Wie kann man die Behandlungsmöglichkeiten einer Depression am

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Wie kann man die Behandlungsmöglichkeiten einer Depression am
2. Deutscher Patientenkongress Depression
1.9.2013
Wie kann man die
Behandlungsmöglichkeiten einer
Depression am besten nutzen?
Ulrich Hegerl
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie,
Universitätsklinikum Leipzig
Was ist eine Depression?
Eine häufige,
schwere,
oft gefährliche Erkrankung,
die jeden treffen kann
Nehmen Depressionen zu?
Berentung wegen psychischer Erkrankungen nimmt zu
Atmung
100%
90%
Nerven/Sinne
80%
Skelett/
Muskel/Bindegew ebe
70%
60%
Herz/Kreislauf
50%
40%
30%
39,3
28,5
20%
10%
Stoffw echsel/
Verdauung
Neubildungen
8,6
0%
1983
2002
2010
psychische
Erkrankungen
sonstiges
Quelle: Deutsche Rentenversicherung Bund (2011).Rentenversicherung in Zeitreihen. DRV-Schriften Band 22
Entwicklung der Suizidzahlen 1980 - 2010
20.000
18.000
16.000
14.000
12.000
Anzahl Suizid
(absolute Hfkt.)
10.000
8.000
6.000
4.000
2.000
0
1980 1983 1986 1989 1992 1995 1998 2001 2004 2007 2010
Quelle: gbe-bund; Todesursachenstatistik 23.09.2011
Haupt- und Nebenkriterien nach ICD-10
Suizidgedanken /
Suizidale
Handlungen
Negative und
pessimistische
Zukunftsperspektiven
Verlust von
Interesse u.
Freude
depressive
Stimmung
Gefühl von
Schuld und
Wertlosigkeit
Schlafstörungen
gestörter
Antrieb
Vermindertes
Selbstwertgefühl
und Selbstvertrauen
Appetitminderung
Verminderte
Konzentration und
Aufmerksamkeit
Erscheinungsbilder
Je nach Zusammensetzung der Symptome können
unterschiedliche Syndrome im Vordergrund stehen:
 Gehemmte Depression
 Agitierte Depression
 Somatisierte „larvierte“ Depression
 Wahnhafte Depression
Die Behandlung der Depression
Zentrale Behandlungssäulen:
•
Medikamentöse Behandlung (v.a. Antidepressiva)
•
Psychotherapie
Wirksamkeit für kognitive Verhaltenstherapie am
besten belegt
Weitere Behandlungsverfahren
•
•
•
Lichttherapie
Wachtherapie
EKT
Wirkung bei saisonaler Depression belegt
meist nur im Rahmen stationärer Therapie mögl.
bei schwerer therapieresistenter Depression
Psychotherapie
Wirksamkeit der sog. Kognitiven Verhaltenstherapie am besten
belegt
Bausteine der kognitiven Verhaltenstherapie:
 Aufbau angenehmer Aktivitäten, Abbau von Belastungen
 Tagesstrukturierung
 Korrektur fehlerhafter Überzeugungen
 Verbesserung des Sozial- und Kommunikationsverhaltens
 Problemlösetraining
Nur Minderheit der Betroffenen erhält optimale Behandlung
behandlungs- in ärztlicher
Behandlung
bedürftige
Depressionen
.
100 Pat.
60-70 Pat.
als Depr.
erkannt
(1,2)
30-35 Pat.
ausreichend
behandelt
(4)
15 - 20 Pat.
nach 3 Mo.
compliant
(5)
< 10 Pat.
1) Ustun & Von Korff 1995, 2) Mitchell et al 2009, 3) Wittchen et al 2001, 4) Maginn
et al 2004, 5) Lingam & Scott 2002
Häufige Fragen:
Ist Depression eine richtige Erkrankung?
Ist Depression eine körperliche oder psychische
Erkrankung?
Psychische und körperliche Ursachen:
Zwei Seiten einer Medaille
Psychosoziale Aspekte Neurobiologische Aspekte
Veranlagung
z. B. negative Lebenserfahrungen, Persönlichkeit
Auslöser
z. B. akute psychosoziale Belastungen,
Urlaubsantritt
Depressiver
Zustand
depressive Symptomatik (Erleben und
Verhalten)
Therapie
Psychotherapie
z. B. genetische Faktoren
z. B. Überaktivität der
Stresshormonachse
z. B. Ungleichgewichte
von Botenstoffen (u.a.
Serotonin, Noradrenalin)
Pharmakotherapie
Hinweise auf biologische Mechanismen
• saisonal abhängige Depression
• „Lichtschaltereffekt“
• Tagesschwankungen
• Schlafentzugeffekt
• Rapid- und Ultra-Rapid-Cycling
Depressive Erkrankung: Diagnosen
Einzelne depressive Episode (weniger als die Hälfte der
Betroffenen erlebt nur eine einzelne depressive Phase)
Zeit
dauerhaft beschwerdefrei
Depressive Erkrankung: Diagnosen
Rezidivierende depressive Episode
(phasisch, unipolar, Major Depression)
Dysthymie („neurotische Depression“)
Manisch-depressive Erkrankung
Bipolare Störungen erfordern DRINGEND medikamentöse Behandlung.
Häufige Fragen:
Ist Depression Folge von Arbeitsstreß
(„Burnout“) oder anderen schwierigen
Lebensumständen?
„Burnout“: Karriere eines Begriffs in Deutschland
„Burnout“
oft irreführend
• keine etablierte Diagnose
• nicht häufiger in Hochleistungsbereichen
• meist Ausweichbegriff für Depression
• Krankschreibung manchmal ungünstig
• von Urlaub ist dringend abzuraten
• „Ausschlafen“ kann Depression verstärken, Schlafentzug
wirkt antidepressiv
• stigmaverstärkend
Google Trends
„Burnout“
„Burnout“
(Jan 2004
– Jan 2013)
Suizid und schwere körperliche Erkrankungen
(Webb et al 2012, Arch Gen Psychiatry)
• Hausarztpraxen: n=593 , Jahre 2001 – 2008
• Vergleich von 873 Suizidopfern mit 17460 Kontrollen
• Vorliegen einer der folgenden Erkrankungen: Schlaganfall,
Krebserkrankung, Asthma, kardiovaskuläre Erkrankung, Diabetes
mellitus, Hypertonus, COPD, Epilepsie, chronischer Rückenschmerz,
Osteoporose, Osteoarthritis
• Vorliegen einer dieser Erkrankungen
 bei Suizidopfern: 38,7 %
 Bei Kontrollen: 37 %
z.B. Karzinomerkrankung: bei 3,4 der Suizidopfer und 3,2 der
Kontrollen
Abgrenzung zu psychischen Reaktionen auf
belastende Lebensituationen
Für die depressive Erkrankung spricht:

Affektstarre und mangelnde Schwingungsfähigkeit (meist
spürbar im direkten Kontakt)

Gefühl der Gefühllosigkeit

Innere Anspannung

Schuldgefühle und Ausmaß an Hoffnungslosigkeit

Suizidalität

Wahnsymptomatik (Versündigung, Verarmung)

Verlauf (gab es bereits früher depressive Episoden?)
Depression ist keine nachvollziehbare Reaktion auf schwierige
Lebensumstände!
Häufige Fragen:
Machen Antidepressiva abhängig und
verändern sie die Persönlichkeit?
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EU-Gesundheitsurvey 2010
Behandlungshäufigkeit im Ländervergleich
Frage QD5: Haben Sie innerhalb der letzten 12 Monate Antidepressiva
eingenommen?
16
%
14
12
10
8
6
4
2
0
Häufige Fragen:
Ist längeres Schlafen hilfreich bei
Depressionen?
Überstabile Wachheitsregulation bei
Depression
Wachheitsstadien
Wachheit
0
•Schlaf oft depressionsverstärkend
•Morgentief
•Wachtherapie
•Schlafmangel
manieauslösend
•Psychostimulantien
antimanisch?
A1
A2
A3
B1
B2/3
C
Schlaf
Zeit [15 min]
bei sich selbst Zusammenhang zwischen Schlaf
28
und Stimmung beobachten
Für optimale Nutzung der
Behandlungsmöglichkeiten ist
wichtig
• Depression als eigenständige
Erkrankung zu akzeptieren
• Depression von
Befindlichkeitsstörungen abzugrenzen
• Auslöser von der Veranlagung zu
unterscheiden
• Zusammenhang zwischen Schlaf und
Stimmung zu kennen
Nutzen Sie die guten
Behandlungsmöglichkeiten!

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