TrauerumVerleger AlfredNevenDuMont

Transcrição

TrauerumVerleger AlfredNevenDuMont
HALLE / SAALEKREIS
26. JAHRGANG | NR. 123 | F 9438
WWW.MZ−WEB.DE
Ü B E R PA RT E I L I C H & UN A B H Ä N G I G
MONTAG, 1. JUNI 2015
EINZELPREIS: 1,20 EUR
Mit viel Glanz, aber
wenig Schmuck starten die
Händelfestspiele. Seite 9
Deutschlands ältester
E-Lok-Schuppen wird ab heute
abgerissen. Seite 11
HALLE
D
So klappt es mit
der Strandfigur
er Bikini ist seit dem vergegangenen Jahr knapper
worden? Das T-Shirt irgendHemd
wie eingelaufen? Das Lösung:
spannt? Die bequeme sparsaNeue Sachen kaufen. Die klares
ein
mere Variante: Disziplin,
Ziel und realistische Erwartungen.
bis zum
Denn Wunder lassen sich
bewirken,
Sommerurlaub nicht
kann
aber in etwa acht Wochen realisman einiges erreichen. „Ein Kilofünf
tisches Ziel ist, maximal Profesgramm abzunehmen“, sagt Deutder
sor Ingo Froböse von
in Köln.
schen Sporthochschule
ist
„Alles, was darüber hinausgeht,Körden
ungesund, da man dann
per zu stark in eine Hungersnot
wäre
treiben würde.“ Das Ergebnis
Jojo-Effekt.
dann der bekannte
Bis dahin lässt sich zwar
beginnen die Sommerferien. besser in Form kommen.
FREIZEIT In sechs Wochen
Körper
aber mit Disziplin kann der
kein Wunder vollbringen,
nur
Beim Essen kommt es nichtKaloauf die Menge an. „Absolute
Saucen.
rienbomben sind häufig Fraiche
Statt Schmand und Crème
lieber Milch oder Gemüsebrühe
beim Benehmen“, rät Gahl. Auch
Kalorien
lag lassen sich schnell
einsparen: Roh- oder Kochschinken
statt Castatt Salami, Hartkäse
mit
membert und statt FrischkäseHützum
Doppelrahmstufe lieber
sollte
tenkäse greifen. Aufpassen
man auch bei den sogenannten
sind die
Light-Produkten. „Häufig
dafür
Produkte zwar fettreduziert,Desweenthalten sie mehr Zucker. Rückder
gen am besten immer auf
„Der Spiegel ist viel
wichtiger als die
Waage.“
Ingo Froböse zur Motivation
Abnehm-Willigen
RATGEBER
von
seite die Inhalte wie Kalorienangabe oder Zuckeranteil vergleichen“,
sagt Gahl.
und
Die eigenen Bedürfnisse
ErnähVorlieben sollten bei einer
rungsumstellung berücksichtigt
sich
werden. „Es bringt gar nichts,
verbieSüßigkeiten komplett zu bekomten.“ Infolge von Verboten
Heißhunme man nur noch mehr
Pizza ist,
ger, sagt Gahl. Wer gerne
Marghekann sich etwa eine Pizza
oder
rita mit frischem Gemüse
„Das ist
Thunfisch aufpeppen.
zwar auch eine sehr kalorienreiche
mit fettiMahlzeit, aber besser als
ger Salami belegt.“
Muskeln helfen beim Abnehmen
der Fokus
Beim Abnehmen sollte
mit
laut Froböse darauf liegen,aufzuKrafttraining Muskelmasse Enerbauen, denn Muskeln fressen
Muskeln
gie. „Je mehr Eiweiß und
mehr Fett
mein Körper hat, desto
in Ruverbrennt er. Und das selbstich nur
hephasen, also auch wenn erklärt
auf der Couch rumliege“,
auch das
Froböse. Trotzdem ist
wichtige
Ausdauertraining eine
etwas
Methode, um dem Körper
verleihen
Gutes zu tun. „Muskeln nötigen
dem Körper sozusagen den
Hubraum, und mit AusdauertraiDie Mining bekomme ich PS. würde
Es
schung macht es also.“
auf eine
nichts bringen, sich nur
zu
der beiden Trainingsmethoden
empfehwürde
„Ich
beschränken.
das
len, nach dem Krafttraining
anzuhängen.
Ausdauertraining
Tag etDann muss man nicht jedenes noch
was machen.“ Dabei gibt
Nach dem
einen weiteren Vorteil:
der KörMuskeltraining verbrennt
per besonders viel Fett.
Belohnung nicht vergessen
Für Froböse spielt die Motivation
beim Abnehmen eine entscheidensich nach
de Rolle. „Belohnen Sie
mit einem
den ersten vier Wochen
oder
richtig tollen Abendessen
anderes.“
gönnen Sie sich etwas eigenen
Hilfreich sei es auch, den
und
Erfolg in einem ErnährungsSporttagebuch zu dokumentieren,
sagt er.
dabei
Die Waage spielt für ihn um
eher
kaum eine Rolle. Es gehe
„Der
das eigene Körpergefühl.als die
Spiegel ist viel wichtiger wenn
Waage“, sagt Froböse. „Auch hat,
man laut Waage zugenommen
anders
fühlt sich der Körper ganz bessere
an. Man bekommt eine
FOTOS: DPA
Also stelKörperform und Haltung.
Sie die Waage weg und betrachlen
Weile
eine
dem meidet man am besten
ten Sie sich lieber selbstbewusst
spielt Wer am Strand eine
Doch nicht nur Sport kann
Weißmehl und zuckerhal- im Spiegel. Sie werden eine VeränBeim Thema Abnehmen wichSie
optischen Verände- Alkohol,
schon sehr viele Muskelgruppen
Vieldie Ernährung eine genauso
und grundsätzlich umeiniges er- Körper zu einer „Gerade Frauen tige Lebensmittel. „Trinken
derung sehen.“ Oder spüren: mehr
angesprochen und kann
abnehmen langfristig
tige Rolle. „Damit ich
Bikini nicht
sind von rung verhelfen.
stattdessen viel Brennnessel-Tee,
Kalorien stellen, sagt Gahl.
Schad- leicht ist der und das T-Shirt
reichen.“ Empfehlenswert Durch- setzen sich oft als Ziel, ihr Gewebe
kann, muss ich weniger
der hilft dem Körper dabei,
so knapp
verbraujeder Übung zwei bis drei
straffen“, sagt Personaltrainerin stoffe auszuscheiden und den Säu- ganz
Weise
zu
mit eigenem Gewicht
so
zu mir nehmen, als ich
sollte
wundersame
Übungen
auf
ins scheint
der DeutÜbun- gänge. „Ein Durchgang
Alexandra Schügerl.
che“, sagt Antje Gahl von
re-Basen-Haushalt wieder rät wieder ausgeleiert.
Zu Hause kann man einige zu for- lange gehen, bis bei den letzten
schen Gesellschaft für Ernährung.
um den Körper
die MusGleichgewicht zu bringen“,
Deutmit allen gen machen, empfiehlt Kniebeu- beiden Wiederholungen
Entschlacken und entgiften
Weitere Ernährungstipp der
Außerdem sollten täglich
Damit der Körper noch
brennen.“ Bevor es
schen Gesellschaft für Ernährung
allem, dass man Schügerl. 1,5 Liter Wasser gesollten men. Froböse
Übungen für keln so richtig
weiter- „Wichtig ist vor
Nährstoffen versorgt wird,
entschla- mindestens
im Internet unter www.dge.de
als gen, Liegestütze und
mit der nächsten Übung
den Körper im Frühjahr
es auf keinen Fall wenigeremp- Bauch und Rücken - Krafttraining
Dafür trunken werden.
laut des Sportexperten
lässt.“
sollte
geht,
sein,
entgiften
Tag
oder
pro
cken
Körpergewicht.
1 200 Kalorien
werden.
Er- mit dem eigenen
hat man kurz Pause gemacht
fiehlt sie. Auch wer kurzfristige
„Mit diesen Übungen
folge wolle, solle seine Ernährung
„Es bringt gar nichts,
sich Süßigkeiten
komplett zu
verbieten.“
Antje Gahl
Ernährungsexpertin
kann sich dafür mit
gute Figur machen will,
Sport und gesunder Ernährung
in Form bringen.
Bikini!
Tschüss knapperbringt
Höschen
mehr Stoff auf die Haut. Die
Frauen
Die aktuelle Bademode für
hingegen figurbetonter aus.
Shorts der Männer fallen
Somreichen bis zur Taille. Die
ber, die die gesamte aktuelle bei
werden in der Bademode
zeigen sich
Oft
prägen,
mehr
Beim Bikini wird ebenfalls reicht 2015 verschiedene Prints ver- mermode
Schnalder Bademode in Form von
Stoff gezeigt. „Das Höschenaus den mischt: „Es zeichnet sich ein Patchwie wir es
nicht ver- len und Perlen.
vergange- bis an die Taille, sagt Gumm. „Kom- work-Trend ab, bei dem
Wem die Bademode der
war, kann 50ern kennen“, sie mit bustierför- schiedene Stoffteile zusammenge- Mann trägt knapper
nen Jahre zu freizügig
2015 biniert werden
näht, sondern unterschiedliche
„Anders als bei den Frauen
sich auf die Strandsaison gar migen Oberteilen.“ Alternativen
etwa Tiere mit Blüten oder sind die Badeshorts der
oder
mit
deren Schnittform Motive,
freuen. „Knappe Bikinis
Punkte
Stilbera- sind Bandeaus,
2015 knapper
Strings sind out“, sagt die
Streifen, mitein- Männer
Abgelöst an ein breites
und beterin Cornelia Gumm.
ander auf ei- geschnitten
„Im Mittelpunkt
Model- Band erinnert.
bogenförDruck kommen einen
werden sie von eleganten
nem
„Sie haben in
Saum“, erklärt Gumm.
steht der Einteiler.“
len, die angezogener wirken.
kombiniert wer- migen
diesem Jahr eibei der MännerCornelia Gumm
den“, sagt von Wie allgemein
die
nen stabilen Vmode liege Slim Fit im Trend, weit,
Das Zwischending: Monokini
Stilberaterin
Richthofen.
mehr so
Eintei- Bügel eingearinspi- Shorts sind nicht
„Im Mittelpunkt steht der
Cut-outs beitet, der Halt perfekt für große „Auch aus den 50er Jahren
haben eine athletische
ler“, sagt Gumm. „Er hat
werden wir se- sondern Die Farben seien pastelgibt und somit
Alexandra von rierte Früchteprints
an der Taille.“ Diese Ausschnitte
oder Ka- Passform.
„Die Betooder als Cups ist“, ergänzt
bei der hen und Ethno-Muster
lig bis schlicht einfarbig.
sind oft farblich abgesetzt
Richthofen, Modeexpertin
chel-Motive, die an den marokkani- nung liegt auf Details wie Canvas„Textilwirtschaft“.
Netzpartien gestaltet. SpaghettiträBändern
Knoten Fachzeitschrift
vom schen Raum erinnern.“
Bade- Gürteln mit Querstreifen,
ger, feine Bändchen oder
sagt
Für Gerd Müller-Tomkins
Farblich steht die aktuelle
und partiellen Stickereien“, sich
zieren den modernen Badeanzug. Deutschen Mode-Institut in Köln
Neckholmode den auffälligen Musterungen
All-over-Prints finden
Gumm.
sagen,
„Auch hochgeschnittene breiten spiegeln die dezenten Formen die
könnte
nach. „Man
auch bei den Männern. „Diese
Hipster-Bewegung in nichts
der-Varianten mit extrem
dominiert“, fasst aber
und haben weniDekolleté gegenwärtige
die Schnitte kon- die Vielfarbigkeit zusammen. Pas- sind aber toniger
Reißverschlüssen vom
etwas wider. „Während
als bei den Damen.“
Müller-Thomkins
abwärts sind zu sehen.“ EineEintei- servativ sind, sind die Farben und
zartes Rosa und ger Kontraste
Haie,
sagt er. telliges Blau-Grün, im Mittelpunkt. Beliebt sind Meerestiere wie von
freizügigere Variante des
stehen
dem die Muster außergewöhnlich“,
und Quallen, ergänzt
Palmenblät- Spearmint
lers ist der Monokini, bei
zu den Natur- Orcas
HawaiUnterteil „Wir sehen Urwälder,
Richthofen. „Die klassische
oder Bergland- „Als Gegenstück
Taille frei liegt und das
mit ter, Schmetterlinge
haben wir Metallic-Effekte“,
Naturmotiven do- Prints Richthofen. Gold und Sil- blume gerät ins Hintertreffen.“
mit einem schmalen Stoffteil
Oberteil schaften.“ Neben
sagt von
Drucke.
dem bandeau-förmigen
minieren fotorealistische
verbunden ist.
VON JANA ILLHARDT
Der Einteiler bestimmt
die Bademode 2015
(oben links). Ein guter
Schnitt betont dabei
die Figur. Der Bikini besteht aus
mehr Stoff, die
Höschen reichen teilweise
bis zur Taille (u.l.).
Außerdem gehören
Verzierungen aus Metall
zum Trend (u.r.). Die Badeshorts der Männer hingegen kommen 2015 mit
weniger Stoff aus.
Rollstühle sollen
Fluchtversuche aus dem
Gefängnis verhindern. Seite 13
RASSNITZ
Trauer um Verleger
Alfred Neven DuMont
HEUTE IN DER MZ
VON ALISA AUGUSTIN
HALLE
Ohne Fleiß
kein Preis:
In wenigen
Wochen zur
Bikini-Figur
SACHSEN-ANHALT-TAG
Köthenzeigte
sich in
Feierlaune
KÖTHEN/MZ/HER - 165 000 Menschen haben am Wochenende den
19. Sachsen-Anhalt-Tag in Köthen
gefeiert. Höhepunkt war gestern
Nachmittag der große Festumzug
durch die Straßen der 900 Jahre alten Stadt. 4 200 Teilnehmer präsentierten einem begeisterten Publikum bei herrlichem Wetter ihre
Region und machten neugierig, das
Land zu entdecken. „Ein großes
Dankeschön an alle, die mitgeholfen haben, dass dieses Fest so ein
Erfolg wurde. Wir haben SachsenAnhalt gezeigt, was für eine tolle
Stadt Köthen ist“, resümierte der
Oberbürgermeister der Bachstadt,
Kurt-Jürgen Zander (SPD), gestern
Nachmittag zum Abschluss des
Festes und übergab den Staffelstab
weiter an Sangerhausen.
Die Berg- und Rosenstadt ist
2016 Gastgeber für die 20. Auflage
der Großveranstaltung. Sangerhausens
Oberbürgermeister
Ralf
Poschmann (CDU) erklärte, man
sei stolz, diese Jubiläumsveranstaltung ausgestalten zu dürfen. „Es
war toll in Köthen“, bedankte auch
er sich für ein gelungenes, dreitägiges Fest mit vielen Höhepunkten.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte,
er habe in Köthen „viele entspannte und fröhliche Menschen erlebt“.
Die Gäste hätten sich wohlgefühlt.
Für Zander war das Fest zugleich
ein Abschied. Er scheidet nach
14 Jahren aus dem Amt.
Seite 7
Der Publizist starb mit 88 Jahren – Politik, Gesellschaft und Medien
würdigen ihn als unbestechlichen Kommentator und Streiter für Meinungsvielfalt.
GEDENKEN
DIE THEMEN
08 SERIE Im
Mai 1945 begann
die Entnazifizierung
16 SPORT Bundestrainer Neid
vor dem WM-Start im Interview
21 KINDERSEITE Nach Erdbeben
wieder Unterricht in Nepal
22 WIRTSCHAFT Wissenschaftler
Blum sieht Rohstoffe als Chance
26 KULTUR Kreuzchor-Konzert
eröffnet Händelfestspiele
27 MEDIEN Günther Jauch lädt
zum Prominenten-Quiz
28 PANORAMA Sprüche aus der
Kindheit beliebt bei Twitter
mz-web.de
Sachsen-Anhalt-Tag 2015
Rückblick auf das Landesfest
www.mz-web.de/sat2015
Mobil Nachrichten, Sport und
Service auf einen Blick
www.mz-web.de
G ED A N K E N ZU M TAG
„Das schönste Denkmal,
das ein Mensch bekommen
kann, steht in den Herzen
seiner Mitmenschen.“
RUSSLAND
Albert Schweitzer
(1875 - 1965)
deutsch-französischer Arzt
SPORT
Verleger Alfred Neven DuMont ist am Sonnabend gestorben.
FUSSBALL
1. FC Magdeburg steigt
in die dritte Liga auf
- Mit einer beeindrucken souveränen Leistung hat der 1. FC Magdeburg
den Sprung in den Profi-Fußball
perfekt gemacht. Nach dem 1:0Sieg im Hinspiel siegten die
Elbestädter gestern bei Kickers
Offenbach 3:1. Seite 4 und Sport
OFFENBACH/MZ
FUSSBALL
VfL Wolfsburg holt
den DFB-Pokal
- Zum ersten Mal in
der Vereinsgeschichte haben
die Fußballer des VfL Wolfsburg
den DFB-Pokal gewonnen. Das
Team von Trainer Dieter Hecking besiegte Borussia Dortmund am Samstagabend trotz
frühen Rückstandes mit 3:1.
BERLIN/MZ
LEICHTATHLETIK
Zehnkämpfer Schrader
überzeugt in Götzis
- Der Hallenser
Michael Schrader hat ein glänzendes Zehnkampf-Comeback
gefeiert. Beim Traditionsmeeting in Götzis wurde er nach
lange Pause Zweiter. Sein Trainingspartner Rico Freimuth
belegte Rang vier.
Sport
GÖTZIS/HALLE/MZ
A
lfred Neven DuMont, HerHalles Oberbürgermeister Bernd
ausgeber von „Mitteldeut- Wiegand schrieb in einer Würdischer Zeitung“, „Kölner gung: „Alfred Neven DuMont hatte
Stadt-Anzeiger“ und „Express“ so- klare Vorstellungen: von gutem
wie Ehrenvorsitzender des Auf- Journalismus, von der Entwicklung
sichtsrats der Mediengruppe M. seines Verlages, von der Qualität
DuMont Schauberg, ist am Sonn- der Zeitungsarbeit in unserer
abend im Alter von 88 Jahren ver- Stadt. Er war ein geradliniger
storben. Mit ihm verbindet sich Mensch mit großer Gestaltungsdurch Titel wie „Berliner Zeitung“ kraft. Dafür bin ich ihm dankbar.“
und „Hamburger Morgenpost“ der
Auch Udo Sträter, Rektor der
Aufstieg in die Spitzengruppe Martin-Luther-Universität Halledeutscher VerWittenberg,
lage. Alfred NeAlfred Ne„Sein entschiedenes zollte
ven
DuMont
ven DuMont ReEintreten für
war vielfältig
spekt
und
gesellschaftDankbarkeit.
Demokratie, Freiheit „Er hatte großes
lich, kulturell
und Menschenrechte Interesse an der
und karitativ
engagiert.
Universität und
ist beispielhaft
Sachsen-Antrat vor allem
gewesen.“
halts Ministerals Förderer der
präsident ReiMedienund
Reiner Haseloff
ner Haseloff beKommunikatiMinisterpräsident
tonte: „Alfred
onswissenNeven DuMont hat als einer der schaften auf“, sagte er.
prägendsten Verleger der NachKulturstaatsministerin Monika
kriegszeit die deutsche Medien- Grütters unterstrich die Vielseitiglandschaft entscheidend gestaltet. keit des Verstorbenen. „Mit Alfred
Sein entschiedenes Eintreten für Neven DuMont verlieren wir eine
Demokratie, Freiheit und Men- profilierte Leitfigur des verlegerischenrechte ist beispielhaft gewe- schen Schaffens, einen unternehsen.“ Besonders sei sein Engage- merischen Patriarchen alten Stils,
ment für die „Mitteldeutsche Zei- der die deutsche Medienlandschaft
tung“ zu würdigen. „Die MZ hat als über Jahrzehnte mit wachem Engagrößte Zeitung in Sachsen-Anhalt gement geprägt hat.“ Neven Duwesentlich zur Identitätsbildung Mont habe mit Mut, Kreativität
des Landes beigetragen.“
und Leidenschaft ein bedeutendes
LESERSERVICE
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10823
FOTO: STEFAN WORRING
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Wetter heute
9° / 17°
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Medienunternehmen – zu dem Roters bezeichnete den Verstorbeauch Literatur- und Kunstverlage nen als „geschätzten Wegbegleiter,
gehören – aufgebaut, hob die Kul- aber auch unbestechlichen Komturstaatsministerin hervor. „Er mentator und Kritiker“.
,liebte die Zeitungen’, wie er sagte
„Mit Alfred Neven DuMont ist eiund stand auch in schwierigen Zei- ne herausragende Persönlichkeit
ten persönlich immer für den Qua- von uns gegangen, die das Unterlitätsjournalismus ein“, betonte nehmen mehr als ein halbes JahrGrütters. Gerade die Tageszeitung hundert geprägt hat“, so Christian
habe Neven DuMont als das tradi- DuMont Schütte, Vorsitzender des
tionelle Standbein seines Medien- Aufsichtsrats der Mediengruppe
hauses durch Neugründungen, M. DuMont Schauberg. Deren VorÜbernahmen
standsvorsitoder Beteiligunzender Chris„Mit Alfred Neven
gen
gestärkt.
toph Bauer sagDuMont verlieren
„Wir werden Alte, er habe „Profred Neven Dufessor
Neven
wir eine profilierte
Mont als groDuMont als eiLeitfigur des
ßen
Verleger
nen Menschen
und einzigartierlebt, dem die
verlegerischen
ge PersönlichPublizistik und
Schaffens.“
keit in Erinnedas Unternehrung behalten“,
men gleicherMonika Grütters
unterstrich sie.
maßen wichtig
Kulturstaatsministerin
Nordrheinwaren. Er hat
Westfalens
Ministerpräsidentin uns im Vorstand bei der NeuausHannelore Kraft würdigte den Köl- richtung der Mediengruppe mit
ner Ehrenbürger als „eine der her- Rat und Tat unterstützt“.
ausragenden VerlegerpersönlichAuch Helmut Heinen, Präsident
keiten“ und nannte ihn einen „lei- des Bundesverbands deutscher
denschaftlichen Verfechter von Zeitungsverleger, würdigte Neven
Meinungsfreiheit und Demokra- DuMont. Er habe „mehr als 60 Jahtie“. Kölns Oberbürgermeister Jür- re im Familienunternehmen in ungen Roters sprach der Familie sein vergleichlicher Manier die doppelBeileid aus. Die Stadt verliere „eine te Funktion des Zeitungsverlegers
einzigartige Persönlichkeit und ei- als publizistischer Kopf und als
nen Mann mit nahezu unbändiger wirtschaftlich
verantwortlicher
Schaffens- und Gestaltungskraft“. Unternehmer gelebt“. Seiten 2 und 3
Morgens
Mittags
Abends
Wetter morgen
7° / 24°
Min./Max. des 24h-Tages
Morgens
Mittags
Abends
Einreiseverbot
fürPolitiker
MOSKAU/DPA - Eine russische Liste
mit Einreiseverboten für Dutzende
europäische Politiker, Beamte und
Militärs sorgt für neue Spannungen zwischen Moskau und der EU.
Aus Deutschland und anderen betroffenen Ländern kam massive
Kritik. Die Liste gilt als Reaktion
auf EU-Sanktionen und Reiseverbote gegen Russland aufgrund der
Ukraine-Krise. 89 Politiker, Beamte und Militärs aus ganz Europa,
darunter acht Deutsche, dürfen offiziell nicht mehr nach Russland
einreisen.
Seiten 4 und 5
TARIFVERHANDLUNGEN
Hoffnungim
Kita-Streik
BERLIN/DPA - Verdi-Chef Frank
Bsirske rechnet bei den Tarifverhandlungen für Erzieher und Sozialarbeiter im öffentlichen Dienst
heute mit einer Annäherung zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern. Betroffenen Eltern machte
er zumindest Hoffnung: „Sie können erwarten, dass die Tarifparteien aufeinander zugehen.“ Allerdings werde man nicht einknicken.
„Solange kein annehmbares Ergebnis der Verhandlungen vorliegt,
streiken wir weiter.“ Der Streik
läuft seit dem 8. Mai.
Seite 6
Wetter vor einem Jahr
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2
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Wind in km/h
Sonnenstunden
2
DER TAG
MONTAG, 1. JUNI 2015
MITTELDEUTSCHE ZEITUNG
SACHSEN-ANHALT
HAFTANSTALT RASSNITZ
Rollstuhl soll Fluchtgefahr mindern
- Gehbehinderte
Gefangene der Jugendhaftanstalt
Raßnitz (Saalekreis) werden ab
sofort gefesselt im Rollstuhl zu
Verhandlungen gebracht. Damit
reagiert die Anstalt auf die spektakuläre Flucht eines Häftlings
im Februar 2014 vor dem Amtsgericht Merseburg. Ein damals
22-Jähriger hatte eine schwere
Fußverletzung vorgetäuscht, auf
dem Weg vom Gericht zum Gefangenentransporter seine Krücken
weggeworfen und war getürmt. Sechs Wochen später griffen
ihn Polizeibeamte bei Hamm auf. Seitdem verbüßt er wieder
seine Haftstrafe in Raßnitz.
FOTO: PETER WÖLK
RASSNITZ/MZ/DSK
UNFALL
46-jährige Frau wird von
Güterzug erfasst
MARIENBORN/DPA - Eine 46 Jahre
alte Frau ist am Samstag an einem Bahnübergang bei Marienborn (Bördekreis) von einem
Güterzug erfasst und getötet
worden. Nach Angaben der Bundespolizei hatte auf der Bahnstrecke Magdeburg-Braunschweig ein Lokführer eines
Güterzugs einen Unfall gemeldet. Wenig später wurde die Leiche der Frau entdeckt. Über die
Unglücksursache konnte die
Bundespolizei bislang keine Angaben machen.
TOURISMUS
Historische Rosen
blühen im Rosarium
- Die ersten
historischen Rosen im EuropaRosarium in Sangerhausen
(Landkreises Mansfeld-Südharz)
blühen. Unter anderem zeigten
sich einige Portlandrosen wie
die Mme. Boll in prächtigen Farben, wie das Rosarium mitteilte.
Auch die rosa leuchtenden Gallica-Rosen und die auf der heutigen Insel La Réunion entstandenen Bourbonrosen blühen.
SANGERHAUSEN/MZ
Frauenanteil in der
Bundeswehr soll steigen
BERLIN/AFP - Bundesverteidigungsministerin Ursula von der
Leyen (CDU) will in der Bundeswehr deutlich mehr Frauen
haben. „Die Franzosen haben
in den Streitkräften einen Frauenanteil von 20 Prozent. Auf
mittlere Sicht sollten wir das
auch schaffen“, sagte sie der
„Bild am Sonntag“. Die Bundeswehr habe bereits Fortschritte
gemacht: Inzwischen seien elf
Prozent der Soldaten Frauen.
Die Ministerin hob unter anderem den steigenden Frauenanteil
beim freiwilligen Wehrdienst
und bei den jungen Offizieren
hervor. Beim freiwilligen Wehrdienst habe sich die Zahl der
Frauen von Anfang 2013 bis
heute nahezu verdoppelt.
MIGRATION
Etwa 5 000 Flüchtlinge
im Mittelmeer gerettet
- Die deutsche Fregatte
„Hessen“ sowie Einsatzkräfte
aus Italien und anderen Ländern
ROM/DPA
MitteldeutscheZeitung
ÜBERPARTEILICH • UNABHÄNGIG
Herausgeber: Prof. Alfred Neven DuMont
Christian DuMont Schütte, Isabella Neven DuMont
Chefredakteur: Hartmut Augustin
Stellvertretende Chefredakteure: Lars Geipel, Sibylle Quenett
Politik: Rainer Wozny; Sachsen-Anhalt/Wirtschaft: Walter
Zöller; Kultur: Andreas Montag; Sport: Christian Elsaeßer;
Blick/Reise: Hans-Ulrich Köhler; Leserdienst/Ratgeber:
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Martin; DuMont Hauptstadtredaktion: Jochen Arntz
(Chefredakteur), Holger Schmale (stellv. Chefredakteur),
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Wöchentlich mit „prisma“, dem Magazin zur Zeitung. Gültige
Anzeigenpreisliste: Nr. 27 vom 2. Februar 2015
Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos keine
Gewähr. Die Redaktion behält sich bei der Veröffentlichung
von Leserbriefen das Recht zum Kürzen vor.
Bei Nichtbelieferung ohne Verschulden des Verlages oder
in Fällen höherer Gewalt bzw. infolge von Streik besteht kein
Entschädigungsanspruch.
Unabhängigkeit war der zentrale Begriff im Leben von
Die Hauptblüte der historischen
Pflanzen wird ab Ende der ersten
Juniwoche eintreten.
TIERQUÄLEREI
Unbekannte verletzen
zwei Pferde
GARDELEGEN/DPA - Auf einer Wiese in Gardelegen (Altmarkkreis
Salzwedel) haben Unbekannte
zwei Pferde verletzt. Bei einer
21 Jahre alten Stute wurde am
Hinterlauf eine gut 1,5 Zentimeter tiefe und sieben Zentimeter lange Wunde entdeckt,
wie die Polizei am Samstag mitteilte. Ein Tierarzt habe die Verletzung am Freitag versorgt.
Verletzt wurde auch eine vierjährige Stute. Sie hat eine ähnliche Wunde im Brustbereich.
Michail Gorbatschow (links) und seine Frau Raissa im Kölner Pressehaus mit
Alfred Neven DuMont im August 1998
FOTO: ALFRED KOCH
Alfred Neven DuMont (links) mit Hans-Dietrich Genscher (2.v.r.) bei einem
Empfang in Halle.
FOTO: MICHAEL WAND
Bundespräsident Richard von Weizsäcker (rechts) und Alfred Neven DuMont
(links) im Römisch-Germanischen Museum
FOTO: F.W.HOLUBOVSKY
Diskussion in Bonn 1993 mit PLO-Chef Jassir Arafat (rechts) und Wirtschaftsvertretern. Neven DuMont (links) moderiert.
FOTO: ARCHIV
MAGDEBURG
Großer Andrang bei
Wissenschafts-Nacht
MAGDEBURG/DPA - Rund 18 000
Besucher haben am Samstag
in der „Langen Nacht der Wissenschaft“ in Magdeburg einen
Blick hinter die Kulissen von
Forschung und Industrie geworfen. „Das ist Rekord“, hieß es.
An der Langen Nacht beteiligten
sich 35 Einrichtungen.
DEUTSCHLAND UND DIE WELT
MINISTERIN
TRAUER
Ein Publizist,
haben innerhalb von nur zwei
Tagen mehr als 5 000 Flüchtlinge aus Seenot im Mittelmeer
gerettet. Auf einem Schlauchboot
entdeckten sie auch 17 Leichen,
wie Italiens Küstenwache mitteilte. Allein am Freitag waren
bei einem der größten Rettungseinsätze in diesem Jahr in 22 Aktionen 4 243 Migranten in Sicherheit gebracht worden. Die
Fregatte „Hessen“ nahm dabei
880 Menschen an Bord.
SICHERHEITSKONFERENZ
US-Senator warnt vor
Abzug aus Afghanistan
- US-Senator John
McCain hat eindringlich vor dem
geplanten Abzug der US-Truppen aus Afghanistan gewarnt.
Er begründete das auf einer internationalen Sicherheitskonferenz in Singapur mit den Erfahrungen im Irak, wo nach dem
Abzug der US-Truppen der Vormarsch der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) begann. „Wir
werden in Afghanistan den selben Film sehen“, sagte er. „Der
Konflikt in Afghanistan ist weit
von einem Ende entfernt.“
SINGAPUR/DPA
„Von ganzem Herzen ein Verleger “
Amos Schocken, Haaretz-Herausgeber: „Alfred Neven DuMont
war ein liberaler Intellektueller,
auf vielen Wissensgebieten versiert und ein brillanter Herausgeber. Er war ein überzeugter Unterstützer Israels. Seine Partnerschaft mit uns bei Haaretz hat sein
Interesse an der Existenz dieser
Zeitung in Israel widergespiegelt.
Er hat uns als Partner immer stark
unterstützt. Sein Tod ist ein großer
Verlust nicht nur für seine Familie,
sondern auch für Haaretz und
mich ganz persönlich.“
Monika Grütters, Kulturstaatsministerin: „Mit Alfred Neven
DuMont verlieren wir eine profilierte Leitfigur des verlegerischen
Schaffens, einen unternehmerischen Patriarchen alten Stils, der
die deutsche Medienlandschaft
über Jahrzehnte mit wachem Engagement geprägt hat.“
Sigmar Gabriel, SPD-Vorsitzender: „Mit Alfred Neven DuMont
verliert Deutschland einen herausragenden Verleger, dem das
Land viel zu verdanken hat. Immer
mit klarer Position und aus tiefster
Überzeugung hat Alfred Neven
DuMont, nicht selten auch streitbar, einen wichtigen Beitrag zum
Funktionieren der Demokratie
in der Bundesrepublik geleistet
und die Zeitungslandschaft der
Bundesrepublik nachhaltig geprägt.“
Wolfgang Böhmer, früherer Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt: „Alfred Neven DuMont war
eine große Verlegerpersönlichkeit
im Bewusstsein seiner Familientradition und aus demokratischer
Grundüberzeugung. Er hat eine
Zeitung in den neuen Bundesländern mit allen ihren Mitarbeitern
übernommen, um hier demokratische Grundüberzeugungen mit
Meinungs- und Pressefreiheit mit
aufzubauen. Es war ihm eine Herzensangelegenheit, Meinungspluralität und eine offenen Diskussion mit zu gestalten.“
Dagmar Szabados, frühere
Oberbürgermeisterin in Halle:
„Alfred Neven DuMont war es eine
Herzensangelegenheit, Freiheit
und Demokratie als hohes Gut
zu vermitteln. Seine gezielte Entscheidung, 1990 die ,Freiheit’ zu
übernehmen, brachte Halle neben
ZURÜCKGEBLÄTTERT
1850
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1900
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1950
1950
2
2000
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Am 1. Juni 1990 wird KarlMarx-Stadt in Chemnitz rück-
benannt. Zuvor
hatten bei einer
Befragung
76 Prozent der
Bürger der Stadt
für den alten Namen gestimmt.
Am 10. Mai 1953 war die Stadt auf
Beschluss der DDR-Regierung in
Karl-Marx-Stadt umbenannt worden. Sie war zu DDR-Zeiten Bezirksstadt. Der Name „Chemnitz“
leitet sich vom Fluss gleichen Namens her, der durch die Stadt
fließt. Dessen Name wiederum
geht auf die obersorbische Bezeichnung Kamjenica (Steinbach)
zurück.
wichtigen Investitionen eine bemerkenswerte Wahrnehmung in
der Medienlandschaft und deutlichen Imagegewinn.“
Clemens Birnbaum, Direktor
der Stiftung Händel-Haus: „Meine Gedanken gehen an seine Familie. Mit Alfred Neven DuMont
verliert Deutschland eine große
Verlegerpersönlichkeit der Nachkriegszeit. Der Stiftung HändelHaus und insbesondere den Händel-Festspielen stand er mit Rat
und Tat zur Seite.“
Michael Müller (SPD), Berlins
Regierender Bürgermeister:
„Zeit seines Lebens lag ihm ein
Qualitätsjournalismus am Herzen,
der in allen Mediensparten in
Deutschland das Leitmotiv sein
soll. Alfred Neven DuMont hat
seinen Platz im Kreis von Verlegerpersönlichkeiten wie Axel
Springer und Rudolf Augstein.“
Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen: „Alfred Neven DuMont war
eine der herausragenden Verlegerpersönlichkeiten Deutschlands
und gehörte zu den erfolgreichsten
Unternehmern in Nordrhein-Westfalen. Mir wird in Erinnerung bleiben, wie sehr er sich von ganzem
Herzen als Verleger und Herausgeber empfunden und entsprechend gehandelt hat.“
Gerhard Richter, Künstler und
Kölner Ehrenbürger: „Bei unseren seltenen Begegnungen habe
ich Alfred Neven DuMonts Charisma bewundert. Von seiner großen Leistung als Verleger und
Herausgeber gar nicht zu reden.
Sein Tod berührt mich auch persönlich. Ich bin unterdessen
83 Jahre alt und spüre: Es ist immer mehr Abschied.“
Rainer Maria Kardinal Wölki,
Erzbischof von Köln: „Mit Weitsicht und unternehmerischem
Geschick hat er dem Familienunternehmen in der für unsere
Demokratie so wichtigen Medienlandschaft seinen bedeutenden
Platz gesichert.“
Christian Lindner, FDP-Vorsitzender: „Alfred Neven DuMont
hat stets Unternehmergeist und
gesellschaftspolitisches Engagement verbunden.“
B I O G R A PH I E
29. März 1927: In Köln als Sohn des Zeitungsverlegers Dr. Kurt DuMont und dessen Frau Gabriele geboren.
Nach Kriegsende: Studium der Philosophie, Geschichte und Literatur, Regieassistent bei Paul
Schweikart und Paul Verhoeven, ab 1950 praktische Vorbereitung beim Springer Verlag und im
Verlag der Süddeutschen Zeitung, JournalismusStudium in Chicago/Illinois.
1953: Eintritt in das Verlagshaus
M. DuMont Schauberg.
1964: Gründer und Herausgeber der Kaufzeitung
Express.
1998: Initiator und Vorsitzender des Stifterrates
Wallraf-Richartz-Museum.
1966: Hochzeit mit Hedwig Prinzessin
von Auersperg; Kinder Marcus (1967 - 1995),
Isabella (1968), Konstantin (1969).
2001: Ehrenbürger der Stadt Köln. Honorarprofessor für Medienpolitik und Medienökonomie an
der Universität Halle.
1980 - 1984: Präsident des Bundesverbands
Deutscher Zeitungsverleger.
2003: Gründung der ,,Halleschen europäischen
Journalistenschule für multimediale Autorschaft /
Alfred Neven DuMont“.
1990: Aufsichtsratsvorsitzender des Verlags.
1990 - 1998: IHK-Präsident Köln.
1955: Publizistischer Leiter des
,,Kölner Stadt-Anzeiger“.
1991: Herausgeber der
,,Mitteldeutschen Zeitung“.
1960: Herausgeber des
,,Kölner Stadt-Anzeiger“.
1997: Stiftung ,,Spiridon Neven DuMont Preis“
zusammen mit Ehefrau Hedwig.
2008: Roman „Reise zu Lena“ erscheint.
2013: Romane „Drei Mütter“, „Vaters Rückkehr“
erscheinen.
2015: Alfred Neven DuMont übergibt den Aufsichtsratsvorsitz an Christian DuMont Schütte und
wird Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrates.
MITTELDEUTSCHLAND
MITTELDEUTSCHE ZEITUNG
MONTAG, 1. JUNI 2015
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der immer Kurs hielt
Alfred Neven DuMont, der nach kurzer, schwerer Erkrankung im Alter von 88 Jahren gestorben ist.
VON JOACHIM FRANK
- Da war dieses Treffen in
den frühen 1950er Jahren im Kölner Villenviertel Marienburg. Alfred Neven DuMont hat manches
Mal davon erzählt, so lebendig,
dass man glaubte, dabei gewesen
zu sein. Schwergewichte aus Politik und Wirtschaft hatten den Kölner Zeitungsverleger Kurt Neven
DuMont und seinen Sohn Alfred
zum vertraulichen Gespräch gebeten. Sie legten ihnen einen publizistischen Marshall-Plan auf den
Tisch: Der „Kölner Stadt-Anzeiger“,
mit dem der Verlag M. DuMont
Schauberg seit 1949 wieder den
Anschluss an die große Tageszeitungstradition der „Kölnischen Zeitung“ gesucht hatte, könne zu einem überregionalen Titel aufgebaut werden. Geld sei vorhanden.
Einzige Bedingung: Die Zeitung
sollte den Zielen der Regierungspartei CDU verpflichtet sein.
Der junge Alfred Neven DuMont
war spontan elektrisiert: als Journalist, der er nach Ausbildung im
Axel-Springer-Verlag, bei der „Süddeutschen Zeitung“ und in den
USA geworden war; aber auch als
Unternehmer, einer Profession, die
ihm als Verlegerspross in elfter Generation im Blut lag. „Ist das die
Chance für uns, für die Zeitung
und für Köln?“, fragte er seinen Vater und sah seine Heimatstadt publizistisch schon in der Sphäre
Frankfurts mit „FAZ“ und „Frankfurter Rundschau“ oder auf der Höhe Hamburgs, wo Rudolf Augstein
den „Spiegel“ als Leitmagazin der
jungen Republik etabliert hatte.
Kurt Neven DuMont winkte ab.
„Wir können das nicht machen.
Egal, was wir gewinnen, wir verlieren unsere Unabhängigkeit.“
Das Gespräch wurde für Alfred
Neven DuMont zur Schlüsselszene
für sein mehr als 60-jähriges Wirken. Versuchungen gibt es im Leben eines Verlegers zuhauf, auch
schwere Prüfungen - wie Strukturwandel und Branchenkrise der vergangenen 15 Jahre zeigen. Doch
wer sich ihnen ergibt um den Preis
seiner Unabhängigkeit, der gewinnt nichts, sondern verliert am
Ende alles.
KÖLN/MZ
Er wollte kein Verlierer sein
Ein Verlierer aber wollte Alfred Neven DuMont niemals sein. Ursprünglich stand ihm der Sinn
nach dem Theater, der Schauspielerei. In München trat er 1948 bereits im Staatsschauspiel auf, war
Assistent von Regisseur Hans
Schweikart an den legendären
Kammerspielen. Doch als vier Jahre nach Kriegsende die Beschränkungen der Alliierten für Zeitungshäuser entfielen und der „Kölner
Stadt-Anzeiger“ wieder erscheinen
konnte, zog es den Verlegersohn
ins Leben, wie er sagte. Nicht ohne
Zweifel. „Am 1. September
schnappte die Falle zu“, bemerkt er
in seinen Memoiren über seinen
Eintritt in den Verlag 1953. Den
Vertrag mit dem Menetekel „unkündbar“ - „für immer gefangen,
dachte ich, in Sippenhaft“ - hätte er
„noch am selben Tag am liebsten in
viele Fetzen zerrissen“.
Er tat es nicht. Und beherzigte
die Lektion des Vaters. Unabhängigkeit wurde zu seinem Markenzeichen, unternehmerisch und persönlich. Unabhängigkeit von Parteien, von Interessengruppen - sie
machte das Verlagshaus erfolgreich. Sie führte das Familienunternehmen, das Neven DuMont nach
dem Tod seines Vaters 1967 übernahm und in 40-jähriger „vitaler,
dynamischer Partnerschaft“ mit
dem 2013 verstorbenen Dieter
Schütte lenkte, in die Spitzengruppe der größten deutschen Zeitungshäuser. Unabhängigkeit machte
den „Kölner Stadt-Anzeiger“ zur
wichtigsten und meistgelesenen
Zeitung Kölns, den 1964 gegründeten „Express“ zum Platzhirsch auf
dem rheinischen Boulevard.
Der liberale „Stadt-Anzeiger“
überrundete alsbald die konservativ-katholische „Rundschau“. Doch
wusste Alfred Neven DuMont um
Alfred Neven DuMont im Mai 2011 bei einem Mitarbeiterfest der Mitteldeutschen Zeitung in Halle.
den Wert publizistischer Konkurrenz, die immer auch für Vielfalt
steht. Als die „Kölnische Rundschau“ in Schwierigkeiten geriet,
stieg „der Dümong“, wie die Kölner
den Verlag im rheinischen Singsang nennen, beim Heinen-Verlag
ein. Die redaktionelle Eigenständigkeit der KR unter ihrem Herausgeber blieb erhalten.
Nicht immer dankten Stadtgesellschaft und deren Repräsentanten Neven DuMont diesen Schritt.
Mancher, der ihn schlicht nicht verstand, mokierte sich über den „Monopolisten“ in der Breite Straße,
dem Stammsitz des Verlags bis
zum Umzug 1998 ins „Glashaus“
an der Amsterdamer Straße, eine
mit Offenheit und Transparenz
spielende Schöpfung des koreanischen Architekten Duk-Kyu Ryang.
Natürlich wehrten sich die Verlagsgranden, Geschäftsführer und
Chefredakteure gegen den Vorwurf. Aber Alfred Neven DuMont
wusste und akzeptierte, dass die
Kritiker sich auch an ihm selbst
abarbeiteten.
Journalist mit Leib und Seele
„Suchet der Stadt Bestes!“ Dieses
Wort des Propheten Jeremia aus
dem Alten Testament bringt Neven
DuMonts Verhältnis zu seiner Vaterstadt auf den Punkt. Er verstand
sich dabei als Ideengeber, Antreiber, kritischer Kommentator in
Leitartikeln auf der Meinungsseite
des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Sein
Metier war das Schreiben. Das Machen sollten diejenigen besorgen,
die das in ihrer Jobbeschreibung
stehen haben: die Oberbürgermeister, die Stadtverwaltung, die Direktoren der Museen und anderer Kulturinstitutionen. Für große Pläne
und mutige Visionen ließ er sich
begeistern und dann auch in die
Pflicht nehmen. Für das Wallraf-Richartz-Museum etwa, dessen Stifterrat Neven DuMont als Vorsitzender maßgeblich prägte, hatte er
sich einen anderen Standort gewünscht als den heutigen am Rathausvorplatz.
Unerträglich war für Alfred Neven DuMont die Vorstellung, er
hätte sich auf die Rolle eines Mana-
gers beschränken müssen, der
statt Zeitungen ebenso gut Wurst
oder Backhendl verkaufen könnte.
„Zeitungen sind keine Ware. So habe ich es von meinem Vater gelernt“, pflegte er zu insistieren –
ein Satz, den Kanzlerin Angela
Merkel 2007 in ihrer Laudatio zum
80. Geburtstag auf einem Empfang
des Verlegerverbands BDZV in Berlin mit der Bemerkung verband,
Neven DuMont sei als Journalist
mit Leib und Seele „eine Verlegerpersönlichkeit, wie es nur ganz wenige in Deutschland gibt“. Mit seinem „großartigen Beitrag für die
freie und unabhängige Presse“ habe er sich um das Land verdient gemacht.
In den 1970er Jahren bestand
dieses Verdienst aus Neven DuMonts Sicht eben im erbitterten
Kampf gegen das „Presserechtsrahmengesetz“, mit dem die sozialliberale Koalition die publizistische
Kompetenz der Zeitungsverleger
aufs Grundsätzliche beschränken
wollte, während die entscheidende,
weil für jeden Beitrag maßgebliche
„Detailkompetenz“ bei den Autoren
liegen sollte. Über dieses Ansinnen
konnte sich Neven DuMont noch
Jahrzehnte später empören. An seiner Seite in der damaligen Auseinandersetzung: Rudolf Augstein, auf
den Neven DuMont sich immer
wieder gern bezog. Von manch gemeinsam mit Augstein gewälztem
Plan blieb ihm besonders der Versuch in Erinnerung, eine eigene
Wochenzeitung gegen die Übermacht des Springer-Verlags zu
gründen. Das ambitionierte Unterfangen scheiterte. Zum 60. Geburtstag 1987 widmete Augstein
dem Kölner „Freund und Weggefährten“ einen Glückwunsch, der
von der Wechselseitigkeit ihrer besonderen Beziehung zeugt.
Wer „Sir Alfred“ mit allerhand
Titeln aus dem höfischen Milieu
bedachte, vom „Pressebaron“ über
den „Verlegerfürsten“ bis zum „Zeitungszaren“, wollte damit den eigenen Abstand signalisieren. Viele
übersahen, dass der aristokratisch
anmutende Habitus die Art Neven
DuMonts war, Abstand zu wahren,
sich nicht vereinnahmen zu lassen.
Ebenso wichtig wie die Unabhängigkeit war ihm die Distanz. Nah
waren ihm immer die Zeitungen.
Eigene und fremde, kleine Blätter
und große Titel. Sie begleiteten ihn
durch den Tag. Interessantes bewahrte er auf, reichte es als Anregung an die Redaktion weiter. Kritik fand ihren ersten Ausdruck in
Aktennotizen, denen dann ein
meist entspannteres Gespräch folgte. Was morgens in der Zeitung
stand oder was darin fehlte, bestimmte Alfred Neven DuMonts
Stimmungslage und gab vor, ob der
Herausgeber beschwingt war - oder
auch nicht. Das konnte dann hart
werden.
Empfindsam und verletzlich
„Man darf sich nicht wundern,
dass eine solche Persönlichkeit geschätzt und gefürchtet wurde“,
sagt der langjährige Kölner Dompropst Norbert Feldhoff zum Tod
Alfred Neven DuMonts. Der Kirchenmann, den Neven DuMont mit
Pfarrer Pirmin Spiegel, Chef des
katholischen Hilfswerks Misereor,
zum Zelebranten seiner Totenmesse bestimmte, lernte ihn auch als
Menschen auf der Suche nach Gott
kennen; als Empfindsamen, Verletzlichen und - tief im Inneren von manchem Schicksalsschlag
Gezeichneten. Besonders gilt das
für den frühen Tod seines 1967 geborenen Sohns Spiridon im Jahr
1995. Mit seiner Kirche, der katholischen, hatte Alfred Neven DuMont sich in den letzten Lebensjahren ausgesöhnt, sehr zur Freude seiner Frau Hedwig, einer geborenen Prinzessin von Auersperg.
Sie war in seinem bewegten, bisweilen überaktiven Leben der Fixstern, der den Planeten auf eine ruhende Mitte bezieht und ihn in aller Dynamik auf einer bestimmbaren, verlässlichen Umlaufbahn
hält. Mit ihrem sozial-karitativen
Engagement, vor allem der Aktion
„wir helfen“ zugunsten von Kindern und Jugendlichen, verkörpert
Hedwig Neven DuMont Werte, die
für beide Eheleute einen „guten
Menschen“ ausmachten.
So gründete Alfred Neven DuMont eine millionenschwere kari-
FOTO: LUTZ WINKLER
tative Stiftung und unterstützte
mit großen Summen Projekte der
kirchlichen Entwicklungsarbeit,
unter anderem ein Ordenskrankenhaus in Indien, eine Internatsschule der Welthungerhilfe und ein
Ausbildungszentrum von Misereor
in Nairobi. In unmittelbarer Nachbarschaft zu einem der größten
Slums der kenianischen Hauptstadt feierte er dort 2014 mit Straßenkindern und Helfern seinen
87. Geburtstag.
In Mitteldeutschland, wo der Verlag 1991 die frühere SED-Zeitung
„Freiheit“ in Halle/Saale übernahm und unter ihrem neuen Namen „Mitteldeutsche Zeitung“ zu
einem Leitmedium Sachsen-Anhalts machte, ließ Alfred Neven DuMont sich vom Geist der Reformation mitreißen. Die Lutherstadt Wittenberg mit dem von ihm 1998 gegründeten Lutherzentrum schwebte ihm - lange vor der kirchenoffiziellen PR-Kampagne zum Reformationsjubiläum 2017 - als eine
Art „Rom der Protestanten“ vor. Im
Kölner Dom wiederum finanzierte
er die Restaurierung und den Wiedereinbau eines Glasfensters aus
dem „Welter-Zyklus“ des 19. Jahrhunderts. Im März 2015, zum Ende
des Literaturfestivals lit.Cologne,
saß er bei seinem letzten Dom-Besuch unter dem Gerüst im Südquerhaus. Die Vollendung dieses
Werks sollte er nicht mehr erleben.
„Eine Narbe von damals“
Eines seiner Lebensthemen war
die deutsch-israelische Freundschaft und die Aussöhnung zwischen den Konfliktparteien im Nahen Osten. Die Nationalsozialisten,
ihre Ideologie und die darauf fußende Vernichtungspolitik bedeuteten die Negation all dessen, was
ihm heilig und wertvoll war. Im
ersten Band seiner Memoiren, der
in diesen Tagen erscheint, findet
sich ein zusätzliches, kaum bekanntes autobiografisches Motiv
für seine ausgeprägte Sorge um
das jüdische Volk. Beim Klettern
über den schmiedeeisernen Zaun
um das elterliche Grundstück, so
der Autor in dritter Person, verlässt
Mitte der 1930er Jahre den viel-
leicht Sechs-, Siebenjährigen die
Kraft, „und die Spitze einer Rosette
bohrte sich wie ein Schwert in seinen Hals“. Am Rosenmontag ist in
Köln kein Arzt greifbar. In Panik
erreicht die Mutter einen ihr Fremden. Der „kleine, gebückte junge
Mann, vorsichtig nach allen Seiten
schauend“, wird zum Lebensretter.
Eine Weile danach kommt er wieder, um sich zu verabschieden: „Ich
verlasse mein Vaterland. Als Jude
gibt es keine Zukunft mehr für
mich.“ Dieses Erlebnis, schreibt
Neven DuMont im hohen Alter, sei
dem kleinen Jungen von einst bis
zur Gegenwart in Erinnerung. Es
hat mehr hinterlassen als „die Narbe von damals“, die an seinem Hals
sichtbar blieb.
Dem Ziel der Versöhnung galt
Neven DuMonts Bemühen im „Peres-Friedenszentrum“ von Friedensnobelpreisträger Schimon Peres und im „Zentrum für Europäische Studien“ seines Freundes Avi
Primor. Auf einen Hinweis des israelischen Ex-Botschafters ging
der Einstieg des Kölner Verlagshauses bei der Zeitung Haaretz im
Jahr 2006 zurück, der wichtigsten
Stimme des intellektuellen Israel.
In Verleger Amos Schocken, einem
kunstsinnigen, weltläufigen, politisch hochsensiblen Idealisten,
fand Neven DuMont einen Geistesverwandten. Für beide Männer war
die Beteiligung an der Haaretz weit
mehr als ein Investment. Es war
ein Glaubensbekenntnis und ein
Liebesbeweis: Von seinem Glauben
an jenes „andere, gute Deutschland“ hat Neven DuMont stets mit
der gleichen emotionalen Verve gesprochen wie von seiner „Liebe zu
Israel“.
Seine beiden letzten großen öffentlichen Auftritte sind bezeichnend für Leben und Werk des Verstorbenen. Im September 2014 begeht der Verlegerverband BDZV in
Berlin feierlich seinen 60. Gründungstag. Alfred Neven DuMont
spricht. Als Zeitzeuge. Aber er ist
keiner, der nostalgisch in Erinnerungen schwelgt. Ihn treibt das
Überleben des Mediums Zeitung
um. Er kritisiert Beschwernisse
durch
Kartellrechts-Schranken
und Mindestlohn. Noch einmal
zieht er alle Register, geistreich,
pointiert, scharfzüngig und doch
charmant. Er beschwört journalistische Exzellenz, fordert Investition in Qualität. Am Ende hält es die
versammelten Verleger, Geschäftsführer, Chefredakteure nicht mehr
auf ihren Stühlen. Stehend applaudieren sie dem 87-Jährigen, dessen
Worte sie als sein Vermächtnis
empfinden.
Gesten des Willkommens
Beifall ganz anderer Art bekommt
Alfred Neven DuMont im Januar
2015 in heimischer Kulisse. Er hat
Familien aus Krisengebieten, die in
Flüchtlingsunterkünften leben, ins
Betriebsrestaurant des Verlagshauses eingeladen. Just in einer Zeit,
da in vielen Städten Deutsche gegen Flüchtlinge auf die Straßen gehen. Nur eine Minderheit, gewiss.
Gegendemonstranten setzen Zeichen, Dompropst Feldhoff schaltet
die Dombeleuchtung aus. Aber Neven DuMont sucht direkte Gesten
des Willkommens. „Wir breiten die
Arme für euch aus. Ihr seid bei uns
zu Hause“, ruft er seinen 160 Gästen zu, geht von Tisch zu Tisch, befragt Eltern und Kinder. Sie alle haben kaum eine Vorstellung von
dem alten Herrn, der da auf sie zukommt. Aber eine 15-Jährige aus
Syrien spricht davon, dass sie sich
aufgenommen fühle wie von einer
„liebevollen Mutter“ und dass sie
sich dafür später einmal revanchieren wolle. Auch das ein Vermächtnis.
Alfred Neven DuMont ist bis zu
seinem Tod der gewesen, als den
man ihn kannte: ein Herr, ein Steuermann, einer, der die Richtung
vorgibt. Und auch als die Kräfte
nachließen, die Stimme immer leiser wurde und das Atmen schwerfiel, hat er noch von der Zukunft
gesprochen. Er tat das im Wissen,
sie nicht mehr zu erleben.

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