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Zitierhinweis
Kühl, Richard: Rezension über: Julien Reitzenstein, Himmlers
Forscher. Wehrwissenschaft und Medizinverbrechen im
"Ahnenerbe" der SS, Paderborn: Schöningh, 2014, in:
Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 2015, 3, S.
385-386, http://recensio.net/r/67ca7c04cbf145e1bbfce7d57167520c
First published: Vierteljahrschrift für Sozial- und
Wirtschaftsgeschichte, 2015, 3
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Besprechungen
various levels of influence, as well as the internal EEC debate, provides a highly nuanced interpretation of the complexities of the gender (in-) equality debate. She draws her standard for gender
equity in social and employment policy from the work of political and critical theorist Nancy Fraser. Fraser argues that true equality in social policy requires the “feminization” of the male role and
the creation of an androgynous “adult-worker-model” that integrates house and family work. Applying this concept, Reichel argues that discussions over the harmonization of maternal leave and
protection laws in the early 1960s reinforced the male breadwinner family model and viewed women as a “special” group to be integrated into the work force almost across the board. Reichel posits,
however, that the advocacy work of EEC experts, international labor organizations, and women’s
organizations throughout the 1960s, resulted in a major conceptual shift in the majority of EEC
bodies – including the Parliament, European Court of Justice, and the Economic and Social Committee. These bodies promoted the dual earner household and recognized the social and cultural
factors prohibiting equal opportunities of women in the workforce.
On the other hand, Reichel argues the handling of family obligations in the migration policy of
the late 1960s demonstrates how member states used gender differences to legitimate their own
conceptualizations of social policy. The European Commission willingness to continue to reinforce
the male breadwinner model and double dependency of women on spouse and welfare state in migration policy exemplified the Commission’s (and member state’s) criticism of changes to existing
social policies and the dual earner model. Ultimately, the nuance of Reichel’s reading of her sources establishes that the shifting culture of approaches to gender in social policy, while not a consensus,
certainly opened the door for the policy debates of the 1970s and beyond. Reichel’s work is a welcome
addition to the established historiography of gender and social policy in the individual members
states of the EEC and of the EEC itself. Her work confirms that the 1960s was an important transitional decade in conceptions of gender relations even at the European level.
Waterloo, Ontario
Sarah E. Summers
Julien Reitzenstein: Himmlers Forscher. Wehrwissenschaft und Medizinverbrechen im „Ahnenerbe“
der SS. Schöningh, Paderborn 2014, 415 S. (18 Abb.), 44,90 €.
Julien Reitzenstein legt mit „Himmlers Forscher“ die erste Monographie über das 1942 aus dem
„Ahnenerbe“ der SS hervorgegangene Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung vor, dessen eingehende Erforschung im Grunde unverständlich lange ein Desiderat geblieben ist. Die Studie
erscheint vierzig Jahre nach der „Ahnenerbe“-Pionierarbeit von Michael Kater, die den bis dato
genauesten Blick hinter die Kulissen dieser Einrichtung ermöglicht hat, unter deren Regie mehrere
der grausamsten NS-Wissenschaftsverbrechen organisiert worden sind.
Die auf einer Dissertation an der Universität Düsseldorf basierende Arbeit kann auf eine Vielzahl
bisher nicht ausgewerteter Quellen zurückgreifen, die es ermöglichen, die mit Kriegsbeginn einsetzende Verlagerung der Schwerpunkte des ursprünglich völkisch-geisteswissenschaftlich ausgerichteten „Ahnenerbes“ auf den Sektor der Medizinforschung konzise nachzuzeichnen und zum ersten
Mal die tatsächliche Ausdehnung des bei Kriegsende zehn Forschungsabteilungen umfassenden
Instituts für wehrwissenschaftliche Zweckforschung sichtbar zu machen. Die Studie versteht sich in
erster Linie als ein Beitrag über die NS-Funktionselite der „zweiten Reihe“, die der Führung – in
diesem Fall: Himmler – eigeninitiativ „entgegen arbeitete“, d. h. in der Planung, der Organisation
und beim „Netzwerken“ weitgehend selbstständig agierte und dabei eine erhebliche Dynamik entriegelte. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt damit weniger auf den von den involvierten Forschern und Funktionären begangenen Verbrechen, wenngleich Reitzenstein durchaus Neues zu Tage
fördert: Die Opfer der Lost-Versuche im KZ Natzweiler werden erstmals namentlich identifiziert,
und auch der Tathergang zum Verbrechen der „jüdischen Schädel- und Skelettsammlung“ für die
Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 102. Band, Heft 3 (2015)
©Franz Steiner Verlag, Stuttgart
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Besprechungen
Reichsuniversität Straßburg wird präziser als bisher rekonstruiert. Vielmehr geht es Reitzenstein um
den diesen und anderen Verbrechen gleichsam vorgelagerten Handlungsrahmen: um die institutionellen Strukturen, in denen sich die Akteure bewegten, die sich hieraus generierenden Entscheidungsprozesse und die Mechanismen der Expansion auf der institutionellen Ebene.
Reitzenstein arbeitet sehr nah an den Quellen, was weitergreifende Perspektiven mitunter in den
Hintergrund treten lässt. Das gilt etwa für eine nähere Einordnung in die Entwicklungslinien der
deutschen Wehrwissenschaften und für das in den letzten Jahren im Zusammenhang mit den NSMedizinverbrechen vieldiskutierte, in der Studie etwas zu sektoral behandelte Verhältnis zwischen
parteiamtlichen Stellen, dem universitären Wissenschaftsbetrieb und dem Heeressanitätswesen.
Aber der Zugriff überzeugt mit Blick auf die zentralen Fragestellungen durchaus. Die Untersuchung changiert zwischen einer strukturanalytischen Darstellung des Ausbaus des Instituts und
seiner netzwerkartigen Verflechtungen, einzelbiographischen Charakterstudien über entscheidende
Akteure und einem lexikalisch angelegten Versuch der Gesamtrekonstruktion (Ausgreifen auf den
universitären Betrieb, Finanzierung, Personal). Reitzenstein findet überdies ein Untersuchungsfeld
vor, auf dem sich die von der „zweiten Reihe“ ausgehenden dynamischen Prozesse im polykratischen
System des Nationalsozialismus in geradezu prototypischer Form beobachten und analysieren lassen.
Der Autor veranschaulicht dies insbesondere an Wolfram Sievers. Der „Ahnenerbe“-Geschäftsführer
wird als Typus des „Schnittstellenmanagers“ eingeordnet, dem es einerseits gelang, dem SS-Institut
einen autarken Status im Organisationsgefüge des „Ahnenerbe“ und gegenüber weiteren Konkurrenzeinrichtungen zu verschaffen und sich andererseits selbst in einflussreiche Ämter (Reichsforschungsrat) zu bringen. 1944, so kann die Studie zeigen, war der gelernte Verlagskaufmann zum
faktischen Chefkoordinator der wehrmedizinischen Forschung des „Dritten Reichs“ avanciert.
Ingesamt löst die gewählte Form der Nahaufnahme nicht nur den selbstgestellten Anspruch ein,
der weiteren Forschung ein „Kompendium“ zum Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung
zur Verfügung zu stellen. Durch die Analyse der dynamischen Infrastruktur und die Identifizierung
der wesentlichen Akteure gelingt es darüber hinaus, Schneisen durch das Dickicht der Polykratie zu
schlagen und aus diesem Blickwinkel die Enthegung der deutschen Wehrmedizin zu durchleuchten.
Tübingen Richard Kühl
Sandra Salin: Women and Trade Unions in France. The Tobacco and Hat Industries, 1890–1914
(Trade Unions Past, Present and Future 22). Lang, Oxford u. a. 2014, 400 S. (6 Abb., 42 Tab.), 73,60 €.
Since the 1960s, the role of women and gender has attracted the attention of historians, but there still
remain many research gaps. One of them is the analysis of the relationship between women and
trade unions in the first half of the 20th century and even more before the First World War. Sandra
Salin was awarded her doctoral thesis at the University of Northumbria in 2000 for her research on
women workers and trade unions in the French tobacco and hat industries 1890–1914. The present
book corresponds closely to her thesis. First, Salin discusses the context of female work in the two
industries within the research period. The second chapter deals with the behaviour of trade unions
towards women. In the chapters “Women Towards Trade Unionism” and “Women on Strike”, Salin
analyses women’s participation in unions and strikes quantitatively as well as qualitatively.
The proportion rate of female tobacco workers in unions (1900 91.7 %, 1914 87.7 %, p. 319)
was much higher than of those in the hat industry (1900 2.3 %, 1914 27.8 %, p. 320), compared to
their share of the workforce. The striking culture differed between the two industries as well; tobacco workers “gathered many more people” (p. 274) in fewer strikes and succeeded more often. In
Salin’s view, women preferred direct action to theory and strikes to union membership, at least in
the hat industry (pp. 278, 289).
One important factor for these differences is rooted in the industrial characteristics: Businesses
Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 102. Band, Heft 3 (2015)
©Franz Steiner Verlag, Stuttgart

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