DER GEWISSENLOSE MÖRDER HASSE KARLSSON ENTHÜLLT

Transcrição

DER GEWISSENLOSE MÖRDER HASSE KARLSSON ENTHÜLLT
DER GEWISSENLOSE MÖRDER
HASSE KARLSSON ENTHÜLLT
DIE ENTSETZLICHE
WAHRHEIT, WIE DIE FRAU
ÜBER DER EISENBAHNBRÜCKE
ZU TODE GEKOMMEN IST
HENNING MANKELL
BEGLEITMATERIAL
Begleitmaterial Der gewissenlose Mörder Hasse Karlsson … von Henning Mankell
1
.. Inhaltsverzeichnis
Besetzung................................................................................................................................S. 3
Kurzinhalt...............................................................................................................................S. 4
Henning Mankell - Autor………...........................................................................................S. 5
Karin Koller - Regie...............................................................................................................S. 5
Gernot Sommerfeld – Ausstattung…………………………………………..…………….....S. 5
Alfred Lauss – Bühnenmusik……………...…………………...……………..……………….S. 5
Interview mit Karin Koller und Daniel Ruben Rüb..............................................................S. 6
Vor dem Theaterbesuch
I. a) Worum geht’ s? – ein inhaltlicher Einstieg………………………………………....…..S. 8
b) „Wer ist das denn?“ – eine Leseprobe………………......……………...……………...…S. 8
II. Was bedeutet Freundschaft? – eine kreative Schreibübung……………….…………….S. 8
III. „Wie wär’ s mit einer Wette?“ – Statusübungen zum Thema Freundschaft………...S. 10
a) Heb’ auf! – Eine Statusübung für 4 SpielerInnen………………………………….........S. 10
b). Beim Direktor – Eine Statusimprovisation für 5 SpielerInnen ……………….........…S. 10
c). Ein familiäres Essen – Eine Statusimprovisation für 4 SpielerInnen ………...............S. 10
d) Zwei Freunde - Eine Statusimprovisation für 2 SpielerInnen……………….……….S. 11
Nach dem Theaterbesuch
I. Wortduell – ein spielerisches „Sicherinnern“..……………………..…………………....S. 12
II. „Wir werden Schrecken verbreiten!“ – Ein Diskussionseinstieg zum Thema Rache...S. 12
III. „Ich traue mich alles!“ oder „Warum macht man Dinge, die man nicht tun will?“....S. 14
IV. „Warum kann man sich seine Eltern nicht aussuchen? Fragen…................................S. 15
ANHANG...........................................................................................................................S. 17
Figurinen (Kostümentwürfe)...............................................................................................S. 18
Interview Henning Mankell................................................................................................S. 25
Kurzinhalt………………………………………………………………………………….…S. 27
Auszüge aus dem Strafgesetz ………………………………………………….………........S. 27
Warum würdest Du eine Mutprobe machen?....................................................................S. 28
Zweite Szene ……………………………………………………..…………………....….….S. 29
Begleitmaterial Der gewissenlose Mörder Hasse Karlsson … von Henning Mankell
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Besetzung
Hasse: Daniel Ruben Rüb
Schwalbe: Matthias Hacker
Hasses Mutter: Daniela Dett
Aurelia/Janine/Die alte Pferdehändlerin: Nora Dirisamer
Inszenierung: Karin Koller
Bühne und Kostüme: Gernot Sommerfeld
Musik: Alfred Lauss
Dramaturgie: Diana Madeheim
Regieassistenz und Abendspielleitung: Rebecca Hofbauer
Inspizienz: Gabriele Kortner
Souffleuse: Margareta Mittermayr
Theaterpädagogik: Anja Roß
Fotos: Christian Brachwitz
Premiere: 10. Jännar 2008 im u\hof:
Spieldauer: 80 Minuten
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Kurzinhalt
26 Jahre lang war Hasse Karlsson nicht zuhause und genauso lange hat er schon nicht mit
seiner Mutter gesprochen. Nun ist sie todkrank. Auf dem Weg zu ihr erinnert sich Hasse an
die Ereignisse, die zum Bruch mit ihr führten.
Begonnen hatte alles in einem klirrend kalten Winter in dem kleinen schwedischen Dorf:
Damals ist Hasse, Sohn eines armen Waldarbeiters, dreizehn Jahre alt und er kennt das Nest
wie seine Westentasche. Eines Tages ist sein „Klippenthron“ am Fluss von einem anderen
Jungen besetzt. Schwalbe ist ebenfalls dreizehn und der Sohn des neuen Oberförsters.
Schnell ist Hasse fasziniert von dem neuen Jungen und will ihn trotz – oder gerade wegen –
der Vorbehalte seiner Mutter unbedingt zum Freund, denn Schwalbe ist anders als die
anderen: Er ist selbstbewusst und macht nur, was er will. Und er will Angst und Schrecken
verbreiten! Rache lautet sein Motto, auch wenn er nicht sagt, wofür.
Als die Streiche immer grausamer werden, fragt sich Hasse, warum man Dinge macht, die
man eigentlich nicht tun will; gleichzeitig aber ist er beeindruckt von Schwalbes
Waghalsigkeit. Bis die merkwürdige Aurelia auf der Eisenbahnbrücke auftaucht...
Henning Mankell erzählt spannend wie in seinen erfolgreichen Krimis über Träume und
Enttäuschungen des Erwachsenwerdens, über „scheinbare“ Freundschaft und über Schuld
und Verantwortung.
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Henning Mankell - Autor
Henning Mankell wurde 1948 in Härjedalen bei Stockholm als Sohn eines Richters
geboren. Mit siebzehn zog er nach Stockholm und wurde Regieassistent am Riks Theater.
1972 erfüllte er sich einen Traum und reiste erstmals nach Afrika. Das Land wurde zu seiner
zweiten Heimat. Mankell arbeitete als Schriftsteller, Theaterregisseur und Intendant in
Schweden, bis er 1985 eingeladen wurde, in Maputo (Mosambik) ein professionelles
Theater aufzubauen. Seither verbringt er mehr als die Hälfte seiner Zeit in Maputo.
Ein Welterfolg wurde die Kriminalroman-Reihe, die Henning Mankell über den
schwedischen Kriminalkommissar Kurt Wallander geschrieben hat.
Karin Koller - Regie
Regiestudium am Max-Reinhardtseminar in Wien. Mitglied des Figurentheaters „Is
Mascareddas“, Italien, Sardinien. Regieassistenz in Paris „Théâtre de L’Odéon“ und in
Marseille „La Criée“. Arbeiten mit eigener Theatergruppe „Proscenion“ in Wien als
Autorin und Regisseurin. U. a. Einladung zum Festival „Impulse“ mit dem Stück über
Arbeitslosigkeit: „ARANÜ“. Engagements u. a. an WLB Esslingen, Thalia Theater Halle an
der Saale, Staatstheater Karlsruhe, Nationaltheater Mannheim, Staatstheater Braunschweig,
Schauspielhaus Salzburg, zuletzt mit der Inszenierung „Monsun“ von Anja Hilling. Lebt Als
freie Regisseurin in Wien.
Gernot Sommerfeld - Ausstattung
Studium für Malerei und Bühnenbild in Wien und Graz.
Seit 1986 Bühnenbilder, Ausstattungen und Rauminstallationen für Tanz und
Theaterproduktionen. Schauspielhaus Graz, Steirischer Herbst, Oper Leipzig , TAT
Frankfurt, Tanzfestivals in Kairo, Mexico City, Sao Paulo, Linz, Wien, Augsburg,
Braunschweig,St.Gallen.
Rauminstallationen in Kopenhagen, MUQUA Wien, Odeon Wien, ...
Lebt und arbeitet in Wien und Niederösterreich.
Alfred Lauss - Bühnenmusik
Posaunist und künstlerischer Leiter sowie Kreativkopf von Pro Brass. Zahlreiche
Kompositionen und Bearbeitungen für das Ensemble. Wurde mit Pro Brass 1996 mit dem
Großen Landespreis für initiative Kulturarbeit ausgezeichnet. 1996 Gründung des Labels
AtemMusik, Produktionen mit Hans Gansch, Art of Brass und vorwiegend Pro Brass. Lauss
arbeitet als Produzent, Komponist, Arrangeur und leitet Kulturprojekte. Lehrtätigkeit im
oberösterreichischen Landesmusikschulwerk.
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Interview von Diana Madeheim mit Karin Koller und Daniel
Ruben Rüb
Was hat dich an dem Stück gereizt, was macht es spannend für dich?
Karin Koller: Es hat mir von Anfang an gut gefallen wegen seiner Traurigkeit und seiner
Erbarmungslosigkeit, die tatsächlich unter die Haut gehen. Es ist auch ein vielschichtiges
Stück mit sehr komplexen und geheimnisvollen Figuren, und außerdem finde ich es mutig,
ein junges Publikum mit so vielen Themen anzusprechen: Schuld, Mitläufertum, Tod,
Zuspätkommen...
Daniel Ruben Rüb: Was ich an dem Stück interessant fand ist, dass so viel über die
Atmosphäre der Einsamkeit geht. Es spielt in Schweden, in einem kleinen Dorf, es ist
immer kalt. Auch der Anfang mit dem erwachsenen Hasse spielt in der Einsamkeit im Wald,
und genau in dieser Situation kommen plötzlich die Erinnerungen an seine Kindheit wieder
hoch, die ihn nie richtig losgelassen haben.
Der Titel des Stücks mit der Betonung auf „Mörder“ legt die Vermutung nahe, dass es in dem Stück
in erster Linie um Gewalt geht. Stimmt das?
D.R.: Der Titel lässt einen an eine Gerichtsverhandlung denken, in dem der Mörder, der
die Frau umgebracht hat, sagt, wie er es gemacht hat. Für mich ist das interessante, dass es
eine Erinnerung von einem erwachsenen Menschen ist, die mit einem Kinderstreich
angefangen hat und sich bis ins Alter weiter durchzieht.
K.K.: Ich finde es auch ein tragisch-realistisches Element, dass man relativ leicht durch
Unterlassung zum Mörder werden kann. Und ich glaube, dass einem diese Art von
„Unterlassungsmörder“ viel näher ist, wo z. B. ein Kind in der Nachbarschaft misshandelt
wird und keiner tut etwas; da gibt es rundherum ganz viele Mörder.
Zwischen Hasse und Schwalbe spielen Mutproben eine große Rolle. Woher glaubt ihr, kommt die
immer größere Bereitschaft von Jugendlichen zu solchen Mutproben und zu einer erhöhten
Risikobereitschaft?
D.R.R.: Ich glaube, dass Mutproben im Alter von 13 Jahren, wie die Jungen im Stück, eine
Sache von Gruppenzugehörigkeit sind. Wenn man eine Mutprobe nicht macht, wird man
ausgeschlossen; ich denke, dass das die Motivation für viele Jugendliche ist, diese
Mutproben zu machen.
Denkst du, das ist auch Hasses Grund, Dinge zu machen, die er nicht tun will?
D.R.R.: Hasse will zum Einen auch sich selber austesten, ob er das macht. Er wird zu Hause
sehr bevormundet und versucht da seine Grenzen auszutesten, was geht und was nicht. Und
da ist sein neuer Freund Schwalbe ein großer Motor für ihn.
K.K.: In dem Stück spielen auch Unglück und Pech eine große Rolle. Es fängt mit
Jungenstreichen an und ein Unglück kommt hinzu und da fehlt dann aber der Mut, die
Bremse zu ziehen, wenn man das Unglück schon erkannt hat. So erkennen auch die Jungen
im Stück sehr wohl die Gefahren, aber in letzter Instanz sind sie halt doch wieder nur kleine
Jungs und haben die Hosen voll und können vor lauter Angst nur fliehen.
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D.R.R.: Sie leben einfach beide zu sehr im Moment. Sie finden etwas super und machen das
dann einfach und haben auch ihren Spaß daran, aber sie reflektieren nicht, was passieren
könnte.
K.K.: Man macht ja als junger Mensch ganz viele Sachen, die ins Auge hätten gehen können
und wo man Glück hat und es passiert halt nichts. Und in diesem Stück geht es eben nicht
gut aus.
Bei Hasse sind ja auch die Eltern zentrale Figuren, vor allem die Mutter. Ist das Stück für euch
auch eine Parabel für das Verhältnis zwischen Eltern und heranwachsenden Jugendlichen?
D.R.R.: Ich glaube, dass Hasses Fall ein ganz spezieller ist, da der Vater für ihn gar nicht
richtig greifbar ist und somit ein wichtiger Teil für ihn fehlt. Umso mehr ist bei ihm die
Mutter für die Erziehung verantwortlich, und von dieser möchte er sich mit 13 Jahren
natürlich auch lösen. Doch die Mutter will ihn nicht wirklich loslassen, weil sie selbst noch
ihren eigenen Träumen nachhängt, die sich nicht verwirklicht haben. Auch sie hat als sie
jünger war eine Entscheidung getroffen bzw. nicht getroffen, die sich auch bei ihr natürlich
auf ihr weiteres Leben ausgewirkt hat.
K.K.: Das Stück zeigt deutlich, dass Eltern natürlich auch oftmals überfordert sind, dass sie
oft keine erwachsenen, sondern nur älter gewordene Menschen sind. Auch ihnen werden
Entscheidungen, die zu treffen sind, oft vom Leben abgenommen, ohne dass man einen
eigenen Einfluss darauf hat. Die Mutter von Hasse ist überfordert durch die finanzielle
Situation und durch das Zusammenleben mit einem depressiven Mann.
Denkt ihr, Hasse macht bei den Aktionen von Schwalbe mit, weil er durch die Abwesenheit seines
Vaters die typischen Männerbilder vermisst bzw. sich austesten will in jugendlichen
Männlichkeitsritualen?
K.K.: Ich glaube, dass Hasse in der Phase ist, in der man Vorbilder sucht und wenn dann ein
Vater so ganz als Vorbild wegfällt, dann nimmt man sich sicher auch Gleichaltrige als
Vorbilder. Und sicher steht auch z. B. Schwalbes Vater als Oberförster besser in der
Gesellschaft da, als ein Vater, dem man immer nachlaufen muss und den man am besten vor
der Öffentlichkeit verstecken muss. Hasse kann auf seinen Vater leider auch nicht stolz sein.
Was können Jugendliche und auch Erwachsene aus dem Stück mitnehmen?
K.K.: Ich denke, dass es wegen seiner Vielschichtigkeit sehr unterschiedliche Reaktionen
geben wird. Da kann jemand im Publikum sitzen, der ganz genau weiß, wie es ist, wenn man
etwas ausgefressen hat und da nicht mehr rauskommt oder wie man sich durch Lügen in
etwas hineinmanövriert, wo man dann keinen Ausweg mehr sieht. Es kann auch sein, dass
sich jemand als so ein Mitläufer wie Hasse wiedererkennt, bei dem man weiß, dem fehlt jetzt
einfach der Mut zu sagen „Stopp, da mache ich nicht mehr mit.“ Also kann man es nicht auf
eine Reaktion zusammenfassen. Die Themen „Spiel“ und „Courage“ sind natürlich von
ganz zentraler Bedeutung, aber nicht nur in der Form, dass man den Jugendlichen sagt
„Seid mutig!“, sondern eher ein Verständnis aufbaut dafür, dass Mutigsein oft nicht einfach
ist.
D.R.R.: Und dafür dass es mutig ist, das zu sagen, was man nicht sagen möchte und seine
eigene Angst zu überwinden.
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Vor dem Theaterbesuch
I. a) Worum geht’ s? – ein inhaltlicher Einstieg
Dauer: 10-15, bzw. 30 Minuten, funktioniert gut im Stuhlkreis
Verteilen Sie die Inhaltsangabe des Stücks (s. Anhang) an Ihre SchülerInnen. Gemeinsam
wird der Text Satz für Satz gelesen. Reihum liest jedeR einen Satz. (5 Minuten)
In einem offenen Gespräch wird in eigenen Worten kurz zusammengefasst, worum es geht.
Welche Themen sind, der Inhaltsangabe nach, zentral in dem Stück? (5 Minuten)
Um spielerisch mit der Inhaltsangabe umzugehen, können Abschnitte aus dem Text z.B. als
Nachrichtensprecher, Sportmoderator, Priester,… gelesen werden. (Dafür können Zettel
vorbereitet werden, auf denen Wörter wie z.B. Priester stehen. Die Jugendlichen ziehen
einen Zettel, haben 5 Minuten Zeit sich vorzubereiten und tragen dann den dem Publikum
den Text in der jeweiligen Art und Weise vor. Die anderen müssen raten, wer gesprochen
hat). (15 Minuten)
Im Anschluss daran können Sie den SchülerInnen die Figurinen zeigen (s. Anhang).
I. b) „Wer ist das denn?“ – eine Leseprobe
Dauer: 10-15 Minuten, funktioniert gut im Stuhlkreis
In einer weiteren Runde kann die zweite Szene der Stücks gelesen werden, in der sich Hasse
und Schwalbe zum ersten Mal begegnen (s. Anhang). Zunächst wird die Szene von drei
SchülerInnen gelesen (Regietext, Hasse, Schwalbe).
Danach wird der Text im Kreis gelesen, Satz für Satz. Der Sitznachbar gibt jetzt dem
Lesenden vor, mit welchem Sprechgestus der Satz gelesen werden soll. Experimentiert
werden soll mit unterschiedlichen Intonationsmöglichkeiten wie: arrogant, schüchtern,
nervös, frech, besserwisserisch etc.
II. Was bedeutet Freundschaft? – eine kreative Schreibübung
Dauer: ca. 15 Minuten, bzw. 30 Minuten, Sie benötigen ein großes Blatt Papier,
einen dicken Filzer, eine Uhr. Die SchülerInnen brauchen Zettel und Stift.
Die Beziehung zwischen Hasse und Schwalbe steht im Vordergrund der Inszenierung.
Um die SchülerInnen für das Thema Freundschaft zu sensibilisieren und herauszufinden,
wie sie selbst dazu stehen, folgende Übung:
JedeR SchülerIn schreibt auf seinen Zettel den Satzanfang:
Jemand ist mein Freund/ meine Freundin, wenn …
Nun sollen die Jugendlichen ohne nachzudenken und ohne den Stift auch nur einmal
abzusetzen den Satz unendlich oft zu Ende schreiben. Sie haben dafür genau 5 Minuten
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Zeit. Fällt ihnen nichts ein, müssen sie den Anfang des Satzes wieder aufschreiben; so oft,
bis ihnen was Neues einfällt. .Wichtig dabei ist, dass nie aufgehört wird zu schreiben.
Nach 5 Minuten setzen alle den Stift ab. JedeR überfliegt noch einmal seinen geschriebenen
Text und unterstreicht die für ihn/sie wichtigsten 3 Sätze.
Aus den 3 Sätzen wird der Treffendte hervorgehoben.
Reihum werden die Sätze vorgelesen und auf einem großen Blatt Papier festgehalten.
Im Plenum werden die Ergebnisse diskutiert.
In einer zweiten Runde kann die Übung ergänzt werden mit dem Satz:
Jemand ist nicht mehr mein Freund/ meine Freundin, wenn …
Erfahrungsgemäß ist diese Frage für die Jugendlichen noch interessanter.
Als Vorbereitung für den Theaterbesuch können Sie Ihren SchülerInnen folgende Fragen
mit auf den Weg geben:
Warum freundet sich Hasse mit Schwalbe an? Würdest du auch gerne Hasse, bzw. Schwalbe zum
Freund haben?
Warum/ warum nicht?
Gibt es im Stück Momente, in denen Hasse an seiner Freundschaft zu Schwalbe zweifelt? Kannst du
das nachvollziehen? Wie würdest du reagieren?
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III. „Wie wär’s mit einer Wette?“ Statusübungen zum Thema Freundschaft
Die Beziehung von Hasse und Schwalbe ist hierarchisch angelegt: Schwalbe ist der
Anführer, der Macher, der weiß, wo es langgeht, während sich Hasse mitziehen lässt und
nur selten Eigeninitiative zeigt. Zwischen den Jungen steht immer wieder die Frage nach
dem Status. Wer hat das Sagen, wer kennt sich besser aus, wer gewinnt? Wer hat den
Hochstatus, wer den Niedrigstatus?
Beispiel aus Szene 6a. Hasse und Schwalbe hocken bei der hohen, dunklen Eisenbahnbrücke
Hasse:
Schwalbe:
Hasse:
Schwalbe:
Hasse:
Schwalbe:
Hasse:
Es ist zu kalt. Ich gehe nach Hause. Ich habe meine Aufgaben nicht gemacht.
Du hast Schiss. Du bist ein Feigling. Das bist du.
Das bin ich nicht.
Dann musst du es tun!
Warum sollte ich? Warum nicht du?
Weil wir das so beschlossen haben.
Du hast das beschlossen. Ich nicht…
Um sich dieser Thematik intensiv zu nähern, schlage ich Ihnen verschiedene Statusübungen
vor.
III. a) Heb’ auf! – Eine Statusübung für vier Personen
Dauer: ca. 20 Minuten. Sie benötigen etwas Platz (Bühnensituation) und einen Hut.
Vier SchülerInnen stellen sich nebeneinander in eine Reihe. Die Personen gehören einer
Jugendgang an. Rechts außen ist der 1. Anführer (Hochstatus), die Person daneben der 2.
Anführer, danach kommt der Helfer Nr. 1 und links außen steht der Helfer Nr. 2
(Tiefstatus). Der 1. Anführer hat einen Hut auf, wirft diesen dem 2. Anführer vor die Füße
und sagt: „Heb auf!“
Fühlt sich der 2. Anführer aufgefordert dies zu tun, hebt er den Hut auf und setzt ihn sich
auf den Kopf. War der Befehl nicht überzeugend, muß er so lange wiederholt werden, bis er
vom 2. Anführer akzeptiert wird (es muß irgendwann akzeptiert werden). Danach schlägt
der 1. Anführer dem 2. Anführer den Hut vom Kopf. Der 2. Anführer fordert nun den
Helfer Nr. 1 auf, den Hut aufzuheben usw. Der Helfer Nr. 2 muß den Hut selber aufheben
und ihn sich aufsetzen, usw.
Bei der Übung geht es u. a. darum, zu zeigen, dass der Status einer Person immer von
seinem Gegenüber abhängig ist. Wenn z.B. dem 2. Anführer der Hut vom 1. Anführer
runter geschlagen wird, befindet sich der 2. Anführer im Tiefstatus. Wenn er dann aber den
Helfer Nr. 1 auffordert, den Hut aufzuheben, ist er im Hochstatus. Des Weiteren soll
herausgefunden werden, wann ein Hochstatus glaubwürdig ist.
III b). Beim Direktor – Eine Statusimprovisation für 5 SpielerInnen
Dauer: ca. 25 Minuten. Sie benötigen Platz für eine Bühnensituation und vier Stühle
Folgende Situation wird vorgegeben: Im Vorzimmer des Direktors stehen vier Stühle. Es
kommen fünf SchülerInnen rein, die ein Gespräch beim Direktor haben und nun warten
müssen. Alle wollen sich hinsetzen.
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Jede Person zieht vor der Improvisation einen Zettel mit einer Zahl drauf. Eins bedeutet
Hochstatus, Fünf bedeutet Tiefstatus. Die anderen Zahlen geben die Abstufungen an.
Aufgabe ist es, die Szene zu spielen, wobei der eigene Status beachtet werden und der Status
der anderen herausgefunden werden muß. Die Szene ist beendet, wenn vier der Personen
sitzen. Die Szene kann sowohl nonverbal, als auch mit Text gespielt werden. Nach dem
Szenenspiel gibt jedeR SpielerIn seine Vermutung ab, wer welchen Status hatte. Auch das
Publikum kann sagen, was es gesehen hat.
III c). Ein familiäres Essen – Eine Statusimprovisation für 4 SpielerInnen
Dauer: ca. 25 Minuten. Sie benötigen Platz für eine Bühnensituation und vier Stühle
Folgende Situation wird vorgegeben:
Vier Akteure betreten die Bühne. Es handelt sich um eine Familienszene (etwa ein Essen)
Die Rollen werden zuerst aufgeteilt. Auf Zetteln stehen die Zahlen 1-4 (1 Hochstatus, 4
Tiefstatus). JedeR SpielerIn bekommt einen Zettel, den die anderen und die Zuschauer
nicht sehen. Nun beginnt die Szene, in der jeder darauf achten muss, seinen vorgegebenen
Status einzuhalten. Wer war wer?
III d). Zwei Freunde – Eine Statusimprovisation für 2 SpielerInnen
Dauer: 15-30 Minuten. Sie benötigen Platz für eine Bühnensituation
Vorgabe: zwei Freunde treffen sich, um z.B. gemeinsam jemanden zu erschrecken, über eine
Brücke zu klettern, …Der Status wird von der Spielleitung vorgegeben, dem Publikum aber
nicht bekanntgegeben. Die Improvisation wird vor der Klasse gespielt. Nach der Szene
beschreibt das Publikum die Szene: Wer hatte
welchen Status? Woran habt ihr das erkannt? Als
Erweiterung kann gespielt werden, daß die Person
mit dem Niedrigstatus Versuche unternimmt, den
Hochstatus zu bekommen. Wovon hängt es ab, ob
ein Statuswechsel stattfindet?
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Nach dem Theaterbesuch
I. Wortduell – ein spielerisches „Sicherinnern“
Dauer: 10-15 Minuten.
Als Einstieg zur Nachbereitung, bietet sich ein einfaches Wortduell-Spiel an. Die
SchülerInnen suchen sich in Paaren einen Platz im Raum und stellen sich voreinander
gegenüber. Auf ein Zeichen beginnen sie (alle Paare gleichzeitig) abwechselnd ein Wort zu
sagen, das sie mit dem Theaterstück assoziieren. Sobald eineR nachdenken muss oder ein
„mh“ oder „ähm“ sagt, bekommt der/die andere einen Punkt. Wer zuerst drei Punkte hat,
hat gewonnen.
Danach wechseln die Paare und das Spiel beginnt von vorn. Da der Wortschatz nun
gewachsen ist, müssten die Assoziationsketten länger werden.
Danach gibt es eine dritte Runde. Am Ende wird gefragt, welches Paar der Meinung ist, die
meisten Wörter gefunden zu haben. Vor der Klasse bestreitet dieses Paar das letzte,
öffentliche Wortduell.
II. „Wir werden Schrecken verbreiten!“ – Ein Diskussionseinstieg zum
Thema Rache
Dauer: ca. 20 Minuten
Schwalbe will Schrecken verbreiten und sein Motiv, behauptet er, ist die Rache. Um einen
thematischen Einstieg zu finden, können Sie zunächst die zwei Dialoge von Ihren SchülerInnen
lesen lassen.
1. Dialog:
Schwalbe:
Hasse:
Schwalbe:
Hasse:
Jetzt ist sie auserwählt.
Was heißt auserwählt?
Für unsere Rache, selbstverständlich. Wir werden sie erschrecken. Verstehst du gar
nichts? Er verschwindet schnell im Dunkeln. Hasse bleibt zurück.
Was für eine Rache? Rache wofür?
2. Dialog:
Hasse:
Schwalbe:
Hasse:
Schwalbe:
Hasse:
Schwalbe:
Hasse:
Schwalbe:
Hasse:
Schwalbe:
Hasse:
Schwalbe:
Du, Schwalbe?
Ja?
Wofür sollen wir uns eigentlich an der Pferdehändlerin rächen?
Irgendwas.
Was hat sie denn getan?
Alle haben irgendetwas getan.
Sie hat überhaupt nichts getan.
Hat sie nicht?
Nee …
Du hast gesagt, sie sei geizig.
Das habe ich bloß gehört…
Dann rächen wir uns dafür. Keiner entkommt unserer Rache!
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Klären Sie mit Ihren SchülerInnen den Begriff „Rache“. In Kleingruppen können sie nach eigenen
Definitionen suchen, diese im Plenum vorstellen und evtl. mit der Definition aus Wikipedia
vergleichen.
Rache ist eine Handlung, bei der ein Rächer jemandem das Gleiche oder Schlimmeres antut, was
dieser ihm, oder einem Dritten, zuvor angetan hat. Sie geht oft mit der Emotion der Rachlust einher,
der die Schädigung oder Verletzung des Kontrahenten zur Genugtuung dient. Doch wird sie eben
sowohl auch kühl geplant (kalte Rache) und kann auch verhohlen und heimtückisch ausgeübt werden
(heimliche Rache). Das dazugehörige Verb heißt rächen und ist entweder auf den Gegenstand des
vorherigen Tatbestands (etwas oder jemanden rächen, Akkusativ) oder auf die Person, der die Rache gilt
(sich an jemandem rächen, Dativ) bezogen. (Wikipedia)
Zurück zum Stück:
Wofür will sich Schwalbe rächen?
Wie begründet er seine Rache?
Was für Opfer sucht er sich aus?
Wie rächt er sich?
Wieso zieht er Hasse mit rein? Welche Rolle spielt Hasse dabei für ihn?
Wieso lässt sich Hasse mitreinziehen?
Von der „Stückrealität“ zur „Alltagsrealität“
Könnt ihr Hasses Rache nachvollziehen?
Habt ihr euch schon mal für etwas gerächt?
Gibt es eine gerechte, bzw. ungerechte Rache?
Gibt es Alternativen zur Rache?
Die „Rache“ an Aurelia führt
zum Todesfall. Hasse ist
daran beteiligt und macht
sich mitschuldig. Im Anhang
finden Sie Auszüge aus dem
Strafgesetz, wobei es u.a. um
unterlassene Hilfeleistung
geht.
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III. „Ich traue mich alles!“
oder „Warum macht man Dinge, die man nicht tun will?“
Dauer: ca. 40 Minuten.
Während Schwalbe sich scheinbar alles traut, fragt sich Hasse, warum er Dinge macht, die
er nicht tun will. Schwalbe will sich rächen und sucht die Herausforderung. Er provoziert
Hasse, fordert ihn heraus und gemeinsam bestreiten sie Mutproben. Oft sind die
Mutproben mit Wetten verbunden:
Schwalbe:
Hasse:
Schwalbe:
Hasse:
Schwalbe:
Wie wär’ s mit einer Wette?
Was für eine?
Irgendeine
Warum willst du immer wetten? Ich habe kein Geld.
Wer gewettet hat, weiß, ob er ein Gewinner ist oder ein Verlierer.
Um sich spielerisch dieser Thematik zu nähern, schlage ich Ihnen den kleinen „Was für
Mutprobetypen sind Schwalbe und Hasse, was für ein Mutprobentyp bin ich?“ - Test vor,
den Sie im Anhang finden.
Danach können folgende Fragen zunächst in Kleingruppen vordiskutiert und im Plenum
vorgestellt werden.
Welche Mutproben bestreiten Schwalbe und Hasse?
Wie hängen die Mutproben mit der Rache zusammen?
Warum sucht Schwalbe nach der Herausforderung?
Warum macht Hasse mit, wenn er doch eigentlich nicht will?
Welche Zweifel hat Hasse?
Worin könnte für Hasse der Reiz liegen, doch mitzumachen?
Wie geht es den beiden nach einer Mutprobe (z.B. am gefrorenen Stahlträger lecken)?
Was hältst du von Schwalbes Aussage: „Wer gewettet hat, weiß, ob er ein Gewinner ist oder
ein Verlierer.“
Gibt es gute und schlechte Mutproben?
Zur weiteren Information für Sie, folgender Auszug aus einer Studie:
Mutproben im Jugendalter: Jugendliche balancieren auf den Geländern von Brücken, laufen über stark
befahrene Autobahnen, setzen sich auf Schienen vor herannahenden Zügen, surfen auf Autos und Zügen,
veranstalten Autorennen im Stadtverkehr, versetzen sich gegenseitig in Ohnmacht oder trinken große Mengen
hochprozentiger Alkoholika, um ihren „Mut“ unter Beweis zu stellen.
„Du bist mit Freunden unterwegs, und einige wollen etwas Waghalsiges unternehmen. Was würdest Du tun?“
Die Ergebnisse der Befragung zeigten, dass jeder sechste Junge sich vorstellen könnte, ohne Seil an einer
hohen Brücke herumzuklettern. Immerhin 10% der Jungen und 4% der Mädchen würden ihren Mut beim Soder U-Bahn-Surfen demonstrieren. Jeder zwölfte Junge hätte kein Problem damit, von einem Lastwagen
abzuspringen, der 50 km/h schnell fährt.
Das Hauptmerkmal einer „Mutprobe“ ist die subjektiv erlebte Überwindung von unangenehmen Gefühlen wie
Angst, Unsicherheit, Ekel oder Scham (Raithel 2000): Wer beispielsweise seine Angst vor Schmerz überwindet
und den Finger in eine Kerzenflamme hält, beweist sich selbst und anderen, dass er „mutig“ ist. Dabei muss er
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sich nicht unbedingt großen „objektiven“ Gefahren aussetzen: Die Überwindung von Ekel beim Anfassen
einer ungiftigen Spinne oder beim Essen eines Regenwurms kann ein großes subjektives Erfolgserlebnis für
den Ausführenden darstellen, obwohl diese Mutproben weitgehend „ungefährlich“ sind. Wer stattdessen
seinen Mut beim Balancieren auf dem Geländer einer Autobahnbrücke beweisen will, setzt sich einem großen
Unfallrisiko aus.
Damit eine riskante Verhaltensweise als „Mutprobe“ bezeichnet werden kann, muss dem Ausführenden das
einzugehende Risiko zumindest ansatzweise bewusst sein. Nur so kann ein Gefühl von Angst oder
Unsicherheit aufkommen, das es mit der Mutprobe zu überwinden gilt.
IV. „Warum kann man sich seine Eltern nicht selber aussuchen?“
Fragen zur Anregung einer Diskussion
Dauer: ca. 20 Minuten
Der Konflikt zwischen Hasse und seiner Mutter ist ein weiteres zentrales Thema und bildet
den Rahmen der Handlung.
Szene 1
Hasse:
Szene 18
Hasse:
(…) als ich in der Dunkelheit stand und fror,
sah ich die Geschichte,
die geschah, als ich mich damals mit meiner Mutter zerstritt,
wieder vor mir.
Es war, als ob ich wieder ein dreizehnjähriger Junge wäre,
und ich dachte: Wie ist es eigentlich
damals zu all dem gekommen?
Damals vor sechsundzwanzig Jahren?
Mutter (…) ich werde dir jetzt erzählen, wie es war…Wenn
du mir verrätst, warum ich dich so enttäuscht habe. Kannst du mir den
Gefallen tun, Mutter? Mutter … Mutter…
Mit folgenden Fragen können Sie das Verhältnis von Mutter und Sohn beleuchten:
Was erfahren wir über die Mutter von Hasse?
Wie steht Hasse zu seiner Mutter?
Was erwartet die Mutter von ihrem Sohn?
Wann kommt es zu Konflikten?
Wie kommt es dazu, dass Hasse seine Mutter anlügt?
Wie geht die Mutter damit um?
Welche Bedeutung haben die Träume?
Übergang zur eigenen Alltagsrealität
Hast du deine Eltern schon einmal angelogen? Wie stehst du dazu? Ist das ok?
Gibt es Momente, in denen du dich für deine Eltern schämst?
Wann kommt es bei euch zuhause zu Konflikten?
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Weitere Fragen:
Was erfahren wir über den Vater von Hasse?
Wie ist die Beziehung zwischen Hasse und seiner Mutter?
Beschreibe die Pferdehändlerin, Janine und Aurelia. Was ist das Besondere an den Figuren?
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A
N
H
A
N
G
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17
HASSE (JUNG)
DANIEL RUBEN RÜB
FIGURINE VON GERNOT SOMMERFELD
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18
HASSE (ALT)
DANIEL RUBEN RÜB
FIGURINE VON GERNOT SOMMERFELD
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19
SCHWALBE
MATTHIAS HACKER
FIGURINE VON GERNOT SOMMERFELD
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20
DIE PFERDEHÄNDLERIN
NORA DIRISAMER
FIGURINE VON GERNOT SOMMERFELD
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21
AURELIA
NORA DIRISAMER
FIGURINE VON GERNOT SOMMERFELD
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22
JANINE I.
NORA DIRISAMER
FIGURINE VON GERNOT SOMMERFELD
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JANINE II.
NORA DIRISAMER
FIGURINE VON GERNOT SOMMERFELD
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HENNING MANKELL über sein Verhältnis zu
Gewaltverbrechern, seine Liebe zu Verdi-Opern und die
Flutkatastrophe in Mocambique
Von Günter Kaindlstorfer
[…]
Würden Sie sich als "realistischen Schriftsteller" bezeichnen?
Mankell: Absolut, ja, auch im buchstäblichen Sinn. Es ist ja nicht meine morbide Phantasie,
die sich die gräßlichen Verbrechen ausdenkt, die in meinen Büchern vorkommen. Es macht
mir keinen Spaß, so etwas zu schreiben, wirklich nicht. Was immer ich beschreibe, könnte
tatsächlich irgendwo passieren. In diesem Sinn bin ich Realist. Ich könnte mir nie so brutale
Dinge ausdenken, wie die Wirklichkeit sie tagtäglich hervorbringt.
[…]
Herr Mankell, Sie haben einige sehr erfolgreiche Kinderbücher geschrieben. Erinnern Sie sich gern
an Ihre Kindheit?
Mankell: Es gibt schöne und weniger schöne Erinnerungen.
Sie sind bei Ihrem Vater aufgewachsen ohne Mutter. Hat Sie Ihnen gefehlt?
Mankell: Nach der Scheidung meiner Eltern habe ich bei meinem Vater gelebt, das stimmt,
gemeinsam mit meinen Geschwistern ich habe noch eine Schwester und einen Bruder.
Mein Vater hat als Jurist gearbeitet, wir sind nach der Scheidung in die Provinz Härjedalen
gezogen, in den Norden Schwedens, in eine kleine Stadt mit zweitausend Einwohnern. In
den fünfziger Jahren war die Tatsache, daß wir bei meinem Vater lebten, ein kleiner
Skandal, viele Leute hatten Schwierigkeiten, das zu verstehen, denn normalerweise lebten
die Kinder nach einer Scheidung bei der Mutter. Verschärft wurde die Situation durch die
Tatsache, daß mein Vater RICHTER war. Aber gut, so war es eben, wir kamen im großen
und ganzen gut zurecht mit dieser Situation. Wir wohnten in einem kleinen Ort,und blieben
dort bis zum Ende der Pflichtschule. Dann mußten wir wieder umziehen, in eine größere
Stadt, damit meine Geschwister und ich eine höhere Schule besuchen konnten. Der Ort, in
dem ich meine Kindheit verbracht habe, war wirklich sehr klein, er hatte vielleicht 2000
Einwohner.
Waren Sie ein glückliches Kind?
Mankell: Ich möchte nicht zu viel darüber sprechen, aber eines kann ich Ihnen erzählen:
Ich habe sehr früh in meinem Leben begriffen, daß die Phantasie eine gewaltige Kraft ist.
Sie ist nicht nur nützlich, wenn man ein Baumhaus bauen oder eine schöne Zeichnung
machen will, sie kann auch helfen, Probleme zu bewältigen. Ich kann mich gut erinnern: Als
Kind habe ich mir Phantasiegestalten erfunden, mit denen ich gespielt und mich unterhalten
habe. Das hat mir geholfen, bestimmte Perioden meiner Kindheit zu überstehen. Seither
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weiß ich: Die Phantasie ist eine gewaltige Kraft. Es klingt jetzt vielleicht pathetisch, aber ich
sage es trotzdem: Manchmal hilft sie sogar, zu überleben.
Haben Sie Ihre Mutter wiedergesehen?
Mankell: Ja, als ich fünfzehn war. Damals wurden wir Freunde. Und wir blieben es bis zu
ihrem Tod.
Sie sind in Nordschweden aufgewachsen das stellt man sich ziemlich einsam vor.
Mankell: Das ist es, das ist es wirklich. Vielleicht bin ich als Erwachsener nach Schonen
übersiedelt, in den Süden des Landes, weil die Landschaft dort offener ist, weil es weniger
Wälder gibt als im Norden. Mein Bedarf an Wäldern ist gedeckt, das kann ich Ihnen sagen.
Im Norden gibt es Wälder und nichts als Wälder. Dort kann es auch im Juni noch schneien:
Bis nach Stockholm fuhr man in den fünfziger Jahren zwei Tage mit dem Zug. Das war eine
Weltreise.
Heimweh nach Härjedalen haben Sie heute nicht mehr?
Mankell: Nein. Aber wenn ich die Gegend heute besuche, dann spüre ich deutlich, daß dort
meine Wurzeln liegen. Die STILLE, die dort herrscht... unglaublich. Sie können sich diese
Stille nicht vorstellen. Ich nehme auch sofort den Dialekt wieder an, wenn ich in die
Gegend komme. Man trägt die Prägungen der Kinderzeit eben ein Leben lang mit sich.
Warum schreiben Sie für Kinder? Was reizt Sie daran?
Mankell: Wir haben die Verpflichtung, mit der nächsten Generation zu sprechen. Das
Schreiben für Kinder ist ungeheuer schwer, sie sind kritischer als Erwachsene. Man kann sie
als Autor nicht so leicht hinters Licht führen.
http://www.kaindlstorfer.at/interviews/mankell.html
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Kurzinhalt
26 Jahre lang war Hasse Karlsson nicht zuhause und genauso
lange hat er schon nicht mit seiner Mutter gesprochen. Nun
ist sie todkrank. Auf dem Weg zu ihr erinnert sich Hasse an
die Ereignisse, die zum Bruch mit ihr führten.
Begonnen hatte alles in einem klirrend kalten Winter in dem
kleinen schwedischen Dorf: Damals ist Hasse, Sohn eines
armen Waldarbeiters, dreizehn Jahre alt und er kennt das
Nest wie seine Westentasche. Eines Tages ist sein
„Klippenthron“ am Fluss von einem anderen Jungen besetzt.
Schwalbe ist ebenfalls dreizehn und der Sohn des neuen
Oberförsters. Schnell ist Hasse fasziniert von dem neuen
Jungen und will ihn trotz – oder gerade wegen – der
Vorbehalte seiner Mutter unbedingt zum Freund, denn
Schwalbe ist anders als die anderen: Er ist selbstbewusst und
macht nur, was er will. Und er will Angst und Schrecken
verbreiten! Rache lautet sein Motto, auch wenn er nicht sagt,
wofür.
Als die Streiche immer grausamer werden, fragt sich Hasse,
warum man Dinge macht, die man eigentlich nicht tun will;
gleichzeitig aber ist er beeindruckt von Schwalbes
Waghalsigkeit. Bis die merkwürdige Aurelia auf der
Eisenbahnbrücke auftaucht...
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Warum würdest du eine Mutprobe machen?
Was für Mutprobentyen sind Schwalbe und Hasse,
was für ein Typ bist Du?
SCHWALBE
um Spaß zu haben
ja
nein
um etwas Neues auszuprobieren
ja
nein
weil es dazu gehört, wenn man jung ist
ja
nein
um mir etwas zu beweisen
ja
nein
um einen „Kick“ zu erleben
ja
nein
um mir selbst zu gefallen
ja
nein
aus Langeweile
ja
nein
weil es von Freunden verlangt wurde
ja
nein
um meinen Freunden zu gefallen
ja
nein
HASSE
um Spaß zu haben
um etwas Neues auszuprobieren
weil es dazu gehört, wenn man jung ist
um mir etwas zu beweisen
um einen „Kick“ zu erleben
um mir selbst zu gefallen
aus Langeweile
weil es von Freunden verlangt wurde
um meinen Freunden zu gefallen
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
ICH
um Spaß zu haben
um etwas Neues auszuprobieren
weil es dazu gehört, wenn man jung ist
um mir etwas zu beweisen
um einen „Kick“ zu erleben
um mir selbst zu gefallen
aus Langeweile
weil es von Freunden verlangt wurde
um meinen Freunden zu gefallen
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
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Auszüge aus dem Strafgesetz: (stark vereinfacht)
§ 323c
Unterlassene Hilfeleistung
Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder
Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und
ihm (...) ohne erhebliche eigene Gefahr (...) möglich
ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder
mit Geldstrafe bestraft.
§ 221
Aussetzung
(1) Wer einen Menschen
1. in eine hilflose Lage versetzt oder
2. in einer hilflosen Lage im Stich lässt (...) und ihn
dadurch der Gefahr des Todes (...) aussetzt, wird
mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf
Jahren bestraft. (...) Verursacht der Täter durch die
Tat den Tod des Opfers, so ist die Strafe Freiheitsstrafe
nicht unter drei Jahren.
§ 222
Fahrlässige Tötung
Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen
verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf
Jahren oder mit Geldstrafe
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Szene 2
Schwalbe betritt die Bühne. Er ist dreizehnjährig. Er trägt Winterkleider, wie sie 1948 üblich
waren. An seinen Skischuhen trägt er fest verschnürte Schneeschuhe. Er klettert auf den Stein, den
Hasse ''Klippenthron "nennt, und späht durch einen Feldstecher über den Fluss und die
Eisenbahnbrücke. Es ist sehr kalt. Hasse taucht auf. Auch er ist dreizehn Jahre alt. Er ist ähnlich
wie Schwalbe gekleidet, aber nicht so vornehm. Auch trägt er keine Schneeschuhe. Als er Schwalbe
entdeckt, bleibt er erschrocken stehen. Er duckt sich, betrachtet Schwalbe und murmelt vor sich hin.
HASSE
Wer ist das denn? ... Warum steht der auf meinem Stein. Den habe ich
hier noch nie gesehen ...
SCHWALBE höhnisch
HASSE verdutzt
Glaubst du, ich sehe dich nicht?
Nee ...
SCHWALBE Was glotzt du?
HASS
E
Ich glotze nicht.
SCHWALBE Du glotzt. Klar glotzt du ... Soll ich dir zeigen, wie? Schwalbe klaubt
einen Spiegel aus der Jackentasche und hält ihn Hasse vors Gesicht. Siehst
du jetzt! Du glotzt!
HASSE zum Publikum
Es war meine erste Begegnung mit ihm, den man die
Schwalbe nannte. Ich hatte mir unten in der Bucht einen Stein
ausgesucht, den ich den Klippenthron nannte. Dort ging ich jeweils
nach der Schule hin und wartete darauf, dass etwas geschehen würde.
Aber es geschah nie etwas. Zumindest nicht bis zu jenem Tag im
Februar, als Schwalbe auftauchte ...
SCHWALBE Das ist nicht dein
Stein.
HASS
E
Ist er doch! Es setzt sich sonst niemand da drauf. Und ich habe ihm
seinen Namen gegeben.
SCHWALBE Sind hier alle so in diesem Bauernloch?
HASS
E
Wir sind, wie wir sind.
SCHWALBE Ihr gebt den Steinen Namen? Und den Kiefern? Jetzt glotzt du wieder
HASSE glotzt auf die Schneeschuhe
Die sind schön.
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SCHWALBE Die sind hässlich. Aber nützlich. Wie heißt
du?
HASS
E
Hasse Karisson.
SCHWALBE
Vater?
HASS
E
Was
macht
dein
Er ist Waldarbeiter. Und wie heißt du? Ich habe dich hier noch nie
gesehen.
SCHWALBE
Schwalbe.
HASS
E
Soll das ein Name sein?
SCHWALBE Mein Vater ist der neue Oberförster. Wie war der
alte?
HASS
E
Er hieß Kronlund. Und war böse. Jetzt ist er tot. Das ist alles, was ich
weiß.
SCHWALBE Ich bin gestern hierher gezogen. Willst du die Schneeschuhe
ausprobieren?
HASS
E
Wonach guckst du mit dem Feldstecher?
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SCHWALBE Man kann damit die Welt ganz nah oder ganz weit weg rücken ... Willst
du die Schneeschuhe probieren?
HASSE zum Publikum
Später wurden wir Freunde. Schwalbe und ich. Er war
anders. Und man konnte nie sicher sein, ob er die Wahrheit sagte oder log ...
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