„Frau Doktor – ich bin so erkältet!“ - Goethe

Transcrição

„Frau Doktor – ich bin so erkältet!“ - Goethe
Dr. med. Marion Torge, Frankfurt
„Frau Doktor – ich bin so erkältet!“
DEGAM Leitlinien: Rhinosinusitis, Halsschmerzen
und Ohrenschmerzen
Vorlesung Allgemeinmedizin, 18. Mai 2016
Marion Torge
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Was erwartet Sie heute?
 Warum DEGAM Leitlinien?
 Das SOAP-Schema
 Häufige Erkältungs-Beschwerden in der Hausarztpraxis
-
Nasennebenhöhlenentzündung (DEGAM LL Rhinosinusitis)
-
Halsweh (DEGAM LL Halsschmerzen)
-
Ohrenweh (DEGAM LL Ohrenschmerz)
Marion Torge
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Warum DEGAM Leitlinien?
 Förderung einer qualitativ hochwertigen hausärztlichen
Versorgung von PatientInnen ( unterschiedliche
Prävalenzen in Hausarztpraxis, Facharzt, Uniklinik)
 Empfehlung einer sinnvollen Diagnostik
 Empfehlung einer wirksamen, angemessenen und
kostengünstigen Therapie
Marion Torge
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
DEGAM Leitlinien
Marion Torge
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Entwicklung von DEGAM Leitlinien
„Stärke der Empfehlungen“
- „A“ beruht auf randomisierten, kontrollierten Studien
oder Metaanalysen
- „B“ basiert auf sonstigen methodischen Studien
- „C“ basiert auf Empfehlungen einer oder mehreren
internationalen Leitlinien
- „D“ basiert auf formalisierten Konsensusaussagen
oder Expertenurteilen
Marion Torge
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Meine Aufgabe als Hausärztin bei Patienten mit
„banalen“ Infekten
 Patientenbeschwerden anhören/Anamnese erheben
 Patient untersuchen/Befund erheben (Bewahren vor
unnötiger Diagnostik)
 Feststellen/Bestätigung der Erkrankung
 Empfehlung einer Therapie (Bewahren vor unnötiger
Therapie/unnötigen Kosten)
 Überweisung/evtl auch Einweisung, wenn notwendig
(abwendbar gefährliche Verläufe)
 oftmals Ausstellen einer „AU“ (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung)
Marion Torge
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Das „SOAP“-Schema
Marion Torge
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„SOAP“ = englisches Akronym für ...
 S = Subjektive Beschwerden (Patientensicht)
 O = Objektiver Befund (Ergebnis der Untersuchung)
 A = Assessment (Zusammenfassende Darstellung)
 P = Procedere (Planung des weiteren Vorgehens)
Marion Torge
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Das „SOAP“-Schema –
Strukturierung der Krankenakte
Marion Torge
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Häufige Beratungsanlässe und
Beratungsergebnisse in der Hausarztpraxis
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Marion Torge
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Fallbeispiel
S: Studentin (23), seit Tagen erkältet, seit gestern auch
Kopfschmerzen, Geruchs- und Geschmacksverlust,
eitriger Schnupfen, kein Fieber
O: leicht reduzierter AZ, Rachen gerötet,
Schleimeiterstraße an der Rachenhinterwand,
behinderte Nasenatmung, DS und KS der Kieferhöhlen,
Temp. ax. 36,8°C
A: ???
P: ???
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Definition und Ursachen
 Sekretstau in Nasennebenhöhlen
 meist viraler Atemwegsinfekt als Auslöser
 nur bei 30 % der unselektierten hausärztlichen
Patienten lassen sich Bakterien als Ursache
nachweisen
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
DD „Schnupfen“ / Rhinitis
 Rhinitis – vermehrte Sekretbildung
 Rhinosinusitis – zusätzlich Schmerz und/oder
Stauungsgefühl im Gesichtsbereich
 Übergang einer Rhinitis (Schnupfen) in eine
Rhinosinusitis (Nasennebenhöhelentzündung) ist nicht
sicher abgrenzbar
 Begriff „Rhinosinusitis“ statt „Sinusitis“, da
Nasenschleimhaut fast immer mitbetroffen
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Klinische Einteilung beim Erwachsenen
 Akute Rhinosinusitis ARS: Symptome < 8 Wochen,
< 4 Episoden / Jahr
 rezidivierende akute RS: > 4 Episoden/Jahr, jeweils
vollständige Rückbildung der Symptomatik
 Chronische Rhinosinusitis CRS: > 8 Wochen oder > 4
Episoden/Jahr + Restsymptomatik
(jahre-bzw.lebenslange Verläufe mit z.T.ausgeprägter
Beeinträchtigung der Lebensqualität)
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Nebenhöhlenbeteiligung bei ARS
 90% Maxillarsinus
(Kieferhöhle)
 76% Ethmoidalsinus
(Siebbeinzellen)
 40% Frontalsinus
(Stirnhöhle)
 27% Sphenoidalsinus
(Keilbeinhöhle)
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Diagnosestellung – Symptome („A“)

Mindestens 2 Hauptsymptome:
Gesichtsschmerz, Stauungsgefühl im Gesichtsbereich,
Verstopfung der Nase, eitriger Schnupfen, gestörter
Geruchssinn
oder:
1 Hauptsymptom plus
eitriges Nasensekret sichtbar oder
2 Nebensymptome: Kopf- oder Ohrenschmerzen,
Fieber, Foetor, Erschöpfung, Zahnschmerzen, Husten
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Befunde
 Eitriger Schnupfen
 Verlegte Nasenatmung
 Einseitiger Druck– und Klopfschmerz der Maxillen und
Stirn
 Schleim-Eiterstrasse an der Rachenhinterwand
 Schmerzverstärkung bei Vorbeugehaltung
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Diagnose der chronischen Rhinosinisitis
 Weniger Schmerzen als bei der akuten Rhinosinusitis
 Häufiger Riechstörungen
 Anhaltende Symptomatik
 Befunderhebung durch CT / Endoskopie
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Begünstigende Faktoren der chron.RS
 Anatomische Abflussbehinderung (Polyp, Trauma etc.)
 Allergien, allergische Rhinitis
 Umstrittenen Risikofaktoren: Rauchen,
Wetterumstände, Stress, Schwimmen, Fliegen,
Tauchen, Zugluft, Luftverunreinigung, Septumdeviation,
Zahnwurzelabszess, chronischer Gebrauch von
Dekongestiva
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Gefährliche Verläufe
 Selten!
 Bei Erwachsenen 1 : 10 000 in der Allgemeinpraxis
 Intracerebrale Abszesse, Meningitis, Orbitaphlegmone,
Osteomyelitis, Sinusvenenthrombose
 Warnzeichen: starke Schmerzen, anhaltendes Fieber,
Gesichtsschwellungen, Lethargie, neurologische
Symptome
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Therapie der akuten Rhinosinusitis
 Dampfinhalation (42-47°C) „B“
 Sekretolytika: Myrtol/Cineol bzw.
Gentianaextrakte „B“
 Corticoid-Nasenspray (bei V.a.
Allergie) „A - B“
 Lokale Antikongestiva, niedrig und
selten dosiert, möglichst ohne
Benzalkoniumchlorid „B“
 Schmerzmittel „C“
 Akupunktur „B“
 Hypertone Spülungen zeigen
keinen Effekt
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Therapie der akuten Rhinosinusitis
... übrigens ...
 Zu einer vollständige Heilung ohne Therapie kommt es
- innerhalb von 2 Wochen bei 60 – 80 %
- innerhalb von 6 Wochen bei 90 %
 Antibiotika führen bei einem selektierten Klientel
(Schmerz + Entzündungsparameter) zu einer
Verkürzung der Krankheitsdauer um 2 - 3 Tage
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Therapie der akuten Rhinosinusitis
 Antibiotika 5-10 Tage nur bei:
- drohenden Komplikationen (starke Kopfschmerzen, Lethargie,
Schwellungen)
- starken/sehr starken Schmerzen (4-5/5) plus serologischen
Entzündungszeichen (CRP>10 mg/l, erhöhter BSG)
- Moraxella, Pneumokokken, Hämophilus infl. im Abstrich
- Sekretnachweis im CT/Röntgen, ggf. Postnasal Drip
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Antibiotika-Therapie der Rhinosinusitis
 Antibiotika der 1. Wahl:
Amoxicillin 3 x 500 mg, Azithromycin 500 mg/d für 3
Tage, Cefuroxim 2 x 250 mg/d
 Antibiotika der 2. Wahl:
Makrolide oder Amoxicillin + Clavulansäure oder
Doxycyclin oder Cotrim
 andere Antibiotika nach Resistogramm
 bei chron. Sinusitis: Roxithromycin 150 mg/d,
Cefuroxim/Amoxicillin + Clavulansäure für mehrere
Wochen
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Empfehlungen zur rationalen Vorgehensweise
 klin. Verdacht akute/ akut rez. RS: Cineol bzw.
Myrtol/Dampfinhalationen/Schmerzmittel
 bei drohenden Komplikationen oder starke Schmerzen
plus erhöhte Entzündungsfaktoren oder
Abstrich/CT/Röntgen „positiv“: zusätzlich Antibiose
 keine Besserung: ggf. Wechsel des Antibiotikums
 Allergie oder Hinweise auf rez. oder chron. RS:
zusätzlich Cortison-Nasenspray 2x tgl.
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Empfehlungen zur rationalen Vorgehensweise
 Komplikationen/ >4 Rezidiven
pro Jahr/ chron. RS,
Therapieresistenz:
erweiterte fachärztliche
Diagnostik (Endoskopie, CT,
Allergietestung)
 und ggf. OP/ Einweisung
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Rhinosinusitis
Fallbeispiel
S: Studentin (23), seit Tagen erkältet, seit gestern auch
Kopfschmerzen, Geruchs- und Geschmacksverlust,
eitriger Schnupfen, kein Fieber
O: leicht reduzierter AZ, Rachen gerötet,
Schleimeiterstrasse an der Rachenhinterwand,
behinderte Nasenatmung, DS und KS der Kieferhöhlen,
Temp. ax. 36,8°C
A: Akute Rhinosinusitis
P: Ibuprofen 400 mg bis zu 4xtgl., Inhalation, Myrtol
(z.B.Gelomyrtol forte © 3 x 1 Kps)
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Halsschmerzen
Marion Torge
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Fallbeispiel
S:
Herr B. (53), Verwaltungsangestellter, klagt seit
mehreren Stunden über Kopfschmerzen, Halsweh
und Fieber.
O:
Red. AZ, guter EZ, Rachen gerötet, Tonsillen
hypertroph, gerötet, keine Beläge, kein
Menigismus, kein Husten, keine zervikalen
Lymphknotenschwellungen, Temp. axillär
38,8°C
A:
???
P:
???
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Halsschmerzen
Erreger:
 50 – 80 % Viren
 ca. 20% Rhinoviren
 ca. 5% Adenoviren, 5% Coronaviren
 ca. 1% Epstein-Barr-Virus
 ca. 15-30% ß-hämolysierende Streptokokken der
Gruppe A (GAS = Gruppe A Streptokokken)
 5-10% ß-hämolysierende Streptokokken der Gruppen
C und G
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Halsschmerzen
Hausärztliche Diagnostik:
 Virale und bakterielle Pharyngitiden sind nicht sicher
unterscheidbar
 Scores (Centor Score) ermöglichen ein Abschätzen
der Wahrscheinlichkeit einer GAS-Pharyngitis „A“
 GAS-Nachweis im Rachenabstrich: keine sichere
Unterscheidung zwischen Erreger- und Trägerstatus
 Schnelltests auf GAS-Antigen im Rachenabstrich
gegenüber Kultur: Spezifität ca. 95%, Sensitivität 7090% „A“
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Halsschmerzen
Centor Score zur Einschätzung GAS:
 Fieber in der Anamnese
 Fehlen von Husten
 Geschwollene vordere Halslymphknoten
 Tonsillenexsudate
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Halsschmerzen
Centor Score zur Einschätzung GAS:
Kriterien
Zahl der
Kriterien
Wahrscheinlichkeit
GAS im
Rachenabstrich
1. Fieber in der Anamnese
4
ca. 50-60%
2. Fehlen von Husten
3
ca. 30-35 %
3. Geschwollene vordere
Halslymphknoten
2
ca. 15%
1
ca. 6-7%
0
ca. 2,5%
(> 38 ° C)
4. Tonsillenexsudate
Marion Torge
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Fallbeispiel
S:
O:
A:
P:
Herr B. (53), Verwaltungsangestellter, klagt seit
mehreren Stunden über Kopfschmerzen, Halsweh
und Fieber.
Red. AZ, guter EZ, Rachen gerötet, Tonsillen
hypertroph, gerötet, keine Beläge, kein
Menigismus, keine zervikalen
Lymphknotenschwellungen, Temp. axillär 38,8°C
fieberhafter Infekt der oberen Atemwege, Angina
Abwartendes Offenhalten? Symptomatische
Behandlung? (Lutschtabletten, Schmerzmittel,
Fiebersenkung, Bettruhe,)
- Antibiotikum? Breitspektrum?
Marion Torge
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Angina
Einordnung aufgrund des Untersuchungsbefundes
 Angina simplex
 Angina follicularis/lacunaris
 Seitenstrangangina
 Angina Plaut-vincenti
 Angina herpetica
 Scharlachangina
 Mononukleose
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Angina simplex
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Angina follicularis/lacunaris
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Seitenstrangangina
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Angina Plaut-Vincent (Angina ulceromembranacea)
-meist einseitige, eher !!! geringe
Schluckbeschwerden mit einseitiger
LK-Schwellung, kein Fieber
-oft tiefes Ulcus auf einer Tonsille
mit grau-grünlichem/weißlichem,
übelriechendem Belag, abwischbar
(!!!massiver Lokalbefund)
- häufiger bei Jugendlichen
- Spirillen/Spirochäten und
fusiforme Stäbchen im Abstrich
Fusospirochätose
-Therapie Penicillin
- DD Tbc, Lues, NPL
Marion Torge
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Herpangina (Angina herpetica)
-milchig-weiße Bläschen
bis Linsengröße mit
perlkettenartiger
Anordnung
- v.a.Kinder bis zum 15. LJ
-Starke
Allgemeinsymptome
(Fieber, Kopf- und
Halsweh)
-Coxsackie A-Viren
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Scharlachangina
-Tiefrote Tonsillen/Rachenschleimhaut,
schweres Krankheitsgefühl mit
Schluckschmerzen
-Nach 24 h typ.Exanthem, am Oberkörper
beginnend, periorale Aussparung,
Himbeerzunge, ab 8. Tag Hautschuppung
-Hämolytische Streptokokken Typ A
-Komplikationen: ARF, PSGN
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Halsschmerzen
Nicht-eitrige Folgekrankheiten der GAS-Pharyngitis
 Akutes rheumatisches Fieber ARF und akute Poststreptokokkenglomerulonephritis APSGN nach einer GAS-Pharyngitis sind bei
uns heute sehr selten.
 Prävention des ARF ist nur für parenterale Penicillintherapie bei
epidemischer GAS-Pharyngitis belegt
 Prävention einer APSGN durch Antibiose bei GAS-Pharyngitis ist
nicht belegt
-> Das extrem niedrige Risiko einer Folgekrankheit
rechtfertigt derzeit nicht die routinemäßige
Antibiotikagabe bei (V.a.) GAS-Pharyngitis „B“.
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Halsschmerzen
Abwendbar gefährliche Verläufe / DD - 1
 V.a. Peritonsillarabszess (einseitige Schmerzen,
verstärkt beim Kauen, Schlucken und Mundöffnen und
einseitige Schwellung mit Vorwölbung des
Gaumensegels und verdrängen der Uvula zur
Gegenseite)  ÜW HNO
 V.a.Mononukleose
 Stridor oder Atembeeinträchtigung  sofortige
Einweisung, KEINE Racheninspektion (V.a.Epiglottitis
durch Hämophilus influenza)
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Halsschmerzen
Abwendbar gefährliche Verläufe / DD - 2
 Diphtherie, bei uns selten, gräuliche pseudomembranöse Beläge
 HIV, Gonorrhoe
 Agranulozytäre Angina (opportunistische Infektion bei
Agranulocytose unter Metamizol oder Thyreostatika)
 Kawasaki-Syndrom: fieberhafte (AB-resistent) Pharyngitis bei
Kindern ohne Exsudat, Himbeerzunge, einreißende/gerötete
Lippen, zervikale LK, konjunktivale Injektion, Exanthem, Ödem
u.Erythem der Hände/Füße mit späterer Schuppung, hohes Risiko
von Koronaraneurysmen  Kinderklinik
Marion Torge
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Mononukleose
 Hohes Fieber
 Fibrinbelegte Tonsillen
 Lymphknotenschwellung mit
erheblichen Schluckproblemen
 Krankheitsdauer 2-3 Wochen
 Splenomegalie, Leberbeteiligung
 Erreger: Eppstein-Barr Virus
 Lymphomonozytoide Zellen im
Differentialblutbild
 Serolog. Nachweis von AK
 CAVE: Amoxicillin  Exanthem
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Halsschmerzen
Therapie
Spontanverlauf
 Halsschmerzen dauern, unabhängig von einem GASNachweis, im Mittel 3,5 – 5 Tage
 Das Fieber klingt meist innerhalb von 2 - 3 Tagen ab.
Schmerztherapie
 Paracetamol bis zu 3 x tgl 500 – 1000 mg
 Ibuprofen 3 x tgl 200 – 400 mg
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Halsschmerzen
Therapie
Hausmittel
(Symptomlinderung, aber keine nachgewiesenen Effektivität!):
 Ausreichend trinken und sich ausruhen
 Rauchstop
 Befeuchtung der Umgebungsluft
 Gurgeln mit Salzwasser / Salbeitee
 Lutschen nicht-medizinischer Bonbons
 Heiße Zitrone
 Halswickel
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Halsschmerzen
Therapie
Halsschmerzmittel zur lokalen Anwendung
werden NICHT empfohlen
 Lutschtabletten, Gurgellösungen, Rachensprays mit
- Lokalantiseptika
- Lokalanästhetika
- Antibiotika
 Es gibt KEINEN Nutzennachweis durch RCT‘s, aber mögliche
Nebenwirkungen (lokale und systemische allergische, zum Teil
lebensgefährliche Reaktionen). Zudem entsteht dem Patienten ein
„wirtschaftlicher Schaden“.
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Halsschmerzen
Therapie
Phytotherapie:
 Pflanzliche Arzneimittel können bei ausgeprägtem
Therapiewunsch oder unzureichender Wirksamkeit besser
belegter symptomatischer Maßnahmen mit Einschränkung
empfohlen werden.
Homöopathie:
 Es kann keine Empfehlung für oder gegen homöopathische
Behandlung bei Halsschmerzen gegeben werden.
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Halsschmerzen
Therapie
Therapieentscheidung:
 bei klin. Zeichen einer GAS-Pharyngitis bringen AB eine
Krankheitsverkürzung um 1-1,5 Tage (NNT 5-6) „A“
 bei klin. Zeichen GAS-Pharyngitis und GAS-positiver
Rachenabstrich: Krankheitsverkürzung um 1-2,5 Tage (NNT 4)
„A“
 0-2 Centor Score: GAS-Pharyngitis eher unwahrscheinlich, keine
Untersuchung auf GAS, keine Antibiose „A“
 3-4 Centor Score, Kontakt zu GAS-Pharyngitiden: GAS eher
wahrscheinlich, je nach klin. Befund sofort oder nur bei
Verschlechterung AB (Penicillin V 7d, Erythromycin) „A“
 Allen Patienten Paracetamol oder Ibuprofen 3xtgl. 2-3d „A“
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Halsschmerzen
Antibiose
 Penicillin V über 7 Tage, bei > 12 a 3 x 0,8 – 1 Mio IE/Tag „A“
 Bei Penicillinunverträglichkeit Erythromycin über 7 Tage
 Bei rekurrierender GAS-Phryngitis: evtl. Therapie über 10 d mit
Penicillin oder Cephalosporin (1. Gen.) Cephalexin, Erythromycin
bei Unverträglichkeit
 Bei multiplen Episoden und V.a. andere Bakterien / Resistenz
Clindamycin oder Amoxicillin/Clavulansäure
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Halsschmerzen
Tonsillektomie bei Kindern
 ≥ 7 ( V.a.) GAS-Pharyngitiden im Vorjahr
 ≥ 5 ( V.a.) GAS-Pharyngitiden pro Jahr in den letzten
beiden Jahren
 ≥ 3 ( V.a.) GAS-Pharyngitiden pro Jahr in den letzten 3
Jahren
 ! Es gibt keine RCT‘s an Erwachsenen
Marion Torge
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Fallbeispiel
S:
Herr B. (53), Verwaltungsangestellter, klagt seit
mehreren Stunden über Kopfschmerzen, Halsweh
und Fieber, kein Husten
O:
Red. AZ, guter EZ, Rachen gerötet, Tonsillen
hypertroph, gerötet, keine Beläge, kein
Menigismus, kein Husten, keine zervikalen
Lymphknotenschwellungen, Temp. axillär 38,8°C
A:
fieberh. grippaler Infekt, Angina, Centor-Score = 2
P:
Ibuprofen oder Paracetamol 3xtgl., 2-3 Tage lang
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Ohrenschmerz
Marion Torge
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
DEGAM Leitlinie Ohrenschmerz
Fallbeispiel
S: Schülerin (17), seit dem Vorabend Ohrenschmerzen
und Hörverlust auf dem rechten Ohr, kein Fieber
O: Rachen gerötet, re Trommelfell massiv gerötet,
Ergussbildung, kein Tragus-Druckschmerz
A: ???
P: ???
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Ohrenschmerz
Häufigste Ursachen von Ohrenschmerzen - 1
Säuglinge und Kinder:
- Otitis media acuta
- Fremdkörper im äußeren Gehörgang (Murmel)
- Parotitis (Mumps)
- Pharyngitis
Jugendliche:
Otitis externa, v.a. im Sommer
Tonsillitis
Trauma
Weisheitszähne
Fremdkörper im äußeren Gehörgang
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Ohrenschmerz
Häufigste Ursachen von Ohrenschmerzen - 2
Erwachsene:
- Otitis externa
- Paukenerguß
- Kiefergelenksarthropathie
- Zervikalneuralgien
- Trigeminusneuralgien
- Kariöse Backenzähne
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Ohrenschmerz
Häufigste Ursachen von Ohrenschmerzen - 3
Ältere Erwachsene:
- Furunkel im Gehörgang
- Zoster oticus
- Zahnschäden, Kieferentzündung
- Maligne Tumoren
- Pharynxkarzinome
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DEGAM Leitlinie Ohrenschmerz
Abwendbar gefährlicher Verlauf
- seltene Komplikationen: Mastoiditis, Mastoidabszess,
Meningitis, Innenohrbeteiligung (Labyrinthitis),
Fazialisparese
- sehr seltene Komplikationen: intrakranieller Abszess,
Empyem, Sinusvenenthrombose
- Länger anhaltende Hörminderung verzögert
Sprachentwicklung
- Antibiotika-Gabe verhindert Komplikationen nicht „B“
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DEGAM Leitlinie Ohrenschmerz
Diagnostik
 Anamnese: Dauer, Stärke, Verlauf der Symptome,
vorheriger Infekt, Schwimmbadbesuch, frühere
Otitiden, OP‘s im HNO-Bereich, Grunderkrankungen
 Untersuchung: Inspektion beider Ohren und des
Rachens, Gesichts-/Kieferknochen,
Tragusdruckschmerz?
 Otoskopie zur Beurteilung des Trommelfells: verfärbt
oder matt, vorgewölbt (AOM) oder retrahiert
(Seromukotympanon), Flüssigkeitsspiegel, Erguss
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Ohrenschmerz
Diagnose einer Otitis media acuta AOM
-
Plötzlich einsetzende,
heftige Ohrschmerzen
-
Infektion der oberen
Atemwege, Fieber,
Reizbarkeit, Hinfassen
zum Ohr
-
Trommelfellentzündung
oder -perforation, Erguss
 Evtl. Hypacusis
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Ohrenschmerz
Therapie einer AOM
- 80% der AOM heilen spontan ohne Antibiotika ab! „A“
- Analgesie mit Ibuprofen oder Paracetamol „A“
- Keine sofortige antibiot. Therapie, Abwarten 24-48h
gerechtfertigt „A“
(Aufklärung der Eltern, Beobachtung des Kindes
(Wiedereinbestellen nach 24 h bei < 2a), Stand-by
Antibiose: Rp. aushändigen)
- Bei hohem Fieber/Erbrechen sofortige Antibiose
erwägen
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Ohrenschmerz
Antibiose
wenn keine Besserung oder Verschlechterung in 48h:
- Amoxicillin (Erwachsene: 3x500 mg/d) 5 Tage lang
- oder Makrolid (z.B. Azithromycin 250-500 mg) 3 Tage
- Mittel der Reserve: Cefuroxim 2x500 mg 5 Tage lang
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Ohrenschmerz
Grenzen der Therapieempfehlungen
- Säuglinge bis 6 Monate  Pädiater
- Kranke Kinder (6 – 24 Mo) mit anhalt.Fieber,
Erbrechen, red.AZ  stationäre EW Pädiatrie
- Sehr kranke Kinder (ab 2 a) mit hohem Fieber,
septischem Zustand, persist. Erbrechen, Meningismus,
akuten Krampfanfällen  stationäre EW Pädiatrie
- Kinder unter Immunsuppression, mit früheren
Komplikationen bei AOM, mit Grunderkrankungen 
ÜW HNO oder Pädiatrie
Marion Torge
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DEGAM Leitlinie Ohrenschmerz
Nachuntersuchung nach einer akuten Otitis media
- 50 % der Kinder mit AOM haben nach 1 Monat noch
Erguss  Übergang in Seromukotympanon
(Paukenerguss) möglich
- Hörminderung nach 3 Monaten durch persistierenden
Erguss  ÜW HNO
-
Prävention von AOM, rez.Otitiden und Seromuko-
tympanon: Vermeiden von Risikofaktoren wie
- Schnuller
- Saugflasche
- Rauchexposition
Marion Torge
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Fallbeispiel
S: Schülerin (17), seit dem Vorabend Ohrenschmerzen
und Hörverlust auf dem rechten Ohr, kein Fieber
O: Rachen gerötet, re Trommelfell massiv gerötet,
Ergussbildung, kein Tragus-Druckschmerz
A: Akute Otitis media rechts
P: Ibuprofen 600-800 mg 3xtgl.
Standby Antibiose?
Marion Torge
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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