Aus dem Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universität zu

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Aus dem Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universität zu
Aus dem Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universität zu Köln
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin
Direktor: Universitätsprofessor Dr. med. J. Dötsch
Bestimmung des Thiaminstatus von Frühgeborenen
durch Messung von Thiamindiphosphat im Vollblut
Inaugural-Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde
der Hohen Medizinischen Fakultät
der Universität zu Köln
vorgelegt von
Robert Walter Körner
aus Leverkusen
promoviert am 07. August 2013
Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln
im Jahr 2013
Dekan: Universitätsprofessor Dr. med. Dr. h. c. Th. Krieg
1. Berichterstatter: Universitätsprofessor Dr. med. B. Roth
2. Berichterstatter: Privatdozent Dr. rer. nat. A. Klatt
Erklärung
Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Dissertationsschrift ohne unzulässige Hilfe
Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe;
die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche
kenntlich gemacht.
Bei der Auswahl und Auswertung des Materials sowie bei der Herstellung des
Manuskripts habe ich Unterstützungsleistungen von Frau Dr. med. Anne Vierzig, Herrn
Dr. med. Carsten Müller und Herrn Universitätsprofessor Dr. med. Bernhard Roth
erhalten.
Weitere Personen waren an der geistigen Herstellung der vorliegenden Arbeit nicht
beteiligt. Insbesondere habe ich nicht die Hilfe einer Promotionsberaterin / eines
Promotionsberaters in Anspruch genommen. Dritte haben von mir weder unmittelbar
noch mittelbar geldwerte Leistungen für Arbeiten erhalten, die im Zusammenhang mit
dem Inhalt der vorgelegten Dissertationsschrift stehen.
Die Dissertationsschrift wurde von mir bisher weder im Inland noch im Ausland in
gleicher oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.
Köln, den 06.02.2013
_________________________
Robert W. Körner
Die im Rahmen dieser Arbeit erfolgte Studie wurde in der Klinik und Poliklinik für
Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikum Köln unter der Anleitung und
Unterstützung von Frau Dr. med. Anne Vierzig und Herrn Universitätsprofessor Dr.
med. Bernhard Roth von mir durchgeführt. Die der Studie zugrunde liegenden
Messwerte wurden von mir im Institut für Pharmakologie des Universitätsklinikum Köln
unter der Anleitung und Unterstützung von Herrn Dr. med. Carsten Müller erhoben.
Danksagungen
Danksagungen
Ich danke den ärztlichen Kollegen Frau Dr. med. Sarah Börner, Herrn Dr. med. Boris
De Carolis, Frau Dr. med. Miriam Jackels, Frau Dr. med. Shino Junghänel, Frau Dr.
med. Inga Gartz, Herrn Dr. med. Titus Keller, Frau Privatdozentin Dr. med. Angela
Kribs, Herrn Kyriakos Martakis, Frau Dr. med. Andrea Mikolajczak, Herrn Dr. med.
Guido
Weißhaar,
dem
Pflegepersonal
der
Kinderklinik
und
den
Eltern
der
Studienteilnehmer für Ihre Hilfe bei der Durchführung der klinischen Studie. Ich danke
dem Kollegen Herrn Privatdozent Dr. med. Oliver Fricke für seine statistische
Beratung. Frau Simone Gonschorek und Herrn Ahmad Arbab danke ich für ihre stets
freundliche Hilfsbereitschaft im Labor.
Ganz besonderer Dank gilt Frau Dr. med. Anne Vierzig für die Überlassung des
Themas und ihre vielen konstruktiven Anregungen, Herrn Dr. med. Carsten Müller für
die Bereitstellung des Laborplatzes und seine hervorragende wissenschaftliche
Beratung und Herrn Universitätsprofessor Dr. med. Bernhard Roth für seine stetige
Unterstützung und Förderung.
Widmung
Meinen Eltern Gabriela Körner und Dr. Walter Körner
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis.
.S. 2
1. Einleitung.
.S. 3
1.1. Von Beriberi zu Thiamin.
.S. 3
1.2. Chemie und Biochemie des Thiamins.
.S. 5
1.3. Bestimmung des Thiaminstatus.
.S. 7
1.4. Symptomatik des Thiaminmangels.
.S. 10
1.5. Thiaminmangel bei reifen Neugeborenen und Säuglingen.
.S. 11
1.6. Thiaminmangel bei Frühgeborenen.
.S. 12
2. Methodik und Ergebnisse.
.S. 14
2.1. 1. Publikation
.S. 15
2.2. 2. Publikation
.S. 20
3. Diskussion.
.S. 28
4. Zusammenfassung.
.S. 37
5. Literaturverzeichnis.
.S. 38
6. Lebenslauf.
.S. 45
-1-
Abkürzungsverzeichnis
Acetyl-CoA
Acetyl-Coenzym A
ACN
Acetonitril
ATDP
Adenosin Thiamindiphosphat
ATTP
Adenosin Thiamintriphosphat
CRIB
Clinical Risk Index for Babies
CRP
C-reaktives Protein
CV
Coefficient of variation (Variationskoeffizient)
EDTA
Ethylenediaminetetraacetic acid (Ethylendiamintetraessigsäure)
ETKA
Erythrocytäre Transketolaseaktivität
Hb
Hämoglobin
HCl
Salzsäure
HPLC
High Pressure Liquid Chromatography
(Hochdruckflüssigkeitschromatographie)
IUGR
Intrauterine growth retardation (Intrauterine Wachstumsretardierung)
LLOQ
Lower limit of quantification (Untere Quantifizierungsgrenze)
LOD
Limit of detection (Untere Nachweisgrenze)
mRNA
Messenger ribonucleic acid (Ribonukleinsäure)
NADPH
Nicotinamidadenindinukleotidphosphat
NBRS
Nursery Neurobiologic Risk Score
PRISM III
Pediatric Risk of Mortality III
QC
Quality control (Qualitätskontrolle)
ROS
Reactive oxygen species (Reaktive Sauerstoffspezies)
SD
Standard deviation (Standardabweichung)
SLC
Solute carrier
SSW
Schwangerschaftswochen
TCA
Trichloroacetic acid (Trichloressigsäure)
TDP
Thiamindiphosphat
TMP
Thiaminmonophosphat
TPPE
Thiamin Pyrophosphat - Effekt
TTP
Thiamintriphosphat
-2-
1.
Einleitung
1.1. Von Beriberi zu Thiamin
Die Entdeckung des Thiamin (Vitamin B1) ist das Resultat langer Ursachenforschung
der Erkrankung Beriberi und steht mit der Entdeckung der Vitamine im Allgemeinen in
enger Verbindung.
Beriberi ist eine Erkrankung, die bis zum 20. Jahrhundert auf der ganzen Welt
häufig vorkam; besonders in Asien. Die älteste Beschreibung der Beriberi sei angeblich
in einem von Chinas ältesten medizinischen Werken, dem Huáng Dì Nèi Jīng, zu
finden und wird auf das Jahr 2697 v. Chr. geschätzt(95). Vor allem aus Japan liegen
mehrere verlässliche Statistiken zur Prävalenz aus dem 19. Jahrhundert vor.
Beispielsweise litten im Jahr 1882 20% der Soldaten der japanischen Armee an
Beriberi. Bei den Marinesoldaten der japanischen Armee waren es sogar 40%(95). Das
Interesse an der Ursache dieser die Bevölkerung und Armee schwächenden
Erkrankung war immens.
Der niederländische Mediziner CHRISTIAAN EIJKMAN forschte von 1886 bis zum
Ende des 19. Jahrhunderts in Indonesien an Beriberi, die dort endemischen war(14,77).
Die Erkrankung trat zu dieser Zeit in zwei Formen auf: Einerseits mit Ödemen und
Herzinsuffizienz und andererseits mit einer progressiven Lähmung der Beine. Beriberi
ist singhalesisch und bedeutet "ich kann nicht, ich kann nicht"(68). Vermutlich spiegelt
die Bezeichnung das Endstadium mit ausgeprägten Lähmungen wieder. Im 19.
Jahrhundert existierten mehrere Theorien bezüglich der Ursache der Beriberi. Geprägt
durch den medizinischen Einfluss von LOUIS PASTEUR wurde von den meisten
Wissenschaftlern geglaubt, dass Beriberi eine Infektionskrankheit sei(14). EIJKMAN fand
heraus, dass Hühner, die ausschließlich mit geschältem Reis gefüttert wurden, Zeichen
von Beriberi entwickelten, während Hühner, die mit ungeschältem Reis ernährt wurden,
gesund blieben. Der Grund hierfür war zunächst unklar. EIJKMAN spekulierte, dass die
Stärke im geschälten Reis durch intestinale Mikroorganismen zu einem Neurotoxin
umgewandelt würde. Erst später kam er zu der Annahme, dass sich in der Schale des
Reis eine Substanz befinden mag, die das Auftreten von Beriberi verhindert(14). Es war
eine neue, herausragende Entdeckung, dass der Mangel eines Nährstoffes eine
Erkrankung auslösen konnte. EIJKMANS Arbeit wurde als Grundstein des Konzepts der
Vitamine anerkannt. Ihm wurde hierfür 1929 der Nobelpreis verliehen(77).
-3-
Neben EIJKMAN forschten noch viele weitere Wissenschaftler an der Ursache der
Beriberi. Besonders erwähnenswert ist der japanische Marinearzt KANEHIRO TAKAKI.
Schon vor EIJKMANS Experimenten erkannte er, dass die Art der Ernährung das
Auftreten von Beriberi beeinflusst. Er untersuchte 1883 die Zusammensetzung der
Rationen von Kriegsschiffen und stellte fest, dass die Nahrung einen sehr hohen Anteil
an Kohlenhydraten enthielt und gleichzeitig arm an Proteinen war. TAKAKI glaubte,
dass jenes Verhältnis beider Anteile die Ursache der Beriberi war. Circa ein Jahr später
setzte er durch, dass auf den Schiffen neue Rationen eingeführt wurden, deren
Proteinanteil höher und Kohlenhydratanteil wesentlich niedriger war. Dadurch konnte
die Inzidenz der Beriberi deutlich reduziert werden(78-80).
Im Jahr 1911 begann der polnisch-amerikanische Biochemiker KAZIMIERZ FUNK
seine Forschung an der Erkrankung Beriberi(65). Er führte Tierfütterversuche, vor allem
mit Tauben, durch. Wie EIJKMAN und andere Wissenschaftler verwendete er Reis für
seine Experimente, da mittlerweile klar war, dass die Manifestation von Beriberi durch
den Konsum von poliertem Reis ausgelöst werden konnte. Dies erklärte die besonders
hohe Prävalenz in Asien, wo Reis als Grundnahrungsmittel diente und der Konsum von
poliertem Reis bevorzugt wurde. FUNK fraktionierte die Reisschale soweit, bis nur noch
ein kleiner Teil der Schale übrig blieb, welcher in der Lage war, die Beriberi-artigen
Symptome der Tauben zu heilen(30). Für diese Fraktion erfand er den Begriff "Vitamin".
Dieser sollte Verbindungen beschreiben, die essentiell für das Leben (Vita) sind und in
ihrer Struktur Stickstoffverbindungen (Amine) enthalten. Später stellte sich heraus,
dass nicht alle Vitamine tatsächlich Amine sind. Das Vitamin, das bei seinem Fehlen
Beriberi auslöst, nannte FUNK vorläufig "Beriberi-Vitamin". JACK DRUMMOND schlug
1920 die bis heute gültige Nomenklatur der Vitamine vor: "Vitamin A, B, C etc."(20). Es
erfolgte die Benennung als "Vitamin B1".
Im Jahr 1926 gelang erstmalig die Isolation des Vitamin B1 durch BAREND JANSEN
und WILLEM DONATH(41). JANSEN schlug die Bezeichnung "Aneurin" vor, die auf die
antineuritische Wirkung anspielt. Die bis heute allgemein gültige Bezeichnung
"Thiamin" weist auf den Gehalt von Schwefel hin und wurde durch ROBERT WILLIAMS
vorgeschlagen, der im Jahr 1936 erstmalig über die chemische Struktur und Synthese
des Thiamins berichtete(93,94,96).
zweifach
phosphorylierte
Kurz darauf wurde ebenfalls erkannt, dass das
Thiamin
(Thiamindiphosphat)
als
Koenzym
im
Kohlenhydratmetabolismus dient und dass das unphosphorylierte Thiamin diese
Funktion nicht wahrnehmen kann(64,93). Seither wächst das Wissen um Thiamin stetig.
Gleichzeitig hat die Inzidenz des Thiaminmangels in hohem Maße abgenommen.
-4-
1.2. Chemie und Biochemie des Thiamins
Thiamin ist ein wasserlösliches Vitamin. Es besteht aus einem Thiazol-Ring, der über
eine Methylengruppe mit einem Pyrimidin-Ring verbunden ist (Summenformel Thiamin:
C12H17N4OS,
Strukturformel:
s.
Abbildung
1).
Das
Vitamin
ist
licht-
und
wärmeempfindlich. Thiamin ist in pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln enthalten.
Neben der freien Form kommt es in drei Phosphorylierungsstufen vor. Besonders reich
an Thiamin sind Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse und Schweinefleisch(3).
Abbildung 1: Thiamin und seine Phosphatester
Thiamin kann durch Pflanzen, Bakterien, Protozoen und Pilze gebildet werden(91).
Hierbei werden stets der Thiazol-Ring und der Pyrimidin-Ring zuerst aufgebaut und
schließlich
durch
die
Thiaminphosphat-Synthase
miteinander
zu
Thiaminmonophosphat (TMP) verbunden(5). Die Thiaminbildung wird durch einen
Riboswitch reguliert(1). Riboswitches sind Bestandteile der mRNA, welche die
Genexpression dadurch kontrollieren, in dem sie ihre Struktur in Abhängigkeit von der
Bindung eines speziellen Metaboliten verändern. In diesem Fall folgt eine Hemmung
der Translation am Ribosom. Eine Thiaminsynthese im menschlichen Körper ist nicht
möglich. TMP kann in der Folge durch die Thiaminmonophosphatase zu freiem
Thiamin
hydrolysiert
werden.
Das
freie
Thiamin
kann
durch
die
Thiamin-
diphosphokinase wiederum in Thiamindiphosphat (TDP) umgewandelt werden(5).
TDP ist auch bekannt als "Thiaminpyrophosphat" und "Cocarboxylase". Es ist
Koenzym
verschiedener
Enzyme
bzw.
Multienzymkomplexe
und
somit
die
stoffwechselaktive Form. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass die Symptome
des Thiaminmangels auf dem Mangel von TDP und den folglich gestörten
Stoffwechselwegen beruhen, obwohl auch ein Mangel der anderen Thiaminformen
potentiell
pathologisch
ist.
Eine
zentrale
Stellung
nimmt
TDP
im
Kohlenhydratstoffwechsel ein, da es als Kofaktor dem Pyruvatdehydrogenase-Komplex
-5-
dient,
der
die
Umwandlung
von
Pyruvat
zu
Acetyl-CoA
katalysiert.
Der
Pyruvatdehydrogenase-Komplex verbindet durch diese Reaktion die Glykolyse mit dem
Citratzyklus. Bei einem TDP-Mangel entsteht eine Anhäufung von Pyruvat, das weiter
zu Laktat umgewandelt wird. Die Folge ist eine Laktatazidose. Als Kofaktor im αKetoglutarat-Dehydrogenase-Komplex
ist
TDP
auch
direkter
Bestandteil
des
Citratzyklus. TDP ist weiterhin Koenzym der Transketolase, die eine Verbindung
zwischen Glykolyse und Pentosephosphatweg herstellt und somit wichtig für die
Produktion von reduziertem Nicotinamidadenindinukleotidphosphat (NADPH) ist(51).
NADPH
ist
ein
antioxidativer
Metabolit,
der
zur
Reduzierung
reaktiver
Sauerstoffspezies (ROS), wie z.B. Wasserstoffperoxid, benötigt wird.
Die intrazelluläre Thiaminkonzentration wird durch Transporterproteine der
SLC19A-Genfamilie und durch Diffusion beeinflusst(31). Die Transporter werden
ubiquitär exprimiert. Ein besonders starkes Vorkommen weisen Dünndarm, Nieren und
Plazenta
auf.
Sowohl
SLC19A2
(Thiamintransporter
1)
als
auch
SLC19A3
(Thiamintransporter 2) transportieren spezifisch Thiamin. SLC19A1 (Folattransporter)
transportiert hingegen Folat und kann zusätzlich TMP und TDP als Anion
transportieren(99,100). Die genannten Transporter werden über den transmembranären
pH-Gradienten angetrieben. Es ist allerdings relativ wenig über die genaue Regulation
der Thiaminkonzentrationen bekannt.
Über die Funktion des TMP und des dreifach phosphorylierten Thiamin
(Thiamintriphosphat, TTP) ist ebenso wenig bekannt. Wie bereits erwähnt, entsteht
TMP als Zwischenprodukt in der Thiaminsynthese und auch im Abbau von TDP. Ob
TMP eine physiologische Funktion hat, ist unklar. Bei Muttermilchanalysen fiel auf,
dass TMP ca. 64% des gesamten Thiamins der Muttermilch ausmacht(75). Es hat also
einen höheren Anteil am Gesamtthiamin als das freie Thiamin und ist somit für die
Thiaminversorgung von Säuglingen bedeutsam. TTP wird oft eine neurophysiologische
Rolle zugewiesen. Es wird vermutet, dass es bei der neuronalen Signalübertragung
von Bedeutung ist(17). In einer experimentellen Arbeit am Rattenhirn, gab es Hinweise
auf eine Funktion als Aktivator von Chloridkanälen(4). Im Jahr 2004 konnte gezeigt
werden, dass das Bakterium E. coli vermehrt TTP produziert, wenn es einem Mangel
an Aminosäuren ausgesetzt ist(47). Es wird behauptet, dass TTP deshalb bei Bakterien
ein wichtiger Adaptationsfaktor des Stoffewechsels und folglich Wachstumsfaktor unter
-6-
dieser Stoffwechsellage sei. Laut den Autoren sei dies die bis dato erste bewiesene
physiologische Rolle von TTP.
Im Jahr 2007 wurde in der Arbeitsgruppe von LUCIEN BETTENDORFF mit AdenosinThiamintriphosphat (ATTP) eine weitere Thiaminverbindung entdeckt(6). Es wird in E.
coli aus TDP und ATP oder ADP gebildet, vorausgesetzt das Bakterium ist neben
einem Aminosäurenmangel auch einem Mangel an Kohlenstoff ausgesetzt(56). Über die
Funktion in Eukaryoten gibt es bis jetzt keine Erkenntnisse. Im Jahr 2009 wurde eine
weitere neue Verbindung mit unklarer Funktion gefunden, die bei der Synthese von
ATTP anfällt: das Adenosin-Thiamindiphosphat (ATDP)(27). Bislang scheint es, als
hätten TTP und ATTP beide eine Signalrolle und keine Rolle als Koenzym. Dies zeigt,
dass sich hinter dem Thiaminmetabolismus eine Biochemie verbirgt, die komplexer ist,
als ursprünglich angenommen.
1.3. Bestimmung des Thiaminstatus
Eine immer noch weit verbreitete Bestimmungsmethode des Thiaminstatus ist die im
Jahr 1960 durch MYRON BRIN eingeführte Messung der Aktivität der erythrozytären
Transketolase (ETKA)(10,36,74,82). Bei einer reduzierten Aktivität ist davon auszugehen,
dass zu wenig Koenzym (TDP) vorhanden ist. Diese Bestimmungsmethode erlaubt
also eine indirekte Aussage zum Thiaminstatus.
Liegt in Abwesenheit klinischer
Symptome eine erniedrigte Aktivität vor, würde man von einem "biochemischen
Thiaminmangel" sprechen.
Die Bestimmungsmethode kann durch die Messung des "ThiaminpyrophosphatEffekts" (TPPE) erweitert werden(2,36,74,81). Hierbei wird nach Messung der basalen
ETKA das Enzym mittels Zugabe von TDP stimuliert. Im Falle eines Thiaminmangels
steigt die Aktivität abnormal an. Es wird schließlich ein "Aktivierungs-Quotient" aus
basaler und stimulierter Aktivität gebildet, der die Differenz prozentual ausdrückt(81):
Aktivierungs − Quotient(%) =
Je
€
größer
der
aktivierte ETKA − basale ETKA
× 100
basale ETKA
Unterschied
zwischen
beiden
Aktivitäten,
desto
größer
der
Thiaminmangel. Folgende Graduierung wurde vorgeschlagen: Bei einem Quotienten ≥
25% gilt ein Thiaminmangel als gesichert, zwischen 15 und 25 % findet sich ein
marginaler Mangel und bei < 15% ist ein Mangel praktisch ausgeschlossen(9). Die
Grenzwerte werden in der Literatur jedoch unterschiedlich angegeben(85).
-7-
Die enzymatischen Methoden werden zwar oft verwendet, sind aber auch mit
Nachteilen behaftet. Sie benötigen relativ viel Blut, sind aufwändig und nehmen viel
Zeit in Anspruch. Es können außerdem nur eine normale Versorgung oder ein
Mangelzustand erkannt werden. Eine übermäßige Versorgung wird nicht angezeigt.
Schließlich ist die gemessene Enzymaktivität nicht nur von TDP abhängig, sondern
wird auch durch andere Faktoren beeinflusst; beispielsweise durch die Existenz
verschiedener Varianten der Transketolase, durch eine eventuell vorhandene
Lebererkrankung, durch eine instabile Enzymaktivität bei jungen Säuglingen oder durch
die Lagerungsdauer bis zur Analyse(24,42,63,67,69,74). Dies kann zu einer Fehlinterpretation
der Enzymaktivität führen.
Die Einführung der Hochdruckflüssigkeitschromatographie (High Pressure Liquid
Chromatography, HPLC) in den 1960er Jahren war die Grundlage zur Entwicklung von
Verfahren, die eine direkte und vor allem sensitive Konzentrationsbestimmung des
Thiamins und seiner Phosphatverbindungen im Blut und anderen Matrices möglich
machen. Die ersten dieser Methoden wurden 1979 durch CLARK GUBLER und BRUCE
HEMMING sowie gleichzeitig durch KAZUHIKO ISHII et al. beschrieben(32,40). Durch die
gleichzeitige
Bestimmung
aller
Thiaminverbindungen,
auch
in
geringsten
Konzentrationen, ist die weitere Erforschung des Thiaminmetabolismus überhaupt erst
möglich. Schließlich war die HPLC auch das Verfahren, mit dem die neuen AdenosinThiaminverbindungen entdeckt wurden(6).
Der
Thiaminstatus
kann
durch
die
metabolisch aktiven TDP bestimmt werden
(85)
isolierte
Konzentrationsmessung
des
. Die ersten Methoden bestimmten die
TDP-Konzentrationen in den Erythrozyten. Der TDP-Gehalt der Erythrozyten nimmt im
Falle eines Thiaminmangels in einer ähnlichen Geschwindigkeit wie der zelluläre TDPGehalt anderer Organe ab und ist deshalb ein guter Biomarker des Thiaminstatus(2,8).
Es konnte später gezeigt werden, dass die weniger aufwändige Bestimmung im
Vollblut ebenwertig ist, weil die TDP-Konzentrationen der Erythrozyten und des
Vollbluts stark korrelieren(85).
Studien, welche die Bestimmung von TDP mit der Messung der ETKA und des
TPPE verglichen, konnten eine hohe Korrelation zwischen erythrozytärem TDP-Gehalt,
ETKA und TPPE zeigen. Gegenüber der enzymatischen Methode fanden sich
außerdem mehrere Vorteile der HPLC-Methode: Sie ist sensitiver, spezifischer,
einfacher zu standardisieren, ist gegenüber kleinen Variationen der Testbedingungen
unanfälliger und misst mit TDP einen stabileren Analyten(2,36,85). Des Weiteren kann ein
-8-
Thiaminmangelzustand mit TDP früher erkannt werden: Im Tierversuch fällt der TDPSpiegel beim absoluten Thiaminmangel unmittelbar ab und erreicht nach 10 Tagen ein
Minimum. Die ETKA fällt hingegen erst nach diesen 10 Tagen drastisch ab(90). Bislang
wurden mehrere HPLC-Methoden zur Bestimmung von Thiamin und seinen
Phosphatverbindungen entwickelt(25,54,55,84,85). Die meisten benötigen hierfür ein
Probenvolumen von 500 - 1000µl Vollblut.
Ein Problem, das alle genannten Messmethoden gemeinsam haben ist, dass sie meist
bei Erwachsenen eingesetzt werden und die ermittelten Grenzwerte, die einen
Thiaminmangel anzeigen, nicht einfach für Kinder übernommen werden können.
Außerdem werden die TDP-Normbereichsgrenzen in den Studien unterschiedlich
angegeben. Die Ursache wird in regionalen Schwankungen der Thiaminversorgung
gesehen. Es wird außerdem diskutiert, ob die im Vollblut gemessenen TDPKonzentrationen mittels der Hämoglobin-Konzentration oder dem Hämatokrit korrigiert
werden müssen, da ca. 80 % des Thiamins in den Erythrozyten vorkommt(83,85,97).
Neben den genannten Messmethoden wurden weitere Methoden zur Bestimmung des
Thiaminstatus entwickelt; beispielsweise mikrobiologische Tests, die anhand von
Bakterienkulturen
kolorimetrisch
auf
den
Thiamingehalt
schließen
oder
die
Bestimmung der Thiaminausscheidung im Urin(34,58,72). Diese Methoden erwiesen sich
als nicht spezifisch und sensitiv genug. Methoden, die den Gesamtthiaminspiegel nach
Dephosphorylierung im Serum oder Vollblut messen, sind ebenfalls für die Bestimmung
des Thiaminstatus ungeeignet, da der Messwert das freie Serum-Thiamin enthält.
Dieses spiegelt die aktuelle Thiaminaufnahme wieder, unterliegt darum großen
Schwankungen und repräsentiert nicht den zellulären Thiamingehalt(71). Wie bereits
erwähnt, kommt es bei einem Thiaminmangel zu einer Anhäufung von Pyruvat und in
der Folge auch Laktat, so dass diese Laborwerte einen indirekten Hinweis auf einen
Thiaminmangel bieten.
-9-
1.4. Symptomatik des Thiaminmangels
Beriberi war die erste Erkrankung, die als "Mangelerkrankung" bezeichnet wurde(52).
Die Symptomatik des Thiaminmangels ist komplex und zeigt eine große individuelle
Variation. Wie anfangs erwähnt, wird Beriberi als trockene und feuchte Form eingeteilt.
Eine klare Abgrenzung zwischen beiden Formen ist jedoch teilweise nicht möglich.
Symptome aus beiden Formen können gleichzeitig auftreten oder nacheinander
hinzukommen(95). Grund der unterschiedlichen Symptomatik scheint das Ausmaß und
die Dauer des Thiaminmangels zu sein.
Die trockene Beriberi tritt eher bei älteren Menschen auf, die an einem chronischen
Thiaminmangel leiden. Leitsymptome sind Paresen und Hypästhesien durch periphere
Neuritis, Muskelatrophien und eine allgemeine Schwäche. Zuerst sind meist die Beine
betroffen. Es kommt zu Muskelkrämpfen, Schmerzen der Wadenmuskulatur und
Schmerzen beim Gehen. Außerdem kann Heiserkeit auftreten, die durch eine
Rekurrensparese bedingt ist(53).
Leitsymptom der feuchten Beriberi sind Ödeme, die vor allem durch eine
Rechtsherzinsuffizienz bedingt sind. Es tritt eine Kardiomegalie auf. Im akuten Stadium
der Erkrankung kommt es zu Dyspnoe, Palpitationen, starken präkordialen oder
epigastrischen Schmerzen, Erbrechen, Unruhe, Angst und Zyanose. Das Versterben
tritt meist plötzlich ein(19).
Thiaminmangel wirkt sich neben dem peripheren auch auf das zentrale Nervensystem
aus. Charakteristisch sind Nystagmus, Ophthalmoplegie mit Diplopie, Gang- und
Standunsicherheit sowie mentale Veränderungen. Histologisch findet sich unter
anderem eine Einblutung der Mammillarkörper. CARL WERNICKE beschrieb die
Erkrankung erstmals 1881 als "Akute haemorrhagische polioencephalitis superior"(92).
In Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistung wird heutzutage die Bezeichnung
"Wernicke-Enzephalopathie" verwendet. Dass Thiaminmangel der Auslöser dieser
Enzephalopathie ist, wurde erst in den 1940er Jahren erkannt(13). Die WernickeEnzephalopathie ist zur Zeit die häufigste Ausprägung des Thiaminmangels in
entwickelten Ländern und tritt hier vor allem bei Alkoholikern bedingt durch einseitige
Ernährung auf(33). Von den Erkrankten entwickeln circa 80% das KorsakowSyndrom(88). Hierbei kommt es vor allem zu retrograden und anterograden Amnesien
sowie zu Konfabulationen(44). In Kombination ist die Erkrankung als "WernickeKorsakow-Syndrom" bekannt.
- 10 -
1.5. Thiaminmangel bei reifen Neugeborenen und Säuglingen
Eine erste systematische Beschreibung der infantilen Beriberi erfolgte durch den
Japaner HIROTA im Jahr 1888(37,38). Er beschrieb insgesamt 52 Fälle von Säuglingen
stillender Mütter. Fast alle Mütter der Säuglinge litten an Beriberi. HIROTA konnte in
vielen Fällen eine drastische Besserung der Symptome durch Umstellung auf
Flaschennahrung erreichen. Er glaubte, dass in der Muttermilch ein Toxin vorhanden
war, das die Symptome auslöste. Diese bestanden vor allem aus Ödemen, Dyspnoe,
Verdauungsproblemen, kardialen Symptomen, Oligurie und Aphonie.
In vielen asiatischen Ländern war die infantile Beriberi ein großes Problem. Es
wird geschätzt, dass noch während der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts in Manila
rund 40% der Säuglinge an Beriberi verstarben(95). Im Jahr 1912 wurde eine Methode
beschrieben, infantile Beriberi mit einem Reishüllen-Extrakt zu heilen(15). Den Müttern
war es hiermit möglich, weiter zu stillen. Diese effektive Methode sorgte für einen
wesentlichen Rückgang der Erkrankung und war ein weiterer Hinweis darauf, dass es
sich bei Beriberi um eine Mangelerkrankung handelt und nicht, wie geglaubt, um den
Effekt eines Toxins(95).
In entwickelten Ländern, in denen kein Thiaminmangel stillender Mütter besteht,
kommt die infantile Beriberi heutzutage praktisch nicht vor. Thiamin ist zudem obligater
Bestandteil kommerzieller Säuglingsnahrung, so dass ein Thiaminmangel auch bei
nicht gestillten Kindern nicht zu erwarten ist. Wird die Zugabe des Vitamins jedoch
vergessen, treten Fälle von infantiler Beriberi auf, wie es ein Bericht aus Israel aus dem
Jahr 2003 zeigt(23): Irrtümlicherweise wurde einer sojabasierten Flaschennahrung kein
Thiamin zugefügt. Bei 20 Säuglingen, die mit dieser Nahrung ernährt wurden, wurde
Beriberi diagnostiziert und teilweise mittels Bestimmung des TPPE bewiesen. Zwei der
Säuglinge starben an einer Kardiomyopathie. Der zitierte Bericht beschreibt die
Verläufe von 9 Säuglingen. Symptome der infantilen Beriberi waren Erbrechen,
Lethargie, Irritabilität, abdominale Distension, Diarrhoe sowie Entwicklungs- und
Wachstumsrückstand. Zudem lag in allen Fällen eine Infektion vor. Drei der Kinder
zeigten eine Ophthalmoplegie, eine bilaterale Abduzensparese mit oder ohne UpbeatNystagmus; Symptome, die auf eine Wernicke-Enzephalopathie hinweisen. Diese
Säuglinge
hatten
zudem
Thiaminmangel typisch
eine
Laktatazidose,
ist. Bei einem
die
für
der Patienten
einen
ausgeprägten
konnte die Wernicke-
Enzephalopathie in der Magnetresonanztomographie bestätigt werden. Hierbei fanden
sich
charakteristische
Signalanhebungen
- 11 -
im
Bereich
der
Basalganglien,
der
Mamillarkörper und des periaquäduktalen Grau. Durch die Gabe von Thiamin besserte
sich zwar der Zustand des Patienten, jedoch verblieben neurologische Schäden. Bei
den Kindern, die keine neurologischen Symptome zeigten, kam es durch Thiamingabe
innerhalb von 2 bis 3 Wochen zu vollständiger Genesung. Dieser Bericht zeigt, dass es
auch noch in der heutigen Zeit in entwickelten Ländern zu Thiaminmangel bei
Säuglingen kommen kann.
1.6. Thiaminmangel bei Frühgeborenen
Über die Thiaminversorgung von frühgeborenen Säuglingen ist wenig bekannt.
Allerdings stellen sie aus verschiedenen Gründen eine potentielle Risikogruppe für
Thiaminmangel dar. Aufgrund ihres niedrigen Körpergewichts haben sie generell wenig
Reserven und sind von der regelmäßigen Nahrungszufuhr abhängig. Eine optimale
Ernährung wird dabei benötigt, um ein optimales Wachstum zu ermöglichen. Die
Ernährung muss so zusammengesetzt sein, dass keine Mangelerkrankungen
auftreten.
Viele Frühgeborene benötigen in den ersten Lebenstagen eine ergänzende
parenterale Ernährung oder sind von parenteraler Ernährung abhängig, um ihren
Ernährungsbedarf zu decken. Die Zufuhr von zu wenig oder keinem Thiamin kann
schwere Folgen haben, wie ein Bericht aus dem Jahr 2011 zeigt(61). Hier wurde ein 35
Schwangerschaftswochen (SSW) altes Frühgeborenes eine Woche lang parenteral
ernährt, ohne der Nahrung Thiamin oder andere Vitamine zuzufügen, weil diese zur
Zeit nicht verfügbar waren. Es entwickelte sich eine schwere Laktatazidose, die sich
auch durch hohe Gaben von Natriumhydrogencarbonat nicht besserte. Dies ist typisch
für einen absoluten Thiaminmangel. Genauso typisch war die rasche Besserung der
Laktatazidose innerhalb von 3 Stunden nach der Verabreichung von Thiamin.
Zusätzlich zu der Laktatazidose entwickelte das Frühgeborene Zeichen einer Sepsis. In
der Literatur finden sich zahlreiche ähnliche Fälle von Kindern und Säuglingen, die total
parenteral ernährt wurden und bei denen die Thiamingabe schlichtweg vergessen
wurde oder aufgrund einer fehlenden Verfügbarkeit nicht erfolgte(16,48,86).
Dass Frühgeborene eine potentielle Risikogruppe für einen Thiaminmangel sind,
ist auch in ihrer intensivmedizinischen Behandlung begründet. In einer Untersuchung
von 80 intensivmedizinisch behandelten Kindern, konnte bei 12,5% der Kinder ein
Thiaminmangel festgestellt werden(73).
- 12 -
Das Wachstum ist ein zentrales Therapieziel in der Neonatologie. "Ein wachsendes
Kind ist ein gesundes Kind", heißt es. Bereits in den 1930er Jahren war durch
Tierversuche bekannt, dass Thiamin sehr wichtig für das Wachstum ist(93).
Insbesondere Frühgeborene benötigen eine hohe Zufuhr von Kohlenhydraten für eine
adäquate Gewichtszunahme. Es ist bekannt, dass mit steigender Kohlenhydratzufuhr
auch der Thiaminbedarf steigt(71). Kann der Thiaminbedarf bei einer hohen
Kohlenhydratzufuhr
nicht
gedeckt
werden,
kommt
es
zu
einem
"relativen
Thiaminmangel", also dem Auftreten von Mangelerscheinungen trotz Thiaminzufuhr. Im
Tierversuch führte Thiaminmangel auch zu einer intrauterinen Wachstumsretardierung
(IUGR)(11). Beim Menschen wird es ebenfalls als Risikofaktor für IUGR gesehen(35).
Weiterhin ist Thiamin wichtig für die Gehirnentwicklung von Neugeborenen und
Säuglingen(12). Thiaminmangel kann Hirnstammfunktionen beeinträchtigen und wurde
mit dem Sudden Infant Death Syndrom in Verbindung gebracht(52). Kinder, die als
Säugling an einem Thiaminmangel litten, haben später ein erhöhtes Risiko für die
Entwicklung einer Epilepsie und für das Auftreten einer Sprachentwicklungsverzögerung(21,22). Dies zeigt, dass Thiaminmangel vielfältige Auswirkungen haben
kann, die sich nicht nur in einem akuten Verlauf zeigen.
Da bislang kaum Studien zum Thiaminstatus bei Frühgeborenen durchgeführt wurden,
soll der Thiaminstatus nun erstmalig an einem größeren Kollektiv Frühgeborener durch
Bestimmung der TDP-Konzentration im Vollblut untersucht werden. Um diese Studie zu
ermöglichen, wird zunächst eine validierte Bestimmungsmethode mit einem sehr
geringem Probenvolumen benötigt. Bei der Studie soll der TDP-Spiegel zu
verschiedenen Zeitpunkten bestimmt werden, um seinen Verlauf während der
Behandlung beurteilen zu können. Wichtige Ziele sind die Etablierung von
Normbereichen und die Identifizierung von Risikofaktoren für niedrige TDP-Spiegel. Zu
diesem Zweck sollen neben dem TDP-Spiegel weitere medizinische Parameter erfasst
werden. Bei der Studie sollen möglichst viele Frühgeborene jeden Gestationsalters
eingeschlossen werden.
- 13 -
2.
Methodik und Ergebnisse
Es wurde eine neue HPLC-Methode entwickelt, welche die Bestimmung von TDP in
100µl Vollblut ermöglicht. Die neue Methode wurde publiziert(46). Sie war Grundlage für
eine epidemiologische Studie zum Thiaminstatus Frühgeborener, die an der
Kinderklinik der Universitätsklinik Köln durchgeführt wurde. Die Ergebnisse der Studie
wurden ebenfalls publiziert(45). Beide Publikationen werden im Folgenden aufgeführt.
- 14 -
2.1.
1. Publikation
- 15 -
- 16 -
- 17 -
- 18 -
- 19 -
2.2.
2. Publikation
- 20 -
- 21 -
- 22 -
- 23 -
- 24 -
- 25 -
- 26 -
- 27 -
3.
Diskussion
In der hier durchgeführten Studie wurden zum ersten mal TDP-Spiegel bei
Frühgeborenen systematisch untersucht. Dabei wurden Längsschnittdaten erhoben,
um eine eventuell vorhandene Dynamik erkennen zu können. Das wesentliche
Ergebnis der Studie ist eine große Streubreite der TDP-Spiegel bei Geburt und ein
altersabhängiger Abfall.
In der Literatur finden sich einzelne Studien, die den Thiaminstatus Frühgeborener auf
eine andere Weise untersucht haben. In einer Studie wurde der Gesamtthiaminspiegel
zusammen mit anderen Vitaminen im Vollblut bei 32 Neugeborenen mit niedrigem
Geburtsgewicht (< 2500 g) bestimmt(60). Davon waren 22 Kinder Frühgeborene. Als
Messmethode wurde ein mikrobiologischer Test verwendet. Die Bestimmungen
erfolgten am 5. Lebenstag sowie bei Geburt aus Nabelschnurblut und dem Blut der
Mutter. Sie wurden mit den Spiegeln eutropher Reifgeborener verglichen. Hierbei war
der mittlere Gesamtthiaminspiegel am 5. Lebenstag in der Kontrollgruppe etwas höher.
Der Unterschied war jedoch nicht signifikant. Bei dem untersuchten Kollektiv fiel auf,
dass der mittlere Gesamtthiaminspiegel im Nabelschnurblut höher war als am 5.
Lebenstag (Nabelschnurblut: 324 ± 78 nmol/l, Mittelwert ± SD; Vollblut Tag 5: 269 ± 42
nmol/l, Mittelwert ± SD). Zudem zeigten die Nabelschnurwerte eine größere
Streubreite. Es zeigt sich also eine gewisse Ähnlichkeit zu unserer Studie. Da der
Gesamtthiaminspiegel als Biomarker für den Thiaminstatus nicht geeignet ist, ist die
Aussagekraft dieser Studie allerdings sehr limitiert.
Weitere Studien, die den Thiaminstatus Frühgeborener untersucht haben, wendeten
mit der Bestimmung des TPPE einen funktionellen Test an(28,29,49,59). Wie bereits
erwähnt, wird das Ergebnis dieses Tests nicht nur von der TDP-Konzentration, sondern
auch durch andere Faktoren beeinflusst. Zudem ist er mit einer Reihe von weiteren
Nachteilen verbunden. Auf die Ergebnisse dieser Studien wird im Folgenden
eingegangen.
MOORE et al. untersuchten in den 1980er Jahren die Versorgung mit Thiamin und
anderen Vitaminen bei Neugeborenen, die für zwei bis vier Wochen ausschließlich
parenteral ernährt wurden(59). Darunter befanden sich 18 Frühgeborene. Die tägliche
Thiaminzufuhr war mit 780 µg/kg viel höher als die Thiaminzufuhr in unserer Studie (s.
2. Publikation, Tabelle 3). Die TPPE-Messungen fanden bei Geburt und an den Tagen
- 28 -
4, 7, 14, 21 und 28 statt. Ein Thiaminmangel wurde nicht angezeigt. Ferner gab es
keinen signifikanten Unterschied zwischen den Messwerten von Frühgeborenen unter
und über 1000 g Geburtsgewicht. In dieser Studie fiel auf, dass im Vergleich zu
Reifgeborenen bei Frühgeborenen die Folsäure- und Vitamin B12-Spiegel deutlich
erhöht waren. Die Folsäure-Spiegel zeigten zudem einen altersabhängigen Abfall.
Diese interessante Analogie zum Thiamin wurde auch in einer anderen Studie
ersichtlich, bei welcher der Folsäure-Spiegel von 20 Frühgeborenen gemessen
wurde(87). Eine Erklärung für die hohen Spiegel bei Geburt wurde hier nicht genannt.
Als Grund für den Konzentrationsabfall wird eine zu geringe Folsäure-Aufnahme
angegeben. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang über den Folattransporter,
der sowohl Folsäure als auch TMP und TDP transportiert.
Die im Jahr 1992 durch LEVY et al. publizierte Studie diente dem Vergleich
zwischen zwei verschieden Dosierungen einer Multivitaminzubereitung für die
parenterale Ernährung(49). Dabei wurden der TPPE und die Thiaminausscheidung im
24-Stunden-Sammelurin bei 48 Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht ≤ 1750 g
bestimmt. 30 Frühgeborene wurden parenteral ernährt. Die eine Hälfte der Kinder
erhielt täglich 480 - 520 µg/kg Thiamin und die andere Hälfte 640 - 850 µg/kg Thiamin.
18 Frühgeborene dienten als enteral ernährte Kontrollgruppe und erhielten im Mittel
260 µg/kg Thiamin. Die Bestimmungen des Thiaminstatus erfolgten bei Geburt und an
den Tagen 7, 14 und 21. Kein Frühgeborenes hatte zu keinem Zeitpunkt einen
abnormalen TPPE. Somit führte auch die niedrige enterale Thiaminzufuhr nicht zu
einem Thiaminmangel. Die tägliche Thiaminausscheidung im Sammelurin betrug 17 88 % der Thiaminzufuhr und war immer geringer als die Zufuhr, so dass stets eine
positive Bilanz vorlag.
FRIEL et al. publizierten 1996 eine Studie, in der sie den Status von Thiamin und
anderen Vitaminen bei 18 Frühgeborenen mit einem mittleren Gestationsalter von 29
SSW untersuchten(28). Diese wurden im Gegensatz zu der vorherigen Studie zum
Untersuchungszeitpunkt enteral ernährt, wobei teilweise eine ergänzende parenterale
Ernährung erfolgte. Die Thiaminzufuhr kann nicht verglichen werden, da sie nicht auf
das Körpergewicht, sondern auf die Energiezufuhr bezogen wurde. Der TPPE und die
Thiaminausscheidung im 24-Stunden-Sammelurin wurden bei 14 Frühgeborenen an
Tag 14 und 21 gemessen. Bei 4 Frühgeborenen fand die Messung nur an Tag 21 statt.
Auch in dieser Studie lagen die gemessenen Werte stets im Normalbereich.
In der 2001 durch FRIEL et al. publizierten Studie wurde die Versorgung mit
Thiamin und anderen Vitaminen bei 14 Frühgeborenen mit einem mittleren
- 29 -
Gestationsalter von 30 SSW untersucht(29). Der TPPE wurde vor Beginn der Ernährung
(Tag 2 ± 1, Mittelwert ± SD), bei ergänzender parenteraler Ernährung (Tag 16 ± 10,
Mittelwert ± SD) und bei ausschließlich enteraler Ernährung (Tag 32 ± 15,
Mittelwert±SD) bestimmt. Unter der ergänzenden parenteralen Ernährung lag die
mittlere tägliche Thiaminzufuhr bei 510 µg/kg und unter ausschließlich enteraler
Ernährung bei 254 µg/kg. Der TPPE zeigte bei 2 Kindern bei Geburt einen
grenzwertigen Thiaminmangel an und wies auf einen biochemischen Thiaminmangel
bei einem Frühgeborenen hin; zu einem Zeitpunkt als es ausschließlich enteral ernährt
wurde. Hier lag der Aktivierungs-Quotient über 25 %. Laut den Autoren normalisierten
sich die Werte in einer Kontrolluntersuchung.
Abschließend kann also festgehalten werden, dass die bisher an Frühgeborenen
durchgeführten Studien keine Mangelzustände in den untersuchten Kohorten zeigten.
Bis auf wenige Ausnahmen befand sich der TPPE im Normbereich.
Auf der zuletzt genannten Studie basiert die Empfehlung der EUROPEAN SOCIETY OF
PAEDIATRIC GASTROENTEROLOGY, HEPATOLOGY AND NUTRITION (ESPGHAN) zur
Thiaminzufuhr bei Frühgeborenen, die ausschließlich parenteral ernährt werden(43). Sie
beträgt 350 - 500 µg/kg pro Tag. Die Empfehlungen variieren allerdings je nach
Literaturstelle. Wenn man die Mengen an zugeführtem Thiamin der oben zitierten
Studien vergleicht, erkennt man, dass starke Schwankungen vorliegen. Klarheit über
die tatsächlich benötigte Menge besteht nicht. Auch in unserer Studie gab es starke
Schwankungen je nach Ernährungsart. Im Vergleich zu den anderen Studien erhielten
die Frühgeborenen relativ niedrige Mengen an Thiamin. Die meisten der Kinder
erhielten nicht mehr als 20 µg/kg pro Tag (s. 2. Publikation, Tabelle 3). Diese Kinder
wurden praktisch alle enteral ernährt. Sie entwickelten ebenfalls keine Zeichen eines
Thiaminmangels und keine verminderten TDP-Spiegel.
Verglichen mit den vorherigen Studien, konnte in unserer Studie durch die direkte
Messung des TDP die Versorgungslage direkt abgebildet werden. Die große
Streubreite der TDP-Spiegel in den ersten Lebenstagen und ihr Abfall mit dem Alter
waren
zuvor
nicht
bekannt.
Die
neue
Erkenntnis
wirft
viele
Fragen
zum
Thiaminmetabolismus auf. Wie werden Thiamintransporter und Enzymaktivitäten
reguliert? Was führt dazu, dass das eine Frühgeborene in den ersten Lebenstagen
einen hohen TDP-Spiegel hat und das andere nicht? Warum nehmen die TDP-Spiegel
- 30 -
mit der Zeit tendenziell ab? Solch eine Tendenz konnte bei Erwachsenen nicht
beobachtet werden (s. 1. Publikation, Abbildung 3).
In einer Studie von WYATT et al. wurden die Spiegel von phosphoryliertem Thiamin
im Vollblut bei reifen Neugeborenen, Säuglingen und älteren Kindern untersucht(97).
Hier konnte ebenfalls ein altersabhängiger Abfall der Konzentrationen festgestellt
werden. Da TDP ca. 93% des phosphorylierten Thiamins im Vollblut ausmacht, sind
die Ergebnisse vergleichbar(83). Der Konzentrationsabfall bei reifgeborenen Kindern
vollzieht sich im Vergleich zu Frühgeborenen langsamer. Es kommt erst nach 3
Monaten zu einem deutlichen Abfall. Der Abfall hält zwischen 3 und 12 Monaten weiter
an. Erst danach stabilisieren sich die Spiegel. In dieser Studie wurde diskutiert, ob der
Abfall durch eine Konzentrationsabnahme des Hämoglobins bedingt ist. Gleichzeitig
analysierte Liquor-Proben zeigten jedoch ebenso einen Abfall der TDP-Spiegel, so
dass der Abfall im Vollblut als physiologisch gewertet wurde. Auf eine Hämoglobinbezogene Korrektur der Thiamin-Spiegel wurde verzichtet, da sie den physiologischen
Abfall verzerren würde. Es wurde angenommen, dass die hohen Liquorspiegel bei
Geburt durch die höheren Energiebedürfnisse des schnell wachsenden Gehirns
bedingt sind. Der Abfall sei bedingt durch die anschließende "neurologische und
metabolische Reifung".
Es gibt Hinweise darauf, dass während der Schwangerschaft ein aktiver Transport
von Thiamin über die Plazenta präferenziell an den Feten erfolgt(18,98). Durch diesen
Transport lassen sich im fetalen Blut prinzipiell viel höhere Thiamin-Spiegel erreichen
als im maternalen Blut. Möglicherweise sind die hohen TDP-Spiegel bei Geburt
dadurch bedingt. In unserer Studie konnte gezeigt werden, dass die TDP-Spiegel von
jungen und sehr jungen Frühgeborenen niedriger als die von älteren Frühgeborenen
sind (s. 2. Publikation, Tabelle 1). Vielleicht bedeutet dies, dass im Fetus während der
Schwangerschaft ein gewisser Vorrat an TDP aufgebaut wird. Der Abfall der TDPSpiegel könnte durch eine geringere postpartale Thiaminzufuhr oder durch eine
postpartale Zunahme der renalen Exkretion verursacht sein. Auch metabolische
Veränderungen mit z.B. postpartal erhöhter Thiamindiphosphatase-Aktivität erscheinen
möglich. Letztendlich sind viele Ursachen denkbar. Bis weitere Studien durchgeführt
werden, bleiben sie Hypothesen.
Es besteht Unklarheit darüber, ob im Vollblut gemessene TDP-Spiegel an
hämatologische Parameter angepasst werden müssen. Wie oben erwähnt, wird eine
Korrektur teilweise abgelehnt(97). Hingegen empfehlen andere Autoren die Korrektur in
- 31 -
Bezug auf den Hämatokrit oder die Hämoglobinkonzentration(25,85). Vor kurzem wurde
untersucht, ob die Hämoglobinkonzentration oder die Erythrozytenzahl der bessere
Korrekturfaktor ist(39). Hierbei wurde festgestellt, dass der TDP-Spiegel im Vollblut von
131
Erwachsenen
stärker
Hämoglobinkonzentration
mit
korreliert.
der
Die
Erythrozytenzahl
Autoren
als
empfehlen
mit
der
schließlich,
die
Erythrozytenzahl als Korrekturfaktor einzusetzen. Im Rahmen der Validierung unserer
Messmethode konnte bei 30 Proben erwachsener Personen keine Korrelation
zwischen Hämoglobinkonzetration, Hämatokrit, Erythrozytenzahl oder mittlerem
korpuskulärem
Volumen
festgestellt
werden(46).
Bei
den
TDP-Spiegeln
der
Frühgeborenen fiel jedoch eine leichte Korrelation zur Hämoglobinkonzentration auf.
Bei Frühgeborenen kommt es in der Regel durch verschiedene Faktoren zu einer
Frühgeborenenanämie.
Es
wurde
deshalb
überprüft,
ob
der
Abfall
der
Hämoglobinkonzentration als Parameter des Erythrozyten-Kompartments mit dem
Abfall der TDP-Spiegel ursächlich in Verbindung steht. Allerdings fiel die mittlere
Hämoglobinkonzentration gleichmäßig und langsam ab und zeigte keine drastische
Abnahme nach dem 20. Lebenstag wie die mittleren TDP-Spiegel. Aufgrund der
unterschiedlichen Dynamik und der nur leichten Korrelation scheint der Abfall der
Hämoglobinkonzentration eher nicht der Auslöser für die abnehmenden TDP-Spiegel
zu sein. Dennoch sollte der Zusammenhang zu hämatologischen Parametern nicht
außer Acht gelassen werden. Im Falle einer Anämie scheint es möglich, einen
niedrigen TDP-Spiegel als Thiaminmangel zu interpretieren, obwohl dieser nicht
vorliegt.
Der mittlere TDP-Spiegel unterschied sich je nach Thiaminzufuhr und Nahrungsart (s.
2. Publikation, Tabelle 3). Jedoch waren Thiaminzufuhr und Nahrungsart wiederum
vom postnatalen Alter abhängig, so dass die Zusammenhänge vor dem Hintergrund
des
altersabhängingen
Abfalls
der
TDP-Spiegel
gesehen
werden
sollten.
Beispielsweise waren Kinder, die fortifizierte Milch erhalten haben, im Durchschnitt
älter als Kinder, die mit reiner Muttermilch ernährt wurden. Darum war ihr mittlerer
TDP-Spiegel niedriger, obwohl die enterale Thiaminzufuhr höher war. Dies scheint
paradox, könnte aber für die Hypothese der fetalen TDP-Akkumulation während der
Schwangerschaft sprechen.
Für Säuglinge, die von Müttern mit Thiaminmangel gestillt werden, besteht ein
hohes Risiko ebenfalls einen Thiaminmangel zu entwickeln(57,62). In unserer Studie
waren die TDP-Spiegel der ausschließlich gestillten Frühgeborenen nicht niedriger als
- 32 -
die TDP-Spiegel der Frühgeborenen, die andersartig ernährt wurden. Allerdings kann
angenommen werden, dass die Wahrscheinlichkeit eines mütterlichen Thiaminmangels
aufgrund von Unter- oder Fehlernährung in dieser Studie äußerst gering ist. Ein
weiterer Faktor ist, dass die Ernährung mit reiner Muttermilch während der ersten
Lebenstage stattfand und zu dieser Zeit die TDP-Spiegel generell höher waren.
Abschließend ist festzustellen, dass weder in einer speziellen Nahrungsart noch in
einer niedrigen Thiaminzufuhr Risikofaktoren für niedrige TDP-Spiegel identifiziert
werden konnten.
Ein Nachteil unserer Studie ist, dass die Thiaminzufuhr geschätzt und nicht bestimmt
wurde. Es ist bekannt, dass Thiamin aufgrund seiner Licht- und Wärmeempfindlichkeit
über die Zeit zerfällt, besonders wenn es als parenterale Infusion appliziert wird(70).
Besonders problematisch ist jedoch die Schätzung von Thiamin in Muttermilch. Die
WORLD HEALTH ORGANIZATION (WHO) empfiehlt einen Thiamingehalt von 100 - 200
ng/ml anzunehmen(89). Diese Empfehlung beruht auf Durchschnittskonzentrationen, die
von diversen Bevölkerungsgruppen ermittelt wurden. Allerdings konnte festgestellt
werden, dass es einerseits interindividuelle Unterschiede gibt und andererseits der
Thiamingehalt mit der Dauer des Stillens zunimmt(26). In einer Studie aus England
wurde die Milch von 26 Müttern frühgeborener Kinder untersucht(26). Sie enthielt im
Mittel 24 ng/ml Thiamin im Kolostrum, 54 ng/ml in der Übergangsmilch und 89 ng/ml in
reifer Muttermilch. Bei der Untersuchung fielen ebenfalls große interindividuelle
Deviationen auf; beispielsweise war der niedrigste Thiamingehalt reifer Muttermilch 35
ng/ml und der höchste 156 ng/ml. Der in unserer Studie verwendete Wert von 100
ng/ml war schließlich ein angenommener Durchschnittswert.
Aufgrund der zentralen Rolle im Kohlenhydratmetabolismus wurde untersucht, ob ein
Zusammenhang zwischen TDP-Spiegel und Kohlenhydratzufuhr, Energiezufuhr und
Blutzucker besteht. Eine Korrelation bestand jedoch in keinem der Fälle. In der
Literatur finden sich auch keine Hinweise darauf, dass sich der TDP-Spiegel
beispielsweise durch eine erhöhte Energie- oder Kohlenhydratzufuhr erniedrigen oder
steigern lässt. Es fand sich weiterhin keine Korrelation zur Wachstumsrate. Wie in der
Einleitung erwähnt, ist Thiamin für das Wachstum wichtig und ein Mangel kann zu
Wachstumsstörungen führen. Bei Frühgeborenen gingen hohe TDP-Spiegel aber nicht
mit einer höheren Wachstumsrate einher. Andererseits führten niedrige TDP-Spiegel
- 33 -
zu keiner Abnahme der Wachstumsrate, was gegen das Vorliegen eines manifesten
Thiaminmangels in der untersuchten Kohorte spricht.
Da Thiaminmangel bei schwer kranken Kindern vermehrt auftreten kann, wurden der
Clinical Risk Index for Babies (CRIB) und der Pediatric Risk of Mortality III - Score
(PRISM III) in die Analyse eingeschlossen(66,76). Doch weder CRIB noch PRISM III
konnten niedrige TDP-Spiegel vorhersagen.
In einer Studie, die den Thiaminstatus kritisch kranker Kinder untersuchte, waren
hohe
Konzentrationen
des
C-reaktiven
Proteins
(CRP)
mit
niedrigen
TDP-
Konzentrationen im Vollblut verbunden(50). Bei dieser Studie wurde der TDP-Spiegel
von 202 Kindern mit einem mittleren Alter von 1,7 Jahren bei Aufnahme auf die
Intensivstation untersucht. Frühgeborene wurden jedoch ausgeschlossen. Die mittlere
TDP-Konzentration bei Aufnahme lag bei 25,8 ng/ml (Interquartilabstand: 15,2 - 31,6
ng/ml). Sie ist vergleichbar mit der mittleren TDP-Konzentration für Frühgeborene
zwischen dem 21. und 103. Lebenstag (Mittel: 33,6 ng /ml, Interquartilabstand: 13,0 37,9 ng/ml). In der zitierten Studie wurde ein Thiaminmangel als TDP-Spiegel < 16
ng/ml definiert. Hiernach lag bei 57 (28 %) der Kinder ein Thiaminmangel vor. Nur eins
der Kinder hatte jedoch Symptome eines Thiaminmangels in Form einer WernickeEnzephalopathie. Die Autoren schlagen deshalb vor, eher von "niedrigen TDPSpiegeln" zu sprechen. Es wurde festgestellt, dass Kinder, die eine CRP-Konzentration
> 200 mg/l hatten, ein 2,3fach erhöhtes Risiko eines niedrigen TDP-Spiegels hatten.
Die niedrigen TDP-Spiegel hatten in dieser Studie jedoch keinen Einfluss auf das
klinische Outcome.
In unserer Studie wurde ebenfalls die CRP-Konzentrationen untersucht. Eine
ähnlicher Zusammenhang konnte nicht festgestellt werden. Der Grund hierfür ist
wahrscheinlich, dass die untersuchte Kohorte im Allgemeinen eher gesund war und
CRP-Erhöhungen nur selten vorkamen und leicht waren. In unserer Studie wurden nur
6 Messungen während einer Infektion und 10 Messungen während einer schweren
Erkrankung durchgeführt. Unter beiden Umständen waren die TDP-Spiegel nicht
auffallend niedrig, was aber aufgrund der kleinen Fallzahl nicht generalisiert werden
darf.
Aufgrund der Wichtigkeit von Thiamin für das zentrale Nervensystem wurde der
Nursery Neurobiologic Risk Score (NBRS) erfasst(7). Dieser Score zeigt mit einer hohen
Spezifität und Sensitivität ein abnormales neurologisches Outcome an, wenn sein Wert
- 34 -
im Alter von zwei Wochen ≥ 5 oder bei Entlassung ≥ 6 beträgt. Er wird durch das
Vorliegen
von
periventrikulärer
Leukomalazie,
intraventrikulärer
Hämorrhagie,
Krampfanfällen, Infektionen, Hypoglykämie, Azidose und Notwendigkeit von Beatmung
beeinflusst. Der Score korrelierte nicht mit niedrigen TDP-Spiegeln. Allerdings war die
untersuchte Kohorte neurologisch überwiegend gesund. Der mittlere NBRS bei 2
Wochen lag schließlich bei 1 und erreichte bis auf eine Ausnahme als höchsten Wert 4.
Nur ein Frühgeborenes der 24. SSW hatte einen NBRS von 10. Der TDP-Spiegel lag
hier am 18. Lebenstag unter der 25. Perzentile. Die folgenden Werte waren nicht
besonders niedrig und der hohe NBRS war nicht durch einen Thiaminmangel bedingt.
Ein möglicher Effekt niedriger postpartaler TDP-Spiegel auf die neurologische
Entwicklung, kann letztendlich nur durch eine neurologische Nachuntersuchung der
Kinder eruiert werden.
Nach der Durchführung unserer Studie stellt sich die Frage: wie definiert man einen
Thiaminmangel bei Frühgeborenen? Es wurden teilweise sehr niedrige TDP-Spiegel
gemessen. Dennoch wiesen diese Frühgeborenen keine klinischen Zeichen eines
Thiaminmangels auf. Einen weiteren Hinweis, dass es in dieser Kohorte zu keinem
manifesten Thiaminmangel kam, bieten die pH- und Laktatwerte, welche keine
schwere Laktatazidose zeigten, wie sie bei einem Thiaminmangel vorkommen würde.
Andererseits helfen diese Werte zur Erkennung eines marginalen Thiaminmangels
nicht weiter. Angenommen, in dieser Kohorte waren Frühgeborene mit einem
marginalen Thiaminmangel, welche Auswirkungen hat dieser auf Frühgeborene? Das
Studiendesign war vermutlich zu breit, um diese Auswirkungen erfassen zu können.
Vielleicht hat ein marginaler Mangel auch nur in bestimmten Situationen Auswirkungen.
Solch eine Situation könnte beispielsweise eine Infektion sein, ein Umstand, der in der
untersuchten Kohorte kaum vorkam.
Es ist letzen Endes unklar, ab welchem TDP-Spiegel bei Frühgeborenen mit einem
Thiaminmangel zu rechnen ist. Außerdem ist unklar, wie lange dieser Grenzwert
unterschritten sein muss, damit sich der Thiaminmangel klinisch manifestiert. In einem
Bericht entwickelten elf Neugeborene Symptome eines Thiaminmangels, nachdem sie
11 - 29 Tage ausschließlich parenteral ohne Thiaminsubstitution ernährt wurden(86). Es
ist denkbar, dass bei den niedrigen TDP-Spiegeln in unserer Studie einige davon zu
einem manifesten Thiaminmangel geführt hätten, wenn sie mehrere Tage auf diesem
niedrigen Niveau geblieben wären. Da kein Thiaminmangel beobachtet wurde, konnte
schließlich kein definitiver Grenzwert, der einen Mangel anzeigt, eruiert werden. Als
- 35 -
Referenzbereich sollen zunächst die nach Altersgruppen ermittelten Werte dienen (s.
2. Publikation, Tabelle 2).
Abschließend bietet die durchgeführte Studie neue Einblicke in die Thiaminversorgung
von
Frühgeborenen
und
Thiaminmetabolisumus,
neue
seiner
Ansatzpunkte
Regulation
menschlichen Organismus.
- 36 -
und
zur
weiteren
seiner
Erforschung
Auswirkungen
auf
des
den
4.
Zusammenfassung
Frühgeborene stellen eine potentielle Risikogruppe für einen Thiaminmangel (Vitamin
B1-Mangel) dar. Allerdings wurde ihr Thiaminstatus bislang nur marginal untersucht.
Das Ziel dieser Arbeit war, den Thiaminstatus frühgeborener Kinder mittels der
Bestimmung
von
Thiamindiphosphat
(TDP)
im
Vollblut
zu
untersuchen
und
Risikofaktoren für niedrige TDP-Spiegel ausfindig zu machen.
In einer prospektiven, longitudinalen Studie wurden TDP-Spiegel im Vollblut mittels
Hochdruckflüssigkeitschromatographie (HPLC) während der ersten Lebenstage und im
Folgenden etwa alle zwei Wochen bestimmt. Zudem wurden demographische Daten,
Gewichtszunahme, Nahrungsart und Thiaminzufuhr erfasst. Insgesamt wurden 111
Frühgeborene in der Kinderklinik des Universitätsklinikum Köln zwischen Mai 2009 und
Dezember 2010 eingeschlossen. Es konnten 222 Blutproben analysiert werden.
Die TDP-Spiegel zeigten einen altersabhängingen Abfall (Alter: 0 - 10 Tage,
mittlerer TDP-Spiegel: 110,6 ng/ml; Alter: 11 - 20 Tage, mittlerer TDP-Spiegel: 95,4
ng/ml; Alter: 21 - 103 Tage, mittlerer TDP-Spiegel: 33,6 ng/ml). Es gab keinen
signifikanten Unterschied der Spiegel zwischen den Geschlechtern. Ein niedriges
Gestationsalter und niedriges Geburtsgewicht waren mit niedrigen TDP-Spiegeln
verbunden.
Keins
der
untersuchten
Frühgeborenen
zeigte
Anzeichen
für
einen
Thiaminmangel. Es wurde eine mäßige Korrelation zwischen TDP-Spiegel und
Hämoglobin-Konzentration festgestellt. Niedrige TDP-Spiegel, sollten mit Vorsicht
interpretiert werden, wenn gleichzeitig eine Anämie vorliegt. Die TDP-Spiegel von
ausschließlich gestillten Frühgeborenen waren nicht niedriger als die TDP-Spiegel von
andersartig ernährten Frühgeborenen. Ein unterer TDP-Grenzwert, der auf einen
Thiaminmangel hinweist, konnte nicht eruiert werden.
Weitere Studien werden benötigt, um den Einfluss von hohen und niedrigen TDPSpiegeln auf Frühgeborene bezüglich Entwicklung, klinischem Verlauf und Outcome zu
ermitteln und die Regulation der TDP-Spiegel zu untersuchen.
- 37 -
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6. Lebenslauf
Persönliche Daten
Name
Robert Walter Körner
Geburtsdatum
18.02.1982
Geburtsort
Leverkusen
Email
[email protected]
Werdegang
1990 - 1994
Grundschule Wuppertalstraße, Leverkusen
1994 - 2001
Landrat-Lucas Gymnasium, Leverkusen
2001
Abitur
2002 - 2009
Studium Humanmedizin, Universität zu Köln
2009
Approbation als Arzt
Berufliche Tätigkeit
2009 - 2012
Assistenzarzt, Kinderklinik des Universitätsklinikums Köln
seit 2012
Assistenzarzt, Kinderklinik des Sana Klinikums Berlin
Publikationen
•
Körner RW, Vierzig A, Roth B, Müller C (2009). Determination of thiamin diphosphate in whole
blood samples by high-performance liquid chromatography – a method suitable for pediatric
diagnostics. J Chromatogr B Analyt Technol Biomed Life Sci. 877(20-21): 1882-6
•
Körner RW, Söderlund-Venermo M, van Koningsbruggen-Rietschel S, Kaiser R, Malecki M,
Schildgen O (2011). Severe human bocavirus infection, Germany. Emerg Infect Dis. 17(12): 2303-5
•
Körner RW, Müller C, Roth B, Vierzig A (2012). Thiamin status of premature infants assessed by
measurement of thiamin diphosphate in whole blood. Br J Nutr. Oct 1[ahead of print]: 1-8
Köln, den 06.02.2013
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Robert W. Körner - 45 -

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