1 Univ.-Prof. Dr. Rainer Vollkommer, Liechtensteinisches

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1 Univ.-Prof. Dr. Rainer Vollkommer, Liechtensteinisches
Konsultation Strategische Weiterentwicklung Geistes-, Kultur- & Sozialwissenschaften
Zur Veröffentlichung freigegebene Antworten, Stand: 28. September 2015
Univ.-Prof. Dr. Rainer Vollkommer, Liechtensteinisches Landesmuseum
Stellen Sie sich bitte die optimalen Rahmenbedingungen für Ihre
Forschungsarbeit vor.
Wie sehen diese in den folgenden Bereichen idealerweise aus?
Vernetzung von Forschungsaktivitäten – Zusammenarbeit
national/international
Vernetzung ist wie in jedem Bereich wichtig. Sie sollte sowohl national wie auch
international stattfinden. Man sollte sich dazu auf eine Sprache einigen, die m.E.
nur Englisch sein kann. Da jedoch der Forscher selbst je nach dem Englisch in
der profunden Tiefe nicht hat, wäre es förderlich eine Institution einzurichten, die
alles dementsprechend übersetzt. In den Geistes-, Kultur- und
Sozialwissenschaften sind auch heute noch der Zugriff auf Bücher und
Bibliotheken von hoher Wichtigkeit, um besser forschen zu können. Man sollte
daher so rasch wie möglich versuchen, auch in diesen Bereichen so viel wie
möglich rasch zu digitalisieren, so dass jeder Forscher egal, wo er lebt, optimalen
Zugriff auf Wissen hat.
Freiräume für Forschung
Umso freier die Forschung von anderen Zwängen ist, umso mehr kann erreicht
werden. Der Forscher braucht Zeit. Zu kurz befristete Zeitverträge können oft
nur zum Abschluss kleinerer Projekte führen. Größere zeitaufwendigere Projekte
werden dadurch eingeschränkt. Die Forschung sollte ohne Beeinflussung von
Politik, Wirtschaft und gesellschaftlichen Einflussnahmen erfolgen.
Zugang zu Forschungsergebnissen & Forschungsdaten, Forschungs- und
Dateninfrastrukturen
Der Zugang sollte für alle - soweit möglich - gleich sein.
Schutzrechts- und Verwertungsstrategien (Literar-Mechana etc.)
Die Verwertung sollte allen ohne Bedingungen mit Ausnahme der Nennung der
Urheber offen stehen.
Was ist zu tun, um zu der von Ihnen unter 1. beschriebenen Situation zu
gelangen?
Bitte nennen Sie uns bis zu drei Vorschläge in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit.
Gleiche Sprache
Gleicher medialer Zugang zu so viel Wissen wie möglich
Gleiche Verwertungschancen
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Konsultation Strategische Weiterentwicklung Geistes-, Kultur- & Sozialwissenschaften
Zur Veröffentlichung freigegebene Antworten, Stand: 28. September 2015
Denken Sie bitte an Ihre Auslandsaufenthalte zurück.
Welche Erfahrungen aus den unterschiedlichen Wissenschaftssystemen
empfehlen Sie für Österreich?
Bitte nennen Sie uns drei Good-Practice-Beispiele.
1. Beispiel
Oxford
Kleine Studentengruppen, bei denen auf jeden Einzelnen intensiv eingegangen
werden kann, Konzentration auf Wesentliches (z.B. kein Suchen nach Unterkunft,
Möbel, Essen, etc.) und außergewöhnlich gute Bibliotheken (letzteres zu ersetzen
durch digitalen Zugriff für Alle).
2. Beispiel
CNRS - Frankreich
Forschern wird ermöglicht nicht nur Projekte in Angriff zu nehmen, die zeitlich
vertraglich oft begrenzt sind, sondern auch länger dauern können, wenn es
notwendig ist
3. Beispiel
Vergangenheit der deutschsprachigen Universitäten
Verschulung in unseren Bereichen wieder größtenteils abschaffen und den
Studenten ermöglichen, nicht nur Wissen anzusammeln, sondern vor allem
wieder kritisches Denken zu entwickeln.
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie für Ihre persönliche Forschungsarbeit in
der Teilnahme am Europäischen Forschungsraum (Horizon 2020, Joint
Programming Initiativen, ERA-Nets, etc.) und an Internationalen Programmen
und Initiativen (UNESCO, OECD, etc.)?
Häufig reduzieren sich diese Programme auf einen für alle möglichen Teilnehmer
erlaubten kleinsten Nenner, der je nach Land wegen politischer, wirtschaftlicher
oder gesellschaftlicher Konventionen aufoktroyiert wird. Aufbrechen dieser
Konventionen müsste ermöglicht werden. Die Teilnahme ist andererseits sehr
wichtig, um zu sehen, welche unterschiedlichen Vorgehensweisen möglich wären
und wo Ihre Grenzen liegen und wie man diese überbrücken könnte, um
gemeinsam stärker zu sein
Bitte nennen Sie uns die drei wichtigsten Implikationen, die die fortschreitende
Digitalisierung (Digital Humanities, Big Data, Datenforschungsinfrastrukturen,
ICT-Lösungen, etc.) aktuell und zukünftig haben wird?
Zugriff an mehr Wissen
Vernetzung unterschiedlichster Partner, dadurch Erweiterung der
Auseinandersetzung
Der eigene Standort verliert an Gewicht
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Konsultation Strategische Weiterentwicklung Geistes-, Kultur- & Sozialwissenschaften
Zur Veröffentlichung freigegebene Antworten, Stand: 28. September 2015
Was wollen Sie uns darüber hinaus mitteilen?
Ich begrüße sehr, dass eine Konsultation stattfindet. Wichtig wäre, diese
zusammenzuführen und nachhaltig in einen permanenten Dialog fortzusetzen
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Konsultation Strategische Weiterentwicklung Geistes-, Kultur- & Sozialwissenschaften
Zur Veröffentlichung freigegebene Antworten, Stand: 28. September 2015
Prof. Dr. Andre Gingrich, Universität Wien
Stellen Sie sich bitte die optimalen Rahmenbedingungen für Ihre
Forschungsarbeit vor.
Wie sehen diese in den folgenden Bereichen idealerweise aus?
Vernetzung von Forschungsaktivitäten – Zusammenarbeit
national/international
Die Vernetzung der heimischen GSK untereinander ist derzeit oft geringer als in
internationalem Maßstab. Dies drückt aber selten ein "Defizit" aus, sondern die
Realitäten eines Kleinstaats: Die attraktivsten Partner sind selten im Inland
vorhanden; es sollte diesbezüglich kein finanzieller oder administrativer Druck
ausgeübt werden. Wo zweckmäßig und sinnvoll, wären "incentives" denkbar –
etwa in Form finanzieller und arbeitsrechtlicher Erleichterungen beim Aufbau
gemeinsamer Infrastruktur, beim Erwerb gemeinsam benötigter Qualifikationen,
bei gemeinsamer Nutzung von Administrativ-Personal. Dies könnte crossinstitutional cooperation im Inland fördern dort, wo noch selten daran gedacht
wird.
Freiräume für Forschung
Speziell für Führungskräfte der Forschung haben die Gesamt-Anforderungen bei
Micro- und Macro-Management sowie im reviewing (für Journals, FörderInstitutionen, Behörden...) ein untragbares Ausmaß erreicht. Die eigentlichen
Kernkompetenzen – eigene Forschungen und unmittelbare Nachwuchsförderung
– geraten unter inakzeptablen Druck. Das gilt in besonders hohem Ausmaß für
die heimischen GSK (mehr Studierenden, geringere Finanz- und
Administrativressourcen). Der Weg der Univ. Wien (zusätzliche Freisemester &
Senkung der Lehrverpflichtung für Leiter/innen von SFB's und deren Stv.) muss
daher dringend fortgesetzt, ausgeweitet und substanziell gestärkt werden.
Zugang zu Forschungsergebnissen & Forschungsdaten, Forschungs- und
Dateninfrastrukturen
Beim FWF besteht zu Open Access ein krasses Missverhältnis zwischen Aufwand
und Relevanz für die GSK-Mehrheit (vgl. den bescheidenen FWF-Input zu
Research Integrity!). Viele v.a. Jüngere in den GSK wissen mit der teuren OARhetorik des FWF nichts anzufangen. Ein Kurswechsel ist dringend nötig. Er hat
sich daran zu orientieren, wo Österreich international Spitzenniveau hat: Die
heimischen ERC-Grants in den GSK wurden bekanntlich in Ägyptologie,
Mediävistik, Sozialanthropologie usw. akquiriert, aber nicht in Psychologie oder
Wirtschaftswissenschaften. Kurswechsel! Mit dem ACDH wurde für
Infrastrukturen (Forschung & Daten) bereits eine erste enorm begrüßenswerte
Weichenstellung seitens BMWF(W)/ÖAW und Unis gesetzt. Das Tempo ist
beizubehalten: Steigerung der kompetitiv vergebenen Finanzmittel, Förderung
von Informations- und Diskussionsprozessen (bottom up & top down);
schrittweiser Auf- und Ausbau von kreativer Arbeitskultur der GSK in Österreich.
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Zur Veröffentlichung freigegebene Antworten, Stand: 28. September 2015
Schutzrechts- und Verwertungsstrategien (Literar-Mechana etc.)
Meine persönlichen Erfahrungen und die der meisten meiner Kolleg/inn/en &
Mitarbeiter/innen mit der Literar-Mechana sind exzellent. Ihre Rolle sollte daher
im Zug der aktuellen digital bedingten Veränderungen und Herausforderungen
insgesamt gestärkt und ausgeweitet werden.
Was ist zu tun, um zu der von Ihnen unter 1. beschriebenen Situation zu
gelangen?
Bitte nennen Sie uns bis zu drei Vorschläge in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit.
Entlastung von GSK-Führungskräften zur Wahrnehmung ihrer Kernkompetenzen
Ausbau des ACDH; Kurswechsel bei der OA-Policy des FWF im GSK-Bereich
Einführung gezielter incentives für cross-institutional cooperation der GSK im
Inland
Denken Sie bitte an Ihre Auslandsaufenthalte zurück.
Welche Erfahrungen aus den unterschiedlichen Wissenschaftssystemen
empfehlen Sie für Österreich?
Bitte nennen Sie uns drei Good-Practice-Beispiele.
1. Beispiel
Asian Research Institute (ARI) der National University of Singapore
Aufbau eines starken interdisziplinären aber spezialisierten Kompetenzzentrums
in den GSK mit besonderer Beachtung der Relevanz von regional studies/area
studies/social anthropology/usw. durch
a) Forcierung eines core team aus langfristigen, exzellenten appointments
b) parallele (auch budgetäre) Forcierung eines Rotationsprinzips von visiting
appointments
c) keine Lehr- aber Vortragsverpflichtung am ARI, verpflichtende Anbindung des
Vortragsbesuchs an den NUS-Lehrbetrieb (für Lehrende & PhD Studierende)
http://www.ari.nus.edu.sg/
2. Beispiel
Netherlands Institute for Advanced Studies in the Humanities (NIAS)
Die mit Österreich durchaus besser als etwa Deutschland vergleichbaren
Niederlande haben EIN NIAS; Österreich hat hingegen mehrere kleine & eher
unterdotierte "Zentren" (IFK, IWM) die primär auf Gastforscher/innen
ausgerichtet sind ohne ausreichende Anbindungen an die heimische GSKLandschaft sowie die ÖAW. Nach Vorbild des NIAS wären die Mittel für IFK, IWM
etc. so aufzustocken dass daraus "bindende" (und mit Bund und PartnerInstitutionen vertraglich abgesicherte) Kooperationen zu ÖAW und heimischen
Uni's erwachsen – mit direktem und spürbarem Benefit für heimische PostDocs
und PhD's.
https://www.nias.knaw.nl/
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Welche Vor- und Nachteile sehen Sie für Ihre persönliche Forschungsarbeit in
der Teilnahme am Europäischen Forschungsraum (Horizon 2020, Joint
Programming Initiativen, ERA-Nets, etc.) und an Internationalen Programmen
und Initiativen (UNESCO, OECD, etc.)?
Meine persönliche Mitwirkung (2008-2013) am ERC als Panel Chair in den GSK
(dort: SH), Advanced Grants, war enorm lehrreich und ergab ein deutliches Plus
an Expertise und Überblick für mich und meine Teams an der ÖAW und an der
Uni Wien. Dies war möglich aufgrund einer entsprechenden, befristeten
Entlastung bei anderen Aufgaben an beiden Institutionen, denen ich dafür
dankbar bin.
Bitte nennen Sie uns die drei wichtigsten Implikationen, die die fortschreitende
Digitalisierung (Digital Humanities, Big Data, Datenforschungsinfrastrukturen,
ICT-Lösungen, etc.) aktuell und zukünftig haben wird?
Auch an den heimischen Uni's in den GSK:
Eine zunehmende Ausdifferenzierung, in der einen oder anderen Form die zu
begleiten und kritisch zu evaluieren ist, in akademische Positionen die – zum
jeweils gegebenen Zeitpunkt – stärker mit Lehre & Betreuung zu tun haben
werden und solche, die damit etwas weniger und selektiver involviert sind.
Die Möglichkeit und Notwendigkeit, auch in den GSK eine zunehmend belastbare
Archivierungs-, Forschungs- sowie Fort- und Ausbildungsschiene zur digitalen
Datennutzung herzustellen, zu warten und zu nutzen. (ACDH massiv ausbauen &
nutzbar machen für alle Fachbereiche)
Neue und bisher zu wenig oder kaum genutzte alte Quellen für die GSK zu
erschließen, sowohl im "alten" Sprach-zentrierten Textbereich als auch in neuen
Text-wie Bildformaten inklusive neuer epistemologischer Akzentsetzungen im
Visuellen.
Was wollen Sie uns darüber hinaus mitteilen?
Keine Angabe
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O.Univ.-Prof. Christian Stary, Johannes Kepler Universität Linz
Stellen Sie sich bitte die optimalen Rahmenbedingungen für Ihre
Forschungsarbeit vor.
Wie sehen diese in den folgenden Bereichen idealerweise aus?
Vernetzung von Forschungsaktivitäten – Zusammenarbeit
national/international
Kurzfristige Unterstützung für Vernetzungstreffen - COST-ähnliches Regime mit
minimalem Administrationsaufwand. Digitale Plattform mit bestehenden
Netzwerken, um kurze Wege zu gehen.
Freiräume für Forschung
Anerkennung disziplinenübergreifender Kontakte
Zugang zu Forschungsergebnissen & Forschungsdaten, Forschungs- und
Dateninfrastrukturen
Nationales Campuslizenzmodell für Zugang zu sämtlichen Forschungsarbeiten Entbindung der ForscherInnen, sich um Finanzierung der Publikation ihrer
Forschungsergebnisse kümmern zu müssen – gegebenenfalls nationale
Clearingstelle, die eigenverantwortlich Anliegen einen Fall abwickelt (one-stopservice)
Schutzrechts- und Verwertungsstrategien (Literar-Mechana etc.)
s.o.
Was ist zu tun, um zu der von Ihnen unter 1. beschriebenen Situation zu
gelangen?
Bitte nennen Sie uns bis zu drei Vorschläge in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit.
Nationale Vereinheitlichung der akademischen Infrastruktur zur Publikation von
Forschungsergebnissen und Vernetzung von ForscherInnen
Entbürokratisierung von Forschungsarbeiten
Controlling durch Förderung ersetzen
Denken Sie bitte an Ihre Auslandsaufenthalte zurück.
Welche Erfahrungen aus den unterschiedlichen Wissenschaftssystemen
empfehlen Sie für Österreich?
Bitte nennen Sie uns drei Good-Practice-Beispiele.
1. Beispiel
Pädagogisches Schulamt Bozen
Weiterbildungseinrichtung für Pädagogen
http://www.provinz.bz.it/schulamt/
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2. Beispiel
Universität Bochum
IMTM Stabstelle mit unbürokratischen Strukturen für den Austausch
http://www.imtm-iaw.ruhr-uni-bochum.de/en
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie für Ihre persönliche Forschungsarbeit in
der Teilnahme am Europäischen Forschungsraum (Horizon 2020, Joint
Programming Initiativen, ERA-Nets, etc.) und an Internationalen Programmen
und Initiativen (UNESCO, OECD, etc.)?
Vorteile: interkulturelles Arbeiten schon bei Projektbeantragung
Nachteile: zeitintensiv, ressourcenintensiv und bei Nichtbewilligung als verlorene
Zeit in Außensicht ('nicht darstellbarer Erfolg')
Bitte nennen Sie uns die drei wichtigsten Implikationen, die die fortschreitende
Digitalisierung (Digital Humanities, Big Data, Datenforschungsinfrastrukturen,
ICT-Lösungen, etc.) aktuell und zukünftig haben wird?
Wissenshalbwertszeit verringert sich
Österreich wird zu Entwicklungsland, da bislang erforderliche
Strukturentwicklungen politisch blockiert wurden.
Braindrain von Österreich in hochdigitalisierte Länder
Was wollen Sie uns darüber hinaus mitteilen?
Keine Angabe
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Zur Veröffentlichung freigegebene Antworten, Stand: 28. September 2015
Dr.iur. Mag.iur. LL.M (Harvard) Brigitta Lurger, Karl-FranzensUniversität Graz
Stellen Sie sich bitte die optimalen Rahmenbedingungen für Ihre
Forschungsarbeit vor.
Wie sehen diese in den folgenden Bereichen idealerweise aus?
Vernetzung von Forschungsaktivitäten – Zusammenarbeit
national/international
Finanzielle Förderung von Dienstreisen, Tagungen und sonstigen
Vernetzungsaktivitäten sollte verbessert werden, Forschungsaufenthalte im
Ausland sollten ermöglicht und unterstützt werden
Freiräume für Forschung
Alle 4 Jahre Anspruch der Professor/innen auf ein Forschungsfreisemester oder
Forschungsjahr, die Belastung mit der Lehre sollte reduziert werden, derzeit
komme ich neben Lehre, Studierendenbetreuung und Verwaltung kaum zum
Forschen
Zugang zu Forschungsergebnissen & Forschungsdaten, Forschungs- und
Dateninfrastrukturen
Erleichterung des Zugangs durch open access Publikationen, die online verfügbar
sind
Erweiterung des Budgets der Universitätsbibliotheken damit diese Datenbanken
ankaufen und die Forscher/innen bei der Informationssuche besser unterstützen
können
Schutzrechts- und Verwertungsstrategien (Literar-Mechana etc.)
Open access
Was ist zu tun, um zu der von Ihnen unter 1. beschriebenen Situation zu
gelangen?
Bitte nennen Sie uns bis zu drei Vorschläge in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit.
ALLE DER DREI GENANNTEN PUNKTE SIND SEHR WICHTIG – ICH KANN KEINE
REIHUNG VORNEHMEN – SIE HÄNGEN AUCH INHALTLICH ZUSAMMEN
Verbesserung der personellen Ausstattung jener Fakultäten, die eine hohe
Lehrbelastung durch hohe Studierendenzahlen haben: Derzeit leiden sowohl die
Qualität der Lehre (zB Vorlesungen mit hunderten Studierenden, keine Förderung
in Kleingruppen möglich) als auch die Qualität der Forschung (wir lehren nur
mehr, keine Zeit für Forschung) erheblich an der personellen Unterausstattung,
die vor allem in Vergleich mit Universitäten aus den USA, Kanada, UK,
dramatisch ist. Ist die personelle Ausstattung verbessert, werden auch
Forschungsfreistellungen für 6-12 Monate alle vier Jahre ermöglicht, die
unbedingt nötig sind, um ausreichend Zeit für Forschung zu haben.
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Einführung von Studieneignungstests: Wir haben ein sehr ineffizientes
Lehrsystem, sehr hohe Zahlen von Studienanfängern, sehr niedrige
Absolventenquoten, wir schleppen völlig ungeeignete Studierende oft jahre- und
jahrzehntelang mit durch unzählige Prüfungswiederholungen, und nochmalige,
nochmalige, nochmalige Wiederholungen, diese halten uns von der Förderung
der geeigneten und begabten Studierenden und von der Forschung ab. In keinem
anderen entwickelten Land gibt es so viele Prüfungsantritte wie in unserem
System. Vier- bis fünfmalige Prüfungsantritte haben für alle Betroffenen nur
Nachteile, sind unsinnig und ineffizient, es ist unerklärlich, wieso sie noch nicht
reduziert wurden, etwa auf das deutsche System des zweimaligen Antritts, das
auch weltweit vorherrscht. Studieneignungstests sind sozial verträglich und
kosten im Vergleich zu den Kosten der jetzigen Ineffizient nur wenig.
Finanzielle Förderung der Forschung: Erweiterung der finanziellen Förderung der
Grundlagenforschung (zB durch Verdopplung des Budgets des FWF), das
Potential für die Forschungen ist vorhanden, es kann sich aber leider nicht
entfalten, weil die Projektförderanträge mangels Bedeckbarkeit abgelehnt werden
müssen. Schaffung von Förderprogrammen durch die Universitäten selbst, die
schon bestehende Forschungsschwerpunkte unterstützen bzw. neue innovative
Forschungsrichtungen aus der Taufe heben helfen. Jede Universität kann selbst
am besten erkennen, wo ihr Förderbedarf entsprechend ihrem eigenen
Forschungsprofil besteht.
Denken Sie bitte an Ihre Auslandsaufenthalte zurück.
Welche Erfahrungen aus den unterschiedlichen Wissenschaftssystemen
empfehlen Sie für Österreich?
Bitte nennen Sie uns drei Good-Practice-Beispiele.
1. Beispiel
Harvard University – Harvard Law School
Es findet sich alles das verwirklicht, was ich umseitig als Wunsch beschrieben
habe und noch vieles, das darüber hinaus geht: exzellente personelle
Ausstattung, große Freiräume für Forschung, Studieneignungstests – zusätzlich
Auswahl der Studierenden mit den besten Testergebnissen, den besten
Studiennoten bisher und den vielversprechendsten Lebensläufen exzellente
finanzielle und zeitliche Förderung der Forschungen die Auswahl der besten
Professor/innen im internationalen Wettbewerb ist aufgrund der guten
finanziellen Ausstattung möglich.
2. Beispiel
Oxford University
Das oben Gesagte gilt natürlich für viele weitere Spitzenuniversitäten weltweit:
wie Oxford, Cambridge, Yale, Stanford, UCLA etc.
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Welche Vor- und Nachteile sehen Sie für Ihre persönliche Forschungsarbeit in
der Teilnahme am Europäischen Forschungsraum (Horizon 2020, Joint
Programming Initiativen, ERA-Nets, etc.) und an Internationalen Programmen
und Initiativen (UNESCO, OECD, etc.)?
Vorteil: Möglichkeit der Akquirierung von Forschungsgeldern für Projekte
Nachteil: Die Schwierigkeit, geeignete Calls für die Rechtswissenschaften zu
finden, wird den Forscher/innen der Rechtswissenschaften negativ ausgelegt
(weil sie zu wenige Gelder einwerben), dies ist meist ungerecht: weil die Calls
nicht von Ihnen beeinflusst werden und nicht auf Rechtswissenschaften Bedacht
nehmen.
Bitte nennen Sie uns die drei wichtigsten Implikationen, die die fortschreitende
Digitalisierung (Digital Humanities, Big Data, Datenforschungsinfrastrukturen,
ICT-Lösungen, etc.) aktuell und zukünftig haben wird?
Verbesserung der Forschungsmöglichkeiten durch Einsatz von IT, Verbesserung
des Datenzugangs für Daten, die Basis von Forschungsarbeiten darstellen
Verbesserung der Lehre
Neue Themenfelder für rechtswissenschaftliche und sozialwissenschaftliche
Forschung werden eröffnet"
Was wollen Sie uns darüber hinaus mitteilen?
Es ist ein Skandal, dass die Forschung und Wissenschaft im staatlichen Budget
und in der staatlichen Politik einen so geringen Stellenwert einnehmen wie in
Österreich. Wir sollten uns an führenden und vergleichbaren Ländern wie
Schweiz, Kanada, Deutschland, skandinavische Länder orientieren. Die größte
Ressource für unser Land – wirtschaftlich wie humanitär und kulturell betrachtet
– sind nicht die Berge, die Bauern, die Wasserkraft, der Tourismus – sondern das
geistige Potential der Menschen, die hier aufwachsen oder hierher kommen, das
in den Schulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen durch öffentliche
Gelder effizient, mutig, offen und mit Überzeugung gefördert werden sollte.
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assoz. Prof. Dr. Florian Schaffenrath, Ludwig Boltzmann-Gesellschaft
Stellen Sie sich bitte die optimalen Rahmenbedingungen für Ihre
Forschungsarbeit vor.
Wie sehen diese in den folgenden Bereichen idealerweise aus?
Vernetzung von Forschungsaktivitäten – Zusammenarbeit
national/international
Die Vernetzung mit internationalen Kollegen ist derzeit bereits in hohem Maß
gegeben. Wünschenswert wären verstärkte Programme, die es uns erlauben, v.a.
junge ausländische Forscher für eine bestimmte Zeit nach Österreich zu holen,
um mit ihnen gemeinsam zu arbeiten. Hier gibt es zwar bereits lobenswerte
Initiativen, aber mehr wären wünschenswert.
Freiräume für Forschung
Es wäre wünschenswert, Verwaltungs- und Forschungstätigkeiten stärker zu
trennen: Verwaltungsaufgaben könnten von Menschen mit entsprechender
Ausbildung besser und effizienter erledigt werden; andererseits würden sehr
speziell ausgebildete Wissenschaftler nicht mit Aufgaben belastet, auf deren
Erledigung sie im Grunde nicht vorbereitet sind. Dies würde ihnen für die
Forschung und das Denken nötige Freiräume schaffen.
Zugang zu Forschungsergebnissen & Forschungsdaten, Forschungs- und
Dateninfrastrukturen
Der Zugang zu Literatur und Datenbanken wird durch die österreichischen
Bibliotheken in zufriedenstellender Art und Weise gewährleistet. Eine Verstärkung
der Digitalisierungsbemühungen v.a. älterer, schwer zugänglicher Literatur (z.B.
in kleineren Archiven oder Bibliotheken) wäre wünschenswert.
Schutzrechts- und Verwertungsstrategien (Literar-Mechana etc.)
Läuft zufriedenstellend
Was ist zu tun, um zu der von Ihnen unter 1. beschriebenen Situation zu
gelangen?
Bitte nennen Sie uns bis zu drei Vorschläge in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit.
Einführung eines großen nationalen Fellowship-Programmes, das es v.a. jungen
auswärtigen Wissenschaftlern erlaubt, für die Dauer von 1-18 Monaten nach
Österreich zu kommen, um mit österreichischen Forschern zusammenzuarbeiten.
Die Höhe des Fellowships soll so ausfallen, dass die Wertschöpfung im Land
bleibt; ein Nachfolgeprogramm soll gewährleisten, dass diese Forscher auch über
ihren Aufenthalt hinaus mit Österreichs Forschungslandschaft verbunden bleiben.
Die Ausgaben für Verwaltungspersonal sollen mit maximal 10% des Budgets
(z.B. einer Universität) gedeckelt werden; dies würde dazu führen, dass hoch
qualifiziertes und speziell ausgebildetes Personal eingestellt werden müsste, das
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die forschenden Wissenschaftler entlastet, aber auch keine neuen
Verwaltungsaufgaben erfindet, um seine eigene Position zu rechtfertigen.
Projekte, deren Ziel in der Digitalisierung historischer Bibliothekssammlungen
bestehen, sollen bevorzugt behandelt werden, um in absehbarer Zeit
elektronischen Zugang zu den wichtigsten österreichischen Buchsammlungen zu
haben.
Denken Sie bitte an Ihre Auslandsaufenthalte zurück.
Welche Erfahrungen aus den unterschiedlichen Wissenschaftssystemen
empfehlen Sie für Österreich?
Bitte nennen Sie uns drei Good-Practice-Beispiele.
1. Beispiel
Universität Freiburg im Breisgau
Als Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung kam ich an die Universität
Freiburg i.Br. Die Stiftung kümmert sich auch nach dem Forschungsaufenthalt
um ihre Stipendiaten, die sich dadurch in ein lebenslang wirkendes
Forschungsnetzwerk eingebunden fühlen.
https://www.humboldt-foundation.de/web/start.html
2. Beispiel
Österreichisches historisches Institut in Rom
Als Stipendiat des Österreichischen historischen Instituts in Rom war es mir nicht
nur möglich, meinen Forschungen nachzugehen, sondern ich wurde auch in eine
Vielzahl kultureller Aktivitäten des Institutes eingebunden. Diese personalisierte
Einbildung auswärtiger Forscher in den Kulturbetrieb vor Ort scheint mir
nachahmungswert.
http://www.oehirom.it/de/institut
3. Beispiel
All Souls College, Oxford
Am All Souls College in Oxford wurde ich Zeuge einer Willkommenskultur, die
v.a. für das Schmieden neuer Netzwerke von großer Bedeutung war: Im Rahmen
von Tagungen finden ständig offizielle Essen für die anwesenden Professoren
statt, in deren Rahmen leicht Kontakte zu wichtigen Vertretern des Faches und
darüber hinaus geschlossen werden können. In Österreich scheint mir diese
Kultur der Begegnung im kleinen Kreis weniger institutionalisiert; Finanzmittel für
derartige Events sind kaum zu gewinnen.
https://www.asc.ox.ac.uk/
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Konsultation Strategische Weiterentwicklung Geistes-, Kultur- & Sozialwissenschaften
Zur Veröffentlichung freigegebene Antworten, Stand: 28. September 2015
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie für Ihre persönliche Forschungsarbeit in
der Teilnahme am Europäischen Forschungsraum (Horizon 2020, Joint
Programming Initiativen, ERA-Nets, etc.) und an Internationalen Programmen
und Initiativen (UNESCO, OECD, etc.)?
Sollte ein eingereichtes Projekt tatsächlich genehmigt werden, bedeutet dies eine
Absicherung des aufgebauten Forschungsteams; andererseits werden nicht
übermäßig viele Projekte genehmigt, sodass oft zu fürchten ist, dass die Zeit, die
man in die Ausarbeitung des Projektantrages investiert hat, im Grunde verloren
ist.
Bitte nennen Sie uns die drei wichtigsten Implikationen, die die fortschreitende
Digitalisierung (Digital Humanities, Big Data, Datenforschungsinfrastrukturen,
ICT-Lösungen, etc.) aktuell und zukünftig haben wird?
Durch die fortschreitende Digitalisierung historischer Buchbestände wird es in
Zukunft noch leichter sein, an seltene Literatur heranzukommen; es besteht
freilich die Gefahr, dass nach ungelesenen Bibliotheksbeständen nunmehr
elektronische Datengräber entstehen, wenn wir uns nicht gelichzeitig über die
systematische Erschließung Gedanken machen. Große Projekte zur
biobibliographischen Erschließung des Materials wären wünschenswert.
Was wollen Sie uns darüber hinaus mitteilen?
Österreich hat eine gute Kultur, innovative Themen der Geistes- und
Sozialwissenschaften auch institutionell, zumindest für eine bestimmte Zeit, zu
fassen (Akademie-Institute, Ludwig-Boltzmann-Institute). Die
Wissenschaftspolitik sollte Mittel und Wege finden, solche Einrichtungen zu
verstetigen, wenn sie gezeigt haben, dass die Grundidee funktioniert
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Konsultation Strategische Weiterentwicklung Geistes-, Kultur- & Sozialwissenschaften
Zur Veröffentlichung freigegebene Antworten, Stand: 28. September 2015
NN
Stellen Sie sich bitte die optimalen Rahmenbedingungen für Ihre
Forschungsarbeit vor.
Wie sehen diese in den folgenden Bereichen idealerweise aus?
Vernetzung von Forschungsaktivitäten – Zusammenarbeit
national/international
Die Zusammenarbeit/Vernetzung funktioniert eigentlich, da sie in der
individuellen Verantwortung der einzelnen Wissenschaftsperson liegt.
Freiräume für Forschung
Derzeit liegt der inneruniversitäre Schwerpunkt auf Lehre, Lehre, Lehre und ein
sich selbstverstärkender Bürokratieapparat sorgt für unablässige Beschäftigung
mit Kennzahlen, Selbst- und Fremdevaluationen, Controlling usw. Forschung
findet "in der Freizeit" statt, wie ein Dekan mir das gegenüber ausdrückte. Die
Anerkennung von Forschungsleistung erfolgt über eingeworbene Drittmittel,
meine Forschungen brauchen jedoch vor allem eines: Zeit. Zeit für die eigene
Arbeit, denn Lesen und Denken und Schreiben lässt sich nicht delegieren. Diese
Zeit muss ich mir "erstreiten" – was wiederum Energie und Zeit von der
Forschungsarbeit wegnimmt.
Zugang zu Forschungsergebnissen & Forschungsdaten, Forschungs- und
Dateninfrastrukturen
Open Access erhöht eindeutig die Möglichkeiten der Zusammenarbeit und des
Informationsflows. Ich nutze zunehmend Plattformen wie academia.edu und
researchgate, in denen auch nicht frei zugängliche Texte (oft als in der "proof"Version) zur Verfügung gestellt werden oder über die/den AutorIn angefragt
werden können.
Schutzrechts- und Verwertungsstrategien (Literar-Mechana etc.)
Keine Angabe
Was ist zu tun, um zu der von Ihnen unter 1. beschriebenen Situation zu
gelangen?
Bitte nennen Sie uns bis zu drei Vorschläge in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit.
Anforderungen an dauernde Kontrolle und Selbst- wie Fremdevaluation
herunterfahren
Zeitliche Ressourcen für individuelle Forschung anerkennen (nicht nur für
Drittmitteleinwerbung)
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Konsultation Strategische Weiterentwicklung Geistes-, Kultur- & Sozialwissenschaften
Zur Veröffentlichung freigegebene Antworten, Stand: 28. September 2015
Denken Sie bitte an Ihre Auslandsaufenthalte zurück.
Welche Erfahrungen aus den unterschiedlichen Wissenschaftssystemen
empfehlen Sie für Österreich?
Bitte nennen Sie uns drei Good-Practice-Beispiele.
Das möchte ich eher nicht tun, aus der Erfahrung (in Deutschland, wie in
Österreich), dass Good-Practice-Beispiele zum einen nicht eins-zu-eins in eine
andere Wissenschaftskultur zu überführen sind, zum anderen dann nur einzelne
Aspekte herausgepickt werden, die nicht zum Gesamtsystem passen, aber
vermeintlich Geld sparen.
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie für Ihre persönliche Forschungsarbeit in
der Teilnahme am Europäischen Forschungsraum (Horizon 2020, Joint
Programming Initiativen, ERA-Nets, etc.) und an Internationalen Programmen
und Initiativen (UNESCO, OECD, etc.)?
Vorteil: Intensive Vernetzung
Nachteile:
-
Ergebnisse müssen bereits im Antrag genannt werden (wozu dann noch
forschen)
sehr hohe Ablehnungsquoten (Zeitverschwendung durch Antragstellung)
sehr hoher Koordinationsaufwand, ohne tatsächlichen wissenschaftlichen
Austausch
Zusammenarbeit meist additiv anstelle von synergetisch
Bitte nennen Sie uns die drei wichtigsten Implikationen, die die fortschreitende
Digitalisierung (Digital Humanities, Big Data, Datenforschungsinfrastrukturen,
ICT-Lösungen, etc.) aktuell und zukünftig haben wird?
„Puplish or perish" wird ersetzt durch "go digital or perish" – es wäre zu hoffen,
dass durch leichtere Zugänglichkeit sowie den Möglichkeiten der unmittelbaren
Kommentierung, die Publikationen nicht weiter an Qualität verlieren, sondern
wieder gehaltvoller werden können.
Demokratisierung der Informationen (= leichtere Möglichkeiten für alle, die
Online-Zugang haben, sich Informationen zu beschaffen). Dies erfordert jedoch
weitere Anstrengungen in der Bildung, denn die Leistung, relevante von
irrelevanten Informationen sowie die Vertrauenswürdigkeit von Informationen
einzuschätzen, muss erbracht werden.
Was wollen Sie uns darüber hinaus mitteilen?
Keine Angabe
16
Konsultation Strategische Weiterentwicklung Geistes-, Kultur- & Sozialwissenschaften
Zur Veröffentlichung freigegebene Antworten, Stand: 28. September 2015
Mag. Dr. Thomas Kühtreiber, Paris Lodron Universität Salzburg
Stellen Sie sich bitte die optimalen Rahmenbedingungen für Ihre
Forschungsarbeit vor.
Wie sehen diese in den folgenden Bereichen idealerweise aus?
Vernetzung von Forschungsaktivitäten – Zusammenarbeit
national/international



Freie Vernetzung von Forschungseinrichtungen und freien
WissenschafterInnen unter dem Aspekt der optimalen Passgenauigkeit für
die Fragestellungen bzw. die zu wählenden Methoden und Daten/Quellen
(und nicht nach wissenschaftspolitischen Erwägungen)
Gleichrangige Bewertung von regionalen, nationalen und internationalen
Forschungsprojekten: Fokus auf die Methodik und wissenschaftliche
Qualität, nicht "international" vor "national" vor "regional"
Wertschätzung von kollaborativen Projekten neben den hochkompetitiven
Projekten
Freiräume für Forschung



Planungssicherheit über 2-3 Jahre hinaus: Erst dies gewährt nachhaltige
Vertiefung in Themen abseits des "Nachhechelns" hinter ausgeschriebenen
Kurzzeitprojekten
Weniger Bürokratie im Antrags- und Berichtwesen zugunsten mehr
Forschungszeit
sinnvolle Gleich-Gewichtung von internen Projekten und
Drittmittelprojekten
Zugang zu Forschungsergebnissen & Forschungsdaten, Forschungs- und
Dateninfrastrukturen


Open Access auch in den GSK-Forschungen einschließlich der
Forschungsdaten
Aufbau einer nationalen Open Access-Infrastruktur, insbesondere auch von
universitären GSK-Datenrepositorien, Online-Plattformen etc. zuungunsten
der Privatvermarktung von mit öffentlichen Geldern finanzierter Forschung
durch große Verlage.
Schutzrechts- und Verwertungsstrategien (Literar-Mechana etc.)


Öffentliches Kulturgut einschließlich der öffentlichen Forschungsleistung
soll jedem kostenlos zugänglich sein
Korrektes Wissenschaftliches Zitieren einschließlich Nutzung von Daten
und Bildquellen Dritter ohne Konfliktstellung zu
Urheberrechtsgesetzgebung auf EU-Ebene
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Was ist zu tun, um zu der von Ihnen unter 1. beschriebenen Situation zu
gelangen?
Bitte nennen Sie uns bis zu drei Vorschläge in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit.
Vernetzung spielt in den GSK eine höchst relevante Rolle, insbesondere in Zeiten
knapper werdender Ressourcen. Kooperative Projekte sollten neben
hochkompetitiven Drittmitteleinwerbungen zumindest gleichrangig bewertet
werden, weil hier mit relativ wenig Ressourcenaufwand hoher Output erreicht
werden kann. Dabei sollten regional, nationale und internationale Netzwerke
nicht hierarchisch bewertet werden: Im Sinne von "think global, act local"
können auch hochrangige Projekte mit regionalen Daten und Quellen geschrieben
werden. Insbesondere internationale GutachterInnen sollten auf die Bedeutung
von Forschungsfragen auf regionaler und nationaler Ebene hin besser geschult
werden oder: Die grundsätzliche qualitative Bewertung eines Projektantrags wird
international evaluiert, die nationale/regionale Relevanz national evaluiert.
Der starke Druck in Richtung Drittmittelprojekte (Messbarkeit!) mündet zu
extrem hohem Aufwand für Antragsstellungen, eine knapp bemessene Zeit, die
auch schon für andere Projektformen (siehe Kooperationsprojekte) in konkreter
Forschungsarbeit genutzt werden kann. Auch der bürokratische
Dokumentationsaufwand für Forschungs- und Wissensbilanzen sollte in
sinnvollem Verhältnis zur Gesamtarbeitsleistung stehen. Fazit: Der
Drittmittelanteil sollte in einem sinnvollen Maß zur Gesamtarbeitsleistung an
einem GSK-Institut stehen, ansonsten wird nur auf aktuelle Ausschreibungen hin
gearbeitet und Nachhaltigkeit über einen 3-Jahresrhythmus geht verloren
Nationale digitale GSK-Strategie:
-
-
Langfristsicherungsmodelle von digitalen Daten: Finanzielle und
logistische Unterstützung für Aufbau von GSK-Datenrepositorien auf
universitären und außeruniversitären Einrichtungen; eventuell zentrale
Plattform für freie WissenschaftlerInnen in Verbindung mit FWF-Anträgen
etc.
Stärkung der nationalen öffentlichen Online-Plattformen gegenüber den
privaten, teilweise als Monopole agierenden wissenschaftlichen
Großverlagen
Denken Sie bitte an Ihre Auslandsaufenthalte zurück.
Welche Erfahrungen aus den unterschiedlichen Wissenschaftssystemen
empfehlen Sie für Österreich?
Bitte nennen Sie uns drei Good-Practice-Beispiele.
1. Beispiel
Universität Aarhus, Dänemark
von vertikalen hierarchischen Entscheidungsstrukturen zugunsten kollaborativer
Systeme: Verhindert klandestine Entscheidungen weniger
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2. Beispiel
Ludwig-Maximilians-Universität München
„Ausreichend" freie Geldmittel der Universität zur Projektaquise, damit können
frühzeitig ProjektmitarbeiterInnen in die Konzeptionsphase eingebunden werden
(erhöht Identifikation mit Projekt!)
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie für Ihre persönliche Forschungsarbeit in
der Teilnahme am Europäischen Forschungsraum (Horizon 2020, Joint
Programming Initiativen, ERA-Nets, etc.) und an Internationalen Programmen
und Initiativen (UNESCO, OECD, etc.)?
Horizon 2020: im Vergleich zu Vorgängerprogrammen zu "anwendungsnah" für
viele GSK-Fragestellungen; kaum mehr Grundlagenforschung möglich; finanzielle
Risiken für Großanträge unter der Leitung einer österreichischen GSK-Einrichtung
sollten durch eigenen Fonds abgefedert werden, da Kleininstitute hier massiv
benachteiligt sind. ERA-Nets: Hier dominieren einige "big player" den
Wissenschaftsmarkt: Sie definieren die Zielrichtungen und das "Wording" und
dürfen gleichzeitig beantragen – klassischer Interessenskonflikt! Lösungsansatz:
Auf bestimmte Zeitstellung entweder Mit-Entwickler von Programmen ODER
Antragsteller.
Bitte nennen Sie uns die drei wichtigsten Implikationen, die die fortschreitende
Digitalisierung (Digital Humanities, Big Data, Datenforschungsinfrastrukturen,
ICT-Lösungen, etc.) aktuell und zukünftig haben wird?
Digital Humanities: Die sukzessive Integration digitaler Forschungstools
verändert die GSK nachhaltig: Es wird aber noch zu wenig darüber nachgedacht,
dass "DH" mehr ist als das Nutzen von digitalen Tools in den GSK, sondern die
Frage, wie wir als GSK-WissenschafterInnen die "Welt sehen", verändert. Hier
sollten selbstreflexive Prozesse zu greifen beginnen, um die Veränderungen des
Denkens über "die Menschen und die Welt" durch DH zum Thema zu machen.
Umgekehrt haben die GSK hier ein massives Potential, in den klassischen
"technikbasierten Wissenschaften", wie Medizin, NAWI etc. einen aktiven Beitrag
zu leisten:
-
Welche "Bilder" werden von diesen Disziplinen produziert, in welchem
ideologischen Kontext entstehen sie und werden dadurch wie codiert?
Wie läuft die Interaktion im Rahmen von "Science to Public" zwischen
MINT-Fächern und der Öffentlichkeit?
Wie können die GSK heute zwischen "Technikgläubigen" und
"Technikskeptischen" vermittelnd auftreten?
Die Digitalisierung fördert massiv kollaborative Arbeitsformen gegenüber rein
kompetitiven. Auch die Wissenschaftspolitik sollte sich daher endgültig vom
"Geniekult" des 19./20. Jahrhunderts verabschieden und das vernetzte Arbeiten
stärker würdigen, auch wenn dies auf Kosten des "Repräsentierens mit großen
Namen" geht.
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Was wollen Sie uns darüber hinaus mitteilen?
Ich möchte der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass auch Ihr Findungsprozess
transparent stattfindet, insbesondere dort, wo es um Weichenstellungen geht.
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Dr. Ivo Ponocny, MODUL Privatuniversität Wien
Stellen Sie sich bitte die optimalen Rahmenbedingungen für Ihre
Forschungsarbeit vor.
Wie sehen diese in den folgenden Bereichen idealerweise aus?
Vernetzung von Forschungsaktivitäten – Zusammenarbeit
national/international
Vermehrt thematische Internet-Plattformen, um WissenschaftlerInnen mit
gemeinsamen/überschneidenden Forschungsgebieten zusammenzuführen,
unmittelbares Teilen von Ergebnissen und Erfahrungswerten (nicht erst über
fertige Journal-Publikation) mehr Videokonferenzen
Freiräume für Forschung
Gelockerter Fundraising- bzw. Publikationsdruck, um mehr Raum für wirklich
essentielle Forschungsergebnisse zu schaffen Evaluierung mehr nach Ergebnissen
als nach bibliometrischen Daten
Zugang zu Forschungsergebnissen & Forschungsdaten, Forschungs- und
Dateninfrastrukturen
Forcierte open access-Landschaft
Schutzrechts- und Verwertungsstrategien (Literar-Mechana etc.)
Keine Angabe
Was ist zu tun, um zu der von Ihnen unter 1. beschriebenen Situation zu
gelangen?
Bitte nennen Sie uns bis zu drei Vorschläge in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit.
Plattformen einrichten
Formulierung neuer Evaluationskriterien, welche (ähnlich wie Projektanträge)
Impact, Innovation und Exzellenz voranstellen
Weiterführen der bisherigen Anstrengungen im open access-Bereich
Denken Sie bitte an Ihre Auslandsaufenthalte zurück.
Welche Erfahrungen aus den unterschiedlichen Wissenschaftssystemen
empfehlen Sie für Österreich?
Bitte nennen Sie uns drei Good-Practice-Beispiele.
Keine Angabe
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie für Ihre persönliche Forschungsarbeit in
der Teilnahme am Europäischen Forschungsraum (Horizon 2020, Joint
Programming Initiativen, ERA-Nets, etc.) und an Internationalen Programmen
und Initiativen (UNESCO, OECD, etc.)?
Bessere politische Relevanz der Resultate, mehr Aktualität der Forschungsfragen
allerdings auch Bindung an die Projektvorgaben
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Bitte nennen Sie uns die drei wichtigsten Implikationen, die die fortschreitende
Digitalisierung (Digital Humanities, Big Data, Datenforschungsinfrastrukturen,
ICT-Lösungen, etc.) aktuell und zukünftig haben wird?
Schnellere (teilweise fast in Echtzeit), breitere und detailliertere Analysen zu
einer Vielzahl von Themen
Gefahr der Verflachung von Forschung: Ausschöpfen des bereits vorhandenen
Datenmaterials anstatt Erhebung neuer, fragestellenspezifischer Daten, z.B.
mittels innovativer Erhebungsmethodik, spezieller Fragen oder mit neuen
Themenfeldern ... wie z.B. "Textmining" statt Tiefeninterviews
Bessere Möglichkeit der Replikation und Hinterfragung von
Forschungsergebnissen
Was wollen Sie uns darüber hinaus mitteilen?
GSK werden sich realistischerweise vor einer möglicherweise zunehmend
universitätskritischen Gesellschaft schlecht rechtfertigen können, wenn sie dem
"Reflexionswissen" nicht auch ein "Verfügungswissen" zur
Verbesserung/Veränderung der Gesellschaft beistellen können (etwa in Richtung
evidence based policy, Generieren und Einfordern von Standards im
Zusammenleben etc.)
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NN
Stellen Sie sich bitte die optimalen Rahmenbedingungen für Ihre
Forschungsarbeit vor.
Wie sehen diese in den folgenden Bereichen idealerweise aus?
Vernetzung von Forschungsaktivitäten – Zusammenarbeit
national/international
Entbürokratisierung der EU-Projekte
Freiräume für Forschung
Regelmäßige Forschungssemester für unbefristete Mitarbeiter, nicht nur für
Professoren
Zugang zu Forschungsergebnissen & Forschungsdaten, Forschungs- und
Dateninfrastrukturen
Open Access nicht nur für Publikationen sondern auch für Forschungsrohdaten;
vgl. Strategien des Phonogrammarchivs der ÖAW
Schutzrechts- und Verwertungsstrategien (Literar-Mechana etc.)
Keine Angabe
Was ist zu tun, um zu der von Ihnen unter 1. beschriebenen Situation zu
gelangen?
Bitte nennen Sie uns bis zu drei Vorschläge in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit.
Keine Angabe
Denken Sie bitte an Ihre Auslandsaufenthalte zurück.
Welche Erfahrungen aus den unterschiedlichen Wissenschaftssystemen
empfehlen Sie für Österreich?
Bitte nennen Sie uns drei Good-Practice-Beispiele.
Keine Angabe
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie für Ihre persönliche Forschungsarbeit in
der Teilnahme am Europäischen Forschungsraum (Horizon 2020, Joint
Programming Initiativen, ERA-Nets, etc.) und an Internationalen Programmen
und Initiativen (UNESCO, OECD, etc.)?
Sehr schwerfällig und wirklich innovative Ideen haben nicht die besten Chancen
(peer-mainstreaming)
Bitte nennen Sie uns die drei wichtigsten Implikationen, die die fortschreitende
Digitalisierung (Digital Humanities, Big Data, Datenforschungsinfrastrukturen,
ICT-Lösungen, etc.) aktuell und zukünftig haben wird?
Was nicht digital verfügbar ist, wird nicht mehr wahrgenommen; sehr
problematisch!
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Digitale Technologien beschleunigen Forschungsarbeit und erzeugen dadurch
aber auch einen Geschwindigkeitsdruck. Langzeitstudien werden kaum noch
durchgeführt. Als Langzeitstudie gilt heute eine punktuelle Studie mit gleichen
Fragestellungen, mehrmals zu verschiedenen Zeitpunkten durchzuführen.
Der Druck auf den wissenschaftlichen Nachwuchs nach neuen Ergebnissen führt
zu einer Aufsplitterung der Disziplinen; Fragestellungen, die heute als
interdisziplinär gelten, wären dies noch nicht gewesen als ich studiert habe. Die
gegenseitige Sichtbarkeit und Wahrnehmung der Ergebnisse der
Nachbardisziplinen nimmt ab. Der Schwerpunkt verlagert sich immer mehr auf
die Produktion von Publikationen (Quantität) an Stelle qualitativer Erkenntnisse
und Zusammenschau. Diese Entwicklung ist so weder perpetuierbar noch
nachhaltig.
Was wollen Sie uns darüber hinaus mitteilen?
Keine Angabe
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ao.Univ.,-Prof. Dr. Rainer M. Koeppl, Universität Wien
Stellen Sie sich bitte die optimalen Rahmenbedingungen für Ihre
Forschungsarbeit vor.
Wie sehen diese in den folgenden Bereichen idealerweise aus?
Vernetzung von Forschungsaktivitäten – Zusammenarbeit
national/international
Die Zusammenarbeit muss erleichtert werden. Zusammenarbeit bedeutet immer
zuerst Kommunikation. Kommunikation kostet Zeit – und – (trotz digitaler
Möglichkeiten wie Videokonferenz, Skype, Facebook, social media, gemeinsame
Webseiten, Datenbanken, gemeinsam bearbeitbare Dokumente) immer auch
noch – früher oder später GELD. Inspirierende Kommunikation (und Inspiration
steht meines Erachtens nach am Beginn interessanter Zusammenarbeit) ist
immer noch am besten face-to-face, - und damit meine ich nicht die Face-timeApp. D.h. man muss, vor allem auch den KollegInnen in den Massenstudien (und
ich komme aus einem Massenfach, der Theater-, Film- und Medienwissenschaft),
Zeit geben, mit Kolleginnen zu kommunizieren. Nochmals: damit sind nicht
Sammel- oder Serienmails gemeint, die höchstens einen Anstoß geben können,
aber – um im Bild zu bleiben, - der Anstoß ist eben noch nicht das Spiel.
Freiräume für Forschung
Man kann das Wort "Freiraum" in den meisten Fällen durch "Freizeit" ersetzen.
Die Universitäten bzw. die Wissenschaftspolitik muss erkennen, dass Forschung
Zeit braucht, dass eben nicht sofort Ergebnisse (etwa Publikationen) zu erwarten
sind. Anstatt der alten schwarz-pädagogischen Warnung "Müßiggang ist aller
Laster Anfang" lautet der zukunftsträchtige Slogan: Müßiggang ist aller Tugend
Anfang. Man kann die Richtigkeit dieser Forderung leicht an den EliteUniversitäten ablesen, die eben ihren ForscherInnen nicht nur Geld geben (was
hierzulande immer jammernd betont wird: die anderen haben so viel Geld,
deswegen sind sie so gut), sondern auch Frei-Zeit, d.h. Zeit, die frei ist von den
Aufgaben der Verwaltung, der Aufrechterhaltung der überlasteten Betriebe und
der Lehre. Um es auf den Punkt zu bringen: wenn der Philosoph lächelnd in der
Sonne im Park sitzt, dann heißt das nicht, dass er NICHTS tun, im Gegenteil –
vielleicht hat er gerade dort & dann den entscheidenden Gedanken.
Zugang zu Forschungsergebnissen & Forschungsdaten, Forschungs- und
Dateninfrastrukturen
Das ist eine Conditio sine qua non. Natürlich muss man – in einer spezialisierten
Welt mehr denn je – Zugang zu Forschungsergebnissen haben. D.h. dass die
Wissenschaftspolitik den Universitäten und Forschungseinrichtungen die
finanziellen Möglichkeiten geben müssen, online kostenpflichtige Quellen für die
MitarbeiterInnen zu öffnen.
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Schutzrechts- und Verwertungsstrategien (Literar-Mechana etc.)
Das Bewusstsein, dass es derartige Verfahren gibt, muss ausgeweitet werden.
Gleichzeitig muss man sich bewusst sein, dass der große Trend in Richtung
"ALLES IST GRATIS" geht. Es gilt dabei zwischen Urheberrecht und erfolgreichen
Modellen der Open Course Ware zu vermitteln.
Was ist zu tun, um zu der von Ihnen unter 1. beschriebenen Situation zu
gelangen?
Bitte nennen Sie uns bis zu drei Vorschläge in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit.
Mehr Geld/Personal für die Anbahnung von gemeinsamen Projekten. Mehr
Wertschätzung (symbolische und konkrete WERT-Schätzung) für Forschung.
Freizeit (=frei von Verwaltungs- und Lehraufgaben) für die Forschung, die eben
Teil der Dienstzeit ist. Es kann nicht sein, dass Forschung aufgrund der
alltäglichen Belastung vor allem in der Freizeit (hier gemeint: die unbezahlte Zeit
außerhalb der Dienstzeit, die Wochenenden und Nächte) passiert. Freizeit – und
Frei-Raum – bedeutet auch, dass Raum für Irrtümer sein muss.
Weg von dem Drittel-Paritäts-Gerede: 1/3 Lehre, 1/3 Verwaltung, 1/3 Forschung
– das höre ich seit 30 Jahren, ich sehe jedoch seit 30 Jahren, wie eine
unprofessionelle Selbstverwaltung (gut gemeint, aber – in meiner Erfahrung als
langjähriger Studienprogrammleiter – kaum gut zu machen) die Forschungs- und
zum Teil Lehrzeit auffrisst. In diesem 1/3-Denken sind Zielvorstellung (Theorie)
und Praxis (Universitätsalltag) völlig falsch! Kein Betrieb, bei dem es wirklich "um
etwas" geht, - und auch keine Spitzenuni – wird sich zum Ziel setzen, eine
Maxime auszugeben, nach der 1/3 der Arbeitszeit der MitarbeiterInnen der
Verwaltung gewidmet sein soll.
Denken Sie bitte an Ihre Auslandsaufenthalte zurück.
Welche Erfahrungen aus den unterschiedlichen Wissenschaftssystemen
empfehlen Sie für Österreich?
Bitte nennen Sie uns drei Good-Practice-Beispiele.
1. Beispiel
University of Minnesota
War Fulbright-Profoessor am Department of Cultural Studies and Comparative
Literature an der University of Minnesota. Extrem gutes Klima für Forschung und
Lehre, ein hohes Interesse dafür, was die (natürlich: zahlenden!) Studierenden
wollen, erwarten und für den eigenen Lebensweg brauchen. Aufgrund der
starken Konkurrenz mit anderen ähnlichen Einrichtungen in den USA (die u.a.
schon wegen des bekanntlich frostigen Winters in Minneapolis für Studierende
attraktiver sein könnten) ein hohes Bewusstsein dafür, dass man sich als
Department auszeichnen, abheben, herausstellen muss – und dass das eben vor
allem über ausgezeichnete Forschung (und in späterer Folge) ausgezeichnete
Lehre funktioniert. Um den ForscherInnen die Möglichkeit zu geben, sich
auszuzeichnen, muss man ihnen eben – ganz banal aber essentiell – Zeit und
Geld geben.
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http://cscl.umn.edu
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie für Ihre persönliche Forschungsarbeit in
der Teilnahme am Europäischen Forschungsraum (Horizon 2020, Joint
Programming Initiativen, ERA-Nets, etc.) und an Internationalen Programmen
und Initiativen (UNESCO, OECD, etc.)?
Die Vorteile liegen auf der Hand und müssen nicht näher beschrieben werden.
Die Nachteile sind indirekt und so zu beschreiben: die Arbeitsschritte zur
Information, Antragsvorbereitung, Antragsanbahnung, Antragsausarbeitung, ...
bis endlich zur Einreichung des Antrags sind extrem zeit- und arbeitsintensiv.
Zeit, die man eigentlich im aktuellen System (zumindest in einem geistes- und
kulturwissenschaftlichen Massenstudium) nicht hat. Dazu kommt, dass die
Erfolgsquote gering ist, – wobei man im derzeitigen System/Klima den Eindruck
hat, dass ein nicht genehmigter Antrag eine Niederlage oder zumindest
vergeudete Zeit wäre, währenddessen man doch die Fortschritte und
Erfahrungen schätzen (auch offiziell!) sollte, die im Prozess gewonnen worden
sind.
Bitte nennen Sie uns die drei wichtigsten Implikationen, die die fortschreitende
Digitalisierung (Digital Humanities, Big Data, Datenforschungsinfrastrukturen,
ICT-Lösungen, etc.) aktuell und zukünftig haben wird?
Problematisch: Daten-Overkill. Schon jetzt ist es kaum mehr möglich, den
Überblick zu behalten – und sei das Forschungsgebiet noch so klein. Studierende
verlieren in diesem Dschungel völlig die Orientierung.
Positiv: immer mehr Material wird immer besser aufbereitet und damit besser,
schneller, gleichsam "schwerelos" als Datei auf immer kleineren Endgeräten –
zugänglich & "share-bar" (gemeinsam bearbeitbar) – wobei auch hier wieder die
Frage des Urheberrechts gelöst werden muss.
Negativ: durchgängige Digitalisierung von Untersuchungsmaterial (in meinem
Fall etwa u.a. Filme, Fernsehserien) bringt auch neue Möglichkeiten der
Verfälschung, der Manipulation sowie eine prinzipielle Entfremdung vom
Forschungsgegenstand (vgl. dazu Susan Sontags Forderung nach weniger
Hermeneutik und mehr Erotik im (auch wissenschaftlichen) Umgang mit Kunst.
Was wollen Sie uns darüber hinaus mitteilen?
Keine Angabe
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Konsultation Strategische Weiterentwicklung Geistes-, Kultur- & Sozialwissenschaften
Zur Veröffentlichung freigegebene Antworten, Stand: 28. September 2015
NN
Stellen Sie sich bitte die optimalen Rahmenbedingungen für Ihre
Forschungsarbeit vor.
Wie sehen diese in den folgenden Bereichen idealerweise aus?
Vernetzung von Forschungsaktivitäten – Zusammenarbeit
national/international
Planmäßige Förderung von nationalen und internationalen Workshops/
Konferenzen, angemessene Reisekostenzuschüsse besonders für Nachwuchs,
intensive Unterstützung bei der Anbahnung internationaler Projektkonsortien und
dem Schreiben von Anträgen etwa für EU-Projekte, Unterstützung bei der
professionellen Außendarstellung der eigenen Forschungsleistung (z.B.
Betreuung von Homepages)
Freiräume für Forschung
Angemessener Umfang von Lehr- und Verwaltungsaufgaben, um Forschung nicht
in der Freizeit betreiben zu müssen.
Zugang zu Forschungsergebnissen & Forschungsdaten, Forschungs- und
Dateninfrastrukturen
Optimaler Zugriff auf sämtliche elektronisch verfügbaren Publikationen (auch
Buchpublikationen) im Fachgebiet
Schutzrechts- und Verwertungsstrategien (Literar-Mechana etc.)
Automatische Meldung von Publikationen bei den Verwertungsgesellschaften
Was ist zu tun, um zu der von Ihnen unter 1. beschriebenen Situation zu
gelangen?
Bitte nennen Sie uns bis zu drei Vorschläge in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit.
Bündelung und Aufstockung von vorhandenen Ressourcen
Denken Sie bitte an Ihre Auslandsaufenthalte zurück.
Welche Erfahrungen aus den unterschiedlichen Wissenschaftssystemen
empfehlen Sie für Österreich?
Bitte nennen Sie uns drei Good-Practice-Beispiele.
1. Beispiel
Universitäten in Japan
Stellen ihren WissenschaftlerInnen ein Forschungsgeld (kenkyuuhi) zur
Verfügung, über dessen Verwendung sie frei entscheiden können, und das z.B.
für Literatur, Forschungsreisen oder Materialien ausgegeben werden kann
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Zur Veröffentlichung freigegebene Antworten, Stand: 28. September 2015
2. Beispiel
Universitäten in Japan
Gewähren ihren WissenschaftlerInnen in fünf- bis zehnjährigen Abständen ein
voll bezahltes sabbatical, wobei viele Universitäten Forschungsaufenthalte im
Ausland zusätzlich fördern, so dass zusätzliche Aufwendung (etwa für die
Erhaltung der Wohnung) abgegolten werden
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie für Ihre persönliche Forschungsarbeit in
der Teilnahme am Europäischen Forschungsraum (Horizon 2020, Joint
Programming Initiativen, ERA-Nets, etc.) und an Internationalen Programmen
und Initiativen (UNESCO, OECD, etc.)?
Vorteile: größere Vernetzung bringt auch größere Wirksamkeit und Vielfalt der
Perspektiven
Nachteile: hochkomplexe Antragsverfahren, die sehr viel Zeit kosten und im
Verhältnis geringe Chancen auf Annahme haben
Bitte nennen Sie uns die drei wichtigsten Implikationen, die die fortschreitende
Digitalisierung (Digital Humanities, Big Data, Datenforschungsinfrastrukturen,
ICT-Lösungen, etc.) aktuell und zukünftig haben wird?
Gedruckte Quellen werden auch in den GSK in Zukunft immer weniger
Bedeutung haben
Auch für GSK muss zunehmend eine solide IT-Infrastruktur aufgebaut werden,
die über Textverarbeitung hinausgeht
Was wollen Sie uns darüber hinaus mitteilen?
Keine Angabe
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Konsultation Strategische Weiterentwicklung Geistes-, Kultur- & Sozialwissenschaften
Zur Veröffentlichung freigegebene Antworten, Stand: 28. September 2015
a.Univ.-Prof. i.R. Doz. Dr. Herbert Eisenstein, Universität Wien
Stellen Sie sich bitte die optimalen Rahmenbedingungen für Ihre
Forschungsarbeit vor.
Wie sehen diese in den folgenden Bereichen idealerweise aus?
Vernetzung von Forschungsaktivitäten – Zusammenarbeit
national/international
Nur so weit es tatsächlich auch personell oder wegen vorhandener
Forschungsschwerpunkte auch nötig ist. Ein Zwang zur Vernetzung, wie er häufig
unter gewaltigem Druck ausgeübt wird, ist abzulehnen. Er führt nur dazu,
irgendjemanden als Partner anzugeben, der dann ohnehin keine Beiträge leistet.
Leider kommt das sehr häufig vor.
Freiräume für Forschung
Vollkommen frei
Zugang zu Forschungsergebnissen & Forschungsdaten, Forschungs- und
Dateninfrastrukturen
Es muss den Forscherinnen/Forschern frei stehen, über den Zugang zu ihren
eigenen Forschungsergebnissen zu entscheiden.
Schutzrechts- und Verwertungsstrategien (Literar-Mechana etc.)
Keine Angabe
Was ist zu tun, um zu der von Ihnen unter 1. beschriebenen Situation zu
gelangen?
Bitte nennen Sie uns bis zu drei Vorschläge in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit.
Ende der zwingenden Bevormundung im Forschungsbereich, insbesondere durch
den FFF
Weitestmögliche Unterstützung von Eigeninitiativen durch bereits vorhandene
Forschungseinrichtungen
Denken Sie bitte an Ihre Auslandsaufenthalte zurück.
Welche Erfahrungen aus den unterschiedlichen Wissenschaftssystemen
empfehlen Sie für Österreich?
Bitte nennen Sie uns drei Good-Practice-Beispiele.
Keine Angabe
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Konsultation Strategische Weiterentwicklung Geistes-, Kultur- & Sozialwissenschaften
Zur Veröffentlichung freigegebene Antworten, Stand: 28. September 2015
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie für Ihre persönliche Forschungsarbeit in
der Teilnahme am Europäischen Forschungsraum (Horizon 2020, Joint
Programming Initiativen, ERA-Nets, etc.) und an Internationalen Programmen
und Initiativen (UNESCO, OECD, etc.)?
Vorteile: eigentlich keine
Nachteile: Vereinnahmung durch Groß-Organisationen, die auf die Interessen
und Bedürfnisse des Forschers/der Forscherin überhaupt keine Rücksicht nehmen
und deren Daseinszweck hauptsächlich in der Produktion von aussagelosen
Papierfluten und überbordender Bürokratie besteht, da sie sich ja so bedeutsam
fühlen und ihren Daseinszweck beweisen müssen.
Bitte nennen Sie uns die drei wichtigsten Implikationen, die die fortschreitende
Digitalisierung (Digital Humanities, Big Data, Datenforschungsinfrastrukturen,
ICT-Lösungen, etc.) aktuell und zukünftig haben wird?
(Ich habe die Frage nicht verstanden; niemand kann tatsächliche Voraussagen
für die Zukunft abgeben, wenn man nicht Gefahr laufen will, als Kaffeesud-Leser
zu gelten.)
Was wollen Sie uns darüber hinaus mitteilen?
Keine Angabe
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