Die Schlacht bei Sedan am 2

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Die Schlacht bei Sedan am 2
Die Schlacht bei Sedan
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Die Schlacht bei Sedan
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[U1: Ausschnitt aus einem Theaterzettel, aufgeklebt]
DIE SCHLACHT BEI SEDAN AM 2. SEPTEMBER 1870
OD.: KASPERLS KRIEGERISCHE HELDENTHATEN
Militärisches Schauspiel in 4 Abtheilungen mit Gesang und Tanz *
[U2: Ausschnitt aus einem Theaterzettel, aufgeklebt]
1. Abth.. Die blauen Teufel, oder freiwillig zum Militär.
2. Abth.. Kasperl als Rekrut, Befehl zum Vormarsch nach Sedan und Erschießung eines
Spions.
3. Abth.. Die Entscheidungsschlacht und eine alte Bekanntschaft auf dem Schlachtfelde.
4. Abth.. Gefangenentransport nach Staßburg, Rasttag mit Nachhochzeit u. Ball.
PERSONEN.
Rosa, Wirthin zum „goldenen Stern“ zu Edelsheim bei Straßburg.
An[n]alies, ihre Tochter.
Kasperl, Kellner im gold. Stern, später Fourierschütze bei Hauptmann Miller.
Schorsch grand petit, Zuave.
Kapitain le blanc, Gefangener.
Hauptmann Miller,
Lieutenant Stein, d. bayerischen Armee.
Feldwebel Brummbär,
Itzig Veitel, ein Handelsjude.
Eine preußische Ordonanz zu Pferde.
Gutmann, Lehrer
Zahn, Chirurg in Edelsheim.
Mehrere gefangene Turkos und Zuaven.
Viele Tausend Mann bayerisches, preußisches und französisches Militär, welche jedoch
wegen Mangel an Platz nicht alle auf die Schaubühne kommen.
Die Handlung spielt theils in Edelsheim, im Bivouak und in der Nähe Sedans.
Anonym: Die Schlacht bei Sedan / am 2. September 1870 / od.: Kasperls kriegerische Heldenthaten.
/ Militärisches Schauspiel in 4 Abtheilungen mit Gesang und Tanz.
Theaterwissenschaftliche Sammlung der Univ. zu Köln / Schloss Wahn, Sign. 1174.
Stempel: »Aus der Puppenspielsammlung Wilhelm Löwenhaupt.« Auf der letzten beschriebenen Seite:
»geendet am 20./II. [18]91 geschrieben von K. Eisenreich«. Format: 21,2 x 32,9, gebunden, eingelegt:
1 Bl. mit Aktverzeichnis (einseitig beschrieben).
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[Eingeklebtes Blatt
zwischen U2 und 1]
1ter Akt
rechts
Wirthin
Analies
Kasperl
Auftritte
links
II. Akt
links
Feldwebel
Kasperl
Ordonanz
Jude
2 Jäger
Auftritte
III. Akt
links
Feldwebl [!]
Kapitän
Ordonanz
rechts
Gäste
Magadentor [Marketender]
Kasperl
Hauptmann
Leutenant
IV. Akt
links
Lehrer
Bader
Feldwebl
Hauptmann
Kasperl
Margedenterin
Jäger
Gefangene
rechts
Wirthin
Gäste
rechts
Hauptmann
Lieutenant
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[1]
I. AUFZUG
Ortschaft Edelsheim; rechts Wirthshaus zum Goldenen Stern
Auftritt WIRTHIN.
WIRTHIN. Ach Gott, wie wird es uns ergehen in dieser kriegerischen harten Zeit – ach daß
der unselige Krieg auf kommen mußte; – ja wann mein selliger Mann noch lebte dan hätte
ich doch einen Beschützer meines Hauses, meiner selbst, u. meines Kindes, vor diesen
mißerablen Soldatesken, u. verfluchten Turkos, die man nicht einmal unter die zivilisierte
Menschheit zählen kann – – ja ja meiner selig: Mannes seine Prophezeihung
[2]
mußte in Erfüllung gehen, wie oft sagte er nicht – wirst sehen Analies – Straßburg ganz
Elsaß u Lothringen, fällt mit der Zeit wieder zurück an Deutschland – o daß er es noch
erlebt hätte – aber doch zu was, alte Wunden wieder aufreißen – heda Analies.
Auftritt ANALIES.
ANALIES. Mutter hier bin ich – was soll es sein? –
WIRTHIN.Was es sein soll – daß wirst du gleich hören – nun sage, wie hast du dich resolwiert
[3]
willst du den Kasperl heiratehn oder nicht? –
ANALIES. Aber Mutter, wie kommst du doch wieder auf dieses Thema zu sprechen, daß ist
doch sonderbar. –
WIRTHIN. Nicht gar so sonderbar, wie du wohl glaubst den es ist an der Zeit, daß ein Mann
in die Wirthschaft kommt, denn diese kriegerische Zeit ist nicht geeignet für uns
Weibsleute zu regieren – also was willst du thun?
ANALIES. Ja liebe Mutter, mir wäre der Kasper lieb u. recht
[4]
aber ich meine immer da er ein Deutscher ist – könnten uns noch manche Deutschen
erwachsen – meinst du das nicht auch Mutter?
WIRTHIN. Nein, nein, laß dich daß nicht kümern Kasper ist ein guter, williger, arbeitsammer
Mensch – hat auch schon viel in der Welt durchgemacht u. bedenke, daß auch dein Vater
ebenfalls ein deutscher war, ein guter u rechtschaffener Mann u. dan wer weiß, ob wir bis
dorthin nicht selbst zu deutsche geworden sind.
[5]
ANALIES. Aber Mutter, wie kanst du doch so geringschätzig von unserem tapferen
glorreichen Armeen sprechen.
WIRTHIN. Siehe hin dort, auf Schuise, wie die Tapfern daher laufen die meisten ohne
Waffen, daß kann doch von keiner guten Beteutung sein.
ANALIES sieht nach links. Ja, wahrhaftig, die meisten sind ohne Waffen, was muß das wohl
wieder zu bedeuten haben.
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WIRTHIN. Viel gutes auf keinen Fall – also du weißt meine Meinung – rede darüber mit dem
Kasper. – Je eher ihr hochzeit habt, wie lieber es mir sein wird ab.
ANALIES. Ja, ja, die Mutter hat schon recht – es ist höchst nothwendig daß ich mich
verheirathe u der Kasper ist kein übler Mensch – aber nur seine Nase komt mir immer
noch etwas zu groß vor darüber muß ich ihn schon noch etwas sekieren, nun dort komt er
eben!
[7]
Auftritt KASPERL.
KASPERL. No Analies – wo steckst den alleweil, was hast den alleweil in dir nei z’dischotirn.
ANALIES. Höre Kasperl, wie haben wir es nun mit unserer Heirath – die Mutter will – daß
wir nun bald möglichst Hochzeit machen sollen, – den bei dieser kriegerischen Zeit gehört
ein Mann ins Haus.
KASPERL. No ja, mir is alle Stund recht wen mir zum heiratheln, aber du hast alleweil a so a
ummerdruckerei – bei dir waas ma nit, is dir Muh oder Mah.
ANALIES. Ja mei lieber Kasperl, dass
[8]
kommt eben daher, weil mir deine Nase täglich größer vorkommt.
KASPERL. Ach so, host sunst koan Schmerzen – na brauchst den a noch – du sagst nur von
meiner großen Nasen – aber von meiner großen, großen übermenschlichen Lieb zu dir, –
gell da sagst nix.
ANALIES. Nun, nun, daß weiß ich ja wohl, daß du mich recht von Herzen liebst – deßwegen,
ich wie die Mutter darauf drängen bald Hochzeit zu machen.
KASPERL. No ja i hobs ja gsagt – von mir aus glei morgen – oder waast was Analies machen
[9]
mir glei heut Abend Hochzeit – den mit dem langen warten komt a nix g’scheits raus – den
i bin a scho a alter Esel von a 30 Jahr – u. du bist ebenfalls nima jung – u hast Zeit daßt
unter d’Hauben kummst – aber des sag i dir – wanst a mal mei Frau Weib bist – daßt mir
koa anders Mannsgebild nimer oschaust, sonst hau i die – daß d’Fetzen von dir fliegen.
ANALIES. Was, vor der Hochzeit schon drohst mir mit Schlägen du eifersüchtiger, wen du so
dumm daher redst, dan heirate ich dich gleich gar nicht es gibt schon noch schönere
[10]
als du bist – u. gewiß auch nicht so grob sind.
KASPERL. Was i war dir nöt a mal schö gnur? I, bin doch meiner Mutter ihr schönstes Kind
gwesen ihr oanziger Bua – nu is recht wannst mi net nimst – na geh i schnur grad zum
Millitär, zu dö Jägern.
ANALIES. Um alles in der Welt ses doch nicht gleich so obenhinaus, ich habe es ja, so böse
nicht gemeint.
KASPERL. Aso, no nacha las i mirs gefallen, also magst mi host mi gern – zum narrischwern.
[11]
ANALIES. Natürlich du bist ja mein lieber, mein guter, mein herziger Kasperl ab.
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KASPERL. Gell i hab dirs glernt du franz.: Wetterhex na aber feind ko ma ihr wirkli nöt sei –
dera französisch: Analies. Daß aber so gschwind davo is – gwiß san ihr d’ Wasserburger in
d’Augn kema – u. da hat se sish gschamt – Daß meitwegen gor woan thath.
WIRTHIN Auftritt. Wo steckst du den immer Kasperl gewiß wieder bei der Analies.
[12]
KASPERL. Versteht sich – natürlich – wars den, wo sollt i den sonst sein Frau Muatter –
warrumperl – was is den auskema.
WIRTHIN. Du muaßt jetzt gleich gehen, um dich zu erkundigen, was es wieder gegeben hat,
den immer laufen dort die Landstraßen in aller Eile Zuaven daher, ohne Waffen Tornister
u anderes Millitär, in Truppen.
KASPERL. Ja soll i sagen dazua – sie sollen eikehren – oder sie sollen sich Zeit lassn – daß
nöt fallen.
[13]
WIRTHIN. Ach was dums Zeug – fragen sollst du, was es den gegeben hat – vor 8 Tagen
sind sie in aller Eile Weißenburg zu marschiert – u. heute kommen sie noch eiliger zurück
– daß kann doch von keiner guten Bedeutung sein.
KASPERL. Dös moan i a Fr. Muatta – mir scheint halt – daß es sich ganz so scheint, als
warns auf der Retaterie a Retrati waren – aber sehens dort kumt scho oaner auf unser
Gasthaus zu glafn – den treibt gwiß der Durst zuawa.
[14]
WIRTHIN. Wahrhaftig da bietet sich Gelegenheit Erkundigung einzuziehen.
Auftritt ZUAV.
ZUAVE. Ah, da ist Wirthshaus – geschwinde eine Kanne Wein her – ich Durst habe wie
Ungheuer.
WIRTHIN. Musje, sie sollen gleich bedient werden, aber sagen sie mir doch – was das zu
bedeuten hat – daß sie heute, die Zuven u anderes Militär, in größter Anordnung daher
laufen indem sie kaum vor 8 Tagen Weisenburg zu maschiert sind, u. wie ich bemerkt
habe, sind die meisten ohne Waffen.
[15]
ZUAV. Ach Madam, ich ihnen alles erzählen, doch vorerst muß ich haben Wein, den ich
furchtbar Durst haben.
WIRTHIN. Nun Kasper gehe hole Wein, u die Analies soll eine Mahlzeit zurecht richten.
KASPERL. Ganz recht Fr. Muatta – den Wein muaß i scho zerßt versuachen ob er am End
nit z’stoark is dafür ab.
ZUAV. A dort sein ein schönes Frauenzimmer – daß sein gewiß der Madame Madmoselle
Tochter.
[16]
WIRTHIN. Ja, Musje, daß ist meine Tochter; aber was gedenken sie nun zu thun.
ZUAV. Für heute will ich hier bleiben, u. morgen suche ich mein Regiment auf welches ich in
Belfort zu treffen gedenke.
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WIRTHIN. So in Belfort glauben sie ihr Regiment zu treffen – u. warum sind sie den nicht bei
ihrem Regiment geblieben.
Auftritt von ausen Extember KASPERL.
KASPERL. Fr. Muatter wo habens den an Kellerschlüssel i finden
[17]
nirgends.
WIRTHIN. Ach du Narr, jetzt sucht der Mensch noch imer um den Kellerschlüssel, nun da
muß ich schon selbst gehen will ab.
ZUAV. A Madame nur da bleiben ich ihnen erst erzählen muß von unserem Rückzug von
Weißenburg – ja Madame – wir mußten uns konzentieren rückwärts sagte Makmahon u.
nun daß wir besser
[18]
laufen konten – haben die meisten von uns ihre Gewehre u Tornister weggeworfen um
besser laufen zu können rückwärts.
WIRTHIN. Aber um alles in der Welth sie werden sich doch nicht von den Preußen in die
Flucht haben jagen laßen.
ZUAV. Ja wen die Preüßen allein gewesen wären – ja dan – aber da waren so hellblau dabei –
die waren wie Teufel über uns hergefallen – ich weis nicht mehr wie man sie thut heißen.
KASPERL. Aha dö blaun Teufl lacht ja ja dös warn meine Landsleut
[19]
dös glabi, daß enk dö draufghaut ham durch Sonn u. Mond, daß enk d Stern am Hintern
henke blim san.
ZUAVE. Ja ja blaue Teufel, hat man geheißen sie – u. eisnerableu Turkos waren die ersten
welche Reißausgenommen haben vor blaun Teufel – u. da konnten wir natürlich auch
nicht mehr stehen bleiben u. da mußte unser Marcmahon seine ganze Bagasche nebst
seinen 40 Frauenzimmer u. Toilettengegenständen zurück lassen.
[20]
KASPERL. 40 Frauenzimmer, das is ja übern türkischen Pascha.
WIRTHIN. Ja um alles in der Welt – Kasperl ja was machst du den noch immer hier.
KASPERL. Ja jammern muaß i übern Wakmakmakon seine vieln Frauenzimmer – u. i wea mir
kret oani z’viel wern.
WIRTHIN. Mach dich fort, u. suche den Kellerschlüssel.
KASPERL. Ja würklich auf den hätt i bald ganz
[21]
vergessen – glei wern mirn ham ab.
ZUAVE. Du maladeto – u. ich Durscht haben wie ein Fisch – ja Frau Wirthin daß war ein
schlaues Manöver v. Makmahon – wir wollten die Prüßen, noch weiter hereinlocken ins
Frankreich, um damit wir sie desto hierherer masakrier u. aufreiben konnten.
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WIRTHIN. Gut gut das sind schöne Aussichten; doch ich will nun gehen u. nachsehen, ob
meine Analies ihren Wein u. Essen schon zurecht gerichtet hat ab.
[22]
ZUAVE. Ach das sein gute Leute – da wil ich bleiben u. ein par Tage ausruhen.
Auftritt ANALIES.
ANALIES. So Musje – nun können sie zum Speisen komen – auch eine Flasche Reinwein hat
meine Mutter dazu gesetzt.
ZUAVE. Ach das sein gut – Madmaselle – da will ich mich sogleich darüber her machen –
doch schöne Madmosel komm sie doch etwas nächer her zu mir – du bist also die Tochter
der Frau Wirthin.
[23]
ANALIES. Ja ich bin die Tochter vom Haus u. heiße Analies.
ZUAVE. Analies – ach daß sein ein schöner Name – ich glaube ihn ganz Paris gibt es keine
Analies – aber auch so hübsches Mädchen wie du bist.
ANALIES. O sie Schmeichler – aber so machen es die Soldaten alle, die zu uns kommen
alleine ich bin Braut u. es nützt ihnen wenig – wenn sie gedenken mir die Kur machen zu
wollen.
ZUAVE. Was Braut – bist du – u. wer ist der glückliche Bräutigam, der eine so
[24]
schöne Mamsel zur Madam bekomt.
ANALIES. Unser Kellner – der Kasperl ist mein Bräutigam – er ist zwar aus Bayern gebürtig
– hat aber einiges Vermögen u. ist schon mehrere Jahre bei uns.
ZUAVE. Ists etwa gar der Bursche, der mir den Wein gebracht haben sollte?
ANALIES. Ja, ja dieser ists.
ZUAVE. O mondje – o mondije – der ists? Der scheint mir ein rechter Tölpl zu sein – u. dan
ist er ja auch ein
[25]
Feind unseres Vaterlands – o diesen mußt nicht nehmen – da wäre ich doch eine andere –
eine paßendere Partie für dich.
ANALIES. Ach was fällt ihnen doch nicht ein ich kan doch ihretwegen meinen Bräutigam
nicht laßen.
ZUAVE. Warum den nicht – ich bin ein reicher Kaufmanns Sohn aus Paris. Mit mir machst
du doch gewiß eine bessere Partie?
ANALIES. Sie sind also aus Paris ein reicher Kaufmannssohn.
[26]
ZUAVE. Jawohl – mein Vater hat 5 Häuser in der Stadt – drei große Landgüter for den
Thoren u. 4 Handeslsschiffe auf dem Meere.
ANALIES. Ja sie sind ja schrecklich reich – aber warum sind sie den nur ein gemeiner bei den
Zuaven, wenn sie so großes Vermögen besitzen?
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ZUAVE. Das macht der Patriotißmuß – die vornehmsten jungen Parißer sind freiwillig zum
Millitär gegangen – aber natürlich nur auf Kriegdauer – wenn der
[27]
Krieg zu Ende ist, dan nehme ich meinen Abschied – u. heirathe dich u. da leben wir, wie
im Elisium denn mein Vater gibt mir das größte seiner Landgüter – zwei große Haüser u.
600tausend Franc jährlich zum Verzehren.
ANALIES. 600tausend Franc – daß ist ja ein schrecklicher Reichtum – ja da sind freilich
meinem Kasperl seine 500 Franc gar nichts dagegen.
ZUAVE lacht. 500 Franc – daß ist ja nur eine Pagatelle – da kann er dich ja kaum
[28]
eine Woche ernähren – da ist es bei mir ganz anders – bei mir mußt du stets in Seide u.
Samt gekleidet einher gehen – denn du bekommst eine Kammerjungfer – eine Köchin –
eine Schöße mit zwei arabischen Pferden bespant u. einen prilant Schmuck, der wenigstens
300 Franc wert ist.
ANALIES. Ja das wäre alles prachtvoll u. schön – aber es kommt mir bereits unglaubar vor –
den sie sind kaum eine viertel Stunde hier u. wißen nur, daß ich Analies heiße u. wie[29]
ter nichts.
ZUAVE. Und das ist mir ja hinreichend genug u. ich heiße Schorß Grantpetit – bin 33 Jahre
alt u. der reichste Mann in ganz Paris – komm in meine Arme will sie umarmen.
ANALIES. Ach hören sie doch auf – wenn Kasperl dazu käme.
ZUAVE. Ach mondje – was paßen wir auf diesen Tölpel auf – kom – kom in meine Arme.
Auftritt außen extember KASPERL.
KASPERL. Laß aus – du nixnuziger Zug[30]
aff du – oder i zreiß die in tausend Trümmer.
ZUAVE. Du maledeto Kerls – machst daß du fort kommst – oder ich masakriere dich.
KASPERL. Wos wos – du willst mi fortschaffa aus mein eignen zukünftin Haus – du
französischer Windbeutl.
ANALIES. Ach sei doch nicht so grob mit diesem Herrn – er hat ja in Pariß 6 große Häuser
u. jährlich 600tausend Franc zu verzehren.
KASPERL. Und dös glabst du – du dumi
[31]
Gans – nix hot er alsd’Not 600tausend Mann stark – der Hungerleider.
ZUAVE. Du maledeteo Kerls – jetzt wen du mir nochmals dieses Frauenzimmer beleidigst –
so erschieße ich dich auf der Stelle.
KASPERL lacht. Ja mit was willst den du schüaßn – hast ja dein Schüaßprügel, Tornister u.
Sabl glei weg gschmißn, wie du dö erstn bayrischen Soldaten gsehen host.
ZUAVE. Sakre Diabl nun laß mich sie – über den Maledato will auf Kasperl loß.
[32]
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ANALIES. Ach Hr. Soldat thun sie ihm nichts zu leid – er weis nicht was er sagt – er ist sonst
ein seelenguter Mensch.
KASPERL. Bist jetzt nöt stat – oder i hau di, daß d’Fetzn von dir fliagn.
ZUAVE. Du Maledeto rühre mir mir das Fraunzimmer an – da maßakriere ich dich.
KASPERL. Und ich prügle dich – daßt mögst krepirn – wirst mir no a Wortl sogst – du
duidzug aff du franzö[33]
sischer.
ANALIES. O Kasperl laß doch diesen Herrn in Ruh – den er ist ja ein reicher
Kaufmannssohn aus Paris u. hat ein ungeheures Vermögen.
KASPERL. O du dumi Schneeganz nix hot er der Großsprecher – wann er wos hät war er nöt
bei dö Zugaffen, wo alle liaderlichen Pariserfrüchteln dabei san.
ZUAVE. Was du Maledeto – du willst über das Chor der unüberwindlichen Zuaven
schimpfen – ich bringe dich um.
[34]
KASPERL. Und i bring di um – mit enkzwoa werd der mei glei ferti sei – zerst kriagt der
französische Großsprecher seine Würf u. Strixn gnua – na kum i über di.
Stößt d. ZUAVEN unter extembere hinaus. Besen dem ZUAVEN geben.
ANALIES unterdessen. Um Gotteswillen – Kasper laß ihn doch in Ruh.
KASPERL. Ja ja Schläg kriegst gnua– iatz kommt d Reih an die – mit dem war i firti.
ANALIES. Ach Kasperl – ich bitt dich thue mir nichts zu leid – ich bin unschuldig.
[35]
KASPERL. Ja ja habs scho gsehgn dei Unschuld – du falschfarbiges Weibsgebild.
ANALIES. Aber jetzt machst du mich doch auch bald zornig du eifersüchtiger Kerl – was
kanst du mir den zur Schuld legen, daß ich mit diesen Herrn Kaufmanssohn etwas
freundlich war – daß ist alles.
KASPERL. Geh loß mi aus mit dein Kaufmann – dös Brod wo sei Vater am Vormitag
zambettlt u. nöt daessen ko – dös verkaft er nachmittag wieder – a solcher Kaufmann
[36]
wars sei – geh loß die hoamgeigen – wirst mir noamoi a Wort sogst von dem
Bettelkaufmannssohn, na hau i die do glei, daß d’Fetzn dafo fliagn.
ANALIES. Wenn du es probirst dich an mir zu vergreifen, so kratz i dir die Augen aus – ich
heirate dich gleich gar nicht u. nehme den reichen Kaufmannssohn aus Pariß – den du hast
ja doch nichts als deine lumpichte 500 Frank.
KASPERL. Wos meine 500 Fra solln Lumpe sei – aber iatz baß auf wia i die
[37]
hau.
ANALIES. Rühre mich nur an, dan rufe ich meine Mutter – du bayrischer Knödlfreßer.
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KASPERL. So Knödlfreßer – iatz wer i a bayrischer Knödlfreßer – weilst so an daher glafenen
Zug affn in da Nosn host – so a liaderlichs Parißerfrüchtl – aber is recht – i geh jetzt u. wer
Tambor bei dö bayrischn Kirasir u. da schiaß i alle nixnuzigen Franzosen zam – aber a alle,
daß für a nit oaner mehr überblebt.
ANALIES. Aber um als in der Welt thue doch
[38]
daß nicht – ich bitte dich.
KASPERL. Aha fürchst da scho – du kämst um dein Zugaffn – do host a ganz recht – den
dos is da erst, denn i zambren so u. von dir falschfärbiges Weibsbild will i no an
Handgreiflichn Abschied nehmen, daßt a Zeit lang an mi denkst stößt darauf los.
ANALIES. O weh – o weh – Mutter – Mutter ab.
KASPERL. So der ungetreuen Analies hob i an Ausstand gem, daß z’frieden sei ko – aber iatz
hob i Zeit, daß i abfahr – am End kemens
[39]
alle drei über mi u. ververkretzatn mir mei Fisamigfühl, daß a Freud u. a Schand war – aha
iatz hob is agrat darotn – iatz kumas scho daher – no Kasperl iatz gfreu die – iatz werst die
Speisn rachgieriger Geister.
Auftitt WIRTHIN u. ZUAVE – beide mit Besen
WIRTHIN. Wart du heilloser Lump – du willst meine Tochter schlagen haut drauflos.
ZAVE. Wart du Maledete Kerls – jetzt komen wir dir haut auch zu.
KASPERL. Ja Herschaft wos moants den ös – aber wart iatz gibts Pumpers
Unter exember zuhauen.
SCHLUß.
[40]
2TER AUFZUG
mit Zeltlager
Auftritt HAUPTMANN MÜLLER
LEITENANT STEIN. Das war wieder ein gloreicher Tag – die Franzosen total geschlagen u.
ließen 80tausend Gefangene u. 5 Matrelaisen in unsern Händen.
HAUPTMAN. Ja es war würklich eine Lust zu sehen, wie fröhlich u. kampfesmuthig unsere
jungen Soldaten gegen den Feind vorrückten – freilich haben auch wir bedeutenden
Verluste erlitten – die verdammten Mitreleusen, die Kugelspritzen
[41]
haben mir 20 meiner besten Leute weggebutzt – auch mein treuer Furirschütze Johan ist
unter den Todten.
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LEITENANT. Ja ich sah ihn fallen – der Angriff auf das Dorf Bazell wahr fürchterlich – die
verfluchten Bauern schoßen aus allen Kellerlöchern – sogar auf den Straßen beteiligten sie
sich an dem Kampf – ich hieb einen solchen Kerls die Hand ab – gerade als er auf sie
loßdrücken wollte.
HAUPTMANN. Ich habe es gesehen – ich danke ihnen mein Leben – es war ein schrecklicher
Volkkrieg – Weib u. Kinder
[42]
beteiligten sich daran.
LEITNANT. Ja ich sah es – wie so eine Megera einen bayrischen Jäger mit einen
Pistollenschuß den Kopf zerschmetterte aber die Strafe folgte ihr auf der Ferse nach – den
gleich nach dieser That platzte eine Granate in ihrer Nähe u. zerrieß ihren Leib in tausend
Fetzen.
HAUPTMAN. Das war gut – ihre That veriente eine solche Strafe.
LEUTENANT. A aprobo Hr. Hauptmann haben sie den neu zugegangenen Rekruten schon
gesehen – dieser glaube ich, könnte
[43]
gleich ihres Johanns Stelle einnehmen wie ich bemerkte hat dieser Bursche einen guten
Humor.
HAUPTMANN. Ja ja bei mir muß einer Humor haben – den ich liebe es, wenn einer gute
Einfälle hat – was ist dieser neuzugegangene für ein Landsmann?
LEITENANT. So viel ich weiß, ist er aus München war aber schon längere Zeit in Edelsheim
in einem Dorfe bei Straßburg – sehen sie Hr. Hauptman dort bringt ihn aber der
Feldwebel Gutmann daher.
HAUPTMAN. Richtig – u. schon vollständig armantirt.
[44]
Auftritt FELDWEBEL u. KASPERL.
FELDWEBEL. Ich melde dem Hrn. Hauptmann gehorsamst – daß hier der freiwillige neu
zugegangene Rekrut ist ab.
HAUPTMANN. Gut wie heißt mein Sohn.
KASPERL. A so bin ehna Sohn – no das freut mi – iatz woaß i doch amoi wer mei Vater is.
HAUTMANN. Dummer Mensch daß ist nicht so gemeint – ich halte alle meine Soldaten wie
meine Söhne, wenn sie sich gut aufführen.
[45]
KASPERL. Aber Hr. Hauptmann zu so vielen Buam kehrn doch mehre Muatterl – aoner kanz
ja doch z’stark wern.
HAUPTMANN. Daß ist natürlich – doch wie heißt du?
KASPERL. Hr. Hauptmann ich hoaß wie i scho allweil ghoaßn hob – Kasperl
Zwetschgnberger u. bin aus München.
HAUPTMANN. Aso also ein Münchner Kind?
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KASPERL. Auf zu waschen – Hr. Hauptmann – aber i war scho längere Zeit in Edelsheim in
der Nähe v. Straßburg
[46]
da war i Kellner im Gasthauß zum goldenen Stern – u. hät die Tochter d Analies heirathn
wolln. – Daweil führt der Teufl so an nixnutzign Zuaffn daher, der auf der Retradi war –
von Weißenburg her – u. schnappt mas Madl vor der Nasn wek. – i wär glei ganz rapiat u.
hobs glei alle 3 – Muatter – d’Analies u. den Hrn. Zugaffn ordananzmäßi popartiert.
HAUPTMANN. Das will viel heißen – du hast sie also alle mitsammen recht durchgeprügelt.
[47]
KASPERL. Ja ja – dös habi scho tho – aber zu guater Letzt is d Frau Muatter mitn Besn kuma
u. hat mi ausghaut.
HAUPTMANN. Schäme dich – also von einem alten Weib läßt du dich in die Flucht schlagen
– ja wenn du nicht mehr Gurasch hast, dan kan man dich nicht brauchen zum Soldaten.
KASPERL. Ja Hr. Hauptman – es war ja d’Analies u. da Zugaff a dabei – also warn ehnari
drei.
[48]
LEUTENANT zum HAUPTMANN. Wie glauben sie Hr. Hauptmann könnte dieser Bursche
nicht die Stelle ihres Johans ein nehmen?
HAUPTMANN. Habe auch schon darangedacht – den in Reih u. Glied – scheint er mir doch
nicht tauglich zu sein.
LEITENANT. Nun könen ja einen Versuch machen Hr. Hauptmann
KASPERL. Aha iatz möchtens mi versuachn – no i kant ehna zimli bitter sauer fürkema.
LEITNANT. Höre Bursche – der Hr. Hauptmann
[49]
meint – ob du nicht willst sein Bedienter werden.
KASPERL. Oja bedient möcht i scho gern sei.
LEITENANT. Ach einfälltiger Mensch – das ist nicht so gemeint – der Hr. Hauptmann meint,
ob du nicht sein Furierschütze werden willst.
KASPERL. Na für wier Schütze – könas mi nöt braucha – i gib von nöt gscheid ab.
HAUPTMANN. Laß deine Späße – sage an kanst du Kleider u. Stifel putzen?
KASPERL. O ja das kon i freili
[50]
6 Stiefi putzn u. d Kleider dö klopf i von glei an Leib dro aus; hob erst letzhin an Zugaffn
d Hosn am Leib ausklopft ordentlich.
HAUPTMANN. Nun also bist du mein Furirschütze oder Bedienter – gewöhne dich also an
Gehorsam u. Pünklichkeit – u. du sollst es gut bei mir haben – ach da kommt eine
Ortonanz – was wird laß sein wieder.
Auftritt ORDONANZ zu Pferd.
ORDONANZ. Habe ich die Ehre den Hrn. Batalionsgomendanten vor mir zu sehen.
HAUPTMANN. Ja das bin ich – da
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[51]
unser Hr. Major gerade wegen einer Stichwunde abwesend ist – was wünschen sie.
ORDONANZ. Im Namen seiner königl. Hochheit des Kronprinzen soll ich ihnen den Befehl
zum schleinigen Abmarsch ihres Batalions überbringen – sie sollen in der Richtung von
Schorwill auf die Festung Sedan zu marschieren u. bis morgen Abends sich mit der 4 ten
preußischen Infanterie Brigarde vereinigen – der Kaiser Napoleon ist in Sedan – mit
100tausend Mann seiner besten Truppen – er will die belgische Grenze überschrei[52]
ten u. von dort nach Metz durchbrennen. Deshalb müssen wir energisch
zusammengreifen, damit wir seiner bedeutender Macht gewachsen sind. Doch dies soll
ihm schwer gelingen – den er ist ja rings von deutschen Truppen eingeschloßen, daher es
zu einer großen Entscheidungsschlacht kommen wird – also entschuldigen ab.
HAUPTMANN Das ist über alle Erwartung – aber ich bin auch der Meinung – es soll ihm
nicht gelingen. Doch Hr. Leitnant laßen sie sogleich General[53]
marsch schlagen – u. treffen sie alle Anordnungen zum schleinigsten Abmarsch.
LEUTENANT. Sehr wohl Hr. Hauptmann es soll geschehen ab.
KASPERL. Aber Hr. Hauptmann wo soll oder wos soll i jetzt ofangen – Sie wern mi armes
Moaßlhaus doch nöt alloa zrucklossn wolln – i schreu mi z todt wie a Fatschnkind.
HAUPTMANN. Ja das sieht dir gleich – doch du hilft jetzt bei den Zelten abbrechen – u.
folgst dann mit der Brandwache nach ab.
KASPERL. Aha mit der Brandwache – no do
[54]
werd wahrscheinlich a jeder an dichtign Brand tani hom – no do muaß i scho schaugn –
daß i mir an düchtigen oztudeln kim – aber for allen soll i d Zelt in damitt obrechn –
Donnerwetter u. Hr. Vatter – dös werd nöt so leicht geh, da werds mi hom bei der Maschn
Generalmarsch trommeln Herrschaft was trommelns den – aha Generalmarsch – no der geht
mi nix o – i bin beim Hrn.
HAUPTMAN unter extember ab.
Auftritt JUDE.
JUDE. Na Gats wunder – es wird getrommelt Generalsmarsch – sie marschiern alle fort die
ganze Truppe – aber wohin
[55]
das möcht i wissa – sind sie den scho alle fort.
Auftritt KASPERL.
KASPERL. Na na all sans no net fort – unser oaner is scho a no do – wos willst den du – oder
wos host du den zum rumschnufeln.
JUDE. Na Gats wunder hät ich machn wolln mit dö Herrn von Militär a kleins Geschäftche –
ich hab zu verkofa allerhand schöne Sache – Silberbeschlagene Tobakspfeifa – schöne
Die Schlacht bei Sedan
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Topaksdosa – Schene Messer, Gabel u. noch anders mehr. Kauf er mir was ab – ich geb
alles spotwolfeil.
[56]
KASPERL. Du alter Hebräer – was i gern hät, dös host ja doch nöt.
JUDE. Na wer waß, ob ichs nit habe – sagn sies mir amal – was sie wolla von mir.
KASPERL. No vor allem möcht i a nur a par Maß bayrisch Bier u. a 6 Pfund Schweiners –
schön braten – nebst Rona u. Kartoffisalat.
JUDE. Na mein Herr bin ich a ehrlicher Jud, ich habe u. darf mit solchen Fleisch wo nit
koscher ist – nichts zu thun habn – Sie treibn gewiß nur ihr
[57]
Gespöt mit mir – sagn sie mir lieber, wo marschiern den die Soldaten alle hin u. wie viel
Mann sind bei diesem Regiment – sind se bei diesen Militär da scho lang.
KASPERL. Was geht den dös die ob i lang oder kurz bin u. wie viel Militär do is – host du
alter Jakobsbruder gar nöt z’frogn – weils die nix ogeht.
JUDE. Ha geht mich an gar nicht – bin ech nur so a neugieriger Jüdlich.
[58]
KASPERL. Ja dös hör i – aber wo is denn der jüdische Jud her wenn er fragen darf.
JUDE. Na bei meiner Schama – bin ech a ehrlicher Handelsjüd aus Froschweiler – mir darf er
schon sagn – was ich ihn frage – gewiß bei meiner Schama.
KASPERL. Aber du jüdischer Jakobsbruader dei Neugird kommt mir a bisl verdächti vor –
woast wos du bist mei Restant.
JUDE. Na Gatswunder was fällt ihm ein – bin ech der ehrlichste Mann in der ganzen Gegend
– doch ich muß meine Geschäfte nachgeha – ich habe jetzt nicht Zeit, daß ich mich mit
ihm abgebe.
[59]
KASPERL. Ach recht – macht nix – na gib i mi mit dir ab – vorwörts marsch du jüdischer Jud
– du bist a Spion.
JUD. Na Gatswunder – was nicht gar ein Spion – no Hr. Soldat mach er keine dumme Sache
– u. laß er mich geha meines Weges.
KASPERL. No vorwärts – na gehe er glei mit amal – no weiter u. nöt viel Spasetl gemacht.
JUDE. No Hr. Soldat – Hr. Kasperl – Hr. General ech will ihm macha gewiß epas a schöns
[?], wenn er mich lasst
[60]
laufen.
KASPERL. Forwärts, vorwärts – du brauchst nöt fafa, – mei Hr. Hauptmann werd dirs scho
sagn wirst hoast.
JUDE. Na waß Gott – ich geb ihn ja gern 10 Fra, wenn er mich läßt laufen.
KASPERL. Jetzt hob i gnua – du stinkater Hebräer – marsch fort mit dir – aha grodrecht –
dort kummt grad da Feldwedl daher – iatz wern mir glei firti sei mi dir.
Auftritt FELDWEBEL.
Die Schlacht bei Sedan
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FELDWEBEL. Was ists mit diesem Hebräer – was will der hier im Lager.
[61]
KASPERL. Ja ausfratschln hät er mi wolle wie viel Militär im Lager ist – u. wohin als wir
maschiern u. dergleichen mehr – aber i hob den Vogl glei im Ghang kent, daß a Spinat is u.
hobn glei so dann pokt u. festgehaltn mit Daum u. Zeigfinger.
FELDWEBEL. Gut, daß hast du braf gemacht – wärst auch ghörig dafür belohnt worden?
KASPERL. Ja der jüdische Jud hot mir a 10 Fra versprochn, wenn ihr lafn loß.
FELDWEBEL zum Jud. Gut – also den Mann hast du bestechen
[62]
wollen alter Hebräer – wie heißt du u. wo bist du zu hause.
JUDE. Na Gatswunder – heiße ich Isak Hersch u. bin a ehrlicher Handelsman aus
Sargenmünd.
KASPERL. Na was lügn möchst a no – Herr Feldwedler zu mir hat er gsogt – er sei ausn
Weiher – von dö Frösch außa.
FELDWEBEL. Aus Froschweiler willst du sagen – ja ja ohne Zweifel ist er der berüchtigte
Spion Itzig Veitel aus Froschweiler auf dessen Hinbringung ein Preis von 100 Fra gsetzt
ist.
[68]
JUDE. Auweih gschria – bin ech ganz unschuldig – bin ech a ehrlicher Jud.
FELDWEBEL. Halt dein Maul du Hebräer – du bist es ganz bestimmmt – der Jude Itzig Veitel
aus Froschweiler – ich kene dich durch u. durch.
JUDE zittert imer. Was Gott – durch u. durch kennt mich der Herr – na ich bin wizekapores –
na kann ich nimmer leugnen o weih gschria.
FELDWEBEL. Dir hilft auch kein Leugnen mehr – du wirst ohne alle Umstände
kriegsrechtlich erschoßen – u. du Kasper be[69]
kommst die 100 Fra für die Festnahme dieses berüchtigten Spions.
KASPERL. Juhe! Juhe – iatz krieg i no 100 Fra a für den jüdischen Judn – dös hät i mi lebta
nöt glabt – daß der Jakobsbruader so viel Wehrt war – Hr. Feldwedler do trink mir a par
Flaschn dikrotn auf die Gsundheit dieses jüdischen Juden.
FELDWEBL. Halt ihn nur fest – ich werde die Exekution bestellen – wird bald vorbei sein mit
ihm ab.
JUDE. Auweih Gschria – wizekapores wolln se mich machen – o Gott Jakobs
[70]
Abrahams u. Jakobs steh mir bei.
KASPERL. Halt dei Maul u. lamatier nöt so viel – es is glei vorbei – no hast ferstanden – d
Augen zuadrukt u. s’Maul aufgrißn u. im nagsten Augenblik bist du schon in Abrahams
Wurschtkessel.
Auftritt ZWEI SOLDATEN.
Die Schlacht bei Sedan
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EINER. No vorwärts Jude – mache dich bereit dein letztes Stündlein hat geschlagen – folge
uns.
JUDE. No bei meiner Schame – will ma mech was Gott – wizekapores macha – au weih
gschrieha.
[71]
Mämech – dein Otto führe sie zum Tode.
ANDERER SOLDAT. Halte das Maul – du alter Hebräer wird gleich vorbei sein mit dir –
wenn du unser Pulver zu riechen bekommst ab beide mit JUDEN.
KASPERL. Ach Jüdlich – dösmal bist eiganga – schau – schau – dö 100 Fra san Jetzt
gschwind verdient gewesn – is schod das däs Gschäft nöt besser geht – iatz werds glei
vorbei sei mit ehm einige Schüsse. Aha hat ihn schon, den Mackmachon – wart den muß i a
no a par Rüpestöß gem – zum Dank weg dö 100 fl ab laufend.
AKTUß.
[72]
3TER AUFZUG
mit Wald dan Verwandlung mit Sedan dahinter.
Auftritt ZUAVE u. ANNALIES.
ZUAVE. Es ist nun endlich Zeit, daß du umkehrst u. zu deiner Mutter nachhause gehst –
denn ich kann dich nicht länger mehr brauchen.
ANALIES. Ja um als in der Welt – Schors wie kommst du mir denn vor was fällt dir doch ein
– wo soll ich den hingehen allein – ich verliere dich ja unter den vielen Soldaten.
ZUAVE. Du sollst mich auch verlieren u. nicht mehr finden – ich habe dich nun lange genug
mit mir herumgeschlept.
[73]
ANALIES. Um Gottes Willen Schors – was ist das für eine Sprache gegen mich – die alles
deinetwegen verlaßen hat – die Mutter, die Heimath u. den Kasperl, der mich so treu u.
aufrichtig liebte.
ZUAVE. Aber warum warst du auch so dum u. leichtgläubig ich will dir nur die Augen öffnen
u. will dir sagen – daß es mit meinem Reichthum nicht so weit her ist – wie ich dir
vorgelogen habe.
ANALIES. Was? – bist du nicht ein reicher Kaufmansohn aus Paris.
[74]
ZUAVE. Ach Gott bewahre – ich habe kein Haus u. keine Franken Geld.
ANALIES. Gerechter Himmel – so schändlich hast du mich betrogen – also dein Vater-
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ZUAVE einfallend. ist kein Kaufman – sondern ein alter Scherenschleifer aus der Vorstadt
Bellewill – der selbst nichts hat als einen Schleiferkarren und einen alten Hund.
ANALIES weinerlich. O Mutter – o Kasper euch konnte ich verlassen wegen eines so
leichtsinigen großsprecherischen Menschen. O ich thörichtes leichtgläubiges Mädchen.
[75]
ZUAVE. Nun sage ich es dir in allem Ernst u. zum letzten Mal – daß du umkehrst
leichtsinniges Mädchen – wärst du zu hause geblieben bei deiner Mutter wäre dir besser
angestanden.
ANALIES. Ach Gott jetzt machst du mir gar noch Vorwürfe – hast du schändlicher
Großsprecher mir nicht immer hoch u. theuer geschworen mich zu heirathen – u. habe ich
nicht deinetwegen alles verlaßen was mir lieb u. theuer war.
Trommeln.
ZUAVE. Hörst du – mich ruft die Pflicht – jeden Augenblick kan der Tanz losgehen, lebe
wohl du thörichtes Mädchen, ich muß zu meinem Regiment eilen ab.
[76]
ANALIES. O Gott wie schändlich hast du mich betrogen hier stehe ich nun – verlassen von
Gott u. Menschen – umringt von kämpfenden Militär – ich weis nicht – wo an – wo aus –
o möchte doch eine Kanonenkugel oder eine Granate meinem leben ein Ende machen.
Außen Schüße, trommeln, blasen. Ein Schuß auf die Bühne.
ANALIES. Ach Gott ich bin getrofen – o ich sterbe gerne.
Fällt zur Culisse hinaus.
Kampf gegenseitig mit DEUTSCHEN u. FRANZOSEN – nach dem Kampf Auftritt KASPER.
KASPERL. Donnerwetter iatz is ja doch zum herwern higricht – do fliagn jo dö
[77]
blaun Bohna uma nanda als wir bei mir dahoam im Juni d’Maikäfer.
Auftritt zwei TURKOß. Dringen auf KASPERL unter extember ein.
KASPERL. Aso – recht guatn Abend wünsch i – so wards ös gsoffn ös bluatwürschtigen
Hauswürschte.
Kampf mit Absatz, BEIDE fallen.
Gell i hobs enk zoagt wia i hoaß halt i glab der braucht a no a bar neubachni.
Stößt daraufhin; sieht hinter Colisse.
Ja mei liabe Hinni – wos liegt den iatz do – gar a Fraunzimmerl mauserltoud – a für dö is
schod – dös muaß a schönes Schnaperl gwesen sei – hui sie du sans würklich scho toud.
Die Schlacht bei Sedan
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[78]
ANALIES ausen. Gott im Himmel, welche bekannte Sprache!
KASPERL. Ja um als in der Welt – dös is ja d’Analies – Analies bist dus den würklich – mei
ungetreue Analies – ja wie kimmst den jetzt du bis daher nach Sedanibus – im größten
Spritzen Kugelregen.
Auftritt ANALIES.
ANALIES. Ach der lügnerische Franzos hat mich schändlich belogen u. betrogen u. mich
armes Geschöpf bis hieher mit sich geschlept, um mich hier schändlich zu verlassen.
KASPERL. Siagst daß, do hast daß – mit dein sauberen
[79]
Hrn. Kaufmanssohn – du dumi Gans.
ANALIES. Ach Gott er ist kein Kaufmannssohn – hat kein Haus u. kein Geld – ach ich muß
meinen Leichtsinn theuer büßen.
KASPERL. Gell Schneegans dumi – mir host daß nöt glabt – daß er a rechter nixnutziger
Großsprecher is.
ANALIES. O mei Kasperl hätt ich dir doch geglaubt – kanst du mirs denn nicht verzeihen –
es reut mich ja tausendmal, daß ich mich von diesem schlechten Menschen so bethören
ließ u. dich – wie auch meine gute Mutter verließ – welche in tausend Ängsten um mich
sein wird.
[80]
KASPERL. Deiner alten Wetterhex gschichts grad recht worum hats a glei dem französischen
Windbeutl gholfa – u. mi glei mit Stallbesen ausgjagt.
ANALIES. Ach sie wirds ebenfals schon oft bereut haben u. ich weiß gewiß – sie würde dich
mit Freuden als ihren Schwiegersohn aufnehmen – ach lieber Kasperl sei daher wieder gut
u. bringe mich nachhause zu meiner Mutter u. alles kan wieder gut werden.
KASPERL. A do schau her – iatz war i wieder guat gnua, weil die dei liaderlicher
[81]
Franzos sitzen hot loßn – wia ogwurzelt.
ANALIES. O mein lieber mein lieber herzens Kasperl o ich bitte dich um alles, was dir hoch
u. theuer ist – verlaße mich doch iatzt nicht in meiner größten Angst und Not.
KASPERL. Ho ja dös is als recht – aber i kan jetzt nix machn – den i bin Soldat u. muaß hin,
wo mei Hr. Hauptman hingeht also geh na dazeit dort naus hinter dem zamgschoßna
Bagascha Wogn- u. bleib dort bis i die hohl – so u. jetzt fahr ab Criseltis – dort kummt
scho mei Hr. Hauptman u. sei Ordonanz – dö brauchen, die nöt z’sehgn –
[82]
ANALIES. Nun ja ich gehe schon – aber Kasperl ich bitte dich – verlaße mich doch nicht ab.
KASPERL. So san dö Madln alle – losts oaner sitzen – gehens an andern d Hemd, der solls no
wieder loß machn.
Die Schlacht bei Sedan
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Auftritt HAUPTMANN u. LEUTENANT.
HAUPTMANN. Wier haben abermal gesigt – Dank dem Mut u. der Kampfbegierde unserer
tapferen Truppen – ja sie machen sich mit wahrer Todesverachtung auf den Feind.
LEUTNANT. Ja es ist wahr u. die 3te Kompagnie der Jäger hatte unseren Anstürmun[83]
gen der Kawaleri auszuhalten – den mit dem Mut der Verzweiflung stürmten die
französischen Reiter theils Chrtronen [Schwadronen] – in Schwärmen heran u. suchten
durch die Infanterie durchzubrechen – doch nirgens gelang es ihnen – die von den Kugeln
nicht niedergestrekt wurden – glitten an den Pferden hinunter – um sich das Leben zu
retten.
HAUPTMANN. Ja ja die Höhen von Floing – besäht mit todten Mannschaften und Pferden
von Freund u. Feind geben hinlänglich Zeugniß von dem Todesmute mit welchem dort
gekämpft wurde.
[84]
LEUTNANT. Ja so oft auch die französischen Husaren schaffonörs u. Kirasiern ansprengten
– immer wurden die durch die wohlgezielten Salven unserer Guarers zurück getrieben.
HAUPTMANN. Ah – es war ein prachtvoller Anblick – die ganze Reihe von Baterien; 120
Geschütze an der Zahl – alle in heftigsten Feuer – dazwischen das Hurah rufen – die
kleinen Gewehrsalven – die Siegnale von überall her – ja es war jauchzende Kampfeslust.
KASPERL. Ja ja Hr. Hauptmann es war würk[85]
lich zum herwern higricht.
HAUPTMAN. A – mein Furirschütze – du da – ja wo warst du den während der Schlacht?
KASPERL. Ja Hr. Hauptmann i war alleweil bei mir herbei – u. wia i gsehng hob – daß d
Franzosen Fersngeld gem – na hob i mir denkt – no iatz brauchens mi nimma – u. hob nur
mehr von der Weiten zugschaut – denn in der Entfernung hob i mir denkt – nimt sich do
Gschicht viel besser aus.
HAUPTMANN. Nun da hast auch wohl gethan –
[86]
aber zum Plündern auch – Hr. Leutnant nun verspire ich erst, daß ich einen gewaltigen
Durst bekommen habe.
LEUTNANT. Thut mir leid Hr. Hauptmann daß ich mit dem Inhalt meiner Feldflasche sie zu
erquikcken nicht im Stande bin – da ich dieselbe bereits gelehrt habe.
KASPERL. Ja Hr. Hauptmann mei Feldflaschn ist ebenfalls scho seid 14 Tog so truka – als
wiar a abgschoßner Büxenlauf – aber Hr. Hauptmann grod fallts mir ei – forhin hob i a
französische Margatänterin dort nüber lafn sehenz dö kant am End doch a biserl wos
[87]
zglugerirn haben.
HAUPTMANN Nun das wäre gut – also sehe – ob sie nicht etwa einen Liquer, Rotwein oder
sonst etwas für uns zur Ergwikung hat – bringe die Margedenterin nur hieher – alons spute
dich.
Die Schlacht bei Sedan
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KASPERL. Zu Befehl Hr. Hauptman – wer mirs glei hom bei der Maschn ab.
LEUTNANT. Ein komischer Kerl – aber doch ein verläßliger Bursche – wie mir scheint.
HAUPTMANN. Daß ist er wohl – aber zum aktiven Dienst muß ich ihn würk[88]
lich für untauglich erklären; den man kan mit ihn kein ernsthaftes Wort sprechen – u.
dabei so verflucht vergessen, daß es ein wahres Maler ist mit im.
LEUTNANT. Nun Hr. Hauptmann – würden ihm gewiß keinen großen Zorn verursachen,
wenn sie ihn vom Militärverband entlaßen würden.
Auftritt ORDONANZ zu Pferd.
ORDONANZ. Ich habe Hrn Hauptman Müller zu melden – daß das Generalkomando
befohlen hat, daß sie mit ihren Patalion 500 gefangene Turkoß u. Zuaven – mit der Bahn
[89]
te
nach Straßburg zu eskortieren haebn, indem die ganze 4 Brigade u. der größte Teil der
Arme auf Paris zu maschirt.
HAUPTMANN. Sehr wohl Hr. Atiotant – soll geschehen.
ORDONANZ. Die Gefangenen werden in einigen Stunden hier ankommen – Gott befohlen
Hr. Hauptmann ab.
HAUPTMANN Hm – zum Teufel auch mit dem Transport – zehn mal lieber wäre ich mit der
Armee nach Paris marschiert – aber nun Gehorsam ist des Soldaten erste Pflicht. –
[90]
LEUTNANT. Wäre mir auch so Hr. Hauptmann aber wir haben uns zu fügen – doch sehen
sie – dort kommt ihr Furir mit der Margadenterin.
HAUPTMANN Würklich – was aber auch diese frz. Margadenterin im deutschen Terrin zu
suchen hat.
Auftritt KASPERL u. ANALIES.
KASPERL. No so mach no koa solche Faxen – mei Hr. Hauptmann is a kreuzbraver Mo.
ANALIES. Ach Kasperl ich bitte dich laß mich laß mich –
[91]
HAUPTMANN. Nun was ist mit dieser Margadenterin wie kommt denn diese ins deutsche
Terein.
KASPERL. No Analies – gib Antwort.
ANALIES. Ach um alles in der Welt ich getraue mich nicht – o Kasperl rede du für mich.
KASPERL. So do bin i wieder – dir Guat gnua. No jo sehens Hr. Hauptman – dös is dö
Tochter der Frau Wirthin vom goldenen Stern zu Edelsheim a Stund von Straßburg – dö
hat vor 3 Wochen an Spatzirgang ogfangt u. is von ihrer Muata fortganga – aber natür[92]
li nöt alloa u. kommt da alleweil weiter u. weiter u. bis nach Sedanibus – von wo aus sie
nimma hoam gfunden hat.
Die Schlacht bei Sedan
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HAUPTMANN. Ach ich verstehe dich – dann ist dies die Weibsperson von welcher du mir
schon erzählt hast – u. wegen welcher du bei uns zugegangen bist.
KASPERL. Ja ja – dö is scho.
ANALIES. Ach Hr. Hauptmann ich konte es unmöglich länger zu Hause bei meiner Mutter
mehr aushalten – ich mußte mich aufmachen, um meinen Kasperl im Felde aufzu[93]
suchen.
KASPERL. O Du ausglogni Kartatsche – ja dem nix nutzign Pariserfrüchtl bist nachglafa –
den Zugaffn – aber nöt mir.
HAUPTMANN. Diesen Glauben habe ich auch.
ANALIES. Ach Hr. Hauptmann ich gestehe – dieser Zuave war auch viel mit Schuld, daß ich
von Zuhause fort bin – allein bald genug kam ich zur traurigen Einsicht, daß mich dieser
elende Zave nur in das größte Elend zu bringen suchte – daher ich in allen Ernst bemüht
war, meinen getreuen
[94]
Kasperl aufzufinden – u. ihn um Verzeihung zu bitten – ach Hr. Hauptmann – ich bitte sie
– machen sie meinen Fürsprecher bei ihm.
HAUPTMAN. Ja meine Gute Madmoselle – das geht nicht so leicht an – da mir eure
Verhältniße zu wenig bekannt sind.
ANALIES fällt auf Knie. O so bitt ich dich mein Herzenskasperl verzeihe mir meinen
jugendlichen Leichtsinn – u. nim mich wieder an u. auf als deine liebe Analies als deine
Braut – ich schwöre dir ewige Liebe und Treue.
KASPERL. Stat stat mit deiner
[95]
Schmirberei u. deiner Ewigkeit – dö als wa a Zwirnkneil is – wo mitten dein s Trum
ausgeht.
ANALIES. Nein mein Kasperl – das geschieht gwißnimermehr– o ich bitte dich laß dich
erweichen – u. laße mich wieder deine liebe Analies sein.
KASPERL. No wos will i jetzt macha – so muaß i mi halt doch als guater Herr um die
onehma – aber iatz fallts mir recht wieder ei, daß i gar nix – aber a gar nix für die thoa ko –
denn i bin ja Soldat u. muaß iatz
[96]
hin – wo mei Hr. Hauptmann hingeht.
ANNLIES. O ich armes Geschöpf! wie wird es mir ergehen.
HAUPTMANN Allerdings befinden sie sich in einer sehr üblen Lage – denn es besteht der
strenge Befehl – keine ledigen Fraunzimmer beim Regiment zu gedulden nur unter dieser
Bedingung kann sie mitkommen, wenn du dich entschlüßen kanst – sie als deine Braut
anzuerkennen u. auf der Stelle heurathen.
ANALIES. Ach ja Hr. Hauptmann – das ginge an.
KASPERL. O doschau – dös that dir ein-
Die Schlacht bei Sedan
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[97]
leuchten – aber wer steht mir guat dafür, daßt mir nöt wieder Kreuzspring machst – u.
dich wieder an nächsten besten Turkuß oder Zugafn hinhengst.
ANALIES. Nein nein das geschieht gewiß nicht mehr – den ich bin gewitziget genug u. über
dies sind wir ja schon Brautleute – laßen wir uns schnell kupalieren – dan sind wir Weib u.
Mann.
HAUPTMAN. Nun Kasperl gebe deine Meinung mir kund – damit ich mich für euch
verwende.
KASPERL. Jano was will i macha. Sie ist
[98]
halt doch a rechts liabs nöts schös Trutscherl u. i kans jetzt doch nöt unter den vieln
Soldaten u. miten unter dö Turkuß u. Zuaven sitzen loßn – nu so seis – na bist halt wieder
mei liabi Analies u. mei Braut mitn Frau manterl Kraut.
ANALIES. O mein herzens Kasperl – wie will i dir dankar sein – ach Hr. Hauptmann wen ich
sie bitten dürfte – um ihren gütigen Beistand in dieser unserer Heríraths Angelegenheit.
HAUPTMAN. Nun da ich sehe – daß sie ihren großen Fehler wahrhaft bereuen, so will ich
[99]
mich euer annehmen – ich werde mit den Feldpater Srücksprache [!] nehmen u. seid ihr
verheirathet, so können sie morgen mit komen, da ich Befehl habe mit meinem Batalion
500 Gefangenen nach Straßburg zu eskortieren.
KASPERL. Analies wos sogst iatz, daß so weit kuma is.
Auftritt FELDWEBEL u. frz. KAPITÄN.
FELDWEBEL. Ich melde gehorsamst, daß hier ein gefangener Kapitän unterzubringen ist.
HAUPTMANN. Nun mein Herr – da war ihnen das Kriegsglück auch nicht günstig.
[100]
KAPITÄN. Es blieb uns nichts besseres zu thun übrig – da wir gänzlich von Deutschen
Armeen eingeschloßen waren – als mit meinem Kaiser mich zu ergeben.
HAUPTMANN. Wieso mit dem Kaiser?
LEITENANT. Also würklich mit dem Kaiser?
KAPITÄN. Ja wissen die Herren – noch nichts dafon, daß sich der Kaiser mit samt seiner
großen glorreichen Armee gefangen gegeben hat?
HAUPTMANN Nein, – das ist uns eine große Neuigkeit, wir wußten nichts da[101]
fon – denn wir waren am äußersten linken Flügel – wußten sie auch nichts davon
Feldwebl!
FELDWEBEL. Ich hörte wohl dafon – aber ich konnte es kaum glauben ab.
HAUPTMAN. Gut Hr. Leutnant bringen sie den Herrn Kapitän zu den übrigen gefangenen
Hrn. Offiziere.
LEUTNANT. Sehr wohl Hr. Hauptman – komen sie Hr. Colege ab. ab.
HAUPTMAN. Nun wird der Krieg bald beendet sein.
Die Schlacht bei Sedan
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[102]
KASPERL. No es ist gscheider a – denn ohne mich kantes ja doch nima viel ausrichtn – aber
Analies dort schau hin – do bringans oan – do wanns dir nöt graust.
Auftritt FELDWEBL mit SCHORS, die Hände auf dem Rücken gebunden.
FELDWEBL. Ich melde Hrn. Hauptman, daß dieser Gefangene so eben einen seiner
Mitgefangenen die Geldbörse aus der Tasche gestohlen hat – daher habe ich ihm die
Hände auf den Rücken gebunden – was soll mit ihm geschehen.
KASPERL. Ja u. mei Analies hot er mir a entführt – der Lielienknicker – der – der – der.
[103]
ANALIES einfallend. Ja Hr. Hauptman – das ist der Elende, der mich so schändlich betrogen
hat –
SCHORS. Diese Weibsperson ist mir von selbst nachgelaufen – von Straßburg her – u. das
Porteme habe ich mir genommen, weil es mein Eigenthum war – der Spitzbube von
Kamerad hat es mir vorher gestohlen.
HAUPTMANN. Ruhig! also er ist der jenige der diese Schandthat an diesem Mädchen
begangen hat u. durch diesen Diebstahl hat er seine schandvolle Handlung noch
vergrößert – da er seine eigenen Kameraden
[104]
bestiehlt – wie ist sein Name u. bei welchem Regiment –
SCHORS. Von zweiten Zuaven Regiment 4ten Batalion 3ten Kompagnie – mein Name ist
Schors Grandpetit.
KASPERL. Hr. Hauptman – derf ihn nöt glei zreißn in tausend Fetzn – den der Zorn steigt
mir scho bei alle [?]löcher rauß.
HAUPTMAN. Gedulde dich nur Kasperl – er wird seine Strafe sogleich erhalten – Feldwebel
der Hr. Leutnant soll
[105]
6 Mann komantirn u. diesen Schurken dort an einen Baum stellen u ihn ohne weiteres
erschüßen laßen.
KASPERL. Dös will i alles a bsorgn – i schüaß ehm sei großsprechati Waffel mitn
auseinander.
HAUPTMANN. Du kannst bei den 6 Mann antretten also forwärts Marsch!
FELDWEBL. Kehrt euch, vorwärts marsch.
Ab mit SCHORS.
HAUPTMANN. Du Kasper komst – später mit deiner Braut auf mein Zimer, damit der
Feldpater euch vorbereite zur
[106]
baldigen Kupelation ab.
KASPERL. Ganz recht Hr. Hauptmann glei kum i wie i den Kerls aus der Welt exbitirt hob.
Die Schlacht bei Sedan
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ANALIES. Mein Kasperl – du darfst dein Gewissen mit keinem Mord belasten. Die Strafe
Gottes hat ihn ereilt u. wird ohne dich auch erschoßen werden – du gehst mit mir zum
Hrn. Feldpater – wie es der Hr. Hauptman haben will.
KASPERL. Recht host Analies – u do loßn mir uns gern kupeln – na kims mir
[107]
nimmer aus – dös woaß i gwiß.
ANALIES. Kom – kom – dort komen sie schon mit dem Zuaven – ich kann ihn nicht
erschüßen sehen – mache fort – fort.
KASPERL. Ja ja todt – tot schüaßnsn – geh no sonst wann mir der Zorn kam müaßtn als a
todter no peitln ab. ab.
Auftritt FELDWEBL mit SCHORS mit verbundenen Augen. ZUAVE kehrt sich um.
FELDWEBL. Achtung! Hebt den Säbel in die Höh.
6 Schüsse gehen ab. SCHORS fällt. FELDWEBL ab.
[108]
Auftritt KASPERL
KASPERL. Hr, Feldwedler – i ko mi nöt dahalten – i muaß dem Zugaffn als Touder no zu
guater Letzt a par aufi salzen – so du elender Schnupft iatz woaß is gewiß – du entführts
mir nimmer mei Analies.
AKTUß.
4ter AUFZUG
Dekoration wie im Iten Akt.
Auftritt LEHRER u. BADER.
LEHRER. Also in Paris haben sie die Republick proglamirt – daß Kaiserreich ist zum Teufel –
so ließ man heute
[109]
in allen Zeitungen.
BADER. Ja u. nun wollen sie es wieder mit der Republick probieren – doch ich fürchte immer
– es wird nicht lange dauern, den ich hörte, daß auch Straßburg belagert u. pompatirt
werden soll.
BADER. Ja ja es wird wohl so kommen, wie ich immer schon prophezeit habe – ganz Elsaß
u. Lotringen wird noch an Deutschland zurückfallen, dem es früher eine Reihe von
Jahrhunderte angehörte – den unsere Voreltern waren ja gewiß selbst gute Deutsche.
Die Schlacht bei Sedan
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[110]
BADER. Ja gewiß da haben sie recht – ich hatte würklich selbst recht satt an der
französischen Wirtschaft.
Auftritt WIRTHIN.
WIRTHIN. A guten Tag meine Herrn – ich habe sie lange warten laßen müssen – aber seid
denn meine Analies fort ist – weis ich mir vor Arbeit kaum zu helfen – soll ich den Herrn
ein Glas Wein bringen?
LEHRER. Wein für jetzt nicht – wir werden noch einen Spatzirgang zur Bahn machen –
haben sie noch keinen Kellner.
[111]
WIRTHIN. Leider nicht – d den Kasperl – die treue Seele, vermiße ich sehr.
BADER. Ja ja sie hätten halt den Kasperl nicht fortlassen sollen – er war ein arbeitsamer guter
Bursche – u. jeder hatte ihn gerne.
WIRTHIN. Ja es ist war – allei es hat mich längst gereut – aber ich war gerade im größten
Zorn u. da habe ich ihn halt fort gejagt – o wäre nur meine Analies wieder da ich wollte ihr
gerne die dumen
[112]
Streiche verzeihen.
LEHRER. Das glaube ich auch – wo wird denn wohl jetzt der Kasperl sein.
WIRTHIN. Wie ich erfahren habe – soll er bei seinen Landsleuten den Bayern Soldat
geworden sein – u. ist gewiß schon erschoßen – wie so viele andere.
Trommeln.
Horch es wird getrommelt – was wird es wohl wieder geben.
LEHRER. Das sind keine französischen Trommeln.
BADER. Nein – das sind Deutsche u. ich glaube wir werden bald keine
[113]
andern mehr zu hörn bekomen – komen sie Hr. Lehrer – wollen wir sehen – was wieder
loß ist.
LEHRER. Ja laßen sie uns sehen – was es wieder gibt ab. ab.
WIRTHIN. Adje meine Herren – komen Sie bald wieder u. bringen sie auch mir die Nachricht
was es wieder gibt. Ach mein Gott! wo wird doch meine Analies sein – daß ich aber so
leichtgläubig sein konte u. diesem Parißertaugenichts alles zu glauben – was er daher
schwindelte – Gott weiß
[114]
ob ein Wort von allen wahr ist – gewiß ist es mit seinem Reichthum auch nicht so weit her
– aber daß Gott erbarm – wen mein Kind durch diesen Groß Sprecher ins Elend gerathen
würde.
Die Schlacht bei Sedan
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Auftritt FELDWEBL.
FELDWEBL. Guten Tag – ist hier die Wirtschaft zum goldenen Stern?
WIRTIN. Zu dienen mein Herr – ich bin die Frau Wirthin – was wünschen sie!
FELDWEBL. Gut sie bekommen Einquartierung auf zwei Tage – meinen Hrn. Hauptmann
seinem Furirschützen – seine Frau u. mich.
[115]
WIRTIN. Wie – gar eine Weibsperson – die werden doch sonst nicht einquartirt.
FELDWEBL. Nun das ist diesmal eine Ausnahme also sie wissen nun von der Einquartirung –
u. könen sich danach richten – adje Frau Wirthin ab.
WIRTHIN. Nun daß wird imer schöner sogar Fraunzimer muß man ins Quartier aufnehmen
– ach wenn doch jetzt meine Analies – da wäre ach wie wird es mir ergehen – ganz alleine
– wen ich noch mehr Quatir
[116]
bekome – ach Gott dort komt schon wieder ein bayrischer Hr. Offizier.
Auftritt HAUPTMANN.
HAUPTMANN. Guten Tag Fr. Wirthin – ich kome von Sedan u. werde heute u. morgen bei
Ihnen Quartir nehmen.
WIRTHIN. Gut – ich bin dafon unterrichtet Hr. Haubtman – aber ich kan halt bei dieser
kriegerischen Zeit nicht alles so herrichten, wie es den Hrn. Offiziren gebürt – allein an
gutem Braten u. vortreflichen Wein soll es nicht fehlen.
HAUPTMAN. Nun das ist ja schon
[117]
genug u. ich denke wir sollen die Tage, wo ich hier bin, gut auskomen mit einander –
übrigens habe ich schon in Sedan von Ihnen sprechen hören.
WIRTHIN. Nicht möglich – so weit weg hätte man von mir gesprochen.
HAUPTMANN O ja – mein Furirschütz u. dessen Frau kenen sie ganz gut – mein Kasper hat
mir viel von ihnen erzählt.
WIRTHIN. So – Kasper heißt ihr Bedienter – ich hatte auch einen Kellner, der so geheißen
hat – er war aus Bayern
[118]
ist vor kurzer Zeit von mir fort – wie ich hörte soll er Soldat geworden sein bei den
Bayern.
HAUPTMAN. Nun das mag sein – sie haben auch eine Tochter, welche Analies heißt nicht
wahr?
WIRTHIN. Wie auch das ist ihnen bekant – ja Leider hatte ich eine Solche – aber das arme
Kind hat sich von so einem nichtsnutzigen sprecherischen Zuaven bethören lassen – u. ist
mit ihm auf u. dafon gegangen.
HAUPTMANN. Auch das weiß ich – allein sie hat ihren jugendlichen Leichtsinn von
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Herzen bereut u. sehnt sich sehr nach Hause zu ihnen – doch sehen sie dort komt schon
mein Furirschütz.
Auftritt KASPERL.
KASPERL. A grüaß Gott Fr. Schwieger Muatter iatz san mir a wieder do, beim Dofui – wons
mi glei mitn Stallbesen ausghaut ham.
WIRTHIN. Ja wahrhaftig – Kasperl – bist du es den würklich.
KASPERL. Jawohl bin is – Fr. Muatal der Kasperl mit Haut u. Harr.
WIRTIN. Und der Hr. Hauptman sagte mir
[120]
eben, daß du sogar verheiratet bist – u. wo hast du denn so geschwind eine Frau
herbekommen.
KASPERL. Ja auf dem Schlachtfeld hob i a tots Frauenzimmer gfundn – u. glei gheirath mitn
unter dem größten Kuglspritzn Regen.
WIRTHIN. Das todte Frauenzimmer – nicht möglich.
KASPERL. Ja so – ja wia dö mi redn hat hörn is glei wieder zum lebendign Leben kuma – Fr.
Schwieger Muatter.
WIRTHIN. Schwieger Mutter – warum nenst
[121]
u mich den immer Schwiegermutter – ja freilich, wen mein Analies u. ich nicht gleich so
leichtgläubig gwesen wären – dan könte ich wohl deine Schwiegermutter sein – aber so –
doch wer – oder woher ist denn deine Frau?
KASPERL. Ja wißens Fr. Schwiegermuata mei Frau is die Tochter von ihrer Muatter u. ihre
Muater is mei Schwiegermuater.
WIRTHIN. Das verstehe ich würklich nicht, wie das gemeint ist – du bist halt immer noch der
alte Kasperl.
[122]
Auftritt ANALIES.
ANALIES. Mutter, Mutter – geliebte Mutter! kanst du mir verzeihen.
WIRTHIN. Analies! mein Kind
Umarmung.
Alles ist verziehen u. vergessen – also bist du nun würklich dem Kasperl seine Frau – seid
ihr aber auch würklich verheirathet.
KASPERL. Na wenn is ehna scho gsogt hob – daß mir unter dem größten Spritzen
Kugelregen verkupeliert san worn – da ist mei Herr Hauptman Zeuge dafon.
HAUPTMANN. Ja ja Fr. Muatter – sie dürfen mir
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glauben – ihre Tochter ist mit Kasperl verheiratet – auf meine Verwendung hin, hat unser
Feldpater sie kupeliert – was übrigens auch ihr Trauungsschein ausweist – u. ich hoffe – es
wird ihnen nur lieb sein u. ihren Kindern ihren mütterlichen Segen nicht versagen.
WIRTHIN. O gewiß sie sollen meinen Segen haben im vollen Maße – aber das fatalste dabei
ist – daß Kasperl ein Soldat ist u. meine Wirtschaft nicht übernehmen kann.
HAUPTMANN. Nun aus dieser Verlegenheit will ich ihnen helfen – ich will dem Kasper
[124]
vor der Hand Urlaub geben u. da Kasper überhaupt [nicht] zum aktiven Dienst tauglich ist
– so will ich bewürken, daß er aus dem Millitärverband entlaßen wird.
ANALIES. O Hr. Hauptman – sie sind zu gütig.
KASPERL. O Hr. Hauptman tausend Dank für ihre Giftigkeit.
HAUPTMANN Schon gut – schon gut – aber eines noch Fr. Mutter – die Nachhochzeit von
Kasperl u. ihrer Tochter muß nachträglich heute noch abgehalten werden – da ich nicht
gewiß weiß
[125]
ob ich morgen noch hier sein werde.
WIRTIN. Ja Hr. Hauptmann das soll geschehen u. ich will alles aufbieten ihnen einen recht
vergnügten Abend zu verschaffen.
HAUPTMAN. Nun das freut mich Fr. Mutter, daß sie sich so bereitwillig zeigen – nun geht an
eure Beschäftigung u. helfet der Fr. Mutter bei ihrer Arbeit.
KASPERL. Da hams recht Hr. Hauptmann glei wer i jetzt in Keller geh u. Wasser mit nunter
nehmen u. all meine Gschäft verrichten – die mir zu ghörn
[126]
u. du Analies – kochst an Hrn. Hauptman an Kaffee – Juhe – bis Mahlzeit fertig ist – zu
unserer Nachhochzeit.
ANALIES. Ja da hast du recht u. der Hr. Hauptmann soll gewiß zufrieden sein mit meiner
Kochkunst.
BEIDE ab. Kasperl Schurz umbinden.
WIRTHIN. Ach Hr. Hauptmann wie viel unendlichen Dank sind wir ihnen schuldig – für ihre
große Güte, die sie mir u. meinen Kindern erwiesen haben.
HAUPTMANN. Ach Fr. Wirthin – machen sie nicht so viel Aufhebens dafon – es freut mich,
Ihnen gefällig sein zu können
[127]
u. ich hoffe – mein Kasper soll ihnen gewiß ein guter Schwiegersohn sein.
WIRTHIN. Ach daß wird er gewiß sein – ich mute ihm alles gute zu. Aber doch Hr.
Hauptmann ich will mich nun beeilen – ihr Zimmer in Bereitschaft zu richten u. für ihren
Mitagstisch zu sorgen – komen sie doch einstweilen ins Gastzimmer.
HAUPTMANN. Ja Frau Mutter das will ich u. Analies soll mir unterdessen meinen Kafee
bringen ab. ab.
Die Schlacht bei Sedan
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Auftritt LEHRER u. BADER.
LEHRER. Also glauben sie würklich sie haben
[128]
sich nicht geirrt.
BADER. Gewiß nicht – ich sah beide – als alle Gefangenen aufgestellt waren – im letzten
Wagen aussteigen – Kasperl als bayrischer Soldat u. Analies als französische Margadenterin
– doch als ich darauf zuwollte – kam ich ins Gedränge u. beide kamen mir aus den Augen
u. konnte sie auch mit aller Mühe nicht mehr ausfindig machen.
LEHRER. Nun ich bin in Erwartung, ob sie sich nicht doch getäuscht haben – aber nicht
wahr, die Masse Gefan[129]
gene –
BADER. Ja u. größten teils Leute – von den afrikanischen Horten.
LEHRER. Ja diese waren immer die ersten wie man hörte – welche sich gefangen gaben – u.
gerade auf diese Feiglinge hat man sich am meisten gestützt.
BADER. Ja natürlich in dem Krimkrieg gegen die Russen – war dieß was anderes – diese
haben die
[130]
schwarzen Turkuß geforchten – aber die deutschen ließen sich durch ihren Katzenlärm
nicht schrecken – sondern hielten die schwarzen Gesichter für Hausmärchen u. haben
selbe tüchtig durchgepeitscht.
KASPERL v. innen extember.
LEHRER. Hören sie, – das muß Kasperls Stimme sein.
BADER. Sehen sie Herr Lehrer – ich habe mich als doch nicht getäuscht.
Auftritt KASPERL mit Schurz.
KASPERL. A grüaß Gott – meine Hern Gäste. Schaffens a Kane Moselwein.
LEHRER. Ja was ist denn das der Musje Kasperl wieder da bei uns.
BADER. Nun aber erzählen sie uns doch
[131]
gleich wo sie waren – u – wie es ihm unterdessen gegangen ist.
KASPERL. Ja meine Herrn – ich war – unterdessen bayrischer Soldat u. hab mich
ausgezeichnet durch meinen unerhörten Heldenmut – in Anfang glei hob i d’Zelt in der
Mitt abbrocha – dan hab i an jüdischen Spion verirrtirt – dafür hob i 100 fl. kriagt aber
blos papiren u. a Kreütz von Gußeisen homs mir versprocha – dan hab i d’ Schlacht von
Sedan mitgemacht – meine
[132]
Herrn do san dö blaun Bohna umananda gflogn – wia bei mir dahoam d’Maikäfer im Juni
u. mitn unter diesen blaun Donau – a Bohna Regn haben wir dan Napoleon gfangt – i hob
Die Schlacht bei Sedan
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n scho beim Frackzipfi ghobt – aber daweil schlagt der Limmel aus u. haut mit sein Sporn
an Frakzipfi ab – iatz hob i an Zipfi von an Frak in der Hand u. da [?] war beim Teufl – no
weit is er nöt koma – so ham ihn glei die andern pakt – jetzt auf oamal sich i a tots
Fraunzimer liegen mitn unter die
[133]
Turkos u. Zugaffn u. wer moants wer is dös todte Frauenzimmer gwesn.
BEIDE. Ja wie könen wir das wissen.
KASPERL. Meine Analies wars mit Haut u. Harr.
BADER. Und tot nicht möglich – das ist doch nicht zu glauben.
KASPERL. Ja meine Herrn – i hobs a nöt glaubt darum hab is gripelt u. beitelt – als wie iatz
hob is beim Nama gruafn – Analies – Analies – ja sog mir nur
[134]
obs dus würklich bist – jetzt wias mei Stim ghört hat, wars grad alls wan ich in ihr 6 Leben
wieder zrück gruafn hät – aufspringa u. mir um an Hals falln wie der [?] u. mitn tot sei –
wars vorbei.
BEIDE. Ja ists möglich.
LEHRER. Ja aber sagen sie uns doch Hr. Mußje Kasperl wie kam den die Analies bis nach
Sedan in das Schlachtfeld.
KASPERL. Ja über diesen Subtilen Punkt müaßn die Herrn mei Analies selber fragn
[135]
dö konns ehna Am besten sogn.
BADER. Ja ja daß wollen wir auch – da hat der Mußje Kasperl recht.
LEHRER. Aber nun bleiben sie doch hier u. übernehmen die Wirtschaft.
KASPERL. Ja wohl meine Herrn – u. sie hoffe ich werden wohl meine Stammgäste bleiben.
BEIDE. O gewiß mit Freuden, solange der Wein gut u. zum Trinken ist.
BADER. Aber nun komen sie Hr. Lehrer, wol[136]
len wir Analies hören – wie das zuging, daß sie bis nach Sedan kam u. dort halb tot v.
Kasperl gefunden wurde ab. ab.
KASPERL. Doschau – doschau – dö zwoa san a nöt neugire aber wissen möchtens als – na i
wills so genau nöt wißn wos zwischen hier u. dort als trim ham.
Auftritt HAUPTMAN.
HAUPTMANN. A sie da – mein Kasper hat schon wieder seine Kellnerschürtzn um, nicht
wahr, da bist wieder in deinem Element.
KASPERL. Ja Hr. Hauptman dös is wahr
[137]
mit dö Schnaps u. Weingläser kan i freili beßer umgeh – als wia mit Schüaßprügl u.
Tormister – a Hr. Hauptmann soll i ehna nöt a Flasche Rotwein bringa.
Die Schlacht bei Sedan
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HAUPTMAN. Nein für jetzt nicht – ich bin eben nicht so durstig wie dortmals nach der
Schlacht von Sedan – wo du mir ein ein guten Trunk Liquer von der Margatenderin in
Aussicht stelltest.
KASPERL. Aber koan kriagt hom wolln sagn aber dafür muaß heut in meiner
[138]
Nachhochzeit Feier – ordentlich auftragn wern; nur wos der Tisch tragn u. die werten
Gäste essen u. trinken köna – und Schlampamperling woll mer trinka – bis uns Bier bei die
Augn raus laft.
HAUPTMANN. Ja u. meine Trompeter sollen lustige Tänze blasen – ich selbst will mit deiner
Frau Schwiegermutter den ersten Tanz machen.
KASPERL. Ja Hr. Hauptman dös thans – dös wird mei Fr. Schwieger Muter weiter nöt freun
– Na Hr. Hauptman i
[139]
möcht an Bampurzl macha vor lauter Freud, weil sie so gütig san u. mir sogar den
Militärischen Verband abnehma loßn.
HAUPTMANN. Nun ja du kanst zufrieden sein – mit deiner kurzen militärischen Laufbahn u.
übrigens bekommst du noch die 100 fl. Premie für die Aretirung des berühmten Spionen
Itzig aus Froschweiler – wen du auch das eiserne Kreuz nicht erhalten solltest.
KASPERL. O Hr. Hauptman – do liegt mir garnix dro – dafür hob i a lebendigs
[140]
ordentlichs Hauskreuz kriegt – ah dort kumts grod daher.
Auftritt ANALIES.
KASPERL. Du Analies – denk dir no – der Hr. Hauptman last uns was blosn von seine
Schützen Trompeter – u. den ersten Tanz will er machen mit deiner Muatter.
ANALIES. Ach der Hr. Hauptman ist würklich recht gütig gegen uns – dafür könen wir ihm
in unserem ganzen Leben nicht genug dankbar sein.
[141]
HAUPTMANN. Es ist mir schon genug, daß ich euch so glücklich weiß – also seid nur in
Zukunft recht fleißig u. arbeitsam – traget gegenseitig eure kleinen Schwächen u. Fehler –
wie es christlichen Eheleuten geziemt – u. es wird euch an Wohlergehen nicht fehlen u. in
späteren Jahren werdet ihr noch an den Hauptman Miller denken u. euren Kindern davon
erzählen.
KASPERL. Aber gell Analies – als brauchen die Kinder nöt zewißen.
ANALIES. Ach du bist halt doch ein rechter Narr. Nein der Zuspruch des Hrn. Hauptman
hat mich bis zu Thränen gerührt – u. nimer werde ich diese Worte vergessen u. aus
meinem Herzen laßen.
HAUPTMANN Schon gut – schon gut – also last uns Anstalt treffen zu einem fröhlichen
Gelage.
KASPERL. Ja Hr. Hauptmann das wollen wir – do hams recht.
ANALIES. Ja wohl Hr. Hauptman das thun wir. Also Kasperl – der Hr. Hauptman soll leben
beide zugleich Hoch – hoch.
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KASPERL. Vom Boden bis zum Kellerloch!
Alles ab; zum Tanzen herrichten.
Auftritt ZWEI BAYRSCH. JÄGER.
1TER JÄGER. Das ist doch fatal, daß gerade wir zu diesen Gefangenen Transport komantirt
werden mußten – gewiß geht es jetzt in der eroberten Festung u. Stadt Sachen recht fidel
zu.
2TER JÄGER. Das ist wahr – aber nun kome laß da in diesem Gasthaus nachfragen wo unser
Quatir zu finden ist ab.
Auftritt Transport TURKOS.
SOLDAT mit Quatirzettel. Vorwärts treibt die ___ – ich bin doch in Erwartung wie weit wir
noch zu gehen haben – bis wir unsere müden Knochen zur Ruhe legen könen – ah dort
komt eine Frau – die kan mir vielleicht sagen – ob das Quatir – wo hier auf diesen Zettel
verzeichnet ist – noch weit von hier ist.
Auftritt WIRTHIN.
WIRTHIN. Um Gotteswillen – sie werden doch diese Gefangenen nicht zu mir ins Quatir
bringen wollen.
SOLDAT. Ob diese Bestien – hier oder anderwärts einquartirt werden – weis ich leider nicht
– sind sie so freundlich u. lesen sie hier diesen Quatirzettel hält ihn hin.
WIRTIN besieht den Zettel. Nun Gottlob – mir gehören sie nicht aber doch haben sie nicht
mehr weit zu gehen mit ihren Gefangenen – gleich hinter meinem Haus werden Sie eine
Willa, mit einer ___ umgeben, sehen, welche dem reichen John gehört – das ist ihr Quatir
ab zum Tanzen herrichten.
SOLDAT. Ich danke Madam – also vorwärts! daß wir doch auch zur Ruhe kommen ab.
Auftritt PREUßE.
PREUßE. Ach die verfluchten Jefangenen Turkos – u. Zuaven haben uns ja sträflichen
Verdruß u. Arbeit gemacht – bis wir sie alle unter gebracht haben u. bin jetzt herrlich
müde – nun will ich mir aber in diesem Jasthaus etwas zu jude jommen laßen.
Auftritt BAYRISCHER SOLDAT aus dem Wirthaus.
PREUß. Ach jrüß dich jott – tapferer Bayer – was jibt es den hir in diesem Jasthause, daß es
so fröhlich herjeht?
BAYER. O was der Kasperl der Furirschütz von Hrn. Hauptmann Miller hat heut sei
Nachhochzeit.
PREUßE. Was der Kasperl – der gomische Bediente des Hrn. Hauptmann Müller hat
jeheirathet? da wußte ich ja jar nichts dafon.
BAYER. Jamei – do wißn no viel nix dafo – der hot ja schon in Sedan gheirat – die Tochter
von der Frau Wirthin da – dö als französische Margadenterin bei der Armee war – no u.
Die Schlacht bei Sedan
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länger thuat er scho, daß am d’Harr gehn Berg steign möchtn – u. a Flasche Wei um dö
ander zahlt er seinen Kameraden. Und jetzt muaß i geh u. an Hr. Feldwebl holn, der geht
ehm e no ab.
[142]
PREUßE. Ja dan muß ich och hinein jehen – u. mir lustig machen – Jamerad jomme mir bald
wieder ab ins Wirtshaus.
BAYER. A doschau – do kumt iatz grad der Hr. Feldwebl daher.
Auftritt FELDWEBL.
BAYER. Krod hob i ehna holln wolln Hr. Feldwebl.
FELDWEBL. So – was ist loß – schückt der Hr. Hauptman nach mir?
BAYER. Na der Kasperl – der Furirschütz
[143]
von Hrn. Hauptman – den sans z’lang ausgwesn.
FELDWEBL. So so – was will er den von mir – der närrische Kerls.
BAYER. Nix nix – bloß zum Zechen sollens komen – der loßt weiter nöt auftrogn Wein u.
Bier – u. z Essn wos no grod der Tisch trogn ko – er halt heut sei Nachhochzeit.
FELDWEBL. Nun nun – da will ich mich nicht zweimal einladen lassen – kom nur da wollen
wir nicht die Letzten sein – nicht wahr.
[144]
BAYER. Ja Hr. Feldwebl – da hams recht beide ab. ab.
Auftritt mehrere SOLDATEN, darunter auch Taniber gehen über die Bühne in das Wirthaus –
ab unter extember.
Innen Mußig u. Lärm.
KASPERL u. ANALIES kommen alle tanzend heraus.
HAUPTMANN u. WIRTHIN, LEUTNANT u. FRANZÖSIN
eine Zeitlang tanzen dan Schluß mit bengalischem Feuer.
AKTUß.
geendet am 20/II. 91
geschrieben von
K. Eisenreich

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