das magazin - Hamburger Theater Festival
Transcrição
das magazin - Hamburger Theater Festival
DAS MAGAZIN : HAMBURGER THEATER FE STIVAL _ DA S SECHSTE JAHR _ SEP TEMBER – NOVEMBER 2014 _ W W W.HAMBURGERTHE ATERFE STIVAL .DE DIE JUNGFR AU VON ORLE ANS Kathleen Morgeneyer als Heilige »ICH BIN WÜTEND!« Die letzten Zeitzeugen des Holocaust DER EMPFINDSAME BARBAR Dimiter Gotscheff und »Die Perser« KEIN TR AUM OHNE DR AMATURGIE Andrea Breth im Interview DER MANN , DER NABOKOV LIEBT: Ulrich Matthes Peter Simonischek, fotografiert von Christian Mastalier © Friedrun Reinhold LIEBE LESER D iesmal haben wir zum Hamburger Theater Festival acht außergewöhnliche, in den Feuilletons und von Theaterinteressierten viel diskutierte und gefeierte Produktionen eingeladen. Ich danke den Künstlern und den Ensembles, die zu uns nach Hamburg kommen. Ganz besonders danke ich den Gastgebern, die ihre Häuser für sie zur Verfügung stellen, den Intendanten vom Deutschen Schauspielhaus, vom Thalia Theater, vom St. Pauli Theater und von Kampnagel für ihre kollegiale und freundschaftliche Zusammenarbeit. Vor allem aber danke ich allen Förderern und Sponsoren sowie den Mitgliedern des Vorstandes und des Kuratoriums der Stiftung Hamburger Theater Festival unter ihrem Vorsitzenden Herrn Ernst Peter Komrowski von Herzen – sie begleiten die Entwicklung des Festivals mit motivierendem Engagement und unterstützen es großzügig. Sie alle ermöglichen die Durchführung des Festivals nun schon im sechsten Jahr! Ein ganz besonderer Abend ist für uns die Produktion des Wiener Burgtheaters »Die letzten Zeugen«: Erinnerungen von sieben Überlebenden des Holocaust, von Schauspielern gelesen und von den anwesenden Zeitzeugen kommentiert. Die Idee dazu hatte der ehemalige Direktor des Burgtheaters Matthias Hartmann, dessen Inszenierungen von »Amphitryon« (2009), »Phädra« (2010), »Der Parasit« und »Krieg und Frieden« (beide 2011), »Was ihr wollt« (2012), »Onkel Wanja« und »Troja« (2013) die Hamburger in den vergangenen Jahren zu Begeisterungsstürmen hingerissen haben. Matthias Hartmann hat die berüh- rende Dokumentation für die Bühne eingerichtet, und ich freue mich, dass wir mit diesem Abend im Deutschen Schauspielhaus das Hamburger Theater Festival 2014 eröffnen können. Was es bedeutet, mit den Überlebenden auf einer Bühne zu stehen, erzählt die Schauspielerin Mavie Hörbiger (S. 8). So, wie die eingeladenen Produktionen völlig verschiedene und unverwechselbare Handschriften der Regisseure zeigen, so steht dieses Magazin auch für die Handschriften seiner Autoren: Martin Tschechne schreibt über das Maskentheaterstück »Infinita« der Familie Flöz (S. 12) und Stefan Schomann über Goldonis »Der Diener zweier Herren«, Barbara Freys köstliche Regiearbeit in Zürich (S. 18). Die Autorin Birgit Lahann begegnet dem Schauspieler und Literaturliebhaber Ulrich Matthes (S. 22), und Ursula Keller schreibt über den im vergangenen Jahr verstorbenen Regisseur Dimiter Gotscheff, an den wir – gemeinsam mit dem Thalia Theater – in einem Memorial erinnern. Mit den »Persern« von Aischylos zeigen wir eine seiner herausragenden Arbeiten (S. 24). Dass es manchmal komisch sein kann, hinter einem Erzkomödianten her zu sein, berichtet Wolfgang Michal, nämlich über seine versuchte Annäherung an Peter Simonischek, den Titelhelden dieses Magazins, der in »Zwischenfälle« zu sehen sein wird, Andrea Breths fulminanter Inszenierung am Wiener Burgtheater. (Bericht und Interview S. 28–35). Emanuel Eckardt traf in Berlin Kreuzberg auf Kathleen Morgeneyer, Schillers Jungfrau von Orleans (S. 36), und berichtet von »Tauberbach«, dem vielleicht ungewöhnlichsten Theaterprojekt dieses Jahres (S. 38). Ich wünsche Ihnen und Ihren Freunden anregende und begeisternde Theaterabende und viel Freude mit diesem Magazin. Herzlich Ihr Nikolaus Besch NIKO L AU S BESCH ist Intendant des Hamburger Theater Festivals. 3 Bester Vermögensverwalter Friedrich-W. Werner, Firmengründer der „Bijou Brigitte modische Accessoires AG“ • JvM • 20173/06/14001 • DTP Silke (1316) © Romanus Fuhrmann • F: 215 x 280 mm • • 4c Ausgezeichnet durch das Handelsblatt bzw. DIE WELT • Kunde: Haspa • Produkt: PB Werner • Titel/Objekt: Hamburger Theaterfestival, DU: 11.08.14 Elite Report 2004 –2014 LIEBE THEATERFREUNDE W „Glänzende Vermögensverwaltung kommt nie aus der Mode.“ Das Haspa Private Banking: zum 11. Mal in Folge als „Bester Vermögensverwalter“ ausgezeichnet. Meine Bank heißt Haspa. privatebanking.haspa.de 4 Jörg Finck, Leiter Private Banking: 040 3579-3232 ir freuen uns, Sie zum Hamburger Theater Festival begrüßen zu können. Wir bedanken uns bei unserem Intendanten Nikolaus Besch, der, wie schon in den vergangenen Jahren, wieder eine besonders viel versprechende Auswahl von Regisseuren und Schauspielern des deutschsprachigen Theaters getroffen hat, die zu den Großen ihres Fachs gehören. Die Bandbreite der eingeladenen Inszenierungen reicht von Aischylos, Goldoni und Schiller bis zum zeitgenössischen Theater, wobei wir diesmal auch ein Maskentheater, das noch nie in Hamburg zu sehen war, und eine als Sensation gefeierte TanztheaterProduktion zu Gast haben. Der früh einsetzende und teilweise stürmische Verlauf der Karten-Vorbestellungen zeigt uns, dass wir mit den eingeladenen Inszenierungen wieder große Erwartungen geweckt haben. Das Festival ist offenbar mit seinen so unterschiedlichen Regiehandschriften und den großartigen Schauspielern zu einer kulturellen Institution geworden, die man nicht versäumen möchte. Das Hamburger Theater Festival, als einziges dieser Art und Größenordnung allein durch private Initiative und das Engagement der Bürger ins Leben gerufen, geht nun schon im sechsten Jahr über die Bühne, ein Bekenntnis zur lebendigen Kulturstadt. Hamburger Unternehmer, Förderer und Institutionen haben uns großzügig unterstützt. Ihnen allen danke ich herzlich! Das Theaterfest im Herbst beansprucht deshalb keine staatliche Hilfe, ließe sich aber allein aus Eintrittsgeldern auch nicht finanzieren. Fairerweise sollte ich hinzufügen, dass die Produktionen, die wir nach Hamburg holen können, in München und Berlin, in Zürich, Wien und Gent mit staatlicher Unterstützung entstanden sind. Mein Dank gilt unserem Schirmherrn Olaf Scholz, Hamburgs Erstem Bürgermeister, der das Festival am 28. September im Deutschen Schauspielhaus eröffnen wird. Wir danken den Förderern und Sponsoren, die uns die Treue halten, den Mitgliedern des Kuratoriums und der Stiftung Hamburger Theater Festival sowie allen Zuschauern, die mit ihrem Engagement und ihrer Begeisterung fürs Theater dieses Festival zur Tradition werden ließen. Neu ist in diesem Jahr dank der bemerkenswerten Initiative von Evelyn Jenckel, Catharina Schuchmann und Dr. Anne Holtwick ein Freundeskreis ins Leben gerufen worden. Auch den »Freunden des Festivals« sei herzlich für ihre Unterstützung gedankt. Wir hoffen, dass auch Sie sich anregen lassen, dem Freundeskreis beizutreten. Ich wünsche Ihnen anregende und beglückende Theaterabende. Ihr Ernst Peter Komrowski ERNST PETER KOM ROWSKI ist Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Hamburger Theater Festival INHALT Seite 3 Seite 18 : D ER D IENER ZWEIER HERREN : KAT HLE E N MO RG E N EYE R LI EBE LE SER SALTO MORALE BEKENN TNISSE EI NER Von Nikolaus Besch Ein herrlicher Goldoni aus Zürich Von Stefan Schomann Seite 5 : GRUSSWORT 6 JAHRE HAMBURGER T HE ATER Seite 8 Seite 36 : EDITORIAL Seite 22 : ULRICH M ATTHES FE ST I VAL DER MANN, DER NABOKOV LI EBT Von Ernst Peter Komrowski Der Schauspieler im Gespräch Von Birgit Lahann Seite 24 Seite 8 : ZEITZ EUGEN »ICH BI N NICHT TRAUR IG, LICHTGESTALT Eine Begegnung mit der Jungfrau von Orleans Von Emanuel Eckardt Seite 24 Seite 38 : TAU B E RBAC H DEPONI E UND POESI E Das bezaubernde Tanztheater des Alain Platel Von Emanuel Eckardt : D IM ITER GOTSCHEFF ICH BI N WÜTEND!« DER EMPFI NDSAME BARBAR Mavie Hörbiger im Gespräch Von Wolfgang Michal Erinnerung an einen großen Regisseur Von Ursula Keller Seite 40 : DAS P RO G RA MM DA S HAMBURGER T HE ATER FE ST I VAL 201 4 Seite 12 : INFIN ITA : PETER SIM ON ISCHEK FI NNEN LACHEN NACH I NNEN »HALLO, WER IST DA? – Das Maskentheater der Familie Flöz Von Martin Tschechne Seite 18 Seite 28 I DON ’ T KNOW« Protokoll einer Verfolgungsjagd Von Wolfgang Michal Acht Produktionen im Überblick Seite 44 FÖRDERER UND SPONSOREN Seite 29 Seite 28 Seite 12 6 Seite 36 Linke Seite: Oben: Die letzten Zeugen des Holocaust und ihre Geschichte (© Reinhard Werner / Burgtheater); Aischylos Die Perser: Regisseur Dimiter Gotscheff († 2013) (© Arno Declair); Mitte: Lot Vekemans Gift: Ulrich Matthes (© Arno Declair); Goldoni Der Diener zweier Herren: Michael Maertens, Carolin Conrad und Friederike Wagner (© Matthias Horn); untere Reihe: Infinita Maskentheater der Familie Flöz (© Evy Schubert); Courteline, Cami, Charms Zwischenfälle mit Andrea Clausen, Johanna Wokalek, Markus Meyer und Hans-Michael Rehberg (© Bernd Uhlig); Schiller Die Jungfrau von Orleans, Kathleen Morgeneyer (© Arno Declair) Seite 46 Seite 28 ST I F TUNG HAMBURGER : ZWISCHENFÄLLE T HE ATER FEST I VAL »DI E FRAGE IST SO ÜBERFLÜSSIG – Impressum Bild- und Copyrightnachweis AL S FRAGTE MAN EI NEN KOCH, WI E ER KOCHT« Die Regisseurin Andrea Breth im Interview 7 »ICH BIN NICHT TRAURIG, ICH BIN WÜTEND!« WIE NÄHERT MAN SICH DEM HOLOCAUST? Was fühlt man, wenn das Schicksal, das man © Reinhard Maximilian Werner gerade vorliest, direkt hinter einem sitzt? Burg-Schauspielerin Mavie Hörbiger erzählt, wie sie das Theaterprojekt »Die letzten Zeugen« erlebte. Sie entkamen der Vernichtung. Sechs Überlebende des Holocaust auf der Bühne. Schauspieler lesen, die Zeugen sagen aus. (Linke Seite: Lucia Heilman) :TEXT_WOLFGANG M ICHAL | FOTOS_REINHARD WERNER / BURGTHEATER E rst dachte ich, da komme ich gut durch, aber ich bin sehr nah am Wasser gebaut. Wenn mir was nahegeht, kann ich es schwer von mir wegschieben. In der Geschichte von Schoschana Rabinovici gibt es eine Stelle, an der sie beschreibt, wie die Menschen selektiert werden. Nur wer es schafft, nach rechts zu kommen, überlebt. Wer nach links geschickt wird, zu den Alten, Kranken und Kindern, ist verloren. »Und 30 000 Menschen mussten zur sofortigen Vernichtung.« Von diesem Satz träume ich heute noch manchmal, er schwebt über meinen Träumen. Dann kommt die Geschichte von Ceja Stojka, die aus Kinderaugen erzählt, wie ihr kleiner Bruder stirbt, wie sie ihn mit »DI E I RR SI NNIGE ANGST, WEIL MAN DENK T, MAN WI RD IHNEN NICHT GERECHT« dem Hemd zudeckt, weil er doch immer so verfroren war. Und ich muss den Satz sagen: »Er wurde sieben Jahre alt.« Ich hab selber zwei kleine Kinder, die sind eins und fünf. Jedes Mal bei den Proben, wenn diese Stelle kam, gab es bei mir kein Halten mehr. Das war nicht nur ein Weinen, mir schossen die Tränen raus. 8 Das war mir unangenehm, und wenn einem etwas unangenehm ist, wird es auch immer schlimmer. Daraufhin habe ich mit Schoschana Rabinovici gesprochen, und sie hat mir einen Satz gesagt, den fand ich irre. Sie sagte: »Es ist überhaupt kein Problem, wenn Sie weinen, Sie brauchen sich nicht zu schämen, Sie sollten sich nur eins merken, wenn Sie die Texte lesen: Sie sind das Sprachrohr für mich, und ich bin nicht betroffen oder traurig, ich bin wütend.« Das fand ich so irre, dass eine alte Dame mir das so sagt. Eine jüdische Frau, die das selbst erlebt hat – die ist nicht betroffen, die ist wütend! Das hat mir sehr geholfen … Man ist natürlich erst mal total befangen, wenn die da nur wenige Meter hinter einem sitzen, man hat eine irrsinnige Angst, weil man denkt, man wird denen nicht gerecht. Man hat auch Angst, etwas falsch zu machen. Ich wollte zum Beispiel kein weißes Kleid anziehen, ich fand das total albern, ich hätte lieber was Dunkles angezogen wie die anderen, aber Matthias Hartmann wollte, dass das nicht so nach Trauerzug aussieht, wir feiern ja auch das Leben. Erst als die Zeitzeugen Ari Rath und Rudi Gelbard sagten, das weiße Kleid sei wunderschön, hab ich gesagt, okay, ich lass es an … Wenn Daniel Sträßer, der ja sehr groß ist, mit so einem Stechschritt nach hinten marschiert, um einen der Zeitzeugen abzuholen, das sieht schon etwas merkwürdig aus. Aber wir wollten 9 Szenenbild mit Ari Rath MAVIE HÖRBIGER 1979 in München geboren. Die Enkelin Paul Hörbigers wird früh schon — mit fünfzehn — für den Film entdeckt und fliegt prompt von der Schauspielschule, weil sie verbotenerweise nebenbei dreht. Sie nimmt eine Auszeit und spielt ab 2001 vorwiegend Theater, zunächst in Hannover, dann in Bochum. 2006 erstes festes Engagement in Basel, daneben — gemeinsam mit ihrem Mann Michael Maertens — Projekte in Zürich und Salzburg. Ab 2011 Mitglied des Wiener Burgtheater-Ensembles, wo sie als Marie in Molnars »Liliom« und als Mascha in Tschechows »Möwe« brilliert. Zwischendurch ist sie auch immer wieder in Kino-Komödien (»7 Zwerge — Männer allein im Wald«, »What a Man!« mit Matthias Schweighöfer) sowie in Fernseh-Krimis zu sehen, zuletzt an der Seite Til Schweigers im »Tatort«. vermeiden, dass jemand hinfällt oder stolpert, die kennen ja alle die Bühne nicht, und es ist schon ein weiter Weg nach vorn, es gibt nichts Schlimmeres, als allein auf einer Bühne zu gehen, das ist auch für uns Schauspieler etwas ganz, ganz Unangenehmes, da steigt die Nervosität … »WI R FLOGEN MI T DI ESER REN TNERGANG I M FLUGZEUG VON MAR SCHALL T I TO« Natürlich hab ich Angst vor der Begegnung gehabt, man weiß ja aus der eigenen Familie, wie wahnsinnig anstrengend alte Menschen sein können, und dann gleich sechs zwischen 82 und 101 Jahren. Was ist, wenn jemand aufs Klo muss, was macht man, wenn jemandem schlecht wird? Aber dann spürt man plötzlich, dass man sechs Freunden begegnet, vor denen 10 man großen Respekt hat, weil sie keine Opfer ihrer Geschichte geworden sind. Wir sind ja allzu schnell bereit, solche Menschen zu Opfern zu machen. Aber das sind sie nicht. Sie sind darüber hinweggekommen und wollen ihre Geschichte erzählen … »ICH HABE GE SAGT: HAUPT SACHE , MAN GI BT DI E SEN MENSCHEN NOCH MAL EI NE BÜHNE« Es haben sich auch Freundschaften entwickelt, vor allem durch die Reisen, die wir gemacht haben. Für das Gastspiel in Dresden hat uns Herr Mateschitz von Red Bull ein Privatflugzeug zur Verfügung gestellt, weil die Linien-Verbindung von Dresden nach Wien zu umständlich gewesen wäre, das wollte das Burgtheater den Damen und Herren nicht zumuten. Also flogen wir in der ehemaligen Maschine von Marschall Tito. Mit dieser RentnerGang im alten Flugzeug von Tito, das war schon lustig, das werde ich so schnell nicht vergessen … Sie kannten natürlich meine Familiengeschichte. Aber ich habe das Glück, dass mein Großvater (Paul Hörbiger) im Krieg anständig geblieben ist. Er hat Geld an Widerstandsgruppen gegeben, er hat nie Propagandafilme gedreht. Als er nach dem Krieg ausgemergelt nach Wien zurückkam, haben im Theater alle applaudiert, auch die Schauspieler. Für Elisabeth Orth (Tochter Attila Hörbigers, ebenfalls Burgschauspielerin) wäre das sicher schwieriger gewesen. Unser Kinderarzt hat mich vor einiger Zeit zum Pessachfest eingeladen, und da fragte mich gleich der Erste, der meinen Namen hörte: Von welcher Seite? Und ich dachte, oh Gott, jetzt gibt es Ärger. Aber es war reines Interesse. Vor 20 Jahren wäre vielleicht eine größere Wut dabei gewesen … Ich habe mir keine Sekunde die Frage gestellt, will ich das machen? Ich habe gehört, was dieses Projekt ist, und fand es irrsinnig © Reinhard Maximilian Werner © Reinhard Maximilian Werner Die Schauspielerin Mavie Hörbiger Bevor der Vorhang fällt. Die Zeitzeugen Rudolf Gelbard, Vilma Neuwirth, Lucia Heilman, Ari Rath, Suzanne-Lucienne Rabinovici und Marko Feingold interessant und war sofort ein großer Verfechter. Matthias Hartmann hat ja sehr damit gehadert: Stellt man die Menschen nicht aus? Kann man so etwas machen? Der hatte einen irrsinnigen Zwiespalt in sich. Da hab ich gesagt: Es ist doch total egal, wie man es macht und warum man es macht, Hauptsache, es findet statt, es stößt noch mal Diskussionen an, man gibt diesen Menschen noch mal eine Bühne, und man gibt Schulklassen und Kindern die Möglichkeit, zu sehen und zu hören, aha, so war das also, und die leben noch unter uns …« DIE LETZTEN ZEUGEN 75 Jahre nach den Novemberpogromen von 1938 entschließen sich der Wiener Historiker Doron Rabinovici und Regisseur Matthias Hartmann, ein Projekt auf die Bühne zu bringen, das man — trotz seiner Dramatik — nicht als Stück bezeichnen mag: Es ist eine erinnernde, sehr eindringliche, sich langsam ins Entsetzliche steigernde Lesung. Sechs Zeitzeugen, drei Frauen und drei Männer im Alter zwischen 82 und 101 Jahren, sitzen nahezu regungslos auf der Bühne und hören ihren eigenen Kindheits-Erlebnissen zu: Wie sie damals ausgegrenzt, verspottet, von der Schule verwiesen, aus der Wohnung gejagt und schließlich in die Vernichtungslager deportiert wurden. Wie sie — zufällig oder weil ihre Eltern um sie kämpften oder weil Nachbarn sie versteckten — den Holocaust überlebten. Ihre schmerzhaft präzisen Berichte hat Doron Rabinovici, Sohn einer der Mitwirkenden, gesammelt und für die Bühne aufbereitet. Vier Schauspieler (aus der Enkelgeneration) lesen abwechselnd Fragmente aus diesen Schicksalen, während gleichzeitig in Großaufnahme die dazugehörigen Gesichter auf einer Leinwand zu sehen sind: SUZANNE-LUCIENNE RABINOVICI , geb. 1932 als Susie Weksler in Paris. Sie wurde 1941 zusammen mit 60 000 anderen Juden ins Wilnaer Ghetto deportiert. Dank der Geistesgegenwart ihrer Mutter überlebte sie die Selektion bei der Auflösung des Ghettos und auch die KZs Kaiserwald und Stutthof. Nach dem Krieg wanderte sie nach Israel aus. MARKO FEINGOLD , geb. 1913 in Neusohl (Banska Bistriza), wurde 1938 in Wien verhaftet, floh nach Prag, wurde dort erneut verhaftet und überlebte mit viel Glück die KZs Auschwitz, Neuengamme, Dachau und Buchenwald. Nach der Befreiung engagierte er sich in der Jüdischen Gemeinde Salzburg. VILMA NEUWIRTH , geb. 1928, musste als Arbeiterkind miterleben, wie ganz normale Nachbarschaft plötzlich in offenen Hass umschlägt. Sie wurde der Schule verwiesen und zitterte vor den nächtlichen »Hausbesuchen« der Gestapo. Nach dem Krieg arbeitete sie im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands. RUDOLF GELBARD , geb. 1930 in Wien, wurde 1942 ins KZ Theresienstadt deportiert. Nach dem Krieg arbeitete er als Dokumentar für Zeitgeschichte beim »Wiener Kurier«. ARI RAT H , geb. 1925 in Wien, Sohn eines Papiergroßhändlers, konnte am 8. November 1938 zusammen mit seinem Bruder gerade noch rechtzeitig nach Israel fliehen und wurde Chefredakteur der »Jerusalem Post«. LUCIA HEILMAN , geb. 1929 in Wien, überlebte die Kriegsjahre in Verstecken, zuletzt in einem engen, dunklen und feuchten Verlies, oft in Todesangst vor Entdeckung. Ein Freund der Familie riskierte sein Leben dafür. Nach dem Krieg arbeitete Lucia Heilman als Ärztin. Der siebte Stuhl auf der Theaterbühne bleibt jedoch leer. Die siebte Zeitzeugin, die Malerin, Sängerin und Autorin C EIJA STOJKA , geb. 1933 in der Steiermark als Kind fahrender Rom-Lowara, verstarb 2013. Ihre Erinnerungen an die Konzentrationslager Auschwitz, Ravensbrück und Bergen-Belsen hat sie in mehreren Büchern und zahlreichen Bildern verarbeitet. WOLFGANG MICHAL lebt als freier Autor in der Nähe von Hamburg. Für die vorliegende Ausgabe hat er Andrea Breth, Peter Simonischek und Mavie Hörbiger interviewt. 11 Mit der Geburt beginnt das Leben — endet es mit dem Tod? Oder schließt sich ein Kreis? Als Embryo wartet Björn Leese auf seine Geburt. FINNEN LACHEN NACH INNEN DIE BERLINER GRUPPE »FAMILIE FLÖZ« VERBIRGT SICH HINTER MASKEN UND MACHT THEATER OHNE WORTE. Ihre Botschaften über Liebe und Macht, das Leben und den Tod sind von profunder Tiefe – und werden überall auf der Welt verstanden. :TEXT_MARTIN TSCHECHNE © Familie Flöz V 12 on links betrachtet: ein Vorgesetzter. Unangenehmer Typ, hakennasig, herrschsüchtig, kalt. Von rechts: ein Schleimer, schweinsäugig und verschlagen. Aber ist nicht auch Witz in diesen Zügen zu ahnen? Keckheit, Schadenfreude, Geilheit? Von oben: ein von der Last des Lebens Gebeugter. Von vorn ein Allerweltsgesicht, ein Mensch wie du und ich, ein Spießer, einsam, verzweifelt, ohne Hoffnung. Und von unten, nur ganz leicht nach hinten gekippt und schräg von der Seite gesehen: tot. Das Kinn gegen den Kehlkopf gefallen, die Gesichtsmuskeln erschlafft. So schnell geht das. Nur die Nase ragt hervor. Eine solche Nase gibt es im Leben nicht. Michael Vogel hat eine Maske vom Tisch im frisch renovierten Probenraum der Familie Flöz in Berlin genommen und hält sie im Arm. Das Gesicht ist aus Pappmachee, von der Stirn fallen grau gewellte Haare nach hinten – und schon eine ganz behutsame Drehung oder Neigung genügt, um den Beginn einer neuerlichen Erzählung anzudeuten: ein Widerling in Angriffslaune; ein Aufreißer, der den Gegenstand seiner Begierde ins Auge gefasst hat; ein alter Mann mit sehnsuchtsvollem Blick auf das, was hinter ihm liegt. Ein Mensch in Trauer um sich selbst. Viele solcher Lebensdramen liegen da auf der Tischplatte, stupsnasig, mit kindlich rund gewölbter Stirn, mit säuerlicher Nasenfalte oder rot gezogenem Lockmund, alle ein bisschen überhöht in ihren Details, aber nahe genug am Leben, um dem Betrachter als seinesgleichen zu begegnen. Vogel ist ihr Spielmeister, und wenn schon das leichte Zurückfallen des Kopfes in seinem Arm genügt, um alles Leben aus dem nun plötzlich totenbleichen Gesicht fahren zu lassen – was wird dann erst passieren, wenn ein lebendiger Schauspieler unter die Maske schlüpft und ihr mit seinem Körper eine ganz neue Dimension von Wirklichkeit verleiht? Der Körper ist einer, der unentwegt plappert und erzählt, sich preisgibt und verstrickt. Und dabei Wahrheiten verkündet, die Worte nicht zu fassen kriegen. So viel muss wissen, wer sich auf einen Auftritt der Berliner Theatergruppe einlässt: Ihre Stücke gehen über die volle Länge von 90 Minuten, ohne Pause – aber gesprochen wird kein einziges Wort. Es gibt Geräusche, ja. Auch gehören Musiker dazu, die das Geschehen untermalen, eine Stimmung modellieren oder kommentieren – aber sie sind auch da, um die Momente der Stille hörbar zu machen. Dann atmen oder stöhnen die Figuren auf der Bühne, und das Publikum atmet und stöhnt dazu. Oder bricht in Gelächter aus: Wie viel Komik doch durch den Körper geht! Die tastende Unsicherheit zweier Menschen, die Geborgenheit suchen, doch einander nicht über den Weg trauen: wirklich witzig. Aber sind es nicht wir selbst, die da umeinanderschleichen? Sind wir tatsächlich so komisch, mal von außen betrachtet? Und ist das nicht gruselig? Manchmal verlässt auch einer den Saal: Dann ist es zu viel geworden, zu intensiv und zu offen, was da zu ertragen ist. Die Szene etwa, als die Ehefrau ihren Mann im Altenheim abliefert; 13 © Valeria Tomasulo © La Strada Graz Am Anfang steht der Friedhof. Und nichts und niemand weint so herzergreifend wie ein Cello. Dafür entwickeln die Greise auf der Wartebank zum Tod dann doch noch eine erstaunliche Lebenslust und Beweglichkeit. ihr gemeinsames Leben ist zu Ende. Es geht einfach nicht mehr: eine Entscheidung, eine Erkenntnis, ein Verwaltungsakt; hilflose, entleerte Formeln der Nähe, ein namenloser Schmerz. Und später, welche Ironie, ist er es, der Greis im Rollstuhl, der eine Rose auf ihr Grab legt. Verzweiflung und Groteske können schrecklich nah beieinanderliegen. Paradox eigentlich. Sind der Verzicht auf ein zum Weinen verzogenes Gesicht, auf kummervolle Stirnfalten, ein Lächeln, ein Augenzwinkern und vor allem: der Verzicht auf gesprochene Sprache – sind das denn keine Einschränkungen? Im Gegenteil, meint Hajo Schüler. Gerade darin öffnet sich eine Tiefe, die anders nicht zu erreichen ist. Die Maske ist nur eine Membran, eine Vorgabe zur Projektion; durch sie erkennt der Zuschauer sein Abbild in den Figuren. Und weil sie obendrein stumm sind, erfasst seine Aufmerksamkeit endlich, wovon er durch den Schwall der Worte und das Stakkato der Gesten abgelenkt war. Schüler ist der Mann, der die Masken formt. Und auf der Bühne agiert und Regie führt und als Autor die Stücke entwickelt. Wie auch Michael Vogel Regie führt und auf der Bühne steht und den Stoffen dabei hilft, in die Welt zu kommen, auf dass sie Freiheit und Autonomie gewinnen. So ist das bei allen in der Truppe, die nicht von ungefähr das Wort »Familie« im Namen führt: Jeder So läuft das im Stück »Infinita«: Kaum hat das Publikum hingenommen, dass die Tapsigkeit kleiner Kinder und die Hilflosigkeit des Alters einander doch bedrückend ähnlich sind, da kommt so ein Greis mit Rollator und schaltet den Turbo an. macht alles, mehr oder minder. Bringt sich ein und hält sich fern, findet seinen eigenen Rhythmus und lauscht auf den der anderen. Was gesagt werden muss, findet schon seinen Weg; Formeln, Floskeln, Konzepte und Ankündigungen sind nur weißes Rauschen, aber keine Mittel der Kommunikation. Das haben sie nun wirklich gelernt. Seit 20 Jahren spielen sie zusammen. Aber erst kürzlich hat Vogel die MaskenWerkstatt den anderen überlassen. »Wer Regie führt«, sagt er, »braucht ein bisschen Abstand.« DI E SPRACHE DE S KÖRPER S 14 © Valeria Tomasulo IST AUF DER GANZEN WELT VERTRAU T. Schüler also erzählt, es brauche nach aller Erfahrung vielleicht zehn, fünfzehn Minuten, bis das Publikum sich auf die beredte Sprache der Gefühle eingelassen habe: »Denn jeder beherrscht ja das Vokabular. Da gibt es nichts zu lernen. Nur eine kleine Erinnerung daran, dass wir alle eine sehr viel ältere, reichere und auch intensivere Sprache sprechen, als die meisten es von ihrem Theater-Abo gewohnt sind.« Bei den Sehgewohnheiten des Publikums sind sich alle einig: Das subventionierte Theater in Deutschland orientiere sich noch sehr an den Traditionen der Aufklärung. Vernunft gehe vor Empfindung, Argumenta- tion vor Erleben, Wahrheit werde konstatiert und hergeleitet, und Emotion müsse präzise in Worte gefasst werden – aber was selbst die erfahrenen Darsteller des Maskentheaters immer wieder wundert: Die Begegnung mit der wortlosen Sprache des Körpers hält vor. Als könnte ihr Spiel im Publikum eine Bereitschaft wecken, eine Sensibilität, die dann nicht mehr vergessen wird. In Stuttgart oder Duisburg, in Städten also, in denen die Familie Flöz regelmäßig auf der Bühne steht, springt der Funken deutlich schneller über: Wer die Mitteilsamkeit des Körpers einmal kennengelernt hat, wer sich eingelassen hat auf seine Formulierungen, der bleibt offen. Das Theater als Ort der Selbsterfahrung? Vogel winkt ab: Es ist eine Frage der Einstellung zum Leben, der Traditionen, der Kultur. Darüber hinaus spielten sie lieber vor vollen als vor leeren Sälen. Aber in Indien oder China gerieten ihre Auftritte tatsächlich zur Party, und sie selbst würden gefeiert wie Popstars. Und in Finnland hätten sie vor einem Publikum wie aus Stein gespielt, keine Regung, keine Antwort – eine entsetzliche Erfahrung. Bis der Mann mit unbewegtem Gesicht in die Garderobe gekommen sei und jeden von ihnen umarmt habe: Ihr Stück sei das Lustigste und Anrührendste gewesen, was er je gesehen habe. Diese Finnen! Alle hier im Probenraum hinter der Karosseriewerkstatt in Berlin-Weißensee müssen lachen bei der Erinnerung. Den Spaß an Missverständnissen haben sie schließlich nicht so oft. »Die Sprache, in der wir agieren, ist auf der ganzen Welt verbreitet und vertraut«, sagt Vogel. Erst bei den Gesten gebe es Differenzen und Fehldeutungen und Widersprüche wie in ge- 15 © Familie Flöz © Silke Meyer © Valeria Tomasulo Der Kampf des Lebens beginnt im Laufstall. Spätestens. Und im Alter haben sie auch nicht allzu viel dazugelernt — mit dem Unterschied, dass manchmal doch der Schrecken durch die Glieder zuckt: Es geht dem Ende zu! »Infinita« ist ein Stück von Geburt und Sterben. Und von der Erkenntnis, dass beides doch verdammt nahe beieinanderliegt. Ist der Lebenskreis dann umrundet, schieben sich Hajo Schüler, Björn Leese und Benjamin Reber (von links) die Masken auf die Stirn und atmen auf: Es ist ja noch ein Weilchen hin ... sprochener Sprache. Sie seien als Vereinbarungen so abstrakt wie eine beliebige Reihe von Buchstaben. »Aber Gesten vermeiden wir.« Der Rest ist klassisches Guckkastentheater: Die Schauspieler sind kostümiert, sie nutzen Bühnenbild und Requisiten. Und sie sind gern komisch: »Was ich auf der Bühne zeige, sind Schwäche und Scheitern«, meint Vogel. »Das wirkt so grotesk, weil wir genau das im Leben zu vermeiden suchen: Wir dürfen unser fortwährendes Scheitern nicht zeigen.« Aber fest steht auch: Kein noch so geschliffener Dialog wäre in der Lage, so viel Erleben, so viel Gleichzeitigkeit, Zwiespalt und Widerspruch von der Bühne in den Zuschauersaal zu befördern. Eine Handlung ist nicht Thema dieser wortlosen Kommunikation: Sie ist allenfalls ihr Transportmittel. Bis zu 30 Charaktere agieren in einem Stück – aber wenn sie zum Schluss ihre Masken abnehmen und sich verbeugen, dann sind es meist nur drei oder vier Akteure. Und rechtschaffen erschöpft: Sie haben das ganze Leben in einen Abend verpackt. 16 Das Stück »Infinita« zum Beispiel; sie spielen es seit 2006: Da spannt die Truppe wirklich den ganzen Bogen von der Geburt bis zum Tod. Die Schatten der Toten und die der Lebenden huschen über die Bühne, schwarz und weiß; die beiden Alten trauern umeinander – sie vor seinem Tod, beim Abschied im Altersheim, er nach dem ihren. Und bei beiden mischt sich in die Trauer um den anderen auch eine Spur der Erleichterung darüber, selber noch einmal davongekommen zu sein. Am anderen Ende des Lebens klettern drei Babys an den Stäben eines Laufställchens hoch, drolBE VOR EI NER DEN MUND AUFMACHT, IST LÄNGST ALLE S GE SAGT. lig und furchterregend: Wo liegt der Unterschied zur Welt der Erwachsenen und zum Alter, zum Hauen und Stechen im Wettbewerb, zum Eingesperrtsein und Reinkommenwollen, zum Purzeln und Fallen? Und wie lernt man es, so lebensecht auf den Po zu plumpsen? »Ein paar von uns hatten gerade selber Kinder bekommen«, sagt Michael Vogel und schwärmt von deren extremer Körperlichkeit. So etwas bewundert natürlich, wer im Probenraum und auf der Bühne darum kämpfen muss, genau diese Unmittelbarkeit wieder zu erschließen. Für eine Weile konnten sie aus solcher Beobachtung lernen. Und wie gut, dass es den anderen genauso ging. Getroffen haben sie sich an der Folkwangschule in Essen, der einzigen staatlichen Ausbildungsstätte für körperbasiertes Theater in Deutschland. Vorher waren sie mit dem Straßentheater unterwegs, als Pantomime, Puppenspieler oder Kabarettist. Sie sind ein locker gefügtes Netzwerk um einen harten Kern, haben Erfahrungen gesammelt als Kostümdesigner und Musiker, Balletttänzer in Kanada, Schauspieler in Bremen, Schüler des großen Theaterpädagogen Jacques Lecoq in Paris oder als Clown beim kubanischen Staatszirkus. Aber Essen, das Ruhrgebiet, das Leben der Bergleute: das gab ihnen die ersten Impulse. Daher der Name Flöz: Flöze sind die Schichten unter Tage, in denen Arbeiter das Erz oder die Kohle abbauen. Das erste Stück hieß »Familie Flöz kommt Über Tage«. So fing es an: mit Szenen aus dem Arbeitsleben und dem Geschlechterkampf. Mit Hierarchien in ei- nem Bautrupp, dem hektischen Kuddelmuddel im »Hotel Paradiso«, einem »Ristorante Immortale« oder einem »Teatro Delusio«. Mit Erwartungen, Ängsten und Regeln. Spannende Stoffe: »Bevor ein Vorgesetzter den Mund aufmacht, um Anweisungen zu geben oder Kritik zu äußern«, meint Hajo Schüler, »ist doch schon längst alles gesagt.« Es geht ihnen gut. 150, manchmal 200 Vorstellungen in einem Jahr, ausgebucht bis 2016; im vergangenen Jahr waren es 70 Städte in neun Ländern. Das Theaterhaus in Stuttgart und das Kaohsiung Spring Arts Festival in Taiwan, Izmir, Rovereto und Bois d’Arcy, Venedig und Teheran, Jerusalem und Newbury, Tiflis und Belo Horizonte. Und gerade gestern kam eine riesige Kiste mit Bühnenbild und Requisiten retour aus La Réunion. Die zu Frankreich gehörende Insel liegt östlich von Madagaskar, mitten im Indischen Ozean. Selbst dort verstehen sie die Sprache dieser Familie Flöz. MARTIN TSCHECHNE ist promoviert als Psychologe, wurde dann aber Journalist: Chefredakteur von »Weltkunst«, Textchef bei »Art«. Schreibt heute Bücher und arbeitet u. a. für »Merian« und »Psychologie Heute«, Deutschlandradio und den NDR. 17 So ein Theater! Links: Truffaldino (Michael Maertens), Smeraldina (Friederike Wagner), Pantalone (Robert Hunger-Bühler), Dottore Lombardi (Lambert Hamel), Florindo (Thomas Loibl), Clarice (Marie Rosa Tietjen), Beatrice (Carolin Conrad), Tottino (Johannes Sima), Brighella (Gottfried Breitfuss) und Silvio (Christian Baumbach) debattieren. Unten: Michael Maertens und Thomas Loibl SALTO MORALE DAS SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH KOMMT MIT CARLO GOLDONIS GRANDIOSER KOMÖDIE »DER DIENER ZWEIER HERREN« ZUM THEATER FESTIVAL NACH HAMBURG, von Barbara Frey italienisch leicht, von Herzen komisch und mit wunderbaren Schauspielern inszeniert. Wie kann man in einer solchen Stadt Theater machen? Regisseurin Barbara Frey scheint es zu wissen, sie hat viel am Schauspielhaus inszeniert, hat Zürich als Intendantin beherzt für das Theater gewonnen, und inzwischen obliegt ihr neben der künstlerischen auch die geschäftliche Leitung, was einen großen Vertrauensbeweis darstellt. Bei Goldoni hat sie sich für die Übertragung von Werner Buhss entschieden, die grell und schnoddrig daherkommt und von Anfang an aufs Tempo drückt. »Die damaligen Texte waren Arbeitsgrundlagen«, keine kanonische Literatur, erklärt Dramaturg Thomas Jonigk, selbst Bühnenautor. »›Der Diener zweier Herren‹ etwa wurde erst nach der Uraufführung schriftlich fixiert. Das Stück verlangt geradezu nach freiem Umgang« – Stegreifeinlagen gehörten stets dazu. Goldonis Ensembles hatten nur ein bis zwei Wochen Probezeit, was kaum ausreicht, um auch nur die Rollen zu lernen. Eine Ahnung von seiner Welt bekommt man noch heute in jenem entzückenden Barocktheater unweit der Rialtobrücke, das später nach ihm benannt wurde. Einmal fabrizierte er sechzehn Komödien in einem Jahr, als wäre er der Diener dreier Theater. Doch er hatte Schauspieler zur Hand, die dieses irrwitzige Tempo mitgehen konnten, und einen deutschstämmigen Impresario namens Medebach, der ihn an Um- In dieses heikle Gemeinwesen platzt nun ein Bauerntölpel – Truffaldino. Er kommt von draußen, ein Hinterwäldler, ein dubioser Fremder. In der auf Zürich zugeschnittenen Fassung von Frey und Jonigk spielt Michael Maertens einen grundlos selbstbewussten Piefke, der kein Fettnäpfchen auslässt. Wie gestelzt er daherredet, wie plump er sich anbiedert, wie hoffnungslos er sich in sein eigenes Lügengespinst verstrickt! Auch Zofe Smeraldina (Friederike Wagner), dieser gänzlich ungeschliffene Edelstein, hat sichtlich einen Migrationshinter- oder vielmehr Vordergrund. In der Schweiz tummeln sich in den Dienstleistungsberufen zahllose Deutsche und Italiener. Auch weil schon der Mindestlohn über dem liegt, was ein Professor in Parma oder Piacenza verdient, die beiden Nebenjobs miteingerechnet. Was sich neudeutsch Multitasking schimpft und was die Managementgurus als letzten Schrei verkaufen, das ist in den Mittelmeerländern seit Jahrhunderten gang und gäbe. Man muss alles Mögliche gleichzeitig machen, um überhaupt auf einen grünen Zweig zu kommen. Goldoni studierte etwas Medizin, etwas Philosophie und etwas mehr Jurisprudenz und Kirchenrecht, er arbeitete als Gesellschafter, Advokat, Diplomat, Sprachlehrer und Stückeschreiber, manchmal nacheinander, meistens durcheinander. Truffaldino beweist bereits Augenmaß, indem er sich lediglich zwei Herren andient und nicht fünf. Als klassischer Freiberufler ist er zugleich Herr und Sklave seiner selbst. TRUFFALDI NO, EI N BAUERN TÖLPEL , KOMMT VON DRAUSSEN. :T E XT _ST E FA N SC H O M AN N | FOTOS _ MAT T H I AS H O R N S ie werden lachen: Das erste Liebespaar ist schwer kriminell, das zweite leicht debil, das dritte zumindest nicht ganz koscher (Vorspiegelung falscher Tatsachen, Verletzung des Briefgeheimnisses, Mundraub, Unterschlagung) – und dennoch nennt das Ganze sich Komödie. Zu schlechter Letzt setzen sich zwei Hauptbeteiligte die Pistole an die Schläfe, ein dritter stürzt, in einem Fall von akutem Burn-out, wie tot zu ihren Füßen nieder, eine vierte will lieber verrecken als heiraten. Eine winzige Wendung nur, und eine Tragödie sondergleichen nähme ihren Lauf. O Schicksal! O Schwerenot! Man kann es kaum mit ansehen. Doch man muss es mit ansehen, es ist einfach zu spannend zu verfol- 18 gen, wie dieser Truffaldino, dieser Tropf, dieser Schelm, dieser hergelaufene Chaot, wie der sich die Suppe einbrockt, und noch spannender zu verfolgen, wie er sie wohl wieder auslöffeln wird. Eine Komödie aus der Schweiz? Aus Zürich gar? Selbst wenn der Autor aus Italien stammt, selbst wenn Helvetien dort direkt angrenzt und man im Tessin schon Italienisch spricht – aber liegen nicht Welten dazwischen? Die Kaufmannsstadt Zürich mag manches mit der Kaufmannsstadt Hamburg gemein haben, doch beide haben nur wenig mit der Kaufmannsstadt in der Adria gemein. Venedig steckt voller Rätsel, Zürich dagegen kennt nur das Bankgeheimnis. In Venedig ist das Theater zum zweiten Mal erfunden worden, die Commedia dell’Arte entfaltete sich hier zu voller Blüte. In Zürich hat Zwingli das Theater verboten, und Bälle und Tanzvergnügungen gleich dazu. triebigkeit offenbar noch übertraf (und eine höchst unwahrscheinliche Verbindung zwischen Sauerland und Serenissima zustande brachte). Ein ineinandergeschachtelter Guckkasten rahmt die Bühne, kahl wie eine reformierte Kirche. Die Figuren können sich nirgendwo festhalten, nirgendwo schützen, sie müssen sich abfinden mit ihrer existenziellen Unbehaustheit. Wie zur Familienaufstellung gruppiert, ordnen sie sich in wechselnden Konstellationen einander zu. Kein Dekor und keine Requisiten, es gibt nur die Menschen und den abstrakten Raum der Stadt. Fleisch und Stein. »Berührungsangst« betitelte Richard Sennett einen Essay über das Ghetto von Venedig. Hier ist die Abgrenzung erfunden worden. 19 Die übrigen Figuren sind bewusst holzschnittartig gehalten, kaum anders wohl als in jenem Marionettentheater, an dem der vierjährige Carlo sich einst ergötzte. Lesen und schreiben konnte er da auch schon; ihm war das Talent wahrhaftig in die Wiege gelegt, oder zumindest in den Laufstall. Eine Welt voller Masken, Puppen, Hampelmänner also. Thomas Loibl, ein überlanger Schlacks, der einherstiefelt wie Lucky Luke, posiert als cooler, selbstgefälliger Florindo. Robert Hunger-Bühler mimt den Pantalone als aalglatten Geschäftsmann und Prototyp eines Wendehalses, il conformista. Auch Beatrice (Carolin Conrad) kennt nur zwei Register: als Frau agiert sie hemmungslos sentimental, als Mann so skrupellos wie alle anderen auch. Gottfried Breitfuss gibt den Gastronom. »Hinterfotzig und scheinheilig« sei der. Nicht eine Sekunde zögere er, sich auf das doppelte Spiel einzulassen, »Hauptsache, er macht seinen Schnitt«. Aber so sind sie alle: Üb immer Untreu und Intrige! Das Lachen könnte einem vergehen, wenn das Ganze nicht so spaßig wäre. Wenn der Plot nicht ständig Purzelbäume schlüge, wenn nicht Wortwitz und Situationskomik selbst eingefleischte Moralisten entwaffnen würden. Kunst kommt von Kalauer. Was könnte weniger schweizerisch sein als dieser notorische Unernst? Keine einfache Aufgabe also, in einem heillos seriösen Land derartigen Leichtsinn aufzutischen. »Wenn du’s hier schaffst, schaffst du’s überall«, resümiert Breitfuss seine Erfahrungen mit dem »stillen Humor« der Helvetier. Nach fünf Jahren in Basel und zehn in Zürich ist der gebürtige Österreicher hinreichend vertraut mit den protestantischen Paradoxien: der inständigen Nüchternheit, der exzes- 20 FESTSPIEL Photos by Kerstin Groh + Carlosh Komödiant mit Bodenkontakt: Tuffaldino (Michael Maertens) kriecht vor Brighella (Gottfried Breitfuss), beobachtet von Pantalone (Robert Hunger-Bühler) und Beatrice (Carolin Conrad). siven Zurückhaltung, der kontrollierten Lust. Eine krachige, schrille Spielweise würde hier nicht reüssieren. »Man muss die Quintessenz bringen, den Maggiwürfel, das Konzentrat der Komödie.« Und sei es noch so bitter. Vielleicht ist die Schweiz, dieses seltene Beispiel einer gutmütigen Gesellschaft, weniger als alle anderen Nationen zur Schadenfreude aufgelegt. Nun bildet aber die Schadenfreude das Lebenselixier jeder Komödie. Sie ist der eigentliche Running Gag – was könnte amüsanter sein, als anderen dabei zuzusehen, wie sie sich noch dümmer anstellen als wir. Doch darf man dabei Lust empfinden, gar diebisches Vergnügen? »Manchmal muss man die Schweizer zu ihrem Glück überreden«, meint Dramaturg Thomas Jonigk. »Aber die Sehnsucht nach dem Ungelebten ist natürlich vorhanden.« Und so geht die Inszenierung indirekt zu Werke, macht das Stück dem Publikum über andere Qualitäten schmackhaft. Indem sie etwa versucht, neben der Lachhaftigkeit auch die Liebenswürdigkeit der Figuren herauszuarbeiten, was die deutlich schwierigere Übung darstellt. Wie das Leben so spielt, wie das Spiel so lebt. Da mag man an Goldonis Bonmot von den Gesichtszügen als »Dolmetscher des Herzens« denken oder an sein Lippenbekenntnis, ihn interessiere »nichts mehr als die Zergliederung der menschlichen Seele«. Schöne Worte, Ideale wohl auch, aber nur selten hat er danach gelebt oder geschrieben. So, wie auch Truffaldino, überhaupt alle Figuren, ständig von Sitte und Tugend reden, doch ganz etwas anderes treiben. Salto morale. Der größte Unhold freilich ist der Autor – er geht buchstäblich über Leichen, nur damit die Handlung in Gang kommt. O Wonne! O Weh! Die zweite Masche der Verführung ist das Tempo. »Man darf nicht zu lange nachdenken«, bekennt Jonigk. Die entsprechend gekürzte und forcierte Fassung rauscht in einem Rutsch durch, braucht keine anderthalb Stunden. Doch Venedig wäre nicht Venedig, bliebe nicht eine gehörige Verunsicherung zurück. Ist nicht selbst seine Architektur Gestalt gewordenes Verwirrspiel? In dieser amphibischen Welt gibt es nichts, woran man sich halten könnte. Alles Feste, alle Gewissheit wird vom Flüssigen, Unbestimmten, vom großen Anderen infrage gestellt. So geht es auch mit der Moral von der Geschicht. Immer wieder scheint im »Diener zweier Herren« die Utopie einer Welt ohne Bösartigkeit auf, einer menschlichen Welt, einer Welt voller Schwächen also. Gerne möchten wir daran glauben, doch wir wissen, dass es so nicht funktionieren wird, dem dreifachen Happy End zum Trotz. Haltlos gondelt die kleine Gesellschaft schließlich davon, hinaus in die trägen Lagunen des Alltags, alle in einem Boot. Das kann noch heiter werden. MERET BECKER »Deins & Done« CD · LP · Download Auf den Brettern, die die Welt bedeuten, spielen auch unsere Künstler – die Welt des Theaters und die Welt der Musik sind voneinander nicht zu trennen: Menschen, die sich von Kultur anregen lassen, sind in beiden zuhause. Genau wie wir. Gern unterstützen wir das Theaterfestival auch in diesem Jahr und freuen uns, Sie hier auf Meret Becker stellvertretend für viele weitere Akteure in besonderen Einspielungen und Verpackungen hinweisen zu können. Weit mehr finden Sie auf www.edel.com STEFAN SCHOMANN Stefan Schomann schreibt Reportagen, Essays und Feuilletons. Für das Magazin des Hamburger Theater Festivals porträtierte er das Wiener Burgtheater (2012) und das Deutsche Theater in Berlin (2013). 21 in seiner Frankfurter Rede unmöglich gemacht. Ist ein hartes Urteil, sagt er, aber ich bleib dabei. Bei Grass könnte er dann gleich mit dem absurd schlechten Nicht-Gedicht zum Thema Israel fortfahren. Ach, und dann seine unbeschreibliche Eitelkeit. Böll, glaubt Matthes, habe den Nobelpreis wohl eher für seine Gesinnung als für seine Literatur bekommen. ALS ULRICH MATTHES 1998 ZUM ERSTEN MAL IM DEUTSCHEN THEATER BERLIN SPIELT, »ICH WÜRDE GERNE ALLE NABOKOV-ROMANE beschimpfen die Ostler ihn noch als Innerlichkeits-Wessi. Er hat deutlich zurückgeschimpft. VORLE SEN, ALLE , ALLE ALLE!« Heute ist er ein Star im Haus. :T E XT _BI RGI T L AH AN N W ir sitzen in Berlin draußen vorm Deutschen chen über alle möglichen Autoren gelesen. Wenn sie gut geschrieTheater, und Ulrich Matthes sagt: Heute ben waren, lasen die sich wie Krimis: Ach, so hat der gelebt? tauschen wir die Rollen mal, ich frage und Sie antworGetrennt von 17 Frauen? Und 58 Kinder gezeugt? Ist ja großartig! ten. Und wer soll das lesen? Er lacht, sagt, dass er einKennt er auch Biographien von Kollegen? Hildegard Knefs »Geschenkten Gaul« hat er gelesen und die fach keine Lust hat, immer nur über seine Rollen zu reJugenderinnerungen von Günter Lamprecht, wie hießen die den. Dann reden wir eben über Autoren und Bücher, noch? »Und wehmütig bin ich immer noch«. Ja, und dann sage ich. Im Theaterstück »Gift« spielen Sie einen das wunderbare Buch aus dem jüdischen Stetl von AlexanMann, der mit seiner geschiedenen Frau den Tod des der Granach. Der ostgalizische gemeinsamen Sohnes beklagt Mensch, heißt es gleich zu und über seine Verlustängste Beginn, sei ein bisschen faul ein Buch schreiben will. Da ULRICH MATTHES Ulrich Matthes wurde 1959 in Berlin geboren. Er studierte Gerund fruchtbar wie die Erde. sind wir doch schon beim Themanistik und Anglistik, wollte Lehrer werden, brach das StudiWas für ein Satz! Martin Held, ma. Wer war der wichtigste Au- um nach fünf Semestern ab, um Schauspieler zu werden. Bei Else Bongers, die auch Hildegard Knef, Günter Lamprecht und sage ich, hat kein Buch über tor Ihrer frühen Jahre? Götz George ausbildete, nahm er Privatunterricht, spielte in sich geschrieben, aber ihm haSo gefällt es Matthes. Der Düsseldorf, an den Münchener Kammerspielen, der Berliner ben Sie als junger Mann vorHeld meiner Postpubertät, sagt Schaubühne, der Wiener Burg und ist heute festes Mitglied am gesprochen. Held habe er verer vergnügt, war Thomas Mann. Deutschen Theater. Für Meisterleistungen in Schlöndorffs Film »Der neunte Tag«, für »Novemberkind«, »Wer hat Angst vor ehrt, sagt Matthes. Er sei bei Diese Zwiespältigkeit von BürVirginia Woolf« und »Onkel Wanja« wurde er mit Preisen überihm in Zehlendorf zum Tee gegertum und Künstlertum, die häuft. Zum Hamburger Theater Festival kommen er und Dagmar Manzel mit dem Zwei-Personen-Stück »Gift«. wesen, alles sehr stilvoll, und interessierte mich wahnsinnig. Held habe Anekdoten erzählt Ich bin doch auch so ein Bürund dann gesagt: Mach mal gersöhnchen gewesen, sagt er. Hamlets »Sein oder nicht sein« und Ibsens Oswald aus den GeUnd er wollte wissen, wie er da rauskommt und was spenstern, »Mutter, gib mir die Sonne …«. Lern das, und dann das bedeutet, wenn er nicht Lehrer, sondern Schaukommste wieder. Der Hamlet hat ihm nicht gefallen. Den kannsspieler werden würde, Künstler, ob da dieses behütete te noch nicht, hat er gesagt. Aber meinen Oswald fand er gut. Den Aufgewachsensein nicht zurückschlagen würde. Ich hat er mit mir gearbeitet. Und am Ende meinte er: Du hast großes Talent. Und jetzt, sagt Matthes, erscheint bald ein Buch, in dem »MART I N HELD SAGTE ZU MI R: prominente Berliner über prominente Berliner schreiben. Über ›LERN DA S, UND DANN KOMMSTE WI EDER .‹« wen er denn gerne schreiben würde, hatte man ihn gefragt. Da habe er Martin Held vorgeschlagen und hat über ihn geschrieben. hatte ein merkwürdig romantisches Künstlerideal, Nobelausgabe, sagt er. Kommt im Herbst raus. sagt er. Hat ihn neben den Romanen auch Thomas Was konnte er mit dem Dreigestirn Böll, Grass und Walser Manns Biographie interessiert? Aber ja, und nicht nur anfangen? Ich sag Ihnen meine Spontanassoziation, sagt Matthes. die. Ich habe doch fünf Semester Germanistik und Walser hat sich für mich für alle Zeiten mit der Auschwitzkeule Anglistik studiert, sagt er. Da habe er die rororo-Bänd- 22 Und was hat er gelesen, als er sich auf die GoebbelsRolle im Film »Der Untergang« vorbereitet hat? Seine Tagebücher, sagt er. Über tausend Seiten. Matthes umschließt mit beiden Händen seinen Mund und flüstert: Um es mal ganz pathetisch zu sagen – ich bin’s den Opfern schuldig. Die Lektüre fand er interessant, weil alles überformuliert ist, bewusst für die Nachwelt geschrieben. Und als Kind sei Goebbels wegen seines Klumpfußes gehänselt worden. Ich will mich ja nicht als Küchenpsychologe aufspielen, sagt Matthes, aber so was hat natürlich Folgen. Ich erzähle ihm, dass Goebbels, der wegen dieses Klumpfußes 1916 nicht in den Krieg ziehen durfte, in einem Schulaufsatz schrieb, dass jeder auf der Straße die Augen offen halten müsse, um Verdächtige – die ihr Gold nicht bei der Reichsbank abliefern – auszuspähen und anzuzeigen. Das ist ja wahnsinnig, sagt Matthes. Also, er habe parallel zu den Goebbelstexten auch die Tagebücher von Victor Klemperer gelesen. Zum Teil die gleichen Tage nebeneinander. Ich wollte wissen, was hat in der Zeit das Opfer erlebt. Und da schreibt Goebbels, dass die gelben Tuchballen für die Judensterne im Gau Soundso ausgegangen seien. Und Klemperer beschreibt, wie seine Frau zum ersten Mal mit dem gelben Stern zum Bäcker geht, wie sie angeschaut und behandelt wird und wie sie sich dabei gefühlt hat. Also hier die Stigmatisierte und dort der Technokrat. Und was hat neben all der Lektüre die gespielte Rolle am Ende mit ihm gemacht? Na ja, sagt er, auch wenn man inzwischen alles kennt und über alles informiert ist, es ist schon was anderes, wenn man dann wochenlang in einer Naziuniform diese Texte spricht. Das darf man nicht unterschätzen. Natürlich habe ich das Bewusstsein von heute, bin mit Willy Brandt aufgewachsen, aber die Erfahrung mit so einer Macht-Rolle, die möchte ich nicht missen. Nun ist Matthes ja nicht nur ein großartiger Schauspieler, er ist auch ein Vorleser, hat Kafkas »Schloss«, Joseph Roths »Spinnennetz«, Tschechows »Duell« und vor allem den herzzerreißenden »Pnin« von Nabokov gelesen, diesen Exilrussen, der seine Heimat an die Bolschewiki und seine erste Liebe an die Barbaren von Auschwitz verlor. Und wie Matthes das spricht, wie er diesen Verlierer von der traurigen Gestalt in den USA über alle Sprachfallen und den American Way of Life stolpern lässt, das ist ein wunderbares Kunststück, das 2002 zum Hörbuch des Jahres gekürt wurde. Ach, ich würde gerne alle Nabokov-Romane vorlesen, alle, alle, alle, sagt er, weil sie sprachlich auf einem Niveau sind, das einem das Jauchzen in die Seele treibt. Und warum tut er’s nicht? Weil die Nabokov-Erben Nein gesagt haben. Ohne mein Hörbuch zu kennen, sagt er. Einfach Nein. Dann schenke ich Ihnen dafür jetzt eine Theaterrolle, die Sie noch nicht gespielt haben – Faust. Warum nicht Mephisto?, fragt er. Weil Faust die bösere Figur ist. Er ist sentimental und brutal. Das ist eine fatale Mischung. Er hat gemeinsam mit seinem Vater Hunderte Menschen umgebracht. Mit giftigen Medikamenten. Das war Massenmord. Ja, ja, sagt Matthes. Ich kann mich düster an den Text erinnern. Und erzählt, dass er den Faust schon zweimal hätte spielen sollen. Einmal in Frankfurt, aber das ging zeitlich nicht. Und einmal hatte Jürgen Gosch – mein größter Regisseur überhaupt, sagt er – ihm beide Rollen angeboten. Sitzt bei mir auf dem Balkon und erzählt, er mache am Burgtheater »Faust« I und II und ich könnte wählen: Faust oder Mephisto. Matthes steckt damals mitten in den Proben zu »Onkel Wanja« und sagt: Ich denke drüber nach. Und dann sind die Rollen mit zwei Wienern besetzt. Und von mir, sagt er, war nicht mehr die Rede. Nein, ich hab keine guten Erinnerungen an Faust. Aber der wäre natürlich die Rolle. Dann guckt er auf die Uhr. Was? Schon fast sieben! Um halb acht beginnt die Vorstellung »Gift«. Am Bühneneingang ruft er noch lachend: Ich muss kein Bild von mir sehen, schreiben Sie lieber mehr Text! Ein winziges Foto reicht. Eine Briefmarke! © dapd/DAPD DER MANN, DER NABOKOV LIEBT BIRGIT LAHANN Birgit Lahann arbeitete bei Peter Zadek am Bremer Theater, war 25 Jahre Autorin beim »Stern«, bekam den Theodor-Wolff- und den Egon-ErwinKisch-Preis und schrieb Reportagebücher und Biographien. 23 DER EMPFINDSAME BARBAR – mit drei Inszenierungen Dimiter Gotscheffs erinnert das Hamburger Theater Festival gemeinsam mit dem Thalia Theater ein Jahr nach seinem Tod an den großen Regisseur. »DIE PERSER«, »IMMER NOCH STURM« UND »LEERES THEATER« :TEXT_URSULA KELLER | FOTO _RETO KLAR A ls die Theaterwelt vor einem Jahr zutiefst bestürzt und in großer Trauer Abschied nahm von Dimiter Gotscheff, da ahnten viele, dass die deutsche Theaterlandschaft nach diesem Verlust eine andere sein würde. Etwas Wesentliches würde fehlen. Die Stelle, an der einem düster strahlenden Monolithen gleich das Theater stand, das Gotscheff verkörperte, würde für lange Zeit leer bleiben. Schon als er, aus dem Nichts gleichsam, im Westen auftauchte und mit seiner ersten Inszenierung, Heiner Müllers »Quartett«, sofort Aufsehen erregte, war klar, dass dieser »empfindsame Barbar« aus den bulgarischen Bergen nicht nur von woandersher kam, sondern auch woandershin wollte. Mit einer heutzutage unüblichen existenziellen Dringlichkeit war er auf der Suche nach einem anderen Theater. Sie sollte ein Leben lang anhalten und mit jeder neuen Inszenierung von vorne beginnen. DIMITER GOTSCHEFF Dimiter Gotscheff (1943—2013) war einer der bedeutenden Regisseure des deutschsprachigen Theaters. Der Sohn eines bulgarischen Tierarztes studierte Veterinärmedizin an der Humboldt-Universität in Berlin. Die Begegnung mit Heiner Müller brachte ihn dazu, Theaterwissenschaft zu studieren. Er arbeitete zunächst in Sofia, wo er Heiner Müllers »Philoktet« aufführte. Seit 1985 inszenierte er in Basel, Hannover, Düsseldorf, Hamburg, Bochum, Frankfurt und Wien. Von 2005 bis zu seinem Tod war er Regisseur am Deutschen Theater in Berlin. Dort inszenierte er auch »Die Perser«, die das Hamburger Theater Festival nun im Thalia Theater zeigt. Das Thalia Theater erinnert zudem mit zwei Abenden an den Regisseur. Am 7. November 2014, 19 Uhr, zeigt es Peter Handkes »Immer noch Sturm«; am 13. November 2014, 19 Uhr, ist im Thalia in der Gaußstraße »Leeres Theater. Träume, Witze, Atemzüge« von Heiner Müller zu sehen. Im Anschluss: Essen, Live-Musik und Gespräche mit Gotscheffs künstlerischen Weggefährten. 24 In Ostberlin hatten den jungen Gotscheff die Begegnungen mit Regisseuren wie Benno Besson und Fritz Marquart, tiefgreifender noch die mit dem Dramatiker Heiner Müller geprägt, den er rückhaltlos bewunderte und bis zuletzt immer wieder inszenierte. Im Westen aber geriet der bekennende Apokalyptiker mit dem unzerstörbaren Gefühl für Utopisches und dem anarchischen Herzen, ein Fremdling mitten in unserer hedonistischen Gegenwartskultur, schnell in die Position des in jeder Hinsicht Anderen. Anders schon allein seine äußere Erscheinung. Mit seinem tief zerfurchten Gesicht und der langen grauen Mähne, die seine warmen braunen Augen immer halb verdeckte, mit seinem sonoren, grollenden Bass, seinem nachlässigen Outfit und stets rauchend und trinkend gab Gotscheff, den nicht nur seine Freunde Mitko nannten, selbstironisch das »finstere Balkansubjekt«. ER GI NG SEI NEN WEG I N DI E ABGRÜNDE DER GEGENWART. Unbeeindruckt von den wechselnden Moden und Trends des Theaterbetriebs ging der studierte Veterinärmediziner, der »Agrarmensch«, der seinen »balkanesischen Dschungel nicht vergessen hat« und der Antike so verpflichtet war wie der Moderne, radikal und risikobereit seinen ganz eigenen künstlerischen Weg. Einen Weg, der alles andere als gradlinig war und auch das Scheitern nicht ausschloss, weil er weiter führen sollte als bis zum nächsten Erfolg. Tiefer hinein sollte er führen in die Abgründe der Gegenwart, tiefer hinunter in die unwegsamen Gelände der menschlichen Triebnatur, näher heran an die Körper, da, wo sie wirklich lebendig sind, roh und verletzlich. Wörter wie »Wunde« und »Schrei« klangen bei ihm nicht befremdlich. Er stand mit Leib und Seele und seinem ganzen schwierigen Leben dafür ein. 25 ER MACHTE DA S T HE ATER ZU EI NEM ORT DER ERFAHRUNG. © Iko Freese / Drama Berlin Jenseits von Psychologie und postmoderner Dekonstruktion arbeitete das »Theatertier« Gotscheff an einer Theatersprache, die das Elementare, Kreatürliche der menschlichen Existenz lesbar, mehr noch – erlebbar macht. Er dachte nicht daran, den hedonistisch verwöhnten Zuschauer von heute da »abzuholen«, wo er ohnehin schon ist. Er suchte weder das schnelle Einver- 26 nehmen mit ihm noch die erwartbare Gesellschaftskritik. Sein Theater wollte weder unterhalten noch belehren. Erst die Freisetzung seiner vitalen, subversiven Energien konnte es zu dem machen, was es sein sollte: zu einem Ort der Erfahrung. Es sollte enigmatisch sein dürfen und extrem, komisch und wild, apokalyptisch und clownesk, verspielt und tragisch. Und weil es das alles manchmal zugleich war, vermochte es in Bann zu schlagen. Gotscheff wollte den passiven Zuschauer herauslösen aus der Logik der Alltagsrealität, ihn dazu verführen, einzutreten in einen abgesonderten hermetischen Raum und »das zu berühren, was der Schauspieler öffnet«. Denn für ihn war Theater immer auch ein letztes Refugium des Lebendigen. Anders als in der Welt »draußen« müssen hier Leid, Schmerz und Tod nicht verdrängt werden. Der Gewalt, dem Rohen und dem Bösen wird ebenso Raum gegeben wie dem Extremen und dem Tragischen, dem Schrei ebenso wie dem Schweigen. »Der Ort der Handlung ist das Theater«, die autonome ästhetische Wirklichkeit der Bühne, ein eigenständiges Universum aus nichts als Worten, Körpern, Bewegungen, Musik und Licht. Was in diesem (meist) leeren Raum zählt, ist die intensive und ungeschützte physische Präsenz der Schauspieler, die dem Text, dem Rhythmus und der Poesie der Sprache einen Körper zu geben vermögen. Und eben das können die ebenso verrückten wie eigenwilligen Schauspieler, die »Mitko« über Jahre hinweg um sich versammelt hat, in vollendeter Weise. In besonderem Maße gilt das für die »Kernfamilie« Samuel Finzi, Wolfram Koch, Maria Bendokat und Almut Zilcher (die auch seine Frau war), aber auch für vorübergehende »Familienmitglieder« – mit »Mitko« waren sie bereit, weiter zu gehen als sonst, oft bis zum Äußersten. Sie konnten das, weil er ihnen auf Augenhöhe begegnet ist, ihnen im Probenprozess alle spielerische Freiheit gelassen hat. Es hieß, er sei der einzige Regisseur hierzulande, der seine Schauspieler liebt. Er seinerseits fand, er brauche sie mehr als sie ihn. In jedem Fall aber mussten alle, die mit ihm gearbeitet haben, durch diese schon legendären Proben hindurch, die oft aus langem Schweigen, Trinken, Rauchen und Grübeln bestanden, bis die zündende Idee plötzlich da war – man war eben gemeinsam auf der Suche. »Heimat –«, sagte er, »das ist für mich die Probe.« Ein Privatleben gab es nicht. Sein Leben war das Theater. Während der Proben zu den »Persern« im Amphitheater von Epidaurus (wo er sie 2009 zum zweiten Mal inszenierte) hatte Gotscheff auf einem kleinen Zettel notiert: »Unser Programm aus den tiefsten Schichten ist der Mensch, die Gegenwart. Gier ist eine wesentliche Energie der Bestie Mensch. Wir haben große Lust und Energie, ihre Erbärmlichkeit zu analysieren« – sein ästhetisches Programm in drei Sätzen. In kaum einer Arbeit lässt sich das Einzigartige von Gotscheffs Kunst klarer erkennen, in keiner ist es so verdichtet und formvollendet zu erleben wie in seiner gefeierten Inszenierung der Aischylos-Tragödie »Die Perser« (bearbeitet von Heiner Müller). Sie ist 2006 am Deutschen Theater Berlin entstanden, 2007 zu einer der © Iko Freese / Drama Berlin Kein anderer Regisseur hat die Suche nach der vom Gang der Dinge bedrohten Substanz des Menschlichen so obsessiv betrieben wie er. Dem Schmerz seiner Figuren hat er mit tiefer Empathie nachgespürt, ihre Erbärmlichkeit hat er kalt analysiert und schonungslos ausgestellt. Wie seine Geistesverwandten Artaud, Beckett, Büchner, Tschechow und Heiner Müller war er entschlossen zu zeigen, dass die Wahrheit zumutbar ist. Im Theater dieses »Bauchmenschen« verband sich die immer neue Suche nach einer Sprache der Körper mit einem ausgeprägten Formwillen, der die biographisch grundierte Spannung zwischen Archaik und Avantgarde auf einzigartige Weise zu versöhnen verstand. »The last man standing« hat man ihn genannt, »den Letzten, der künstlerisch noch was bringt«. Eben diese exzentrische Position hat den notorischen Außenseiter in seinen letzten Jahren zum Regiestar gemacht. Es gab Preise und zahlreiche Einladungen zum Berliner Theatertreffen. Das diesjährige, eröffnet von seiner letzten Inszenierung »Zement«, war ihm gewidmet. »Die Perser« von Aischylos, ältestes Drama der Weltliteratur; Samuel Finzi spielt den geschlagenen Xerxes, ein Machtmensch ohne Hemd. Linke Seite unten: Almut Zilcher als Xerxes’ Mutter Atossa mit Wolfram Koch als Perserkönig Dareios, eigentlich schon im Reich der Toten zu Hause herausragendsten Inszenierungen des Jahres gewählt und steht bis heute im Spielplan. In dieser ältesten der antiken Tragödien erzählt Aischylos vom Untergang des gewaltigen persischen Heeres in der Schlacht von Salamis 480 v. Chr., in der er selbst siegreich auf der griechischen Seite gekämpft hat. Jetzt aber, acht Jahre nach der Schlacht, spricht er aus der Sicht des besiegten Feindes. Ein langer Klagegesang, der die unzähligen Toten des Krieges und die blinde Zerstörung einer ganzen Kultur beschwört. Gotscheff und seine vier Schauspieler Finzi, Koch, Zilcher und Bendokat machen aus diesem »organisierten Nervenzusammenbruch« (Durs Grünbein) ein Sprachkunstwerk von vibrierender körperlicher Intensität und Genauigkeit. Kein Pathos, keine SinnstifDA S UNGEHEUERLICHE , DA S ERBÄRMLICHE DER BE ST I E MENSCH WI RD SCHONUNGSLOS SE ZI ERT. tung, keine pazifistische Ideologe. Statt Bedeutungsschwere und Überwältigungsgestus schnörkellose Leichtigkeit und kalte Lakonie. Das Ungeheuerliche, die Erbärmlichkeit der Bestie Mensch, seine Machtgier, seine Verblendung und Selbstüberhebung, schonungslos seziert und ihre Folgen konkret benannt. Und zugleich kunstvoll verwandelt in eine Feier der suggestiven Kraft der Sprache, die das Entsetzen, das ganze Grauen erst in unseren Köpfen entstehen lässt. Einmal mehr erweisen sich Gotscheff und seine Schauspieler mit ihrer Lust am Text als geniale »Verkörperer« von Sprache, ihrer Energie, ihrer Musika- lität, ihres Rhythmus, ihrer Poesie auch da, wo sie sich an Ungeheuerlichem abarbeitet. Einen nicht geringen Anteil an der Wirkung dieses kleinen Meisterwerks hat die große, inzwischen berühmte gelbe Wand des Bühnenkünstlers Mark Lammert. Gotscheff, von Haus aus ein Verfechter des leeren Raums, fand zum Glück immer wieder Bühnenkünstler, die seinen Minimalismus mit einem einzigen starken, aber bedeutungsoffenen Zeichen oder Objekt fokussierten und so auf ebenso konkrete wie subtile Weise Magie erzeugten. Oft bildeten diese Objekte oder Zeichen erst den Raum, wie etwa Karin Bracks das ganze Stück hindurch rieselnder grüner Blätterregen in »Immer noch Sturm« und ihre Konfetti-Schlangen in »Tartuffe«. Oder sie wurden zu Mitspielern auf der Bühne, wie Bracks ambulante Nebel in Tschechows »Iwanow« und Mark Lammerts gelbe Wand in den »Persern«. Am Anfang wird dieses riesige dickwandige Objekt – von Finzi und Koch in einer Slapstick-Nummer verschoben, gewendet und im Kreis gedreht – zum Auslöser eines Grenzstreits, der zum Krieg eskaliert, später bildet und verändert es den Raum und gibt den Schatten der Schauspieler einen magisch leuchtenden Hintergrund. Mit minimalistischen Mitteln verleiht diese Wand der Sprache dieser ersten antiken Tragödie der Verblendung einen fast sakralen Hallraum. Mit drei sehr verschiedenen Inszenierungen – »Die Perser«, »Immer noch Sturm« und »Leeres Theater« – sehen wir diesen großen Regisseur ein Jahr nach seinem Tod noch einmal auf der Höhe seiner Kunst. URSULA KELLER Ursula Keller, promovierte Literaturwissenschaftlerin, Journalistin in Funk und Fernsehen, Dramaturgin und von 1992—2005 Leiterin des Literaturhauses Hamburg, lebt heute als freie Autorin in Hamburg. 27 »HALLO, WER IST DA? – I DON’T KNOW« DIE BURGTHEATER-INSZENIERUNG »ZWISCHENFÄLLE« HAT DEM SCHAUSPIELER PETER SIMONISCHEK Er habe bei den Proben oft hinter der Bühne gestanden und sich gefragt, ob das wirklich ein Beruf für Erwachsene ist. Das geht Journalisten genauso. EINEN HÖLLENSPASS BEREITET: TEXT_WOLFGANG M ICHAL | FOTOS _BERND UHLIG M 28 Oft ist die kürzeste Verbindung zwischen zwei Menschen ein Kabel: Hans-Michael Rehberg und Andrea Clausen (links). Aber wie kriegt man einen Draht zu Peter Simonischek (rechts)? © Josef Gallauer ail der Pressestelle des Burgtheaters: Ihr Interview-Termin mit Peter Simonischek ist am 30. Juni um 11:00 Uhr im Café Landtmann. Ein Tisch ist reserviert. Prima, maile ich zurück, dann kann ich die Reise also buchen? – Ja, können Sie. Ich buche Hamburg–Wien, 29. Juni, 17:35 Uhr, Supersparpreis (Germanwings). Anreise am Vorabend. Das ist auf jeden Fall sicherer. Mail vom Burgtheater: Herr Simonischek muss wegen schlechten Wetters leider nachdrehen, er fliegt am 30. nach Bukarest, morgens um 6:00 Uhr. Am 29. hat er Vorstellung von 18:00 bis 22:45 Uhr (er spielt den Glagoljew in Tschechows »Platonow«). Wann landen Sie? Ich überlege. Der Flug hat keine Flex-Option (Supersparpreis). Mail vom Burgtheater: Herr Simonischek sagt, wenn Sie am 29. um 22:00 Uhr ins Akademietheater kämen, hätten Sie während des 5. Aktes eine Stunde Zeit zum Reden in der Kantine. Ich denke: Was für eine coole Sau! In der Pause! Ich maile zurück: So machen wir’s. Über Google Maps finde ich ein Hotel gleich gegenüber dem Theater. 29. Juni: Ich fahre mit der S-Bahn zum Flughafen Hamburg (Supersparpreis). Um 17:30 Uhr ist noch keine Maschine da. Am Desk vor dem Gate wird es langsam unruhig. Es ist schwül. Um 18:35 Uhr sitzen alle im Flugzeug. 29 Durchsage des Kapitäns: Ich muss Sie leider bitten, wieder auszusteigen, eins der technischen Systeme funktioniert nicht. Eine Ersatzmaschine aus Köln ist unterwegs. Abflug gegen 20:00 Uhr. Wir bekommen einen Verzehrgutschein, der für ein altes Brötchen und ein Glas Wasser reicht (Supersparpreis). Auf den Flatscreens spielt gerade Mexiko gegen die Niederlande. Anruf beim Burgtheater. Keine Verbindung. Die Spielzeit ist zu Ende. Die Pressefrau ist seit gestern im Urlaub. Sie schickt aber Simonischeks Telefondaten per SMS. Der steht jetzt im dritten Akt auf der Bühne (ohne Handy) und schwitzt. In Wien gewittert es. Um 21:00 Uhr kann die Maschine in Hamburg endlich starten, bitte schalten Sie Ihre Mobile Devices aus … 22:30 Uhr, Wien, Flughafen-Gepäckband. Eine SMS vom Burgtheater ist da. Bitte kommen Sie nach der Vorstellung in die Theaterkantine. Ich suche nach Münzen für die Schnellbahn (denn ich habe die PIN-Nummer meiner Kreditkarte vergessen). Gleichzeitig versuche ich, Simonischek in der Theaterpause zu erreichen. Es meldet sich die Pressefrau. Sie ist verärgert, denn sie hat bereits Urlaub. Wo ist jetzt die Nummer von Simonischek? Ah, hier. Ich schwitze. Es meldet sich eine ältere Dame mit ungarischem Akzent. Ich wähle noch mal. Wieder meldet sich eine ältere Dame mit ungarischem Akzent. Ich habe nur elf Euro klein, brauche aber für die Schnellbahn zwölf (Supersparpreis). Das Wasser tropft mir von der Stirn. Endlich ruft Simonischek zurück. Die ältere Dame mit ungarischem Akzent ist das ehemalige Kindermädchen und gleichzeitig seine Anrufbeantworter-Ansage. Da muss man erst mal drauf kommen! Simonischek sagt, er sei ziemlich kaputt. Die Hitze! Und morgen müsse er in aller Herrgottsfrühe nach Bukarest. 46 Drehtage. Ob wir das Gespräch nicht verschieben könnten? Ich komme auf jeden Fall noch zum Akademietheater, sage ich. Es regnet in Strömen. Ich finde kein Taxi. Außer meiner PIN-Nummer fehlt mir auch noch ein Schirm. Durchnässt erreiche ich das Theater, es ist 23:45 Uhr, im Keller sitzen die Leute in der Kantine, man kann sie von außen sehen. Ich bin erleichtert. Der Herr Simonischek, sagt der Pförtner, ist vor zehn Minuten gegangen. (Vorhang) NACHSPIEL Dienstag, 1. Juli. Wir haben uns für 16:00 Uhr zum Skypen verabredet. Ich skype ihn an, er nimmt aber nicht ab. Ich rufe die ungarische Kinderfrau an. Er sagt, es hätte bei ihm nicht geklingelt. Neuer Versuch. Jetzt klappt die Sprech-Verbindung, er kann mich aber nicht sehen. Er ruft nach seinem 16-jährigen Sohn, ich rufe nach meinem 16-jährigen Sohn, alle probieren wild durcheinander. Wir fangen an zu lachen. Das ist ja wie bei den Zwischenfällen, sage ich. Ja, sagt er, das könnte man gut verwenden. Peter Simonischek ist ein Erzkomödiant. PETER MARIA SIMONISCHEK 1946 in Graz geboren. Soll die Zahnarztpraxis seines Vaters übernehmen, sieht aber Helmut Lohner als Hamlet und schreibt sich heimlich an der Grazer Akademie für darstellende Kunst ein. Erste Bühnenerfahrungen in Bern, Zürich und Darmstadt. 1979 der Quantensprung: Er wird Mitglied des Berliner Schaubühnen-Ensembles, arbeitet mit Peter Stein, Klaus-Michael Grüber, Luc Bondy, Andrea Breth und Robert Wilson. 1999 Rückkehr in die Heimat, ans Wiener Burgtheater. In Salzburg gibt er 100 Mal den »Jedermann«, in Yasmina Rezas Erfolgs-Stück »Kunst« feiert »der Präzisionsschauspieler« (»FAZ«) an der Seite seines Schauspielerfreundes Udo Samel im Januar 2015 sein 20-jähriges Rollen-Jubiläum. Simonischek ist bekannt aus zahlreichen Fernseh- und Kinofilmen (»Hierankl«). »Zwischenfälle« in Bildern. Nicht jeder überlebt, denn es wird scharf geschossen. Tathergang und Motive erklären sich aus dem Handlungsablauf oder auch nicht. Verdächtig allemal: Peter Simonischek mit Markus Meyer (ohne Bewusstsein), Elisabeth Orth, Peter Simonischek, Corinna Kirchhoff und Andrea Clausen (mit Tatwaffe) sowie Peter Simonischek mit Corinna Kirchhoff (rechts) 30 31 Linke Seite: »Die Braut, die sich nicht traut.« Elisabeth Orth, Corinna Kirchhoff und Johanna Wokalek. Rechts: Andrea Breth Warum haben Sie Szenen dazuerfunden? Breth: Allein die Texte von den drei Autoren hätten nicht funktioniert. Wo haben Sie eingegriffen, damit der Abend nicht in seine Einzelteile zerfällt? Breth: Das kann man kaum beantworten. Es hat mit musikalischem Gefühl zu tun, dem Verbot, langweilig zu werden. Aber an das Publikum denkt man nie, das Publikum kennen wir ja nicht. Das Bühnenbild besteht aus Türen und Wänden, die Schauspieler tragen graue Anzüge oder graue Kostüme, manchmal Koffer. Wo spielt das »SELBST VER STÄNDLICH HAT EI N TRAUM EI NE DRAMATURGI E – E S IST EI NE FRAGE DER MON TAGE .« »DIE FRAGE IST SO ÜBERFLÜSSIG, ALS FRAGTE MAN EINEN KOCH, WIE ER KOCHT« Die Regisseurin Andrea Breth über ihre Wiener Inszenierung »Zwischenfälle« Stück? In einem imaginären Hotel, in einem Büro? Oder ist der Ort die verrückte Welt im eigenen Kopf? Breth: Es gibt wesentlich mehr Räume als die von Ihnen aufgezählten, aber überall befindet sich ein Loch in der Wand, das der Golfspieler zu Beginn des Abends in die vierte Wand (sprich: in Richtung Zuschauerraum) schlägt. Das ist der erste Zwischenfall. Es gibt perspektivische Verrückungen, Traumszenen, Verkleinerungen und Vergrößerungen der Objekte, je nachdem, wie der Blick auf diese verrückte Welt fällt. In einem Interview haben Sie gesagt, Sie wollten sich mit der Inszenierung der Dramaturgie des Traums annähern. Hat ein Traum überhaupt eine Dramaturgie? Breth: Selbstverständlich hat ein Traum eine Dramaturgie, es ist eine Frage der Montage. Die größte Schwierigkeit war die Montage der Variationen über ein Thema, fast alles wiederholt sich drei Mal, so wie die Geschichten an dem kleinen Esstisch. Auch Musikstücke kommen in verschiedenen Situationen wieder vor. Wenn Sie der Dramaturgie des Traums folgen – wie muss man sich dann den Träumer vorstellen? Ist das eher ein Mensch im entspannten Zustand? Oder einer, den Sorgen quälen? Breth: Beides. Der Blickfang auf der Bühne ist ein großes Loch in der Wand, dahinter eine weitere Wand mit einem kleineren Loch. Was hat es mit diesen Löchern auf sich? Breth: Ein Loch ist ein Loch. Dahinter ist manchmal etwas, manchmal nichts. Manchmal eine Verheißung, manchmal ein Wunsch. Oder eine Katastrophe. Was machen wir hier? Johanna Wokalek, Markus Meyer, Udo Samel, Corinna Kirchhoff, Roland Koch, Elisabeth Orth, Gerrit Jansen und Andrea Clausen : I NT E RV I E W _WO LFGAN G M I C H AL | FOTOS_ B ER N D UH LI G »Die deutsche Bühne« bezeichnete die »Zwischenfälle« als »Sammelsurium von absurden Kurzdramen und Miniszenen«. Das Wort Sammelsurium meinte ursprünglich ein »saures Gericht aus gesammelten Speiseresten«. Trifft diese Beschreibung zu? Andrea Breth: Bescheidener und genauer würde ich die Zwischenfälle als Collage bezeichnen. Sie verknüpfen drei Autoren des frühen 20. Jahrhunderts, zwei französische Farce-Autoren und 32 einen russischen Dadaisten. Warum haben Sie ausgerechnet diese drei ausgewählt? Breth: Wir haben nicht nur die drei als Vorlage benutzt. Der Anteil von Courteline und Camis ist nicht sehr groß. Charms interessierte mich am stärksten, da seine Minidramen und Prosatexte nicht nur »Quatsch« sind, sondern auch hochpolitisch. Wir dürfen nicht vergessen, dass er in der Stalinzeit geschrieben hat und für seine Kunst von Stalin umgebracht wurde. Dann gibt es Texte, die ich bei YouTube gefunden habe, und auch Texte aus Derrick-Filmen, die dazu dienten, die lächerliche Sprache des deutschen Fernsehkrimis zu Gehör zu bringen, weil sie in absurden Situationen gesprochen wird. 33 England schwimmt nicht weg, denn es ist gut vertäut. Johanna Wokalek und Udo Samel Die Welt, eine Bühne. »T I MI NG IST GANZ WICHT IG. WI R HABEN MI T DER STOPPUHR GE ARBEI TE T.« Breth: Den roten Faden – wenn man ihn wirklich braucht – kann man sich selber zusammenreimen. Vieles kennt man ja aus dem eigenen Scheitern im Leben, davon erzählt der Abend viel. Aber es gibt auch kleine dumme Sehnsüchte, poetische Momente, die keiner Erklärung bedürfen. Man muss nicht immer den Zwang haben, alles erklären zu müssen oder zu wollen. Physisch ist die Inszenierung ein ungeheurer Kraftakt: 53 Szenen, 90 Rollen, 10 Schauspieler, drei Stunden Aberwitz. Trotzdem hat der Abend etwas Schwereloses. Wie schwer ist es, leicht zu sein? Breth: Die Frage ist so überflüssig, als fragte man einen Koch, wie er kocht. Entwickeln Sie – im Erarbeiten der Leichtigkeit – einen ähnlichen Perfektionismus wie Loriot? Breth: Timing ist ganz wichtig. Wir haben mit der Stoppuhr gearbeitet. Die Schauspieler hatten bei den Proben viel Zeit, zu erfinden und zu improvisieren, aber jetzt ist alles ganz präzise. Hatten Sie manchmal Zweifel, ob »der Quatsch« als solcher funktionieren würde? Breth: Zweifel hat man immer, aber hier musste man so viel arbeiten, dass zum Zweifeln kaum Zeit war. Gab es auch Diskussionen darüber, was mit dem Abend erreicht werden soll? Oder stellen professionelle Schauspieler solche Fragen nicht? 34 Breth: Schauspieler stellen Gott sei Dank immer Fragen, aber in diesem speziellen Fall war doch die Freude größer, auszuprobieren und wieder Kind sein zu dürfen. Die Musik spielt eine wichtige Rolle, sie dient – wie der Tanz – oft komischen Einlagen. Was unterscheidet die »Zwischenfälle« vom literarischen Musiktheater, etwa von den »bunten Abenden« eines Franz Wittenbrink? Breth: Ein bunter Abend ist es in keiner Weise. Die musikalischen Szenen erzählen eine Geschichte und sind in das Ganze auch eingebettet. So gibt es einen Ballsaal, in dem die Braut aus einer der vorangehenden Szenen wieder auftaucht, es gibt einen Kampf der Eitelkeiten zwischen den Geschlechtern, das ist eine Hommage an Pina Bausch. Eins kann ich mit Bestimmtheit sagen: Dieser Abend ist unsere Erfindung. Nicht wenige Szenen enden ohne Pointe. Als Zuschauer fragt man dann seine Begleitung: Hast DU das verstanden? Wie helfen Sie ratlosen Zuschauern über diese SinnSchwelle? Breth: Für mich stellt sich die Frage nicht, da alle Menschen unten im Parkett anders reagieren. In Amsterdam oder in Berlin hat das Publikum auf die Veranstaltung ganz unterschiedlich reagiert, aber merkwürdigerweise haben die Holländer ohne Übertitel alles verstanden und sehr heftige Reaktionen gezeigt. Sollte man beim Ansehen den Verstand ausschalten? Breth: Das kann man halten, wie man will. Ich finde es schön und unterhaltsam, zu denken, aber ich liebe auch den Unsinn im tiefsten Sinne des Wortes. ANDREA BRETH 1952 in Rieden bei Füssen geboren. Studium der Literaturwissenschaft in Heidelberg und Regieassistentin am dortigen Theater. Es folgen die Stationen Bremen, Wiesbaden, Bochum, Hamburg, Berlin und Zürich. In Freiburg gelingt ihr 1985 der Durchbruch mit Lorcas »Bernarda Albas Haus«. Ein Jahr später holt sie Intendant Frank-Patrick Steckel nach Bochum, wo sie u. a. »Süden« von Julien Green und »Sommer« von Edward Bond inszeniert. Als Künstlerische Leiterin der Berliner Schaubühne (1992—97) widmet sie sich russischen Autoren (Gorki, Tschechow). Seit 1999 ist sie Hausregisseurin am Wiener Burgtheater. Sie beherrscht sowohl die kleine Form als auch die große Oper. Breths Regiestil wird als poetischer Realismus in der Tradition Peter Steins bezeichnet. Die literarische Reise in antike, asiatische, biblische Gefi lde. Hier ist Geschichte große Erzählung – es ist ein Vergnügen, mit dem Kopf in den antiken Orient, nach Indien und Hellas zu fahren, auf den Spuren von Sinn und Unsinn, Werten und Vorstellungen. Hardcover mit Schutzumschlag, 144 Seiten, Fadenheftung Pasolini bereiste Indien 1960 und bestaunte das Land, seine Menschen, die irritierenden Riten, Religionen und Kulturen. Andreas Altmann, einer der bekanntesten Reiseschriftsteller, ist 50 Jahre später auf Pasolinis Spuren im heutigen Indien: Zwei ungewöhnliche Autoren – ein außerordentliches Buch. Ein Geschichts-, ein Geschichtenbuch: Es erzählt von den Menschen, Märkten und Basaren, von der Schönheit des Goldenen Horns und des Bosporus, den Sehnsüchten in dieser einmaligen Metropole – Orhan Pamuk: »das schönste Buch über das alte Istanbul«. Leineneinband mit eingelegtem Schildchen, 192 Seiten mit 45 Fotografien in Duotone Rüdiger Görners Capriccios sind poetische Momentaufnahmen, Erkundungen und Betrachtungen Londons und seiner Menschen – querbeet und querstadtein. Hardcover mit Schutzumschlag, 96 Seiten mit vielen Fotos im Duotone, Fadenheftung Hardcover mit Schutzumschlag, 128 Seiten, Fadenheftung. Mit vielen farbigen Fotos von Isabela Pacini Foto von Isabela Pacini Charms wollte die einzelnen Theaterelemente aus ihrem traditionellen dramatischen Korsett befreien, er verweigerte sich dem sinnhaften Stück und letztlich der Regie. In Charms Vorstellung führen die Schauspieler und die Requisiten Regie. Haben Sie dieses Konzept – der Werktreue wegen – akzeptiert, oder haben Sie Charms’ Theaterideen ignoriert? Breth: Wir haben Charms’ Material genommen und damit gearbeitet, wir haben kurze Dialogstellen aus seiner Prosa verwendet und in eigene Situationen gestellt. Um Werktreue kann und konnte es nicht gehen. Unser Abend ist absurd in seiner Konkretheit. Jede Szene erzählt einen Zwischenfall, auch deshalb der Titel der Aufführung. Gibt es einen roten Faden, eine »Sujetlinie« für die arrangierten Szenen? Brauchen wir für den Unsinn denn noch den Ort des Theaters? Genügt es nicht, abends fernzusehen oder die Zeitung zu lesen? Breth: Also, ich sehe »meine« Schauspieler lieber als das Traumschiff oder irgendwelche Talkshows oder whatever. Unser Abend hat Anmut, Esprit und wunderbare Unverschämtheit. Zeitungen oder Fernsehabende haben das nicht. In Wien wurden die »Zwischenfälle« bei der Premiere bejubelt, manche Kritiker überschlugen sich förmlich vor Begeisterung, doch zum Berliner Theatertreffen wurde das Stück nicht eingeladen. Es sei »zu kalt«, hieß es. Haben die Berliner Juroren keine Ahnung? Breth: Das müssen Sie die Juroren fragen. Das Berliner Publikum – wir waren ja in Berlin beim europäischen Theaterfestival – konnte mit dem Abend sehr viel anfangen. Nun hat Hamburg das Stück eingeladen. Trockenen Humor gibt’s hier reichlich. Breth: Wir werden ja erleben, wie das Hamburger Publikum auf die Inszenierung reagieren wird. Ich freue mich schon auf die Begegnung. Die Feuilletons waren davon angetan, dass sich »die Tragödienregisseurin« Breth endlich mal der kleinen Form angenommen hat. Werden Sie nun häufiger solche Abende inszenieren, oder war das ein einmaliger Ausflug, eine Art Zwischenfall? Breth: Bestimmte Dinge kann man nicht wiederholen. Ob es ein einmaliger Ausflug war, kann ich noch nicht sagen. Im Moment stehen viele andere Dinge an. Sie befinden sich gerade in Griechenland. Spannen Sie dort aus, oder bereiten Sie etwas vor? Eine griechische Tragödie vielleicht? Breth: Ich bereite vieles vor, aber keine griechischen Tragödien, sondern Opern. Mit unseren Büchern präsentieren wir Geschichten über Land und Leute, Leben, Lust und Leidenschaften, machen Station in Literatur und Kultur, Musik, Kunst und Geschichte, und bieten verbindende Routen. Mehr unter www.corso-willkommen.de Bei Ihrem Buchhändler. 35 Eine zierliche Person und eine große Tragödin. Fast unbewegt und bewegend, umhüllt und geblendet von einer Lichtsäule spielt Kathleen Morgeneyer Schillers »Die Jungfrau von Orleans«. :TEXT_EM ANUEL ECKARDT | FOTOS_ARN O DECLAIR E BEKENNTNISSE EINER LICHTGESTALT SIE STEHT ALS SCHILLERS JUNGFRAU VON ORLEANS Kathleen Morgeneyer, ein Bauernmädchen im Krieg, anrührend, verstörend, grausam. Michael Thalheimers Regie richtet den Scheinwerfer auf eine schreckliche Heilige. AUF DER BÜHNE, 36 in Café in Berlin-Kreuzberg. Kathleen Morgeneyer erzählt vom vergangenen Sommer, von den Proben zur »Jungfrau von Orleans« bei den Salzburger Festspielen. »Es war echt heftig. Das Stück dauert mehr als zwei Stunden, in denen ich allein im Scheinwerferlicht stehe, geblendet, ohne zu sehen, was um mich her geschieht, ohne zu wissen, was die anderen denken oder fühlen. Nach der Probe bin ich immer sofort nach Hause geeilt. Meine Tochter war gerade zwei Monate alt, ich habe ja noch gestillt. Ich habe in zwei Parallelwelten gelebt und nicht mitgekriegt, was vor und nach den Proben lief.« Und dann Schiller, dieses schimmernde Sprachgebäude, den Riesentext zu lernen, den Klang der Verse, diese Figur mit Leben zu füllen, was für ein Akt! »Johanna« ist ein starkes Stück, die Geschichte der Jungfrau, die in Gottes Namen gegen Frankreichs Feinde zu Felde zieht, gesteuert von einer höheren Macht, angehimmelt, verraten, alleingelassen, verurteilt, im Alter von 19 Jahren auf dem Scheiterhaufen verbrannt im Namen der Kirche, die sie 1920 heilig sprach. Sie tat ja nur, was der Himmel ihr befahl. Kathleen Morgeneyer hat die Prozessakten des Jahres 1431 gelesen, das Verhör der Inquisition ist Wort für Wort überliefert. »Die Fragen waren klug, sie stand ja Wissenschaftlern gegenüber. Und sie hat wahnsinnig schlau geantwortet. Nein, eine naive Bauerstochter war sie nicht.« Sie hat sich Carl Theodor Dreyers »Passion der Jungfrau von Orleans« auf YouTube angesehen, den französischen Stummfilm aus dem Jahr 1928, ein Meisterwerk. »Da habe ich eine Vorstellung davon bekommen, wie diese Fragen auf sie gewirkt haben müssen, was für eine Frau sie war.« In Michael Thalheimers Regie steht die Bühnenfigur in einer Lichtsäule; der Strahl kommt von oben, direkt vom Himmel. Sie ist darin gefangen. Das Leben zieht wie ein düsterer Traum an ihr vorüber, Stimmen schreien den Schrecken des Krieges heraus, blutverschmierte Gestalten treten aus dem Dunkel, geharnischte Krieger, ihr König (gespielt von Christoph Franken), seine Geliebte (Meike Droste), seine Mutter (Almut Zilcher). Johanna, die Lichtgestalt in der Nacht des Hundertjährigen Krieges, eine Wahnsinnige im weißen, bald blutbefleckten Büßerhemd mit schrecklich grollender Ganzkörperstimme, unangreifbar, solange sie das Schwert in Händen hält. »Ich will mit dieser Stimme zeigen, wie der Wahnsinn über sie kommt, der sie zur Heerführerin, zur KATHLEEN M ORGENEY ER 1977 in Erlabrunn im Erzgebirge geboren und in Chemnitz aufgewachsen. Der Vater war Ingenieur, die Mutter Berufsschullehrerin für Blinde und Körperbehinderte. Nach ihrer Ausbildung an der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch« in Berlin war sie Ensemblemitglied im Düsseldorfer Schauspielhaus, am Schauspiel Frankfurt und seit 2006 im Deutschen Theater Berlin. Sie arbeitete mit den Regisseuren Jürgen Gosch, Karin Henkel, Robert Schuster, Stephan Kimmig, Michael Thalheimer und Roland Schimmelpfennig. Für ihre Darstellung der Nina in Tschechows »Möwe« am Deutschen Theater Berlin erhielt sie 2009 den Alfred-Kerr-Preis. Das Stück unter der Regie von Jürgen Gosch wurde 2012 beim Hamburger Theater Festival gezeigt. Kriegsmaschine, zur Zerstörerin macht«, erklärt die Schauspielerin. »Sie kann nicht mehr zurück, sie tötet. Sie wird nicht zum Instrument, sie macht sich zum Instrument, und in der radikalen Hinwendung zur Gewalt zeigt sie ihre Unabhängigkeit und Stärke. Ob Johanna wirklich getötet hat, weiß ich nicht. Sie sagt im Prozess, sie habe kein Schwert in die Hand genommen. Bei uns tötet sie, Schiller beschreibt Johannas Kriegsführung als höchst brutal und unerbittlich. Aber da ist auch die Sehnsucht nach Menschlichkeit. In dem Moment, wo sie Lionel, dem Heerführer der Engländer (Alexander Khuon) ins Auge blickt, wird sie schwach. Sie kann nicht mehr töten, verliert ihre Kraft, ein Versagen vor Gott. Am Ende nimmt ihr der schwarze Ritter (Markus Graf) das Schwert aus der Hand, zieht nüchtern Bilanz: »Die einzige Ausbeute, die wir aus dem Kampf des Lebens wegtragen, ist die Einsicht in das Nichts und herzliche Verachtung alles dessen, was uns erhaben schien und wünschenswert.« »Das ist für mich eine der tiefsten Stellen im Stück«, sagt Kathleen Morgeneyer. »Allein deshalb lohnt es sich, es immer wieder aufzuführen. Zu erkennen, was es heißt, wenn Ideale zusammenbrechen und man sich nur auf diesen einen Moment besinnen kann, in dem man lebt und atmet.« EMANUEL ECKARDT Der ehemalige »Stern«-Reporter und Egon-Erwin-Kisch-Preisträger war Mitglied der Chefredaktionen von »Geo« und »Merian« und schreibt seit 2012 für das Magazin des Hamburger Theater Festivals. Er ist verantwortlich für die Redaktion dieses Heftes. 37 DEPONIE UND POESIE MIT »TAUBERBACH« INSZENIERT DER BELGISCHE CHOREOGRAPH ALAIN PLATEL EINEN EINZIGARTIGEN, RADIKAL POETISCHEN BÜHNENZAUBER aus Müll, Schauspiel, Tanz und Musik und schreibt Theater- geschichte. Ein Gastspiel der Münchner Kammerspiele. zu Leipzig aufführen ließ. Diese verstörend irritierende, tief berührende Musik hat Platel in sein Stück integriert. »Tauberbach« wurde in den Münchner Kammerspielen und am NT Gent gefeiert. Die 54-jährige Schauspielerin Elsie de Brauw leistet Ungeheuerliches im Wirbel dieser anarchisch-ekstatischen Anti-Revue um Leben, Liebe und Tod, äußert weise und dann wieder verwirrt ihre Sicht der Welt in englisch und brasilianisch klingenden Wortfetzen. »I do not agree with life!«, sagt sie und wandelt umher in der Kakophonie der Klänge, die zu einem Summen werden, das Sirren der Mücken über dem Müll, das sich in die Ansagen eines Börsianers wandelt. Und in all diesem Dreck philosophiert Estamira: »Die Menschen sollten achtgeben auf das, was sie benutzen. Dinge bewahren heißt, sie zu schützen, zu waschen, zu reinigen und so viel wie möglich zu nutzen. Denn ohne sie zu sein ist schrecklich.« Platel sucht die Schönheit im Hässlichen, die Tänzer sind Wesen ohne Bewusstsein für das Böse, handeln intuitiv, neugierig, feiern das Leben, das Ende und den Anfang der Welt. Wie bei Pina Bausch gelingt Platel die Verschmelzung von Schauspiel und Tanz, aber in einer ganz elementaren Weltsicht. Die Sprache der großartigen Tänzer Bérengère Bodin, Lisi Estaras, Ross McCormack, Elie Tass und Romeu Runa kommt direkt zur Sache, zeigt den Überlebenskampf in elektrisch aufgeladener Bewegung, zeigt gierigen Sex und zärtliche Berührung, rohe Gewalt, Schrecken und Angst. Platel verlangt viel. »Ich will, dass das Publikum die Tänzer ›mit nach Hause‹ nimmt in sein Leben und sie lieb gewinnt. Theater hat für mich mit der physischen Präsenz von Menschen zu tun, die ihre Bestes zeigen und es mit mir teilen. Wenn ich ins Theater gehe, möchte ich ins Herz getroffen werden«, sagte er im Gespräch mit Renate Klett, der Theater- und Tanzkritikerin, die ihn in ihrem Interviewband »Nahaufnahme Alain Platel« befragte und zu der Erkenntnis kam: »Platels Universum aus Dreck und Glorie lässt sich nicht nacherzählen, nur erleben. Es braucht das Klima, die Musik, den Schweiß, braucht Augen, randvoll mit Tanz und Verzweiflung, oder jemanden, der auf einem Geländer sitzt und einen Apfel isst.« ALAIN PLATEL Alain Platel, 1959 in Gent geboren, Choreograph, Theaterregisseur und studierter Psychologe, gründete 1984 die Tanzcompagnie Les Ballets C de la B (Les Ballets Contemporains de la Belgique). 2004 erhielt er den Europäischen Theaterpreis für sein Lebenswerk; seit 2006 ist er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. Er arbeitete zeitweise als Orthopädagoge in einem Krankenhaus für behinderte Kinder. »Tauberbach« ist eine Koproduktion der Compagnie Les Ballets C de la B, der Münchner Kammerspiele und des NT Gent und wurde auch zum diesjährigen Theatertreffen nach Berlin eingeladen. Das Gastspiel in Hamburg ist ein Gemeinschaftsprojekt des Hamburger Theater Festivals mit Kampnagel und wird gefördert von der »Zeit«-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. :T E XT _E M A NU E L EC KAR DT | FOTOS_ JULI AN R Ö D ER W o nimmt er das her? Diese phantastischen Bilder, diese Idee, aus einer Müllhalde einen Wald von Füßen wachsen zu lassen, den Einfall, dieses absurde Motiv mit Johann Sebastian Bachs Musik und dem Gesang und Geschrei eines gehörlosen Chores zu verzaubern? Wie kann es gelingen, das Thema Menschenwürde in der Figur einer schizophrenen Frau zu erzählen, die im Dreck lebt? Alain Platel, der belgische Regisseur, Freiheitskämpfer für neue, sinnliche Erfahrungen im Theater räumt die Barrikaden der Genres beiseite, verquirlt Sprache, Musik und Bewegung zu einer Darstellungsform, die er »Bastardtanz« nennt, »das sind Bewegungen, die entstehen, 38 wenn die Performer in jenen Teil ihres Kopfes kriechen, in den die Zivilisation noch nicht vorgedrungen ist«. Zehn Jahre lang hat sich Platel mit der Stoffsammlung und Konzeption für »Tauberbach« beschäftigt, angeregt von der Dokumentation »Estamira« des brasilianischen Filmemachers Marcos Prado über eine 63-jährige schizophrene Frau, die zwanzig Jahre lang auf der Müllhalde von Jardim Gramacho bei Rio de Janeiro lebte. Sie kam in psychiatrische Behandlung – und brach sie immer wieder ab, um dorthin zurückzukehren, wo sie sich frei und zu Hause fühlte. Der Titel »Tauberbach« ist dem Projekt »Tauber Bach« des polnischen Video-Künstlers Artur Zmijewski entlehnt, der Johann Sebastian Bachs Chorgesang von Gehörlosen in der Thomaskirche Impressionen eines Bühnenereignisses. Regie und Konzept: Alain Platel, der auch das Bühnenbild entwarf. Immer in Bewegung: Die niederländische Schauspielerin Elsie de Brauw und die Tänzer und Tänzerinnen Bérengère Bodin, Lisis Estaram, Ross McCormack, Elie Tass und Romeu Runa 39 DAS PROGRAMM : A ISCHYLOS, Ü BERSETZUNG VON HEINER MÜLLER, NACH EIN ER ÜB E RT RAG UNG VON PETER W ITZ MANN DIE PER SER Fr., 10. Oktober 2014 Beginn 20 Uhr Aufführungsdauer: ca. 1 Stunde 25 Minuten, keine Pause Im Thalia Theater, Alstertor, 20095 Hamburg Eine Produktion des Burgtheaters Wien : SZE N E N VON CO URT E LI NE , CA M I , CHA RM S ZWISCHENFÄLLE So., 19. Oktober 2014 Mo., 20. Oktober 2014 Beginn jeweils um 19 Uhr Aufführungsdauer: ca. 3 Stunden 15 Minuten, eine Pause Im Deutschen Schauspielhaus, Kirchenallee 39, 20099 Hamburg Eine Produktion des Deutschen Theaters Berlin und der Salzburger Festspiele 2013 Eine Kooperation mit Kampnagel Eine Produktion des Deutschen Theaters Berlin Eine Produktion des Burgtheaters Wien »Dieser Abend ist ein Fest genialer Schauspieler« SÜDDEUTSCHE ZEITUNG »Ein kluger, großer, unverzichtbarer Abend.« DER STANDARD »Die letzten Zeugen« ist ein eindringliches (Theater-)Dokument, wie wir es wohl nie wieder werden sehen können. Nach der Vorstellung finden im Schauspielhaus drei moderierte Fragerunden mit den Zeugen statt. 40 »Die konzentriert und schnörkellos inszenierte Collage […] gab auch neuen Mut. Denn die Überlebenden, so verschieden ihre Biografien sich entwickelt haben, sind alle starke Persönlichkeiten voller Beharrlichkeit, die ein Wunsch eint […]: künftigen Generationen vermitteln, wie es war. […] Diese Geschichten, die 1938 begannen und bis in die unmittelbare Nachkriegszeit führten, bekamen in der dramatischen Einrichtung von Hartmann ungeheure Intensität.« DIE PRESSE »Da sitzen […] ein paar der allerletzten Überlebenden des Holocaust und führen uns vor, wie wichtig Erinnern ist. Und wie schnell es mit dem Vergessen gehen kann, wenn man nicht achtgibt.« DIEPRESSE.COM »Die Schlichtheit dieser Inszenierung lässt die Wucht des Erzählten voll zur Geltung kommen.« NEUE ZÜRCHER ZEITUNG »Selten erlebt man einen vollen Theaterraum so konzentriert.« FALTER Mit den Zeitzeugen Lucia Heilmann, Vilma Neuwirth, Suzanne-Lucienne Rabinovici, Marko Feingold, Rudolf Gelbard, Ari Rath und den Schauspielern Mavie Hörbiger, Dörte Lyssewski, Peter Knaack, Daniel Sträßer Einrichtung: Matthias Hartmann Bühne: Volker Hintermeier Kostüme: Lejla Ganic Licht: Peter Bandl Video: Moritz Grewenig, Anna Bertsch, Florian Gruber, Markus Lubej Dramaturgie: Andreas Erdmann 480 v. Chr. verloren die Perser in der Schlacht bei Salamis gegen die ihnen zahlenmäßig weit unterlegenen Griechen. Acht Jahre später schrieb Aischylos die älteste überlieferte Tragödie der Weltliteratur. Ein Grieche spricht zu Griechen, als wäre er ein Perser, und stellt nicht den Sieg, sondern die Katastrophe der Niederlage dar. In Botenberichten, Litaneien, Dialogen und Erklärungen rückt etwas Verborgenes, in dunklen Ahnungen und Befürchtungen sich Abzeichnendes immer stärker ins Sichtbare. Die Erkenntnis der Niederlage fügt sich zu einem einzigen langen Schrei. »Dimiter Gotscheffs schnörkellose Inszenierung mit dem virtuosen Darstellerquartett macht aus der Tragödie ein lichtes Kinderspiel über Werden und Vergehen; aus dem Kinderspiel aber einen giftigen Abgrund, in dem mehr als eine Flotte versinken kann, heute nicht weniger als gestern.« FAZ »Gotscheffs ›Perser‹-Arbeit ist ein großes Kunstwerk, eine ungemein zwingende Verdichtung, ein Abend von kompromissloser Härte, Klarheit und Schönheit« TIP »Die Klugheit der gesamten Anlage, die Intensität des Spiels – kein anderes Theater und kein anderes Stück hat seither diese Qualität erreicht.« TAGESSPIEGEL Samuel Finzi: Xerxes, Bote Wolfram Koch: Schatten des Dareios, Bote Margit Bendokat: Chor Almut Zilcher: Atossa Regie: Dimiter Gotscheff Bühne und Kostüme: Mark Lammert Dramaturgie: Bettina Schültke © Bernd Uhlig »Die Aufführung ist von einem atemberaubenden Reichtum an Einfällen …« DIE PRESSE © Iko Freese / Drama Berlin © Reinhard Werner / Burgtheater »Erschütternd, wachrüttelnd, aber auch berührend« KRONEN ZEITUNG Sie sind die Letzten. Wie lange werden wir noch Überlebende befragen können, wie lange ihnen noch zuhören dürfen? Sie treten auf und sprechen, um zu erzählen, wie sie der Vernichtung knapp entkamen. 75 Jahre nach dem Novemberpogrom 1938 kommen in dieser Produktion, die am 20. Oktober 2013 zum ersten Mal in Wien gezeigt wurde, sieben Zeitzeugen mit ihren Texten zu Wort. Sechs Überlebende des Holocaust sitzen schweigend hinter einem durchsichtigen Vorhang auf der Bühne, ihre nur scheinbar regungslosen Gesichter werden auf die Leinwand projiziert. Vier jüngere Schauspieler lesen deren Lebens- und Leidensgeschichten vor. Die beeindruckenden Frauen und Männer sind zwischen 82 und 101 Jahre alt und erhalten hier eine der letzten Möglichkeiten, selber öffentlich zu Wort zu kommen – ein Stück lebende Geschichte, die nicht vergessen werden darf! : F RI E D RI CH SCHI LLE R DIE JUNGFRAU VON ORLE ANS Do., 30. Oktober 2014 Fr., 31. Oktober 2014 Beginn jeweils um 20 Uhr Aufführungsdauer: ca. 2 Stunden 10 Minuten, keine Pause Auf Kampnagel, K6, Jarrestraße 20, 22303 Hamburg Andrea Breth bringt mit »Zwischenfälle« über fünfzig verschiedene Fragmente aus unterschiedlichen Textvorlagen zusammen. Kurzszenen und Improvisationen zu Prosaminiaturen der Autoren Daniil Charms, Georges Courteline und Pierre Henri Cami ergeben ein Panorama der unterschiedlichsten Zwischenfälle, in denen zehn Darsteller in beinahe neunzig Rollen aufeinandertreffen. Amüsant, musikalisch und auf ungewöhnliche Art gehen sie den Fragen des Alltags nach. Was hat es zu bedeuten, dass zwei Menschen gleichzeitig von einem Dach fallen? – Ist es nicht eigentlich eine Zumutung, dass man jeden Morgen pünktlich im Büro zu erscheinen hat? – Lässt sich der persönliche Glaube auf einer Waage messen? – Besteht die Gefahr, dass die britische Insel in den Ozean hinaustreibt? »Mich interessiert nur der ›Quatsch‹: nur das, was keinerlei praktischen Sinn hat; mich interessiert das Leben nur in seiner unsinnigen Erscheinung«, bekannte der russische Avantgardist Daniil Charms. Brüder im Geiste sind die französischen Farcenautoren Georges Courteline und Pierre Henri Cami. »Andrea Breth inszeniert […] eine Weltkomödie in Splittern und Brüchen. Daraus wird das Witzwunder der Saison. Mit überwältigenden Schauspielern.« FAZ »Gewiss handelt es sich bei den Wiener ›Zwischenfällen‹ auch um ideales Schauspielerfutter. Wo sonst dürfen Mimen alles zeigen, was sie können? Doch überschreitet die Aufführung keineswegs die Grenze zu Klamauk und Schmiere. Das verdankt sich Präzision und Perfektion, in dieser Fülle kaum je zu bestaunen. Andrea Breth gelang eine Hymne an den Zauber, an die Unvergänglichkeit des Theaters: eine Reise um die Welt in 180 Minuten.« DIE WELT »Das gesamte Ensemble arbeitet unglaublich präzise, es bereitet stundenlange Freude zuzuschauen.« NACHTKRITIK Mit: Andrea Clausen, Corinna Kirchhoff, Elisabeth Orth, Johanna Wokalek, Daniel Sträßer, Roland Koch, Markus Meyer, Hans-Michael Rehberg, Udo Samel, Peter Simonischek Orchester: Lenny Dickson, Otmar Klein, Raphael Preuschl Andreas Radovan, Aaron Wonesch Stuntman: Tom Hanslmaier Regie: Andrea Breth Bühnenbild: Martin Zehetgruber Kostüme: Moidele Bickel Licht: Friedrich Rom Dramaturgie: Wolfgang Wiens Sounddesign: Alexander Nefzger Produktionsleitung: Constanze Albert Requisite: Angelika König © Arno Declair : EI N PROJ E KT VO N D O RO N RABIN OVI C I U N D MATTH I AS H ARTM AN N DIE LETZTEN ZEUGEN So., 28. September 2014 Beginn 19 Uhr Aufführungsdauer: ca. 2 Stunden, anschließend moderierte Gespräche Im Deutschen Schauspielhaus, Kirchenallee 39, 20099 Hamburg Gegen Ende des Hundertjährigen Krieges scheint Frankreichs Lage aussichtslos, die Engländer sind auf dem Vormarsch. Da verkündet Johanna, die Tochter eines lothringischen Landmanns, die Rettung des Vaterlandes durch eine reine Jungfrau – sie selbst sei dazu von göttlichen Stimmen berufen. Und tatsächlich: Die behelmte Jungfrau führt eine verloren geglaubte Schlacht zum Sieg! Johanna wird an die Spitze des königlichen Heeres gestellt. Als sie aber auf dem Schlachtfeld auf Lionel, einen englischen Heerführer, trifft, ist sie nicht fähig, ihn zu töten – ihr Abstieg beginnt … »Das ist ganz große Schauspielkunst.« SÜDKURIER »Der Regisseur hat das Stück auf den Kern reduziert, ganz auf Johanna zugeschnitten, die Hirtentochter mit dem göttlichen Kampfauftrag. Ein kluges, eindringliches Destillat.« MÜNCHNER MERKUR Kathleen Morgeneyer: Johanna Alexander Khuon: Lionel, englischer Anführer Michael Gerber: Thibaut d’Arc Christoph Franken: Karl der Siebente, König von Frankreich Meike Droste: Agnes Sorel, seine Geliebte Andreas Döhler: Graf Dunois, Bastard von Orleans Henning Vogt: Du Chatel, königlicher Offizier Jürgen Huth: La Hire, königlicher Offizier Almut Zilcher: Königin Isabeau, Karls Mutter Peter Moltzen: Philipp der Gute, Herzog von Burgund Markus Graf: Talbot, Feldherr der Engländer Regie: Michael Thalheimer Bühnenbild: Olaf Altmann Kostüme: Nehle Balkhausen Musik: Bert Wrede Dramaturgie: Sonja Anders »Die junge Kathleen Morgeneyer hat ein unendliches Repertoire an Gesichtern und Stimmfarben […]. Sie anschauen zu dürfen, das ist ein großes Glück.« FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG 41 DAS PROGRAMM : EI N ST Ü C K VO N FA MIL I E F LÖZ INFINI TA Sa., 1. November 2014 Beginn 20 Uhr Aufführungsdauer: ca. 1 Stunde 30 Minuten, keine Pause Auf Kampnagel, K6, Jarrestraße 20, 22303 Hamburg Eine Produktion von Familie Flöz, Berlin, Admiralspalast und Theaterhaus Stuttgart Eine Kooperation mit Kampnagel : A LA I N P LAT E L TAUBERBACH Fr., 28. November 2014, Sa., 29. November 2014, So., 30. November 2014 Beginn jeweils 20 Uhr Auf Kampnagel, K6, Jarrestraße 20, 22303 Hamburg Aufführungsdauer: ca. 1 Stunde 30 Minuten, keine Pause Eine Koproduktion von Les Ballets C de la B, Münchner Kammerspiele und NT Gent zusammen mit Theatre National de Chaillot (Paris), Opéra Lille, KVS Brüssel, Torinodanza und La Batie, Genf. Mit Unterstützung der Flämischen Regierung, der Stadt Gent, Provinz Ostflandern. : LOT V E KE M A N S GIF T In einer Übersetzung von Eva Pieper und Alexandra Schmiedebach Di., 11. November 2014 Mi., 12. November 2014 Beginn jeweils um 20 Uhr Aufführungsdauer: ca. 1 Stunde 30 Minuten, keine Pause Im St. Pauli Theater, Spielbudenplatz 29–30, 20359 Hamburg : CARLO GOLDONI DER DIENER ZWEIER HERREN Deutsche Fassung von Werner Buhss, für das Schauspielhaus Zürich bearbeitet von Barbara Frey und Thomas Jonigk Mi., 5. November 2014 Do., 6. November 2014 Beginn jeweils um 20 Uhr Aufführungsdauer ca. 1 Stunde 30 Minuten, keine Pause Im Thalia Theater, Alstertor, 20095 Hamburg Eine Produktion des Deutschen Theaters Berlin Eine Produktion des Schauspielhauses Zürich Die ersten und letzten Momente im Spiel um Leben und Tod, die Zeit, in der die großen Wunder geschehen: »Infinita« ist ein physisches Mosaik des Lebens, einfach, genial und virtuos komponiert. Das Leben selbst spielt hier die Hauptrolle, seine kreative Kraft, die uns scheitern und triumphieren lässt. Erleben Sie eine Inszenierung, die sich in temporeicher und komödiantischer Szenenfolge dem Werden und Vergehen menschlicher Existenzen und ihrer zusammenfließenden Lebenslinien annimmt. Obwohl die Inszenierung ohne das gesprochene Wort auskommt, versteht man beglückt jede Regung und jede Handlung. Familie Flöz aus Berlin wird national und international regelmäßig begeistert gefeiert. »Das Publikum quiekt vor Begeisterung, es trampelt mit den Füßen und steht am Ende von den Stühlen auf, als wolle es sich für ein Geschenk bedanken. Theater kann großartig sein.« BERLINER ZEITUNG »Eines der ungewöhnlichsten Theaterprojekte unserer Zeiten.« SÜDDEUTSCHE ZEITUNG 42 »Ohne Worte und doch so ausdrucksstark, ergreifend und doch voller Freude, das ist eine meisterhafte Komödie. « THE GUARDIAN (UK) »So simpel und klar kann Theater sein – und so bewegend.« DPA Ein Stück von und mit Björn Leese Benjamin Reber Hajo Schüler Michael Vogel Regie: Michael Vogel, Hajo Schüler Masken: Hajo Schüler Bühne: Michael Ottopal Kostüm: Eliseu R. Weide Sound Design: Dirk Schröder Lichtgestaltung: Reinhard Hubert Animation, Video: Silke Meyer Video: Andreas Dihm Produktionsleitung: Pierre Yves Bazin Als Diener zweier Herren erhofft sich Truffaldino doppelte Bezahlung für halbierte Leistung. Aber die Rechnung geht nicht auf: Statt heimlich für zwei Herren zu arbeiten und Essen für vier zu erhalten, bezieht er ein Vielfaches an Prügel, egal wie sehr er auf alles achtet. Das Einmaleins der turbulenten Komödie folgt nicht den Regeln der Logik, sondern denen maximaler Komik – nur für Truffaldino selbst gibt es nichts zu lachen. Jede knapp umschiffte Klippe leitet nur die nächste Katastrophe ein … Goldonis Personal entstammt der Commedia dell’Arte und erinnert doch an Komiker wie Buster Keaton, Charlie Chaplin oder Bill Murray. Über diese traurigen Clowns schlägt die Inszenierung mühelos den Bogen zur Gegenwart. »Barbara Frey liest Goldonis ›Diener zweier Herren‹ neu. Und bedient dabei Kopf und Bauch des Zuschauers.« TAGES -ANZEIGER »Ein einziges Augenzwinkern voller Witz, Ironie und Charme.« NZZ »›Der Diener zweier Herren‹ ist Schauspielerfutter vom Feinsten und eine Schlachtplatte des höheren Klamauks.« FAZ Michael Maertens: Truffaldino Robert Hunger-Bühler: Pantalone de Bisognosi Marie Rosa Tietjen: Clarice, seine Tochter Lambert Hamel: Dottore Lombardi Christian Baumbach: Silvio, sein Sohn Carolin Conrad: Beatrice Rasponi Thomas Loibl: Florindo Aretusi Friederike Wagner: Smeraldina Gottfried Breitfuss: Brighella Johannes Sima: Tottino Regie: Barbara Frey Bühne: Bettina Meyer Kostüme: Esther Geremus Licht: Rainer Küng Dramaturgie: Thomas Jonigk Regieassistenz: Kateryna Sokolova Bühnenbildassistenz: Dominik Freynschlag Kostümassistenz: Mitra Karimi Souffleuse: Gabriele Seifert Inspizienz: Aleksandar Sascha Dinevski © Julian Röder © Arno Declair © Simona Fossi © Matthias Horn Ein Gemeinschaftsprojekt des Hamburger Theater Festivals mit Kampnagel Ein Friedhof, zwei Menschen. Eine gemeinsame Vergangenheit, ein gemeinsamer Verlust und zehn Jahre Trennung, Schweigen. Weil das Grab ihres Sohnes verlegt werden muss, treffen »Sie« und »Er« wieder aufeinander. Die Frau und der Mann betrachten ihr gemeinsames Leben, das eines Silvesterabends auseinanderging. Was ist aus ihr und was aus ihm geworden? Wer hat sich was vorzuwerfen? Zwischen Abrechnung und Annäherung, Trost und Trauer, Zärtlichkeit und Härte oszillieren die Szenen dieser Wiederbegegnung. »Das Tolle an diesem Dialogstück ist, dass es en passant nicht nur viele Wahrheiten ausspricht, sondern diese auch fühlbar werden lässt.« TAZ »Grandioses Schauspielertheater, das sich in schwierigste Gefilde wagt und keinen Augenblick an sich selbst zweifelt.« BERLINER ZEITUNG »Mit Verlegenheit, Verletzbarkeit, Wut, aber auch Zärtlichkeit fluten die Darsteller den unwirtlichen Raum. Gut dosiert, perfekt getimt und mit einer Wärme, die kein Pathos braucht.« BERLINER MORGENPOST Dagmar Manzel: Sie Ulrich Matthes: Er Regie: Christian Swochow Bühne: Anne Ehrlich Kostüme: Pauline Hüners Dramaturgie: John von Düffel Licht: Heimhart von Bültzingslöwen Eine Frau lebt auf einer Müllhalde. Zu überleben und dabei die menschliche Würde nicht zu verlieren ist ein zentrales Thema dieser internationalen Theater-, Tanz- und Musikproduktion des belgischen Choreographen und Theaterregisseurs Alain Platel. Inspiriert von einem Dokumentarfilm über eine schizophrene Brasilianerin und dem Projekt »Tauber Bach«, in dem Gehörlose Bachkantaten singen, bringt Platel eine packende Collage aus verschiedenen Künsten auf die große Theaterbühne, deren Kraft man sich nicht entziehen kann. »Alain Platel und seiner Compagnie ›Les Ballets C de la B‹ ist ein glänzender Abend gelungen, intellektuell, zugleich sehr sinnlich, […] und immer wieder […] direkt an Herz und Nieren gehend.« FAZ »Frenetischer Beifall für eine außergewöhnliche Aufführung. […] Ergreifend und berührend. Ein großer Abend.« ABENDZEITUNG »Wie ein Sonnenstrahl durchbricht der Humor hier gelegentlich das Grau unserer Existenz. Alain Platel ist wirklich auf seine Art ein Magier.« LES ECHOS Von und mit Bérengère Bodin Elsie de Brauw Lisi Estaras Ross McCormack Elie Tass Romeu Runa Regie und Konzept: Alain Platel Bühne: Alain Platel, Les ballets C de la B Kostüme: Teresa Vergho Musikalische Konzeption: Steven Prengels Sounddesign: Bart Uyttersprot Licht: Carlo Bourguignon Dramaturgie: Koen Tachelet, Hildegard de Vuyst Diese Produktion wird gefördert von der Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. »Tauberbach«, eine Kooperation mit der Theaterakademie Hamburg, wird ergänzt durch einen Vortrag von Alain Platel, einen Workshop einer Tänzerin sowie eine öffentliche Diskussion unter der Leitung der Dramaturgin Eva-Maria Voigtländer. Nähere Informationen unter www.hamburgertheaterfestival.de 43 DAS HAMBURGER T HEATER FEST IVAL DANK T DEN FÖRDERERN UND SPONSOREN DI E FÖRDERER: DI E SPONSOREN: Hildegard und Franz Günter Wolf Gebr. Heinemann SE & Co. KG Annegret und Claus-G. Budelmann BMW Niederlassung Hamburg HASPA Hamburger Sparkasse AG Ernst Komrowski Reederei KG Die Haspa macht’s möglich: Schüler, Studierende und Jugendliche zahlen 10,– € für eine Eintrittskarte. Mit dem HaspaJoker Intro oder Unicus sparen Sie noch einmal. Otto Wulff Bauunternehmung GmbH Hamburg Team Gesellschaft für Projektentwicklung mbH Christa und Nikolaus W. Schües, Hamburg Aug. Bolten Wm. Miller’s Nachfolger Marlis und Franz-Hartwig Betz-Stiftung Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Susanne und Dirk Martin Wogart Cornelia Herz Martha Pulvermacher Stiftung ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius MEDI ENPARTNER DE S FE ST I VAL S: NDR Hamburg Journal NDR 90,3 NDR Kultur Eberhard Wienholt Sabine und Dr. Klaus Landry Inge und Dr. Gerhard Groh PARTNER DE S FE ST I VAL S: Hotel Europäischer Hof Sandra Patricia und Dr. John Benjamin Schroeder Michael Haentjes Adolf Weber KG Amelie und Dr. Thomas Guth Sophie und Mathias Bach Familie Dammann, Hamburg Dr. Ursula Köhler-Lutterbeck und Heinrich Köhler Groothuis. Gesellschaft der Ideen und Passionen mbH Hamburg Berlin | www.groothuis.de sowie fünf weitere großzügige Förderer, die nicht namentlich genannt werden möchten Tragende Rollen werden oft auch hinter den Kulissen gespielt. »FREUNDE DES FESTIVALS « Werden Sie ein »Freund des Festivals« und unterstützen Sie das Fortbestehen dieser einmaligen Institution mit einem Mindestbetrag von 500,— Euro pro Festival. Im Gegenzug erhalten Sie ein zeitlich befristetes Vorbuchungsrecht für unsere Veranstaltungen, Zugang zu den Premierenfeiern und eine Spendenbescheinigung. Sie sind interessiert? Dann kontaktieren Sie uns einfach unter Tel.: +49 (0) 40 / 36 09 84 34 oder per E-Mail an: [email protected] Die Freunde des Festivals (Stand August 2014): Evelyn Jenckel, Catharina Schuchmann, step by step GmbH — Gil und Dr. Martin Buchholz, Dagmar Schmeding, Karl-L. Widow, Dr. Anne Holtwick und Johann Schwenn, Ulrike und Otto Gerstein, Susanne und Jan Piehl, Christine und Holger Hertz, Peter Hansen, Ute und Nikolaus H. Schües, Dr. Ute Bavendamm, Barbara und Dr. Karl-Joachim Dreyer, Ingrid und Dr. Wolfgang Gloy; Bärbel Binder, Hildegart Börner-Hack, Lutz Wiemer, Hannelore und Dr. Claus Löwe, Klasen Grundstücks- und Beteiligungsverwaltung GmbH & Co. KG, Britta und Dr. Henner Buhck, Dr. Eugenie Stantchev, Gabriela und Christian Ross, Sabine und Dr. Hans-Joachim Waitz, Dagmar Loewe, Ilsabe und Dr. Vincent Fischer-Zernin, Imke Ströbel und Dr. Gisbert Beckers, Heribert Diehl, Dr. Monika und Prof. Dr. Horst H. Siedentopf, Viktoria und Ulf Bertheau. sowie weitere Freunde des Festivals, die namentlich nicht genannt werden möchten. www.jungheinrich.de 44 1 45 ST IF TUNG HAMBURGER T HEATER FEST I VAL SCHIRMHERR DES HAMBURGER THEATER FESTIVALS Olaf Scholz, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg Das Festival wird getragen von der Stiftung Hamburger Theater Festival. Die Mitglieder des Kuratoriums und des Vorstandes der Stiftung unterstützen das Festival nachhaltig und begleiten seine weitere Entwicklung. Sie setzen sich in ihrem jeweiligen Umfeld als »Botschafter« für die Idee des Festivals ein. DIE MITGLIEDER DES KURATORIUMS: Ernst P. Komrowski (Vorsitzender), Gunnar Heinemann (Stellv. Vorsitzender), Stefan Wulff (Stellv. Vorsitzender), Prof. Carl Bergengruen, Gerhard Binder, Claus-G. Budelmann, Dr. Klaus von Dohnanyi, Dr. Karl-Joachim Dreyer, Prof. Jürgen Flimm, Cornelia Herz, Ian K. Karan, Joachim Knuth, Prof. Dr. Manfred Lahnstein, Jörg Pilawa, Prof. Dr. Hermann Rauhe, Erik Santer, Dr. John Benjamin Schroeder, Dr. Harald Vogelsang, Franz Günter Wolf DER VORSTAND DER STIFTUNG Dr. Jörg Verstl, Partner in der Kanzlei Asche Stein Glockemann Verstl Wiezoreck, Hamburg Dr. Kay Jeß, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Partner in der Kanzlei GGV Grützmacher, Gravert, Viegener INTENDANZ UND BÜRO Hamburger Theater Festival Börsenbrücke 5 – 7, 20457 Hamburg Tel.: 040 . 360 98 434 Fax: 040 . 360 98 435 Mail: [email protected] www.hamburgertheaterfestival.de Intendant: Nikolaus Besch KULTUR BRAUCHT UNTERSTÜTZUNG: Sie können die Entwicklung des Festivals mit Spenden unterstützen. Jeder Betrag hilft! Selbstverständlich erhalten Sie für Ihre Spende eine Spendenbescheinigung. DIE KONTOVERBINDUNG DER STIFTUNG LAUTET: Hamburger Sparkasse IBAN: DE 76 2005 0550 1280 3193 18 Kontoinhaber: Andreas Völker, Treuhänder für die Stiftung Hamburger Theater Festival IMPRESSUM Autoren dieses Heftes: Emanuel Eckardt, Ursula Keller, Birgit Herausgeber: Theater Festival Besch GmbH Lahann, Wolfgang Michal, Anja Michalke, Stefan Schomann, Nikolaus Besch (V. i. S. d. P.) Martin Tschechne Gesamtherstellung: optimal media GmbH, Röbel Redaktion: Emanuel Eckardt (verantw.), Anja Michalke, Fotografen: Arno Declair, Iko Freese / Drama Berlin, Simona Abb. vermerkt. Nora Frank Fossi, Romanus Fuhrmann, Matthias Horn, La Strada Graz, Reto Gestaltung: Groothuis. Gesellschaft der Ideen und Reinhold, Julian Röder, Valeria Tomasulo, Bernd Uhlig, Reinhard Passionen mbH, Hamburg | www.groothuis.de; Werner Lithografie: edelweiß publish, Hamburg Bild- und Copyrightnachweis: wie bei Cover und Klar/archiv-klar, Christian Mastalier, Silke Meyer, Friedrun Rainer Groothuis, Lars Hammer, Carolin Beck Titelfoto: Peter Simonischek, fotografiert von Christian Mastalier 46 BMW i Freude am Fahren ANGETRIEBEN VON INNOVATIONEN. DER ELEKTRISCHE BMW i3. Innovationen sind seit jeher unser Antrieb. Innovationen für ein Maximum an Dynamik und Effizienz, für Qualität und Sicherheit – und vor allem für Ihre Freude am Fahren, die schon mit dem ersten Anblick beginnt. Diese BMW typische Freude am Fahren hat jetzt eine neue Form. Denn der BMW i3 ist konsequent neu gedacht. Mit unvergleichlicher Fahrdynamik und ohne Emissionen dank BMW eDrive. Revolutionär gebaut aus besonders leichtem und hochfestem Carbon. Intelligent vernetzt für die Mobilität von morgen. Wir bei BMW i haben uns entschieden, die Freude am Fahren in eine neue Ära zu führen. Erleben Sie den elektrischen BMW i3 bei uns im Hauptbetrieb am Offakamp oder vereinbaren Sie direkt einen Termin für eine Probefahrt bei unserem BMW i Product Genius Gregor Timm unter der Telefonnummer: 040-55 301 1440. BMW i. BORN ELECTRIC. bmw-i.de Abbildung zeigt BMW i3 mit reinem Elektroantrieb BMW eDrive. Energieverbrauch (kombiniert): 12,9 kWh/100 km; * CO2-Emissionen, die durch die Produktion und Bereitstellung des Kraftstoffes bzw. anderer Energieträger entstehen, wurden bei der Ermittlung der CO2-Emissionen nicht berücksichtigt. BMW i3 mit Range Extender (zur Verlängerung der Reichweite bis zu 340 km): Energieverbrauch (kombiniert): 13,5 kWh/100 km; Kraftstoffverbrauch (kombiniert): 0,6 l/100 km; CO2-Emission (kombiniert): 13 g/km. Abbildung zeigt Sonderausstattung. BMW Niederlassung Hamburg BMW i Agent Offakamp 10-20 22529 Hamburg www.bmw-i-hamburg.de