Referat: Mitgliederversammlung Suchthilfeverbund am 20
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Referat: Mitgliederversammlung Suchthilfeverbund am 20
Konzept Referat: Mitgliederversammlung Suchthilfeverbund am 20.11.2009 Entwicklung der Drogenproblematik im Landkreis Konstanz Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen…. Ich bedanke mich für die Möglichkeit hier über die Entwicklung der Drogenproblematik/Dogensituation aus Sicht unserer Beratungsstelle (Drogenberatung im Landkreis Konstanz) zu berichten. Die Angebote unserer Beratungsstelle richten sich an die Gefährdeten und Abhängigen von illegalen Drogen sowie deren Bezugspersonen. Wir ergänzen so das Beratungs- und Behandlungsangebot der beiden anderen Beratungsstellen im Landkreis. Ich verwende den Begriff „DROGEN“ im Folgenden entsprechend für alle illegalen Sucht erzeugenden Stoffe. Die größte Bedeutung haben: Opiate ( Heroin, Opiatersatzmittel zur Substitution) Kokain Schmerzmittel, Beruhigungsmittel und Psychopharmaka die dem BtmG unterliegen Amphetamine, Ecstasy, LSD, Designerdrogen Cannabis (THC) Diese Drogen haben unterschiedliche Wirkungen: - betäubend / sedierend - aufputschend - halluzinogen Obwohl die Drogenabhängigen sehr häufig mehrere dieser Stoffe konsumieren, haben sich dennoch unterschiedliche Gruppen / “Szenen“ entwickelt, denen unterschiedliche Hilfsangebote gemacht werden müssen: - Die Heroinabhängigen - Die Substituierten - Die Kokainabhängigen - Die Konsumenten / Abhängigen von so genannten „Party Drogen“ - Die Konsumenten /Abhängigen von THC In meiner Darstellung beziehe ich mich schwerpunktmäßig auf die Gruppen der Heroinabhängigen und der Substituierten, die sich inzwischen weitgehend überschneiden und zusammen ca. 60% unserer Klientel ausmachen. Bei der Betrachtung der Drogenproblematik in den letzten 25 Jahren fallen Veränderungen/Ereignisse ins Auge, die sich eindeutig außerhalb der individuellen Prozesse von Entstehung, Ausprägung und Beendigung von Drogenabhängigkeit vollzogen. Gleichwohl hatten sie erhebliche Auswirkungen auf individuelle Entwicklungen. Sie veränderten die Lebensbedingungen der Drogenabhängigen und beeinflussten deren Suchtkarieren. Aus meiner Sicht waren die wichtigsten Ereignisse/Veränderungen: Die HIV Infektion die Mitte der 80er Jahre einen großen Teil der Spritzgiftabhängigen betraf. Diese Tragödie rückte die Betroffenen ins Zentrum des öffentlichen Interesses und beförderte, Ängste, Vorurteile, Ausgrenzung…..aber auch erweiterte Hilfsangebote durch die Drogenhilfe, die Aidshilfe und (was sehr wichtig war) die Medizin. Das wachsende Interesse der Medizin und der Psychiatrie Ende der 80er / Anfang der 90er an den Drogenabhängigen. (Die Arbeit mit Alkoholkranken war zu diesem Zeitpunkt bereits etabliert) Das hatte beispielsweise zur Folge, dass spezielle Entzugsstationen eingerichtet wurden, Mediziner und Psychiater zunehmend in den stationären Therapieeinrichtungen mitarbeiteten, niedergelassene Mediziner ambulant Substitutionsbehandlungen begannen. Veränderte Haltung der Drogenhilfe …….. Hepatitis C …….. Substitutiosbehandlung ………. Diamorphinbehandlung ………….. Alle diese Ereignisse und Veränderungen haben die Lebensbedingungen der Drogenabhängigen stark beeinflusst. Aber darüber hinaus veränderten sich die individuellen Suchtverläufe, die Form der Drogenszene, die Ausprägung der Kriminalität und auch die Art und die Konsumform der Drogen. Diese Veränderungen lassen sich auch in den jährlichen statistischen Erhebungen unserer Beratungsstelle aufzeigen. Dass für das Klientel unserer Beratungsstelle eine aussagekräftige Längsschnitts -Darstellung möglich ist liegt daran, dass in den dargestellten Zeiträumen unsererseits keine wesentlichen Parameter der statistischen Erfassung und Auswertung verändert wurden. Unverändert blieben: Die Art der statistischen Erfassung/Fragestellung mit EBIS Jeder Klient wurde pro Jahr nur einmal erfasst (Jahresstatistik, keine Betreuungen) Nur direkt Betroffene mit mindestens 2 persönlichen Kontakten wurden erfasst Die Anzahl von 4 Fachstellen hat sich nicht verändert Das Einzugsgebiet blieb unverändert 1. Die Entwicklung der Klientenzahlen Folie Diese Tabelle zeigt, dass wir mit unseren Angeboten Jahr für Jahr mehr Drogenabhängige erreicht haben. Da sich die personelle Ausstattung der Beratungsstelle in diesem Zeitraum nur minimal verändert hat, widerlegt sie die These von einer rückläufigen Drogenproblematik in der Region. Zum anderen belegt sie unsere Beobachtung, dass Drogenabhängige häufiger bereit sind ambulante Angebote anzunehmen, deren Art und Umfang sich erheblich erweitert hat. (kommt später mehr…) 2. Darstellung der konsumierten Drogen Folie Hauptdiagnose Opioide Cannabinoide Kokain Stimulantien Alkohol Beruhigungsmittel Halluzinogene Politoxikomane 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 59,6% 27,5% 4,6% 3,0% 4,4% 0,6% 0,2% 0 60,4% 27,4% 4,9% 2,1% 3,0% 0,9% 0,0% 0,5% 57,4% 29,0% 6,6% 1,7% 2,2% 0,5% 0,0% 1,9% 60,3% 28,1% 7,5% 1,0% 1,6% 0,3% 0,0% 1,3% 61,4% 21,8% 8,4% 2,1% 2,6% 0,1% 0,0% 2,6% 57,6% 25,0% 8,4% 1,4% 2,2% 0,3% 0,0% 5,1% 57,3% 26,2% 5,8% 0,7% 2,3% 0,0% 0,0% 6,8% 67,4% 16,6% 7,3% 3,5% 4,2% 0,7% 0,4% 0,4% 63,9% 17,9% 7,0% 4,8% 2,9% 1,6% 0,3% 0,3% Klienten 496 430 413 385 383 364 309 302 304 ( Hinweis auf Anstieg der absoluten Zahlen…. mehr Opiatabhängige, viel mehr THC ) Diese Tabelle gibt einen sehr guten Überblick über die Zusammensetzung unserer Klientel. Es ist zu beachten, dass gleiche prozentuale Anteile in 2000 und 2008 einen Anstieg der jeweils Betroffenen um ca.65% bedeuten. Anteil von Opiatabhängigen schwankt über die Jahre um 60% und ist mit Abstand die größte Gruppe. Wir sind überzeugt, dass wir hier einen sehr hohen Anteil der Betroffenen erreichen. Die konkrete Zusammensetzung dieser Gruppe hat sich jedoch dramatisch verändert. Hier finden sich jetzt überwiegend Substituierte / Abhängige von Opiatersatzstoffen (2008 ca. 2/3). (ich werde hierauf noch genauer eingehen). Der Anteil der Kokainabhängigen blieb über die Jahre weitgehend stabil, wobei wir bei dieser Gruppe von einer hohen Dunkelziffer ausgehen. Die Beratung, Betreuung und Behandlung von Cannabis Konsumenten wird ein immer wichtigerer Arbeitsbereich in unserer Drogenberatungsstelle. Seit einigen Jahren beobachten wir die Zunahme dieser Klienten-Gruppe. Sie macht inzwischen fast 1/3 unserer Klientel aus. Die Betroffenen sind in der Regel noch sehr jung und unterscheiden sich auch sonst in vieler Hinsicht von den Opiat- u. Kokain-Abhängigen. Vor allem leben sie häufig noch im Rahmen ihrer Familien und befinden sich noch in Schul- und Ausbildungsverhältnissen. Ihr THCKonsum kombiniert sich häufig mit Alkoholmissbrauch, in einigen Fällen werden auch andere Drogen ausprobiert und zusätzlich konsumiert. Der Konsum von THC setzt nach unseren Beobachtungen zunehmend früher ein, es bilden sich härtere Konsummuster heraus. Die psychischen und sozialen Folgen für die Betroffenen werden auffälliger. Die betroffenen Familien fühlen sich mit der Problematik oft allein gelassen, sind hilflos und überfordert. Die Möglichkeit von psychiatrischen Folgeerkrankungen wird wissenschaftlich immer stärker untermauert. 3. Die Therapievermittlungen Folie In den letzten Jahren ist eine Verschiebung weg von den stationären Therapien hin zu ambulanten Programmen festzustellen. Es zeigt sich, dass es uns nach wie vor gelingt eine große Anzahl von Klienten in Therapien zu vermitteln. Der prozentuale Anteil der Vermittlungen nimmt jedoch stetig ab. Hier kommt eine langfristige Tendenz zum Ausdruck, die bei anderen Drogenberatungsstellen ebenfalls zu beobachten ist. Besonders wichtig für unsere Arbeit wird diese Entwicklung, wenn man weiß, dass die Therapiezeiten sich in dem dargestellten Zeitraum, auf Grund der Vorgaben der Kostenträger, fast halbiert haben! (inzwischen nur noch 3 –max. 9 Monate) Leider hatte dies zwangsweise auch Auswirkungen auf die Qualität der erreichten Ergebnisse. Das Aufgabenspektrum der Drogenberatungsstelle hat sich durch diese Entwicklung erheblich verändert und erweitert: Der höhere Bedarf und Stellenwert von ambulanten Nachsorgeangeboten und von betreutem Nachsorgewohnen (TRANS) ambulante Therapieformen, je nach Suchtstoff, Ausprägung und Verlauf der Sucht werden häufiger in Anspruch genommen. (z.B. Cannabis) psychosozial begleitete Substitutionsbehandlungen ersetzten teilweise stationäre Therapien (später mehr) Auffällig ist im Jahr 2008 die Verdoppelung der Therapievermittlungen. Dies kann zum Teil durch die verbesserten kostenrechtlichen Bedingungen bei der Vermittlung von inhaftierten Drogenabhängigen erklärt werden. Wir stellen aber auch fest, dass es uns wieder häufiger gelungen ist auch junge Drogenabhängige zu motivieren, ein stationäres therapeutisches Angebot in Anspruch zu nehmen. Wir hoffen sehr, dass sich dieser Trend fortsetzt, da wir nach wie vor überzeugt sind, dass sich die besten Ausstiegschancen für die Betroffenen über eine stationäre Therapie eröffnen. 4. Von der Sucht ihrer Eltern betroffene Kinder Die bisher dargestellten Veränderungen bewirken, dass Drogenkarieren inzwischen länger andauern, aber häufig auch weniger dramatisch verlaufen. Das hat unter anderem zur Folge, dass Kinder häufiger von der Sucht ihrer Eltern betroffen sind. Bis 2007 haben wir diese Daten erhoben, und konnten einen regelmäßigen Anstieg beobachten. 2007 hatten: 161 unserer Klienten haben insgesamt 264 eigene Kinder 93 Klienten leben gemeinsam mit Kindern in einem Haushalt. Dies können entweder die leiblichen Kinder als auch Kinder des Lebenspartners sein. 155 Kinder leben mit mindestens einem Drogenabhängigen in einem Haushalt. Betroffene Kinder spielen speziell bei Substituierten eine große Rolle……. Zusammenarbeit mit den Jugendämtern wurde vereinbart (ergänzende Verträge)…. Alle diese Schaubilder belegen ein Anwachsen der Problematiken im Zusammenhang mit Drogenmissbrauch. Wie passt das mit dem Rückgang der Drogenkriminalität zusammen, die vom Landeskriminalamt in den letzten Jahren festgestellt wird?? Folie: Heroin-Kokain Aus Rauschgiftbericht 2008 des Landeskriminalamtes Baden - Württemberg Seite 26 Interpretation, Erklärung: mehr Substitution…, mehr Opiatabhängige …..aber auch weniger Kriminalität (Mündlich ausführen ….sehr interessant!) Ich komme nun auf den Bereich zu sprechen in dem sich in den letzten 10-15 Jahren die größten Entwicklungen vollzogen haben, und der die Lebensbedingungen der Drogenabhängigen und die Arbeit der Beratungsstellen grundlegend verändert hat die Substitutionsbehandlungen. Die geplante Einführung der Diamorphin-Abgabe ist ebenfalls diesem Bereich zuzuordnen und wird je nach Art und Umfang der Umsetzung nochmals erhebliche Veränderungen bringen. Die Substitutionsbehandlungen im Landkreis Die Substitutionsbehandlungen entwickelten sich in den 90er Jahren nicht zuletzt bedingt durch den offensichtlichen Behandlungsbedarf der vielen an HIV erkrankten Drogenabhängigen. Es wurden die rechtlichen Voraussetzungen für Substitutionsbehandlungen geschaffen, allerdings entwickelten sich diese regional sehr unterschiedlich. Inzwischen ist die Substitutionsbehandlung eine anerkannte und erfolgreiche Behandlungsform unter medizinischer Federführung. Es handelt sich zunächst um eine Überlebenshilfe zur gesundheitlichen und sozialen Schadensbegrenzung. Der ursprüngliche Stoff, in der Regel Heroin, wird durch ein Substitut Polamidon oder Subutex ersetzt. Die Sucht (Opiatabhängigkeit) bleibt bestehen. Bei dieser Behandlung ist es vorgesehen, dass eine psychosoziale Begleitung durch eine Beratungsstelle den Prozess begleitet. Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt und dem Patienten soll eine zielgerichtete Perspektive entwickelt werden. Mit sozialarbeiterischen und therapeutischen Methoden kann so ein Ausstieg aus der Sucht unterstützt werden. Auch wird durch diese Zusammenarbeit der Gefahr begegnet, dass durch die Substitution die Sucht verlängert und verstärkt wird (Beigebrauch, Kriminalität, Überdosierungen). Für den behandelnden Arzt ergibt sich eine Handlungs- und Rechts-Sicherheit, was die Bereitschaft solche schwierigen Behandlungen durzuführen erhöht. Welche große Rolle die Substitution inzwischen in unserer Region spielt zeigt der folgende Überblick Folie Substitution im Landkreis Konstanz - (2009) Bereich Anzahl der Patienten/Innen Singen ca. 130 4 substituierende Ärzte/Innen Stockach Ludwigshafen Engen Jestetten ca. 50 4 substituierende Ärzte/Innen Konstanz ca. 90 4 substituierende Ärzte Summe ca. 270 Im Landkreis Konstanz bestehen gute Ansätze für hilfreiche, zielgerichtete Substitutionsbehandlungen. Leider gibt es aber auch noch erhebliche regionale Unterschiede. Wenn man die Situation im Raum Singen, in den Gemeinden des Landkreises und in Konstanz vergleicht, kann unseres Erachtens nur in Konstanz von einer ausreichenden psychosozialen Substutionsbegleitung für alle Betroffenen gesprochen werden. In Singen und in den Gemeinden bestehen gute Ansätze bei der Zusammenarbeit mit den Ärzten, wir erreichen auch hier bereits sehr viele Klienten, die Betreuung ist jedoch selten ausreichend, viele Substituierte bleiben psychosozial unbetreut. Chancen werden so leider nicht genutzt. Zielsetzung muss unseres Erachtens sein, dass die Zusammenarbeit zwischen den substituierenden Ärzten und der Beratungsstelle im Landkreis flächendeckend weiter verbessert wird. Möglichst alle Substituierten sollten von Beginn der Behandlung an nach einem gemeinsamen Behandlungsplan psychosozial begleitet werden. Die aktuelle Betreuungssituation durch unsere Beratungsstelle zeigt das folgende Schaubild. Folie Ca 40% unserer Klienten/Innen werden inzwischen substituiert. Diese Tabelle veranschaulicht die zunehmende Bedeutung von Substitutionsbetreuungen. Es zeigt auch, dass der reine Heroinabhängige inzwischen die Ausnahme ist. Im Bereich der illegalen Drogen dominieren inzwischen Mehrfachabhängigkeiten. Ersatzstoffe vom Arzt oder vom Schwarzmarkt spielen für fast jeden Drogenabhängigen eine sehr wichtige Rolle für die Entwicklung und Ausprägung seiner Sucht. Bei den vielen Überdosierungen spielen Ersatzstoffe eine entscheidente Rolle. Wir halten es deshalb für unsere Aufgabe durch eine enge Zusammenarbeit mit den behandelnden Ärzten und eine intensive psychosoziale Begleitung die Risiken für die Betroffenen ( Verfestigung der Sucht, gefährlicher Beikonsum, Kriminalität), möglichst zu minimieren und die Chancen ( gesundheitliche Stabilisierung, Ausstieg aus der Kriminalität, soziale Rehabilitation, Drogenfreiheit ) zu fördern. Eine These, die unterstreicht welch hohe Bedeutung wir diesem Arbeitsbereich beimessen: Die Qualität von Substitutionsbehandlungen verbunden mit der Intensität der psychosozialen Begleitung sind heute ganz entscheidente Faktoren für die Ausprägung der Drogenszene in einer Region. Die Bedeutung für Beginn, Verlauf und Beendigung von Drogenkarrieren kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Nach unseren Erfahrungen bemisst sich die Qualität einer Substitutionsbehandlung daran, dass der Patient möglichst niedrig aber doch ausreichend zur Vermeidung von Beikonsum, dosiert wird. So kann das Ziel der Drogenfreiheit durch sozialarbeiterische und therapeutische Unterstützung im Rahmen der psychosozialen Begleitung gefördert werden. Als Beispiel für eine unseres Erachtens vorbildliche Substitutionsbehandlung kann das sogenannte “Konstanzer Modell“ gelten, auf das ich zum Ende meiner Ausführungen eingehen möchte, da hier Auswertungen vorliegen, die Chancen aber auch Grenzen von Substitutionsbehandlungen aufzeigen. Das Konstanzer Modell der Substitutionsbehandlung Das “Konstanzer Modell” beschreibt die Substitutionsbehandlung in der Stadt Konstanz durch niedergelassene Ärzte und die Drogenberatungsstelle. Es entstand Mitte der neunziger Jahre und besteht in der beschriebenen Form seit 1999. Das Programm ist nicht statisch und wird von den Beteiligten ständig überprüft, neuen Gegebenheiten angepasst und weiter entwickelt. Das Besondere an dem “Konstanzer Modell“ ist: In Konstanz arbeiten alle 4 substituierenden Ärzte mit der Beratungsstelle zusammen es ist inzwischen Standard, dass alle neuen Patienten, die substituiert werden wollen, in schriftliche Verträge mit Arzt und Beratungsstelle eingebunden werden. (Doppelbetreuungen werden so ausgeschlossen) Die Schweigepflichtentbindungen sind Teil der Verträge und beziehen sich auf alle im Modell zusammenarbeitenden Ärzte und die Beratungsstelle. Auf dieser Grundlage erfolgen wöchentliche Rückmeldungen von Seiten der Beratungsstelle an die behandelnden Ärzte über die Teilnahme an der psychosozialen Begleitung. Die Ärzte tauschen sich regelmäßig mit der Beratungsstelle über die Patienten, deren Behandlungsverlauf, die Dosierung und Zielsetzung aus. In einem regelmäßigen Qualitätszirkel werden alle Aspekte, Fragen und Probleme der Substitutionsbehandlungen fachübergreifend besprochen. Hier wird auch die Konzeption weiterentwickelt. Bei allen Beteiligten besteht Konsens, das die Substitutionsbehandlungen zielgerichtet und ausstiegsorientiert sind. Es kann festgehalten werden, dass es in Konstanz gelungen ist durch die Kooperation der Ärzte und der Beratungsstelle eine Intensität und Qualität der Substitutionstherapie zu erreichen, die u.E. sonst nur über Schwerpunktpraxen erzielt werden kann. Dies ist mit dem Vorteil verbunden, dass den Patienten eine individuelle Behandlung in einer „normalen“ Arztpraxis mit Wahlmöglichkeit des Arztes ermöglicht wird. Einer Szenenbildung und Ausgrenzung der Substituierten wird so entgegengewirkt. Die Formen der Zusammenarbeit Die Zusammenarbeit zwischen Drogenberatung und substituierenden Ärzten vollzieht sich auf verschiedenen Ebenen: Zentral ist der sogenannte „Qualitätszirkel“, der sich aus den substituierenden Ärzten, den Drogenberatern, dem Fachberater der Apotheken und den leitenden Ärzten der Suchtabteilung des Z f P Reichenau zusammensetzt und sich alle 8 Wochen trifft. Je nach Thema werden Gäste z.B. Juristen, die Polizei, das Jugendamt oder auch Pharmakologen eingeladen. Eine weitere Ebene der Zusammenarbeit ist der regelmäßige Informationsaustausch über die individuelle Behandlung sowohl zwischen den Ärzten, als auch zwischen dem behandelnden Arzt und der Beratungsstelle. Dieser Informationsaustausch erfolgt in der Regel wöchentlich per Fax und telefonisch. Krisen werden so zeitnah besprochen und es kann gemeinsam reagiert werden. Des weiteren erfolgen regelmäßige Fallbesprechungen zwischen den einzelnen behandelnden Ärzten und den Mitarbeitern der Beratungsstelle. Sämtliche gemeinsamen Klienten werden besprochen. Diese Gespräche finden im Abstand von ca. 4-6 Wochen in der Beratungsstelle statt. Die individuellste Ebene der Zusammenarbeit erfolgt über die Substitutionsverträge, die von allen Beteiligten unterschrieben werden und auch Gespräche zu Dritt vorsehen. Die beschriebenen Formen der Zusammenarbeit bilden das Fundament des Konstanzer Modells. Für die Klienten bedeutet es, dass sie mit ihren Problemen ernst genommen werden und das Angebot einer intensiv psychosozial begleitenden, zielgerichteten Substitutionsbehandlung erhalten. Allen Beteiligten bietet das Modell Handlungs- und Rechtssicherheit, letztere ist besonders für die Ärzte wichtig, und erhöht deren Bereitschaft Substitutionsbehandlungen durchzuführen. Ablauf des Programms Für den Patienten gestaltet sich das “Konstanzer Modell” folgendermaßen: Ein drogenabhängiger Mensch, der eine Substitutionsbehandlung wünscht oder benötigt, sucht entweder die Drogenberatungsstelle auf oder er wird von einem der substituierenden Ärzte an die Drogenberatung verwiesen. In der Beratungsstelle wird in einem Vorgespräch geklärt, ob die Indikation für eine Substitution vorliegt, ob eine Substitution zurzeit als Mittel der Wahl sinnvoll erscheint oder ob andere Möglichkeiten besser geeignet sind. Wird eine Substitutionsbehandlung befürwortet, wendet sich der Drogenberater direkt an einen der substituierenden Ärzte und berichtet ihm über den möglichen Patienten. Nach dieser Abstimmung wird ein Probevertrag zwischen Klient und Drogenberater abgefasst, der dann dem Arzt vorgelegt wird und von diesem ebenfalls unterschrieben wird. Dieser Probevertrag ist für maximal 8 Wochen gültig und darin werden nicht nur die Gründe für die Substitution sowie die kurzfristigen Ziele festgehalten, sondern auch die Schweigepflichtentbindung unterschrieben und ein Termin für das Auswertungsgespräch über den Verlauf der Probezeit vereinbart. Nach dem Vertragsabschluss kann der Klient zum Arzt gehen. Von diesem wird nach einem Drogenscreening und einer Anamnese das geeignete Substitutionsmittel ( Subutex oder Methadon ) gewählt und die Dosierung festgelegt. Nach Ablauf des Probevertrages wird mit dem Patienten ggf. ein neuer Vertrag geschlossen, der die kurz- mittel- und langfristigen Ziele festlegt. Dieser Vertrag wird, wenn immer möglich, in einem gemeinsamen Gespräch zwischen Drogenberater, substituierendem Arzt und Patienten ausgehandelt. Ziel ist in aller Regel die Drogenfreiheit. Parallel zu der Substitutionsbehandlung durch den Arzt kommt der Klient regelmäßig in die Beratungsstelle. Die ambulanten Gespräche drehen sich zu Anfang in der Regel um die Substitutionsbehandlung selbst, Probleme mit der Umstellung, Veränderungen, Ängste .… Später rücken zunehmend soziale Themen in den Vordergrund, wie Wohnungssuche, Arbeitssuche, Freizeitgestaltung.... Die therapeutische Bearbeitung von Themen wie Suchtentstehung, Familie, persönliche Probleme.... schließt sich an und kann den Ausstieg aus der Sucht vorbereiten. Nach erfolgreicher Abdosierung werden im Idealfall Gespräche zur Stabilisierung und Rückfallprophylaxe geführt. Den roten Faden in allen Gesprächen bilden die im Vertrag vereinbarten Ziele und alles was die Erreichung dieser Ziele hemmt bzw. fördert. Der Ablauf einer Behandlung kann nur exemplarisch skizziert werden, da jeder Fall unterschiedlich ist und individuelle Wege und Lösungen gesucht werden müssen. Möglich ist dies nur auf dem oben beschriebenen Hintergrund der Zusammenarbeit und Kooperation. Die individuelle Behandlung entwickelt sich in einem eng verflochtenen Netzwerk aus ambulanter medizinischer Behandlung, psychosozialer Betreuung und mit dem möglichen Rückgriff auf stationäre Behandlungsmöglichkeiten. (mehr Informationen über das Konstanzer Modell in unseren Jahresberichten) Folie Auswertung Konstanzer Modell 1999 – 2008 (Anlage) Diskussion, Erläuterung……. Chancen aber auch Grenzen Schluss Ich möchte meine Ausführungen mit einer These abschließen: Veränderungen im gesellschaftlichen Umgang mit Drogenabhängigkeit und Veränderungen der Hilfs- und Behandlungsangebote haben direkte Auswirkungen auf die individuelle Ausprägung der Sucht. Sie beeinflussen die Entstehung, die Dauer, den Verlauf und den Ausgang von Drogenkarrieren. Sie beeinflussen sogar was für Drogen, in welcher Menge konsumiert werden. Diese Aussage erscheit zunächst „selbstverständlich“ widerlegt aber alle diejenigen, die Drogenabhängigkeit ansehen als: individuelles biologisch/genetisch determiniertes Geschehen als Lebensstil abhängig von der Art der konsumierten Droge Die ersteren leiten daraus ab, dass lediglich Versorgung und pharmakologische Behandlung sinnvoll ist. Die letzteren, dass man die Süchtigen selbst frei entscheiden lassen sollte, wie sie leben und was sie konsumieren wollen. Meine Aussage, die ich zu begründen versucht habe fordert die Gesellschaft und uns zum aktiven Handeln auf. Wir dürfen die Suchtkranken nicht sich selbst überlassen, weil Veränderungen zum positiven und negativen möglich sind. Gleichzeitig ist dies auch eine Begründung für unser aller Bemühen die Angebote für die Suchmittelabhängigen in der Region auszubauen, zielgenauer zu gestalten und durch Zusammenarbeit zu optimieren. (Dies im Interesse der Betroffenen, ihrer Angehörigen und der Gesellschaft.) Hierin sehe ich Aufgabe und Sinn unseres Suchthilfeverbundes. Vielen Dank Günther Hähl