Vielfalt und Funktion der Vogelstimmen.
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Vielfalt und Funktion der Vogelstimmen.
Tiere im Naturgarten Vogelstimmen faszinieren die Menschen von jeher. Doch nur wenige können Rotkehlchen und Nachtigall, Kleiber und Buchfink anhand ihrer Rufe und Gesänge unterscheiden. Der Biologe und Vogelstimmen-Imitator Uwe Westphal, seit vier Jahrzehnten mit der heimischen Vogelwelt vertraut, gibt einen Überblick über die Vielfalt und Funktion der Vogelstimmen, illustriert durch zahlreiche naturgetreue Imitationen und klangbildlich gesprochene Merkverse aus der Kehle des Autors. Komplexe Lautfolgen, oft in Phrasen und Strophen, werden als Gesänge bezeichnet. Die artspezifischen Gesänge werden in aller Regel nur vom Männchen und nur während der Balz- und Brutzeit im Frühjahr vorgetragen. Sie haben zwei Funktionen: ein Revier gegen männliche Konkurrenten zu verteidigen und ein Weibchen anzulocken und zu umwerben. Oft sind „Kampf“- und Balzgesang zu unterscheiden. Nach der Brutzeit erlischt die Gesangsaktivität weitestgehend, mitunter hört man bei manchen Arten leisere und weniger komplexe „Herbstgesänge“, oft von Jungvögeln. Jungvögeln ist nur das Gesangsgrundmuster angeboren, der volle Gesang muss nach dem Vorbild eines männlichen Artgenossen, in der Regel des Vaters, eingeübt werden. Einfachen, relativ stereotypen Gesängen (z.B. Buchfink, Zilpzalp) stehen komplexe Gesangsdarbietungen gegenüber (z.B. Amsel, Nachtigall). Nachtigallen beherrschen bis zu 260 verschiedene Strophentypen. Viele Vögel imitieren Gesangsmotive anderer Arten und bauen sie in ihren eigenen Gesang ein, was als „Spotten“ bezeichnet wird (meisterlich z.B. Gelbspötter, Sumpfrohrsänger). Einige ahmen auch technische Geräusche wie etwa Handy-Klingeln nach (z.B. Stare). Gesänge findet man nicht nur bei Singvögeln, sondern auch bei vielen Nichtsingvögeln. Beide Gruppen werden nach anatomischen Merkmalen des Stimmapparates (Syrinx) unterschieden, nicht danach, ob sie (für menschliche Empfindungen) angenehm singen. So gehören auch Spatzen und Raben zu den Singvögeln. Besonders eindrucksvolle, melodische Gesänge haben z.B. viele Schnepfenvögel, auch Tauben, Eulen und Spechte sin- Foto © Reinhard Witt Vielfalt und Funktion der Vogelstimmen. Grauschnäpper-Junges gen im wissenschaftlichen Sinne. Neben den stimmlichen gibt es auch sogenannte Instrumentallaute wie das Trommeln der Spechte oder das meckernde Fluggeräusch der Bekassine (ein Schnepfenvogel) beim Balzflug, die dieselben Funktionen haben wie der Gesang. Von den komplexen Gesängen zu unterscheiden sind die einfacher strukturierten Rufe, die von beiden Geschlechtern in bestimmten Situationen geäußert werden. Man unterscheidet u.a. Stimmfühlungsoder Kontaktlaute, Warn-, Angst-, Bettel-, Standort-, Flug- und Paarungsrufe. Manche Laute sind altersabhängig (z.B. Bettellaute), andere ermöglichen differenzierte Mitteilungen. So klingen etwa die Warnrufe einer Amsel angesichts einer Katze völlig anders als beim Auftauchen eines Greifvogels. Im Gegensatz zu den Gesängen klingen viele Rufe bei unterschiedlichen Arten sehr ähnlich (zumindest für das menschliche Gehör). Da viele Vogelarten sehr versteckt leben, ermöglicht eine gute Kenntnis der Vogelstimmen vielfältige akustische „Einblicke“ in das Leben der Gefiederten und ist auch eine unabdingbare Voraussetzung für die Bestandserfassung von Vögeln als Grundlage für viele wissenschaftliche Fragestellungen. Literatur Michael LOHMANN: Vogelparadies Garten. BLV, 2. Aufl. 2000 Klaus RICHARZ / Martin HORMANN: Nisthilfen für Vögel und andere heimische Tiere (296 Seiten, mit 80 Bauanleitungen auf CD-ROM). AULA 2008 Anita und Norbert SCHÄFFER: Gartenvögel. AULA, 2. Aufl. 2008 Reinhard WITT: Ein Garten für Vögel. Kosmos, Stuttgart 1999 Hörtipps: Vogelexkursion mit Uwe Westphal 95 heimische Vogelarten naturgetreu imitiert, mit ausführlichen Erläuterungen Audio-CD mit 32-seitigem Beiheft Edition AMPLE, Germering 2007 Naturexkursion mit Uwe Westphal 73 heimische Tierarten (Vögel, Säugetiere, Amphibien, Insekten) naturgetreu imitiert, mit ausführlichen Erläuterungen Audio-CD mit 32-seitigem Beiheft Edition AMPLE, Germering 2008 Dr. Uwe Westphal, Dipl.-Biologe, Fachredakteur und Buchautor. Der bekannte Vogelspezialist kann fast alle Vogelstimmen mit dem Mund nachahmen. www.westphalnaturerleben.de Natur & Garten April 2009 63