Erste Liebe - HAW Hamburg
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Erste Liebe - HAW Hamburg
Abschied – Neuanfang Eine interdisziplinäre Betrachtung Psychologie, Mythologie, Sozialphilosophie HANDOUT 26.03.09 - Ariane Windhorst WS 08/09 FH Hamburg Fakultät Design Medien Information bei Frau Prof M. Ullrich Ariane Windhorst • Studium der Kommunikationswissenschaften, Politik, Soziologie und Sozialpsychologie an der LMU München • Freie Journalistin Print, Funk, TV, (u.a. Brigitte, Brand Eins, Klassik Radio, Arte, Pro 7, ZDF/3sat), Corporate Communications Bavaria Film Interactive • Leiterin Unternehmenskommunikation – Westerwelle AG, Hamburg – Tele 5, München – Voyages TV, Hannover – Fernsehen der Süddeutschen Zeitung • Beraterin, Sachbuchautorin • Derzeit Promotion in Politischer Philosophie (c) Ariane Windhorst, 2009 2 Freundschaften Man kennt das: Freundschaften haben einen „Lebenszyklus“: manchmal sehen wir jemanden sehr lange nicht und wenn man sich wieder trifft, ist die Freundschaft so, als hätte man sich gestern zuletzt gesehen. Manchmal ist eine Freundschaft unterbrochen und man beginnt sie nach einem Wiedersehen neu zu definieren und danach lebt sie wieder auf. Im Folgenden konzentrieren wir uns auf die beiden Hauptpunkte Abschied und Anfang und gehen auf die Bedeutung dieser beiden im Leben elementaren Begriffe unter verschiedenen Gesichtspunkten ein. (Neu)Anfang Wiedersehen Ankommen Abschied (c) Ariane Windhorst, 2009 3 Anfang • Der Begriff „Anfang“ ist immer positiv besetzt (c) Ariane Windhorst, 2009 4 Anfang • • • • • • • • Schulanfang Erste Liebe Erstes Semester Karrierestart Erster Urlaubstag Erstes Kind Erstes Auto Erste Wohnung (c) Ariane Windhorst, 2009 5 Vor dem Anfang • • • • • • • • Kindergarten Vorpubertät Schulzeit Studienzeit Schuften Schwangerschaft Mofa Kinderzimmer • • • • • • • • Schulanfang Erste Liebe Erstes Semester Karrierestart Erster Urlaubstag Erstes Kind Erstes Auto Erste Wohnung (c) Ariane Windhorst, 2009 6 Vor dem Anfang des Anfangs • • • • • • • • Elternhaus Kindheit Kindergartenzeit Schulzeit Freizeit Jungfrau Fahrrad Wiege • • • • • • • • Kindergarten Vorpubertät Schulzeit Studienzeit Schuften Schwangerschaft Mofa Kinderzimmer (c) Ariane Windhorst, 2009 7 Abschied • Der Begriff „Abschied“ ist immer negativ besetzt (c) Ariane Windhorst, 2009 8 (Neu)Anfang Abschied Jede neue Lebensphase stellt auch gleichzeitig einen Abschied von der vorangegangen Phase dar. Trotzdem werden gegenwärtige oder zukünftige Veränderungen niemals neutral betrachtet (c) Ariane Windhorst, 2009 9 Ende = Anfang • Ende Ausbildung -> Karriere beginnen • Trennung -> neues Liebesglück finden • Kündigung -> neue Berufung • Kinder aus dem Haus -> neue Hobbies • Ende der Berufstätigkeit -> Ruhestand Jede neue Lebensphase kann mit positiven Gefühlen für die folgende Etappe betrachtet werden (Vorfreude) (c) Ariane Windhorst, 2009 10 Ende = Verunsicherung • Eltern werden -> Versagensängste, Freiheitsverlust Jede neue Lebensphase kann aber auch mit negativen Gefühlen betrachtet werden (Angst) • Scheidung -> Schmerz / Scheitern • Kündigung -> Existenzangst • Kinder aus dem Haus -> „Empty Nest Syndrom“ • Ende der Berufstätigkeit -> Nutzlosigkeitsgefühl Veränderungen bedeuten für viele Menschen Angst und Schmerz In der Psychologie hat man herausgefunden, dass Menschen, je älter sie werden, eher mit ihrem Leben zufriedener sind. (c) Ariane Windhorst, 2009 11 Verunsicherungen Das Individuum im 19. Jahrhundert Diskussion: Rollen, Werte und Normen in Familie, Herkunft, Tradition, Soziale Stellung, Beruf, Religion, Gesellschaft allgemein im 21. Jahrhundert? (c) Ariane Windhorst, 2009 12 Emanzipation • Bisher handlungsleitende Rollen für Frauen und Männer verlieren ihre Prägekraft und müssen neu definiert werden. • Feminismus wird positiv als „Befreiung“ aus altem Rollenmuster bewertet. • Emanzipation von als „zu eng“ empfundenen Rollen: Befreiung oder Verunsicherung? Bildquelle: Wikipedia 13 Glück 14 EmanzipationWas von der Rolle „Mann“ noch übrig ist • Diskussion 15 EmanzipationWas von der Rolle „Frau“ noch übrig ist • Diskussion 16 1945: „Stunde Null“ Das Ende des Krieges Der Anfang unserer Gesellschaftsordnung • • • Zusammenbruch 3.Reich Holocaust / Kriegsverbrechen • Zerstörung • Flucht • Heimkehr Später: • Ende der DDR • Ende der Sowjetunion • • • • Neue Strukturen; 1949 freiheitlich demokratische Grundordnung i.d. BRD Vergessen/Verdrängen/Aufarbeiten/Schuld und Sühne Wiederaufbau Neue Heimat finden Integration Der Aufbau der „zivilen“, bürgerlichen Nachkriegsgesellschaft wurde maßgeblich von den Frauen bewältigt, aber schnell übernahmen Männer (wieder) das Ruder. (c) Ariane Windhorst, 2009 17 Das Ende der Welt • Der Maya-Kalender endet genau am 21.12.2012, was von vielen als mögliche Prophezeiung für das Ende der Welt betrachtet wird. Auch in China weisen angeblich Prophezeiungen auf ein Weltenende 2012 hin und da in der Bibel die Apokalypse als Prophezeiung gedeutet wird, könnte sie durchaus auch 2012 stattfinden. Oder auch nicht. • Diskussion: Was auch immer in 3,5 Jahren passieren mag, gehen wir hypothetisch davon aus, dass dann die Zeit für die Menschheit enden wird: Wie verbringen Sie die nächsten 3 Jahre und 9 Monate? Der Maya Kalender endet am 21.12.2012 18 Das Ende des Lebens • Eigener Tod • Tod von Angehörigen (c) Ariane Windhorst, 2009 19 Der Tod mythologisch • • • Deutschland: Der Sensenmann, (auch: „Gevatter Hein“ )geleiten den Toten „hinüber“ ins Zeitlose. Griechenland: der Fährmann Charon überquert den Fluss Styx (Fluss des Hasses) ans andere Ufer Ägypten: Anubis und Osiris begleiten die Toten Diesseits /Jenseits Himmel/Erde Hades / Olymp Hölle /Paradies Welt/Unterwelt Bildquelle: Wikipedia (c) Ariane Windhorst, 2009 20 Der Tod der Pharaos Die Barke diente den Mumien der Pharaonen zum Überqueren des Nils in Richtung der Totenstätten im Westen und auch der anschließenden Fahrt der Seele durch die Unterwelt. Auch die Sonne benutzte sie als Gefährt, um über den Himmel zu ziehen, so der Glaube im alten Ägypten. Die Leiche der Pharaonen wurde unter Aufsicht des Gottes Anubis einbalsamiert und über den Nil ins Reich der Toten transportiert. Dort, im Westen, auf der Seite des Sonnenuntergangs herrschte Osiris. Der ließ die Seelen der Verstorbenen nach bestandener Prüfung und einer Bootsfahrt durch die Unterwelt als Sonne im Osten aufsteigen, um der Welt weiterhin Kraft und Leben zu geben. .21 Sonnenbarke Die Scheibe von Nebra Für die an den wissenschaftlichen Untersuchungen beteiligten Wissenschaftler steht nunmehr fest, dass diese Scheibe zweifelsfrei um ca. 1600 v. Chr. direkt in Mitteleuropa angefertigt worden ist. Damit ist sie die von einer mitteleuropäischen Zivilisation angefertigte, bislang älteste, konkrete Darstellung des Nachthimmels aller Zeiten und somit die erste erhaltene Abbildung des Kosmos der Menschheitsgeschichte. Sie ist ca. 200 Jahre älter als die frühesten bis jetzt in Ägypten gefundenen Darstellungen. (Quelle: Wikipedia) Der am unteren Rand sichtbare Bogen wurde als „Sonnenbarke“ identifiziert. Offenbar war sie genau so unentbehrlich wie die anderen Objekte auf der Scheibe: Sonne, Mond, Horizonte und die Plejaden. 22 Übergangsriten Arnold van Genep 1873-1957 "In jeder Gesellschaft besteht das Leben eines Individuums darin, nacheinander von einer Altersstufe zur nächsten und von einer Tätigkeit zur anderen überzuwechseln. Wo immer zwischen Alters- und Tätigkeitsgruppen unterschieden wird, ist der Übergang von einer Gruppe zur anderen von speziellen Handlungen begleitet, wie sie etwa der Lehre bei unseren Handwerksberufen entsprechen. Bei den halbzivilisierten Völkern sind solche Handlungen in Zeremonien eingebettet, da in der Vorstellung des Halbzivilisierten keine einzige Handlung ganz frei von Sakralem ist. Jede Veränderung im Leben eines Individuums erfordert teils profane, teils sakrale Aktionen und Reaktionen, die reglementiert und überwacht werden müssen, damit die Gesellschaft als Ganzes weder in Konflikt gerät, noch Schaden nimmt. Es ist das Leben selbst, das die Übergänge von einer Gruppe zur anderen und von einer sozialen Situation zur anderen notwendig macht. Das Leben eines Menschen besteht somit in einer Folge von Etappen, deren End- und Anfangsphasen einander ähnlich sind: Geburt, soziale Pubertät, Elternschaft, Aufstieg in eine höhere Klasse, Tätigkeitsspezialisierung. Zu jedem dieser Ereignisse gehören Zeremonien, deren Ziel identisch ist: Das Individuum aus einer genau definierten Situation in eine andere, ebenso genau definierte hinüberzuführen. Da das Ziel das gleiche ist, müssen auch die Mittel, es zu erreichen, zwangsläufig wenn nicht in den Einzelheiten identisch, so doch zumindest analog sein. Jedenfalls hat sich das Individuum verändert, wenn es mehrere Etappen hinter sich gebracht und mehrere Grenzen überschritten hat. So weisen die Zeremonien anlässlich der Geburt, der Kindheit, der sozialen Pubertät, der Verlobung, der Heirat, der Schwangerschaft, der Elternschaft, der Initiation in religiöse Gemeinschaften und der Bestattung eine allgemeine Ähnlichkeit auf. In dieser Hinsicht gleicht das Leben eines Menschen den Abläufen in der Natur, von der weder das Individuum noch die Gesellschaft unabhängig sind. Selbst das Universum ist rhythmischen Veränderungen unterworfen, die sich wiederum auf das menschliche Leben auswirken. Auch hier gibt es Phasen und Übergangsmomente, Perioden der Bewegung und des relativen Stillstands. Man sollte deshalb in die Betrachtung der Übergangsriten im menschlichen Leben diejenigen mit einbeziehen, die sich auf kosmische Veränderungen beziehen: auf den Übergang von einem Monat zum andern (Zeremonien bei Vollmond beispielsweise), von einer Jahreszeit zur andern (bei Sonnenwende, Tagundnachtgleiche), von einem Jahr zum andern (bei Jahresbeginn)."[Gennep, Arnold van <18731957>: Übergangsriten = (Les rites de passage). -- Studienausgabe. -- Frankfurt/Main [u.a.] : Campus-Verlag, 1999. -- 263 S. -- ISBN 3-593-36248-1. -- S. 15f.] (c) Ariane Windhorst, 2009 23 Übergangsmythen • Maya tauchen in das Weltmeer ein, um das Jenseits unterhalb des Wasserspiegels zu erreichen • Viele Hindus wollen nach Möglichkeit am Ganges sterben - vorzugsweise in Varanasi und ihre Asche im Fluss verstreut wissen,weil sie glauben, das Wasser reinige von den Sünden. (c) Ariane Windhorst, 2009 24 Wiedergeburt • Im Buddhismus, Hinduismus und vielen andern Religionen glaubt man daran, dass nur der Körper stirbt, während die Seele wiedergeboren wird. • Die Seelenreise endet im Nirvana. „Wie einer handelt, wie einer wandelt, ein solcher wird er. Aus guter Handlung entsteht Gutes, aus schlechter Handlung entsteht Schlechtes“, lehren die Upanishaden. (c) Ariane Windhorst, 2009 25 New Orleans: Jazz und Voodoo • • • Author Flickr photographer Howie Luvzus Hot 8 Brass Band playing "jazz funeral" for New Orleans blogger Ashley Morris Source Flickr photo Date 11 April 2008 Durch Voodoo-Magie soll es möglich sein, Verstorbene durch Magie wiederzubeleben. „Funeral Music“: Jazz, wie er in New Orleans traditionell zu Beisetzungen gespielt wurde und gelegentlich noch wird. Voodoo ist eine Misch-Religion aus diversen afrikanischen, islamischen, katholischen und auch indianischen Elementen, die die Sklaven in aus ihren Dorfgemeinschaften mitbrachten. Zur Arbeit für die Kolonialherren und zum christlichen Glauben gezwungen, versuchten einige, ihre Religion und die Identität, die sie mit ihr verbanden, zu erhalten. So stehen etwa Bilder katholischer Heiliger im Voodoo in Wirklichkeit für afrikanische Geistwesen mit ähnlichen Eigenschaften oder ähnlichem Symbolgehalt. Bildquell:e Wikipedia 26 Trauer Source Flickr photo Date 24 February 2007 Author Flickr photographer Howie Luvzus Gathering procession in honor of murder victim Helen Hill starting in front of her pre-Katrina home in Mid-City. A heartfelt hug between musicians. (c) Ariane Windhorst, 2009 27 Trauer • • • • Trauerprozess in vier Phasen (nach Verena Kast) Erste Phase: NichtWahrhaben-Wollen Zweite Phase: Aufbrechende Emotionen Dritte Phase: Suchen, Finden, Sich-Trennen (Loslassen) Vierte Phase: Neuer Selbstund Weltbezug Fedotow, Pawel Andrejewitsch Junge Witwe Year 1851 Technique Deutsch: Öl auf Leinwand Dimensions Deutsch: 62 × 47 cm Current location Deutsch: Tretjakow-Galerie Deutsch: Moskau Notes Deutsch: Genremalerei Source The Yorck Project: 10.000 Meisterwerke der Malerei. DVD-ROM, 2002. ISBN 3936122202. Distributed by DIRECTMEDIA Publishing GmbH. Permission 28 Trauer Bildquelle: Wikipedia • Verhüllung dient dazu, nicht verheult gesehen zu werden • Markus Rapsch (proteens.de) sagt: „Gottesfürchtige Menschen, die in der Enge beginnen ihre eigenen Lieder zu singen. Manche gehen sogar in Sack und Asche. Ein Ausdruck von Trauer, Zorn, Demut und warten auf das Handeln Gottes. Sogar Mose machte die Erfahrung, dass Verhüllung ein Schutz ist vor der Herrlichkeit Gottes. Also ist Verhüllung auch der Anfang einer neuen Lebens- ENT-wicklung! (ENTWICKELN AUFWICKELN der STOFFE Anm.d.Red.) Gott lässt im Verborgenen Neues wachsen. Schwarz ist nicht nur ein Ausdruck von Trauer und Ablehnung, sondern auch ein Ausdruck von Lebenswille“. • „Wer unter dem Schirm (Kapuze) des Höchsten bleibt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott auf den ich hoffe.“ (c) Ariane Windhorst, 2009 29 Trauer Im Rahmen ihrer Hospiz-Arbeit kam eine Reisekauffrau auf die Idee, Reisen für Trauernde zu veranstalten. Besonders erfolgreich sind Flusskreuzfahrten (c) Ariane Windhorst, 2009 30 Archetypen menschlicher Erfahrungen: Tarot Tarotkarte für Erschütterung Der Turm XVI Plötzlichkeit Umbruch Erschütterung Unerwartete Nachricht Beispiel: Hier wird ein zu enger Rahmen gesprengt. Es kann sich um verschiedene Dinge handeln die einfach zu beengend geworden sind. Auch kann die Karte den entschiedenen Durchbruch anzeigen der sie endlich auf Ihrem Weg weiter bringt. (c) Ariane Windhorst, 2009 31 Das Ende Der Tod XIII Natürliches Ende und Neubeginn Verlust Endgültigkeit Beispiel: Hier befindet man sich am Ende eines Entwicklungsprozesses oder in einer Trennungsphase. Die Karte sagt aus das man etwas loslassen sollte um für Neues frei zu sein. Auch ist es innerhalb einer Partnerschaft wichtig das man hier einen neuen Anfang macht und alte Verhaltensweisen aufgibt. (Neubeginn) (c) Ariane Windhorst, 2009 32 Schicksal Rad des Schicksals X Schicksalhafte Veränderung Glücksfall Karmische Bestimmung Beispiel: Die Situation in der man sich befindet enthält eine Lernaufgabe. Oft ist es eine Angelegenheit, wobei Sie keinen Einfluss auf etwas haben. Weiterhin zeigt die Karte in der Liebe eine karmische Beziehung an. (c) Ariane Windhorst, 2009 33 Neubeginn Der Wagen VII Neubeginn Mut Beförderung Auf dem richtigen Weg sein Entschlossenheit Beispiel: Man steht schon am Start. Hier wagt man den großen Sprung nach vorn. Sie zeigen Risikofreude und sind bereit sich in einer Angelegenheit voran zu wagen. (c) Ariane Windhorst, 2009 34 Exkurs: Ende einer Liebe • Vertrauensverlust • Verlust der seelischen Heimat • Verlust des sozialen Status • Verlust der Identität • Suchtverhalten • Trauerphasen wie bei Hinterbliebenen (c) Ariane Windhorst, 2009 35 (Neu)Anfang (c) Ariane Windhorst, 2009 36 Identität • Erkenne dich selbst! • Ursprung der Philospohie • Über das „Sein“ wird in der Philosophie viel nachgedacht. Was es genau ist, weiß man immer noch nicht. • Viele (junge) Menschen empfinden ihr Dasein als ein In-die-Weltgeworfen-sein, nach dem Motto: Nun sieh mal zu wie du (alleine) klar kommst. Leitlinien, Rollenmuster, die die Orientierung erleichtern könnten, werden ständig verändert, so dass sie als Richtschnur nicht mehr dienen. • Desacartes: Kogito ergo sum • Heidegger: Der Mensch sei in die Welt geworfen -> Das Schicksal des „Geworfenen Daseins“ (c) Ariane Windhorst, 2009 37 Identitätsverlust durch ungewollten Verlust von: Im weiteren (sozial)psychologischen Sinne versteht man unter Identität häufig die Summe der Merkmale, anhand derer sich ein Individuum von anderen unterscheiden lässt: Das erlaubt eine eindeutige Identifizierung. • • • • • • • Familienbindungen Freunde /Clique Beruf Nationalität, Staatsbürgerschaft, Volkstamm Tradition Kultur Gesundheit Für Menschen ist ein ungewollter Verlust von Gruppenzugehörigkeiten (z. B. Familie, Volk bzw. Nation, Kollegen und Freunde, Clique) ein Problem, den Gruppenzugehörigkeiten prägen Identität. Die Person identifiziert sich nicht mehr mit diesen Gruppen bzw wird auch im Umkehrschluss von den Gruppen oder Teilen nicht mehr anerkannt - und wird so physisch und psychisch isoliert. Im Feminismus und anderen Strömungen wird der Ausbruch aus einer festgelegten Identität allerdings auch positiv bewertet: weibliche Identität wird nicht mehr als Ideal empfunden, sondern als fremdbestimmtes Set von Verhaltensmustern, Stereotypen und Erwartungen. Männlichkeit oder „nationale Identität“ erscheinen ähnlich problematisch. Identität als Identifikation mit einer Gruppe ist eben oftmals auch eine Integration durch Zwang, der Ausbruch aus der identitären Festlegung ein Akt der Emanzipation. Ziel dieser Emanzipation ist nicht die Isolation, wohl aber die Sprengung von fremdbestimmten Identitäten – hier bewusst im Plural, denn ein Individuum verkörpert stets mehrere sich überschneidende Identitäten: z. B. als Mann, als Europäer, als Intellektueller etc. Allgemein verliert ein Mensch dann seine Identität, wenn er sich so verändert bzw. von außen beeinflusst wird, dass wesentliche Kriterien entfallen, anhand derer er identifiziert wird, oder wesentliche Instanzen, welche die Identifizierung vornehmen, entfallen oder wesentliche Kriterien der Identifizierung geändert werden. Zu den wichtigsten Identitäts-Werten zählen heute beispielsweise eine passende Arbeit und eine harmonische Familie: Ohne berufliche Anbindung kann jemand vielleicht ein Ehrenamt ausüben oder vorübergehend nur Freizeitwerte pflegen. Insbesondere für Singles und Alleinstehende, die ihre maßgebliche Identität über ihren Beruf beziehen, kann Arbeitslosigkeit aber ein großes Problem werden. Ohne familiäre Anbindung kann sich jemand vielleicht in eine Ersatzfamilie integrieren oder vorübergehend nur Single-Werte pflegen. Insbesondere für Arbeitslose, die ihre maßgebliche Identität über ihre Familie beziehen, kann Familienlosigkeit aber ein großes Problem werden.(Quelle: Wikipedia) 38 Die Stufen der psychosozialen Entwicklung nach Erikson Quelle: David Zimbardo, Psychologie, 1996 39 Erinnerung • Identitätsbewusstsein als Bewusstsein seiner eigenen Identität setzt Gedächtnis und Erinnerung voraus. • Unter Amnesie Leidende haben falsche Vorstellungen von ihrer Identität • Fiktionale Beispiele: Bourne Identity, Tod im Spiegel (c) Ariane Windhorst, 2009 40 Identitätsstiftende Einflüsse Stabilität duch Identität aussen innen Hobbies Glaube Freunde Familie Job Gesundheit uvm uvm Wenn ein wichtiger Bereich im Leben einmal wegbricht, ist es wichtig, dass man andere Felder hat, die einen Ausgleich schaffen. Sie haben einzeln unterschiedliche Gewichtungen, sollten aber in der Summe schwer genug wiegen, um Krisen abzufedern. (c) Ariane Windhorst, 2009 41 Exkurs: Familie • Familie als Keimzelle der Gesellschaft • Familie als Identitätsstifter, ob in der Abgrenzung oder in der Zugehörigkeit • „Freunde sind Gottes Entschuldigung für Verwandte“ (Oscar Wilde) Soziologisch gesehen sind die gegenwärtigen familienpolitischen Entwicklungen katastrophal, ebenso demoskopisch und politisch und letztendlich auch wirtschaftlich, weil zu wenig Kinder geboren werden, aber das ist hier nicht das Thema. Fest steht, dass unsere Herkunftsfamilie, ihre Traditionen und Kultur einen gigantischen Einfluss auf uns als Persönlichkeit haben. Entweder orientieren uns genau daran, im konservativen Sinne oder wir emanzipieren uns von ihr und schlagen einen anderen Weg ein. Im wahren Leben durchläuft jeder verschiedene Phasen der Identitätsfindung und oft wirft man einen Teil über Bord und einen anderen Teil behält man, auf die gesunde Mischung kommt es an, auf der Suche nach dem eigenen Glück. Oftmals kommt man ohne Kompromisse nicht aus. (c) Ariane Windhorst, 2009 42 Exkurs: Glaube • Höhere Macht • Erlösung • Höherer Sinn • „Kirche“ bietet Regelwerk für Verhalten Deutlich funktioniert die katholische Kirche als „Konservator“ alter Vorstellungen. Fast alle Glaubensgemeinschaften lehnen Modernisierung ab. Angst vor Veränderung = Angst vor Machtverlust? Oder Festhalten an (vermeintlicher) Sicherheit und Orientierung nur um ihrer selbst Willen? Heute stillen viele Menschen ihre Sehnsucht nach Spiritualität durch alternative Glaubensrichtungen, Esoterik oder New Age-Lehren, die ihnen Halt geben und niemand anderen in seiner (Glaubens-)freiheit einschränken. (c) Ariane Windhorst, 2009 43 Abschied von Weltbildern Camille Flammarion, L'Atmosphere: Météorologie Populaire (Paris, 1888), p. 163. The Flammarion Woodcut is an enigmatic woodcut by an unknown artist. It is referred to as the Flammarion Woodcut because its first documented appearance is in page 163 of Camille Flammarion's L'atmosphère: météorologie populaire (Paris, 1888), a work on meteorology for a general audience. The woodcut depicts a man peering through the Earth's atmosphere as if it were a curtain to look at the inner workings of the universe. The original caption bellow the picture, (not included here), translated to: "A medieval missionary tells that he has found the point where heaven and Earth meet...". 44 Neue Weltbilder Hildegard von Bingen'Werk Gottes', 12. Jhd. Mittelalterliche Vorstellung einer runden Erde: Erdkugel, auf dem gleichzeitig verschiedene Jahreszeiten herrschen (Quelle: Wikipedia) 45 Das Individuum • In der Philosophie geht man meistens von einem isolierten Individuum aus (das mag daran liegen, dass Philosophen Einzelgänger sind) und sich per sich mit gesellschaftlichen Normen „auseinander“ setzen. • In der Soziologie geht man immer davon aus, dass der Mensch ein soziales Wesen ist, auch in allen anderen Kulturen, vor allem indigener Völker und Stämme, werden Individuen als kauzige Eremiten gesehen, die entweder verrückt sind oder weise oder beides. • Die Sozialpsychologie beobachtet vorschreitende Verunsicherungen durch verschwindende sinnstiftende Rollenbilder und Normen. Ich Die Welt • Männer und Frauen sehen es oft gar nicht mehr ein, für einen anderen zu sorgen. Es binden sich immer weniger Erwachsene langfristig. Man kann das als gestörten Reifeprozess betrachten, legt man die Entwicklungsstufen von Erikson noch einmal zugrunde. (c) Ariane Windhorst, 2009 46 Das Individuum • Identitätsstiftende Komponenten sind geeignet, Erschütterungen abzumildern. • Trotzdem gilt es, herauszufinden „wer bin ICH überhaupt?“ • Was bleibt von einer Persönlichkeit ohne Familie, Glaube, Freunde, Hobbys usw.? Familie Hobbys Beruf Ich Freunde (c) Ariane Windhorst, 2009 Glaube 47 Alleinsein und Persönlichkeit • Wer wissen will, wer er überhaupt ist, sollte eine Zeit lang allein sein. • Wer Angst vor dem Alleinsein hat, hat Angst mit sich selbst konfrontiert zu sein. • Wenn man schon nicht gerne mit sich selbst allein ist, wieso sollten andere gerne mit einem zusammen sein? (c) Ariane Windhorst, 2009 48 Das Leben Vergangenheit Gegenwart (c) Ariane Windhorst, 2009 Zukunft 49 Das Leben Anfang und Ende Abschied und Neubeginn Geburt Tod Kindheit Alter Jugend Mittleres Erwachsenenalter Junges Erwachsenalter (c) Ariane Windhorst, 2009 50 LIEBE Am Ende unseres Lebens wird es die Liebe sein nach der wir beurteilt werden, die Liebe, die wir allmählich in uns wachsen lassen in Barmherzigkeit für jeden Menschen. Hildegard von Bingen • • Hildegard von Bingen gilt als Mystikerin und erste gelehrte Intellektuelle. Ihre Lebensgeschichte weist darauf hin, dass sie die erste Emanze war. (c) Ariane Windhorst, 2009 51 Stufen Wie jede Blüte welkt und jede Jugend Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe, Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern. Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe Bereit zum Abschied sein und Neubeginne, Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern in andre, neue Bindungen zu geben. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, Der uns beschützt und der uns hilft zu leben. Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, An keinem wie an einer Heimat hängen, Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen, Er will uns Stuf’ um Stufe heben, weiten. Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen, Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen. Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde Uns neuen Räumen jung entgegensenden, Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden ... Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde! Hermann Hesse 52 Literatur • • • • • • • • • • • • • Allport Gordon W.: Werden der Persönlichkeit, Fischer, Frankfurt/Main, 1983 Blask, Falko und Windhorst, Ariane, Zeitmaschinen. Mythos und Technologie eines Menschheitstraums, Atmosphären, München, 2005 Kast, Verena: Trauern. Phasen und Chancen des psychischen Prozesses, Stuttgart: Kreuz, 1990 Keupp Heiner und Bilden, Helga: Verunsicherungen, (Hg), Verlag für Psychologie Dr. C.J. Hogrefe, Göttingen, 1989 Keupp Heiner: Zugänge zum Subjekt, (Hg), Suhrkamp, Frankfurt, 1994 Koschyk,Heike Hildegard von Bingen. Ein Leben im Licht , Aufbau , Berlin, 2009 Ortega Y Gasset, Jose: Der Aufstand der Massen, Rowohlt, 1956 Riese,Berthold:Die Maya –Geschichte, Kultur, Religion , HC Beck, 2002 Rommelspacher ,Birgit (Hg): Weibliche Beziehungsmuster, Campus, Frankfurt 1987 Russel, Bertrand : Eroberung des Glücks, Suhrkamp, Frankfurt / Main, 1977 Scherer, Jiri: Kreativitätstechniken,,Gabal, Offenbach, 2007 Watzwlawick, Paul: Anleitung zum Unglücklichsein, Piper, München, 1983 Zimbardo, Philip G. und Gerrig, Richaed J. : Psychologie, Springer, Berlin, 1996 (c) Ariane Windhorst, 2009 53