärme tief im Erdreich lagern wollen. Der Höhenunterschied beträgt über 300 Meter. > Erwarten Sie jetzt eine starke Nachfrage nach diesen Systemen? Wir stehen am Anfang einer technischen Revolution in der Gebäudetechnik. Das öffentliche Interesse steigt, die Industrie ist Rehau _ Interview Das trägt Rehau dazu bei: Das erdreich des Schweizer Mittellandes hat in 230 Meter Tiefe eine Durchschnittstemperatur von ca. 16 Grad Celsius Über Sonnenkollektoren wird die Sonnenwärme auf dem Dach des hauses eingefangen und über eine erdsonde in den Boden geleitet. Dieser erwärmt sich und kann die so im Sommer gewonnene Wärme im Winter wieder abgeben. Je tiefer also eine Sonde in den Boden eingelassen werden kann, desto mehr Speicher an erdreich steht zur Verfügung. Rehau ermöglicht durch die erstmalig angewendete ZweiZonen erdsonde sowie den dazugehörigen Spezialleitungen die Bewirtschaftung dieses erdspeichers. > Folgende Rehau Systemlösungen wurden verwendet: Forscher Leibundgut: Das haus der Zukunft. interessiert. Die Entwicklungsabteilungen klopfen inzwischen an und wollen auf den Zug aufspringen. Den Markt zu öffnen, das ist nun Aufgabe der Industrie. Erdsondenheizungen sind heute noch etwas teuerer in der Anschaffung ebenso wie das notwendige Spezialrohr. Aber das wird sich ändern. Das System aus Erdspeicher, Hybridkollektor und Wärmepumpe wird rasch attraktiver als alle anderen Varianten. Das Interessante dabei ist, dass dieses System mit wenig Strom betrieben werden kann. > Wann werden die Preise erschwinglich sein? Sie sind bereits erschwinglich. Wer heute bauen will, wird sich ernsthaft überlegen, was Öl und Gas in 10 Jahren kosten werden. Und sich für das System entscheiden, das heute kalkulierbar ist. Klar ist, dass eine Massenfabrikation von Wärmepumpen und Hybridkollektoren die Preise innerhalb von 10 Jahren um rund ein Drittel senken wird. Aber niemand wartet 10 Jahre. Also entscheidet sich der clevere Bauherr für die Wärmepumpe und sorgt damit für die Erhöhung der Produktionszahlen und damit für die Senkung der Produktionskosten. Es wird weiterhin Bauherren geben, die an ein Wunder glauben und Öl- und Gasbrenner einbauen. Sie werden die Dummen sein. < RauGeo Pe-Xa erdsonde Die erdsonde aus hochdruckvernetztem Polyethylen ist besonders robust und geeignet für schwierige Verlegesituationen. Zudem ermöglicht die hohe Temperaturbeständigkeit das einbringen von überschüssiger Wärme im Sommer, ohne die Lebensdauer der Sonde zu beeinträchtigen. RauISo Pe-Xa Die vorisolierten Rohre aus hochdruckvernetztem Polyethylen gewährleisten einen verlustfreien Transport von Wärme innerhalb des Gebäudes. Zudem werden diese Rohre im oberen Bereich der erdsonde eingesetzt, damit die energie erst in einer Tiefe ab 150 m in den erdspeicher eingebracht wird. RauGeo Pe-Xa erdsonde: RauISo Pe-Xa: 01/10 _ REHAU unlimited 29 Rehau _ Zahlen Seit 1999 wurden 13.000 km aWaDuKT PP SN10/16 RauSISTo Rohre von Rehau verlegt.* * Das entspricht der entfernung Berlin - Sao Paulo. 30 Rehau unlimited _ 01/10 REHAU _ Standorte Rehau in der Welt: Werk auSTRaLIeN Adelaide Brisbane Melbourne Perth Sydney aRGeNTINIeN Buenos Aires BeLGIeN Brüssel BRaSILIeN Arapongas Belo Horizonte Caxias do Sul Mirassol São Paulo BoSNIeN und heRZeGoWINa Sarajevo BuLGaRIeN Sofia ChILe Santiago ChINa Guangzhou Peking Shanghai Taicang Verwaltung DÄNeMaRK Kopenhagen DeuTSChLaND Berlin Bielefeld Bochum Brake Feuchtwangen Frankfurt Hamburg Hannover Leipzig Marlesreuth München Nürnberg Rehau Stuttgart Triptis Velen Viechtach Visbek Wittmund eNGLaND Amlwch Aspen Blaenau Glasgow Manchester Rowy Slough eSTLaND Tallinn FRaNKReICh Agen Bourges Lyon Metz Morhange Paris Poix de Picardie Rennes FINNLaND Helsinki GeoRGIeN Tiflis GRIeCheNLaND Athen Verkaufsbüro hoLLaND Nijkerk KRoaTIeN Zagreb INDoNeSIeN Jakarta KoRea Seoul ÖSTeRReICh Graz Linz Neulengbach Wien INDIeN Mumbai Neu Dehli Pune KaSaChSTaN Almaty PoRTuGaL Lissabon IRLaND Dublin ITaLIeN Rom Milano Pesaro Treviso KaNaDa Baie d´Urfe Moncton Montreal St. John´s Prescott Toronto Vancouver Winnipeg KoLuMBIeN Bogota Manizales LeTTLaND Riga PoLeN Kattowitz Posen Warschau Srem MaRoKKo Casablanca PeRu Lima MaZeDoNIeN Skopje RuMÄNIeN Bacau Bukarest Cluj LITaueN Vilnius MeXIKo Celaya Monterrey NoRWeGeN Oslo NeuSeeLaND Auckland RuSSLaND Chabarowsk Jekatarinburg Moskau Nowosibirsk Rostow am Don Samara St. Petersburg Logistikzentrum SChWeDeN Örebro SChWeIZ Bern Vevey Zürich TÜRKeI Istanbul Osmaneli TaIWaN Taipeh uNGaRN Budapest SeRBIeN Belgrad uKRaINe Dnepropetrowsk Kiew Lviv Odessa SÜDaFRIKa Fort Jackson Johannesburg Port Elizabeth uSa Chicago Cullman Detroit Grand Rapids Greensboro Los Angeles Minneapolis Sturgis SINGaPuR Singapur SLoWaKeI Bratislava SPaNIeN Barcelona Bilbao Madrid Tortosa TSCheChIeN Prag Moravská Třebová VeReINIGTe aRaBISChe eMIRaTe Dubai WeISSRuSSLaND Minsk ThaILaND Bangkok 01/10 _ REHAU unlimited 31 RehaU 02 Rehau unlimited _ 1/10