Zum Beitrag „Zwischen ärztlicher Ethik und Patienten

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Zum Beitrag „Zwischen ärztlicher Ethik und Patienten
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© UVA Potsdam, www.uva.de
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Zwischen ärztlicher Ethik und
Patienten-Manipulation
Was muss, kann und darf Klinikmarketing leisten?
Gesundheit ist eine der ältesten und vor allem die
wertvollste Marke der Welt. Millionenfach wertvoller
als Apple, Google und Coca-Cola zusammen. Für
diese Gesundheit arbeiten Ärzte, Pflegekräfte und
Mitarbeiter in unzähligen Praxen und Kliniken.
Das können sie heutzutage in effizienter Form nur
noch, wenn die medizinischen Einrichtungen auch
wirtschaftlichen Anforderungen gerecht werden.
Voraussetzung dafür ist zuallererst eine Mindestanzahl an zu versorgenden Patienten. Der Wettbewerb
um diese Patienten, aber auch um einweisende Ärzte
und Kostenträger, bestimmt daher zunehmend die
Kliniklandschaft in Deutschland.
Wer in diesem Wettbewerb bestehen will, kommt
nicht daran vorbei, über seine Klinik-Marke und
eine zielgerichtete Markenkommunikation nachzudenken. Aber wie weit darf diese Kommunikation
letztendlich gehen, wenn es um die Gesundheit geht?
Wann wird die werbewirksame Darstellung von Klinikleistungen unvereinbar mit der gegebenen Ethik,
die der Gesundheitswirtschaft eigen sein sollte? Wo
hört Markenkommunikation auf und wo fängt Patienten-Manipulation an?
Als Geschäftsführerin der UVA Kommunikation und
Medien GmbH kenne ich diese Herausforderungen
im täglichen Kommunikationsgeschäft. Als Chefin
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einer Agentur, die auf Klinik- und Gesundheitsmarketing spezialisiert ist, habe ich auch gelernt, dass
verschiedene Dialoggruppen dieses Thema aus völlig
unterschiedlichen Perspektiven betrachten.
Verschiedene Perspektiven schärfen den Blick
für’s Wesentliche
© MediClin
Es geht mir darum, deutlich zu machen, dass es
keine allgemeingültigen Antworten, sondern viele
differenzierte Sichtweisen gibt, wenn wir über folgende Fragen nachdenken: Wird die Gesundheit
durch die Ökonomisierung zu einer handelbaren
Ware und werden Therapien oder Operationen zu
gewöhnlichen Dienstleistungen? Ist es legitim, wenn
wir Herzoperationen, Chemotherapien oder Rehabilitation wie Markenartikel verkaufen? Verändert sich
das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient
durch markenorientierte Branding-Maßnahmen?
Deshalb möchte ich an dieser Stelle führende Protagonisten aus der Klinik-Branche mit unterschiedlichem Hintergrund, die Kunden und Freunde unseres
Hauses sind, über die Dialektik zwischen Markenkommunikation und ärztlicher Ethik zu Wort kommen lassen. Nur so wird deutlich, wie komplex die
Thematik sich darstellt, obwohl wir doch alle dasselbe wollen – Gesundheit.
Prof. Dr. med. Jürgen Ennker
Ärztlicher Direktor und
Chefarzt, MediClin
Herzzentrum Lahr / Baden
Gesundheit darf niemals zu einer handelbaren Ware werden
Jeder Patient ist einzigartig. Medizinische Therapien oder Operationen können Leben verlängern oder
Lebensqualität sichern. Inadäquates Vorgehen führt zu nicht wieder gut zu machenden Verlusten bzw. Schäden. Anders als übliche handelbare Ware ist Gesundheit insofern nicht vergleichbar, nicht reproduzierbar.
Hierdurch bedingt ergibt sich eine ethische Bringschuld für ein Vorgehen nach hohen ethischen und medizinischen Standards mit adäquater Ergebnisqualität.
Ergebnisqualität und -transparenz sind Säulen der Markenbildung
Die große Spreizung der medizinischen Resultate erfordert Ergebnistransparenz und konsequentes Vorgehen
zur Sicherung einer überlegenen Ergebnisqualität. Beispielsweise waren im Jahre 2011 die Sterberaten nach
koronarer Bypass-Chirurgie laut Daten der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie
mit einem Faktor zehn versehen. Die Ausformung von herausragenden Ärzten, Operateuren oder Kliniken
als unverwechselbare Marken wird diesen vermehrt Patienten zuführen und somit Menschenleben retten bzw.
Lebensqualität sichern.
Wir stehen in Deutschland in dieser Hinsicht erst am Anfang einer entsprechenden Entwicklung. In anderen
Ländern wie den USA ist diese schon weiter fortgeschritten. Im Gesundheitswesen gibt es noch große Qualitätsunterschiede, die in anderen Branchen, wie z.B. der Automobilindustrie, längst Vergangenheit sind.
Reproduzierbare Ergebnisqualität schafft Vertrauen in die Marke
Branding-Maßnahmen sollten durch reproduzierbare Ergebnisqualität und Erfüllung der Erwartungshaltung
zu einem verstärkten Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient führen. Ist dies der Fall, so sinkt die
Schwellenangst vor dem Therapieangebot der neuzeitlichen Medizin. Ebenso wird die Patienten-Compliance
bezüglich der Akzeptanz von medizinischen Therapieformen erhöht, was wiederum zu verbesserten Ergebnissen führt. Markenorientierten Branding-Maßnahmen kommt insofern ein ganz besonderer Stellenwert zu.
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© Oberlinhaus
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Matthias Fichtmüller
Pfarrer und Theologischer
Vorstand des Vereins
Oberlinhaus, Potsdam
Märkte haben keine Ethik – Entscheidungsträger schon
Es sind die Vorstände, Geschäftsführungen und Ärzte in den Kliniken, die ethische und wirtschaftliche Fragen gemeinsam in den Blick nehmen müssen und dann zu entscheiden haben. Deshalb ist Klinikmarketing
zunächst etwas völlig Wertfreies. Die handelnden Akteure in den Kliniken sind es, die sich mit diesen ethischen Fragen auseinandersetzen müssen.
Das beste Klinikmarketing sind zufriedene Patienten
Es ist ganz egal, in welchem Fachbereich und wie hoch spezialisiert sich eine Klinik darstellt. Die Mundpropaganda von vielen tausend Patienten, die jährlich durch eine Klinik gehen, hat einen deutlich höheren
Wirkungsgrad. Von daher kann es in der Kliniklandschaft nur eine einzige Unterscheidungskategorie geben,
die Qualität der Arbeit. Zu dieser Qualität gehören eine hohe fachliche, medizinische Kompetenz, eine zuwendende Pflege, und, wie ich glaube, ein Wertegerüst, das im gesamten Handeln einer Klinik spürbar ist. Wenn
dieses von Patienten erfahren wird, kann sich eine Klinik auch in einem harten Wettbewerb positionieren.
Marketing hat die Aufgabe, diese Tendenzen zu verstärken. Marketing schafft die Qualität nicht. Marketing
projiziert die Qualität in die Welt hinaus.
Gesundheit darf primär kein Renditeobjekt sein
Leistungsanbieter in der Gesundheitsbranche müssen wirtschaftlich arbeiten. Aber zweistellige Gewinnerwartungen dürfen nicht die treibende Handlungsmaxime im Gesundheitswesen sein.
In der Auseinandersetzung mit ethischen Fragen im Klinikalltag kann nur eines helfen: Ehrlichkeit. Ehrlichkeit gegenüber dem Patienten, gegenüber den Krankenkassen und vor allem gegenüber sich selbst. Wenn das
der Maßstab des Handelns ist, dann ist es auch möglich, eine Klinik wirtschaftlich zu führen.
© MEDIAN Kliniken
Als Vorstand einer Gesellschaft, die gemeinnützige konfessionelle Kliniken betreibt, sind wir sehr dankbar,
dass wir nicht durch Investoren auf eine bestimmte Renditeerwartung getrieben werden. Das schenkt uns in
unserem Handeln sehr viel Freiheit.
Uta Reichhold
Leitung Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit der
MEDIAN Kliniken, Berlin
Wirtschaftliche Anforderungen und Ethik müssen im Einklang stehen
Beim Thema Ökonomisierung der Gesundheitswirtschaft empfehle ich das Buch Ware Gesundheit, das in dritter Auflage im Beck-Verlag erschienen ist. Der Gesundheitswissenschaftler, Medizinhistoriker und Pharmazeut
Paul Unschuld stellt sehr eindrucksvoll dar, wie Gesundheit zur Ware und Patienten zu Kunden geworden sind.
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Einem Gesundheitsunternehmen muss es gelingen, wirtschaftliche Anforderungen und Ethik miteinander in
Einklang zu bringen. Das scheint möglich zu sein, ist aber ein schwieriger Spagat, an dem ungeübte (sprich:
unprofessionelle) Akteure schnell scheitern können.
Wirtschaftlichkeit und Ethik bedingen einander, will ein Krankenhaus im Wettbewerb nachhaltig erfolgreich
sein. Das bedeutet, dass es der Leitung einer Klinik bzw. eines Klinikunternehmens gelingen muss, Bedingungen
zu schaffen, die dem Moralverständnis ihrer Mitarbeiter, die mit den Patienten arbeiten, nicht widersprechen.
Die Behandlungsqualität muss oberste Priorität besitzen! Daher dürfen Therapien oder Operationen nie
gewöhnliche Dienstleistungen sein. Und nur, wer diesen Anspruch vertritt, wird seinen Ärzten, Therapeuten
und Pflegern gerecht.
Das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt ist der Markenkern
Der Patient geht zum Arzt, erwartet eine bestimmte Leistung und einen gewissen Service. Wenn der Arzt
dann auch noch gut kommuniziert, was er empfiehlt bzw. warum, und wenn man das gute Gefühl hat, ernst
genommen zu werden – dann ist es da, das Vertrauen. Natürlich darf es beim nächsten Besuch nicht enttäuscht
werden – eigentlich niemals!
Ärzte und Patienten avancieren zu Markenbotschaftern
Das gilt im übertragenen Sinne auch für die Klinik-Marke. Eine Marke ist stark, wenn alles stimmt: die Leistung, der Service, die Qualität – und die Kommunikation. Mit geeigneten Branding-Maßnahmen kann diese
Stärke kommuniziert und im besten Falle vielleicht sogar potenziert werden – nach innen und nach außen.
© Oder-Spree Krankenhaus
Wenn die Erfahrungen der Patienten entsprechend gut sind und dem Unternehmen ein überzeugendes Branding gelingt, dann begegnen die Patienten auch einem Gesundheitsunternehmen mit Vertrauen und Treue. Im
besten Falle werden Ärzte und Patienten zu positiven Markenbotschaftern.
Dipl. Kfm. Ulrich Wegener
Geschäftsführer Oder-Spree
Krankenhaus Beeskow
Ökonomie und Gesundheit sind kein Gegensatz
Die zunehmende Ökonomisierung bei der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen wird oft bemängelt
und kritisiert. Hierbei wird aber auch verkannt, dass gerade diese dazu führt, die Leistungen im Gesundheitsbereich wirtschaftlich zu erbringen und damit die begrenzten Ressourcen in der Leistungserstellung nicht
durch Unwirtschaftlichkeit zu verschwenden. Nur so kann das von Patienten ethisch eingeforderte Optimum
an Gesundheit erbracht werden.
Diese Parameter gelten für alle Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen, die im Wettbewerb zueinander
stehen. Die Personalressourcen an Ärzten und Pflegekräften sind genauso wenig unendlich wie Investitionen
in hochwertige und für den Patienten nützliche Medizintechnik, da deren Finanzierung durch die mit den
Krankenkassen verhandelten Budgets bzw. die Fördermittel der Länder im investiven Bereich begrenzt wird.
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Wir sind ein Krankenhaus mit kommunaler Verantwortung
Entscheidend ist jedoch, dass bei aller wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht aus dem Blick gerät, dass es
letztendlich um Menschen geht, die einem Leistungsanbieter ihre Gesundheit anvertrauen.
Wir als kommunales Krankenhaus haben uns als Anbieter von Gesundheitsleistungen dieser Aufgabe gestellt
und bieten unseren Patienten eine fachlich hohe, medizinische und pflegerische Versorgung in einem Haus
mit moderner medizintechnischer Ausstattung an. Dies können wir nur, weil wir wirtschaftlich arbeiten.
Gesundheit ist das höchste Gut und kein Produkt wie jedes andere
Gewinne, die wir erwirtschaften, verbleiben im Haus zur weiteren Verbesserung der Patientenversorgung
und werden nicht entnommen bzw. an den Gesellschafter abgeführt. Insofern ist die Ökonomisierung nur ein
Mittel zum Zweck und kein Selbstzweck.
Das Anbieten von Gesundheitsdienstleistungen mit dem primären Ziel der Rendite- und Gewinnmaximierung entspricht nicht unserer Philosophie als kommunaler Anbieter von Gesundheitsleistungen, da es sich bei
der Gesundheit eines Patienten eben nicht um ein Gut bzw. Produkt handelt, das mit anderen gewöhnlichen
Dienstleistungen oder materiellen Gütern vergleichbar ist.
Fazit aus Sicht einer Agentur für
Klinikmarketing
© UVA Kommunikation und Medien
Wie die vorangegangenen vier Statements verdeutlichen, sind Ethik, medizinische sowie pflegerische
Qualität, Ergebnistransparenz und auch die ökonomischen Notwendigkeiten inhaltlich entscheidend
für die Handlungsstrategien, an denen sich die Kommunikation entlangbewegen muss. Es wird klar, dass
es immer verschiedene Perspektiven gibt und dementsprechend eine differenzierte Betrachtungsweise
erforderlich ist. Die Frage nach der Dialektik zwischen
Markenkommunikation und ärztlicher Ethik muss zu
jeder Zeit und in jeder Situation immer wieder neu
gestellt werden. Das ist auch unser Credo, wenn wir
als Agentur für die Gesundheitswirtschaft arbeiten.
Andrea Maria Vock
ist Spezialistin für
Markenentwicklung
und Markenführung
insbesondere für
Gesundheits- und
Klinikmarken sowie
Geschäftsführerin der
UVA Kommunikation
und Medien GmbH in
Potsdam-Babelsberg.
Bevor die diplomierte
Kommunikationsdesignerin ihre eigene Agentur
gründete, war sie Art Direktorin und Creative
Direktorin bei Young & Rubicam und McCann
Erickson in Frankfurt am Main. Viele Ihrer
Arbeiten wurden bei Werbefestivals wie z. B. in
Cannes, Hamburg, Moskau, Florenz, Houston,
Washington und Chicago mit Awards gewürdigt.
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