Erfahrungsbericht - Akademisches Auslandsamt

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Erfahrungsbericht - Akademisches Auslandsamt
Erfahrungsbericht
Name: Juliane Schuster
Austauschjahr: WS 2012
Gastuniversität: American University
Stadt: Washington, D.C.
Land: USA
Aus Spam-Schutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht,
kann aber im Akademischen Auslandsamt erfragt werden.
Gliederung
1.
2.
3.
4.
5.
Vorbereitungen
Unterkunft
Das Washington Semester Program
Stadt, Umgebung, Freizeit
Soziale Kontakte
1. Vorbereitungen
Die Entscheidung mich für ein Auslandssemester zu bewerben, fiel sehr kurzentschlossen.
Ich hatte bis auf meine Bachelorarbeit bereits so gut wie alle Punkte zusammen, sodass für
mich ein reines Auslandsstudium mit gewöhnlichen Seminaren nicht in Frage kam – zumindest nicht im englischsprachigen Ausland mit hohen Studiengebühren. Aus diesem Grund
erschien mir das Washington Semester Program an der American University als die perfekte
Lösung. Eine Kombination aus Seminaren mit Gastrednern und einem Praktikum war genau
das Richtige für mich.
Mit meiner Bewerbung beim Akademischen Auslandsamt war jedoch nur der erste Schritt
getan. Die Bewerbung bei der American University mit englischem Lebenslauf und Motivationsschreiben, der TOEFL-Test, Stipendienbewerbungen, Impfungen, der Nachweis über
$16,500, etc., all das war mit großem Aufwand verbunden und erstreckte sich über neun
Monate. Wenn man schließlich in den Flieger steigt, hat man sich definitiv bereits ausgiebig
mit dem beschäftigt, was einen erwartet.
Besonders in meinem Fall war der Organisationsaufwand von zuhause aus sehr hoch. Ich
hatte mich nicht nur für alle Stipendien beworben, die die Uni Augsburg zu bieten hat um mit
einem PROMOS-Stipendium belohnt zu werden, ich fing auch früh an mich um ein Praktikum
in Washington zu kümmern. Mit meinen ersten Bewerbungen hatte ich weniger Erfolg. Dank
der Unterstützung von Heather Bromberg, International Student Assistent, die meinen Lebenslauf und mein Anschreiben korrigierte und mir hilfreiche Tipps gab, klappte es jedoch
bereits von Deutschland aus mit einem Praktikum im Broadcast Operations Center beim National Press Club. Unser Professor Gil Klein hatte zuvor eine Liste mit möglichen Praktikastellen geschickt, wodurch ich auf mein Praktikum aufmerksam geworden war. Mindestens
genauso aufwändig war die Suche nach einer Unterkunft.
2. Unterkunft
Im Rahmen des Washington Semester Programs haben Studierende drei Möglichkeiten. Sie
können on campus wohnen, off campus im WISH-Housing (einem Studentenwohnheim im
Stadtteil Woodley Park), oder off campus, indem sie sich selbst eine Unterkunft suchen. Ich
habe mich für die dritte Option entschieden, in der Überzeugung, dass die Angebote der Uni
vollkommen überteuert sind. Ein Bett in einem Dreibettzimmer on campus mit ca. 50 Leuten
auf einem Flur, die sich drei Duschen und drei Toiletten teilen, kostete $3,413 pro Semester,
im Zweibettzimmer $4,663 und im Einzelzimmer $5,845. Hinzu kommt der obligatorische
Mealplan, der von jedem Campus-Bewohner mitgebucht werden muss. Die billigste Variante,
die laut Studierenden vollkommen ausreicht, kostet $1,451 pro Semester, was einem Preis
von $14 pro Essen entspricht. Auch das WISH-Housing erschien mir völlig überteuert. Hier
war man zwar in Zweibettzimmern untergebracht, wobei sich jeweils sechs Leute ein Apartment mit zwei Bädern, einem Wohnzimmer und einer Küche teilten, zahlte allerdings auch
$5,500.
Ich konnte mir schlichtweg nicht vorstellen, dass die Mieten in Washington tatsächlich so
hoch sind, und ging davon aus bei eigener Suche ein Zimmer für ca. $800 zu finden. Ich habe sehr viel Zeit in die Suche gesteckt und stundenlang Wohnungsportale und Craigslist (das
Onlineportal für Alles) durchsucht nach Angeboten, die für mich in Frage kamen. Von
Deutschland aus eine Wohnung/ein Zimmer in Washington zu finden, erwies sich jedoch als
äußerst schwierig. Ich entschloss mich daher vor Ort weiterzusuchen und in der Zwischenzeit couchsurfing zu betreiben. Ich organisierte mir eine Couch für die erste Woche nach
Ankunft, in der Hoffnung in dieser Zeit ein Zimmer zu finden. Schon bei meiner zweiten
Wohnungsbesichtigung hatte ich Glück und konnte noch am selben Tag einziehen. Allerdings in der Preisklasse von WISH-Housing. Für $5,550 hatte ich jedoch mein eigenes wunderschönes und großes Zimmer in einer Zweier-WG (mein Mitbewohner schlief allerdings im
Wohn-/Esszimmer) in bester Lage zwischen Dupont Circle und Foggy Bottom. Die Lage war
perfekt, die Wohnung schön, der Preis horrend – für den Nordwesten Washingtons aber
Standard. Die Gegend um Dupont Circle zählt zudem zu einer der schönsten Wohngegenden in Washington. 15 Minuten Fußmarsch nach Georgetown und zum Weißen Haus, schöne alte Häuser an der Embassy Row und die Nähe zu Ausgehvierteln machen die Gegend
sehr beliebt aber eben auch teuer.
Meine Entscheidung off campus zu wohnen, habe ich zu keinem Zeitpunkt bereut und kann
es nur jedem empfehlen, der die Mühe nicht scheut sich selbst eine Wohnung zu suchen.
Das Erlebnis ist sicherlich ein anderes als mit vielen Studierenden gemeinsam zu wohnen.
Ich hatte dadurch aber viel mehr das Gefühl tatsächlich in Washington zu wohnen und zu
leben als viele meiner Kommilitonen. Da ich ein sehr selbstständiger und unabhängiger
Mensch bin, der gerne auch mal alleine ist bzw. Platz braucht um sich zurückzuziehen, kann
ich gar nicht genug betonen wie sehr sich für mich die Entscheidung nicht in einem Studentenwohnheim zu wohnen gelohnt hat.
3. Das Washington Semester Program
Studieren in den USA ist teuer. Die $16,500 die man vorweisen muss um überhaupt für ein
Semester an der American University studieren zu dürfen, sind sicherlich nicht übertrieben.
Zu den unglaublichen Mieten und den hohen Lebenshaltungskosten was Nahrungsmittel und
öffentliche Verkehrsmittel anbelangt, kommen für das Washington Semester Program noch
$7,185 hinzu. Die Betreuung ist sicherlich gut, die Professoren wissen wovon sie sprechen
und die Gastredner waren hochkarätig. Ich bereue daher keinesfalls mich für ein Auslandssemester in den USA entschieden zu haben, ob die Höhe der Studiengebühren allerdings
gerechtfertigt ist, ist eine andere Frage. Sicherlich hat vieles mit dem Bildungssystem zu tun
und wir können uns glücklich schätzen in Deutschland gute Universitäten zu haben, die
größtenteils vom Staat finanziert werden. Warum eine Universität wie die American University eine Aktiengesellschaft ist und mit unzähligen Immobilien als gewinnorientiertes Unternehmen auftritt, leuchtet mir jedoch nicht ein. Gemessen an amerikanischen Studenten, die
hochverschuldet in den Beruf starten, ist es wirklich ein Privileg für 500€ im Semester eine
erstklassige Ausbildung zu erhalten.
Im Rahmen des Washington Semester Journalism and New Media Programs hatte ich zwei
Seminare, die sich besser mit Schulklassen vergleichen lassen als mit Vorlesungen oder
Seminaren wie man sie aus dem deutschen Uni-Alltag kennt. Auf Anwesenheit und Pünktlichkeit wird viel Wert gelegt und bei unentschuldigtem Fehlen wird mit Punktabzug gedroht.
In der Realität waren unsere beiden Professoren dann aber nicht wirklich streng. Die Klassen-Atmosphäre ist sehr familiär und freundschaftlich. In meiner Klasse waren nur 20 Studenten, in der Parallelklasse ebenso. In etwa die Hälfte waren Amerikaner, die andere Hälfte
waren internationale Studierende, größtenteils Deutsche, Norweger, Franzosen und Asiaten.
Prof. Klein und Prof. Krasnow waren immer sehr interessiert an unserer Meinung, es wurde
viel Wert auf Unterrichtsbeteiligung gelegt und wie wir hinterher erfuhren auch auf persönliche Gespräche in den Sprechstunden der Professoren. Die Enttäuschung von Prof. Krasnow, dass nur sehr wenige Studenten den Weg in ihr Büro gefunden hatten um mit ihr zu
plaudern, verwunderte die meisten internationalen Studierenden, die es wie ich nur gewohnt
waren einen Termin mit dem Dozenten zu vereinbaren wenn es wirklich sein muss.
Unsere beiden Professoren sind selbst Journalisten und haben daher auch ein großes Netz
an Kontakten, das sie zu unseren Gunsten ausnutzten. Unter den 40-50 Gastrednern, die zu
uns kamen oder die wir an ihrem Arbeitsplatz besuchten, waren hochinteressante Menschen, die über sich und ihren Beruf erzählten und gerne unsere Fragen beantworteten.
Ähnlichen Unterricht hatte ich zuvor noch nie erlebt. Auch wenn nicht Lehrinhalte gemäß
Lehr- oder Vorlesungsplan behandelt wurden, konnte ich dennoch viel aus diesen Gesprächen mitnehmen. Gerade wenn man unentschlossen ist was die berufliche Zukunft anbelangt und kurz vor dem Abschluss steht wie ich, ist es hilfreich Lebens- und Berufswege von
anderen zu hören um für sich selbst Schlüsse daraus zu ziehen. Ein Seminar bestand also
aus Gastrednern aus Journalismus und PR, das andere war eine Art Unterricht in journalistischem Schreiben. Wir bekamen Anleitung von Prof. Krasnow wie ein Beitrag auszusehen
hatte und wie man am besten vorgeht, wurden dann aber ins Feld geschickt um zu recherchieren und Interviews zu führen und daraus eine Story zu machen. Diese written assignments waren gleichzeitig auch unsere Prüfungsleistung für das Seminar. Für das andere
Seminar mussten wir ein midterm exam schreiben sowie ein final paper.
Theoretisch hatten wir auch ein Seminar zu unserem Praktikum. Dieses beschränkte sich
allerdings auf zwei Unterrichtsstunden, in denen wir erzählten wie es uns gefällt, was wir zu
tun haben und ob wir es weiterempfehlen würden. Um unserem Professor einen Einblick in
unsere Arbeit im Praktikum und eine Grundlage zur Benotung zu geben, mussten wir am
Ende des Semester außerdem ein internship paper schreiben, eine Reflexion über das Praktikum.
Mein Praktikum beim National Press Club war mit das Beste am Washington Semester Program, nicht nur weil ich Denzel Washington, Michael Phelps und The Who getroffen habe.
Ich durfte Veranstaltungen filmen, das Filmmaterial schneiden und Skripte schreiben. Zusammen mit einer anderen deutschen Praktikantin und drei amerikanischen Praktikanten
arbeitete ich an einem wöchentlichen Rückblick über die Veranstaltungen im National Press
Club. Meine Praktikumstage waren Donnerstag und Freitag, jeweils von 09:30 Uhr bis 17:30
Uhr. Durch mein Praktikum hat sich meiner Meinung nach auch mein Englisch verbessert,
was ich von den Seminaren nicht unbedingt behaupten würde. Montag bis Mittwoch hatten
wir meistens zwei Unterrichtsstunden pro Tag, eine Vormittags und eine Nachmittags, oftmals auch in der Stadt bei Gastrednern. Zeitaufwändig war mein Auslandssemester daher
nicht und auch nur bedingt anspruchsvoll. Artikel ohne journalistisches Vorwissen auf englisch zu schreiben, war sicherlich eine Herausforderung. Andere Studenten, die Punkte für
ihre Heimatuniversität machen mussten und deshalb elective courses oder ein research project belegten, hatten sicherlich ein anstrengenderes Semester.
4. Stadt, Umgebung, Freizeit
Dafür hatte ich mehr Zeit für Unternehmungen. Washington ist eine sehr vielfältige und interessante Stadt. Wer sie als die langweilige, kleine Schwester von New York betrachtet, tut ihr
unrecht. Wenn Washington auch keine Skyline zu bieten hat, das kulturelle Angebot, Sportmöglichkeiten und zahlreiche unterschiedliche Ausgehviertel machen Washington zu einer
sehr attraktiven Stadt.
Wer gerne Fahrrad fährt, kann einen DC bike share Account eröffnen und die Stadt mit dem
Fahrrad erkunden. Vereinzelte Fahrradwege gibt es bereits, aber auch sonst ist die Stadt
einfach und gut zu befahren. Nur während der Rushour kann es schwierig werden, an einem
der zahlreichen Docks ein Fahrrad zu bekommen bzw. einen freien Platz zu finden um sein
Fahrrad abzustellen. Das Gefühl mit dem Fahrrad die Pennsylvania Avenue entlang zu fahren, am Weißen Haus vorbei bis zum National Press Club zählt jedoch definitiv zu den Highlights meines Auslandssemesters.
Neben dem Alltag in DC waren natürlich vor allem meine Ausflüge großartige Erlebnisse. Mit
dem Bus ist man in 4-5 Stunden in NYC und das für $20, wenn man frühzeitig bucht für noch
weniger. Auch ein Ausflug in den nahegelegenen Shenandoah National Park lohnt sich,
ebenso wie nach Baltimore und Philadelphia.
Über Thanksgiving hatten wir eine Woche frei, in der ich es bis zu den Niagara Fällen und
nach Boston geschafft habe. Auch die Flüge nach Miami sind bezahlbar und Mietwägen sind
sowieso billiger als in Europa.
5. Soziale Kontakte
Ich hatte das Glück sehr schnell Anschluss zu finden. Über meinen Mitbewohner, der bei der
Weltbank arbeitete, lernte ich die Menschen kennen, mit denen ich die meiste Zeit verbrachte. Sie arbeiteten größtenteils auch bei der Weltbank, lebten schon seit längerem in
Washington und integrierten mich in ihre Freizeitplanung. Dadurch lernte ich DC von einer
Seite kennen, die mir andernfalls verwehrt geblieben wäre. Auch in dieser Hinsicht bin ich
sehr froh, dass ich mich gegen das Wohnen auf dem Campus entschieden habe.
Natürlich ist man dadurch nicht sofort in eine der Studenten-Cliquen integriert, die sich sehr
schnell am Anfang des Semester bilden, aber ich hatte den Eindruck, dass alle sehr offen
und freundlich waren und es nie ein Problem war sich Unternehmungen anzuschließen.
Teilweise gingen diese natürlich einfach an mir vorbei, weil Studierende, die zusammen
wohnten kurzentschlossen etwas unternahmen, aber ich fühlte mich nie ausgeschlossen.
Wenn ich wollte, konnte ich zu den Partys im WISH-Housing, nach der Uni mit Kaffee trinken
gehen oder was auch immer. Mein enger Freundeskreis, mit dem ich am meisten Zeit verbrachte, bestand jedoch nicht aus Studenten, sondern Freunden, die ich über meinen Mitbewohner kennen gelernt hatte.