1 Christophorus (um 200-250 n. Chr.) vermutlich in Lykien, heutige

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1 Christophorus (um 200-250 n. Chr.) vermutlich in Lykien, heutige
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Christophorus (um 200-250 n. Chr.) vermutlich in Lykien, heutige Türkei,
Gedenktag: 24. Juli
Zu Leben, Legende und Verehrung
Um Christophorus, der vermutlich als Märtyrer unter Kaiser Decius hingerichtet wurde,
ranken sich viele Legenden. Wirkmächtig bei uns ist die abendländische Fassung:
Der kräftige Riese Offerus, der nur dem mächtigsten Herrn dienen möchte und schließlich
beim Teufel landet, weil der von allen gefürchtet wird. Als er merkt, dass der Teufel Angst hat
vor dem Bild des Gekreuzigten, verlässt er ihn und möchte dem noch mächtigeren Christus
dienen. Ein Einsiedler sagt ihm, dass er dann fasten müsse oder viel beten. Offerus
entgegnete, dass er das beides nicht könne. Er übernahm darauf die Aufgabe, Menschen
auf dem Rücken über einen gefährlichen Fluss zu tragen. Da konnte er mit seiner Größe und
Stärke unermüdlich Menschen herüber und hinüber tragen. Eines Nachts hört er die Stimme
eines kleinen Kindes und trägt auch dieses Kind- wie gewohnt – ans andere Ufer. Das Kind
wird so schwer, dass er fürchtete zu ertrinken und glaubte, die ganze Welt liege auf seiner
Schulter. „Mehr als die Welt hast du getragen“, sagte das Kind zu ihm, „der Herr, der die
Welt erschaffen hat, war deine Bürde, von nun heißt du Christophorus, denn Christus hast
du getragen“. Das Kind drückte ihn unter Wasser und taufte ihn so und gab ihm den Auftrag,
seinen Stab in die Erde zu drücken. Zur Bekräftigung seiner Taufe grünte und blühte der
Stab am nächsten Tag.
Der Anblick des Christophorus am Morgen bewahrte- so der Volksglaube – vor
unvorhergesehenem Tod. Christophorusdarstellungen sind deshalb oft gut sichtbar an den
Außenwänden von Kirchen und mittelalterlichen Gebäuden zu sehen. In unserer Zeit gilt er
als Schutzpatron der Autofahrer und Verkehrsmittel.
Was mich als Mann im 21. Jahrhundert an der Christophorusüberlieferung fasziniert:
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Jede Christophorusfigur strotzt vor Kraft. Die Künstler konnten bei Christophorus
männliche Muskelkraft ungebremst malen oder plastisch darstellen. Wahre
„Mannsbilder“ sind dabei entstanden. Die Begeisterung und Freude an männlicher
Muskelkraft findet heute vielfach in Sport und Fitness ihren Ausdruck. Alle -auch
heute noch immer wichtigen - körperkraftorientierten Berufe bleiben Männerdomäne.
Die Christophorusdarstellungen sagen mir, der Männerkörper ist ein Geschenk. Ich
darf die Muskelkraft genießen und auch pflegen und wertschätzen und über den
Verlust der Kraft trauern.
Christophorus ist nicht geschaffen fürs Fasten und Beten, so wie auch viele Männer
heute dazu keinen Zugang haben. Er ist ein Mann der Tat. Wenn es um`s Zupacken
geht, ums Helfen, dann sind Männer zur Stelle auch in der Kirchengemeinde und
bieten all ihr Können und ihre Kraft auf. Kirche tut gut daran, das Zupacken vieler
Männer als Geschenk und Segen anzusehen und nicht als etwas dem „Eigentlichen“,
dem „Glauben“ Nachgeordnetes einzustufen. Christus will mit aller Kraft in diese Welt
hineingetragen werden und nicht nur im Wort Gestalt gewinnen.
Christophorus möchte dem Mächtigsten seine Kraft zur Verfügung stellen. Er gewinnt
damit Anteil an der Macht des anderen. Er ist nicht mit dem Zweitbesten zufrieden.
Viele Männer streben danach, das Maximum aus ihrer Kraft und ihrem Vermögen
herauszuholen, dort zu wirken, wo das, was sie einbringen können, die
größtmögliche Wirkung erzielt. Das darf nicht vorschnell mit „ehrgeizig“ oder gar
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„karrieregeil“ abgeurteilt werden. Freilich das Kind auf der Schulter, das sich als
Weltenschöpfer entpuppt, bricht wie das Kind, das Jesus in die Mitte der Jünger als
Vorbild stellt, die menschlichen (nicht die männlichen!!) Höhenflüge. Ziel und
Berufung des Lebens ist es, den Ort zu finden und auszufüllen, wo ich mit dem, was
mir anvertraut ist, für andere da sein und wirken kann. „Dienen“, einander dienen mit
der Gabe, die wir empfangen haben. „Minister“ ( = Diener) werden heißt, seinen
Platz im ganzen der Schöpfung, des Kosmos einzunehmen.
Der Blick am Morgen auf eine Christophorusfigur bewahrte- so der der Volksglaubevor dem unerwarteten Tod. Es passt, dass Christophorus heute Schutzpatron der
Autofahrer ist. Im Verkehr sterben heute die meisten Menschen einen völlig
unerwarteten Tod. Viele sagen, wenn ein Mensch in der Nacht ohne Voranzeichen
stirbt: „So einen Tod wünsch ich mir auch“. Für den mittelalterlichen Menschen war
ein solcher unerwarteter Tod das Schlimmste, weil die wichtigste Frage im Leben
möglicherweise nicht gut genug beantwortet war: „Bin ich bereit für die Ewigkeit?“
Für mich ist diese mittelalterliche Frage unter modernen Vorzeichen zentral. Nein, ich
möchte nicht plötzlich ohne „Einstimmung“ sterben. Ich möchte bereit sein für dieses
große „Lebensereignis“. Wenn ich künftig einen Christophorus sehe, dann möchte ich
mich von ihm daran erinnern lassen, dass ich so lebe, dass ich – wenn der Tod
morgen kommt- bereit bin für den großen Abbruch und Aufbruch.
Markus Herb, Landesmännerpfarrer
Weitere Informationen zu „Christophorus“:
http://www.heiligenlexikon.de/BiographienC/Christophorus.htm