Mit Reverse Factoring gezielt die Einkaufsfinanzierung optimieren

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Mit Reverse Factoring gezielt die Einkaufsfinanzierung optimieren
Finanzierung
Leasing
Factoring
FLF
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Mit Reverse Factoring gezielt
die Einkaufsfinanzierung optimieren
Nachfrage nimmt stetig zu
Stefan Wagner, München
Das Reverse Factoring scheint in der Einkaufsfinanzierung in
Deutschland allmählich Fuß zu fassen. Wenn auch noch exklusiv, so nimmt die Nachfrage am Markt kontinuierlich zu. Das
Produkt zeichnet sich durch flexibel nutzbare Vorteile aus und
erweist sich für potenzielle Abnehmer als ideales Instrument
für gezieltes Working Capital Management.
Factoring als Mittel zur Forderungsfinanzierung stellt in Deutschland
mittlerweile ein etabliertes Finanzierungsinstrument dar, das sich einer
stetig steigenden Nachfrage erfreut.
Eine wichtige Rolle spielt dabei seine
Flexibilität gegenüber anderen Finanzierungslösungen. Denn Factoring
bietet dem Kunden nicht nur mehrere
Leistungen in einem Produkt (umsatzkongruente Finanzierung auf Basis
von angekauften Forderungen, hundertprozentiger
Forderungsausfallschutz und – wenn gewünscht – das
Forderungsmanagement), es lässt sich
auch für verschiedene Unternehmenszwecke einsetzen. Neben dem klassischen Factoring-Verfahren, das die
Abnehmerseite eines Unternehmens
bedient, bei dem das Factoring-Institut
also von seinen Kunden Forderungen
gegenüber deren Abnehmern ankauft
und vorfinanziert, gibt es mittlerweile
auch eine Factoring-Lösung, die auf
die Lieferantenseite eines Kunden zielt.
Da hier nicht die Forderungen des
Factoring-Kunden, sondern seine Lieferantenverbindlichkeiten im Mittelpunkt stehen, nennt man dieses „umgekehrte“ Factoring-Verfahren auch
Reverse- oder Lieferanten-Factoring.
Initiator dieser Form der Zusammenarbeit mit einem Factoring-Institut ist im Gegensatz zum klassischen
Factoring nicht der Lieferant von
Waren und Dienstleistungen, sondern
der Abnehmer. Dieser schließt mit der
Factoring-Gesellschaft einen Rahmenvertrag, in der sich der Factor verpflichtet, revolvierend Forderungen
der Lieferanten des Initiators anzukaufen und vorzufinanzieren. Lieferant
und Factoring-Gesellschaft schließen
ergänzend einen vereinfachten Factoring-Vertrag, der nur die Forderungen
gegen den Initiator umfasst. Die Anzahl der einbezogenen Lieferanten lässt
sich nach den Wünschen des Initiators
abstimmen. Gerade bei international
aufgestellten Factoring-Gesellschaften
besteht die Möglichkeit, ausländische
Lieferanten einzubeziehen. Auf Grundlage des Factoring-Vertrages werden
dem Lieferanten nach Ankauf der Forderungen durch den Factor bis zu 100
Prozent seiner Forderungen an den
Initiator bevorschusst. Hierbei übernimmt der Factor auch den Delkredereschutz für den Lieferanten. Der
Initiator seinerseits bezahlt seine „Lieferantenverbindlichkeit“ zum vereinbarten Zahlungstermin an den Factor.
Vorteile
Je nach Einkaufspolitik sieht sich
der Abnehmer beziehungsweise Initiator verschiedenen Vorteilen gegenüber.
So hat er unter anderem die Möglichkeit, seinen finanziellen Spielraum zu
vergrößern; in Abstimmung mit dem
Lieferanten nimmt er innerhalb der
vom Factor akzeptierten Grenzen längere Zahlungsziele in Anspruch. Die
hieraus erzielte Liquidität setzt er beispielsweise zur Finanzierung des Umlaufvermögens oder zum Abbau von
Finanzschulden ein. Der Umfang der
einbezogenen Lieferantenforderungen
und die flexible Gestaltung der Zahlungsziele ermöglichen dem Initiator
eine gezielte Optimierung seines Working Capital Managements. Alternativ
nutzt der Initiator die durch das
Factoring erreichte sofortige Rechnungsregulierung dazu, verbesserte
Einkaufskonditionen mit seinen Lieferanten zu verhandeln, zum Beispiel in
Form von Skonto. Außerdem kann er
als „sofort zahlender“ Abnehmer beim
Lieferanten auf eine Ausweitung seines
Einkaufsvolumens hinwirken. Bei der
Einbeziehung ausländischer Lieferanten eignet sich Reverse Factoring dazu,
Zahlungen über Akkreditive zu ersetzen. Damit geht eine Reduzierung
der Abwicklungskomplexität einher.
Zudem entfällt die bei Akkreditiven
übliche Anrechnung auf die bestehenden Kreditlinien bei der Hausbank.
DER AUTOR:
Stefan Wagner,
München
ist seit 2002 bei der
Eurofactor AG tätig.
Er leitete zunächst das
Risikomanagement und verantwortet
heute primär den Geschäftsbereich
Vertrieb und Kundenbetreuung.
Im Juli 2007 wurde er zum Generalbevollmächtigten des Unternehmens
ernannt. Seitdem ist er auch Mitglied
des Europäischen Managementkommitees der Eurofactor S. A.
E-Mail: [email protected]
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Leasing
Factoring
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Nicht nur der Initiator, sondern
auch die einbezogenen Lieferanten
profitieren. Neben den üblichen
Vorteilen des Factorings, wie dem
Schutz vor Forderungsausfällen (Delkredere) und der Stärkung der Unternehmensliquidität durch die sofortige
Bevorschussung der Forderungen, besteht durch Reverse Factoring die
Möglichkeit, Finanzierungssätze eines
bonitätsstarken Abnehmers auch auf
den kleineren mittelständischen Lieferanten zu übertragen. Die im Reverse
Factoring vorausgesetzte Bonitätsstärke des Abnehmers kommt damit
auch den Lieferanten zugute. Zudem
lassen sich durch die Reduzierung der
Außenstände an den Initiator zusätzliche Absatzpotenziale freisetzen (Tabelle 1). Die Vorteile, welche der Initiator für den Lieferanten durch das
Reverse Factoring bereithält, ermöglichen ihm also eine verbesserte strategische Lieferantenpolitik, gerade im
Hinblick auf eine engere Bindung des
Lieferanten an sein Unternehmen. Das
Zulieferer-Umfeld erfährt eine Stabilisierung, und die Wahrscheinlichkeit
von Lieferengpässen oder -ausfällen
verringert sich (Abbildung 1). Das
Management der Lieferbeziehung im
Tagesgeschäft bleibt vom Reverse Factoring unberührt. Mögliche Auseinandersetzungen, wie etwa bei Qualitätsmängeln, unterliegen der direkten
Klärung zwischen Abnehmer und
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Tabelle 1: Win-Win Situation durch Reverse Factoring
Vorteile für den Abnehmer (Initiator):
Vorteile für den Lieferanten:
3 Freie Gestaltung der Zahlungsziele
für Lieferantenverbindlichkeiten
3 Working-Capital-Optimierung
3 Ausweitung der Einkaufskapazitäten
3 Verbesserung der Einkaufskonditionen
3 Bindung der strategisch wichtigen
Lieferanten
3 Keine Veränderung der eingespielten
Geschäftsprozesse
3 Sofortige Liquidität durch
Vorfinanzierung der Forderung
4.
Lieferant. Da dem Factor üblicherweise
bereits vom Initiator geprüfte Forderungen zum Kauf angedient werden,
Dr. Norbert Westenberger
Dr. Ulrich Brink
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muss er keine etwaige nachträgliche
Wertminderung angekaufter Forderungen ins Kalkül ziehen.
Ausblick
Justizrat
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Fa
Eurofactor-Reverse.eps
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99096 Erfurt
3 Bindung eines strategisch wichtigen
Abnehmers
3 100 Prozent Schutz vor
Forderungsausfällen
3 Günstigere Finanzierungskosten
aufgrund guter Bonität des
Abnehmers
Abbildung 1: Ablauf Reverse Factoring
BET TE � WESTENBERGER � BRINK
BÜRO MAINZ
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Im Zuge der sehr positiven Entwicklung des klassischen Factorings
beginnt Reverse Factoring als innovativer Ansatz der Einkaufsfinanzierung
in Deutschland Fuß zu fassen. Auch
wenn noch exklusiv genutzt, lässt sich
eine stetig zunehmende Nachfrage am
Markt beobachten.
Die flexibel nutzbaren Vorteile, die
das Verfahren Abnehmern und Lieferanten gleichermaßen bietet, macht
Reverse Factoring für potenzielle Initiatoren zu einem idealen Instrument
zur Optimierung ihrer Einkaufsbedingungen und zum gezielten Working
Capital Management. 7