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?Genua ? (ital. Genova, franz. Gênes), ital. Provinz in der Landschaft Ligurien, grenzt im S. an das Mittelmeer, das hier den
großen Golf von Genua bildet, im W. an die Provinzen Porto Maurizio und Cuneo, im N. an Alessandria und Pavia, im O. an Massa e
Carrara, ist 4072 qkm (nach Strelbitskys Berechnung 4194 qkm = 76 QM.) groß und umfaßt den nördlichen Teil der sogen. Riviera di
Ponente und die ganze Riviera di Levante, d. h. den schmalen Küstenstrich am Golf von Genua bis nördlich über den Apennin. Die
Provinz entspricht im wesentlichen dem alten Ligurien und der spätern Republik Genua, welch letztere sich allerdings nördlich noch
weiter ausdehnte, und wird im W. von den Ausläufern der Seealpen, im östlichen Teil vom Ligurischen Apennin (1600 m hoch)
durchzogen. Die Zuflüsse des Mittelmeers sind Küstenflüsse von kurzem, reißendem Lauf, wie Bisagno und Magra; die an der
Nordseite des
Apennin entspringenden Flüsse Bormida, Scrivia, Trebbia fließen nach N. dem Po zu. Das Klima ist mild und gesund, aber sehr
unbeständig, mit wechselvollen Winden. Die Einwohner (Genuesen), deren Zahl (1881) 760,122 beträgt, reden einen besondern,
schwerverständlichen Dialekt, sind ein schlanker, beweglicher und arbeitsamer Menschenschlag und gelten für schlau und
wankelmütig. Sie waren zu allen Zeiten als tüchtige Seeleute berühmt. Außer der Schiffahrt sind Industrie und Handel hoch
entwickelt.
Die wichtigsten Zweige der erstern sind: die Seiden-, Baumwoll- und Schafwollindustrie, die Papier-, Seifen-, Teigwaren- und
Konservenfabrikation, der Maschinen- und Schiffbau. Bedeutende Hafenorte sind außer Genua Spezia, Savona und Albenga. Die
Provinz zerfällt in die Kreise Genua, Albenga, Chiavari, Savona und Spezia. Die Landschaften um den Golf von Genua sind reizend,
zum Teil mit dem üppigsten Pflanzenwuchs geschmückt. Bei dem steilen Abfall der Gebirge ist der Anbau von Getreide, dann von
Gemüsen auf die wenig ausgedehnten Ebenen beschränkt; dagegen ist das Hügelgelände überall mit Oliven-, Südfrüchte-, Maulbeerund Weinpflanzungen bedeckt. S. Karte »Oberitalien«.
Die Stadt Genua. (Hierzu der Stadtplan.) Die gleichnamige Hauptstadt (mit dem Beinamen la superba, im genuesischen
Volksdialekt Zene) liegt im innern Winkel des Meerbusens von Genua, wo sie zwischen zwei im O. und W. mündenden Flüßchen an
den Bergterrassen des Apennin bis zu einer Höhe von 160-190 m amphitheatralisch emporsteigt. Ausgezeichnet durch einen den
kleinern Schiffen des Altertums und Mittelalters ohne wesentliche künstliche Verbesserung genügenden Naturhafen, mußte sich an
dieser Stelle eine große Handelsstadt entwickeln, sobald die Länder Oberitaliens u. Mitteleuropas sich zu höherer Kultur erhoben und
Straßen über den hier durch das Thal der Polcevera eingeschnittenen und leicht gangbar zu machenden Apennin gebahnt waren.
Schon zu Hannibals Zeit war Genua der bedeutendste Platz Liguriens, von wo 148 v. Chr. die Via Postumia nördlich zum Padus,
104 die Via Ämilia nach Luna gebaut wurde. In diesem Winkel an der nördlichsten Ausbuchtung des westlichen Mittelmeerbeckens
stießen die beiden längs der ligurischen Küsten führenden Wasserstraßen, auf welche aller Verkehr bei der Steilheit der Berge
angewiesen war, zusammen, um sich vereint als Landstraße über den Apennin fortzusetzen.
Wenn auch wesentlich infolge der verringerten Bedeutung des ganzen Mittelmeers seit dem 16. Jahrh. Genua sank, so mußte
sich die Gunst seiner Lage doch neuerdings geltend machen, sobald durch Eisenbahnen wieder lebhaftere Beziehungen zum
Hinterland hergestellt waren. So sehen wir seit einigen Jahrzehnten die Stadt in raschem Aufschwung, der durch Eröffnung der
Gotthardbahn, welche Genua zum nächsten Hafen für die Schweiz und das südwestliche Deutschland machte, noch mehr gestiegen
ist.
Eine doppelte Umwallung umschließt die um das halbkreisförmige Hafenbecken gelagerte Stadt, die äußere zieht sich über die
umliegenden Höhen und steht mit den vorgeschobenen Festungswerken und Forts in Verbindung, die ganz oben in einem spitzen
Winkel, dem »Sporn« endigen und in Verbindung mit den Hafenbefestigungen Genua zu einer der stärksten Festungen Italiens
machen. Die Bauart der Stadt, bedingt durch deren Lage und das sengende Sommerklima, trägt den Charakter des Massenhaften.
Die Häuser sind aneinander geschichtet, die Straßen meist erstaunlich eng, dazu von acht- bis neunstöckigen Häusern eingefaßt
und sehr düster, aber äußerst sauber gehalten. Sie führen bald auf-, bald abwärts und sind hier und da durch Marmortreppen oder,
wo ein Felsenspalt sie trennt, durch Brücken miteinander verbunden. Bemerkenswert ist unter den letztern namentlich der 34 m hohe
Ponte Carignano. Gefahren wird nur in einigen breiten Hauptstraßen; sonst dienen Portechaisen den Menschen als Transportmittel,
während zahlreiche Reihen von Maultieren die Waren fortschaffen.
Die schönste Straße Genuas ist die Via Balbi, welche mit ihren Verlängerungen, der Via Nuovissima, Via Garibaldi und Via Carlo
Felice (8-9 m breit), den Corso von Genua bildet. Die Paläste, welche diese Straßen zieren, ruhen zumeist auf einem Unterbau von
Rustika und machen mit den mächtigen Formen der Fassade, dem mit Säulen geschmückten, schön gewölbten Vestibül und dem
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großartigen Treppenhaus einen imposanten Eindruck. Die platten Dächer sind terrassenförmig und mit Orangen-, Myrten- und
Granatbäumen, Blumen, hier und da mit Statuen besetzt, auch wohl mit einem Kühlung verbreitenden Springbrunnen versehen.
Schön nimmt sich eine Illumination dieser »hängenden Gärten« aus, wie sie an gewissen Tagen, z. B. am Johannistag, üblich ist.
Erwähnungswert sind außerdem die Via Carlo Alberto am Hafen, die neue Via Roma mit der parallel laufenden glasbedeckten
Galleria Mazzini sowie die Fortsetzung der Via Roma, die neue Via Assarotti. Unter den öffentlichen Plätzen, welche durchweg von
geringer Ausdehnung sind, verdienen Erwähnung: die mit Bäumen umgebene Piazza Acquaverde (mit dem Monument des Kolumbus
von M. Lanzio, 1862), die Piazza dei Banchi (mit der Börse, Sammelplatz der Handelsleute, Schiffer etc.), die Piazza dell' Annunziata
(am Ende der Via Balbi), die Piazza Nuova, wo die Wochenmärkte gehalten werden, die Piazza Deferrari, die Piazza Vittorio
Emanuele mit dem 1886 errichteten Standbild des Königs etc. hat fünf Thore u. mehrere Vorstädte.
[Bauwerke.] Unter den 82 Kirchen steht obenan die Kathedrale San Lorenzo, ein schöner Bau im spätromanischen Stil aus dem
12. Jahrh., wiederholt, so von Alessi im 16. Jahrh., restauriert. Das Innere, eine Säulenbasilika mit dreischiffigem Langhaus und einer
Kuppel, enthält eine Kapelle Johannes des Täufers mit den aus dem Kreuzzug 1098 hierher gebrachten Reliquien des Heiligen und
Marmorstatuen von Civitali und Andrea Sansovino. Von den übrigen Kirchen sind zu erwähnen: Santa Annunziata, ein Säulenbau der
Spätrenaissance (16. Jahrh.);
der imposante Kuppelbau Sant' Ambrogio (1589 erbaut) mit Gemälden von Guido Reni (Himmelfahrt Maria) und Rubens;
die schöne Kirche Santa Maria di Carignano (von Alessi nach Michelangelos Plan der Peterskirche in Rom erbaut) in
griechischer Kreuzform mit Zentralkuppel und zwei schlanken Türmen;
Santo Stefano mit einem berühmten Altargemälde von Giulio Romano (Steinigung des Stephanus) und San Matteo (mit dem
Grabmal des Andrea Doria).
Erwähnenswert ist auch der Campo santo (seit 1838 angelegt) mit reichem monumentalen Schmuck. Die berühmtesten Paläste
sind: der ehemalige Dogenpalast mit neuer
? ^[Abb.: Wappen von Genua.]
Paläste:
1 Pal. Spinola Marmi F 3
2 " Cambiaso F 3
3 " Gambaro F 3
4 " Parodi F 3
5 " Spinola F 3
6 " Giorgio Doria F 3
7 " Adorno F 3
8 " Balbi E 2
9 " Serra E 2
10 " Balbi-Senarega E 2
11 " Durazzo-Pallavicini E 2
12 " Centurioni E 2
13 " Bruso E 2
Maßstab 1:13,265
Umgebung von Genua.
Maßstab 1:125,000
? Zum Artikel »Genua«.
Marmorfassade und prächtiger Treppe;
der Palazzo Reale (von 1650);
der Palazzo Balbi-Senarega (1609 erbaut) mit prachtvollen Marmorsäulen;
der Palazzo Durazzo-Pallavicini (wegen seiner schönen Treppe auch della Scala genannt, aus dem 17. Jahrh.).
Alle diese Paläste enthalten zugleich bemerkenswerte Gemäldesammlungen, die bedeutendste aber der Palast Brignole-Sale,
gewöhnlich Palazzo Rosso genannt, jetzt der Stadt gehörig, mit Gemälden von van Dyck, Rubens, Guercino, Moretto, Bordone,
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Paolo Veronese, A. Dürer u. a. Außerdem verdienen noch Erwähnung: der Palazzo del Municipio (ehemals Doria), ein majestätischer
Marmorbau im Spätrenaissancestil mit prächtigem Vestibül und Hof und später hinzugesetzten Seitengalerien;
der Palazzo Spinola (von Alessi 1560 erbaut, mit Reiterbild des Agostino Spinola von van Dyck);
der Palazzo Andrea Doria, der 1529 von der Republik ihrem großen Bürger errichtet ward;
der Palazzo Pallavicini;
die Universität (1623 erbaut) mit überaus schönem Hofraum;
der Palast der Dogana, ehemals Eigentum der berühmten Banca di San Giorgio, einer großen genuesischen Handelsgesellschaft
aus dem Mittelalter (1797 aufgelöst), mit Statuen der um diese Bank verdienten Männer, und die von Alessi 1570 erbaute Börse oder
Loggia dei Banchi (im Innern mit der Statue Cavours von Vela).
[Bevölkerung, Industrie, Handel.] Genua zählt (1881) 179,515 Einw. und ist eine bedeutende Fabrikstadt sowie der
Haupthandelsplatz Oberitaliens. Hervorragend ist die Textilindustrie, welche 17 Baumwollspinnereien mit 120,000 Spindeln, 15
Baumwollwebereien (1900 Arbeiter), 9 Fabriken für Seidenwaren, 6 für Wollwaren, 26 für Wirkwaren beschäftigt, aber, wie die 27
Lederfabriken, meist für den Verbrauch im Inland arbeitet. Die Industrie liefert ferner Korallenarbeiten, Gold- und Silberwaren
(besonders Filigranarbeiten), Alabaster- und Elfenbeinschnitzereien, künstliche Blumen, Stickereien, Seife, Essenzen, eingemachte
Früchte, Makkaroni, Hüte, Schuhwaren, Möbel, Papier, Maschinen und Schiffe.
Die Industrie erstreckt sich auf die benachbarten Vororte, so San Pier d'Arena, Cornigliano, Sestri Ponente, Voltri, mit
Schiffswerften, Maschinenfabriken und andern Etablissements. Der Verkehr entwickelt sich in neuerer Zeit immer mehr. Zu Lande ist
nunmehr zu den frühern Eisenbahnlinien, gegen W. über Nizza nach Marseille, gegen N. über Alessandria zum Anschluß an das
vielverzweigte piemontesisch-lombardische Bahnnetz sowie an die Mont Cenis-Bahn und gegen O. über Spezia nach Livorno und
Rom, namentlich die Gotthardbahn hinzugekommen, welche in Genua ihren südlichen Endpunkt und Hafenplatz findet.
Der Hafen Genuas gehört zu den bedeutendsten des Mittelmeers. Mit zwei ins Meer hinausgebauten Molen von 450 und 660 m
Länge, dem Molo Vecchio und dem Molo Nuovo, umspannt die Stadt das ungefähr 1500 m im Durchmesser haltende Wasserbecken.
Beide Molen, fast gegeneinander gerichtet, schützen den Hafen, wenn auch nicht hinreichend, gegen die Süd- und Südostwinde. Der
Eingang wird durch starke Batterien verteidigt. Der Molo Vecchio trägt an seinem Ende einen alten kleinen Leuchtturm; neben dem
Molo Nuovo stehen die Quarantäne und der neue, 78 m hohe Leuchtturm mit herrlicher Aussicht, bei welchem neue Befestigungen
angelegt worden sind.
An der Nordseite des Hafens ist der königliche Kriegshafen (Darsena reale) nebst dem Marinearsenal (ehemals Kloster Santo
Spirito) an der Stelle, wo 1547 Fiesco ertrank. Die Ostseite nimmt der ehemalige Freihafen (Porto franco), seit 1867 in ein
Generalentrepot für ausländische Waren umgewandelt, ein, welcher früher durch die 1886 abgetragene marmorne Hafenterrasse von
der Stadt getrennt war und durch eine Zweigbahn mit dem Bahnhof (im NW. der Stadt) verbunden ist.
Hier treiben sich auch die bergamaskischen Lastträger oder Facchini umher, die seit 1470 ein Privilegium für ihren Erwerb in
Genua haben. Seit 1877 wurde übrigens die Erweiterung und Neugestaltung des dem angewachsenen Verkehr nicht mehr
genügenden Hafens von in Angriff genommen. Nach außen werden zwei Molen, ein westlicher von 1500 m und ein östlicher von 600
m Länge, angelegt, im innern Hafenbecken werden neue Landungsbrücken hergestellt, so daß mit den alten Landungsstellen der
Hafen künftig eine Kaientwickelung von 6,5 km besitzen wird.
Auch wird der Ankergrund durch Baggerung auf mindestens 8,5 m gebracht. Alle diese Arbeiten sind mit 28 Mill. Lire
veranschlagt, wozu der Herzog von Galliera 20 Mill. widmete, und werden 1889 beendet sein. Hiermit stehen ferner
Eisenbahnanlagen, dann die Herstellung von Ladevorrichtungen, Magazinen u. dgl. in Verbindung. Der Schiffsverkehr von Genua
umfaßte 1884 im ganzen 10,882 handelsthätige Schiffe mit einem Tonnengehalt von 4,823,585 Ton. und einem beförderten
Warenquantum von 2,386,886 T. Hiernach steht Genua unter allen italienischen Häfen obenan, so wie auch der Tonnengehalt und
die Warenbewegung gegen früher eine sehr bedeutende Steigerung aufweisen.
Eingelaufen sind 5412 Schiffe von 2,368,730 T. und mit 1,962,183 T. Waren, ausgelaufen 5470 Schiffe von 2,454,855 T. und mit
424,703 T. Waren. Auf den internationalen Verkehr kamen 3484 Schiffe von 2,828,902 T. und mit 1,715,344 T. Waren, auf den
Binnenverkehr 7398. Schiffe von 1,994,683 T. und mit 671,542 T. Waren. Der Hauptverkehr findet in der Einfuhr mit Großbritannien,
Frankreich, den Vereinigten Staaten von Amerika und Indien, in der Ausfuhr mit Frankreich, Spanien, Portugal, Griechenland, der
Türkei, Großbritannien und Südamerika statt. In regelmäßiger Dampfschiffahrtsverbindung steht Genua mit Nizza und Marseille,
Cagliari und Porto-Torres (Hafen von Sassari), Livorno, Neapel, Palermo und Tunis, mit den Haupthäfen der Levante und Ostindiens,
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dann insbesondere mit Buenos Ayres, Montevideo und Rio de Janeiro. Die wichtigsten Ausfuhrartikel sind Wein, Getreide, Mehl,
Reis, Teigwaren, Öl, Butter und Käse, Südfrüchte und rohe Seide, wogegen Baumwolle und Baumwollwaren, Getreide,
Kolonialwaren und Chemikalien, Metalle, Häute und Felle, Kohle etc. eingeführt werden. Nach Südamerika, insbesondere den La
Plata-Staaten, werden von Genua aus jährlich nicht weniger als 50,000 italienische Auswanderer befördert.
? [öffentliche Anstalten, Behörden.] Unter den bedeutenden und zahlreichen Wohlthätigkeitsanstalten behaupten das prächtige
und großartige Armenhaus (Albergo de' Poveri, 1539 gegründet, mit Raum für 2200 Arme und Kranke) und das nicht minder
großartige Ospedale Pammatone (1423 gestiftet, zugleich Findelhaus) den ersten Rang. Auch das Waiseninstitut, ein
Taubstummeninstitut, ein Irrenhaus und das Conservatorio Fieschi, Institut zur Erziehung armer Mädchen, sind bedeutende
Anstalten. An öffentlichen Unterrichts- und Bildungsanstalten sind zu nennen: die 1783 gestiftete Universität mit durchschnittlich 600
Studenten, botanischem Garten, einem Observatorium,
verschiedenen Sammlungen und einer Bibliothek von 78,000 Bänden; drei andre größere Bibliotheken (Civica Beriana,
Franzoniana und Congregazione della Missione urbana); ein königliches Gewerbeinstitut, ein königliches Institut für die
Handelsmarine, eine Marineschule, ein königliches Lycealgymnasium und ein städtisches Gymnasium nebst einem Nationalkonvikt, 2
königliche technische Schulen und eine technische Gemeindeschule, ein Seminar, eine Normalschule für Lehrerinnen und eine
Schule für Lehrer, ein Verein für vaterländische Geschichte, eine Akademie der schönen Künste (1751 gestiftet) sowie 4 Theater,
unter denen das 1826 erbaute Teatro Carlo Felice das größte ist.
Auch das geheime Staatsarchiv mit wertvollen Urkunden für die Geschichte des Handels und der Schiffahrt und den Privilegien
des Colombo verdient Erwähnung. Die Stadt, einst Residenz des Dogen der Republik Genua, ist jetzt Sitz eines Präfekten, eines
Erzbischofs, eines Appell- und Assisenhofs, eines Tribunals, eines Handelsgerichts, einer Handelskammer, eines
Generalkommandos, zahlreicher Konsuln (darunter auch eines deutschen Berufskonsuls), eines Hauptzollamtes, einer Börse, einer
Abteilung der italienischen Nationalbank, einer Sparkasse und mehrerer Banken und Aktiengesellschaften.
Die beliebtesten Spaziergänge in Genua selbst sind die schöne Promenade Acqua Sola, die außerordentlich malerisch gelegene
Villa Negro mit prächtigen Gartenterrassen, entzückender Aussicht, einem kleinen zoologischen Garten und einem Denkmal
Mazzinis, dann der längs der Befestigungen angelegte Corso (Via di Circonvallazione). Aber die ganze Umgebung von Genua bietet
herrliche Punkte in Fülle, und die Stadt erstreckt sich nach O. wie nach W. weithin, Ort reiht sich an Ort fast ohne Unterbrechung;
Pegli im W. mit dem herrlichen, an exotischen Pflanzen reichen Park des Marchese Pallavicini-Durazzo und Nervi im O. mit seinen
schönen Gärten, beide jetzt auch Gesundheitsstationen, sind die bekanntesten Punkte dieser weitern Umgebung.
Geschichte der Stadt Genua. In der ältesten Zeit war Genua die Hauptstadt Liguriens; unter die Herrschaft der Römer kam es,
von Marcellus erobert, 222 v. Chr. Im zweiten Punischen Krieg wurde Genua der Provinz Gallia cisalpina einverleibt. Hannibals
Bruder Mago eroberte und zerstörte die Stadt (205), der Römer Lucretius baute sie 202 wieder auf. Nach dem Untergang des
weströmischen Kaisertums wechselte Genua öfters seine Herren. 539 n. Chr. hatte es unter den Einfällen der Burgunder zu leiden,
stand noch eine Zeitlang unter dem römischen Exarchen von Ravenna, kam dann unter die Herrschaft der Langobarden (welche die
Stadt 670 zerstörten, aber wieder aufbauten und daselbst Grafen einsetzten) und endlich (774) unter die der Franken.
Die Verwirrung Italiens unter den spätern Karolingern, während welcher Genua von den Sarazenen wiederholt arg heimgesucht
wurde, benutzte Genua, sich als Republik zu konstituieren, welche zunächst ohne feste Verfassung durch Konsuln regiert wurde, und
nachdem es einen Anfall der Sarazenen (936) abgeschlagen hatte und von König Berengar von Italien 958 förmlich anerkannt
worden war, stieg Genuas Macht rasch. Mit dem benachbarten Pisa stand Genua anfangs auf freundlichem Fuß: beide Staaten
nahmen 1017 miteinander den Arabern Sardinien ab;
als aber Pisa, welchem Sardinien von Genua überlassen worden war, 1070 auch Corsica in Besitz nahm und überhaupt eine
erdrückende Übermacht auf der See gewann, führte dies 1119 zu einem energisch geführten Krieg zwischen Genua und Pisa, der
erst 1133 durch Entscheidung des Papstes zu gunsten der Genuesen beendigt wurde.
Der Bischof von Genua wurde dabei vom Papst dem Metropolitan von Pisa im Rang gleichgestellt, das Bistum Genua von dem
Erzbistum Mailand, dem es bisher untergeordnet war, getrennt, zum Erzbistum erhoben, die Bistümer Riviera di Ponente und di
Levante ihm zugeteilt. Die Seemacht der Republik war schon damals so bedeutend, daß sie 1097 den Kreuzfahrern ein starkes
Geschwader nach Syrien zu Hilfe schicken und 1104: 70 Kriegsschiffe für den Kreuzzug ausrüsten konnte, wofür sie einige
besondere Bezirke in Jaffa und in Jerusalem erhielt.
Auch in Akka und Tyros besaßen die Genuesen feste Niederlassungen. Kaiser Friedrich Barbarossa versuchte 1155 umsonst,
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Genua sich zinsbar zu machen; doch mußte sich dies 1158 den Frieden von ihm um 1200 Mark Silber erkaufen und einen Lehnseid
schwören, behielt aber seine eigne Obrigkeit und blieb befreit von Heerdienst und Abgaben. Dafür unterstützte Genua den Kaiser
Heinrich VI. mit seiner Flotte bei der Eroberung von Sizilien. In dem Kampfe Friedrichs II. mit dem Papst und den Lombarden stand
Genua auf seiten der letztern, und ein genuesisches Schiff brachte 1244 den Papst Innocenz IV. von Rom nach Genua und von da
nach Frankreich. Heinrich VII. dagegen wurde 1311 von den Genuesen glänzend aufgenommen und als Oberherr anerkannt.
Unter den italienischen Republiken selbst war es zuerst Pisa, dann Venedig, mit welchen Genua langjährige Kampfe zu führen
hatte. Nachdem die Genuesen den Pisanern Corsica entrissen hatten, verdrängten sie dieselben auch aus Sardinien, das sie aber an
den von Bonifacius VIII. damit belehnten König von Aragonien verloren; durch die weitere Ausdehnung ihrer Besitzungen auf dem
Festland, wo sie Savona, Albenga, Ventimaglia ^[richtig: Ventimiglia], auch Nizza, Monaco etc. gewannen, wurden sie unmittelbare
Nachbarn von Pisa.
Aber erst als 1284 die pisanische Flotte in der Seeschlacht bei Molara vernichtet worden und auch Elba in die Gewalt der
Genuesen gekommen war, erlangten diese die entschiedene Übermacht im westlichen Meer, zumal um die gleiche Zeit der Hafen
von Pisa versandete. Überall legten nun die Genuesen Stapelplätze an, so auf Sizilien, den Balearen, in Tunis und Tripolis. Nach der
Besiegung der Pisaner begann Genua den Kampf gegen Venedig, welches Pisa begünstigt hatte und auch in den östlichen Meeren
Genuas Nebenbuhlerin war.
Da G. den Kaiser Michael Paläologos 1261 bei der Eroberung von Konstantinopel unterstützte, so erhielt es neben der
ausschließlichen Handelsfreiheit im Schwarzen Meer in Konstantinopel die Vorstädte Pera und Galata eingeräumt, worauf die
Genuesen überall Handelsniederlassungen gründeten, Asow in Besitz nahmen, Kaffa oder Feodosia anlegten, mit den Herrschern
von Armenien Verträge schlossen, auf Cypern, Chios, Lesbos Fuß faßten und so den Venezianern überall in den Weg traten. Die
Folge davon war ein (öfters durch Verträge unterbrochener) 100jähriger Krieg gegen Venedig, welcher unter mannigfachen
Wechselfällen nach Vernichtung der von Tizio Cibo befehligten genuesischen Flotte bei Chioggia durch den Dogen Andrea Contarini
23. Dez. 1379 zu ungunsten der Genuesen endigte. Der Friede von Turin 1381 brachte der Republik eine bedeutende Schwächung,
so daß sie von da an immer weniger der Fremdherrschaft sich erwehren konnte.
? Dazu kamen unaufhörliche innere Verfassungskämpfe. In der ersten Zeit der Republik herrschten
die Edelleute, welche zugleich die reichsten Handelsherren und die Anführer in den zahlreichen Kriegen waren. Seit dem 12.
Jahrh. hatte das in sechs Kompanien geteilte gesamte Volk die Feldherren, die Beamten und Richter zu wählen; indem die
vornehmsten Geschlechter dabei besonders berücksichtigt wurden, bildete sich mit der Zeit ein Beamtenadel aus, der alle Gewalt an
sich riß, die übrigen Bürger von allen Staatsgeschäften ausschloß und sie zu Unterthanen herabdrückte.
Auch der Große Rat (consiglio) ging aus jenen Geschlechtern fast ausschließlich hervor und berief nur in seltenen Fällen die
Volksgemeinde. Die höchsten Behörden hießen anfangs Konsuln, bis man 1217 einen Podesta einsetzte, der auf kurze Zeit gewählt,
oft auch aus der Fremde geholt wurde, damit er frei von Parteieinflüssen um so gerechter und rücksichtsloser herrschen könne. Nicht
immer aber konnten die von auswärts berufenen Podestas ihre Autorität zur Geltung bringen, da das von Faktionen zerrissene Volk
zwar die Früchte der Ruhe und des Friedens, aber nicht die Mittel dazu, die eiserne Strenge einzelner Podestas, die öfters in
tyrannische Willkür ausartete, nach seinem Geschmack fand.
Daher mochte sich wohl ein kühner Volksführer der Gewalt bemächtigen, wie dies z. B. um 1260 dem Guiglielmo Boccanera
gelang, der sich, auf die Zünfte gestützt, mehrere Jahre hindurch nach Beseitigung des Podestats als Capitano del Popolo
behauptete; die Adelsfraktionen stürzten ihn indes und stellten das Podestat wieder her. Nun begannen die Parteien, in welche die
herrschenden Geschlechter zerfielen, die Ghibellinen (Doria, Spinola u. a.) und die Guelfen (Fieschi, Grimaldi u. a.), welche sich aufs
heftigste bekämpften, äußern Beistand zur gegenseitigen Unterdrückung herbeizurufen.
Nachdem die Ghibellinen lange Zeit die Oberhand gehabt, unterlagen sie 1319 den von Carlo de' Fieschi, Grafen von Lavagna,
geführten Guelfen, die sich auf den König von Neapel stützten. Erst 1331 wurde der Kampf unter Vermittelung König Roberts von
Neapel dahin beendigt, daß beide Parteien sich fortan in den Besitz der städtischen Ämter teilen sollten. Da erhob sich das durch die
Adelsparteien hart bedrückte Volk und erzwang die Wahl eines Dogen 1339. Der erste Doge war Simone Boccanera aus dem
Geschlecht jenes Guiglielmo.
Diesem wurde ein Rat von 12 Männern, 6 aus dem Adel und 6 aus dem Volk, zur Seite gestellt. An die Stelle der bisher als
Grundlage dienenden Compagnae traten die Zünfte, die Constabulae oder Konstaffeln. Viele, besonders guelfische, Adlige wurden
zur Sicherung der neuen Verfassung aus der Stadt verbannt. Nach Boccaneras Rücktritt (1344) wurde Giovanni di Murta zum Dogen
gewählt. Unter ihm wurde festgesetzt, daß die Ämter zur Hälfte aus dem Adel, zur Hälfte aus dem Volk besetzt werden sollten.
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Vorübergehend wurde die Dogenwürde aufgehoben, indem 1353 dem Fürstbischof Visconti von Mailand die Gewalt übertragen
wurde; doch kehrte man 1361 wieder zur Dogenverfassung zurück und wählte nochmals Boccanera, der jetzt den Adel von allen
Ämtern ausschloß und, ausschließlich auf einen Rat von Popolaren gestützt, streng und entschieden regierte. Aber auch die
Popolaren teilten sich bald in zwei Parteien, die Guelfen und Ghibellinen, die sich erbittert bekämpften. Als Boccanera im März 1363
von seinen Feinden aus dem Adel durch Gift beseitigt worden war, wurde das eine guelfische Haupt der Popolaren, der reiche
Handelsherr Gabriele Adorno, zum Dogen erhoben unter Kontrolle von sechs popolaren Consiglieri; doch 1370 bereits ward er von
seinem Gegner unter den Popolaren, dem ghibellinisch gesinnten Domenico de' Fregoso, Haupt der reichen, ausgedehnten Familie
der Campofregosi, gestürzt.
Da die innern Streitigkeiten kein Ende nahmen und die Republik durch die Niederlage bei Chioggia auch in ihrer Macht mehr und
mehr bedroht war, so übertrug man nach einem Vorschlag des Antoniotto Adorno 25. Okt. 1396 dem König Karl VI. von Frankreich
die Herrschaft über Genua, welche derselbe durch einen Governatore ausüben sollte. Mehrfache Versuche, die französische
Herrschaft durch Waffengewalt wieder zu stürzen, unterdrückte der französische Marschall Jean le Maigre de Boucicault, den der
König 1402 als lebenslänglichen Governatore nach Genua sandte.
Unter ihm wurde 1407 die Bank von St. Georg gegründet, ein von den Inhabern der Staatsschuldscheine (luoghi) gewähltes
Kollegium von acht Räten, welche die für die Verzinsung der Staatsschulden verpfändeten Güter und Einkünfte unter ihrer
Verwaltung hatten. Diese Bank war von der eigentlichen Staatsverwaltung unabhängig und wurde nur von der Gesamtheit der
Staatsgläubiger kontrolliert, hatte aber die Finanzen, welche sie trefflich verwaltete, ganz in ihrer Gewalt und erlangte daher große
Bedeutung.
Der französische Statthalter erregte indessen bald durch eine, wie ihm vorgeworfen wurde, selbstsüchtige Politik
Unzufriedenheit, und während er dem Herzog Johann Maria Visconti von Mailand zu Hilfe zog, entsetzten ihn die Genuesen,
ermordeten bei der Annäherung des französischen Heers im September 1409 alle Franzosen, erklärten die französische Herrschaft
für abgeschafft und wählten einen Senat von zwölf »Anzianen« (aus dem Adel, den Popolaren, Ghibellinen und Guelfen), an deren
Spitze der Markgraf von Montserrat als Generalkapitän (capitano generale) stand; viele französisch gesinnte Guelfen mußten die
Stadt verlassen. Boucicault, der vergebliche Versuche machte, sich Genuas wieder zu bemächtigen, verließ die ligurische Küste 26.
Sept., und die französische Herrschaft hatte hiermit zunächst ein Ende.
Indessen war auch die neue Regierung nicht von Dauer; der Markgraf wurde schon 1413 vertrieben, und nun stritten sich wieder
die Parteien um die Dogenwürde. Zugleich aber drohten Gefahren von außen, da die Republik in Kämpfe mit Mailand verwickelt
wurde. Im Sommer 1421 besetzte ein mailändisches Heer unter Guido Torella und den Häuptern der Ausgewanderten die Thäler bei
Genua, während ein andres Heer des Herzogs von Mailand unter Francesco de' Carmagnola an der Westküste erschien.
? Die genuesische Flotte wurde geschlagen, und der Doge Fregoso sah sich gezwungen, mit dem Herzog Philipp Maria de'
Visconti von Mailand einen Vergleich zu schließen, in welchem er die Herrschaft über Genua dem Herzog unter denselben
Bedingungen übergab, unter denen sie früher dem König von Frankreich übergeben worden war. Unter dem mailändischen
Governatore Carmagnola hatte Genua eine Zeitlang Ruhe, und Handel und Schiffahrt hoben sich wieder. Als jedoch 1435 der von
den Genuesen im Kampf um Gaeta gefangen genommene König Alfons von Aragonien von dem Herzog Philipp Maria de' Visconti
freigelassen wurde und so die Genuesen alle Früchte ihres Siegs verloren, ermordeten sie den Governatore, vertrieben die Mailänder
aus Genua (1436) und wählten wieder einen Dogen, womit die alten Parteikämpfe indes von neuem begannen. Während dieser
Unruhen erlitt Genuas Einfluß im Orient den
ersten Stoß durch die Eroberung Konstantinopels durch die Türken (1453). Da die Republik weder Kaffa noch Corsica mehr
behaupten konnte, so trat sie beide der Bank von St. Georg ab, welche die Verteidigung der bedrohten Kolonien übernahm. Um aber
den Kämpfen der Parteien ein Ende zu machen, stellte sich die Republik abermals unter die Herrschaft des Königs von Frankreich,
und 11. Mai 1458 nahm der als Statthalter des Königs nach Genua gesandte Herzog Johann von Lothringen die Stadt für Frankreich
in Besitz.
Aber auch diesmal dauerte die französische Herrschaft nicht lange: als 1461 der Herzog einen Zug gegen Neapel unternahm,
wurde sein Stellvertreter von den vereinigten Adorni und Fregosi zum Abzug genötigt, und der Erzbischof Paolo da Campo Fregoso,
welcher den Aufstand angestiftet hatte, ließ sich hierauf 1463 selbst zum Dogen wählen und vereinigte so die höchste geistliche und
weltliche Würde Genuas in Einer Person. 1464 trat jedoch der König Ludwig XI. von Frankreich seine Ansprüche auf an den Herzog
Franz Sforza von Mailand ab, und dieser eroberte mit Hilfe der genuesischen Großen die ganze Küste und endlich auch die Stadt.
Trotz wiederholter Unruhen blieben die Sforza Herren von Genua, bis 1499 mit Mailand auch Genua wieder unter die
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Botmäßigkeit der Franzosen kam. Ein unter dem zum Dogen gewählten Seidenfärber Paolo von Novi 1506-1507 gemachter Versuch,
die Franzosen zu vertreiben, wurde von Ludwig XII. hart bestraft. Nach mannigfachen Verwickelungen wurde Ottaviano da Campo
Fregoso 1515 von König Franz I. als sein Statthalter anerkannt. Dieser stand in dem Krieg Frankreichs gegen die Liga von Venedig
auf seiten des erstern, zog aber Genua dadurch eine Belagerung durch die Kaiserlichen (1522) zu, in deren Folge es von dem
Marquis von Pescara und Prospero Colonna erobert und geplündert ward.
Der Doge ward gefangen und starb im Kerker. Nun verband sich Genua 1523 mit Kaiser Karl V., welcher die Wahl eines neuen
Dogen in der Person Antoniotto Adornos gestattete. Zwar mußte Genua 1527 sich wieder dem König Franz I. unterwerfen; allein der
Plan der Franzosen, in Savona eine Rivalin für Genua aufzustellen und den Mittelpunkt des Handels dorthin zu verlegen, veranlaßte
den genuesischen Admiral Andrea Doria 1528, sich für Karl V. zu erklären, worauf die Franzosen Genua und Savona räumten. Karl
V. erkannte Genua als unabhängigen Staat an und dehnte seine Hoheit über Savona und die ganze ligurische Küste aus.
Hierauf wurde unter Leitung Dorias die Verfassung reformiert. Die alten Adelsvereine wurden aufgelöst und an ihre Stelle 28
Zechen (alberghi, Herbergen) gesetzt, in welchen die Vertreter der einander befehdenden Geschlechter und Parteien gemischt
waren; doch war das niedere Volk von den Zechen und somit auch von politischen Rechten ausgeschlossen. Aus diesen Zechen
sollte ein Senat von 400 Mitgliedern gewählt werden, der neben der Wahl aller Staatsbehörden die Kontrolle über die gesamte
Staatsleitung üben sollte.
Neben diesem Senat gab es noch einen engern Rat von 100 Mitgliedern. Dem Dogen stand die Signorie als fördernder, resp.
beschränkender Beirat zur Seite. Sie bestand aus acht Mitgliedern, von denen stets je zwei im Dogenpalast, in unmittelbarer Nähe
des Dogen, wohnen sollten. Die acht Procuratori del commune leiteten unter des Dogen Vorsitz die innere Staatsverwaltung
kollegialisch; fünf Sindaci oder Zensoren hatten die Kontrolle der Exekutive und die Wahrung der neuen Verfassung zu üben.
Andrea Doria, den seine Mitbürger zum lebenslänglichen Dogen machen wollten, schlug die Würde aus, wie er früher des
Kaisers Anerbieten, ihm fürstliche Gewalt in Genua zu verschaffen, zurückgewiesen hatte, und setzte es durch, daß die Amtsdauer
des Dogen auf zwei Jahre beschränkt wurde. Der erste Doge wurde Uberto Lazario de' Cattanei. Indessen beherrschte doch Doria
als auf vier Jahre gewählter Zensor Dogen und Rat. Er schaffte und erhielt lange Ruhe, konnte aber den Faktionsgeist doch nicht
völlig bannen.
Derselbe fand Nahrung in der Vorliebe des alternden Andrea für seinen herrschsüchtigen Neffen Gianettino Doria, von dem man
fürchtete, er möchte mit Andreas Reichtümern auch dessen Macht erben. Dazu kam, daß in Genua, obwohl es von der Verbindung
mit Spanien große Vorteile zog, doch noch eine französische Partei unter dem Adel bestand, welche die Republik Frankreich wieder
zuführen wollte. Dies und den Sturz Dorias hatte die Verschwörung Fieschis (s. d.) zum Zweck, welche in der Nacht vom 1. zum 2.
Jan. 1547 zum Ausbruch kam.
Die Verschwörung schlug fehl, und Andrea Doria behielt seinen Einfluß bis an seinen Tod (1560). Ein Krieg mit den Franzosen
um Corsica endigte zu gunsten Genuas, dagegen ging 1566 Chios für Genua durch die Türken verloren. Da auch Cypern an die
Venezianer verloren ging, so blieb Ägypten das einzige Land im Orient, nach welchem sich Genuas Handel richtete, der überdies
durch die Entdeckungen der Spanier und Portugiesen einen starken Stoß bekam. Konflikte, welche allmählich wieder zwischen den
alten und den unter Doria aufgenommenen Adelsfamilien entstanden, wobei die erstern an Spanien, die letztern an Frankreich sich
anlehnten, führten zu einer neuen Verschwörung gegen den alten Adel, der eben im Begriff war, seine frühern Prärogativen fast
unmerkbar wieder zu erringen.
Die Einmischung Spaniens und das Erscheinen Don Juan d'Austrias mit der spanischen Flotte (1575) verhinderten den Ausbruch
der Verschwörung. Nachdem sich die Signorie von Genua einer schiedsrichterlichen Entscheidung durch den Papst, den Kaiser und
den König von Spanien unterworfen, kam endlich als Resultat langer Unterhandlungen 17. März 1576 eine neue Verfassung zu
stande, welche die Interessen beider Parteien ausgleichen sollte. Der alte Adel wurde seiner 1574 erzwungenen Prärogativen wieder
beraubt und nun für immer der Unterschied zwischen altem und aggregiertem Adel aufgehoben und zugleich bestimmt, daß der Adel
auch ferner einzelnen Würdigen als Belohnung erteilt werden konnte. Die 400 Senatoren sollten ohne Unterschied aus dem
gesamten Adel gewählt und durch sie die Staatsämter besetzt werden. Die neue Verfassung war also eine streng aristokratische.
Ganz getrennt von den Staatsstellen war die Verwaltung der St. Georgsbank.
? Nun folgte eine längere Zeit der Ruhe, während welcher sich die Bürgerschaft dem Handel und der Industrie widmen konnte.
1624 erwarb Genua das Marquisat Zuccarello, auf welches auch der Herzog Karl Emanuel von Savoyen, mit Frankreich und Venedig
verbündet, vergeblich Ansprüche erhob. Zu derselben Zeit wurde nach dem Beispiel Venedigs auch zu Genua das Tribunal der
Staatsinquisition eingeführt. Eine Verschwörung, welche der Herzog von Savoyen 1628 durch Vachero, einen reichen Bürger, gegen
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den Adel erregte, wurde noch zeitig entdeckt. Vachero büßte sein Vorhaben, den Nichtadligen den ihnen durch die Verfassungen von
1528 und 1576 geraubten Anteil am Regiment gewaltsam zurückzuerobern, mit dem Tod. Zwischen dem Herzog und
der Republik entspannen sich infolgedessen Feindseligkeiten, die erst nach der Niederlage der Genuesen 11. April 1631 bei
Voltaggio im Frieden zu Madrid vom 27. Nov. 1631 ausgeglichen wurden. Das Regiment des sich immer exklusiver abschließenden
alten Adels wurde seitdem, gleichwie in Venedig, herrischer und mißtrauischer. Der Handel hatte bei der innern Ruhe zwar einen
guten, wenn auch nicht mehr den frühern glänzenden Fortgang; die Republik bekümmerte sich wenig um die auswärtigen Händel,
und wenn es geschah, so stand Genua immer auf der Seite Spaniens.
Ein neuer Krieg, der zwischen Savoyen und Genua 1672 wieder ausbrach, endigte durch Ludwigs XIV. von Frankreich
Vermittelung mit der Zurückgabe des von dem Herzog besetzten Zuccarello an Genua Gefährlicher wurde ein Krieg mit Ludwig XIV.
selbst, der, weil Genua Spanien gegen Frankreich mit Schiffen unterstützte und den französischen Truppen den Durchzug
verweigerte, im Mai 1684 eine Flotte nach Genua schickte, welche die Auslieferung von vier neuen Galeeren forderte; zugleich sollte
die Republik den König um Verzeihung bitten.
Als man sich nicht fügte, bombardierte die französische Flotte die Stadt vom 17.-22. Mai, wobei der Dogenpalast, die
Schatzkammer, das Zeughaus und viele Privathäuser zerstört wurden, worauf die Republik, obwohl eine zur Hilfe abgesandte
spanische Flotte herannahte und die Franzosen nach Plünderung der Vorstadt San Pietro d'Arena wegen Mangels an Munition
abziehen mußten, 12. Jan. 1685 den Forderungen Ludwigs XIV. willfahrte. Seitdem blieb Friede zwischen Genua und Frankreich.
Ein in Corsica 1729 durch die Erpressungen des Statthalters Penello veranlaßter Aufstand führte nach langen Kämpfen zur
Abtretung der Insel an Frankreich gegen die Zahlung von 40 Mill. Livres 15. Mai 1768. Im J. 1745 verband sich Genua, weil
Österreich das 1713 von Karl VI. erkaufte Marquisat Finale an Sardinien abtrat, gegen Österreich und Sardinien mit Spanien, Neapel
und Frankreich und versprach, gegen 12,000 Thlr. Hilfsgelder 10,000 Mann zu stellen. Österreich nahm dafür grausame Rache,
indem es 6. Sept. 1746 die Stadt besetzte, den Dogen und die Senatoren zur Abbitte zwang u. 9 Mill. Gulden Kriegskontribution
auferlegte.
Die Truppen erlaubten sich in Genua die größten Brutalitäten. Da brach 5. Dez. 1746 ein Volksaufstand aus, bei welchem 8000
Österreicher getötet, verwundet oder gefangen und die übrigen aus dem Genuesischen verjagt wurden. Ein Versuch der
Österreicher, die Stadt wiederzuerobern, wurde 1747 durch eine französisch-spanische Entsatzarmee vereitelt. Als sich nach der
französischen Revolution die Heere der französischen Republik auch über Italien verbreiteten, wollte Genua eine Zeitlang seine
Neutralität behaupten, schloß jedoch, von den Engländern unter Nelson bedroht, 9. Okt. 1796 mit Frankreich eine Übereinkunft zu
Paris, begab sich unter französischen Schutz, zahlte 2 Mill. Frank Kontribution und schoß andre 2 Mill. bis zum Frieden unverzinslich
vor.
Als 20. Mai 1797 ein von den Franzosen begünstigter Volksaufstand gegen die Aristokratie ausbrach, kam es 22. Mai zu einer
Konterrevolution, bei welcher der französische Gesandte Faypoult insultiert und mehrere Franzosen verwundet wurden. Hierauf
zwang Bonaparte den Dogen und den Senat zum Vertrag vom 6. Juni; derselbe bestimmte, daß Genua eine demokratische
Verfassung erhalten solle, welche 2. Dez. 1797 angenommen wurde und 1. Jan. 1798 in Kraft trat. Zugleich nahm Genua den Namen
der Ligurischen Republik an und erhielt einen Länderzuwachs von Piemont, so daß es über etwa 5500 qkm (100 QM.) gebot.
Dennoch war die Macht Genuas nur ein schwacher Schatten der frühern. Die Seemacht bestand nur aus fünf Galeeren und
einigen kleinern Fahrzeugen; mit ihren Handelsschiffen beschränkten sich die Genuesen auf den Besuch der Küsten des westlichen
Mittelmeers. Nur der Speditionshandel und das Wechselgeschäft waren noch von Bedeutung. Die Bank von Genua hatte zwar immer
noch ihr Ansehen behauptet, indem sie große liegende Güter und ein Einkommen von über 10 Mill. Frank besaß, wurde aber bei der
Vereinigung Genuas mit Frankreich aufgehoben.
Nachdem nämlich Genua, wo. Masséna befehligte, eine lange Belagerung durch die Österreicher von der Landseite und durch
die englisch-neapolitanische Flotte von der Seeseite seit 30. April 1800 ausgehalten, zwar 4. Juni von den Österreichern besetzt,
aber schon 16. Juni wieder aufgegeben worden war, wurde 29. Mai 1802 von der französischen Regierung eine neue Verfassung
oktroyiert, 1805 aber nach dem von Senat und Volk 25. Mai ausgesprochenen Wunsch, die Ligurische Republik möchte dem
französischen Reich einverleibt werden, durch ein kaiserliches Dekret vom 4. Juni diese Einverleibung der Republik in das
französische Reich bestätigt und das Land in drei Departements geteilt. Genua teilte nun Frankreichs Geschick, und sein Handel lag,
trotz der Erklärung des Hafens zum Freihafen, wie der von ganz Frankreich danieder.
Nach Napoleons Sturz (1814) erschien 17. April Lord Bentinck mit 9000 Mann vor der Stadt und erstürmte unter Beihilfe einer
englischen Flotte die Forts, welche Genua deckten. Die französische Besatzung unter General Fresia kapitulierte (18. April) und
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räumte die Stadt, die nun von den Engländern besetzt wurde. Am 26. April stellte eine Proklamation des Lords Bentinck die
Verfassung, die vor 1797 bestanden, unter einer provisorischen Regierung wieder her. Aber der Wiener Kongreß vereinigte 1815 die
Republik unter dem Titel eines Herzogtums mit den Staaten des Königs von Sardinien, um dies gegen Frankreich zu kräftigen. Genua
beteiligte sich an den revolutionären Bewegungen von 1821 und 1830 fast gar nicht. Erst im März 1849 entstanden auf die Kunde
vom Abschluß des Waffenstillstandes zwischen Sardinien und Österreich und von der Auflösung der Deputiertenkammer in Turin in
Genua Unruhen. Volk und Nationalgarde bemächtigten sich der Forts und nötigten die Besatzung zum Abzug. Am 2. April traten der
General Avezzana, Davide Morchio und Constantino Reta zu einer provisorischen Regierung zusammen, welche alsbald die
Unabhängigkeit der Republik Genua proklamierte. Aber schon 4. April erschien der General La Marmora mit einer bedeutenden
Truppenmacht vor der Stadt und besetzte nach einem ziemlich blutigen Gefecht die Forts und die wichtigsten Punkte der Stadt.
Darauf bewilligte der König eine Amnestie, von der nur die bereits flüchtig gewordenen Führer des Aufstandes ausgeschlossen
waren.
Vgl. Mailly (gest. 1721), Histoire de la république de Gênes jusqu'en 1694; Canale, Nuova storia della repubblica di Genova (Bd.
1-4, Flor. 1858-64; Bd. 5, bis 1550 reichend, Genua 1874);
Malleson, Studies from Genoese history (Lond. 1875);
Langer, Politische Geschichte Genuas und Pisas im 12. Jahrhundert (Leipz. 1882);
Heyck, Genua und seine Marine im Zeitalter der Kreuzzüge (Innsbr. 1886).
Ende Genua
Quelle: Meyers Konversations-Lexikon, 1888; Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte
Auflage, 1885-1892;7. Band, Seite 116 im Internet seit 2005; Text geprüft am 1.2.2008; publiziert von Peter Hug; Abruf am 20.1.2017
mit URL:
Weiter: http://peter-hug.ch/07_0117?Typ=PDF
Ende eLexikon.
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