FORUM der GEOÖKOLOGIE - Bürger schaffen Wissen
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FORUM der GEOÖKOLOGIE - Bürger schaffen Wissen
FORUMGHUGEOÖKOLOGIE 0LWWHLOXQJHQGHV9HUEDQGHVLQ'HXWVFKODQGH99*|' 6FKZHUSXQNW&LWL]HQ6FLHQFH :LH%UJHULQQHQXQG%UJHUZHUWYROOH%HLWUlJH]XU:LVVHQVFKDIW OHLVWHQN|QQHQ /RNDOUHIHUHQW,Q LQ%D\UHXWK JHVXFKW Neues aus dem Verband Außerdem *UXSSHQFRDFKLQJ$QJHERW9HUVWlUNXQJLP 8PZHOWDXVZLUNXQJHQGHU3ODQWDJHQZLUWVFKDIW /RNDOUHIHUDW)UHLEHUJ LQ&KLOH*)=3RWVGDPXQGYLHOHVPHKU -DKUJDQJ ZZZJHRRHNRORJLHGH 'H]HPEHU Inhalt Inhalt Schwerpunkt: Citizen Science Einführung: Citizen Science Von Susanne Hecker und Aletta Bonn 6 BürGEr schaffen WISSen – Wissen schafft Bürger (GEWISS): Entwicklung von Citizen Science-Kapazitäten in D. 8 Von David Ziegler, Lisa Pettibone, Susanne Hecker, Wiebke Rettberg, Anett Richter, Laura Tydecks, Aletta Bonn und Katrin Vohland Tagfalter-Monitoring Deutschland – Ehrenamt für die Wissenschaft Von Elisabeth Kühn, Martin Musche, Reinart Feldmann, Alexander Harpke, Martin Wiemers, Norbert Hirneisen, Oliver Schweiger und Josef Settele 12 Der „Mückenatlas”: Passives Stechmücken-Monitoring unter Beteiligung der Öffentlichkeit Von Doreen Werner und Helge Kampen 17 Ein unkonventioneller Blick auf das Thema Citizen Science: MaxCine als Ort für Impulse und Austausch Von Babette Eid 21 Citizen Science und Vereine – Potenziale der Zusammenarbeit Von Severin Goerss 25 VGöD-Intern Kurzmitteilungen 2 GeoökologInnen erzählen 3 Steuerbescheinigung 5 Geoökologie Umweltnaturwissenschaftliche Studiengänge: Masterstudiengang „Umweltplanung / Environmental Planning“ an der Technischen Universität Berlin 29 Kurzmitteilungen 29 Neues aus Forschung und Praxis Multiple Umweltauswirkungen der kommerziellen Plantagenwirtschaft in Zentralchile 30 Was, wenn wenig Wind weht? Forschung an Luftströmung und Ausbreitung in Schwachwindsituationen 35 Sonstige Rubriken Editorial 1 Mitglied werden 38 Forschungseinrichtungen: Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ) 39 Rezension 39 Termine 41 Impressum 43 Vorschau 44 Editorial Editorial WissenschaftlerInnen und BürgerInnen verstanden; eine Zusammenarbeit, die von der Datenerhebung durch die BürgerInnen bis hin zur Entwicklung gemeinsamer wissenschaftlicher Studien reichen kann. Im Bereich der Vogelbeobachtung hat die Citizen Science beispielsweise schon eine lange Tradition und seit vielen Jahren werden Vogelbeobachtungen auf Internetplatformen wie dem eBird-Projekt der Cornell University eingetragen. Hier entsteht eine Datenmenge, die durch traditionelle wissenschaftliche Methoden nicht mit dieser hohen räumlichen und zeitlichen Auflösung erreicht worden wäre. L iebe Leserinnen und Leser, immer mehr Bürgerinnen und Bürger engagieren sich ehrenamtlich im Bereich der Wissenschaft. Sie arbeiten zwar nicht beruflich als WissenschaftlerInnen, aber dennoch tragen sie wesentlich zur Umweltbeobachtung sowie Datenaufnahme bei und helfen dabei, Wissenschaft in die Gesellschaft zu integrieren. So werden sie selbst zu sogenannten Bürgerwissenschaftlern, auch Citizen Scientists genannt. Unter Citizen Science wird die enge Zusammenarbeit zwischen FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 In dem Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe werden euch eine Reihe spannender Citizen Science Projekte vorgestellt, die unter anderem die weitreichende Anwendbarkeit des Ansatzes verdeutlichen: Von Mückeneinsendungen zur Erstellung eines deutschlandweiten Mückenatlas über Schmetterlingzählungen bis hin zu Zugvögelbeobachtungen in Verbindung mit umweltpädagogischen Methoden. Zudem beschreibt ein Beitrag ein Projekt, dessen übergreifendes Ziel es ist, die Kapazitäten für die Zusammenarbeit von ehrenamtlichen und institutionellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu för- dern und neue Formen von Citizen Science zu entwickeln. Ein weiterer Artikel wirft einen kritischen Blick auf Bürgerwissenschaft im Rahmen von ehrenamtlicher Vereinsarbeit. Außerdem erwartet euch in der Rubrik Neues aus Forschung und Praxis ein Beitrag über die Erforschungen von Luftströmungen bei Schwachwindsituationen sowie ein Bericht aus Chile über die Umweltauswirkungen kommerzieller Plantagenwirtschaft. Viele von euch haben auch an der diesjährigen Jahrestagung des VGöD in Potsdam teilgenommen, die mit fast 100 Teilnehmenden und vielen interessanten und ausgebuchten Workshops sowie Exkursionen ein großer Erfolg war. In unserer nächsten Ausgabe des FORUMS (1/2015) werden wir im Detail über die Vorträge und Seminare berichten. Nun wünsche ich euch, im Namen der gesamten Forumsredaktion, schöne und geruhsame Weihnachtstage, das Allerbeste für das Neue Jahr – und viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe! Eure Silja Hund 1 VGöD-Intern Kurzmitteilungen aus dem VGöD Gruppencoaching Ab 2015 können wir dir ein GruppenCoaching anbieten. Coaching ist ein Weg zur Weiterentwicklung der eigenen beruflichen Ziele mit professioneller Unterstützung. Wir haben Angebote von Coaches in Berlin und Tübingen, die Gruppen zwischen 6 und 12 Teilnehmenden für zwei Tage begleiten würden. Die Kosten pro Gruppe liegen bei rund 2400 €. Davon sponsern wir 25 Prozent! Doch zuerst wollen wir wissen: Willst du ein Coaching wahrnehmen? Wenn ja, wo – in Berlin oder Tübingen? Wenn ja, wozu – was sind Deine thematischen Prioritäten? Schreib uns (vgoed(at)geooekologie.de). Wir sammeln Eure Wünsche und organisieren das Coaching, sobald es genügend InteressentInnen gibt. Euer Vorstand men mit Wolfram Canzler Ansprechpartner für die GeoökologieStudierenden. Die Lokalreferate des VGöD stellen die Verbindung zwischen den Studienstandorten und dem Verband her, machen vor Ort die Angebote des VGöD bekannt und organisieren selbst Veranstaltungen. In der nächsten FORUM-Ausgabe wird sich Arno euch persönlich vorstellen. LaD Werde LokalreferentIn in Bayreuth Das Lokalreferat Bayreuth ist derzeit unbesetzt. Deshalb suchen wir dich! Hast du Lust, folgende Aufgaben zu übernehmen? • AnsprechpartnerIn für die Geoökologie-Studierenden in Bayreuth sein • Veranstaltungen am Studienstandort anregen und koordinieren, z.B. zu den Themen Praktikum, Berufseinstieg oder Arbeitswelt • Angebote und Veranstaltungen des VGöD vor Ort bekannt machen Verstärkung im Lokalreferat Freiberg Am Studienstandort Freiberg hat das Lokalreferat Unterstützung bekommen. Seit Anfang November ist der neue Lokalreferent Arno Buchholz zusam- 2 • Als LokalreferentIn bekommst du einen breiten Einblick in die Tätigkeiten des VGöD, wirst in diese eingebunden und kannst dir ein breites Netzwerk zu Studierenden, Lehrenden, Forschenden und Berufstätigen aus der Praxis aufbauen. Es lohnt sich! LaD Bei Interesse und Nachfragen bitte melden bei Stephan Mummert: stephan.mummert(at)geooekologie.de Jahresübersicht Liebe FORUM-Leserschaft, wir möchten euch in dieser Ausgabe darüber informieren, dass es aus Kosten- und Kapazitätsgründen ab diesem Jahr keine gesamte Jahresübersicht mehr als Beihefter in der Jahresendausgabe geben wird. Einen Überblick über alle bisherigen Schwerpunktthemen findet ihr wie gehabt auf der Internetseite des VGöD www.geooekologie.de unter FORUM >Ausgaben. LaD Kontakt zur Redaktion des FORUMs halten und ggf. Beiträge verfassen FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 VGöD-Intern GeoökologInnen erzählen Luise Neumann-Cosel In dieser Ausgabe berichtet Luise Neumann-Cosel anhand von 13 vorgegebenen Fragen von ihren Erfahrungen aus Studium und Beruf. In diesem Zusammenhang möchten wir auch auf die Rubrik „Geoökologie im Beruf“ auf der Homepage www.geooekologie.de hinweisen, in der unterschiedliche Berufsbilder vorgestellt werden. Warum haben Sie sich für das Studium der Geoökologie entschieden? I ch war auf der Suche nach einem Studium, mit dem ich ökologische Zusammenhänge auf großer Skala besser verstehen lernen kann. In der Schule haben mir die Naturwissenschaften immer schon Spaß gemacht. Da war Geoökologie naheliegend. Alternativ hätte ich auch die Möglichkeit gehabt, Meteorologie zu studieren. Aber der stärker angewandte Fokus der Geoökologie hat mir mehr zugesagt und am Ende den Ausschlag gegeben. Wo und mit welchem Schwerpunkt haben Sie studiert? An der Universität Potsdam; meine Schwerpunkte waren Bodenkunde und Modellierung & Datenanalyse. Gab es etwas, das Sie während des Studiums gestört hat und das Sie gerne geändert hätten? Was haben Sie hingegen als besonders positiv empfunden? Gestört haben mich die altbackenen Veranstaltungen, die es wohl überall gibt: Unleserliche Overhead-Folien und uralte Vorträge. Auch die schlecht vorbereiteten Seminare, die nur aus Pflichtvorträgen der Studierenden bestanden und in denen es weder Debatte noch einen Lerneffekt gab, waren ziemlich ermüdend. Positiv war die nahe Anbindung des Studiums an die ForFORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 schungsinstitute in Potsdam und darüber hinaus. Und die großartigen Möglichkeiten, Studienarbeiten und Feldpraktika im Ausland zu absolvieren. Das hat mir nicht nur viel wertvolles Wissen vermittelt, sondern auch viele Türen in den Bereich der Forschung geöffnet. Zu welchem Thema haben Sie Ihre Abschlussarbeit verfasst? Zur Dynamik von Bodenkohlenstoff unter verschiedenen Formen der Landnutzung in den Tropen. Wie war der Berufseinstieg für Sie und in welchem Bereich haben Sie als erstes nach dem Studium gearbeitet? Mein Berufseinstieg fand eigentlich schon während des Studiums statt. Ich habe bereits parallel zu Abschlussarbeit und -prüfungen Teilzeit gearbeitet. Allerdings nicht im typischen Feld der Geoökologie, sondern bei einer NGO im Energiebereich. Was machen Sie heute beruflich? Ich leite eine Energiegenossenschaft. Von den Studieninhalten der Geoökologie bin ich in meiner täglichen Arbeit also leider ziemlich weit entfernt, was ich ab und zu auch bedauere, aber... Welche Inhalte / Erfahrungen des Studiums helfen Ihnen auch heute noch im beruflichen Alltag? … viele Erfahrungen aus der Uni brauche ich trotzdem jeden Tag in meinem Job: Angefangen schon beim Handwerkszeug (wie z.B. die vernünftige Bedienung von MS Excel...) und der Organisation von Arbeit mit vielen Menschen. Auch die Sprachkenntnisse, die ich während meines Studiums erworben habe, helfen mir weiter. Was aber letztlich fast das Wichtigste war: Während des Studiums habe ich nicht nur viele inspirierende Menschen und Arbeitsfelder kennengelernt, sondern hatte auch die Gelegenheit und die Zeit, mich umzuschauen und auszuprobieren, um schließlich eine Idee zu bekommen, was, wo und wie ich arbeiten möchte. Aus heutiger Sicht: Welche zusätzlichen Studieninhalte / Kompetenzen hätten Ihnen für Ihre jetzige Position geholfen? Juristische und (betriebs-) wirtschaftliche Grundlagen. Dass ich die im Studium nicht bekommen habe, lag aber eher an meiner Studienwahl als am Aufbau des Studiengangs der Geoökologie. Welche anderen beruflichen Stationen waren für Sie von besonderer Bedeutung und warum? Mein Einstieg im NGO-Bereich war meine wichtigste Station: Hier habe ich nicht nur jede Menge wertvolle Kontakte gewonnen und unheimlich viel praktisches Wissen und Erfahrungen sammeln können. Vor allem habe ich hier auch das Gefühl gehabt, einer wirklich 3 VGöD-Intern sinnvollen und notwendigen Tätigkeit nachgehen zu können, die mir liegt. Falls Sie promiviert haben, würden Sie es wieder tun? Bzw. falls Sie nicht promoviert haben, haben Sie es jemals bereut? Ich habe nicht promoviert. Gelegentlich überlege ich, ob mir dadurch etwas fehlt. Ich glaube aber, dass mir das Arbeiten an einer Dissertation momentan nicht weiterhelfen würde. Zumindest im Moment treibt mich eher die Arbeit an konkreteren, brennenden Fragestellungen im politischen und energiewirtschaftlichen Umfeld mit schneller sichtbaren Ergebnissen an. Aber vielleicht ändert sich das ja auch nochmal... 4 Was sind Ihrer Meinung nach relevante Themen, mit denen sich GeoökologInnen heute beschäftigen sollten? Für mich war der globale Wandel – vor allem im Hinblick auf Klima- und Landnutzungswandel – immer die drängendste Problematik. Das halte ich nach wie vor für eine der zentralsten Fragen, mit denen sich GeoökologInnen beschäftigen sollten. schauen – und dann hinterher gar nicht wissen, was man mit sich anfangen will. Was möchten Sie heutigen Lehrenden empfehlen? Mein Gefühl war oft, dass die Lehrenden uns Studierende tendenziell eher unter- als überschätzt haben. Dann wird es im Kurs schnell langweilig. Welchen Ratschlag möchten Sie heutigen Studierenden mit auf den Weg geben? Lasst euch Zeit mit dem Studium! Nutzt die Zeit, um euch umzugucken, nicht nur an der Uni. Und nehmt alles mit, was geht! Lieber nochmal ein Semester dranhängen und ein bisschen in ein paar „fachfremde“ Kurse reinschnuppern, Sprachkurse belegen oder Praktika machen, als streng nach Fahrplan studieren, ohne nach rechts und links zu Luise Neumann-Cosel Kontakt: info(at)buerger-energie-berlin.de FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 VGöD-Intern FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 5 Schwerpunkt Citizen Science Von Susanne Hecker und Aletta Bonn, Leipzig B ürgerinnen und Bürger in wissenschaftliche Arbeit einzubeziehen, ist kein neuer Ansatz und über den gesamten Globus verbreitet. Er erfährt derzeit unter dem Begriff Citizen Science besondere Beachtung. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diskutieren durchaus kontrovers die Potenziale und Hindernisse des Ansatzes, die Forschungspolitik lotet die Bedeutung dieser Kooperationsformen aus und die Medien gestalten und begleiten kritisch den Dialog zwischen Wissenschaft und Bürgerschaft. International tritt Citizen Science aus dem Stadium eines ProjektAnsatzes in die Phase der Vernetzung und Institutionalisierung ein: In Europa gründet sich im Frühjahr 2014 die European Citizen Science Association (ECSA, http://ecsa.biodiv.naturkundemuseum-berlin.de), mit Sitz in Berlin, in Australien schließen sich im selben Jahr Praktiker und Wissenschaftler zum Citizen Science Network Australia (CSNA, http://csna.gaiaresources.com.au/wordpress) zusammen, und in den USA lädt die Citizen Science Association (CSA, http://citizenscienceassociation.org) zu ihrer offiziellen Eröffnungskonferenz im Februar 2015 ein. Auch in Deutschland gibt es zahlreiche Citizen Science-Projekte zu verschiedenen Themen und mit unterschiedlichen Methoden. Das Potenzial ist beachtlich. Dies gilt zum einen für das Bedürfnis nach Beteiligung von Seiten der Bürgerinnen und Bürger, wie zuletzt das Wissenschaftsbarometer 2014 von Wissenschaft im Dialog (www.wissenschaftsbarometer.de) belegt, wonach sich ein Drittel aller Bürgerinnen und Bürger gerne in wissenschaftlichen Projekten engagieren würden. Zum anderen gilt es für die Erkenntnis auf wissenschaftlicher und wissenschaftspolitischer Ebene, dass Bürgerinnen und Bürger früher und intensiver insbesondere in die Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschung eingebunden werden müssen, um sowohl mehr Wissensdomänen zu integrieren, als auch die Akzeptanz und Umsetzung der Forschungsergebnisse zu erhöhen. Ähnliche Stellung bezieht das neue Global Change Programm „Future 6 Earth“ (www.icsu.org/future-earth/who) und das EU-Programm Horizon 2020 (http://ec.europa.eu/programmes/horizon2020), in dem es neben technischen auch um soziale Innovationen geht sowie um Werte und Vorstellungen im Rahmen der Entwicklung nachhaltiger Pfade. Wer hofft, mit dem Suchbegriff Citizen Science eine eindeutige Antwort zu finden, wird enttäuscht werden. Citizen Science ist vielmehr ein Forschungsansatz als eine festgelegte Methode. Für die Lektüre dieser FORUM-Ausgabe möchten wir dennoch eine Orientierung geben, basierend auf der Arbeitsdefinition des GEWISS Konsortiums (siehe Ziegler et al., dieses Heft): Unter Bürgerwissenschaft oder Citizen Science verstehen wir Aktivitäten von Bürgerinnen und Bürgern, die aktiv zur Vermehrung von wissenschaftlicher Erkenntnis beitragen. Dies geschieht in Kooperation mit etablierten wissenschaftlichen Einrichtungen und umfasst Aktivitäten unter Einbeziehung einer breiten Öffentlichkeit bis hin zu gezielter Zusammenarbeit mit spezifischen Interessensgruppen. Ziele von Citizen Science können sein: • Aktive Partizipation von Bürgerinnen und Bürgern in wissenschaftlichen Prozessen, vom erhöhten Potenzial zur Datenaufnahme und -aufbereitung bis zur aktiven Beteiligung bei der Konzeption und dem Design von Forschungsstudien • Steigerung des Verständnisses, der Akzeptanz sowie der Mitsprachemöglichkeiten und Umsetzungspotenziale für Forschung in der Gesellschaft • Stärkung der Wissenschaft durch Nutzung von in der Bevölkerung vorhandenem Wissen und Kapazitäten und Einbringen von neuen Sichtweisen, Informationen und Erkenntnissen sowie neuen Partnerschaften FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Schwerpunkt Citizen Science stellt eine wichtige Bereicherung für Wissenschaft und Gesellschaft dar – die Potenziale, Grenzen und Chancen dieser Kooperationsform sollten weiter im Dialog ausgelotet werden. Die Beiträge in dieser Ausgabe des FORUMs der Geoökologie wollen dafür einen Beitrag leisten: BürGEr schaffen WISSen – Wissen schafft Bürger (GEWISS): Entwicklung von Citizen Science Kapazitäten in Deutschland Citizen Science und Vereine – Potenziale der Zusammenarbeit Severin Goerss zeigt in seinem Beitrag das enorme Potenzial der Zusammenarbeit von Vereinen und einem Citizen Science Ansatz auf – legt den Finger aber auch auf die kritischen Punkte des Zugangs zueinander und die Kommunikation untereinander, die besondere Aufmerksamkeit verlangen. Elisabeth Kühn und ihr Team präsentieren die Erkenntnisse eines bereits seit zehn Jahren erfolgreichen Projekts zum Tagfalter-Monitoring in Deutschland. Der „Mückenatlas” – Passives Stechmücken-Monitoring unter Beteiligung der Öffentlichkeit Doreen Werner und Helge Kampen berichten über den wissenschaftlichen Wert des seit 2012 aktiven Projekts Mückenatlas, bei dem Bürgerinnen und Bürger Stechmücken einsenden. Ein unkonventioneller Blick auf das Thema Citizen Science – MaxCine als Ort für Impulse und Austausch iDiv | UFZ | FSU Jena Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-JenaLeipzig | Helmholtz Zentrum für Umweltforschung – UFZ | FriedrichSchiller-Universität Jena Deutscher Platz 5a Das Team von GEWISS fördert den Ausbau von Kapazitäten zu Citizen Science in Deutschland und diskutiert dafür mit den unterschiedlichsten Akteuren in Dialogforen für die Citizen Science Strategie 2020 für Deutschland. Tagfalter-Monitoring Deutschland – Ehrenamt für die Wissenschaft Prof. Dr. Aletta Bonn D-04103 Leipzig Susanne Hecker (M.A.) iDiv| UFZ Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-JenaLeipzig | Helmholtz Zentrum für Umweltforschung – UFZ Deutscher Platz 5a D-04103 Leipzig E-Mail: susanne.hecker(at)idiv.de Susanne Hecker studierte Germanistik und Romanistik an der Freien Universität Berlin und der Sorbonne Nouvelle in Paris. Nach ihrem Studium arbeitete sie mehrere Jahre national und international im Bereich Kommunikation und Redaktion, bevor sie 2010 die Wissenschaftskommunikation eines Instituts der Leibniz-Gemeinschaft übernahm. Aletta Bonn studierte Biologie an der Freien Universität Berlin, University of Bangor und TU Braunschweig. Mit langjähriger Erfahrung in der Naturschutzforschung und dem Forschungsmanagement hat sie an der University of Sheffield, im Peak District Nationalpark und für IUCN UK (International Union for the Conservation of Nature) in Großbritannien sowie an der Freien Universität Berlin und dem UFZ gearbeitet. Sie erhielt einen Ruf auf die Professur „Ecosystem Services" am iDiv HalleJena-Leipzig, eine gemeinsame Berufung der Friedrich-Schiller-Universität Jena und dem UFZ in Leipzig. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Ökosystemleistungen und partizipativer Naturschutz an der science-policysociety Schnittstelle. Seit 2014 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am iDiv Halle-Jena-Leipzig | UFZ Leipzig. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Citizen Science, internationale Forschungssysteme und Wissenschaftskommunikation. Babette Eid wirft einen unkonventionellen Blick auf Citizen Science als Leiterin des Zentrums für Kommunikation und Austausch des Max Planck Instituts für Ornithologie. Sie knüpft die Verbindung zwischen Bürgerbeteiligung und Pädagogik und plädiert für die Überwindung von Fachgebieten und Expertentümelei. FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 7 Schwerpunkt BürGEr schaffen WISSen – Wissen schafft Bürger (GEWISS) Entwicklung von Citizen Science-Kapazitäten in Deutschland Von David Ziegler, Lisa Pettibone, Susanne Hecker, Wiebke Rettberg, Anett Richter, Laura Tydecks, Aletta Bonn und Katrin Vohland E hrenamtliches Engagement für die Wissenschaft hat Tradition, man denke nur an die langjährige Zusammenarbeit von naturforschenden oder historischen Vereinen mit Universitäten und Forschungsmuseen. Die Aktivitäten sind vielfältig und heterogen: sie reichen von der Erforschung der Insektenwelt über die Erschließung, Digitalisierung und Auswertung geschichtlicher oder kunsthistorischer Quellen bis hin zur Entdeckung neuer Galaxien in den Tiefen des Universums. Das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern für die Beantwortung wissenschaftlicher Fragestellungen boomt derzeit unter dem Begriff Citizen Science – zu Deutsch Bürgerwissenschaften – und erfährt verstärkt politische und mediale Aufmerksamkeit (Tweddle et al 2012; Bonney et al 2009). Die damit verbundenen Chancen und Möglichkeiten sind mannigfaltig und erstrecken sich von der Gewinnung großer Datenmengen bis hin zu einer breiteren Partizipation an der Lösung gesellschaftlich relevanter Probleme (Devictor et al 2010; Dickinson et al 2012). Doch bei allen Optionen gilt es auch, zahlreiche Herausforderungen zu meistern. Allein die Beantwortung der Frage nach dem aktuellen Stand der Bürgerwissenschaften in Deutschland wird nämlich durch ihre eingangs beschriebene Vielfalt und Heterogenität – gleichzeitig auch eine der großen Stärken des Konzepts – zu einer anspruchsvollen und wichtigen Aufgabe. Entsprechend besteht der Bedarf nach einer wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Präzisierung, welche Funktionen und Ziele Citizen Science erfüllen soll und kann. Diese Analyse kann sinnvoll nur an der Schnittstelle von Gesellschaft, Wissenschaft und Politik geschehen, um in einem größeren Kontext und unter Einbeziehung aller Interessengruppen neue Kapazitäten zu schaffen. Um die bestehenden Herausforderungen anzugehen, einen umfassenden Kenntnisstand zu erarbeiten und die Potenziale der Bürgerwissenschaften im Dialog mit allen Beteiligten zu erfassen, wurde das Projekt BürGEr schaffen WISSen – Wissen schafft Bürger (GEWISS) ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um ein Konsortium aus Einrichtungen der Leibniz- und Helmholtz-Gemeinschaft und ihren universitären und Abbildung 1: Think-Tank-Workshop Citizen Science, 08.07.2014 Kalkscheune Berlin (Foto: Hwa Ja Götz 2014). 8 FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Schwerpunkt außeruniversitären Partnern, welches vom Bundesministerium für Bildung und Forschung für zwei Jahre mit finanziellen Mitteln ausgestattet ist. GEWISS verfolgt das übergreifende Ziel, die Kapazitäten für die Zusammenarbeit von ehrenamtlichen und institutionellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu fördern und neue Formen von Citizen Science zu entwickeln. Gleichzeitig sollen so Verständnis, Akzeptanz, Mitsprachemöglichkeiten und Umsetzungspotenziale für Forschung in der Gesellschaft gesteigert werden (Vohland et al 2013). Die Aktivitäten des GEWISSKonsortiums zur Erreichung dieser Ziele sind unter anderem: • die Online-Plattform www.buergerschaffenwissen.de zur Präsentation und Vernetzung von Citizen Science-Projekten in Deutschland, • interaktive Dialogforen zur Erfassung bestehender praktischer Aktivitäten und zum Erfahrungsaustausch zwischen Bürgerinnen, Bür- gern und Forschenden sowie die Entwicklung eines Leitfadens für Citizen Science-Projekte auf dieser Grundlage, • die wissenschaftlich-konzeptionelle Auswertung vorhandener Kapazitäten und • die Entwicklung technischer und organisatorischer Ressourcen für die weitere Verbreitung des Citizen Science-Ansatzes (zum Beispiel Trainings-Workshops, Schulungsmaterialien, Filme und entsprechende Downloads für die OnlinePlattform). In einem Konsultationsprozess mit den beteiligten Anspruchsgruppen soll bis Anfang 2016 die Citizen ScienceStrategie 2020 für Deutschland entwickelt werden, die die Essenz dieser Prozesse und Projekte zusammenfasst und die Forschungspolitik hinsichtlich der Möglichkeiten einer nachhaltigen Förderung der Bürgerwissenschaften in Deutschland informiert. Im Folgenden werden die skizzierten Aktivitäten nä- her vorgestellt. Bürger schaffen Wissen – online Die Online-Plattform www.buergerschaffenwissen.de präsentiert und vernetzt Citizen Science-Aktivitäten in Deutschland, um bestehende Ansätze der Bürgerwissenschaften vorzustellen und den Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren zu erleichtern. Die dargestellten Projekte, welche sowohl von institutionellen, als auch von ehrenamtlichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern initiiert wurden, informieren über ihre jeweiligen Ziele, Forschungsfragen und Beteiligungsmöglichkeiten. Interessierte können über eine Suchmaske, in die sie inhaltliche Interessen, bevorzugte Tätigkeiten oder regionale Verortung eingeben, das für sie passende Projekt finden. Weitere Recherchemöglichkeiten, beispielsweise in Bezug auf den Umgang mit Daten, das Angebot von Weiterbildungsmaßnahmen oder den ökonomischen Auf- Abbildung 2: Auftaktveranstaltung der Dialogforen Citizen Science, 17.-18.09.2014 KUBUS Leipzig (Foto: Florian Pappert 2014). FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 9 Schwerpunkt wand, werden gegenwärtig entwickelt. Die Plattform fungiert zudem als zentrales Kommunikationsinstrument für das GEWISS-Konsortium: sämtliche Berichte, Arbeitspapiere und Veranstaltungen werden hier veröffentlicht. Kommunikation und Kontakt mit den unterschiedlichen Stakeholdern werden durch zeitgemäße Social MediaAktivitäten wie Newsletter, Diskussionsforum, Facebook-Seite und TwitterFeed sichergestellt. Buergerschaffenwissen.de wird gemeinsam vom Museum für Naturkunde Berlin (MfN) und der gemeinnützigen GmbH Wissenschaft im Dialog (WiD) technisch und redaktionell betreut und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie dem Stifterverband der Deutschen Wissenschaft gefördert. Seit ihrem Online-Gang im Mai 2014 erfreut sich die Plattform großer Resonanz; inzwischen präsentieren über 30 Citizen Science-Projekte hier ihre Arbeit, während weitere Anfragen kontinuierlich in der Webredaktion eingehen. Das Betätigungsfeld der präsentierten Projekte ist breit aufgestellt: Neben Aktivitäten der klassischen Naturforschung, wie beispielsweise dem Tagfalter-Monitoring-Deutschland, dem Mückenatlas oder interaktiven Karten zur Verbreitung von Igeln und Wildschweinen in der städtischen Umgebung finden sich Projekte, die die Erforschung von historischen Gemälden oder Textquellen durch Digitalisierung, Erfassung in Computerdatenbanken und innovative Auswertungsmethoden unterstützen. Die Vielfalt der beteiligten Disziplinen zeigt, dass Citizen Science für verschiedenste Wissenschaftsbereiche von Interesse sein kann. Fast die Hälfte der Projekte sind dabei in Eigeninitiative ehrenamtlicher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entstanden und werden oft aus Eigenmitteln der beteiligten Vereine oder von Privatpersonen finanziert, was sowohl Chance als auch Risiko sein kann. An dieser Stelle sind alle Bürgerwissenschafts-Projekte herzlich eingeladen, sich ebenfalls auf der Webplattform vorzustellen. Bitte nehmen Sie Kontakt 10 Abbildung 3: Interaktive Diskussionen auf der Auftaktveranstaltung der Dialogforen Citizen Science, 17.-18.09.14 KUBUS Leipzig, (Foto: Florian Pappert 2014). mit uns auf, wir unterstützen Sie gerne bei der Erstellung einer Präsenz auf unserer Homepage: info(at)buergerschaffenwissen.de Erste Einsichten aus den Dialogforen Als erste Veranstaltung wurde ein Think Tank-Workshop am 08. Juli 2014 organisiert (Abb. 1), im Rahmen dessen die 120 Teilnehmenden, darunter hochranginge Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft, strategische Fragen der Bürgerwissenschaften intensiv diskutierten. Wichtige Erkenntnisse waren zum einen, dass Citizen Science anschlussfähig an eine Reihe von etablierten Netzwerken und Organisationen – wie beispielsweise Wissenschaftsläden oder wissenschaftliche Fachgesellschaften – ist und eine Vernetzung die Entwicklung von Synergien unterstützt. Zum anderen wurde festgestellt, dass es großen Bedarf an der Klärung offener Fragen und der Weiterentwicklung von Konzepten gibt, beispielsweise im Hinblick auf die Qualität von oder die Rechte an Daten und Ideen. Die Auftaktveranstaltung der Dialogforen Citizen Science wurde am 17. und 18. September 2014 durchgeführt (Abb. 2) und widmete sich stärker vertieften inhaltlichen Fragen und den Anforde- rungen und Ansprüchen der Bürgerwissenschaftsprojekte. Zwischen den vertretenen 130 Akteurinnen und Akteuren, darunter Initiatoren der unterschiedlichsten Projekte, kam es zu inspirierenden und konstruktiven Gesprächen (Abb. 3). Für das Jahr 2015 sind sechs weitere Dialogforen zu inhaltlichen Schwerpunkten der Bürgerwissenschaften geplant, unter anderem zu den Themen Umweltbildung, Ehrenamt und Datenerhebung im Naturschutz, der Rolle von Verbänden, Finanzierung und Wissenschaftsförderstrukturen sowie Datenqualitätssicherung. Die Erkenntnisse werden dann in einem Handlungsleitfaden mit Good-Practice-Beispielen zusammengeführt, der die Konzeption und Durchführung von Bürgerwissenschaftsprojekten unterstützen soll. Das Bausteinprogramm zur Förderung von Citizen Science-Kapazitäten beinhaltet außerdem Trainingsworkshops für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Grundidee ist dabei, Kapazitäten zu entwickeln, sodass Projekte in einer hohen Qualität – sowohl in Bezug auf die wissenschaftlichen Standards, als auch die Kommunikation zwischen den Beteiligten – durchgeführt werden können. Citizen Science-Strategie 2020 Übergreifendes Ziel der Aktivitäten ist die Erarbeitung einer Citizen ScienceFORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Schwerpunkt Strategie 2020 für Deutschland. Dafür sollen Möglichkeiten und Potenziale von Citizen Science definiert sowie konkrete Ziele und Handlungsempfehlungen für die Förderung der Bürgerwissenschaften formuliert werden. Um zu gewährleisten, dass die Beiträge aller Anspruchsgruppen berücksichtigt werden, wird dazu vom GEWISSKonsortium ein moderierter Konsultationsprozess durchgeführt. Folgende Themenkomplexe zeichnen sich für die Strategie ab: • • Die wissenschaftliche Verankerung von Citizen Science: Welches sind erfolgversprechende Einsatzgebiete, wo liegen aber auch die Grenzen des Konzepts? Wie können wissenschaftliche Gütekriterien an Datenqualität und Validierung eingehalten werden, sodass die Ergebnisse von Citizen ScienceProjekten in wissenschaftliche Analysen einfließen können? Wie kann sichergestellt werden, dass Forschenden, die im Bereich Citizen Science arbeiten wollen, alle Optionen einer wissenschaftlichen Karriere offen stehen? Die gesellschaftliche Einbettung der Bürgerwissenschaften: Wie können ehrenamtliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihren Aktivitäten am besten unterstützt werden? Wo entstehen Synergien in der Zusammenarbeit mit der institutionellen Forschung? Welche Finanzierungsmöglichkeiten bestehen für Projekte, die nur begrenzte Ressourcen für eine Beantragung von Forschungsförderung zur Verfügung haben? Wie kann eine wissenschaftliche und gesellschaftliche Anerkennung des Engagements sichergestellt werden? Konsortiums, das Konzept der Bürgerwissenschaften durch Vernetzung der Stakeholder und Verbreitung von Good-Practice-Beispielen, eine wissenschaftliche Bedarfsanalyse sowie die gemeinsame strategische Erarbeitung eines Leitfadens und der Citizen Science-Strategie 2020 für Deutschland zu unterstützen. Danksagung Dies ist eine gemeinsame Publikation des Konsortiums „BürGEr schaffen WISSen – Wissen schafft Bürger“ des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), des Berlin-Brandenburgischen Instituts für Biodiversitätsforschung (BBIB), des Leibniz-Forschungsverbundes Biodiversität (LVB) und Wissenschaft im Dialog (WiD), gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Die Online Plattform www.buergerschaffenwissen.de erhält zusätzlich Förderung vom Stifterverband der Deutschen Wissenschaft. Literatur Bonney, R., Cooper, C. B., Dickinson, J., Kelling, S., Phillips, T., Rosenberg, K. V., & Shirk, J. (2009): Citizen Science: A Developing Tool for Expanding Sci- ence Knowledge and Scientific Literacy. Bioscience 59:977-984. Devictor, V., Whittaker, R.J. & Beltrame, C. (2010): Beyond scarcity: citizen science programmes as useful tools for conservation biogeography. Diversity and Distributions 16:354-362. Dickinson, J. L., Shirk, J., Bonter, D., Bonney, R., Crain, R. L., Martin, J., Phillips, T.& Purcell, K. (2012): The current state of citizen science as a tool for ecological research and public engagement. Frontiers in Ecology and the Environment 10:291-297. Haug, K. W. (2014): Jahre im Feld ohne Anerkennung. Wissenschaftsmanagement 20:24-26. Löwer, C. (2012): Sind Sie auch schon Forscher? P.M. Magazin. Available online: www.pm-magazin.de/r/ technik/sind-sie-auch-schon-forscher Shirk, J. L., Ballard, H. L., Wilderman, C. C., Phillips, T., Wiggins, A., & Jordan, R. (2012): Public participation in scientific research: a framework for deliberate design. Ecology and Society, 17(2):29. Tuttle, K. (2014): Citizen scientists discover hidden galaxies at record speed. Symmetry: Dimensions of Particle Physics. Januar. Available online: www.symmetrymagazine.org/article/ja nuary-2014/citizen-scientists-discoverhidden-galaxies-at-record-speed Tweddle, J.C., Robinson, L.D., Pocock, M.J.O. & Roy, H.E (2012): Guide to citizen science: developing, implement- Fazit Der Citizen Science-Ansatz bietet große Potenziale für die wissenschaftliche Forschung und erfüllt eine gesellschaftlich relevante Aufgabe in einer Wissensgesellschaft und Demokratie. Entsprechend ist es das Ziel des GEWISSFORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Das GEWISS-Team, v.l.n.r.: Wiebke Rettberg (Wissenschaft im Dialog), Susanne Hecker, Aletta Bonn (Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung, iDiv Halle-JenaLeipzig), David Ziegler, Katrin Vohland (Museum für Naturkunde Berlin, MfN), Anett Richter (iDiv), Lisa Pettibone (MfN), (Foto: Hwa Ja Götz 2014). 11 Schwerpunkt ing and evaluating citizen science to study biodiversity and the environment in the UK. Natural History Museum and NERC Centre for Ecology & Hydrology for UK-EOF. Available online: www.ukeof.org.uk Vohland, K., Knapp, M., Patzschke, E., Premke-Kraus, M., Zschiesche, M., Zimmer, R., Freitag, J., Herlitzius, L., Kaufmann, G. & Vogel, J. (2013): Bürgerbeteiligung und internationale Verhandlungen – die World Wide Views on Biodiversity in Deutschland. Naturschutz und Landschaftsplanung 45:148-154. Autorinnen und Autoren BürGEr schaffen WISSen – Wissen schafft Bürger (GEWISS) ist ein Bau- stein-Programm zur Entwicklung von Citizen Science Kapazitäten. Als Konsortiumprojekt wird es von Einrichtungen der Helmholtz- und der LeibnizGemeinschaft mit ihren universitären und außeruniversitären Partnern getragen. Beteiligte Partnereinrichtungen sind das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig mit dem HelmholtzZentrum für Umweltforschung (UFZ) und der Friedrich-Schiller-Universität Jena; sowie das Berlin-Brandenburgische Institut für Biodiversitätsforschung (BBIB) mit den Institutionen Museum für Naturkunde Berlin – Leibniz Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung (MfN), Leibniz- Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) und der Freien Universität Berlin. Projektpartner sind außerdem der LeibnizForschungsverbund Biodiversität (LVB) und Wissenschaft im Dialog (WiD). Korrespondierender Autor: David Ziegler, Webredakteur der Online-Plattform www.buergerschaffenwissen.de Museum für Naturkunde Berlin david.ziegler(at)mfn-berlin.de www.buergerschaffenwissen.de info(at)buergerschaffenwissen.de Tagfalter-Monitoring Deutschland – Ehrenamt für die Wissenschaft Das methodische und regelmäßige Zählen von tagaktiven Schmetterlingen (Tagfalter-Monitoring) hat in Europa Tradition. Bereits seit 1976 wird in Großbritannien eine Falterzählung durchgeführt. Seit 1990 zählen Falterfreunde in den Niederlanden und seit 2005 werden auch in Deutschland jedes Jahr in der Zeit von April bis September Tagfalter erfasst. Von Elisabeth Kühn, Martin Musche, Reinart Feldmann, Alexander Harpke, Martin Wiemers, Norbert Hirneisen, Oliver Schweiger und Josef Settele, Leipzig D as Besondere daran ist, dass die Zählungen von BürgerInnen in ihrer Freizeit durchgeführt und die Daten wissenschaftlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden. In Deutschland hat das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ die Koordination des TagfalterMonitoring Deutschland (TMD) übernommen und hier werden die Daten auch ausgewertet. Warum gerade Schmetterlinge? Schmetterlinge reagieren aufgrund ihrer Lebensweise (kurze Entwicklungszeiten, hohe Reproduktionsraten und teils sehr spezifische Habitatansprüche) 12 schnell auf Umweltveränderungen (Klima- und/oder Landnutzungswandel) und sind daher gute Indikatoren für den Zustand der Umwelt und Biodiversitätsveränderungen. Dank der langjährigen Untersuchungen in verschiedenen europäischen Ländern ist der Wissensstand über die Entwicklung der Bestände von Tagfaltern sowie über die verschiedenen Möglichkeiten der Auswertung von Monitoringdaten zudem sehr gut (zum Beispiel Thomas et al. 2004, van Strien et al. 1997). Fast alle Tagfalterarten sind in Deutschland geschützt und deshalb von hoher Relevanz für den Naturschutz. Darüber hinaus haben Tagfalter nachweislich einen hohen „Mitnahmeeffekt“, das heißt durch den Schutz von Tagfaltern werden auch zahlreiche andere Arten und Artengruppen geschützt (Randle 2009). In Deutschland gibt es etwa 3.700 Schmetterlingsarten, von denen der überwiegende Teil zu den Nachtfaltern gezählt wird. Etwa 150 Arten (ohne die alpinen Spezies) gehören zur Gruppe der Tagfalter und auf diese beschränkt sich das Tagfalter-Monitoring Deutschland. Die Arten dieser Insektengruppe sind mit etwas Übung relativ einfach zu unterscheiden. Man muss also kein Expertenwissen haben, um am Tagfalter-Monitoring teilzunehmen und kann sich auch als AnfängerIn relativ schnell ausreichende Artenkenntnis aneignen. Wenn sie einmal eingearbeitet sind, erfassen viele ZählerInnen zusätzlich FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Schwerpunkt noch Widderchen sowie weitere tagaktive Nachtfalter. Einer der Hauptgründe aber, warum bei der Initiierung eines deutschlandweiten Monitoringprojektes die Auswahl auf die Tagfalter fiel, ist, dass viele Menschen schlichtweg Freude daran haben, sich in der Natur mit einer emotional so positiv belegten Insektengruppe wie den Schmetterlingen zu beschäftigen. Die Methode Damit die Daten wissenschaftlich fundiert ausgewertet und europaweit verglichen werden können, werden die Zählungen nach einem definierten Standard entlang von festgelegten Zählstrecken (= Transekten) durchgeführt. Die Lage und auch die Länge der Zählstrecke suchen sich die Transektzähler- Innen selber aus. Eine Strecke wird in Abschnitte von jeweils 50 Metern unterteilt. Gezählt wird in einem festgelegten Bereich von jeweils 50 Metern Länge und 5 Metern Breite. In diesem Bereich werden alle Tagfalterarten erfasst sowie die Anzahl der Tiere pro Art. Ein Transekt kann aus einem bis zu maximal zehn Abschnitten (= 500 Meter) bestehen. Diese standardisierte Zählung wird optimalerweise in der Zeit von April bis September einmal pro Woche bei geeignetem Wetter (nicht zu kalt, nicht zu windig) durchgeführt. Einzelne Begehungen können ausfallen, aber als Minimum werden zehn Termine pro Saison angesehen. Die ausführliche Anleitung ist nachzulesen in Kühn et al. (2014a). Wie eingangs erwähnt, werden solche Monitorings auch in Großbritannien, den Nie- derlanden und einigen anderen europäischen Ländern nach (fast) der gleichen Methode durchgeführt (van Swaay et al. 2008). Die Daten sind also europaweit vergleichbar. Wo wird gezählt? Eine Übersicht über die Lage der in Deutschland eingerichteten Transektstrecken gibt Abbildung 1. Da sich die Zählenden die Lage ihrer Strecken selber aussuchen, sind die Transekte nicht gleichmäßig über Deutschland verteilt und repräsentieren auch nicht anteilig die verschiedenen Habitattypen der Landesfläche. Größere Lücken gibt es beispielsweise in sehr dünn besiedelten Gebieten wie in MecklenburgVorpommern oder in Bereichen mit intensiver Agrarlandschaft wie in Niedersachsen. Vor allem in den Bereichen, in denen RegionalkoordinatorInnen aktiv sind, existieren viele Zählstrecken, da diese die ZählerInnen der näheren Umgebung motivieren und unterstützen. RegionalkoordinatorInnen sind SchmetterlingsexpertInnen, die das Projekt ehrenamtlich mit ihrem Fachwissen unterstützen, den ZählerInnen bei der Bestimmung von Arten helfen, Exkursionen anbieten oder die regionale Datenkontrolle übernehmen. Zudem gibt es für jedes Bundesland eine ehrenamtliche Landeskoordination, die sich insbesondere mit der Sicherung der Datenqualität beschäftigen. Von den circa 700 Strecken, die seit 2005 angelegt wurden, werden von etwa 400 Strecken pro Jahr Daten an das UFZ geliefert. Dies entspricht etwa 3.000 bis 3.400 Abschnitten mit einer Gesamtlänge von über 15 Kilometern. Pro Jahr werden im Durchschnitt 200.000 Individuen gezählt. Seit 2005 haben 636 TransektzählerInnen in 863.307 Einzelmeldungen insgesamt 2.253.534 Individuen gezählt. Die Ziele Abbildung 1: Verteilung der Transekte im Tagfalter-Monitoring Deutschland (Stand September 2014), Quelle: science4you. FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Ziel des Tagfalter-Monitorings ist es, die großräumige Bestandsentwicklung der Tagfalterpopulationen zu erfassen. Die meisten Transekte liegen nicht in 13 Schwerpunkt Abbildung 2: Populationsentwicklung des Hauhechel-Bläulings (Polyommatus icarus) (Foto: Jutta Luft). Schutzgebieten oder in besonders falterreichen Gebieten, sondern in Laufentfernung vom Wohnort der ZählerInnen. Entsprechend werden auch überwiegend häufige Falterarten dokumentiert. Von den knapp 150 in Deutschland vorkommenden (außeralpinen) Tagfalterarten werden im Rahmen des Tagfalter-Monitoring Deutschland circa 120 Arten erfasst. Einige sehr seltene Arten fehlen in der Erfassung und einige Arten werden aufgrund ihrer Lebensweise seltener gemeldet als sie eigentlich vorkommen. Die im Rahmen des Tagfalter-Monitorings erhobenen Daten stellen für die Wissenschaft einen einmaligen Datensatz dar. Denn nur selten werden Daten zu einer Tiergruppe in einem solchen Umfang und über einen so langen Zeitraum hinweg erhoben. Dieser Arbeitsaufwand ist nur mit der Hilfe von ehrenamtlichen ZählernInnen zu bewältigen. Die Daten bieten eine Vielzahl von Auswertungsmöglichkeiten. So lassen sich langfristige Bestandsentwicklungen analysieren, aus denen die aktuelle Gefährdungssituation der Arten abgeleitet werden kann. Da neben den Tagfaltern auch die Lebensräume (Habitate) in den einzelnen Transektstrecken erfasst werden, sind Habitatmodellierungen auf verschiedenen Skalen möglich. Langfristig können die Tagfalterdaten mit Klima- und Landnutzungsdaten verschnitten werden, um die Ursachen von 14 Veränderungen der Phänologie – also dem Einfluss von Witterung und Klima auf die jahreszeitliche Entwicklung der Pflanzen und Tiere – sowie Verbreitung und Häufigkeit der Arten zu erklären. Solche Analysen bilden eine wichtige Grundlage für Entscheidungsträger in der Planung und Gesetzgebung sowie im Naturschutz und tragen zu einem effektiveren Schutz der Biodiversität bei. Tagfalter als Indikatoren Tagfalter erfüllen eine Reihe wichtiger Kriterien, um als wirkungsvolle Indikatoren für Umweltveränderungen herangezogen werden zu können. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Tagfalter als wechselwarme Organismen mit kurzen Generationszeiten sehr rasch auf Klimaveränderungen reagieren. So wurden beispielsweise Veränderungen der Phänologie (Stefanescu et al. 2003), der Verbreitungsgebiete (Pöyry et al. 2009) und der Populationsdynamik (Oliver et al. 2012) beobachtet, die durch rezente klimatische Veränderungen erklärt werden können. Klimanischenmodelle, bei denen die momentane Verbreitung durch die derzeitigen Klimaverhältnisse erklärt wird, zeigen, dass in Abhängigkeit vom jeweils zugrunde gelegten Klimawandelszenario viele europäische Tagfalterarten große Teile ihres nutzbaren Kli- maraumes verlieren könnten (Settele et al. 2008). Temperaturbedingte Veränderungen von Tagfaltergemeinschaften zeigt der „Community Temperature Index“ (Devictor et al. 2008) an. Dieser Index kann sowohl auf regionaler (Wiemers et al. 2013) als auch auf europäischer Skala (Van Swaay et al. 2010) als Klimawandelindikator verwendet werden. Auch durch Landnutzung verursachte Veränderungen von Landschaft und Habitaten, wie Fragmentierung oder Sukzession, üben einen starken Einfluss auf Tagfalterpopulationen aus. Landnutzungseffekte spiegelt auch der „European Grassland Butterfly Indicator“ wider (EEA 2013), der einen starken europaweiten Rückgang der Tagfalterarten des Grünlandes innerhalb der letzten elf Jahre nachweist. Die Entwicklung solcher Indikatoren kann sehr gut auf Basis von Daten des Tagfalter-Monitorings erfolgen. Beispielhafte Ergebnisse Anhand von drei Arten soll beispielhaft gezeigt werden, wie unterschiedlich sich die Populationen von Tagfaltern entwickeln können. Da Tagfalterpopulationen hohen Abundanzschwankungen unterliegen, sind Aussagen zu Bestandstrends erst nach längeren Zeiträumen von mindestens 10 Jahren möglich. Erste (vorsichtige) Trendanalysen beschränken sich deshalb auf die ZahFORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Schwerpunkt Abbildung 3: Populationsentwicklung des Schornsteinfegers (Aphantopus hyperantus) (Foto: Sigrid Lasmanis). len ausgewählter häufiger Arten für den Zeitraum von 2006 bis 2012, die im Jahresbericht 2012 veröffentlicht wurden (Kühn et al. 2014b). Ein Rückgang lässt sich zum Beispiel für den Hauhechel-Bläuling (Polyommatus icarus, Abbildung 2) aufzeigen. Diese weit verbreitete Offenland-Art ist in den letzten Jahren seltener im Rahmen des Tagfalter-Monitorings gezählt geworden als in den Jahren zuvor. Anders sieht es bei dem ebenfalls weit verbreiteten Schornsteinfeger (Aphantopus hyperantus, Abbildung 3) aus, der einen positiven Bestandstrend zeigt. Ein gutes Beispiel für die Notwendigkeit langer Zeitreihen sind die Daten des Kleinen Fuchses (Aglais urticae, Abbildung 4), dessen Populationen in den Jahren 2006 bis 2009 starke Rückgänge verzeichneten. In den darauffolgenden Jahren wurde die Art jedoch wieder häufiger, sodass über den Zeitraum von 2006 bis 2012 hinweg kein eindeutiger Trend zu erkennen ist. Hier wird sich erst in den folgenden Jahren zeigen, wie sich die Bestände der Art langfristig entwickeln werden. Ausblick Im Jahr 2015 feiert das TagfalterMonitoring Deutschland sein 10-jähriges Bestehen. In dieser Zeit hat sich das Projekt sehr erfolgreich etabliert und ist eines der bekanntesten Citizen Science-Projekte in Deutsch- land geworden. Die Zahl der aktiven TeilnehmerInnen lag im Jahr 2006 bereits bei circa 500 ZählerInnen bundesweit. Diese Zahl ist in den folgenden Jahren mehr oder weniger konstant geblieben, da Neuzugänge und Abgänge sich in etwa die Waage halten. Die für das Monitoring Verantwortlichen am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ werben permanent für die Mitarbeit im Projekt, um insbesondere auch jüngere Menschen für die Beschäftigung mit Schmetterlingen zu begeistern. So wird jeden Sommer ein „Tagfalter-Monitoring Deutschland-Juniorcamp“ angeboten, bei dem 8 bis 16-jährige auf interessanten Exkursionen viel über Schmetterlinge und Abbildung 4: Populationsentwicklung des Kleinen Fuchses (Aglais urticae) Foto: (Erk Dallmeyer). FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 15 Schwerpunkt ihre Lebensräume erfahren. Die Gewinnung neuer Citizen Scientists macht aber nur Sinn, wenn ihre Betreuung durch RegionalkoordinatorInnen beziehungsweise das UFZ abgesichert werden kann. Gerade in der Anfangsphase geben RegionalkoordinatorInnen entscheidende Starthilfe. Im Idealfall werden aus ZählerInnen, die sowohl gute Kenntnisse der Arten als auch der Erfassungsmethode erworben haben, neue RegionalkoordinatorInnen. Wurden zu Beginn des Projektes die Funde noch auf Papierbögen registriert und an das UFZ gemeldet, so werden die meisten Daten inzwischen von den ZählerInnen selbst online eingegeben. Die entsprechende Plattform wird kontinuierlich weiterentwickelt und ermöglicht es den Zählerinnen und Zählern inzwischen, immer mehr eigene Bearbeitungen und Auswertungen der Daten vorzunehmen. Das Tagfalter-Monitoring Deutschland ist auf gute Zusammenarbeit mit Unteren und Oberen Naturschutzbehörden angewiesen, was in der Vergangenheit mit beiderseitigem Nutzen gut funktioniert hat. Wünschenswert wären mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung für das Projekt und seine Ergebnisse auch durch Bundesinstitutionen. Ebenso haben die Daten das Potenzial, auf transnationaler Ebene nicht nur in Auswertungen der Europäischen Umweltagentur einzugehen, sondern auch in die der IPBES, der "Intergovernmental Platform on Biodiversity and Ecosystem Services" und weiterer internationaler Prozesse. Kontakt: Elisabeth Kühn tagfalter-monitoring(at)ufz.de Tel.: 0345-5585263 Abbildung 5: Das Team des Tagfalter-Monitorings Deutschland beim UFZ. Literatur Devictor, V. & al.(2008): Birds are tracking climate warming, but not fast enough. Proc. R. Soc. B. 275, 2743-2748. EEA (2013): The European Grassland Butterfly Indicator: 1990-2011. EEA Technical report No. 11/2013. Kühn, E. & al. (2014a): TagfalterMonitoring Deutschland – Anleitung. Oedippus, Band 27. Pensoft, 47 S. Kühn, E. & al. (2014b): TagfalterMonitoring Deutschland – Jahresbericht 2012. Oedippus 28, Pensoft. Oliver T.H. & al. (2012): Reduced variability in range-edge butterfly populations over three decades of climate warming. Global Change Biology, 18, 15311539. Pöyry, J. & al. (2009): Species traits explain recent range shifts of Finnish butterflies. Global Change Biology, 15, 732743. Randle, Z. (2009): Maculinea arion as an indicator of rare niches in semi-natural acid grasslands in South West England and the role of Myrmica species of ant. Thesis, University of Southampton. 181 S. Settele, J. & al. (2008): Climatic Risk Atlas of European Butterflies. BioRisk 1. Pensoft, Sofia (Bulgaria). 16 Schweiger, O. & al. (2014): CLIMBER: Climatic niche characteristics of the butterflies in Europe. Zookeys, 367, 65-84. Stefanescu, C. & al. (2003): Effects of climatic change on the phenology of butterflies in the northwest Mediterranean Basin. Global Change Biology, 9, 1494-1506. Thomas, J.A. & al. (2004): Comparative losses of British butterflies, birds, and plants and the global extinction crisis. Science, 303, 1879-1881. van Strien, A.J. & al. (1997): The statistical power of two butterfly monitoring schemes to detect trends. Journal of Animal Ecology, 34, 817-828. Van Swaay, C. A. M. & al. (2008): Butterfly monitoring in Europe: methods, applications and perspectives. Biodiversity and Conservation, 17, 3455-3469. Van Swaay, C. & al. (2010): The impact of climate change on butterfly communities 1990-2009. In: (ed. Vlinderstichting BCD) Wageningen. Wiemers, M. & al. (2013): Naturschutzfachliches Monitoring Klimawandel und Biodiversität. Teil 2: Weiterentwicklung des Monitoringkonzeptes und Auswertung ausgewählter vorhandener Daten. Schriftenreihe des LfULG, 25, 1-167. FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Schwerpunkt Der „Mückenatlas” Passives Stechmücken-Monitoring unter Beteiligung der Öffentlichkeit Von Doreen Werner und Helge Kampen, Müncheberg & Greifswald I m April 2012 wurde das Citizen Science-Projekt „Mückenatlas“ (www.mueckenatlas.de) gestartet, welches interessierte Bürgerinnen und Bürger in ganz Deutschland aufruft, sich durch die Sammlung von Stechmücken aktiv in die Forschung einzubringen. Die gefangenen Insekten werden an das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) und das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) geschickt, die sie im Rahmen eines bundesweiten Stechmücken-Monitorings wissenschaftlich bearbeiten und auswerten. Die EinsenderInnen erhalten im Gegenzug das Ergebnis der Artidentifizierung sowie Details zur Biologie und Ökologie „ihrer“ Spezies und können sich auf einer interaktiven Deutschlandkarte, der „Mückenatlas“Homepage, als SammlerInnen mit ihrem Fundort eintragen lassen. Die Forschung gewinnt ihrerseits umfangreiche Datensätze, beispielsweise zur Erstellung von Verbreitungskarten der einzelnen Arten. So führte der „Mückenatlas“ zur Entdeckung zweier zuvor nicht bekannter Populationen der invasiven Asiatischen Buschmücke Aedes japonicus in Deutschland. Warum ist Stechmückenforschung wichtig? Die zunehmende Globalisierung und die anhaltenden ökologischen und klimatischen Veränderungen führen auch in Deutschland zu Veränderungen der Biodiversität in den unterschiedlichsten Lebensräumen. Hiervon ist unter anderem auch die einheimische Stechmücken-Fauna betroffen. Gebietsfremde FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Mückenarten wandern aktiv ein oder werden passiv eingeschleppt und etablieren sich. Ob im Gegenzug früher einheimische Arten verschwunden sind, ist nicht bekannt, da kaum einschlägige Untersuchungen vorliegen. Abgesehen vom Oberrheingraben, wo seit mehr als 30 Jahren Stechmücken bekämpft und entsprechende Daten erfasst werden, wurde die Stechmücken-Forschung in Deutschland jahrzehntelang stark vernachlässigt, sodass grundlegende aktuelle Daten zum Vorkommen und zur Verbreitung, aber auch zur Biologie und Ökologie der einheimischen Arten fehlen. Bis vor wenigen Jahren galten in Deutschland 46 Stechmücken-Arten als heimisch, wobei diese Zahl nur eine Aufaddierung aller bisherigen Nachweise darstellt. Nach der Entdeckung neu eingewanderter und einer neu beschriebenen Art geht man aktuell von 50 Arten für Deutschland aus. Flächendeckend ist aber nicht erfasst, wo und wann welche Arten vorkommen. dem Lednice-Virus und dem InkooVirus sechs potenziell humanpathogene Viren zirkulieren, die durch Stechmücken übertragen werden können. Bis vor kurzem gab es aber noch keine systematischen Untersuchungen über solche möglicherweise in Deutschland vorkommende Krankheitserreger. Entsprechende Krankheitsfälle sind nicht bekannt geworden, könnten aber durchaus unter dem Sammelbegriff „Sommergrippe“ aufgetreten sein, da hier selten differentialdiagnostische Untersuchungen erfolgen. Während über die biologischen Eigenschaften tropischer Mückenarten, die in ihrer Heimat Überträger von Krankheitserregern sind, einigermaßen gute Kenntnisse existieren, ist das Wissen über die einheimischen Arten sehr spärlich. Unter anderem gibt es keine Daten dazu, ob einheimische Mücken eingeschleppte tropische Krankheitserreger übertragen könnten. Doch nicht nur die Stechmücken-Fauna ist im Wandel. Im Rahmen der internationalen Transporte von Tieren sowie der Reiseaktivität von Menschen werden auch zunehmend Krankheitserreger nach Europa und Deutschland eingeschleppt, die möglicherweise durch hier vorkommende Stechmücken-Arten übertragen werden könnten. Stechmücken als Überträger von Krankheitserregern in Deutschland/Europa Aus anderen europäischen Ländern ist schon länger bekannt, dass mit dem West-Nil-Virus, dem Sindbis-Virus, dem Tahyna-Virus, dem Batai-Virus, Abbildung 1: Verschickungsbereite Stechmücken (Foto: H. Kampen). 17 Schwerpunkt Fallen, die auf einer Fläche der Bundesrepublik Deutschland als relativ gering anzusehen ist, wurde durch das Projektbudget limitiert. Um mit einem überschaubaren zusätzlichen Aufwand trotzdem deutlich mehr Daten zu erhalten, wurde das Projekt „Mückenatlas“ ins Leben gerufen. Das Citizen Science Projekt „Mückenatlas“ Abbildung 2: Referenzsammlung genadelter Stechmücken am ZALF (Foto: ZALF). Der „Mückenatlas“ ist ein klassisches Citizen Science-Projekt; ein wissenschaftliches Projekt unter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern. Diese sind aufgerufen, Stechmücken im privaten Umfeld zu fangen und an die beteiligten Forschungsinstitutionen zu schicken. Zum Fang der Mücken kann jedes Untersuchungen in den letzten Jahren wiesen das Sindbis-Virus, das BataiVirus und das tierpathogene UsutuVirus in Deutschland nach. In anderen Ländern Europas traten, ebenfalls in jüngerer Zeit, Einzelfälle oder Ausbrüche des West-Nil-Fiebers, des Chikungunya-Fiebers, des DengueFiebers und der Malaria auf. Darüber hinaus wurde eine signifikante Ausbreitung von Dirofilarien (Dirofilaria repens, D. immitis), die als Parasiten bei Hunden vorkommen, aber gelegentlich auch den Menschen infizieren, in Nordund Osteuropa inklusive Deutschland festgestellt. Stechmücken-Monitoring in Deutschland Seit 2011 erfassen Arbeitsgruppen des FLI und des ZALF in einem Monitoring-Projekt das Vorkommen sowie die geografische und jahreszeitliche Verbreitung von Stechmücken-Arten in Deutschland und untersuchen gefangene Stechmücken auf Krankheitserreger. Das Projekt wird vom Robert-Koch Institut (RKI) und dem Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. Bis Ende 2013 wurden an über 120, mehr oder weniger gleichmäßig über Deutschland verteilten Standorten stationäre Stechmückenfallen betrieben. Die Anzahl der 18 Abbildung 3: Fundortkarte der Einsendungen 2013. FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Schwerpunkt verschließbare Gefäß dienen, das dann zum Abtöten der Insekten in ein Gefrierfach oder einen Gefrierschrank gebracht werden soll. Nach dem Tod der Mücke soll diese vorsichtig in ein kleines bruchsicheres Behältnis überführt werden (Abb. 1), das zusammen mit einem Fragebogen versendet wird, auf dem Daten zu den näheren Umständen des Fangs anzugeben sind. Detaillierte Angaben zur Vorgehensweise und der Fragebogen sowie Hintergrundinformationen zum Projekt und zur Biologie von Stechmücken sind auf der Homepage des „Mückenatlas“ zu finden (www.mueckenatlas.de). Nach Eingang im Labor werden die Mücken morphologisch und gegebenenfalls molekularbiologisch nach Arten bestimmt. Anschließend werden sie präpariert, und die Mücke beziehungsweise deren Erbgut hält Einzug in die jeweilige Referenzsammlung am ZALF (Abb. 2) oder FLI. Das Identifizierungsergebnis wird zusammen mit den anderen Fangdaten in die deutsche Stechmücken-Datenbank „Culbase“ eingegeben, in die auch die Daten aus den Fallenfängen und aus anderen deutschen Stechmücken-Projekten einfließen. Im Gegensatz zu manchen anderen Citizen Science-Projekten wird die Qualität der „Mückenatlas“-Daten durch die WissenschaftlerInnen selber abgesichert. Jede Person, die Mücken einsendet, erhält ein Antwortschreiben mit dem Bestimmungsergebnis und einigen Informationen zur Biologie der Mückenart. Auf Wunsch kann die Person den Fundort auf einer interaktiven Deutschlandkarte der Homepage mit ihrem Namen oder einem Pseudonym als Nachweis eintragen lassen (Abb. 3). Ergebnisse des „Mückenatlas“ für 2012 und 2013 Seit seinem Start hat das Projekt enormen Zuspruch erfahren und einige überraschende und interessante Ergebnisse erbracht. Im Jahr 2012 wurden 2.020 Einsendungen verzeichnet, von denen 1.564 (77,4 Prozent) Stechmücken enthielten. Die restlichen 456 Einsendungen umfassten andere Arthropoden, unter anderem Spinnen (Arachnida), Käfer (Coleoptera), Heuschrecken (Ensifera and Caelifera), Wanzen (Heteroptera) und Fliegen- und andere Mückenfamilien (Diptera). An Stechmücken wurden insgesamt 6.127 Exemplare erfasst. 2013 wurden 2.409 Einsendungen (mit teilweise mehreren Tieren) registriert, darunter 1.838 (76,3 Prozent) mit Stechmücken. Die übrigen 571 Einsendungen enthielten wiederum diverse andere Gruppen von Arthopoden, jedoch nahm der Anteil an Käfern, Heuschrecken, Spinnen etc. ab und der Anteil an Stechmückenähnlichen Zweiflüglern, wie Zuckmücken (Chironomidae), Wintermücken 12000 11273 10000 8000 6127 6000 4000 2020 2409 1564 1838 2000 456 571 0 Einsendungen gesamt Einsendungen Mücken 2012 Einsendungen andere Arthropoden 2013 Abbildung 4: Einsendungen 2012 und 2013 nach Gruppen. FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Anzahl Stechmücken (Trichoceridae) und Fenstermücken (Anisopodidae), zu. Dies war möglicherweise die Folge eines gewissen Lerneffektes seitens der EinsenderInnen durch die intensive Medienarbeit der Projektverantwortlichen. Die Anzahl der eingeschickten Stechmücken summierte sich im Jahr 2013 auf 11.273 Individuen. Die Verteilung der Einsendungen auf die verschiedenen Arthropoden-Gruppen ist in Abb. 4 dargestellt. Die Stechmücken aus 2012 ließen sich 39 Arten, die aus 2013 37 Arten aus den Gattungen Anopheles, Aedes, Coquillettidia, Culex, Culiseta und Ochlerotatus zuordnen (Abb. 5), wobei die Gemeine Hausmücke, Cx. pipiens, den umfangreichsten Anteil der Einsendungen darstellte. Insgesamt konnten sechs Anopheles-, fünf Aedes-, eine Coquillettidia-, fünf Culex-, fünf Culiseta- und 17 Ochlerotatus-Arten für die entsprechenden Regionen registriert werden. Wie erwartet, wurden weit verbreitete Arten wie Cx. pipiens, Cx. torrentium, Cs. annulata, Ae. vexans oder Oc. sticticus häufig und aus zahlreichen Regionen Deutschlands eingeschickt. Aber auch weniger häufige und sogar sehr seltene Arten, die schon jahrzehntelang nicht mehr in Deutschland gefangen wurden, wie Cs. ochroptera und Cs. glaphyroptera, wurden gesammelt. Zusätzlich zum reinen Nachweis von Mückenarten erwies sich der „Mückenatlas” als geeignetes Instrument zur Entdeckung unbekannter Verbreitungsgebiete von Stechmücken. Dies wurde besonders deutlich als Einsendungen zum Nachweis von zwei etablierten, aber noch unbekannten Populationen der Asiatischen Buschmücke Ae. japonicus in Westdeutschland (NordrheinWestfalen/Rheinland-Pfalz) und Norddeutschland (Niedersachsen/NordrheinWestfalen) führten. Diese Spezies ist zwar nicht aus dem Freiland, aber immerhin aus dem Labor als kompetenter Überträger einiger bedeutender Viren (zum Beispiel Dengue-, Chikungunya-, West-Nil-, RifttalFieber-Virus) bekannt. Aus Sicht der beteiligten WissenschaftlerInnen ist der „Mückenatlas” ein ge19 Schwerpunkt 6000 4881 5000 4002 4000 3139 3000 2242 2000 1000 458 480 681 580 141 187 265 344 0 Anopheles Aedes Coquillettidia 2012 Culex Ochlerotatus Culiseta 2013 Abbildung 5: Stechmücken-Einsendungen 2012 und 2013 nach Gattungen. eignetes Werkzeug zum großräumigen passiven Stechmücken-Monitoring. Er ist in beide Richtungen, die ein Citizen Science-Projekt bedienen sollte – die naturwissenschaftliche und die öffentliche – außerordentlich erfolgreich. Während die Naturwissenschaft einerseits durch das Interesse und die Bereitschaft zur Mitarbeit interessierter BürgerInnen gestützt wird, stellen die WissenschaftlerInnen andererseits ihre Expertise in den Dienst der Aufklärung und Weiterbildung der Öffentlichkeit. Dr. Doreen Werner PD Dr. Helge Kampen Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V., Müncheberg Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Institut für Infektionsmedizin, Greifswald – Insel Riems E-Mail: doreen.werner(at)zalf.de Doreen Werner ist Biologin mit Spezialisierung für die Taxonomie und Ökologie blutsaugender Mücken. Schwerpunkte ihrer Forschungstätigkeit liegen in Fragestellungen, in denen Mücken human- und veterinärmedizinische Bedeutung gewinnen. Seit 2007 leitet sie die Arbeitsgruppe „Med. Entomologie“ am Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) im brandenburgischen Müncheberg. 20 E-Mail: helge.kampen(at)fli.bund.de Helge Kampen ist Biologe mit Spezialisierung für Medizinische Entomologie und Parasitologie. Er forscht über ökound infektionsepidemiologische Fragestellungen rund um blutsaugende Arthropoden, die als Überträger von Krankheitserregern in Frage kommen. Seit 2008 leitet er die Arbeitsgruppe „Med. Entomologie“ am Friedrich-LoefflerInstitut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, in Greifswald – Insel Riems. FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Schwerpunkt Ein unkonventioneller Blick auf das Thema Citizen Science MaxCine als Ort für Impulse und Austausch Von Babette Eid, Radolfzell „In Bayern gibt es in den Ortschaften auf jedem Bauernhof Schwalben. Als Kind überlegt man: Wo fliegen die denn hin? Im Winter sind sie einfach weg. Irgendwann hört man, dass sie nach Afrika fliegen. Wie kommen die dahin? Eine Frage, die noch nicht beantwortet ist. Wir können kleine Ringe dranmachen und die Schwalbe wird mal im Sudan oder im Tschad gesehen, oder stirbt in Italien. Was macht diese Schwalbe den Rest ihres Lebens? Wie fliegt die Schwalbe nach Südafrika und kommt dann in denselben Stall wieder zurück, aus dem sie abgeflogen ist? Könnte die Schwalbe uns erzählen, was sie draußen sieht? Als 10-jähriger hatte ich dann ein Schlüsselerlebnis als ich drei weiße Kuhreiher auf einer Wiese gesehen habe. Ich habe sie fotografiert und meinem Biolehrer gezeigt. Er hat mir gesagt, ich solle das Foto an die Vogelwarte schicken. Von dort wurde es dann weiter geschickt an den Professor Wüst in München, der die Avifauna bearbeitet hat. Das war mein erster Kontakt mit der Ornithologie.“ S o wie die Erzählung von Martin Wikelski oder ähnlich beginnen die Geschichten vieler Vogelliebhaber und Ornithologen, wenn sie über die Anfänge ihres Berufes, ihrer Berufung erzählen, angetrieben von der natürlichen Neugierde und dem Entdeckergeist. Für Martin Wikelski ist es seine Geburtsstunde als Wissenschaftler. Heute ist er Direktor am Max Planck Institut für Ornithologie, Vogelwarte Radolfzell und Professor an der Universität Konstanz. Als Experte seines Faches ist ihm die Zusammenarbeit, der regelmäßige Austausch und Kontakt mit sogenannten Laien wichtig, um seine Arbeit mit einem Blick von außen zu reflektieren und gemeinsam Impulse für die Wissenschaft zu erzeugen. Er hat am Max Planck Institut für Ornithologie das Zentrum für Kommunikation und Austausch „MaxCine“ ins Leben gerufen, welches der Öffentlichkeit die einzigartige Möglichkeit bietet, inmitten des täglichen Wissenschaftsbetriebs in die aktuelle Forschung einbezogen zu werden. Das Ziel von MaxCine ist es, die Öffentlichkeit zu informieren und sie in die Wissenschaft zu integrieren. In MaxCine wird die ForFORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 schung erlebbar gemacht und die wissenschaftliche Neugier geweckt. So werden zum Beispiel die BesucherInnen (Kinder und Erwachsene) gebeten, ihre Wegroute zum Max-Planck-Institut zeichnerisch oder malerisch darzustellen. Diese simple Aufgabe soll auf die komplexen Orientierungsmechanismen der Vögel während ihres Zuges hinweisen: Zugrichtung, Dauer, Rastgebiete und Ziel der Zugvögel. MaxCine ist also der Beginn einer ganz besonderen Form von Citizen Science, verknüpft mit pädagogischen Elementen. Auf dem Wege zur Realisierung seiner Vision Tiere weltweit auf ihren Wanderungen zu begleiten, hat Martin Wikelski seine Erlebnisse aus Kindertagen nicht vergessen. Heute sind ForscherIn- Abbildung 1: Im Workshop-Raum von MaxCine entwerfen SchülerInnen kreativ eigene Sender, um Tiere zu beobachten (Foto: MaxCine). 21 Schwerpunkt ten unsere Sensoren – unsere Augen, Ohren und Nasen – für die Gesunderhaltung des Planeten sein. Ein ideales Terrain für Citizen Science und die Verbindung von Wissenschaft und bürgerschaftlichem Engagement. So ist es dem Wissen eines sizilianischen Ziegenhirten zugute zu schreiben, dass es in Zukunft vielleicht ein biologisches Frühwarnsystems für Vulkanausbrüche gibt. Denn nicht wie von Wissenschaftlern angenommen, ist im Vorfeld das Verhalten von Gänsen oder Füchsen besonders auffällig, sondern das Verhalten von Ziegen scheint sich viel besser als Indikator zu eignen. Abbildung 2: Jasper, ein 7-jähriger Schüler, testet auf seinem Rücken einen Storchensender (Foto: MaxCine). nen in der Lage, mit modernsten und immer kleiner werdenden Fahrtenschreibern Tiere zu beobachten, ohne sie zu sehen. Dadurch eröffnet sich ein völlig neues Feld mit ungeahnten Möglichkeiten. Wikelski und sein Team möchten globale Wanderbewegungen kleiner Tiere mit einem Satellitensystem beobachten. Denn globale Daten über Tierbewegungen sind in der heutigen, international vernetzten Welt unabdingbar, um Naturschutz zu leisten, globale Umweltveränderungen zu erkennen oder Ökosystemdienstleistungen der Tiere zu ermitteln. Zudem ermöglichen es die Daten, die Verbreitung von Krankheitserregern durch ihre Wirte zu verstehen oder mithilfe der globalen, intelligenten Sensorik der Tiere Naturkatastrophen vorauszusagen. Da Menschen und Tiere die Erde gemeinsam bewohnen, stehen sie in engem Zusammenhang zueinander. Tiere können für die Menschen zum Beispiel Nahrung- oder auch Wissensquelle sein oder dienen als Früherkennungssystem menschlicher Eingriffe in die Natur. Andererseits können sie der Ausgangspunkt oder Überträger von Krankheiten sein. Milliarden von Tieren ziehen jährlich in freier Wildbahn um den Erdball. Sie verbinden die entlegensten Winkel der Erde und Meere und könn22 Auch am MaxCine stellen wir uns die Fragen „Was versteht man heute unter Citizen Science? Wer ist ein Citizen Scientist?“ Man kann viele Antworten auf diese Fragen bekommen. Begriffe wie „Bürgerwissenschaft“, „Datensammlung“, „Mithilfe von Amateuren“ tauchen auf und es ist die Rede von ehrenamtlichen Helfern, Experten, Laien, Zuarbeit, light-proper-professional Science und Crowdsourcing. Bis zur Spezialisierung der Wissenschaft Ende des 18. Jahrhunderts galt ein an der Naturgeschichte Interessierter als Naturforscher oder Naturalist. Sein Engagement war also eher eine Laien-Beschäftigung als ein Beruf. Peter Finke beleuchtet in seinem Buch „Citizen Science – das unterschätzte Wissen der Laien“ wesentliche Punkte und Zusammenhänge der aktuellen Diskussion und entwickelt die „Vision der teilweisen Befreiung der Wissenschaft aus dem Elfenbeinturm und ihrer Rückkehr in die Mitte der Gesellschaft“. „Was immer Citizen Science ist, eines ist es sicherlich nicht: ein Generalangriff auf das, was üblicherweise als Wissenschaft bezeichnet wird und der Versuch, eine Art Gegenwissenschaft auszurufen!“ (Finke, 2014). Die Einbeziehung von Laien in die tägliche Arbeit (Abb. 1) hat am MaxPlanck Institut, Vogelwarte Radolfzell eine langjährige Tradition. So scheint es ganz selbstverständlich, dass die Vogelbeobachtung, eine der „Geburtshelferdisziplinen“ (P. Finke) von Citizen Science, eine zeitgemäße Integration der Öffentlichkeit möglich macht. Mit der Gründung von MaxCine wurde eine Situation geschaffen, in der Interessierte, insbesondere Kinder und Jugendliche, täglich im Alltag der Forschung dabei sein können. Neben diversen Angeboten, wie einem Medienhaus, welches durch Filme und Videoclips über aktuelle wissenschaftliche Projekte am Institut informiert, können auch individuell konzipiert Führungen gebucht werden. Verknüpfungen des aktuellen Unterrichtsstoffes mit laufenden Forschungsprojekten (Abb. 2) ermöglichen einen lebendigen, praxisorientierten Unterricht mitten unter den Wissen- Abbildung 3: Jugendliche bei der Benutzung der Animal Tracker App (Foto: MaxCine). FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Schwerpunkt Abbildung 4: Mit der Animal Tracker App können Tiere geortet und ihre Verhaltensbeobachtungen gespeichert werden (Foto: MaxCine). schaftlerInnen. Via Sykpe werden die WissenschaftlerInnen von der Feldarbeit in aller Welt mit Kurzvorträgen in die Klassenzimmer „eingeflogen“. In wöchentlichen Workshops und Feriencamps werden in einem kreativen Laboratorium die eigenen Fragestellungen der Kinder bearbeitet. Die Konzeption und Praxistauglichkeit von Tools wie zum Beispiel der Animal Tracker-App schaftlerInnen zur Verfügung gestellt werden. Wie oft auch in der Wissenschaft, hat hier das kreative Denken Vorrang vor einem festgelegten Programm. Fragen und Ideen der BesucherInnen von MaxCine sind willkommen und kritische MitdenkerInnen erwünscht. Oft sind es gerade der unverstellte Blick der Kinder, ihre kreative Neugier und die und Zeit zu investieren, entsteht keine lebendige Auseinandersetzung. In der Praxis ist es nicht immer ganz einfach, Verständnis für diese offene Art der Vermittlung zu wecken und die notwendige Spontanität und Flexibilität zur Durchführung in den wissenschaftlichen und bürokratischen Alltag einzubauen. Dennoch bestätigt die weitgehend positive Resonanz, dass For- „Die Ornithologie, die „Scientia amabilis“, wie sie genannt worden ist, hat über die Lust an der Vogelbeobachtung – ein Gebiet das leichter zugänglich und attraktiver als andere ist – schon sehr viele Menschen dazu gebracht, ihren Wissensdurst aus Eigeninitiative zu stillen und tiefer in eine Sache einzudringen, als es vielleicht zunächst beabsichtigt war. Sie ist deshalb eine der Geburtshelferdisziplinen von Citizen Science und hat ihre führende Rolle bis heute beibehalten.“ (Peter Finke, S. 16) Peter Finke, Citizen Science: Das unterschätzte Wissen der Laien. oekom verlag 2014. werden gemeinsam entwickelt. Mit dieser App können Interessierte Tiere auf ihren Wanderungen begleiten und mithilfe einer GPS-Funktion orten. Verhaltensbeobachtungen und Informationen über die Gegend, in der die Tiere sich gerade aufhalten, können in die App eingespeist und damit den WissenFORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 ungehemmten Nachfragen, die Gedanken hervorrufen, die sich Erwachsene und ExpertInnen mitunter nicht mehr machen. WissenschaftlerInnen und Laien sind hier gleichermaßen gefordert und gefördert. Ohne die Bereitschaft von beiden Seiten, Visionen zu entwickeln, neue Sichtweisen anzunehmen schungsvorhaben, die als Citizen Science Projekt in eine gesunde Umgebung gebettet sind und in denen die Kommunikation zwischen allen Beteiligten auf gleicher Augenhöhe stattfindet, erfolgreich sind. Als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit ist MaxCine nicht nur ein Ort, der der 23 Schwerpunkt Öffentlichkeit die laufenden wissenschaftlichen Projekte näher bringen möchte, sondern an dem auch Impulse für ein wissenschaftliches Denken entstehen, sodass dieses gefördert werden kann. Die Programme und Projekte von MaxCine entstehen im Austausch zwischen und im Miteinander von ExpertInnen und Laien. MaxCine ist ein Ort, an dem fächerübergreifendes Denken und gemeinsames Handeln erwünscht ist. Das MaxCine und seine BesucherInnen geben ganz konkrete Impulse für Citizen Science: Im Frühjahr 2014 wurden im Rahmen des Forschungsprojektes „Sozialverhalten und Lebensgeschichte der Weißstörche“ in dem Storchendorf Böhringen in Süddeutschland rund 80 Jungstörche besendert. Durch MaxCine waren viele Kinder mehrere Tage lang aktiv an der Arbeit beteiligt. In dem Forschungsprojekt von Andrea Flack vom Max Planck Institut für Ornithologie geht es um die Frage, ob Storchengeschwister gemeinsam migrieren: Was machen die Tiere auf ihrer Reise? Wo übernachten sie? Mit wem treffen sie sich? Alle Tiere sind in der Animal Tracker-App zu finden. Mit den ziehenden Störchen auf Urlaubsreise zu gehen, entsprang der Idee mehrerer Jugendlicher. Im Rahmen eines MaxCine-Camps begleiteten sie die Wissenschaftlerin zu Beginn des diesjährigen Storchenzuges zwei Tage lang in die Schweiz (Abb. 3 und 4). Die Aktivitä- 24 ten standen unter dem Motto: „Auf zu unbekannten Orten! Die Rastgebiete der Störche als Reiseroute etablieren. Citizen Science als Urlaubsreise? Ein neuer Touristikrenner!“ MaxCine holt durch solche Projekte die Vögel als Lehrmeister in die Schulen, um fächerübergreifend zu unterrichten und ihr Leben mit anderen Augen kennenzulernen: Als Bildhauer die Perfektion der Eiform nachempfinden, als Maler die verschiedenen Färbungen kopieren, als Handwerker Materialien sammeln und differenziert einsetzen, als Baumeister ein Nest bauen, als Architekt verschiedene Bautechniken nutzen. Um eine Vision in die Realität umzusetzen, braucht es viele MitdenkerInnen, MitarbeiterInnen, viele ExpertInnen sowie viele Sichtweisen und viele Fähigkeiten. Wenn die ExpertInnen den Blick der Laien annehmen und die BürgerInnen mit ihrer Expertise gefragt sind, weil viele Köpfe, Augen, Ohren, Nasen und Hände mehr erkennen, sollten wir vielleicht den Citizen Science Diskurs als Anlass nehmen, um das Arbeiten in Fachwelten zu revolutionieren. Durch Citizen Science bietet sich die Chance für die Wissenschaft, aus dem Elfenbeinturm herauszutreten. Wir sollten viel weiter gehen und etablierte Grenzen überwinden, um unsere Sichtweisen als jeweilige ExpertInnen oder Laien zu schärfen, zu vernetzen, zu koppeln und als gleichwertig zu betrachten. Ein Netzwerk unterschiedli- cher Perspektiven auf gleicher Augenhöhe könnte neue Impulse setzen, um Wissen zu schaffen. Egal in welcher Liga wir gerade spielen, welchem Kreise wir gerade angehören; ernsthaftes kritisches Zuhören und Hinterfragen sowie gemeinsame Denkprozesse sind stets der Beginn guter Wissenschaft, wichtiger innovativer Erkenntnisse, genialer Erfindungen oder auch zeitgemäßer Kunst, Kultur und Philosophie. Babette Eid hat in München Kunst und Pädagogik studiert. Sie arbeitet am MaxPlanck Institut für Ornithologie in Radolfzell, wo sie seit 2008 das Projekt MaxCine - ein Zentrum für Kommunikation und Austausch - konzipiert, leitet und fortwährend weiter entwickelt. beid(at)orn.mpg.de www.orn.mpg.de/MaxCine www.orn.mpg.de/animaltracker FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Schwerpunkt Citizen Science und Vereine – Potenziale der Zusammenarbeit Citizen Science (CS), oder auch Bürgerwissenschaft, erfährt gegenwärtig eine gesteigerte Aufmerksamkeit in der deutschen Wissenschaftsgemeinschaft. Das Engagement interessierter Laien wird als Möglichkeit entdeckt, Fragestellungen mit neuen Ansätzen zu bearbeiten – oder auch Fragen ganz neu zu stellen. Aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger öffnet sich die Wissenschaft, sie ermöglicht eine neue Form der Teilhabe und Anerkennung, auch ohne formale Qualifikationen, erfährt also eine gewisse Demokratisierung. Von Severin Goerss, Berlin D ie Bezeichnung der engagierten Bürger als Laien bezieht sich dabei vor allem auf deren nicht-formale Ausbildung in einem bestimmten Wissensgebiet. Ganz und gar nicht laienhaft ist oftmals das enorme Fachwissen, das sich Menschen angeeignet haben, die sich einer Sache aus purem Interesse angenommen und sie praktisch und gedanklich weit durchdrungen haben. Hier liegen Schätze inmitten einer tatsächlichen Wissensgesellschaft, die kaum jemand wahrnimmt oder gar wissenschaftlich anerkennt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben oft mit knappen Ressourcen und unzureichenden Werkzeugen zu kämpfen. Vor allem aber fehlt ihnen oft auch der Zugang zu Orten und Informationen – oder schlicht einfach das Wissen um sie. Da liegt es nahe, WissenschaftlerInnen und BürgerInnen zusammen zu bringen und beiden Parteien einen neuen Kosmos auf unterschiedlichsten Betrachtungsebenen zu eröffnen. Zumindest ist dies die Grundidee. Die Gleichung ist natürlich nicht so einfach, denn es stellen sich verschiedene Fragen. Neben den Problemen der Datenqualität oder Finanzierung, die an anderer Stelle diskutiert werden, sind der Zugang zueinander sowie die Kommunikation miteinander zwei der zentralen Knackpunkte. Wo finde ich als Wissenschaftler die Menschen, die etwas zu meinem ProFORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 jekt beisteuern und mich unterstützen können? Die für eine Sache brennen, die das Wissen und den Zugang haben, der an anderer Stelle fehlt? Eigentlich liegt es auf der Hand, dass die schon bestehenden Strukturen der an definierten Themenkomplexen besonders interessierten und engagierten Bürgerinnen und Bürger eine zentrale Anlaufstelle sein müssten: die Vereine. In Deutschland gibt es rund 600.000 Vereine, die sich den unterschiedlichsten Zwecken verschrieben haben. Aus der Zahl alleine lässt sich noch keine Erkenntnis ziehen, sie lässt aber eine hohe Vielfalt der Themen vermuten, die sich BürgerInnen und WissenschaftlerInnen teilen und in denen sie zusammenarbeiten könnten. So sollte es auch für Themen abseits populärer wissenschaftlicher Strömungen Menschen geben, die sich in einem Verein organisiert und Fachwissen angeeignet haben. Die Art der Zusammenarbeit kann verschiedene Formen annehmen. Man unterscheidet zwischen der Kooperation als einfachster Möglichkeit, bei der nur Ressourcen bereitgestellt werden, wie etwa Rechnerkapazitäten. In der Kollaboration findet eine aktive Teilnahme statt. Die Vereinsmitglieder sammeln dabei Daten und leiten sie an die betreuenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiter. Darunter fallen auch die weiter unten beschriebenen Aktionen der „Umweltdetektive“ oder des Mückenfangens. Die Ko- Produktion geht einen Schritt weiter, hier kann auch die Datenanalyse gemeinsam bestritten werden. Und schließlich können beim Ko-Design Forschungsfragen gemeinsam entwickelt werden (vergleiche www.buergerschaffenwissen.de). Den richtigen Verein und den richtigen Umgang finden Bei der Frage nach dem Zugang zueinander stößt man auf verschiedene Ansatz-Ebenen. Fragestellungen sind oft abhängig von einem konkreten Raum oder stehen in Bezug zum Ort der Datenerhebung. Für kleinräumige Fragestellungen braucht es vielleicht nur einen lokalen Partner, etwa einen Angelverein, der seine Gewässer und den Fischbestand bereits lange kennt. Solche spezialisierten Vereine sollten im Zielgebiet relativ einfach durch eine kurze Recherche zu identifizieren sein. Anders gestaltet sich die Bearbeitung von Fragestellungen, die auf ein größeres Erhebungsgebiet angewiesen sind. Vorteilhaft ist dafür eine Vereinsorganisation in mehreren Hierarchieebenen wie Gebiets-, Landesoder Bundesebenen, aber auch in Dachverbänden, wie etwa der Deutsche Bundesjugendring (DBJR) im Bereich der Jugendverbände. In Kooperation mit den höheren Ebenen der Vereinsstruktur ist die Reichweite einer Maßnahme theoretisch größer. Auch sind sie eine gute Anlaufstelle, 25 Schwerpunkt um Untergruppen in einem Verein zu identifizieren und anzusprechen. Man wird dabei gewiss auf Schnittmengen zu den angedachten Forschungsfragen stoßen, die eine Analyse der Vereinsaktivitäten von außen nicht vermuten ließe. Nicht selten stehen die Basisstrukturen von Vereinen einem Top-down-Ansatz aber kritisch gegenüber. Entsprechend der Fragestellung muss abgewogen werden, welche Ebene eines Vereines wann und wie eingebunden und für sich gewonnen werden kann. Das direkte Ansprechen der Zielgruppe, beziehungsweise der relevanten Struktur wird in der Regel mehr Menschen zum Mitmachen motivieren. Wenn sich diese Gruppe oder Struktur aber nicht identifizieren lässt, bleibt nur der Weg über die Dachstrukturen oder das Risiko von nicht zielgerichteten Kommunikationsmaßnahmen, die möglicherweise wirkungslos verpuffen. Ein Standardrezept dafür gibt es nicht. In der Zusammenarbeit mit Vereinen lassen sich aber zentrale Punkte benennen, die maßgeblich für die grundsätzliche gute Zusammenarbeit sind. Wissenschaft und Vereine stehen sich nicht immer neutral gegenüber. Das Denken übereinander kann durchaus positiv überhöht sein. Schwerwiegender sind Barrieren, die sich etwa im Bild des abgehobenen Elfenbeinturms der Wissenschaft manifestieren, oder in der Vorstellung des übereifrigen Vereinsmeiers, der sich profilieren möchte. Betrachten wir die Gemeinsamkeiten: Beide lieben, was sie tun. Das Vereinsmitglied vielleicht noch mehr, da es in seiner Betätigung keinem ökonomischen Interesse folgt und sich frei, ohne Karrieregedanken und Verwertungslogik, für genau das entschieden hat, was es im jeweiligen Verein tut. Diese emotionale Komponente ist die maßgebliche Handlungsmotivation des oder der Einzelnen im Verein. Auch der Aspekt der Freiheit ist nicht zu unterschätzen. Er darf in einem gemeinsamen Citizen Science-Projekt nicht durch einen aufgezwängten Rahmen gefährdet werden. 26 Entscheidungsprozesse können in Vereinen durchaus länger dauern. Unabhängig von Vereinen Bürgerinnen und Bürger für ein Citizen Science-Projekt zu gewinnen, dauert unter Umständen noch viel länger, als sich auf den Rhythmus des Ehrenamtes einzulassen. Der Vorteil der Vereine liegt aber, wie eingangs erwähnt, in ihrer schon bestehenden Organisation und – je nach Größe – Untergliederung in Teilgruppen mit diversen Schwerpunktinteressen. Es besteht also bereits ein institutioneller Rahmen, der nicht noch zusätzlich mit aufgebaut werden muss, möchte man ein Citizen Science-Projekt realisieren. Es kann jedoch zu Konflikten kommen, wenn beide Parteien eine unterschiedliche Vorstellung des Projektes haben oder sich Interessen in die möglichst objektive Datenerhebung mischen. Hier ist absolute Offenheit gefordert, um eine Partei nicht nachhaltig vor den Kopf zu stoßen. Die Wissenschaft muss potenzielle Interessenskonflikte ihrer Partner berücksichtigen und die Vereine sollten sich selbstkritisch fragen, wie unbefangen ihre Mitglieder bestimmte Fragenkomplexe bearbeiten würden. Es gilt also, spezifische Interessen und Wertvorstellungen zu berücksichtigen. Jugendverbände und Gemeinnützigkeit Neben den Chancen der Kooperation von Vereinen und Wissenschaft in Citizen Science-Projekten muss man sich auch der möglichen Stolperfallen bewusst sein. Eine Zusammenarbeit darf nicht der reinen wissenschaftlichen Zweckerfüllung dienen. Dabei geht es nicht nur um eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, sondern auch um das Wesen von Vereinen – gerade derer im Jugendverbandsbereich. Kinder und Jugendliche müssen sich frei entfalten können, ihre Motivation und ihre Interessen müssen in gemeinsamen Maßnahmen im Mittelpunkt stehen. Eine „Verzweckung“ ihres Engagements darf nicht stattfinden. Auch dürfen Maßnahmen nicht zur Überbrückung wirtschaftlicher Engpässe der Institute konzipiert oder durch eine Unterfinanzierung motiviert sein. Man muss sich zudem des möglichen Substitutionseffektes bewusst sein, der mit dem stärkeren Engagement von Ehrenamtlichen in Forschungsfragen einhergehen könnte. Die Politik sollte das nicht als Anlass nehmen, sich die Unterstützung von Wissenschaft zu sparen und Forschung auf dem Rücken zivilgesellschaftlichen Engagements durchführen zu lassen. Abbildung 1: Mit der richtigen Anleitung werden auch von Kindern durchgeführte Untersuchungen zu wissenschaftlich verwertbaren Daten führen (Foto: Naturfreundejugend Deutschlands). FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Schwerpunkt richtet. Kinder sind von Natur aus neugierig und haben einen Forschungs- und Tatendrang, der oft nur einen kleinen Anstoß und Rahmen braucht, um sich voll zu entfalten. Hierzu wurden vielfältige Materialien konzipiert, um den Naturraum vor der Haustür spielerisch zu erkunden, den Blick für Details zu schärfen und Zusammenhänge zu verstehen. Abbildung 2: Forschungs- und Tatendrang braucht oft nur einen kleinen Anstoß – und schon ist man Bürgerwissenschaftlerin (Foto: Naturfreundejugend Deutschlands). Weitergedacht darf die Kooperation von Vereinen mit der Wissenschaft auch nicht zu einer Bedingung der Vereinsförderung werden. Forschung mit Vereinen sollte einen Gemeinnützigkeitscharakter aufweisen und darf nicht der reinen wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Verwertungslogik unterworfen werden (siehe dazu auch: Deutscher Bundesjugendring, Selbstbestimmt und nicht verzweckt, Berlin 2011). In der Kooperation mit wissenschaftlichen Institutionen profitiert auch der Verein. Die Beschäftigung mit wissenschaftlichen Herangehensweisen und die Betreuung durch die wissenschaftlichen Partner bedeuten nämlich einen Wissenstransfer in die Vereine. Der Bildungscharakter eines Citizen Science-Projektes ist unbestritten und kann aus Sicht eines Jugendverbandes einen positiven Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen liefern. Eine Kooperation mit Vereinen ist zudem eine Unterstützung ihrer Arbeit, beziehungsweise ermöglicht sie es den Vereinen, neue Aspekte ihrer Tätigkeiten zu entdecken und Kompetenzen zu erschließen. Ehrenamtliches Engagement erfährt hier nicht zuletzt eine Anerkennung und Würdigung von FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 neuer Seite. Die gesamtgesellschaftliche Entwicklung kann davon nur profitieren. Beispielprojekt „Umweltdetektive“ Die „Umweltdetektive“ der Naturfreundejugend Deutschlands sind ein umweltpädagogisches Projekt, das sich an Kinder zwischen fünf und 13 Jahren Die Ökosysteme Wiese, Wald und Wasser stehen dabei im Fokus. Sie sind für Kinder in der Regel schnell zu erreichen, beziehungsweise Teil der alltäglichen Lebenswelt. In sogenannten Erlebnisbögen wird Kindern nicht nur spielerisch Wissen vermittelt, es werden ihnen auch Methoden nähergebracht, wie sie Experimente durchführen und Daten selbst erheben können. Die Experimente zielen dabei auf eine bewusste Erschließung der naturräumlichen Umwelt von Kindern ab. Dazu gehören beispielsweise pH-Wert-Messungen (Abb. 1), dendrochronologische Untersuchungen (Abb. 2) oder Baum- und Tierbestimmungen. Teil der Publikationen sind außerdem Bestimmungsschlüssel, anhand derer Kinder Tiere im Laubstreu, Bäume im Wald oder Tiere im Gewässer (Abb. 3) bestimmen können. Natürlich handelt es sich dabei um ein kindgerechtes Ni- Abbildung 3: Ein junger „Umweltdetektiv“ bei der Gewässeruntersuchung am Bachlauf (Foto: Naturfreundejugend Deutschlands). 27 Schwerpunkt Auch schon die Zusammenarbeit an sich kann erstrebenswert sein, um einen innergesellschaftlichen Dialog über Wissenschaft zu führen, die Akzeptanz von Wissenschaft zu fördern und beiderseitige Anerkennung zu erfahren: für ehrenamtliches Engagement wie auch für Forschung und Wissenschaft. Abbildung 4: Kinder untersuchen und bestimmen Wasserorganismen (Foto: Naturfreundejugend Deutschlands). veau. Es ist aber immer wieder faszinierend zu erleben, wie Kinder dadurch unter anderem einen Blick für naturwissenschaftliche Details entwickeln können. Eine wissenschaftliche Fragestellung muss hier entsprechend der Betrachtungsebene und des Handlungsvermögens von Kindern formuliert werden. Durch ihre ganz eigene Wahrnehmung betrachten junge Menschen ihre Umwelt anders als Erwachsene und kommen zu Schlüssen, die ein verschultes Denken vielleicht gar nicht erst zulassen würde. Die Aktionen der Umweltdetektive könnten auch mit Fragestellungen verknüpft werden, die bisher nicht Teil der Konzeption sind. Kinder, die draußen unterwegs sind, wird man sicherlich leicht davon überzeugen können, auch Mücken zu fangen und zur Untersuchung einzusenden, wovon beispielsweise der bekannte Mückenatlas des ZALF in Müncheberg profitieren könnte. Die Wissenschaft kann in Vereinen also nicht nur Partner finden, indem sie sich existierenden Aktivitäten anschließt. Vielmehr kann Wissenschaft auch eigene Aktivitäten konzeptionieren, die einfach in bestehende Aktionen integriert werden können. Es müssen nicht nur verwertbare Daten erhoben werden, um ein erfolgreiches Citizen Science-Projekt durchzuführen. 28 Wenn Kinder anhand eines Bestimmungsheftchens Zeigerorganismen des Gewässers vor ihrer Tür bestimmen (Abb. 4), werden sie zu LaienforscherInnen, die Daten erheben. Sie sind damit junge Bürgerwissenschaftlerinnen und Bürgerwissenschaftler, auch ohne sich des Konzeptes bewusst zu sein. Vereine sind, wie weiter oben bereits angedeutet, auch eine Wertegemeinschaft und verfolgen einen bestimmten Zweck. Hier kann es zum Konflikt mit dem Anspruch wissenschaftlicher Wertefreiheit kommen, dessen man sich bewusst sein muss. Am Beispiel der Umweltdetektive soll ausdrücklich auch eine positive Beziehung zur Natur hergestellt werden. Eine Wertegemeinschaft engagiert sich in ihrem Interessensgebiet aber mit großer Motivation und Ausdauer, was für die Datenerhebung an sich vorteilhaft ist. onsstelle, die diese Schnittstelle bedient. Im vorliegenden Artikel wurde auf das Potenzial der Kooperation von Wissenschaft und Vereinen hingewiesen und es wurden in diesem Zusammenhang elementare Aspekte der ehrenamtlichen (Jugend-)Arbeit benannt. Im Vordergrund steht dabei immer ein an den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen ausgerichtetes Erleben, was der Kooperation von Wissenschaft und Jugendverbänden aber nicht im Wege steht. Wir sollten das Potenzial umsichtig nutzen. Links: www.umweltdetektive.de www.dbjr.de/uploads/tx_ttproducts/datashee t/DBJR_brosch_engagement_web.pdf www.buergerschaffenwissen.de/citizenscience/wie-funktioniert-citizen-science Fazit Das Beispiel der Umweltdetektive ist nur eines von unzähligen Anknüpfungspunkten für Citizen Science. Andere Jugendumweltverbände beschäftigen sich mit ähnlichen und weiteren natur- und umweltbezogenen Fragestellungen, in der theoretisch verwertbare Daten erhoben werden. Der Schwerpunkt von Citizen Science liegt zumeist in den Naturwissenschaften. Bürgerwissenschaftlerinnen und Bürgerwissenschaftler werden sich in der mannigfaltigen Vereinslandschaft aber ebenfalls für andere Wissenschaftsfelder finden und für deren Fragestellungen gewinnen lassen. Die Frage ist nur, wie sich die Zusammenarbeit initiieren lässt und Ehrenamtlichen wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gerecht werden kann. Bisher gibt es dafür noch keinen Leitfaden oder gar eine zentrale Koordinati- Severin Goerss ist freiberuflicher Geograf und arbeitet als Assistent der Geschäftsführung für die Naturfreundejugend Deutschlands. Mitte der Nullerjahre studierte er Geoökologie in Potsdam, bevor er sich in Geografie an der Humboldt-Universität zu Berlin auf MenschUmwelt-Beziehungen spezialisierte. Das Ehrenamt kennt er aus eigenem, jahrelangem Engagement. severin.goerss(at)geoecoservices.com www.geoecoservices.com Naturfreundejugend Deutschlands Warschauer Straße 59a 10243 Berlin info(at)naturfreundejugend.de +49 (0) 30 - 29 77 32 70 Autorenfoto: Sebastian Bozada / Naturfreundejugend Deutschlands FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Geoökologie Masterstudiengang „Umweltplanung / Environmental Planning“ an der Technischen Universität Berlin Von Gesa Geißler & Lisa Odparlik, Berlin V or fünf Jahren startete an der Technischen Universität Berlin der Masterstudiengang Umweltplanung / Environmental Planning. Das international ausgerichtete Studienangebot bietet Studierenden aus dem Inund Ausland eine fundierte Vorbereitung für eine Tätigkeit in einem hochgradig innovativen und zukunftsfähigen Arbeitsfeld. Unsere Umwelt verändert sich stetig. Immer wieder müssen Mensch und Natur sich anpassen – sei es wegen des steigenden Ausstoßes von Treibhausgasen, neuartiger Landnutzungskonkurrenzen oder des zunehmenden Flächenverbrauchs urbaner Räume. Die Umweltplanung bietet die Instrumente und Methoden, um auf diese Veränderungen zu reagieren. Studierende des Masterstudiengangs Umweltplanung der TU Berlin qualifizieren sich für die Herausforderungen einer sich rasch veränderten (Um-)Welt. Erreicht wird dies zum einen durch den interdisziplinären Ansatz des Programms sowie andererseits durch die vielfältigen Kooperationen mit Partnern aus dem öffentlichen und privaten Bereich. Der Masterstudiengang vermittelt das für UmweltplanerInnen notwenige querschnittsorientierte Wissen durch ökologische, gestalterische, sozial-, ingenieur- und planungswissenschaftliche Fachinhalte. Im Detail bedeutet dies, dass die Studierenden Kompetenzen in den Bereichen Landschaftsplanung, Umweltprüfung, Naturschutzund Umweltökonomie, Klimaökonomie, Fernerkundung und im Umgang mit geographischen Informationssystemen erwerben. Das Studium ist gegliedert in vier Semester, in denen die Studierenden in Vorlesungen, Seminaren, Projekten und der Masterarbeit die fachlichen Inhalte und Methoden der Umweltplanung erlernen, anwenden und reflektieren. Der Schwerpunkt der Lehre liegt dabei in den zwei einsemestrigen Studienprojekten, in welchen in kleinen Gruppen eine Forschungs- beziehungsweise innovative Planungsaufgabe gelöst wird. Neben dem Erwerb von fachlichen Kenntnissen steht dabei vor allem die Vertiefung von Fähigkeiten wie Projekt- und Zeitmanagement, Teamfähigkeit und wissenschaftlichem Arbeiten im Vordergrund. Die Lehrveranstaltungen werden überwiegend englischsprachig durchgeführt und haben durch die Themenauswahl sowie die Teilnahme Studierender aus aller Welt eine starke internationale Ausrichtung. Das Studienangebot richtet sich an InteressentInnen mit Bachelor- oder Diplomabschluss in Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur, Stadtund Regionalplanung, Raumplanung, Geographie oder Biologie (mit dem Schwerpunkt Ökologie/Naturschutz), Geoökologie, Politikwissenschaften mit Bezügen zur Umweltplanung oder vergleichbaren Disziplinen. Der Masterstudiengang Umweltplanung ist am Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung der Fakultät VI – Planen-Bauen-Umwelt der TU Berlin angesiedelt. Neben dem Masterstudiengang Umweltplanung wird hier zusammen mit dem Institut für Ökologie der Bachelorstudiengang Ökologie und Umweltplanung angeboten. Weiterhin finden sich an der Fakultät VI mehrere verwandte Masterstudienangebote wie Landschaftsarchitektur, Stadtökologie / Urban Ecosystem Sciences, Stadt- und Raumplanung, aus deren Lehrangebot Veranstaltungen als Wahlmodule im Master Umweltplanung belegt werden können. Die Bewerbungsfrist für das Wintersemester 2015/2016 ist der 15. Juli 2015. Bei Interesse finden Sie weitere Informationen zum Studienverlauf und zur Bewerbung im Internet unter: www.ilaup.tu-berlin.de/ index.php?id=1129 oder Facebook: www.facebook.com/master. environmental.planning.berlin. Für weitere Fragen steht Ihnen die Studienfachberatung zur Verfügung (lapla.info(at)fak6.tu-berlin.de). Kurzmitteilungen A n dieser Stelle möchten wir auf einen Beitrag der Geoökologin Renate Ell hinweisen. Sie studierte von 1984 bis 1989 Geoökologie in Bayreuth und ist seit vielen Jahren als freie Wissenschaftsjournalistin FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 tätig. Jüngst wurde von ihr im Bayrischen Rundfunk (Bayern 2) eine Sendung über das Grüne Band ausgestrahlt – ein zutiefst geoökologisches Thema. Die Sendung ist auch als Podcast zu hören: www.br.de/radio/bayern2/programmkalender/sendung914516.html LaD 29 Neues aus Forschung und Praxis Neues aus Forschung und Praxis Multiple Umweltauswirkungen der kommerziellen Plantagenwirtschaft in Zentralchile – Zwischenbericht einer deutsch-chilenischen Lehr- und Forschungskooperation Von Andreas Ch. Braun, Callum C. Banfield, Pablo Jaramillo, Iris Meyer, Claudia Schmidt-Cotta, Danny Tröger, Violeta Volceski, Gunhild Hansen-Rojas und Joachim Vogt Einleitung A ufgrund seiner besonderen Geographie, die zwischen den Kältewüsten der Antarktis und den Hitzewüsten der Atacama zahlreiche Vegetations- und Klimazonen beherbergt, ist Chile seit jeher ein Schwerpunktgebiet biogeographischer, landschafts- und geoökologischer Grundlagenforschung. Schon die Übertragbarkeit der klassischen Pflanzensoziologie wurde von Oberdorfer (1960) in Chile nachgewiesen. Mit der Habilitation von Endlicher erschienen 1988 die ersten Beiträge, die explizit als „geoökologische Untersuchungen“ deklariert wurden. Während Endlicher Landschaftsveränderungen allgemein thematisiert, rückt spätestens mit der Dissertation der Geoökologin Frank (1996) ein besonderer Landnutzungs-Prozess ins Augenmerk, dem sich auch dieser Beitrag widmet: die Abholzung der Küstenwälder zugunsten kommerzieller Forstplantagen. abgeholzt. Es entstanden vegetationsarme Bereiche, mit deren hoher Erosionsanfälligkeit sich Endlicher (1988) auseinandersetzte. Zum Zwecke der Erosionsprävention wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts erstmals Baumplantagen mit nicht-heimischen PinusSpecies angepflanzt. Forschungshintergrund Diese Maßnahme, die zunächst vorrangig landschaftspflegerischen Charakter hatte, entwickelte sich jedoch zu einer Raumnutzung mit kommerziellem Hintergrund weiter. Nachdem unter der Regierung von Allende Anfang der 1970er Jahre die zuvor genannten vegetationsarmen Bereiche sozialisiert wurden, befanden sich große Raumanteile in Staatsbesitz. Im Zuge der Wirtschaftsreformen subventionierte die Diktatur von Pinochet ab 1974 massiv die Forstwirtschaft, die sich entsprechend ausweitete. Die landschaftspflegerisch motivierte Einrichtung von Baumplantagen entwickelte sich zum lukrativen Geschäft. In diesem Zuge wurden Plantagen zunehmend nicht mehr auf waldfreien Bereichen eingerichtet. Stattdessen wurden innerhalb weniger Jahre große Waldflächen abgeholzt, um Plantagen anzupflanzen. Diese Flächen, vorrangig durch Pinus und Eucalyptus charakterisiert, bilden heute viele Hundert Hektar große Monokulturen, die als KurzumtriebsPlantagen bewirtschaftet und durch Kahlschlag geerntet werden. Die Küstengebirge der temperaten Zone Zentralchiles waren ursprünglich mit Laub- und Hartlaubmischwäldern mit Nothofagus-Species als Hauptbaumarten bedeckt. Im Zuge der Conquista und der darauf folgenden Besiedlung des Raums durch europäische Siedler, wurden diese Wälder zugunsten extensiver Land- und Viehwirtschaft teilweise Abbildung 1: Kartierungen der Veränderung der Landnutzung und der Entwaldung zwischen 1975 und 2010 (nach Braun 2013). 30 Das hier beschriebene Projekt fragt nach den ökologischen Konsequenzen dieses Prozesses. Es begann im Rahmen der Dissertation von Braun (2013) und FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Neues aus Forschung und Praxis wurde durch ein JungwissenschaftlerStipendium des KIT ermöglicht. Parallel zu dieser Promotion unterstützten mehrere studentische Arbeiten das Projekt. Motivation und Zielsetzung Die Forschungsperspektive der Geoökologie ist charakterisiert durch eine starke Orientierung theoretischer Forschungsfragen an konkreten Umweltproblemen. Dies ist auch für das hier besprochene Projekt der Fall. Der vorliegende Beitrag versucht jedoch weder die Umweltauswirkungen der Plantagenwirtschaft in Chile abschließend, noch umfassend zu bewerten. Stattdessen dokumentiert er, welche Ergebnisse bislang vorliegen und wo noch Forschungsbedarf besteht. Hinsichtlich ihrer Fachorganisation strebt die Geoökologie stets eine hohe Integration ihrer Studierenden in wissenschaftliche Abläufe an. Auch in diesem Beitrag liegt ein wesentlicher Schwerpunkt darauf, aufzuzeigen, dass und wie studentische Abschlussarbeiten gewinnbringend für beide Seiten in aktuelle Forschungsprozesse integriert werden können. Bisherige Ergebnisse Auswirkungen der Landnutzung auf die pflanzliche Biodiversität in Zentralchile Die Dissertation von Braun (2013) fragt nach Auswirkungen des Landnutzungswandels auf die Biodiversität. Betrachtet wird ein 67.000 km² großes Untersuchungsgebiet (die VII. und VIII. Region Chiles). Zunächst ist die vorherrschende massive Entwaldung zugunsten von Plantagen nachzuweisen, die von den Forstfirmen bestritten wird. Braun gelingt dies durch multitemporale Satellitenbildkartierungen (1975 bis 2010). Er zeigt, dass von den einst knapp 40 Prozent Waldflächen im Küstengebirge weniger als 4 Prozent verbleiben. Er zeigt auch, dass die entwaldeten Flächen zu fast 80 Prozent in Plantagen umgewandelt werden (vgl. Abb. 1). FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Abbildung 2: Vergleich zentraler Biodiversitätsindikatoren von Wäldern und Plantagen. A: Artenvielfalt, B: Simpson-Index, C: Deckungsgrad der Krautschicht (nach Braun et al. 2014). 31 Neues aus Forschung und Praxis Im nächsten Schritt untersucht Braun die Auswirkungen auf die Biodiversität. Dazu erhebt er 175 Braun-Blanquet Aufnahmen in unterschiedlichen Wäldern und Plantagen. Er zeigt, dass die Biodiversität in Plantagen um bis zu 68 Prozent reduziert ist (vgl. Abb. 2). Im dritten Schritt regionalisiert er die punkthaften Biodiversitätsaufnahmen durch die Fernerkundungsergebnisse flächenhaft. Damit erstellt er eine Schätzung der Biodiversität im Gesamtgebiet, die mit R²=0.78 relativ zuverlässig ist. Erweiterungspotenzial besteht vor allem in der Untersuchung der Gründe für die Reduktion der Biodiversität in Plantagen (also etwa Lichtkonkurrenz, Pestizideinsatz, Schädigung durch Ernte). Darüber hinaus kann aus dem Fehlen einer Art in einem Bestand selbstverständlich kein Aussterben in der gesamten Region gefolgert werden. Metapopulations-theoretische Untersuchungen könnten die Wahrscheinlichkeit des Artensterbens einzelner Arten klären. Untersuchungen zur Fragmentierung der Wald-Habitate Denn während etwa Arten der WaldBuschland-Ökotone durch die relative Zunahme der Waldrand-Habitate profitieren könnten, ist eine Beeinträchtigung von Arten der Wald-Kernhabitate zu erwarten. Erfassung der Verminderung des Erosionsschutzes in Plantagen Braun (2013) zeigt, dass die Dichte und Diversität der Krautschicht in Plantagen stark reduziert, die Durchwurzelung des Oberbodens also vermindert ist. Damit entsteht für Banfield (2013) und Schmidt-Cotta (2014) in ihren Diplomund Bachelorarbeiten die Frage, inwiefern der Erosionsschutz von Plantagenoberböden aufrechterhalten werden kann. An einer Versuchsstelle, an der ein Sekundärwald in gleicher Hangposition an eine Eucalyptus- und eine PinusPlantage angrenzt, wird ein sehr umfangreicher, zweiseitiger Messansatz zur Erfassung rezenter Erosionsprozesse aufgebaut. Einerseits werden mehr als zehn Erosionsindikatoren, wie etwa die Tiefe eines diagnostischen Horizonts, aber auch moderne 137CsIndikatoren in Leitprofilen, Catenen und Punktrastern bestimmt. Ebenso werden die angekoppelten Sedimentationsprozesse am Hangfuß durch Sedimentationsfallen erfasst. Banfield zeigt, dass sowohl die Tiefe des diagnostischen Horizonts, als auch die Nachweisbarkeitsgrenze des 137Cs in der Plantage um etwa 6 Zentimeter vermindert sind. In der näheren Vergangenheit ist also etwa dieser Betrag gegenüber dem Wald stärker erodiert worden (vgl. Abb. 4). Auch die anderen Erosionsindikatoren sprechen mehrheitlich für rezente Erosionsprozesse in der Plantage (Banfield et al., in prep.). SchmidtCotta zeigt, dass entlang einer Catena vom Wald in die Plantage hinein, der Mittel- und Feinsandanteil, aber auch der Organikgehalt deutlich abnehmen, was – gestützt durch weitere Ergebnisse – als Erosionsindikator gedeutet werden kann. Erweiterungsbedarf besteht vor allem in der Klärung der Pedogenese, insbeson- In ihrer Diplomarbeit untersucht Volceski (2012), unterstützt von Jaramillo (2012), die morphologische Veränderung der einzelnen Wald- und Plantagenbestände durch Landschaftsmetriken. Sie folgt der Hypothese, dass Form und Verbundenheit der Bestände Auswirkungen auf ihre Eignung als Habitate für Arten haben. Zunächst fertigt sie Satellitenbildkartierungen für einen Teil des Untersuchungsgebiets von Braun (2013) an. Dann berechnet sie Landschaftsmetriken anhand der FRAGSTATS-Software von McGarigal et al. (2002). Sie zeigt dabei im Wesentlichen, dass die einzelnen Plantagenbestände zwischen 1975 und 2010 zunehmend größer werden, während die Waldbestände einerseits kleiner, anderseits isolierter voneinander werden, insgesamt also fragmentieren (vgl. Abb. 3). Erweiterungspotenzial besteht in der empirischen Klärung der Auswirkungen dieser Fragmentierung im Gelände. 32 Abbildung 3: Veränderung der Waldhabitate. TCA: Fläche der Kernhabitate der Wälder, PLAND: Prozentanteil der Wälder an der Landschaft, LPI: Prozentanteil des größten Waldpatches am Gesamtbestand (nach Volceski 2012). FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Neues aus Forschung und Praxis dere hinsichtlich Seismik und Massenbewegungen, die eine genauere Interpretation der rezenten Erosionsprozesse ermöglichen würde. Untersuchungen zum Pestizidaustrag aus Plantagen Plantagen werden nach der Ernte durch Pestizide behandelt. Die von Braun (2013) nachgewiesene Abholzung von Vegetations-Pufferbereichen wie Bambusbeständen mindert eine Schadstoffrückhaltung. Meyer (2014) fragt in ihrer Bachelorarbeit danach, inwiefern diese Pestizide die Plantagenböden verlassen und die menschliche Nahrungskette erreichen. Ihr Ansatz ist dabei dreistufig. Zunächst untersucht sie durch einen TracerVersuch mit einer Beregnungsanlage die Möglichkeiten präferenziellen Fließens und damit unmittelbaren Auswaschens von Schadstoffen durch die Bodenzone. In einem nächsten Schritt erfasst sie mit HPLC Messungen das empirische Vorhandensein von Pestiziden in Plantagen-Bodenproben. Zuletzt untersucht sie anhand von Versuchsorganismen – einer in Plantagenböden lebenden und in Chile als Delikatesse verzehrten Krebsart – kumulative Anzeichen für Pestizidauswirkungen. darstellen (etwa zwei Prozent). Eine diachrone Untersuchung der Kartierungen zeigt jedoch, dass sie auch in Patagonien teilweise auf Waldflächen angelegt werden. Deswegen vergleicht Tröger anhand von 21 Braun-Blanquet Aufnahmen die BiodiversitätsVerhältnisse. Auch wenn die patagonischen Wälder deutlich artenärmer sind, als die zentralchilenischen, ist der Verlust an Artenvielfalt in den Plantagen deutlich ausgeprägt und statistisch signifikant. Damit zeigt er, dass die derzeitige Tendenz, Plantagen zunehmend nicht mehr in Zentralchile, sondern in Patagonien anzulegen, zu ähnlichen Verlustprozessen führt. Aufgrund der Ähnlichkeit der Ansätze, ist auch das Erweiterungspotenzial ähnlich zu Abs. 2.1. Als besonders wichtig erscheint im hochdynamischen Patagonien eine BiodiversitätsModellierung, die für das Monitoring des Raums entscheidend ist. Des Weiteren stellt sich die Frage nach der Qualität der Plantagen bezüglich des Erosi- onsschutzes, da aufgrund der klimatischen Verhältnisse die Erosionsraten vergleichsweise hoch sind und ein zentrales Problem für die langfristige Nutzbarkeit darstellen. Diskussion, Schlussfolgerungen und Ausblick Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die chilenische Forstwirtschaft, die die Literaturvorschläge zur nachhaltigen Forstnutzung weitestgehend nicht berücksichtigt, teils erhebliche Auswirkungen auf Eigenschaften der Ökosysteme und Artengemeinschaften hat. Zentral ist hier sicherlich die erhebliche Veränderung der pflanzlichen Biodiversität, die gemäß der insurance hypothesis ihre Versicherungseigenschaft für das Funktionieren von Ökosystemen verliert (Yachi und Loreau, 1999). Viele einzelne Schlussfolgerungen haben bislang noch vorläufigen Charakter, da während der studentischen Forschungs- Die Forschungsarbeiten zeigen unter anderem ein Vorhandensein von DDT, Beta Endosulfan und Heptachlor in Bodenproben. Eine Auswaschung dieser Substanzen in die anliegenden viehwirtschaftlichen Bereiche und damit in die Nahrungskette ist möglich. Auswirkungen der Landnutzung auf die pflanzliche Biodiversität in Patagonien In seiner Bachelorarbeit untersucht Tröger (2012) ebenfalls die Zusammenhänge zwischen Landnutzung und Biodiversität. Der Ansatz ist dabei ein ähnlicher wie der von Braun (2013), überprüft jedoch die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf das chilenische Patagonien. Durch Fernerkundungs-Kartierungen kann Tröger dabei zunächst zeigen, dass die Plantagen derzeit nur einen sehr kleinen Anteil der Landfläche FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Abbildung 4: 137Cs Erosionsindikator, Vergleich der Cäsium-Konzentration von Wald und Plantage mit erosions-/sedimentationsfreier Referenzfläche. Kurven links der Referenzkurve zeigen Erosions-, rechts der Kurve Sedimentationsprozesse an (nach Banfield 2013). 33 Neues aus Forschung und Praxis arbeiten auftauchende Fragen aus Zeitgründen nicht mehr beantwortet werden konnten. Dies hätte dem zeitlichen Umfang einer Dissertation entsprochen. Für eine vollständigere Diskussion der Ergebnisse wird auf die Arbeiten selbst verwiesen. Hinsichtlich der Organisation geoökologischer Forschung kann gesagt werden, dass eine Integration studentischer Abschlussarbeiten aller Leistungsniveaus sehr gewinnbringend für alle Beteiligten möglich und daher wünschenswert ist. Für die Studierenden wirkt die Integration ihrer Leistungen in aktuelle Forschungsfragen, die tatsächlich von wissenschaftlichem Interesse sind, statt hinterher „in der Schublade zu verschwinden“ stark motivationsfördernd. Darüber hinaus bietet sich durch die Aktualität auch die Chance, Ergebnisse gemeinsam zu publizieren (vgl. Braun et al. 2014, Banfield et al., in prep), was sich für möglicherweise erforderliche Bewerbungen gut macht. Für DoktorandInnen ist die Integration studentischer Arbeiten durchaus gewinnbringend, wobei angeraten wird, eben nicht lediglich eine Repetition oder Erweiterung der eigenen Promotionsarbeiten, sondern den eigenen Arbeiten angegliederte Folgefragestellungen auszuschreiben. Für beide Parteien sind derartige Forschungsvorhaben – besonders wenn sie in anderen Ländern stattfinden – auch mit erheblichen Herausforderungen verbunden. Für Studierende, für die die erstmalige Durchführung eigener Forschungsarbeiten ohnehin mit großer Neuerung verbunden ist, ist die Erfordernis auf einem fremden Kontinent, in einem fremden Natur- und Sozialraum und in einer fremden Sprache zu arbeiten, nicht selten mit erheblichen psychischen Leistungen verbunden. Darüber hinaus ist der Anspruch, im Rahmen einer Bachelorarbeit ein Thema an der Grenze zum wissenschaftlichen Kenntnisstand zu bearbeiten, mit einer ungleich höheren Leistung verbunden, als eine Themenstellung etwa auf Grundlage eines bereits untersuchten Datensatzes. 34 Im vorliegenden Projekt wurden diese Ansprüche in jedem Fall erreicht. Dies hat Gründe, die zu erörtern sind. Ganz zentral ist es, auf der Seite des Ziellandes kompetente Ansprechpartner zu haben, die die Studierenden persönlich kennen, ins Sozialsystem einführen und unterstützen. Vor allem dann, wenn forschungsrelevante Arbeiten in einem anderen Land durchzuführen sind, ist ausreichend Zeit einzuplanen. Bei keiner der Arbeiten konnte der von der Studienordnung vorgeschlagene Zeitrahmen eingehalten werden, stets war deutlich mehr Zeit notwendig. Dies ist nur auf Grundlage einer Einwilligung der Studierenden möglich. Diese können selbstverständlich auf eine Einhaltung des Zeitrahmens bestehen, müssen dabei allerdings in Kauf nehmen, dass dann der Anspruch, auf einem anderen Kontinent zu forschen nicht erfüllt werden kann. Eine Einwilligung zu einer Ausweitung des Zeitrahmens ist für DiplomandInnen durchaus einfacher als für Bachelor/Master-Kandidaten, die durch die erhebliche Straffung des Studiums im Rahmen der Bologna-Reform hier nur schwerer Konzessionen machen können. Hinsichtlich der Betreuung in Deutschland ist es sehr ratsam, Themenstellungen nicht fest, sondern eher umrissartig vorzugeben. Die Anforderung, das Thema der eigenen Abschlussarbeit nicht bloß zu übernehmen, sondern selbst zu entwickeln, hat die Motivation der AbschlusskandidatInnen nicht gemindert, sondern eher erhöht. Dies erfordert von ihnen die Bereitschaft, sich vorab gründlich mit der Literatur auseinanderzusetzen und den Forschungsplan Stück für Stück selbst zu entwickeln. Seitens der Betreuer ist es unbedingt erforderlich, sich sehr viel Zeit für die Planung und Durchführung der Arbeiten einzuräumen und sich sehr intensiv mit Person und Vorhaben zu beschäftigen. In jedem Fall waren mindestens fünf Besprechungstermine notwendig, noch bevor eine finale Zusage durch die Studierenden erfolgte. Bei der Benotung der Arbeit ist es für die betreuende Person wichtig, zwischen den Anforderungen von Studium und Wissenschaft zu unterscheiden, und die Arbeiten nach der Art ihrer Durchführung und Dokumentation und nicht ausschließlich nach der Belastbarkeit der wissenschaftlichen Aussagen zu bewerten. Literatur Banfield, C. (2013): Bodenerosion in kommerziellen Baumplantagen in Südzentralchile - mit einem Ausblick auf die Pestizidbelastung von PlantagenOberböden, Diplomarbeit, KIT. Banfield, C., Braun, A., Burger, D., Schuller, P., Barra, R., Vogt, J. (in prep): Comparing soil erosion indicators in a E. globulus plantation and adjacent forest site in South Central Chile. Braun, A. (2013): Eine fernerkundungsgestützte geoökologische Prozessanalyse zum Risikozusammenhang zwischen Landnutzung und Biodiversität an einem Beispiel aus Chile, Dissertation, KIT. Braun, A., Banfield, C., Vogt, J., Barra, R., Schuller, P., Koch, B. (2014): Assessing Erosion Risks Induced By Land-Use Change in Favor of Commercial Forestry in Chile, In Proc.: EaRSEL Symposium 2014. Echeverria, C., Coomes, D., Salas, J., ReyBenayas, J. M., Lara, A., & Newton, A. (2006): Rapid deforestation and fragmentation of Chilean temperate forests, Biological Conservation, 130(4), 481494. Endlicher, W. (1988): Geoökologische Untersuchungen zur Landschaftsdegradation im Küstenbergland von Concepcion (Chile), Habilitation, Franz Steiner Verlag Wiesbaden GmbH, Stuttgart. Frank, D. (1996): Umweltauswirkungen des Landnutzungswandels in der IX. Region Chiles: Untersuchung von Waldökosystemen und forstlichen Monokulturen am Beispiel der Umgebung Temucos, Dissertation, Mensch und Buch Verlag, Berlin. Jaramillo, P. (2012): Spatial analysis of the forestation and deforestation in Chile using ArcGIS 10, Bachelorarbeit, KIT/UdeC. Yachi, S., Loreau, M. (1999): Biodiversity and ecosystem productivity in a fluctuating environment: the insurance hypothesis, Proceedings of the National Academy of Sciences, 96(4), 14631468. FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Neues aus Forschung und Praxis McGarigal, K., Cushman, S. A., Neel, M. C., & Ene, E. (2002): FRAGSTATS: spatial pattern analysis program for categorical maps. ralen Fernerkundungsdaten, Diplomarbeit, KIT. Landschaftsinformationssysteme Chair of Remote Sensing and Landscape Information Systems Meyer, I. (2014): Pestizididentifikation und Darstellung deren präferentieller Fließwege aus Eucalyptus globulus Plantagen in der Region Bio-Bio sowie sublethale Effekte auf Parastacus pugnax, Bachelorarbeit, KIT. Albert-Ludwigs Universität D- 79085 Freiburg Tel: (0) 761 / 203 67657 E-Mail: andreas.braun(at)felis.unifreiburg.de Oberdorfer, E. (1960): Pflanzensoziologische Studien in Chile: Ein Vergleich mit Europa, J. Cramer Verlag, Weinheim. Andreas Ch. Braun studierte Geoökologie an der Technischen Universität Karlsruhe, dem heutigen Karlsruher Institut für Technologie. Momentan beendet er ein Master-Studium der Soziologie an der FernUniversität in Hagen. Andreas promovierte über den Landnutzungswandel in Chile, wobei er Fernerkundungsmethoden und geoökologische Felduntersuchungen kombinierte. Aufgrund der großen Anzahl an AutorInnen steht er als korrespondierender Autor stellvertretend für alle Beteiligten. Schmidt-Cotta, C: (2014): Vergleichende Erfassung der Bodenerosion in einer Pinus radiata (D.Don) Plantage und einem naturnahen Sklerophyllenwald in Südzentralchile, Bachelorarbeit, KIT. Tröger, D. (2012): Untersuchungen zur Landschaftstransformation durch Plantagenwirtschaft und deren Einfluss auf die Biodiversität im chilenischen Patagonien, Bachelorarbeit, KIT. Volceski, V. (2012): Verlust von Waldökosystemen und Habitatfragmentierung in Chile - Prozessbeobachtung und Prozessbewertung anhand von multispekt- Professur für Fernerkundung und Dr. Andreas Ch. Braun (Dipl.-Geoökologe) Was, wenn wenig Wind weht? Forschung an Luftströmung und Ausbreitung in Schwachwindsituationen Von Christoph Thomas, Bayreuth J eder kennt es aus eigener Erfahrung: An einem lauen Sommerabend sitzt man gemütlich um ein Lagerfeuer und der Rauch weht einem immer ins Gesicht, egal, wohin man sich setzt. Was sich wie eine harmlose Anekdote aus dem alltäglichen Leben anhört, beruht auf handfester atmosphärischer Ausbreitungsphysik, die bislang weitestgehend unbekannt ist und deshalb von uns erforscht wird. Die Relevanz für das Ökosystem, in dem Mensch, Tier, Pflanze und physische Umwelt durch Stoff- und Energieaustausch organisch miteinander verbunden sind, ist hoch: Schwachwindsituationen gehen mit erheblich eingeschränkFORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 ter vertikaler Luftdurchmischung (Diffusion) und nahezu unvorhersagbarer horizontaler Ausbreitung (Dispersion) von Spurengasen und Luftschadstoffen einher. Diese können dadurch hohe oder extreme bodennahe Konzentrationen erreichen. Schwachwinde ergeben sich aus fehlenden synoptischen Druckgradienten und hoher Reibung mit der Unterlage und haben mittlere Geschwindigkeiten ≤ 1,5 ms-1. Entgegen den Vorhersagen üblicher Gauß’scher oder Lagrange’scher Ausbreitungsmodelle, die hier versagen, bleiben Emissionen räumlich über hunderte Meter und Kilometer konzentriert und können plötzliche Richtungswechsel von bis zu 180 Grad vollziehen. Dieses Verhalten wird als Mäandrieren bezeichnet und ist häufig zu beobachten. Dabei gewinnt das Relief der Landschaft an Bedeutung, sodass kleine Unebenheiten, einzelne Hecken, Schuppen oder schwache Hangneigungen erhebliche Auswirkungen auf das Fließen der Luft und deren Transport haben können. Nebelbildung mit erheblicher Sichteinschränkung sowie Frostgefahr durch Kaltluftabfluss und Bildung von Kaltluftseen in Tallagen sind häufige Begleiterscheinungen (Abbildung 1). Ein erheblicher Teil unserer Landschaft ist von systematischen Schwachwinden betroffen, insbesondere Bereiche wie Siedlungen, Wäl35 Neues aus Forschung und Praxis Abbildung 1: Künstlich erzeugter Nebel eignet sich hervorragend zur Visualisierung von Luftströmung und bei schwachen Winden. In Kaltluftseen, die die vertikale Durchmischung verhindern, können Emissionen extreme hohe Konzentrationen nahe am Boden erzielen. Derzeitig verfügbare Modelle versagen jedoch bei der Vorhersage solcher Phänomene und des horizontalen und vertikalen Transports bei Schwachwindsituationen, da die Ausbreitungsphysik weitgehend unbekannt ist (Foto: Christoph Thomas). Winden an Einfluss und können zum Beispiel plötzliche Richtungswechsel und Durchmischung bewirken. Diese Strukturen verletzen grundlegende Annahmen gängiger Theorien für stochastische Prozesse, da sie weder periodisch, noch zufällig sind. (3) Wie kann man beobachten und messen? Übliche Wetterstationen und Flussmesstürme einschließlich der Eddy-Kovarianztechnik sind ungeeignete „Punkt“-Ansätze, die zwar flächengemittelte Daten liefern, jedoch aufgrund der Verletzung der Ergodenhypothese bei Schwachwindsituationen keine räumlich repräsentativen Messungen ermöglichen. Hier sind Beobachtungen mithilfe von Sensorennetzwerken in Kombination mit räumlich-zeitlich auflösenden Auswertemethoden notwendig (Thomas, 2011), die auch auf seltene oder Einzelereignisse anwendbar sind. Erfolgreiche Methoden wie die Multi Resolution Decomposition, die einer Wavelettransformation mit der Haarfunktion ähnlich ist, zerlegen Messungen in ungewichtete Mittelwerte variabler Länge und ermöglichen so der und Talböden, wo der Wind durch erhöhte Rauigkeit oder Windschutz abgebremst wird. ten bis Stunden und räumlichen Ausdehnungen von hunderten Metern bis Kilometern gewinnen bei schwachen Die wissenschaftliche Herausforderung besteht zunächst in der Beantwortung dreier zentraler Fragen, um anschließend das langfristige Ziel einer neuen Theorie mit anwendbaren Modellen zu erreichen: (1) Welche Einflussgrößen sind wichtig? Klassische Ähnlichkeitsansätze, die auf lokalen Parametern wie zum Beispiel der Oberflächenrauigkeit und Höhe über Grund basieren, sind ungültig, da Strömung und Transport aufgrund der meist stabilen Schichtung von der Unterlage entkoppelt sind. Mehrere Luftschichten können ähnlich einer Schichttorte übereinander gelagert sein, ohne sich zu durchmischen. Sogenannte nichtlokale Größen gewinnen an Bedeutung, sodass beispielsweise eine weit entfernte Waldkante für den Austausch über dem benachbarten Feld wichtiger ist als die Eigenschaften der Feldoberfläche selbst. (2) Wie lässt sich der Stoff- und Energietransport mathematisch beschreiben? Sogenannte submesoskalige Strukturen mit Lebenszeiten von Minu- Abbildung 2: Die Messung der Lufttemperatur mithilfe einer zweidimensionalen optischen Glasfaser-„Harfe“ durch die Distributed Temperature Sensing (DTS) Technik ermöglicht die zeitlich und räumlich hochauflösende Visualisierung von Strömung und Wärmetransport. Modernste DTS Geräte erreichen Messauflösungen von 10 bis 20 Zentimetern entlang einer Glasfaser mit bis zu 2 Kilometern Länge mit einer zeitlichen Integration über einige Sekunden (Foto: Christoph Thomas). 36 FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Neues aus Forschung und Praxis eine skalenabhängige Auswertung. Beispiele simulierter Ausbreitungen in beobachteten Windfeldern, die Modelle ersetzen, solange das physikalische Prozessverständnis fehlt, sind auf www.submeso.org zu finden. Wir verwenden zunehmend lange optische Glasfasern zur Beobachtung, die mit der innovativen lichtbasierten Distributed Temperature Sensing (DTS) Technik zu hochauflösenden Sensoren werden. Diese bislang vorwiegend in Fließgewässern verwendete Technik (Selker et al, 2006) ermöglicht die Erfassung der Lufttemperatur als Prozesstracer für den Wärmetransport und die Strömung mit solcher Präzision und Auflösung, dass selbst einzelne Turbulenzwirbel sichtbar werden und quantitativ auswertbar sind (Thomas et al., 2012). Die circa ein Millimeter dicken Fasern werden mit Rahmen beliebiger Geometrie in der Luft gehalten (Abbildung 2). Die aktuellste Studie verwendet die bisher größte „Mess-Harfe“ von 40x7x5 Meter Abmessung mit über 8.000 simultanen Temperatursensoren von 12,5 Zentimeter Länge entlang einer kontinuierlichen 1,9 Kilometer langen Faser zur Erfassung eines Kaltluftsees in einer flachen Senke in agrarischer Landschaft (Zeeman et al., 2014). Eine Animation der Messungen ist unter http://dx.doi.org/10.5281/ zenodo.7611 zu sehen. Ein spannendes Ergebnis war die erstmalige Erfassung und Beschreibung wellenähnlicher Strukturen von circa 200 Sekunden Andauer, die sich entgegen der Hauptwindrichtung ausbreiten und zu einer kurzfristigen Vertiefung und Durchmischung der Kaltluft führen. Der FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Vorteil der DTS Technik für die Umweltforschung ist die kompartimentübergreifende Erfassung der Temperatur, da eine Faser in Luft, Boden, Schnee und Wasser gleichzeitig messen kann. Die Erkenntnisse über Schwachwinde werden neben der meteorologischen Grundlagenforschung zur verbesserten Quantifizierung der Kohlenstoffsenke und Verdunstung von Wäldern verwendet und liefern wichtiges Prozessverständnis der Wechselwirkungen zwischen Pflanze und Mikroklima. Literatur Selker J, van de Giesen N, Westhoff M, Luxemburg W, Parlange MB (2006): Fiber optics opens window on stream dynamics. Geophys Res Lett. 2006;33(24). doi:10.1029/2006gl027979. 4. Thomas CK, Kennedy AM, Selker JS, et al (2012): High-resolution fibre-optic temperature sensing: A new tool to study the two-dimensional structure of atmospheric surface layer flow. Boundary-Layer Meteorol. 2012;142:177-192. doi:10.1007/s10546-011-9672-7. 2. Thomas CK (2011): Variability of subcanopy flow, temperature, and horizontal advection in moderately complex terrain. Boundary-Layer Meteorol. 2011;139:61-81. doi: 10.1007/s10546010-9578-9. 3. Zeeman MJ, Selker JS, Thomas CK (2014): Near-surface motion in the nocturnal, stable boundary layer observed with fibre-optic distributed temperature sensing. Boundary- Layer Meterology. 2014:online first. doi:10.1007/s10546014-9972-9. Prof. Dr. Christoph Thomas studierte Geoökologie an der Universität Bayreuth und ging nach der Promotion in Mikrometeorologie am Bayreuther Institut für Terrestrische Ökosystemforschung (BITÖK) im Jahr 2005 zunächst als Postdoc in das College of Forestry an der Oregon State University (OSU) im Pazifischem Nordwesten der USA. Seit 2008 leitete er dort als Professor die Grenzschichtmeteorologie und AtmosphäreVegetation Wechselwirkung am College of Earth, Ocean, and Atmospheric Science. Seit dem Wintersemester 2014/15 lehrt und forscht er wieder in Bayreuth als Nachfolger von Prof. Dr. Thomas Foken. Prof. Dr. Christoph K Thomas Mikrometeorologie Universität Bayreuth 95540 Bayreuth Telefon +49 (0) 921 55 2293 christoph.thomas(at)uni-bayreuth.de www.bayceer.uni-bayreuth.de/meteo www.researcherid.com/rid/I-5751-2012 37 Mitglied werden Mitglied werden im VGöD Drei Schritte in den VGöD: (1) Eintrittserklärung ausfüllen, (2) Eintritts- und Datenschutzerklärung unterschreiben, (3) das ausgefüllte Blatt an den VGöD schicken (Alexanderstr. 9, D-95444 Bayreuth, Fax: 09 21 / 85 14 97, vgoed(at)geooekologie.de) Eintrittserklärung: Datenschutzerklärung: Ich unterstütze die Tätigkeiten und Ziele des Verbandes für Geoökologie in Deutschland (VGöD) e.V. und möchte Mitglied werden: Der Verband für Geoökologie in Deutschland (VGöD) e.V. erhebt mit dem Beitritt die folgenden Daten seiner Mitglieder: Titel, Name, Vorname Anschrift (Straße, Wohnort) Telefon / E-Mail (privat) Arbeitgeber Telefon / E-Mail (geschäftlich) Bankverbindung (Kontonr., Bankleitzahl, Geldinstitut) Geburtsdatum Mitgliedsstatus (studierend / nicht erwerbstätig, teil-/ vollzeitbeschäftigt, Familienmitglied, Fördermitglied) Der Verein veröffentlicht Daten seiner Mitglieder auf seiner Homepage, in den offiziellen Verbandsorganen des VGöD und im gedruckten Mitgliederverzeichnis nur, wenn die Mitgliederversammlung einen entsprechenden Beschluss gefasst hat und das Mitglied nicht widersprochen hat. Name, Vorname (Titel): __________________________ ___________________________ Geburtsdatum: ___________________________ Straße: ___________________________ Wohnort: ___________________________ Telefon (privat): ___________________________ E-Mail (privat): ___________________________ Arbeitgeber: ___________________________ ___________________________ Telefon (geschäftlich): E-Mail (geschäftlich): Der jährliche Beitrag von (bitte ankreuzen) € € € € 25 40 70 135 für Studierende / nicht Erwerbstätige für Teilzeitbeschäftigte für Vollzeitbeschäftigte für Fördermitglieder ist jeweils zu Jahresbeginn fällig. Ich ermächtige den VGöD bis auf Widerruf zum Einzug des Beitrages von meinem Girokonto im Lastschriftverfahren. Spenden und Mitgliedsbeiträge an den VGöD sind in vollem Umfang steuerlich absetzbar! Kontonummer: ___________________________ Bankleitzahl: ___________________________ Geldinstitut: ___________________________ Familienmitgliedschaft (bitte ggf. ankreuzen): Übersicht der von der Mitgliederversammlung beschlossenen Veröffentlichungen von Mitgliedsdaten (nicht Bestandteil der Datenschutzerklärung): im Verbandsorgan FORUM der Geoökologie: Name, Vorname, Wohnort von neuen Mitgliedern; Name, Vorname von „verschollenen“ Mitgliedern (Mitglied ist nicht mit den in der Geschäftsstelle vorliegenden Kontaktdaten erreichbar) und verstorbenen Mitgliedern; im Online-Mitgliederverzeichnis (passwortgeschützter Bereich der Homepage): Titel, Name, Vorname, Anschrift (Straße, Wohnort), Telefon / E-Mail (privat / geschäftlich), Arbeitgeber; im gedruckten Mitgliederverzeichnis (Versand an Mitglieder): Titel, Name, Vorname, Anschrift (Straße, Wohnort), Telefon / E-Mail (privat). Ich habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen und erkläre mich einverstanden. Mein Partner ist VGöD-Mitglied (Nr.: ____) bzw. meldet sich ebenfalls an (2. Eintrittserklärung liegt bei). Näheres zur Familienmitgliedschaft: siehe www.geooekologie.de Datum, Unterschrift: Datum, Unterschrift _____________________________________________________________________________________________________ 38 FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Forschungseinrichtungen/Rezension Forschungseinrichtungen Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ) D er Forschungsgegenstand des GFZ ist das System Erde. Wir befassen uns mit der Geschichte der Erde, ihren Eigenschaften sowie den in ihrem Inneren und an der Oberfläche ablaufenden Vorgängen. Wir untersuchen aber auch die vielen Wechselwirkungen, die es zwischen seinen Teilsystemen gibt, der Geo-, der Hydro-, der Kryo-, der Atmo- und der Biosphäre. Das GFZ ist mit derzeit 1.177 Beschäftigten (Stand: 30.09.2014), darunter 458 WissenschaftlerInnen und 198 DoktorandInnen, das nationale Forschungszentrum für Geowissenschaften in Deutschland. Mit einem Jahresetat von 92,2 Millionen Euro (Stand: 31.12.2013) bearbeiten unsere MitarbeiterInnen alle Disziplinen der Geowissenschaften von der Geodäsie bis zum Geoingenieurwesen und den benachbarten Natur- und Ingenieurwissenschaften zusammen. Mission Das rasant und anhaltende Wachstum der Weltbevölkerung, die damit einhergehende immer intensivere Nutzung unseres Planeten und seiner Ressourcen sowie die zunehmende Anfälligkeit unserer Gesellschaft gegenüber Naturgefahren erfordern ein international abgestimmtes Handeln. Zu dieser großen Zukunftsaufgabe der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge will das GFZ mit seiner Erdsystemforschung einen substantiellen Beitrag leisten und Handlungswissen und technologische Konzepte für ein nachhaltiges „ErdsystemManagement“ bereitstellen. Langfristiges Ziel ist es, das hochkomplexe nichtlineare System Erde und seine wechselwirkenden natürlichen Teilsysteme mit ihren ineinandergreifenden Kreisläufen und weitverzweigten Ursache-Wirkung-Ketten zu verstehen, das Ausmaß des Globalen Wandels und seine regionalen Auswirkungen zu erfassen sowie den Einfluss der Tätigkeit des Menschen auf das „System Erde“ zu bewerten. Das GFZ umfasst als HelmholtzZentrum für Geoforschung alle Disziplinen der Geowissenschaften und betreibt sie in einem engen interdisziplinären Verbund mit den benachbarten Naturwissenschaften Physik, Mathematik und Chemie sowie den ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen Felsmechanik, Ingenieurhydrologie und Ingenieurseismologie. Die methodischen Kernkompetenzen des GFZ liegen in der Anwendung und Entwicklung von Satellitentechnologien und raumgestützten Messverfahren, im Betrieb geodätisch-geophysikalischer Messnetze, in der Tomographie der festen Erde mit Verfahren der geophysikalischen Tiefensondierung, in der Durchführung von Forschungsbohrungen, in der Labor- und Experimentiertechnik sowie in der Modellierung von Geoprozessen. Franz Ossing Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ Telegrafenberg 14473 Potsdam Tel.: +49 (0)331 288-0 www.gfz-potsdam.de. Die Artenvielfalt muss erhalten werden! Aber warum nur? Eine Rezension zu Donald Maier (2012) M yers et al. (2000) schlagen vor, jährlich 500 Millionen Dollar für den Schutz der Biodiversitäts-Hotspots zu investieren. Vorrangig von Staaten getragen, würde diese von Ökologen vorgeschlagene Summe nicht aus dem Mehrwert der FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Investitionen des eigenen Unternehmens gestellt, sondern aus dem Mehrwert fremder Arbeit: den Steuergeldern. Warum soll dieses Geld aufgebracht werden? Warum soll Diversität erhalten werden? Wie begründet man dem „einfachen Arbeiter“, dass ihm weniger Netto vom Brutto bleibt, damit die Uferschwalbe überlebt? Warum ist es „schlimm“, wenn der Hirschkäfer ausstirbt? Relativistische Legitimierungen, etwa, dass in der Raumfahrt höhere Summen investiert werden (Myers et al., 2000, 39 Rezension Nature, 403, 853-858), oder normative Legitimierungen, etwa, dass die Biodiversitätskonvention es fordert, helfen nicht weiter. Einerseits ist solch Relativismus nicht hilfreich für die Akzeptanz des Artenschutzes in der Bevölkerung. Für diese besteht keinerlei Verpflichtung, dem Umweltschutz ein höheres Primat einzuräumen als anderen aus Steuern finanzierten Unternehmungen. Und ferner, wäre es umgekehrt, würden die meisten Ökologen Legitimierungen von zum Beispiel wirtschaftlichen Investitionen lediglich durch Verweis auf die höheren Ausgaben im Naturschutz oder auf die Existenz eines Freihandelsabkommens, wohl kaum akzeptieren. Was sollen wir dem besagten „einfachen Arbeiter“ auf seine berechtigte Frage nach der Legitimation des durch ihn finanzierten Artenschutzes also antworten? Zwar wird durchaus versucht, hier Antworten anzubieten, etwa mit dem Verweis auf den Nutzen der Diversität und selbst einführende Kurzlehrbücher behandeln sie. Doch für Donald Maier sind diese Fragen bislang unzureichend beantwortet. Als Philosoph behandelt er Diversität dabei nicht als vorläufig akzeptierte prima facie Tatsache, sondern setzt radikal (lat. „an die Wurzel gehend“) an, indem er fragt: „Was ist denn so gut an der Biodiversität?“. Nachdem er einige philosophische Begriffe und Ansätze umreißt, und dabei nicht zuletzt einen Einstieg in philosophisches Denken erleichtert, entwirft Maier zunächst eine Ontologie der Diversität, erläutert also, was Diversität in seinem Verständnis ist – und eben nicht ist. Anschließend charakterisiert er Diversität als Paradigma, welches innerhalb der Ökologie als fraglos schützenswert behandelt werde, wobei deren Schutzwürdigkeit zumeist nicht, oder nur unzureichend begründet sei. Warum diese Begründungen für ihn unzu- 40 reichend sind, diskutiert er nachfolgend detailliert. Dabei geht er einzelne Ansätze, etwa gefühlsethische (Diversität als emotional evidenter Wert), utilitaristische (Diversität als Bereitsteller von Dienstleistungen) oder deontologische (der Mensch als verantwortlicher Schützer der Artenvielfalt) durchaus sehr kritisch an, bezeichnet einige von ihnen als „Trugschlüsse“ und zeigt aus seiner Sicht „unbequeme Implikationen“ auf, etwa, dass die Bewertung von menschlich-gesteuerten Artenmigrationen häufig stark durch gesellschaftliche Harmonievorstellungen geprägt sei. Durch eine radikale Verwerfung vieler tradierter, aber für ihn wenig stichhaltig begründeter Paradigmen, findet Maier dann zu einer neuen, sehr bemerkenswerten Begründung der Schutzwürdigkeit von Diversität. Maiers „Aufruf zu einer besseren Begründung des Wertes der Natur“ wird – wie vielleicht auch diese Rezension – sicherlich viele Ökologen zunächst ärgern. Dies ist wohl solange der Fall, als man die eigene Perspektive beibehält, die Ökologie also aus Sicht der Ökologie betrachtet. Dann kommt bei einer Begründung des Artenschutzes hinten das heraus, was man vorne angenommen hatte, nämlich dass die Artenvielfalt prinzipiell zu schützen ist. Als Rezensionist bleibt einem dann nur, Maiers Werk als „ärmliche Analyse“ zu verbrämen (siehe Vellend, 2014, TREE, 29(3)). Ist man jedoch bereit, mit ihm die Perspektive zu wechseln, die Ökologie also aus Sicht der Philosophie zu betrachten, dann ist eine solche, radikal die Paradigmen klärende Analyse genau das, was ein Philosoph liefern muss, um konstruktiv zur Diskussion beizutragen und das, was Ökologen weiterhelfen kann. Denn wenn beispielsweise von der Ökonomie – nicht zuletzt aus der Ökologie heraus – gefordert wird, ihre eigenen Paradigmen neu zu denken und zu begründen (Stichwort: Postwachstums-Ökonomie), dann verpflichtet sich eine moralphilosophische behandelte Ökologie über die Universalisierbarkeit dabei, selbiges auch mit den eigenen Paradigmen zuzulassen. Lässt man sich also auf die an die Wurzel gehende Argumentation von Maier ein, dann kommt man mit ihm nicht etwa zu dem Schluss, dass die Artenvielfalt nicht zu erhalten sei, sondern ist in der Lage, die Notwendigkeit des Artenschutzes auch außerhalb der ökologischen Arena überzeugender zu begründen. Dr. Andreas Ch. Braun Maier, D.S. (2012): “What’s So Good About Biodiversity? A Call for Better Reasoning About Nature’s Value”, The International Library of Environmental, Agricultural and Food Ethics, Vol. 19, Springer-Verlag, Dordrecht/Heidelberg/New York/London, ISBN-13: 978-94-007-3990-1, 577 Seiten, Gebundene Ausgabe 230,50€, Taschenbuch, 22,95€, eBook, 19,51€ (Amazon, 03.11.2014). FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Termine Termine Geoökologie-Stammtische Stammtisch Augsburg Stammtisch Karlsruhe Der Ort wird bei Interesse zwei bis drei Wochen vor Termin per E-Mail bekannt gegeben. Nächste Treffen: 08. Jan., 05. Febr. und 05. März 2015. Den Ort bitte per EMail bei Christoph Oehm erfragen. Ansprechpartner: Eduard Würdinger eduard_wuerdinger(at) yahoo.de, Tel.: 0821 / 311557 Ansprechpartner: Christoph Oehm, christoph.oehm(at)gmx.de Stammtisch Frankfurt / Wiesbaden / Mainz Stammtisch wurde vorläufig eingestellt. OrganisatorIn gesucht! Ansprechpartnerin: Alexandra Oberthür oberthuer(at)web.de Stammtisch Freiberg Ansprechpartner: Robert Sieland, Wolfram Canzler, Arno Buchholz freiberg(at)geooekologie.de Stammtisch Kassel / Witzenhausen / Göttingen Ansprechpartner: Stefan Reuschel, stefan.reuschel(at)geooekologie.de Einladung und weitere Informationen werden jeweils zwei bis drei Wochen vorher per E-Mail verschickt. Stammtisch Köln / Bonn / Düsseldorf Termine werden kurzfristig bekanntgegeben Ansprechpartner: Johannes Ruppert johannes.ruppert(at)gmx.de Stammtisch Leipzig Nach Absprache Ansprechpartnerin: Heike Büttcher heike.buettcher(at)geooekologie.de Stammtisch München Nächstes Treffen: 3. Februar 2015 ab 19 Uhr, Speisecafé Rigoletto, RosaAschenbrenner-Bogen 9, München Ansprechpartner: Michael Außendorf m.aussendorf(at)gmx.de, Tel.: 089 / 28626-265 Cafe Filmdose, Zülpicher Str. 45, Bahnhof Köln-Süd (www.filmdosekoeln.de) Tagungen, Workshops, Kurse etc. Bayreuth, 8.-12. Januar 2015 Tagung „Konferenz der Internationalen Gesellschaft für Biogeographie“ Die 7. internationale wissenschaftliche Tagung widmet sich in vier Symposien der ganzen Bandbreite der Biogeographie. Das Themenspektrum reicht von der Einzugsgebiets- bis zur globalen Skala, vom Paläozoikum bis zum Anthropozän und von Mikroorganismen bis hin zur Megafauna. Fast 600 WissenschaftlerInnen aus 50 Ländern haben sich angemeldet. Ausrichter ist die Universität Bayreuth mit seinem Bayreuther Zentrum für Ökologie und Umweltforschung (BayCEER). www.bayceer.uni-bayreuth.de/ibs2015/ FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Leipzig, 27.-29. Januar 2015 Internationale Messe „TerraTec“ Die TerraTec ist die internationale Fachmesse für Umwelttechnik und dienstleistungen. Schwerpunkte sind zukunftsfähige Lösungen für die Wasser-, Rohstoff- und Kreislaufwirtschaft und relevante Aspekte für Anpassungen an den Klimawandel. Mehr als 340 international und national agierende Marktführer sowie Mittelstandsbetriebe werden sich präsentieren. Neben den Fachveranstaltungen gibt es unter anderem ein Karriereforum. Schirmherr ist das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). www.terratec-leipzig.de Hannover, 13.-15. Februar 2015 Workshoptreffen des Jugendbündnis Zukunftsenergie Das Jugendbündnis Zukunftsenergie (JBZE) ist ein bundesweites, offenes Netzwerk von jungen Menschen zwischen 17 und 27 Jahren, die sich für die Themen Energiewende und Klimapolitik interessieren. Das Bündnis setzt sich für 100% Erneuerbare Energien und für einen Verzicht auf fossile Energieträger und Kohle ein. 2015 stehen die Treffen unter dem Titel "Fracking, CCS und Co - Wundermittel oder Schuss in den Ofen?" Dabei werden diese technischen Innovationen, die von manchen angepriesen werden, um den Energiehunger zu stillen, kritisch unter die Lupe genommen. Du willst dabei sein und dich einbringen oder hast Fragen zum JBZE? Dann melde dich bei der Naturfreunde41 Termine jugend Deutschlands: larissa(at)naturfreundejugend.de www.zukunftsenergie.org Bonn, 19.-20. März 2015 Konferenz „Tag der Hydrologie 2015“ Zur führenden Konferenz zu hydrologischen und wasserwirtschaftlichen Themen im deutschsprachigen Raum werden circa 300 Vertreter europäischer Universitäten, Forschungseinrichtungen, Behörden und Firmen erwartet. Der Wasserschwerpunkt des Geographischen Instituts der Universität Bonn lädt ein, Prozesse, Methoden und Konzepte im europäischen, aber auch weltweiten Flussgebiets- und Hochwassermanagement zu beleuchten sowie Erfolgsfaktoren und Hemmnisse zu ermitteln. Daneben wird in Fachvorträgen auch klassischen hydrologischen und wasserwirtschaftlichen Fragestellungen Platz eingeräumt. Husum Messe. Bei den Career Days finden Jobsuchende Stellenangebote sowie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in der Erneuerbare-EnergienBranche. www.new-energy.de/new_energy/de/ http://tinyurl.com/Hydrosystemmodelling Dresden, 25.-27. März 2015 Internationale Konferenz „Dresden Nexus Conference DNC“ Die Veranstaltung findet unter der Überschrift „Globaler Wandel, Ziele der Nachhaltigkeitsentwicklung und der Nexus-Ansatz“ zum ersten Mal statt. Dabei stehen die drei Aspekte Klima, Urbanisierung und Bevölkerungswachstum im Mittelpunkt. Das „Institute for Integrated Management of Material Fluxes and of Resources“ der Universität der Vereinten Nationen (UNUFlores), die TU Dresden und das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) organisieren die Veranstaltung. www.tdh2015bonn.uni-bonn.de www.dresden-nexus-conference.org Husum, 19.-22. März 2015 Internationale Messe „New Energy Husum“ Tübingen, 7.-10. April 2015 „Integrated Hydrosystem Modelling 2015" Conference Die Messe New Energy steht im Zeichen der Energiewende „von unten“. Im Fokus stehen der Eigenverbrauch erneuerbarer Energien, die alternative Mobilität mit Elektrofahrzeugen sowie energieeffizientes und ökologisches Bauen/Sanieren. Bei den Besucherforen erfahren MessebesucherInnen alles über aktuelle Technologien beispielsweise in den Bereichen Geothermie und Kleinwindenergie. Ein umfangreiches Rahmenprogramm zu aktuellen Themen ergänzt das Angebot der New Energy It is now well accepted that waterresources protection requires considering the coupled terrestrial hydrosystem at catchment scale, including atmospheric and land-surface processes, surface-water bodies, and processes in the unsaturated soil zone and in groundwater. The Universities of Tübingen, Hohenheim and Waterloo started an International Research Training Group on this topic in the year 2012, which is funded by Deutsche Forschungsgemeinschaft. With the first generation of doctoral candidates approaching their 42 degrees, we have invited internationally renowned specialists in various aspects of integrated hydrosystem modelling to give their broader perspectives on recent issues in modelling coupled systems. Leipzig, 17.-18. April 2015 Internationale Passivhaustagung Das Programm bietet in vier parallelen Arbeitsgruppen und mehreren Plenarsitzungen rund 100 Vorträge zu allen Bereichen des energieeffizienten und wirtschaftlichen Bauens und Sanierens. Am Beispiel realisierter Projekte zeigen Experten aus aller Welt die Potenziale intelligenter Architektur für Klimaschutz und Kosteneinsparung. Eine Fachausstellung begleitet die Tagung. Aufgrund der rasant wachsenden Nachfrage nach Informationen im Passivhausbau veranstaltet das Passivhaus Institut Darmstadt jährlich Tagungen, die sich zu einer zentralen Plattform für Wissenschaft, Architektur, Technik und Produktentwicklung im Bereich hochenergieeffizienten Bauens entwickelt haben. www.leipzig.de/bauen-undwohnen/stadtentwicklung/projekte/ passivhaustagung-2015 FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Termine/Impressum Seminare im Angebot der BDG Bildungsakademie e.V. Den Mitgliedern des VGöD stehen die Seminarangebote der Bildungsakademie, eines Schwestervereins des Berufsverbands Deutscher Geowissenschaftler (BDG) e.V., mit einem Preisnachlass von 10% offen. Weitere Informationen und Anmeldung unter www.geoberuf.de. Das Bildungszentrum für die Ver- und Entsorgungswirtschaft ist Kooperationspartner. Thema Datum Ort Bewertung von Bodenbelastungen für die Wirkungspfade „Boden-Mensch“ und „Boden-Pflanze“ 17.03.2015 Duisburg Klimaschutzmanager/ in in Kommunen Handlungsempfehlungen - Netzwerke- Leitfäden 15.04.2015 Essen Erfolgreiche Partizipation von Wutbürgern Kommunikationsstrategien für Infrastrukturprojekte 22.04.2015 Essen Bodenschutz in der Bauleitplanung aktuelle Arbeitshilfen zu flächenhafter Bodenschutz 21.05.2015 Essen Impressum Das FORUM der Geoökologie ist das offizielle Mitteilungsorgan des Verbandes für Geoökologie in Deutschland e. V. Es erscheint dreimal jährlich. Für Mitglieder des Verbands ist jede Gesamtausgabe auf der Homepage www.geooekologie.de auch als pdf verfügbar. Für NichtMitglieder sind nur ausgewählte Artikel freigeschaltet. Herausgeber: Verband für Geoökologie in Deutschland e. V., Alexanderstr. 9, D95444 Bayreuth. Redaktionsadresse: Verband für Geoökologie in Deutschland e. V., Redaktion FORUM, Alexanderstr. 9, D-95444 Bayreuth. E-Mail: forum.der(at)geooekologie.de. Redaktion: Larissa Donges, larissa.donges(at)geooekologie.de (V.i.S.d.P.); Andreas C. Braun, andreas.braun(at)geooekologie.de; Silja Hund, silja.hund(at)geooekologie.de; Daniel Klein, daniel.klein(at)geooekologie.de; Andrea Mehling, andrea.mehling(at)geooekologie.de; Julia Wesley, julia.wesley(at)geooekologie.de. Koordination des Schwerpunkts: Aletta Bonn und Susanne Hecker. Koordination im Vorstand: Alexandra Nonnast. Druck: Kössinger AG, Fruehaufstr. 21, D-84069 Schierling. Vertrieb: Geschäftsstelle des VGöD. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle Meinung des Verbandes wieder. Die Redaktion behält sich eine Redigierung der eingesandten Beiträge vor. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Zustimmung des Herausgebers gestattet. Auflage dieser Ausgabe: 850 Exemplare. Der Preis beträgt 4,60 €. Die Abgabe an die Mitglieder des VGöD erfolgt kostenlos. Gedruckt auf RecyStar Papier aus 100 % Altpapier. ISSN 0939 6632. Aus Gründen der Lesbarkeit wird in einigen Beiträgen ausschließlich die männliche Form verwendet. Gemeint ist selbstverständlich stets die weibliche und die männliche Form. Autoren der mit Kürzeln gekennzeichneten Beiträge: Larissa Donges (LaD) Homepage: www.geooekologie.de bzw. www.vgoed.de Der VGöD dankt dem Studiengang Geoökologie der Universität Tübingen für die Fördermitgliedschaft. Vorschau: 1/15: Jahrestagung 2/15: Vegetationskunde und Biogeografie FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 43 Vorschau Vorschau: Berufliche Wege in der Geoökologie und aktuelle Umweltthemen in der Gesellschaft Der Schwerpunkt der ersten FORUM-Ausgabe 2015 wird einen Rückblick auf die VGöD-Jahrestagung 2014 werfen Die Workshop-Tagung fand vom 21. bis 23. November unter dem Titel „Berufliche Wege in der Geoökologie und aktuelle Umweltthemen in der Gesellschaft“ in Potsdam statt. Prof. Dr. Matthias Finkbeiner der TU Berlin eröffnete den Freitagabend mit dem Vortrag: „Wann sind Produkte grün? – vom Carbon Footprint zur Nachhaltigkeitsbewertung“. Am nächsten Tag folgten diverse Workshops zu den Themen Berufseinstieg, nachhaltige Hochschullandschaft, Statistikprogramme, Fernerkundung und Umweltbildung in der Jugendverbandsarbeit. Den Abschluss der Veranstaltung bildeten zwei Exkursionen – auf den Potsdamer Wissenschaftsstandort am Telegrafenberg und in die Sielmann Naturlandschaft Döberitzer Heide. Fotos: Stefan Reuschel, Larissa Donges 44 FORUM GEOÖKOL. 25 (3), 2014 Im nächsten Heft: 6FKZHUSXQNWÄ%HUXÀLFKH:HJHLQGHU *HR|NRORJLHXQGDNWXHOOH8PZHOWWKHPHQ LQGHU*HVHOOVFKDIW³±HLQ5FNEOLFNDXIGLH 9*|'-DKUHVWDJXQJLQ3RWVGDP 1HXHVDXV)RUVFKXQJXQG3UD[LV XQWHUDQGHUHPEHU0OO LQMDSDQLVFKHQ .VWHQUHJLRQHQ 7LWHOELOG 1HXJLHUXQGHLQSDDU,PSXOVHJHQJHQRIWXP]XÄ%UJHUZLVVHQVFKDIWOHU,QQHQ³ ]XZHUGHQ )RWR+HOPKROW]=HQWUXPIU8PZHOWIRUVFKXQJ±8)=$QGUp.Q]HOPDQQ 3UHLV¼ ,661