VÖLKER- UND VOLKSKUNDE CEB Paranormologie Magie 12

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VÖLKER- UND VOLKSKUNDE CEB Paranormologie Magie 12
C
GESELLSCHAFTSWISSENSCHAFTEN
CE
ANTHROPOLOGIE; VÖLKER- UND VOLKSKUNDE
CEB
Paranormologie
Magie
EINFÜHRUNG
12-2
Magie : Weltbild, Praktiken, Rituale / Leander Petzold. - Orig.Ausg. - München : Beck, 2011. - 175 S. : Ill. ; 19 cm. - (Beck'sche Reihe ; 6015). - ISBN 978-3-406-62150-5 : EUR 12.95
[#2298]
Magie ist ein derzeit beliebter literarischer Gegenstand. Kulturgeschichte,
Volkskunde, Psychologie und Sozialpsychologie, Ethnologie, Religionswissenschaft, selbst Theologie, schließlich die Parawissenschaften wie Paranormologie und Parapsychologie nehmen sich ihrer an: beispielsweise Magie im Alltag (Margarethe Ruff 20031); Magie im Mittelalter (Christa Tuczay
2003,2 Helmut Birkhan 20103); Magie und Religion (Jan Assmann u.a.
20104); schließlich allgemeinere Darstellungen (Bernd-Christian Otto 2011,5
1
Zauberpraktiken als Lebenshilfe : Magie im Alltag vom Mittelalter bis heute /
Margarethe Ruff. - Frankfurt am Main [u.a.] : Campus-Verlag, 2003. - 345 S. : Ill. ;
21 cm. - ISBN 3-593-37380-7 : EUR 29.90 [7599]. - Rez.: IFB 06-1-108
http://swbplus.bsz-bw.de/bsz106754823rez.htm
2
Magie und Magier im Mittelalter / Christa Tuczay. - berarb. Neuausg. - München : Deutscher Taschenbuch-Verlag, 2003. - 395 S. : Ill. ; 20 cm. - (Dtv ; 34017).
- ISBN 3-423-34017-7 : EUR 13.00. - Angekündigt ist: Kulturgeschichte der mittelalterlichen Wahrsagerei / Christa Agnes Tuczay. - Berlin [u.a.] : De Gruyter,
2012 (August). - 380 S. : : Ill. ; 23 cm. - ISBN 978-3-11-024040-5 : EUR 89.95 eine Rezension in IFB ist vorgesehen.
3
Magie im Mittelalter / Helmut Birkhan. - Orig.-Ausg. - München : Beck, 2010. 204 S. : Ill. ; graph. Darst. ; 19 cm. - (Beck'sche Reihe ; 1901). - ISBN 978-3-40660632-8 : EUR 12.95 [#1571]. - Rez.: IFB 11-3
http://ifb.bsz-bw.de/bsz329924494rez-1.pdf
4
Magie und Religion / Jan Assmann ; Harald Strohm (Hrsg.). - München ; Paderborn : Fink, 2010. - 246 S. : Ill. ; 22 cm. - (Lindauer Symposien für Religionsforschung ; 1). - ISBN 978-3-7705-4877-4 : EUR 29.90 [#2166]. - Rez.: IFB 12-1
http://ifb.bsz-bw.de/bsz324929226rez-1.pdf
5
Magie : rezeptions- und diskursgeschichtliche Analysen von der Antike bis zur
Neuzeit / Bernd-Christian Otto. - Berlin [u.a.] : de Gruyter, 2011. - XII, 699 S. ; 24
cm. - (Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten ; 57). - Zugl. überarb.
Fassung von: Heidelberg, Univ., Diss., 2009. - ISBN 978-3-11-025420-4 : EUR
159.90 [#2167]. - Rez.: IFB 12-1 http://ifb.bsz-bw.de/bsz343476819rez-1.pdf
Rainer Schmitz 20116). Wollte man das bibliographische Feld auf den gesamten Bereich des Okkultismus ausweiten, wäre ein Ende der Aufzählung
nicht abzusehen. Für Bilderatlanten zur Magie wird man auf ältere Veröffentlichungen zurückgreifen müssen, was kein Schade ist, denn die schon
bekannten Abbildungen erben sich in der Regel von einem Band zum andern fort; bekannt wurden die Bildbände von Emile Grillot de Givry (1963)7
und Venetia Newall (1974),8 deren Abbildungsqualität allerdings nicht immer
zufriedenstellen kann. Die aktuelle Diskussion ging von Dieter Harmening
(1991)9 und Christoph Daxelmüller (2001)10 aus. Drei ältere Schriften seien
noch angeführt, deren Denkansätze inzwischen eher vergessen als aufgearbeitet wurden: die Veröffentlichungen von Carl Heinz Ratschow (1947)11
und Willy Hellpach (1947)12 sowie, im vorliegenden Band wieder aufgenommen, Will-Erich Peuckert (ein Beispiel: 192813).14
Der Innsbrucker Emeritus für Volkskunde, Leander Petzoldt, trägt zu dieser
Literaturfülle jetzt ein mäßig umfangreiches Taschenbuch bei, das in der Tat
6
Schwärmer - Schwindler - Scharlatane : Magie und geheime Wissenschaften /
Rainer Schmitz. - Köln [u.a.] : Böhlau, 2011. - 403 S. : Ill. ; 24 cm. - ISBN 978-3205-78744-0 : EUR 24.90 [#2315]. - Rez.: IFB 12-2
http://ifb.bsz-bw.de/bsz345701038rez-1.pdf
7
Picture museum of sorcery magic & alchemy / by Emile Grillot de Givry.
Transl. by J. Courtenay Locke. - New Hyde Park, N.Y. : University Books, 1963. 394 S. : zahlr. Ill. - Einheitssacht.: Le musée des sorciers, mages et alchemistes
<engl.>
8
The encyclopedia of witchcraft and magic / Venetia Newall. - New York : Dial
Pr., 1974. - 192 S.
9
Zauberei im Abendland : vom Anteil der Gelehrten am Wahn der Leute ; Skizzen zur Geschichte des Aberglaubens / Dieter Harmening. - Würzburg : Königshausen & Neumann, 1991. - 141 S. : Ill. - (Quellen und Forschungen zur Europäischen Ethnologie ; 10) (Schriften des Freilichtmuseums am Kiekeberg ; 9). - ISBN
388479-621-6.
10
Zauberpraktiken : die Ideengeschichte der Magie / Christoph Daxelmüller. Düsseldorf : Albatros-Verlag, 2001. - 398, [32] S. : Ill. ; 21 cm. - ISBN 3-49196022-3 : EUR 9.90 [7660]. - Rez.: IFB 06-1-107
http://swbplus.bsz-bw.de/bsz09514918Xrez.htm
11
Magie und Religion / Karl Heinz Ratschow. - Gütersloh : Bertelsmann, 1947. 164 S.
12
Das Magethos : eine Untersuchung über Zauberdenken und Zauberdienst ... /
von Willy Hellpach. - Stuttgart : Hippokrates-Verlag, 1947. - 96 S. (Schriftenreihe
zur Völkerpsychologie ; 3/4).
13
Von schwarzer und weisser Magie : Berichte aus einem vergessenen Jahrhundert / Will-Erich Peuckert. - Berlin : Volksverband der Bücherfreunde, Wegweiser-Verlag, [1928]. - 235 S. - (Auswahlreihe für die Mitglieder des Volksverbandes der Bücherfreunde).
14
Das unübersichtliche und selbst in den Fakten keineswegs definitiv bestimmte
Arbeitsgebiet ist nicht zu übersehen ohne das Handlexikon der magischen Künste von der Spätantike bis zum 19. Jahrhundert / Hans Biedermann. - 2., verb.
und wesentlich verm. Auflage, Studienausg. - Graz : Akademische Druck- und
Verlagsanstalt, 1973. - 587 S.
noch eine Lücke schließt.15 Abgehandelt wird in drei Kapiteln, knapp und
übersichtlich, das Gesamtgebiet der Magie: Das magische Weltbild (S. 15 68); Aberglaube und Volksglaube (S. 69 - 99); Magische Praktiken und zauberische Rituale (S. 101 - 136), dazu bietet Petzoldt zwei historische Skizzen: Magie und Zauberei in biblischer Zeit (S. 137 - 140) und Magier und
Scholaren (S. 141 - 153).
Das Faszinosum oder: Was ist Magie? lautet der Titel der Einleitung (S. 7 14). Daß sich Magie ein für allemal, ohne Eingrenzung durch Raum, Zeit
und Kultur definieren ließe, ohne daß die Definition ins unbrauchbar Allgemeine abgleitet, gilt allgemein als ausgeschlossen, wenn auch immer wieder Versuche dazu unternommen werden. Die Encyclopedia of occultism
& parapsychology bemerkt trocken: „The definitions of magic vouchsafed
by the great magicians of mediæval and modern times naturally differ
greatly from those of anthropologists.”16 Ob eine einheitliche Definition des
Magischen überhaupt sinnvoll ist, daran mag man unter Umständen mit
Ernst Jünger auch grundsätzlich zweifeln: „Bei der Verwendung des Wortes
‚magisch’ ist Vorsicht geboten, nicht nur an sich, sondern auch deshalb, weil
es als bequeme Abstellkammer für Erscheinungen dient, die befremden,
aber wenig oder nichts miteinander zu tun haben.“17 Auch Petzoldt verzichtet auf eine allgemeinverbindliche Definition und beschränkt sich darauf,
einzelne Aspekte des Phänomens aufzuzeigen. Er nennt die Magie ubiquitär und entwicklungslos, in ihr gibt es keinen Fortschritt; und unterscheidet
zwei Entwicklungslinien, „eine zauberisch-dämonologische Tradition, die
auch Teufelsglauben, Inquisition, Hexenverfolgung, Spiritismus und Okkultismus umfaßt, sowie eine magisch-naturphilosophische Tradition, die über
die Alchemie zu den modernen Naturwissenschaften führt“ (S. 12). Es mag
sich um eine „anthropologische Grundkonstante“ handeln - aber um das
zweifelsfrei festzustellen, fehlen uns noch exakte historische Daten und
Entwicklungslinien (S. 13 - 14). Unser Büchlein richtet sich an eine größere
Leserschaft und dient im wesentlichen der aufklärenden Einführung - Petzoldt warnt in der Nachbemerkung beispielsweise seine Leser davor, auf
Magier hereinzufallen, die sich durch Zeitungsanzeigen empfehlen. Auch
deutet er die derzeit aktuelle Magie-Diskussion nur an, die, wie man anmerken sollte, bereits 1971 in einem öffentlichen Streitgespräch der Ethnomediziner Lars Clausen und Joachim Sterly vorweggenommen wurde, auf das
zumindest hingewiesen werden mag, da es an entlegener Stelle dokumentiert worden ist.18
Das magische Weltbild beruht in erster Linie auf der Sympathie des Alls:
Mensch und Natur sind im Wesensgrund identisch und alles in der Natur ist
15
Eine unvollständige digitale Fassung des Buches ist im Netz bei Google Books
zu finden.
16
Encyclopedia of occultism & parapsychology / ed. by Leslie Shepard. - Detroit : Gale. - Vol. 2. M - Z. - 1978, S. 548 - 551, Art. Magic; hier S. 551.
17
An der Zeitmauer, Kap. 67. In: Sämtliche Werke / Ernst Jünger. - Stuttgart :
Klett-Cotta. - Abt. 2, Bd. 8 (1981), S. 495.
18
Streitgespräch über die Behauptung der Magie / Lars Clausen ; Joachim
Sterly. // In: Ethnomedizin. - 1 (1971),2, S. 267 - 286.
mit allem verwandt. Das Prinzip wird aufgegliedert, etwa bei James George
Frazer: sympathetische Magie nach dem Ähnlichkeitsprinzip (similia similibus) einerseits, das Prinzip des Gegensatzes (contraria contrariis) andererseits. Übertragung und Nachahmung treten als weitere Prinzipien hinzu. Die
Umwelt erscheint als beseelt, sie wird anthropomorphisiert, die Analogie,
nach der die Welt funktioniert, erlaubt ihre Beeinflussung durch Anwendung
bestimmter Mittel, Handlungen, Rituale, Gebärden, Sprüche im Rahmen
eines kollektiven Glaubenssystems. Die Rituale der Magie und der Hochreligionen sind mithin vergleichbar. Dieser Problematik widmet der Autor ein
eigenes Kapitel. Magie und Religion sind genetisch verbunden. „Denn ursprünglich hatte Magie eine soziale Funktion im Alltagsleben und war nicht
vom religiösen Kult getrennt. Prinzipiell vermag jeder zu zaubern, wenn er
die magischen Worte und das Ritual kennt“ (S. 54). Die Denkformen der
primitiven Magie, der Sympathievorstellung, der Partizipation und der Analogie wirkten noch in der unmittelbaren Gegenwart, weil sie nicht an ein bestimmtes religiöses Weltbild gebunden seien, kann Petzoldt in Anlehnung
an Lutz Röhrich erklären (S. 55). So kennt denn die Geschichte die Weiße
und die Schwarze Magie, entsprechend der Zielrichtung des Zaubers, sozialverträglich oder asozial. Unser Autor illustriert das System durch die Rezeption des antiken Dichters Vergil, der im Mittelalter zunächst als vermeintlicher Künder des Christentums und prophetischer Seher verehrt wurde, in
einem zweiten Überlieferungsstrang aber als Magier galt, und berichtet
nach verschiedenen Quellen über die Mirabilia Virgiliana (Beispiele S. 33 37).
Die frühe Naturwissenschaft ist von der Magie nicht zu trennen. Albertus
Magnus (†1280), Girolamo Cardano (†1576), Tommaso Campanella
(†1639), Giambattista della Porta (†1615) werden genannt und knapp charakterisiert. Dazu die oft erzählten Sagen vom redenden Homunculus des
Albertus und von dem Festmahl im sommerlichen Wintergarten, zu dem
dieser den Kaiser bei Eis- und Schneewetter einlädt - eine Albertus angeheftete Wandersage.19 Ausführliche Berücksichtigung findet der arabische
astralmagische Traktat Picatrix (erste lateinische Übersetzung 1256, Petzoldt nennt eine spanische Übersetzung aus demselben Jahr). „Dahinter
steht ein Weltbild, das davon ausgeht, daß die Emanationen des Makrokosmos unserer Welt durch Zwischenwesen (Dämonen) vermittelt werden,
daß also alles mit allem zusammenhängt und die irdische Welt ihre Entsprechungen im Makrokosmos hat“ (S. 48 - 49). Zu deren Ermittlung dient
die Astrologie. Entsprechend liegt nach dem Picatrix auch die Wirksamkeit
(Petzoldt: der Sinn) von Talismanen in ihrer Verknüpfung mit den Himmels19
Gestattet sei ein Hinweis auf Antonio Francesco Grazzini gen. Il Lasca (Florenz
1503 - 1584), der in der Novelle Der Mützenmacher und der Zauberer ein realistisches und witziges Porträt eines zeitgenössischen Magiers entwirft. Vgl. Unerhörte Begebenheiten / Antonio Francesco Grazzini. Hrsg. von Wolfgang Richter. - 3.
Aufl. - Berlin : Rütten & Loening 1953, S. 372 - 395 und Die Nachtmähler und
andere Novellen / Antonfrancesco Grazzini gen. Il Lasca; … übertragen von
Hanns Floerke. - München ; Leipzig : G. Müller 1912. - (Perlen älterer romanischer
Prosa ; 18), S. 195 - 230.
körpern. „Anliegen des Picatrix ist es, die Geheimnisse der Natur zu entschleiern. Das magische Ritual soll den Adepten zu den Ursprüngen der
Schöpfung führen und ihm die Mittel an die Hand geben, um diese zu beherrschen und für seine Zwecke zu gebrauchen“ (S. 53). Die Entwicklung
steht unter dem Zeichen der interpretatio christiana der alten Götter und
Dämonen, der mittelmeerischen wie der nordischen. Die Schriften der religiösen Auseinandersetzung überliefern reichlich Hinweise auf Gebräuche,
Segen, Beschwörungsformeln, so der ausführlicher behandelte Indiculus
superstitionum et paganiarum aus der Mitte des 8. Jahrhunderts; das
Dresdner Corpus der deutschen Segen und Beschwörungsformeln aus dem
Nachlaß Adolf Spamers umfaßt 28.000 Texte. Doch lasen die hier niedergelegten Listen nicht unmittelbar auf den Volksglauben schließen; oft sind sie
nur regional gültig, oft auch literarischer Natur.
Es folgen Spielarten und Beispiele modernen Aberglaubens. Man erhält einen Einblick in das magische Bewußtsein in Italien und erfährt Einzelheiten
zur berufsmäßigen Wahrsagekunst, zu magischen Büchern für Lottospielen
und Zauberei, zu Astrologie und (allmählich abnehmender) UFOGläubigkeit. Die Phänomene werden historisch abgeleitet und durch ethnologische Parallelen ergänzt. Zu den Ergebnissen gehört, daß sich Trennlinien zwischen Glauben und Aberglauben nicht ziehen lassen. Das durch den
Volksglauben bestimmte, umfangreiche magische Personal zieht am Leser
vorüber: Hexen, Zauberkundige, Teufelsbündner, Freimaurer, Zigeuner,
Schäfer und Jäger. Schließlich die magischen Elemente der Volkstradition Wortmagie, magisches Fliegen und Fahren, Gebotszauber, „Festmachen“,
Jagdzauber, Verwandlungen mittels Riten wie beim Werwolf. Magische
Praktiken und zauberische Rituale haben ihr eigenes Kapitel erhalten. Da
geht es etwa um Divination und Mantik, die Wahrsagekunst und den Blick in
die Zukunft; S. 106 - 108 bietet eine umfangreiche Liste mantischer Praktiken, von „Aeromantia = [Wahrsagen] aus den Luftbewegungen bzw. aus
dem Vogelflug“ bis „Xylomantia = mit Holz“, darunter so skurril anmutende
wie „Tyromantia = mit Käse“ oder „Televisiomantie = aus dem, was das
Fernsehen beim Einschalten zuerst zeigt“ (oder will der Autor uns hier ein
bißchen verulken?). Die Determiniertheit des menschlichen Schicksals
bleibt ein Streitpunkt. Zauberbücher spielten und spielen eine bedeutende
Rolle und sind heute noch im Umlauf, beispielsweise das Romanusbüchlein (1750), über das wir dank der Arbeit Adolf Spamers (1958) gut informiert sind, und das Sechste und Siebte Buch Mosis, über das Will-Erich
Peuckert eine grundlegende Untersuchung vorgelegt hat (1957); schließlich
weitere Schriften, darunter der Schlüssel Salomonis, nachgewiesen seit
dem 12. Jahrhundert, der der Zitation von Geistern dient; und die unter dem
Namen „Höllenzwang“ laufenden Druckwerke.
Der Nutzer solcher Bücher folgt keiner Ideologie: „Völlig heterogene Kulturgüter schließen sich im gleichen Menschen zur Einheit des individuellen
Kulturbesitzes zusammen: christliche Frömmigkeit und magischer Zauberglaube, schulmäßig aufgeklärtes Denken und blindes Vertrauen auf völlig
irrationale Heilmethoden“ (Richard Weiß 1946, zit. Petzoldt S. 116). Den
Schluß bilden die Los- und Würfelbücher und die Buchstabenmagie der Sator-Formel.
Literarische und volkstümliche (mündliche) Tradierung liefen nebeneinander
her und bedingten sich gegenseitig. „Die magische Subkultur unserer Zeit
nährt sich daher keineswegs aus ‚uralter Volksüberlieferung’, sondern sie
entstammt vorwiegend gelehrten klerikalen Kreisen, die ein Wissen weitergaben, das zum Teil bis in die Antike zurückreicht“ (S. 156 - 157). Und das
Fazit: „Aber für eine dauerhafte Lebensbewältigung ist Magie sicherlich kein
hinreichendes Mittel“ (S. 159).
Die für eine Einführung umfangreiche Bibliographie umfaßt 181 Titel, zu
neun Zehnteln in deutscher Sprache, wenige auf Englisch, Latein, Französisch und Italienisch. Das Literaturverzeichnis umfaßt auch die vom Autor
benutzten älteren Quellenwerke und geht daher bis in das 15. Jahrhundert
zurück:
1483 - 1899
1900 - 1945
1946 - 1969
1970 - 1999
2000 - 2008
1483 - 2008
34 Titel
23
27
70
26
181
18,8 %
12,7 %
14,9 %
38,7 %
14,4 %
100 %
Das Register nennt Personen und Sachen sowie die Autoren der Sekundärliteratur.
Das Taschenbuch ist für einen größeren Leserkreis gedacht und wird der
Aufgabe einer allgemeinen Einführung in das Thema voll gerecht. Es stellt
eine so konzise wie präzise Zusammenfassung des Gesamtgebiets der Magie dar, kann in dieser Hinsicht den letzten Stand der Diskussion bieten und
ist daher auch für die wissenschaftliche Information geeignet.
Willi Höfig
QUELLE
Informationsmittel (IFB) : digitales Rezensionsorgan für Bibliothek und
Wissenschaft
http://ifb.bsz-bw.de/
http://ifb.bsz-bw.de/bsz350652279rez-1.pdf