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Einführung und Nutzung der
Dewey Decimal Classification (DDC)
im deutschen Sprachraum
Vorgelegt von der
Arbeitsgruppe Klassifikatorische Erschließung
im Auftrag der
Konferenz für Regelwerksfragen
Frankfurt am Main 2000
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
Hergestellt
mit freundlicher Unterstützung
Der Deutschen Bibliothek, Frankfurt a.M., Leipzig
Druck: Deutsche Bücherei Leipzig, 2000
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Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Einleitung
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1. Ziele und Nutzen des Einsatzes von Klassifikationssystemen für das
Online-Retrieval und in OPACs
2. Datenhaltung und Retrieval
3. Inhaltliche Probleme einer deutschen DDC-Ausgabe
4. Organisation und Pflege der DDC Deutsch
5. Laufender Aufwand für die Sacherschließung nach DDC
6. Konkordanzen zwischen Klassifikationen
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Zusammenfassung und Perspektive
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Anlage 1: DDC-Anwendung in ausländischen Nationalbibliographien
Anlage 2: Ingo Nöther: Möglichkeiten der Kürzung und Strukturierung
von DDC-Notationen
Anlage 3: Datenorganisation
Anlage 4: DDC Guidelines for Preparation of Translations and
Adaptations (Edition 21)
Anlage 5: Zeitplan DDC Deutsch
Anlage 6: Statistische Daten zum Arbeitsvolumen bei Vergabe von
DDC-Notationen in der Deutschen Nationalbibliographie
Anlage 7: DDC-Gliederung – Vorschlag für das Wöchentliche Verzeichnis
der DNB nach DDC
Anlage 8: Beispiele für eine Konkordanz
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Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
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Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
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Vorwort
Die Arbeitsgruppe Klassifikatorische Erschließung hat die hier vorgelegte Studie im Auftrag
der Konferenz für Regelwerksfragen zwischen Dezember 1998 und Januar 2000 erstellt. In
der Kürze der Zeit war es nicht möglich, alle Aspekte im Zusammenhang mit einer Einführung der DDC erschöpfend zu behandeln und durch Tests und praktische Erprobung zu verifizieren. Dennoch möchten die Mitglieder der Arbeitsgruppe ihre Ergebnisse nun einer breiteren Bibliotheksöffentlichkeit vorstellen, um die Diskussion über eine Einführung der DDC in
Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz voranzutreiben und mit konkreten Vorschlägen und Planungen zu ergänzen. Nur so können in näherer Zukunft weitere
Schritte zur Vereinheitlichung der Klassifikationsverfahren im Bibliothekswesen der deutschsprachigen Länder folgen. Die Konzentration auf die Beschäftigung mit der DDC in den vorliegenden Überlegungen hat praktische Gründe: weder war es sinnvoll und notwendig, die im
Gutachten „Klassifikationen für wissenschaftliche Bibliotheken“ 1998 angestellten Bewertungen noch einmal zu überprüfen, noch konnte es in der zur Verfügung stehenden Zeit darum gehen, eine weniger personal- und arbeitsaufwendige Alternative zur Einführung der
DDC in allen Aspekten zu diskutieren, da von der Mehrzahl der Mitglieder der Arbeitsgruppe
der hier vorgestellte Weg für wünschenswert und sinnvoll gehalten wird, auch wenn er zunächst schwieriger erscheint.
Von den Entwicklungsmöglichkeiten der DDC konnten sich die Mitglieder der Arbeitsgruppe bei zwei Workshops überzeugen, die im Oktober 1998 und 1999 in Der Deutschen
Bibliothek stattfanden. Den Referenten - vor allem Joan Mitchell, Diane Vizine-Goetz und
Traugott Koch - sei an dieser Stelle herzlich gedankt, ebenso OCLC Forest Press und Der
Deutschen Bibliothek für die organisatorische Unterstützung. In den letzten Monaten ist das
Interesse an der DDC in den deutschsprachigen Ländern gewachsen; vor allem aus dem Kreis
der jetzt schon mit der DDC arbeitenden Bibliotheken kamen positive Rückmeldungen und
Erfahrungsberichte, die für die Erarbeitung der vorliegenden Studie sehr wertvoll waren.
Nicht zuletzt gilt der Dank der Arbeitsgruppe den Fachreferentinnen und Fachreferenten an
mehreren Bibliotheken, die ihre Fächer in der englischen und der französischen DDCAusgabe begutachtet haben und damit die Grundlage für die in Kapitel 3 ausgeführten Überlegungen lieferten sowie dem Deutschen Bibliotheksinstitut für organisatorische und finanzielle Unterstützung und den DDC-Experten in der Library of Congress und der British Library
für ihre Bereitschaft, Fragen zur DDC-Anwendung in ihren Bibliotheken beantworten.
Magda Heiner-Freiling
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
Mitglieder der Arbeitsgruppe Klassifikatorische Sacherschließung:
Dr. Christian Baumann (DDB Frankfurt a.M.)
Reiner Diedrichs (Verbundzentrale des GBV)
Dr. Karl Werner Finger (SBB-PK Berlin, BVBB)
Dr. Friedrich Geißelmann (UB Regensburg, BVB)
Prof. Winfried Gödert (FHS Köln)
Dr. Armin Müller-Dreier (SUB Göttingen, GBV)
Dr. Ingo Nöther (DBI Berlin)
Dr. Albert Raffelt (UB Freiburg, SWB)
Dr. Margit Sandner (ÖNB Wien, ÖBIVB)
Ute Scharmann (Stadtbibliothek Wuppertal, DBV; Sektionen 1, 2, 3, 6)
Christine Schilt (SLB Bern)
Roswitha Schwan-Michels (HBZ Köln)
Christa Wittrock (UB/LMB Kassel, HEBIS)
Magda Heiner-Freiling (DDB, Frankfurt a.M., Leitung)
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Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
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Einleitung
Nach Abbruch der Arbeiten an einer deutschen Einheitsklassifikation im Jahre 1977 hat es keinen
neuen Versuch mehr gegeben, die klassifikatorische Sacherschließung auf der Basis einer nationalen Kooperation zu harmonisieren. Die verbale Sacherschließung nach den RSWK drängte das Interesse an einer klassifikatorischen mehr und mehr zurück und gilt heute als das bevorzugte Sacherschließungssystem in Deutschland. Doch seit Anfang der 90er Jahre wenden sich immer mehr Bibliotheken wieder der Klassifikation zu, weil ihnen die verbale Sacherschließung ergänzungsbedürftig erscheint. Denn für thematische Bezüge, für die Darstellung des Umfeldes eines Gegenstands sowie insbesondere für die internationale Kooperation eignet sich die klassifikatorische Sacherschließung wesentlich besser als die verbale.
Eine vom Fachbeirat des Deutschen Bibliotheksinstituts eingesetzte Expertengruppe OnlineKataloge warb in ihrer Veröffentlichung von 19941 für eine Rückbesinnung auf die Vorteile der
klassifikatorischen Erschließung, ohne die Vorrangstellung der verbalen Sacherschließung in
Deutschland in Frage zu stellen. Wenn sowohl verbale als auch klassifikatorische Elemente beim
Retrieval als Suchkomponenten eingesetzt werden, könnten sie sich gegenseitig ergänzen. Die
Klassenbeschreibungen sollten retrievalfähige Begriffe enthalten und mit der verbalen Sacherschließung abgestimmt sein. Die Expertengruppe Online-Kataloge regte die Gründung einer Arbeitsgruppe an, die sich speziell damit befassen sollte, wie eine stärkere Vereinheitlichung in Deutschland zu
erreichen und wie gleichzeitig das ausländische Angebot klassifikatorischer Erschließung zu nutzen
wäre. Die Entwicklung einer neuen Klassifikation schloss die Expertengruppe Online-Kataloge als
nicht realisierbar von vornherein aus.
Die neu gegründete Expertengruppe Klassifikation konstituierte sich im Januar 1995 und legte
1998 die Ergebnisse ihrer Arbeit mit einem Bericht vor: „Klassifikationen für wissenschaftliche
Universalbibliotheken in Deutschland. Analysen und Empfehlungen“2. In ihren Empfehlungen3
sprach die Expertengruppe Klassifikation den Wunsch aus, auch im deutschsprachigen Raum die
Voraussetzung dafür zu schaffen, das große Potential der mit der Dewey Decimal Classification
(DDC) erschlossenen Literatur des Auslands zu nutzen. Für eine klassifikatorische Erschließung
durch Die Deutsche Bibliothek erschien der Expertengruppe Klassifikation die DDC – trotz einiger
Probleme – durchaus geeignet, und zwar aus folgenden Gründen:
–
–
–
–
Die DDC findet in zahlreichen Nationalbibliographien Anwendung4,
ihre Notationen sind hierarchisch strukturiert und trunkierbar,
mit ihr ist weltweit eine sehr große Menge von Titeln verknüpft,
sie wird auch als Aufstellungssystematik eingesetzt,
1 Sacherschließung in Online-Katalogen / Hrsg. von der Kommission des Deutschen Bibliotheksinstituts für Erschließung und Katalogmanagement, Expertengruppe Online-Katalog. Berlin : Deutsches Bibliotheksinstitut, 1994 (DBIMaterialien ; 132).
2 Klassifikationen für wissenschaftliche Universalbibliotheken in Deutschland. Analysen und Empfehlungen / Erarbeitet von einer durch das Deutsche Bibliotheksinstitut berufenen Expertengruppe Klassifikation. Herausgegeben
von Hans-Joachim HERMES. In: Klassifikationen für wissenschaftliche Bibliotheken. Analysen, Empfehlungen, Modelle. Berlin : Deutsches Bibliotheksinstitut, 1998 (DBI-Materialien ; 175), S. 7-101.
3 Ebd. S. 99-101.
4 Siehe Anlage 1.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
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durch ein ständig arbeitendes Komitee wird sie laufend gepflegt,
häufig erscheinende Neuausgaben garantieren eine hohe Aktualität.
Zu den Problemen der DDC rechnete die Expertengruppe Klassifikation zunächst die für alle Dezimalsysteme geltende Einschränkung in der horizontalen Erweiterung, ferner die einige Erfahrung
fordernde Nutzung der Schlüsselungen, die mangelnde strukturelle Transparenz sowie die veraltete
Anordnung der Hauptklassen.
Die Expertengruppe Klassifikation empfahl eine deutsche, im optimalen Fall zweisprachige
Ausgabe der DDC, die in der deutschen Terminologie an die SWD und inhaltlich – etwa in den Fächern Pädagogik, Recht, Verwaltung und Geschichte - an deutsche bzw. europäische Verhältnisse
angepasst ist. Die Übersetzung der DDC wäre nicht allein Sache Der Deutschen Bibliothek, vielmehr sollten nach Ansicht der Expertengruppe Klassifikation auch andere potentielle Anwender der
DDC an der Übersetzung beteiligt sein – einschließlich derer, die die DDC nur über Konkordanzen
nutzen wollen.
Im Oktober 1998 diskutierte die Konferenz für Regelwerksfragen (KfR) die Empfehlungen der
Expertengruppe Klassifikation und beschloss folgende Grundsätze:
–
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–
–
–
Es besteht ein Bedarf an klassifikatorischer Sacherschließung als Ergänzung zur verbalen Sacherschließung.
Angesichts des Aufwands für eine klassifikatorische Sacherschließung müssen die Kräfte auf
der Basis einer nationalen Gemeinsamkeit gebündelt werden. Den gegenwärtigen personellen
und finanziellen Bedingungen der Bibliotheken ist dabei Rechnung zu tragen.
Die Bemühungen um eine gemeinsame klassifikatorische Sacherschließung sollten sehr bald
Ergebnisse zeigen und nicht auf eine zeitlich ferne Nutzung angelegt sein.
Zur besseren Nutzung von Fremddaten sollten Konkordanzen entwickelt werden.
Maschinelle Verfahren zur sachlichen Erschließung können zwar die intellektuelle Arbeit
nicht ersetzen, sollten aber so weit wie möglich unterstützend eingesetzt werden.
Die KfR gründete auf derselben Sitzung die Arbeitsgruppe Klassifikatorische Erschließung und
übertrug ihr die Aufgabe, ein nationales Konzept nach den oben genannten Grundsätzen zu erarbeiten. Die Arbeitsgruppe sollte sich dabei an Machbarkeit und Akzeptanz orientieren und in ihrem
Konzept die Fremddatennutzung, Kooperation und Unterstützung durch maschinelle Verfahren als
Rahmenbedingungen beachten.
Die Arbeitsgruppe Klassifikatorische Erschließung, die im Dezember 1998 zu einer ersten Sitzung
zusammentrat, formulierte folgende Grundsätze und Ziele ihrer Arbeit:
Als Klassifikation kommt nur ein System in Frage, das die Position deutscher Publikationen auf
dem internationalen Markt verbessert, internationalen Standards genügt, universal angelegt ist und
die Nutzung von Fremdleistungen ausländischer Anbieter ermöglicht. Eine solche Klassifikation
muss sich für alle Arten von Dokumenten und Netz-Publikationen eignen. Sie soll die Defizite des
rein wortorientierten Retrievals ausgleichen und gleichsam als Rückgrat für die verbale Sacherschließung dienen. Die Klassifikation muss so aufbereitet sein, dass auch die
Informationsproduzenten - also die Autoren bzw. Verlage - in die Lage versetzt werden, Notationen
zu vergeben. Das System sollte ferner zur Bildung von Konkordanzen geeignet sein, die die
Erschließungsarbeit nach anderen Klassifikationen erleichtern.
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Die Entwicklung einer neuen Klassifikation ist als nicht realisierbar von vornherein auszuschließen. Deshalb muss unter den vorhandenen Universalklassifikationen ein System ausgewählt werden. Nach den Empfehlungen der Expertengruppe Klassifikation und insbesondere unter dem
Aspekt der größten internationalen Verbreitung und der Möglichkeit umfassender Fremddatennutzung wird die DDC favorisiert. Eine Machbarkeitsstudie soll die Eignung der DDC für den deutschsprachigen Raum und den Aufwand für die Übersetzung sowie für die kontinuierliche Anwendung
der DDC näher bestimmen.
Die nun vorliegende Studie geht zunächst allgemein auf den Nutzen von Klassifikationssystemen
für das Online-Retrieval und in OPACs ein. Sie untersucht sodann Möglichkeiten der datentechnischen Realisierung einer deutschen DDC-Ausgabe und macht Vorschläge für eine Datenstruktur,
die ein effektives Retrieval, eine umfassende Fremddatennutzung sowie die Verbindung mit vorhandenen Normdateien erlaubt. Zur Beurteilung der inhaltlichen Eignung der DDC werden einige
Problemfächer näher betrachtet und Möglichkeiten der Adaption gezeigt. Ein weiteres Kapitel erörtert die personellen, zeitlichen und finanziellen Voraussetzungen für eine Übersetzung der DDC
und macht Vorschläge für eine kooperative Organisation und Durchführung der Übertragungsarbeit.
Die Studie geht auch auf den zu erwartenden Aufwand und die Organisation einer laufenden Anwendung und Nutzung der DDC ein. Im letzten Kapitel werden Ansätze zur Entwicklung von Konkordanzen zu anderen in Deutschland verbreiteten Klassifikationssystemen dargestellt.
Die Studie möchte eine umfassende Meinungsbildung über die Anwendung der DDC im
deutschsprachigen Raum anregen. Wenn die allgemeine Beurteilung positiv ausfällt und die Arbeit
an der Übertragung zügig vorangetrieben wird, kann die DDC schon sehr bald in der bibliothekarischen Praxis zum Einsatz kommen.
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1. Ziele und Nutzen des Einsatzes von Klassifikationssystemen für das
Online-Retrieval und in OPACs
1.1
Vorbemerkungen
Neben ihrer traditionellen Funktion als Hilfsmittel für die inhaltliche Strukturierung und zur
sequenziellen Ordnung von Dokumentmengen bei der Buchaufstellung oder in systematischen Katalogen besitzen Klassifikationssysteme ein großes Potenzial zur Realisierung differenzierter Such- und Findevorgänge im Online Retrieval. Dies kann bereits in zahlreichen
Beispielen in Form von Browsing- und Suchfunktionen im Online-Retrieval und in OPACs
beobachtet werden5. Neuerdings üben insbesondere die breit gefächerte Akzeptanz von allgemeinen systematischen Verzeichnisdiensten des World Wide Web - wie Yahoo! oder
Web.de - sowie die Überlegungen zu einer besseren inhaltlichen Erschließung von Web-Seiten mit Methoden des automatischen Indexierens oder Klassifizierens einen maßgeblichen
Einfluss auf die Diskussion um die Verwendung systematischer Strukturen in Online-Suchumgebungen aus. Diese Diskussion wird in der absehbaren Zukunft anhalten und immer mehr
die Erwartung erzeugen, dass derartige Hilfsmittel auch in bibliothekarischen Erschließungsinstrumenten selbstverständlich werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese Erschließungsinstrumente die Funktion von Subject Gateways für heterogene Dokumentkollektionen
übernehmen und nicht mehr allein der inhaltlichen Erschließung von Monografiensammlungen vorbehalten sein sollen6. Allgemein gilt es als selbstverständlich, dass neben die punktuelle Wortsuche mit syntaktischen Verfeinerungen eine systematische Suchfunktion treten
muss, wenn Qualitätsdienste angeboten werden sollen.
In verschiedenen Projekten und bereits realisierten Systemen – vorwiegend im internationalen Kontext –, wurden bereits Klassifikationssysteme für unterschiedliche allgemeine oder
fachliche Kontexte und in jeweils unterschiedlicher Vorgehensweise bei der Realisierung von
Erschließungs- bzw. Such- und Findeprozeduren in Online-Umgebungen implementiert. Als
Beispiele können genannt werden:
–
–
5
6
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8
ETHICS an der ETH Zürich7
DORS an der University of California, Los Angeles8
Vgl. z.B.: Traugott Koch: Nutzung von Klassifikationssystemen zur verbesserten Beschreibung, Organisation und Suche von Internetressourcen. In: Buch und Bibliothek 50 (1998), S. 326-335; A. Steven
POLLITT: The key role of classification and indexing in view-based searching. In: International cataloguing
and bibliographic control 27 (1998) Nr. 2, S. 37-40; A. Steven POLLITT: The application of Dewey
Classification in a view-based searching OPAC. In: Structures and relations in knowledge organization:
Proceedings of the 5th International ISKO-Conference, Lille, 25.-29.8.1998 / Hrsg.: W. MUSTAFA EL
HADI... Würzburg: Ergon 1998. S. 176-183. (Advances in knowledge organization ; vol.6).
Vgl. z.B.: E. PLACE: Internationale Zusammenarbeit bei Internet Subject Gateways. In:
http://www.ifla.org/IV/ifla65/papers/009-143g.htm; Vgl. auch die Diskussionsliste:
http://www.desire.org/html/subjectgateways/community/imesh/.
Vgl. z.B.: H. HUG; R. NÖTHIGER: ETHICS: an online public access catalogue at ETH-Bibliothek, Zürich.
In: Program 22 (1988), S. 133-142. Vgl. auch: http://www.ethics.ethz.ch.
Vgl. z.B. S. LIU; E. SVENONIUS: DORS: DDC online retrieval system. In: Library resources and technical
services 35 (1991), S. 359-375.
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CORC bei OCLC9
DESIRE10, SOSIG11, IMESH an der UB Lund
GerHARD an der UB Oldenburg12
CARMEN an der UB Regensburg13
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–
Um eine größere internationale Akzeptanz zu erzielen und Möglichkeiten des internationalen
Datenaustausches zu realisieren, wird für nicht fachspezifische Anwendungen innerhalb dieser Projekte häufig die DDC als Grundlage oder als Referenzsystem genutzt.
Die Einbindung eines Klassifikationssystems in ein Online-Retrievalsystem setzt selbstverständlich eine nutzergerechte Such- und Interaktionsoberfläche voraus. Die Gestaltung dieser
Oberfläche muss eine Reihe von Punkten berücksichtigen. Hierzu gehört zunächst, dass sowohl die inhaltliche Bedeutung der einzelnen Systemstellen im Suchprozess verbal sichtbar
gemacht wird, als auch ein verbaler Zugriff auf die Systemstellen eingerichtet wird. Dieser
verbale Zugang muss außerdem den Zugang unter synonymen Wortformen gestatten, also
unter Nutzung vorhandener Normdateien terminologisch kontrolliert sein.
Weitere Interaktionseigenschaften müssen der Unterstützung von systematischen Navigations- und Browsingvorgängen dienen. Hierbei sind generell zwei Ebenen des Interaktionsprozesses zu unterscheiden:
1. die Ebene des Orientierens und Browsings innerhalb der systematischen Struktur,
2. die Ebene des – meist nachfolgenden – Erzielens von Treffern auf der Dokumentebene.
Für beide Ebenen müssen adäquate Repräsentationen (sowohl auf der Ebene der Datenformate und des Datenaustausches als auch auf der Ebene der Präsentation der Strukturen für die
Benutzer) der Klassifikationssysteme in den Katalogen und anderen – auch verteilten – Dokumentretrievalsystemen gefunden werden. Sobald eine solche Präsentation erstellt ist, läßt sich
daraus Nutzen für die Gestaltung von Suchvorgängen in verschiedenen Retrievalumgebungen
ziehen.
1.2
Nutzen für Such- und Findevorgänge
Das traditionelle Suchen mit Klassifikationssystemen erfolgt entlang einer linearen Sequenz
aus dokumentspezifisch – auch bei synthetisierenden Systemen oder der Verwendung von
Schlüsseln somit stark präkombinierten – vergebenen Notationen. Die Darstellung des Sys9
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13
Vgl. z.B. OCLC seeks participants for CORC project. In: Advanced technology libraries 27 (1998) Nr. 11,
S. 2-3; Diane VIZINE-GOETZ: NetLab / OCLC collaboration seeks to improve Web searching. In: OCLC
newsletter. 1999, Nr. 240, Juli/August, S. 30-36. Vgl. auch: http://www.oclc.org.
Vgl. z.B. A. ARDO; S. LUNDBERG: A regional distributed WWW search and indexing service: the DESIRE
way. In: Computer networks and ISDN systems 30 (1998) Nr. 1/7, S. 149-159. E. PLACE (Anm. 6). Vgl.
auch: http://www.ub.lu.se/desire.
Vgl. E. PLACE (Anm. 6). Vgl. auch: http://www.sosig.ac.uk.
Vgl. z.B. Hans-Joachim WÄTJEN:GERHARD: Automatisches Sammeln, Klassifizieren und Indexieren von
wissenschaftlich relevanten Informationsressourcen im deutschen World Wide Web. In: B.I.T.online. 1998,
H.4, S. 279-290. Hans-Joachim WÄTJEN: Automatisches Sammeln, Klassifizieren und Indexieren von wissenschaftlich relevanten Informationsressourcen im deutschen World Wide Web: das DFG-Projekt GERHARD. In: http://www.gerhard.de/info/Vortraege/DGD-vortrag.html.
Vgl. auch: http://www. gerhard.de
Vgl.: http://www.bibliothek.uni-regensburg.de/carmen12.html.
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tems selbst erfolgt durch eine ebenfalls sequenziell angeordnete Tafel, die zur Erlangung eines Überblicks über die inhaltliche Strukturierung genutzt werden kann.
Für die Verwendung von systematischen Strukturen in Online-Umgebungen kommen neue
Möglichkeiten des Navigierens innerhalb der Struktur und zur Treffermengenbildung hinzu.
1.2.1 Ebene des Orientierens und Browsings innerhalb der systematischen Struktur
Der Nutzen des Einsatzes von Klassifikationssystemen für das Online-Retrieval kann auf der
Ebene des Orientierens und Browsings innerhalb der systematischen Struktur vor allem darin
gesehen werden, dass neben der Orientierung in der sequenziellen Klassenabfolge weitere
Navigations- und Orientierungsmöglichkeiten eingerichtet werden können. Hierzu zählen:
–
–
–
Das Navigieren entlang hierarchischer Pfade (subordinierte Klassen) der systematischen
Struktur,
Das Navigieren entlang der Klassen gleicher Ebene (koordinierte Klassen) der systematischen Struktur,
Das Navigieren entlang assoziativer Pfade (siehe-auch-Verweisungen) innerhalb der
systematischen Struktur.
Nachstehend werden zur Illustration die häufigsten Möglichkeiten zur Darstellung systematischer Strukturen angegeben. Neben der klassischen Tafelstruktur mit linearer Anordnung
(Abb. 1), die in der Regel um ein Register ergänzt sein sollte, sind dies grafische Repräsentationen (Abb. 2) und Hyperlinks (Abb. 3). Letztere eignen sich insbesondere für Orientierungs- und Navigationsprozesse in Online-Umgebungen.
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Abb. 1: Eine systematische Struktur in Tafelanordnung
Abb. 2: Eine systematische Struktur in grafischer Anordnung
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Abb. 3: Eine systematische Struktur mit Hyperlink-Verknüpfungen
1.2.2 Ebene des Erzielens von Treffern auf der Dokumentebene
Je nach der Struktur des zum Einsatz kommenden Systems sind neben der Bildung einer Dokumentmenge als Treffer für eine Frage nach einer Systemstelle weitere Möglichkeiten vorhanden:
–
–
Bestandteile synthetisierter Notationen können einzeln suchbar gemacht werden,
In Schlüsseln enthaltene Begriffe können einzeln suchbar gemacht werden.
Ein Klassifikationssystem mit synthetisierender Notationsvergabe ermöglicht dabei sowohl
das Blättern in den dokumentspezifisch vergebenen komplexen Notationen (Modell systematischer Katalog in sequenzieller Form) als auch das postkoordinierende Retrieval mit den einzelnen Notationsbestandteilen.
Einen verbalen Zugang zu den einzelnen Elementen vorausgesetzt, lassen sich auf diese
Weise z.B. bequem und effizient viele Suchfragen bearbeiten, die aus einer thematischen
Kombination von Sachbegriffen mit Orts- oder Zeitangaben bestehen. Ein besonderer Vorteil
der Verwendung von Schlüsseln kann hierbei in der freien Realisierung von zeitlichen Bereichen für die Suchfrage gesehen werden.
Themenorientiertes Suchen ist häufig daran interessiert, den Kontext des Themas mit zu
berücksichtigen und ggf. zu verengen oder zu erweitern. Wortorientierte Suchverfahren sind
für derartige Interessen nicht einsetzbar, da zumindest begriffliche Relationen in den Findeprozess eingebunden werden müssen. Systematische Strukturen eignen sich in besonderer
Weise für die Realisierung derartiger Findeprozesse. Wenn strukturabbildende Notation vorhanden sind, kann durch ein einfaches Trunkieren der Notationen hierbei in freier Weise das
Bilden thematischer Ausschnitte innerhalb der systematischen Struktur realisiert werden. Man
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folgt so nicht allein den Hierarchieebenen oder Subordinationspfaden der Systematik, sondern
bildet entlang der vorgebenen Struktur der Systematik ohne großen Aufwand Sachcluster
nach eigener Zweckbestimmung. Auf der Ebene der Dokumente macht sich dies in einem
Vergrößern oder Verkleinern der Treffermenge bemerkbar. Als ein Beispiel kann in der Abb.
2 die Frage „Allgemeine Literatur zu Sachkatalogen in Öffentlichen Bibliotheken (A1 und
B2)“ im Unterschied zu „Alle Literatur zu allen Sachkatalogen in allen Bibliotheksformen
(A$ und B2$)“ dienen.
Dieses Vorgehen kann mit einem systematischen Zoomprozess verglichen werden. Sofern
die systematische Struktur über Schlüssel oder andere Synthesemöglichkeiten verfügt, kann
dieser Vorgang in jeder Synthesekomponente einzeln oder in Kombination durchgeführt werden. Beispiele für derartige Suchinteressen ergeben sich leicht bei Kombination von sachlichen Themenbereichen mit geographischen Regionen unter Einschluss aller ihrer Unterbegriffe (z.B. die Suche nach Bildbänden über alle sakralen Bauwerke in allen Orten des Niederrheingebietes).
Die in einer Online-Umgebung zur Verwendung kommende Klassifikation sollte über
möglichst viele der vorstehend genannten Eigenschaften verfügen.
1.3 DDC und Online-Retrieval
Die vorstehend genannten Ziele können mit einer Reihe von Klassifikationen erreicht werden.
Wie bereits in der Einleitung ausgeführt, galt im Rahmen dieser Studie die besondere Aufmerksamkeit der DDC. Es wäre also an dieser Stelle zu fragen, ob die DDC über geeignete
strukturelle Eigenschaften verfügt, um die genannten Zielsetzungen in Retrievalvorgängen zu
erreichen. Diese Frage kann bereits im Hinblick auf die eingangs genannten Projekte mit einem prinzipiellen Ja beantwortet werden. Will man jedoch wünschenswerte erweiterte Suchfunktionalitäten unter benutzerfreundlichen Oberflächen realisieren, sind zusätzliche Hilfsmittel zur Synthese und Dekomposition von DDC-Notationen erforderlich. Eine Skizze des hierfür erforderlichen Modells zur Datenstruktur und Datenhaltung sowie des Datenaustausches
wird in Kapitel 2 dieser Studie gegeben.
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2. Datenhaltung und Retrieval
2.1 Die Struktur der DDC im Hinblick auf Fragen der Datenorganisation und des Retrieval14
Dewey Decimal Classification ist ein Klassifikationssystem, das aus acht verschiedenen Subsystemen besteht, nämlich den Schedules (Haupttafeln) und insgesamt sieben Tables (Schlüsseln). Die ca. 60.000 Elemente der Schedules können entweder für sich allein jeweils eine
Klasse bilden, oder aber Grundlage für Klassen sein, die dokumentspezifisch in Kombination
mit weiteren Elementen der Schedules oder mit Elementen aus den folgenden Tables entstehen:
Table 1:
Table 2:
Table 3:
Table 4:
Table 5:
Table 6:
Table 7:
Standard Subdivisions
Geographic Areas, Historical Periods, Persons
Subdivisions for the Arts, for Individual Literatures, for
Specific Literary Forms
Subdivisions of Individual Languages and Language Families
Racial, Ethnic, National Groups
Languages
Groups of Persons
DDC enthält sowohl präkombinierte als auch analytisch-synthetische Strukturen. Bei der Erschließung werden die Dokumente entweder einem der ca. 60.000 Elemente der Schedules
zugeordnet, oder sie werden durch eine Kombination eines Elements aus den Schedules mit
Elementen der anderen Subsysteme oder weiterer Elemente der Schedules erschlossen. Dabei
ist zu beachten, dass eine sinnvolle Verkürzung durch Verzicht auf die analytischsynthetischen Strukturen unter ausschließlicher Verwendung der Schedules nicht möglich ist.
Teilweise sind Klassen für sehr komplexe Dokumentinhalte bereits in den Schedules enthalten. So findet sich unter den Schedules im Bereich Politikwissenschaft z.B. eine eigene Klasse
für „Western Asia regional associations and organizations“ (341.2477). Hingegen bieten die
Schedules keine Klasse zur Erschließung eines Handbuchs zum Politischen System der Bundesrepublik Deutschland. Für die Erschließung eines solchen Dokuments wird vielmehr eine
Klasse aus einem Element der Schedules (320) und einem Element aus Table 2 (943) gebildet
(320.943). Es ist also nicht von der Erschließungstiefe abhängig, ob eine Klasse erst beim
Erschließungsprozess, also dokumentspezifisch auf dem Wege der syntaktischen Kombination von Elementen aus verschiedenen Tables und Subdivisions gebildet werden muss, oder ob
sie bereits als „präkombinierte“ Klasse in den Schedules vorliegt. Die präkombinierten und
die analytisch-synthetischen Strukturen bestehen in der DDC nebeneinander.
Im Hinblick auf Probleme der Datenhaltung sind bei der Anwendung der DDC grundsätzlich zwei verschiedene Ebenen zu unterscheiden:
14
Die Struktur der DDC wird hier nur insoweit behandelt, als sie relevant für Datenhaltung und Retrieval ist.
Die inhaltliche Struktur wurde bereits an anderer Stelle untersucht. Vgl. v.a. Klassifikationen für wissenschaftliche Bibliotheken. Analysen, Empfehlungen, Modelle. Berlin : Deutsches Bibliotheksinstitut, 1998
(DBI-Materialien ; 175), v.a. S. 28-35.
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–
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Die Ebene der einzelnen Bestandteile komplexer DDC-Klassen, die in den verschiedenen Subsystemen enthalten sind
Die Ebene der präkombinierten Notationsstrings (Dewey Numbers), die dokumentspezifisch aus den Elementen der Subsysteme gebildet werden
Während die präkombinierten Notationsstrings (oder Dewey Numbers) und auch die Elemente aus den Schedules weithin bekannt sind als Strukturierungselemente für große Bibliographien (z.B. BNB, ABPR) sowie für Freihandbestände zahlreicher amerikanischer Bibliotheken, finden sich die Einzelelemente, aus denen sich die Dewey Numbers zusammensetzen,
lediglich in den gedruckten Ausgaben der DDC oder in der elektronischen Ausgabe „Dewey
for Windows“.
2.2
Die Masterdatenbank oder Normdatei
Als Dreh- und Angelpunkt einer DDC-Anwendung in Deutschland muss bereits mit Beginn
der Übersetzung eine Masterdatenbank oder Normdatei aufgebaut werden, deren Format sich
möglichst weit an der amerikanischen Quelldatenbank orientieren sollte. Sie muss alle Elemente der acht DDC-Subsysteme mit ihren Notationen und Benennungen enthalten und sie
durch Indikatoren oder Satzkennungen ihren jeweiligen Subsystemen eindeutig zuordnen
können. Daneben sind Felder für Verweisungen, Relationen zu kontrolliertem Vokabular (v.a.
SWD, LCSH, Fachthesauri), Ebenenindikatoren, Einträge für die Gestaltung der Druckausgabe, Erläuterungen und die Bezeichnung der verwendeten DDC-Ausgabe erforderlich. Auch
die Möglichkeit zur Bildung von Konkordanzen ist in das Datenmodell zu integrieren15. Insgesamt muss sich die Struktur der Datenbank an den Bedürfnissen des Retrievals orientieren.
Sie muss dem Benutzer eine möglichst große Vielfalt an Sucheinstiegen und ein komfortables
orientierendes Browsing in der systematischen Struktur ermöglichen16.
Daneben hat die DDC- Masterdatenbank oder Normdatei auch die Funktion, Hilfsmittel für
die Vergabe von Notationen vorzuhalten, die den Prozess der inhaltlichen Erschließung unterstützen. Eine solche Implementierung muss das Aufsuchen der Notationen unterstützen, indem sowohl von den einzelnen Wörtern der Klassenbenennungen der Zugang zu den Klassen
ermöglicht wird (die Berücksichtigung von terminologischen Varianten ist hierbei genau so
wünschenswert wie im Retrieval) als auch ein Browsing in den Klassen entlang der gleichen
Prinzipien wie im Retrieval möglich ist. Zusätzlich sollten Standardregeln und Verwendungshinweise, Hinweise auf verwandte Systemstellen sowie Verfahrensweisen zur Synthese komplexer Notationen und zur Anwendung der Tables Bestandteil eines solchen Unterstützungssystems sein. Die Erfassung der Instruktionen zur Bildung der Dewey Numbers (Numberbuilding) in der Datenbank ist zudem eine wichtige Voraussetzung für die maschinell unterstützte
Analyse dieser dokumentspezifischen Präkombinationen17. Schließlich könnte die Masterdatenbank oder Normdatei noch erweitert werden um eine Liste der bisher bereits vorhandenen
15
16
17
Vgl. dafür das Kapitel 6 dieser Studie. Für die Erfassung von Relationen zu anderen Klassifikationssystemen sind grundsätzlich zwei verschiedene Lösungen möglich. Die Beziehungen können in der deutschen
DDC-Datenbank erfaßt werden oder aber im Austauschformat für klassifikatorische Daten, das unabhängig
von einem Einsatz der DDC in Deutschland ein dringendes Desiderat ist und bereits in einer frühen Phase
des Projektes erarbeitet werden sollte.
Vgl. dafür die Hinweise in Kapitel 1 dieser Studie.
Vgl. dafür den Abschnitt 2.4 in diesem Kapitel.
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Dewey Numbers, die ebenfalls als Hilfsmittel bei der Erschließungsarbeit eingesetzt werden
könnte18.
Wenn auch der Funktionsumfang eines solchen Produktionssystems dem des Recherchehilfsmittels analog sein sollte, so muss dies nicht in gleicher Weise für die Gestaltung der Interaktionsmöglichkeiten gelten. Hier sind die spezifischen Belange einer ökonomischen Bearbeitung zu berücksichtigen. Wer DDC aus täglicher Anwendung als Erschließer sehr gut
kennt, benötigt eine andere Oberfläche als derjenige, der das System für eine Recherche nutzen will, ohne es genau zu kennen.
Die grob skizzierte Datenbank sollte bereits die technische Plattform für die Übersetzungsarbeit sein. Sie wird dann das zentrale Instrument bei der Erschließung und übernimmt
schließlich wichtige Funktionen beim Aufbau der Browsing- und Retrievalsysteme. Sie muss
so strukturiert werden, dass sie als integrierte Normdatei in Verbunddatenbanken eingesetzt
werden kann, daneben aber auch als externe Datenbank mit Front-End-Funktionen für Bibliotheks- und Verbundkataloge. Im Hinblick auf diese Funktion ist die Berücksichtigung des an
Bedeutung gewinnenden W3C-Standards „Resource Description Framework“ (RDF) wahrscheinlich sinnvoll oder gar notwendig. Es sollte jedenfalls eine XML/RDF-Schnittstelle eingeplant werden19.
2.3 Die Erfassung der Erschließungsdaten am Titel
Erste noch rudimentäre Ansätze einer DDC-Datenhaltung in Deutschland (z.B. GBVVerbunddatenbank, CORC-Projekt) verwenden alle DDC-Erschließungsdaten als Präkombinationen, d.h. es wird an einem Titeldatensatz eine Dewey Number erfaßt bzw. aus dem
Fremddatenpool der LC eingespielt. Diese aus einem oder mehreren Elementen der Schedules
bestehende oder durch eine syntaktische Kombination einzelner Elemente der Schedules und
Tables dokumentspezifisch entstandene Zahlenfolge ordnet das zu erschließende Dokument
einer DDC-Klasse zu. Das Regelwerk für diese Syntax orientiert sich vorrangig an den Bedürfnissen der systematischen Buchaufstellung bei Freihandbeständen. Neben der Buchaufstellung eignen sich Dewey Numbers freilich auch für ein Onlinie-Retrieval, soweit es die
Ebene des Orientierens und Browsings in der systematischen Struktur betrifft. Voraussetzung
dafür ist allerdings, dass für die komplexen dokumentspezifischen Klassen, die durch Dewey
Numbers repräsentiert werden, auch aussagekräftige Benennungen vorliegen.
Allerdings bliebe bei dieser Form der Datenhaltung das Browsing insofern eindimensional,
als dass die Benutzerführung immer nur entlang der Syntax der DDC-Notation erfolgen würde. Bei Dokumenten von interdisziplinärer Relevanz käme der Benutzer im Browsingprozess
nur dann ans Ziel, wenn er genau den Einstieg gewählt hätte, der von den DDC-Regeln vorgesehen ist. Das Problem läßt sich sehr gut an folgendem Beispiel illustrieren20:
Dokumentinhalt: Beziehungen zwischen Christentum und Islam in Indien
Dewey Number: 261.270954
Einzelelemente:
261.2
(Christianity and other Religions)
18
19
20
Eine erste grobe Skizze für die Struktur der Datenbank findet sich in Anlage 3: Datenorganisation unter
1.2.
Vgl. zu RDF http://www.w3org/TR/WD-rdf-schema.
Das Beispiel findet sich ausführlich dokumentiert in Anlage 3: Datenorganisation unter 2.6.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
(29)7
09
54
20
(Islam)
(Historical, geographical, persons treatment)
(South Asia, India)
Sofern für das Browsing in der systematischen Struktur nur der präkombinierte Notationsstring, die Dewey Number, zur Verfügung steht, käme man an die Stelle für dieses Dokument
nur über den Einstieg „Christianity and other Religions“. Die Notationselemente 297 (Islam)
und 0954 (Südasien, Indien) böten keinen Einstiegspunkt. Dies wäre ein gravierendes Defizit,
denn das Dokument bzw. die Stelle in der Systematik könnte von hoher Relevanz für eine
Suche sein, die vom Islam oder von der Region Indien/Südasien ausgeht. Wer Literatur über
den „Islam in Indien“, oder über „interreligiöse Beziehungen in Südasien“ sucht, wird das
orientierende Browsing nicht an der Stelle 261.2 (Christianity and other Religions) beginnen.
Dokumente, die in unterschiedlichen inhaltlichen Kontexten relevant sind, sollten beim Browsing in der systematischen Struktur auch in jedem dieser unterschiedlichen systematischen
Kontexte gefunden werden21.
Dieses Problem könnte partiell entschärft werden, indem das Netz von Relationen ausgebaut würde und verstärkt zusätzliches kontrolliertes Vokabular für das Retrieval zur Verfügung gestellt würde. Insgesamt wären aber der Leistungsfähigkeit eines auf DDC basierenden
Browsingsystems enge Grenzen gesetzt, wenn nicht die Einzelelemente aus den Schedules
und Tables einschließlich ihrer Benennungen im Such- und Findeprozess vielseitig eingesetzt
werden können. Das in der DDC angelegte Potential, teilweise polyhierarchische Strukturen
abbilden zu können, kann nur genutzt werden, wenn die Einzelelemente der Dewey Numbers
datentechnisch transparent erfaßt werden. Bei dieser Datenhaltung wird ein Höchstmaß an
Freiheit bei der Formulierung von Suchanfragen gewährleistet. Diese transparente Form der
Datenhaltung ist ohnehin erforderlich, wenn DDC-Daten nicht nur für ein orientierendes
Browsing innerhalb der systematischen Struktur genutzt werden, sondern auch das Erzielen
von Treffern auf der Dokumentebene durch postkoordinierendes Retrieval mit einzelnen Notationsbestandteilen ermöglichen sollen22.
Für die konkrete Ausgestaltung einer datentechnisch transparenten Erfassung von DDCErschließungsdaten am Titel ergeben sich zwei Möglichkeiten:
1.
2.
Einfügen von Strukturierungszeichen in die Dewey Number
Eigene Felder oder Unterfelder für die Einzelelemente der Dewey Number mit ein-
21
Hierzu weitere Beispiele: Ein Dokument über den Patriotismus deutscher Juden im 19. Jh. wird nach DDCRegeln wie folgt erschlossen: 320.54089924043. Diese Notation setzt sich aus folgenden Elementen zusammen: 320.54 (Nationalismus), 089 (Racial, ethnic, national groups) , 43 (Central Europe, Germany) und
924 (Hebrews, Israelis, Jews). Wenn im Retrieval die Notation nur als String zur Verfügung steht, was bei
diesem Modell der Fall wäre, käme man im Browsingprozess nur über den Aspekt des Nationalismus über
die Hauptklasse Politikwissenschaft auf diesen Titel. Wer aus der Perspektive der deutschen Geschichte
oder der deutsch-jüdischen Beziehungen kommend nach diesem Buch sucht, hätte von den einschlägigen
Stellen keinen Einstieg, der beim Browsing innerhalb der systematischen Struktur zu diesem Dokument
führen würde. Ein weiteres Beispiel: Ein Dokument über die Anwendung von „Factor Analysis“ in den
Geowissenschaften wird gemäß DDC-Regeln so erschlossen: 550.15195354. Der String setzt sich zusammen aus folgenden Elementen: 550 (Earth Sciences), 015 (Scientific Principles) und 5195354 (Statistical
mathematics, Factor analysis). Beim Browsing in der systematischen Struktur würde lediglich ein Zugang
über die Geowissenschaften, nicht jedoch über die Mathematik bereitgestellt.
Vgl. Kapitel 1 dieser Studie.
22
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
21
deutiger Zuordnung zum jeweiligen DDC-Subsystem (Schedules, Tables)23
Sofern ein Normdatenmodell mit Verknüpfungen zwischen Norm- und Titeldaten für die Erfassung der DDC-Daten gewählt wird, empfiehlt sich die Lösung auf der Basis eigener Felder
oder Unterfelder für die Einzelelemente.
2.4
Analyse der Dewey Numbers in den Fremddaten
Um bei dieser Form der Datenhaltung auch die große Menge vorhandener (Fremd)daten nutzen zu können, die zum größten Teil nur als präkombinierte Dewey Numbers vorliegen, müssen diese in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt werden. Dabei ist zu bedenken, dass die Analyse der Notationen einen nicht geringen programmiertechnischen Aufwand erfordert, weil
die Synthese der einzelnen Elemente zur Dewey Number bisher unter datentechnisch nur bedingt transparenten Gesichtspunkten erfolgt ist. Eine Analyse ist aber grundsätzlich möglich.24 Hier bietet sich ein Datenmodell an, das auf einer Verknüpfung zwischen Norm- und
Titeldaten basiert. Über Programmiervorgaben in den Normdatensätzen könnte eine solche
Analyse mit anschließender automatischer Verknüpfung zwischen Norm- und Titeldaten
durchgeführt werden. Völlig problemlos ließe sich das erste Strukturelement einer Dewey
Number, das immer den Schedules zu entnehmen ist, identifizieren und automatisch mit dem
entsprechenden Normdatensatz verknüpfen. Das zweite Element sowie die folgenden Elemente, sofern vorhanden, sind deutlich schwieriger zu identifizieren, weil die Regeln für das
Numberbuilding das Hinzufügen, häufiger aber noch das Weglassen einzelner Ziffern unter
Gesichtspunkten der Buchaufstellung vorsehen. Beim Numberbuilding werden, ausgehend
von einer Base number (Grundnotation) aus den Schedules v.a. drei Ebenen unterschieden25:
a)
b)
c)
Adding standard subdivisions from table 1
Adding from tables 2-7 to a base number
Adding from other parts of the schedules
Ebene c) bereitet bei der Analyse die größten Probleme, weil die Elemente der Schedules in
der Notation oftmals nur verkürzt „zitiert“ werden. Typisch sind Formulierungen wie: „Add
to base number 378.01 the numbers following 370.11 in 370.111-370.119“26. Formulierungen
dieser Art sind nicht leicht in Programme zur Analyse der Notationen umzusetzen. Doch
überall dort, wo eine Programmierung zu aufwendig wäre, bleiben weitere Lösungsoptionen.
So könnte man verkürzt zitierte Schedule-Notationen in der Normdatei doppelt erfassen, einmal in der vollständigen und einmal in der verkürzten Version. Als letzter Lösungsweg bleibt
schließlich noch die Erfassung von präkombinierten Klassen in der Normdatei. In diesem Fall
würde ein eigener Normdatensatz gebildet werden für eine Klasse, die eigentlich aus zwei
Elementen dokumentspezifisch zu bilden gewesen wäre. Diese Lösung hätte allerdings den
Nachteil, dass die Zahl der Datensätze sehr stark ansteigen würde und unter Umständen Leistungseinbußen beim Browsing sowie bei der postkoordinierenden Formulierung von Suchanfragen hingenommen werden müßten. Durch umfassende Anreicherung der Klasse mit verba23
24
25
26
Beispiele für beide Formen der Datenhaltung im Anlage 3 unter 2.1-2.6.
Vgl. zur Illustration die Beispiele 2.1-2.6 im Anlage 3.
Vgl. Joan S. MITCHELL u.a. (Hg): Dewey Decimal Classification and Relative Index. 21. Aufl. Albany
<NY> 1996, Bd. 1, S. XLV-XLVIII.
Beispiele für diese Form des Numberbuilding finden sich im Anlage 3 unter 2.2-2.6.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
22
len Benennungen könnten die Nachteile aber zumindest eingegrenzt werden27.
Da das Interesse an einer Analyse der DDC-Notationen aufgrund der weiten Verbreitung
der DDC und aufgrund ihres Funktionswandels von einem Buchaufstellungssystem zu einem
Browsing- und Retrievalinstrument in Onlineumgebungen sehr groß ist, wird man bei dieser
Aufgabe mit Unterstützung von OCLC und anderen Partnern rechnen dürfen bzw. versuchen,
die Aufgabe von Anfang an kooperativ mit diesen Partnern zu bewältigen.
2.5
Austauschformat für klassifikatorische Daten
Im Zusammenhang mit dem Projekt einer deutschen DDC-Ausgabe sollte das schon länger
bestehende Desiderat eines Austauschformats für klassifikatorische Daten beseitigt werden.
Unter Berücksichtigung des USMARC Format for Classification Data28 ist ein Modell zu
entwickeln, das v.a. Lösungen für zwei Problembereiche schaffen sollte, die mit dem Einsatz
der DDC in Deutschland entstehen. Zum einen wird die DDC in Deutschland auch genutzt
werden, um Notationen anderer Klassifikationssysteme mit Hilfe von DDC-Notationen zu
erzeugen. Relationen zwischen DDC-Notationen und anderen Klassifikationssystemen könnten über das Austauschformat transportiert werden29. Eine weitere Funktion des Austauschformats besteht darin, bei der Übermittlung der Erschließungsdaten festzulegen, aus welcher
Ausgabe des Klassifikationssystems die gelieferten Daten stammen. So liegen z.B. den Daten
der Library of Congress seit 1945 allein acht verschiedene DDC-Versionen zugrunde30.
Eine qualitativ hochwertige Erschließung der Bibliothekskataloge und Verbunddatenbanken setzt voraus, dass eindeutig festgelegt ist, welcher DDC-Edition die gelieferte Notation
entnommen ist. Nur so kann der in einer Notation repräsentierte Inhalt eindeutig identifiziert
werden.
27
28
29
30
Beispiele mit den skizzierten Lösungsvorschlägen unter 2.2-2.6 im Anlage 3.
Eine Dokumentation dieses Austauschformats für klassifikatorische Daten findet sich
http://www.tlcdelivers.com/tlc/crs/gen0001.htm.
Vgl. Kapitel 6 dieser Studie.
1951 ist die 15. Ausgabe erschienen. Die aktuellen Daten basieren auf der 21. Ausgabe von 1996.
unter
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
23
3. Inhaltliche Probleme einer deutschen DDC-Ausgabe
3.1
Übersetzung, Übertragung, Adaption – Alternativen bei einer fremdsprachigen DDCAusgabe
Bei jeder nicht-englischen Version der DDC erhebt sich die Frage, wie weit der Originalausgabe bei der Übertragung in eine andere Sprache zu folgen ist und wo den Bedürfnissen der
Benutzer in der jeweiligen Sprachgemeinschaft durch Ergänzungen und Abweichungen von
einer weitgehend wörtlichen Übersetzung Rechnung getragen werden kann. Eine Übersetzung
wird sich so weit wie möglich dem englischen Original annähern und auf sprachliche Besonderheiten der Zielsprache nur begrenzt Rücksicht nehmen können, wobei zusätzliche Registereinträge oder Ergänzungen in den Klassenbeschreibungen von Fall zu Fall sicher möglich
sein müssen.
Eine Übertragung der DDC in eine Fremdsprache wird sich hier größere Freiheiten nehmen können, solange die Inhalte der jeweiligen Klassen der DDC nicht anders definiert werden und die Struktur und Bedeutung der Notationen mit der Originalausgabe grundsätzlich
übereinstimmt. Über die zusätzliche Aufnahme von Registereinträgen und Ergänzungen, die
den Suchstrategien der Benutzer entgegenkommen (etwa durch Berücksichtigung der in der
jeweiligen Wissenschaftssprache üblichen Termini), hinaus ist hier eine flexiblere Verwendung der DDC-Struktur in den einzelnen Fächern möglich. Dies gilt insbesondere auch im
Zusammenhang mit Expansionen, die eine weitergehende Differenzierung an den Stellen ermöglichen, wo die Besonderheiten des jeweiligen Landes oder der Sprachgemeinschaft zusätzliche Notationsstellen erfordern, um der Terminologie wie auch dem zu erwartenden Literaturanfall Rechnung zu tragen. Auf Expansionen wird man da nicht verzichten können, wo
etwa in der Geschichte, bei Verwaltung und Recht oder im Bildungssystem wichtige Themen
in der englischen Originalausgabe der DDC unberücksichtigt blieben oder innerhalb umfassenderer Klassen subsumiert und deshalb nicht gezielt auffindbar sind. Solche Expansionen
verändern jedoch nicht die Grundstruktur der DDC, da sie nur über das Einziehen einer weiteren Ebene unterhalb einer schon existierenden Klasse erfolgen und bei der Recherche durch
Trunkieren leicht wieder mit der Notation dieser Klasse auffindbar werden. Für die Nutzung
von Fremddaten und den internationalen Datenaustausch sind sie daher nicht hinderlich, auch
wenn ihre Existenz natürlich bestimmte Routinen bei den Suchstrategien notwendig macht.
Problematisch ist dagegen unter dem Aspekt der internationalen Nutzung von DDCNotationen eine Umstrukturierung der DDC, die in Form einer Adaption zwar das Grundgerüst der DDC bei der Übertragung in eine andere Sprache übernimmt, aber bestimmte Notationen mit anderen Inhalten füllt. Es erscheint zwar oft naheliegend, in der englischen Originalausgabe für spezifisch anglo-amerikanische Sachverhalte ausgewiesene Klassenbeschreibungen durch andere zu ersetzen, die inhaltlich ähnliche, im jeweiligen Land oder der jeweiligen Sprache aber wichtigere Sachverhalte bezeichnen. Ein solches Vorgehen erweist sich
bei der Übernahme von Fremddaten dann allerdings als hinderlich und erschwert eine präzise
Suche erheblich.
Eine grundsätzliche Entscheidung, die am Anfang der gesamten Übersetzungsarbeit zu
treffen ist, betrifft daher die Abwägung der Vor- und Nachteile einer weitestgehend an der
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
24
Vorlage orientierten Übersetzung gegenüber einer stärker auf die Besonderheiten der deutschsprachigen Länder Rücksicht nehmenden Übertragung der DDC. Ohne dieser Abstimmung
vorgreifen zu wollen, lässt sich mit Sicherheit sagen, dass auf die Berücksichtigung speziell
deutscher, bzw. mitteleuropäischer Sachverhalte wie sprachlicher Besonderheiten nicht verzichtet werden kann. Auch muss die Gliederungstiefe der deutschen DDC-Ausgabe dem Literaturanfall entsprechende Differenzierungsmöglichkeiten anbieten, ohne dass jedoch die für
die Nutzung von Fremdleistungen erforderliche grundsätzliche Übereinstimmung mit der Originalausgabe der DDC in den Klassenbeschreibungen, bzw. der Besetzung der einzelnen
Notationen dadurch in Frage gestellt wird. Ziel sollte dabei neben der problemlosen Verwendung der ausländischen, mit DDC erschlossenen bibliographischen Fremddaten auch die bessere Zugänglichkeit deutscher Titel im internationalen Datenaustausch sein, was deutsche
Sonderwege bei der Übertragung der DDC von Anfang an ausschließt.
3.2
Generelle Probleme bei einer Übersetzung der DDC
Wie bei jedem Übersetzungsunternehmen von vergleichbarem Umfang und mit den besonderen formalen und technischen Anforderungen, wie sie die DDC 21 stellt, erfordert die Durchführung einer solchen Übersetzung eine Reihe von Planungen, Vorüberlegungen und technischen (insbesondere datentechnischen) Vorbereitungen, die für die Qualität, die Effizienz und
die Schnelligkeit der eigentlichen Übersetzungsarbeit von entscheidender Bedeutung sind.
Hierzu gehört neben einer genauen Analyse der Struktur der DDC mit ihren vielfältigen Untergliederungen, normierten, aber gleichwohl variantenreichen Textblöcken und Anweisungen
zunächst vor allem die Festlegung einer einheitlichen deutschen Fachterminologie, die sich in
Übereinstimmung mit den bisher im deutschsprachigen Bibliotheks- und Dokumentationswesen geläufigen Benennungen (z.B. auch der deutschen Ausgaben der UDK) befinden sollte,
aber auch nicht ganz auf eigene sprachschöpferische Lösungen verzichten kann, wo es bisher
keine deutschen Entsprechungen gibt. Dabei stellen die Kürze, die Präzision und die syntaktischen Besonderheiten des Englischen die Übersetzer vor erhebliche Herausforderungen, die
neben den Sprachkenntnissen Vertrautheit mit Terminologiearbeit und Klassifikationstheorie
generell sowie der DDC im Besonderen voraussetzen und darüber hinaus eingehende Fachkenntnisse und Vertrautheit mit den amerikanischen Verhältnissen als Ausgangsbasis der
DDC-Struktur und -Terminologie erfordern.
Als Arbeitsinstrument für die Übersetzung, die nur von einem größeren Team von Fachleuten mit unterschiedlichen Schwerpunkten sinnvoll zu bewältigen ist, muss von Anfang an
eine Datenbank zur Verfügung stehen, die den Aufbau der DDC mit ihren hierarchischen Untergliederungen wiedergibt, Textbausteine für die verschiedenen Anweisungen und Hinweise
zur Verfügung stellt und die Möglichkeit zum Informationsaustausch zwischen den Bearbeitern bietet (vergleichbar der Mailbox-Funktion in der SWD). Nach Abschluss der Übersetzung muss daraus die Vorlage für eine Druckausgabe und eine CD-ROM-Ausgabe erstellt
werden können und die automatische Generierung von Registereinträgen erfolgen. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen OCLC (wo man über das entsprechende Knowhow für die englische Ausgabe verfügt), PICA, Der Deutschen Bibliothek und dem Hersteller/Verlag für die deutsche Ausgabe sowie den an der Übersetzungsarbeit beteiligten Institutionen. Ist die Erstübersetzung der DDC abgeschlossen, so ist eine weitere Pflege dieser Datenbank im Hinblick auf Änderungen und Überarbeitungen der DDC notwendig. Außerdem
ist zu prüfen, inwieweit die dort enthaltenen Datensätze für die Notationen der DDC als
Normdatensätze auch für die Erschließung mit DDC, z.B. in der Deutschen Nationalbiblio-
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
25
graphie, genutzt werden sollen (auch hier der SWD-Datenbank vergleichbar) oder weitere verbale
Zugriffsmöglichkeiten entwickelt werden sollen.
3.3
Die französischen Erfahrungen
Die 1998 abgeschlossenen Arbeiten an einer Übersetzung der DDC 21 ins Französische bieten eine
Reihe von Anhaltspunkten und Überlegungen, die auch für die deutsche Übersetzung genützt werden können, zumal sie durch die Veröffentlichung der bei der IFLA 1998 in Amsterdam vorgestellten Erfahrungsberichte auch ausreichend dokumentiert sind31. Dies gilt zunächst für die organisatorischen Rahmenbedingungen, die durch ein Projekt der Nationalbibliotheken von Frankreich,
Kanada und Quebec sowohl die sprachlichen Varianten als auch die unterschiedlichen inhaltlichen
Gesichtspunkte (etwa bei Übersetzung der Fachterminologie im Rechts-, Verwaltungs- und Bildungsbereich) berücksichtigen konnten. Der Vorschlag, eine deutsche Übersetzung der DDC von
Anfang an als gemeinsames Unternehmen der drei deutschsprachigen Länder zu planen, geht auf
diese Vorgehensweise zurück, die ähnlich auch bei der spanischen Übersetzung in mehreren lateinamerikanischen Ländern praktiziert wurde.
Ein weiterer wichtiger Punkt (neben der oben bereits angesprochenen Notwendigkeit des frühzeitigen Aufbaus einer Arbeitsdatenbank, einer Einsicht, die den französischen Übersetzern erst
verspätet kam) ist die Arbeitsteiligkeit bei der Übersetzung, die sowohl von professionellen Übersetzern (als Erstbearbeitern) wie von aus der praktischen Sacherschließungsarbeit (im Fall der französischen Übersetzung an den Nationalbibliotheken in Frankreich und Kanada) kommenden
Fachreferenten (als Korrektoren) erstellt wurde. Auch wenn hier im Einzelnen andere Arbeitsschritte denkbar wären, bleibt doch festzuhalten, dass auf die bibliothekarischen Experten und ihre
Vertrautheit mit den nationalen verbalen Erschließungstechniken (in Frankreich RAMEAU, hier die
SWD) nicht verzichtet werden kann.
Ganz besonderen Wert legen die französischen Übersetzer auf die Einsicht, auf nationale Eigengänge im Sinne von Umarbeitungen, Erweiterungen oder abweichender Besetzung einzelner Notationen gegenüber der englischen Originalausgabe gänzlich zu verzichten, auch wenn dies in Fächern wie dem Recht manchmal schwerfiel32. Lediglich eine ausführlichere Berücksichtigung spezifisch französischer Sucheinstiege bei den Klassenbeschreibungen und vor allem bei den Erläuterungen (class here- und class-in-notes) wurde angeboten, aber im Vordergrund stand die möglichst
weitgehende Wahrung der Einheitlichkeit im Hinblick auf den Datenaustausch, bzw. die Nutzung
von Fremddaten. Bereits hergestellte Verbindungen zwischen Deskriptoren in den englischen und
französischen Schlagwortnormdateien LCSH und RAMEAU erwiesen sich hier als sehr nützlich33.
Trotzdem bleiben Unzulänglichkeiten und für französische Benutzer nicht immer nachvollziehbare
Strukturen in der Untergliederung der Fächer, die aber zugunsten einer pragmatischen Entscheidung
für ein international einheitlich gehandhabtes System hingenommen werden.
Bei einer Durchsicht der französischen DDC 21 fällt auf, dass ihr Umfang den der engli-
31
32
33
Dewey Decimal Classification, francophone perspectives / ed. Julianne BEALL and Raymonde COUTURELAFLEUR. Albany, New York, 1999.
Vgl. dazu Bruno BEGUET; Suzanne JOUGUELET; Max NAUDI: Translating the Dewey Decimal Classification into
French. In: Dewey Decimal Classification, francophone perspectives. p. 17-33.
Ähnliches ist für die SWD durch die im MACS-Projekt angestrebte Verbindung mit LCSH und RAMEAU auch
zu erwarten. Vgl. dazu: Magda Heiner-Freiling, Patrice LANDRY: Sacherschließung im Dialog – europäische Nationalbibliotheken auf dem Weg zur Mehrsprachigkeit ... In: Dialog mit Bibliotheken (2000), Heft 1, S. 24-40.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
26
schen Ausgabe um einiges übertrifft (zwischen 100 und 200 Seiten pro Band), wobei dies
aber eher auf die abweichende syntaktische Struktur des Französischen zurückzuführen ist
(für das Deutsche ist Ähnliches zu erwarten), nicht auf umfangreiche terminologische Anreicherungen. So wurde etwa auch in Table 2 (Régions géographiques, périodes historiques, personnes) die extreme Gliederungstiefe der USA in der Originalausgabe ebenso komplett wiedergegeben wie auf eine weitergehende Untergliederung Frankreichs verzichtet wurde.
3.4
Fachliche Beurteilung der DDC und Auswirkungen auf die Übersetzung
Um den Aufwand für eine Übersetzung und Überarbeitung der einzelnen Fächer der DDC
einschätzen zu können, überprüften Fachreferenten in einigen Bibliotheken ihre jeweiligen
Fachgebiete – da dies auf freiwilliger Basis erfolgte, konnten nicht für alle Fachgebiete Experten gefunden werden, zumal eine gute Kenntnis der SWD-Terminologie dabei erwünscht
war. In einer Reihe von Fächern kam man zu dem Ergebnis, dass eine Übersetzung relativ
rasch und problemlos zu bewältigen ist, wenn man Vertrautheit mit dem Fach selbst ebenso
wie mit der verbalen Erschließung durch die SWD voraussetzen kann.
Erwartungsgemäß gilt dies insbesondere für die Naturwissenschaften (überprüft wurden
hier Mathematik, Physik, Chemie, Geo- und Biowissenschaften) und die Medizin. Zufriedenstellend fiel auch die Einschätzung bei der Psychologie, den Wirtschaftswissenschaften, der
Kunstgeschichte, Archäologie und der Alten Geschichte sowie bei den philologischen Fächern und den darstellenden Künsten aus. Selbst in Bereichen, wo aus europäischer Sicht Bedenken gegen die DDC-Gliederung zu erwarten waren, wie in der Philosophie oder bei den
nicht-christlichen Religionen, gab es eine überwiegend positive Bewertung, in den Fachgebieten Islam und Judentum fiel eine gegenüber früheren DDC-Ausgaben hoch spezialisierte Differenzierung auf, die die für das Literaturaufkommen der deutschsprachigen Länder notwendige Gliederungstiefe weit übertrifft. Wenn auch die Untergliederung der Fachgebiete und
verbunden damit die Länge der Notationen aus dem deutschen, bzw. europäischen Wissenschaftsverständnis gelegentlich befremdlich ist (indische, iranische und keltische Sprachen
und Literaturen stehen z.B. vor den slawischen, die selbst auf ihrer obersten Hierarchiebene
mit bereits fünfstelligen Notationen erfasst werden), so wirkt sich dies auf die Übersetzungsarbeit selbst nicht nachteilig aus und dürfte allenfalls bei einer Aufstellung nach DDC zu ungewohnten Zu- oder Unterordnungen führen.
3.5
Besondere Schwierigkeiten bei einzelnen Fächern und Fachgruppen
Nicht überraschen konnten die Probleme, die sich sowohl bei der ungewohnten Untergliederung als auch bei der nicht ohne größeren Rechercheaufwand übersetzbaren Terminologie im
Fach Jura zeigten. Hierauf wurde auch von Kritikern einer DDC-Anwendung in Deutschland
bereits hingewiesen34. Das Rechtssystem gilt ebenso wie die Verwaltung und das Bildungswesen als so stark von den jeweiligen nationalen Besonderheiten geprägt, dass hier die Unterschiede zwischen amerikanischer und deutscher Betrachtungs- und Ausdruckweise besonders
gravierend ins Auge fallen. Auch mit amerikanischem Pragmatismus erfolgte Zusammenfassungen sehr heterogener Teilbereiche (typisch dafür 343 Military, tax, trade, industrial law) in
einer Klasse sind aus deutscher Sicht ungewöhnlich, andere für Deutschland wichtige Aspekte
mit hohem Literaturaufkommen wie das Recht der Europäischen Union sind noch unzurei34
Holger KNUDSEN: Brauchen wir die DDC? In: Bibliotheksdienst 33 (1999), S. 454-461.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
27
chend differenziert
Auch in der Theologie fiel die Einschätzung der DDC nicht durchweg positiv aus. Bemängelt wurde hier neben teilweise sehr unüblichen Zuordnungen einzelner Themen zu den Teildisziplinen der Theologie (Ekklesiologie und Sakramente nicht bei Systematischer Theologie,
sondern unter der vagen Bezeichnung „Christian social and ecclesiastical theology“) auch das
Fehlen wichtiger Sucheinstiege (Eucharistie/Abendmahl, Trinitätslehre). Die Feingliederung
der kirchlichen Organisationen mit der ausführlichen Berücksichtigung des US-amerikanisch
geprägten Freikirchen- und Sektenwesens wie auch die detaillierte Untergliederung der englischen Bibelausgaben bei völligem Fehlen von Stellen etwa für die Lutherbibel (Klasse 220.5)
stört aus deutscher Sicht erheblich. Die französische Übersetzung folgt hier völlig der englischen Originalausgabe. Die Dominanz des anglo-amerikanischen Weltbildes gehört zu den
von Anfang an gegen die DDC erhobenen Vorwürfen, was ihre Akzeptanz auch in gänzlich
anderen Kulturkreisen aber auf längere Sicht nicht beeinträchtigt hat, zumal die DDC sich für
ihre Bedürfnisse, etwa im Bereich der Religionswissenschaft, bei der Ethnologie, den Sprachen und bestimmten sozialwissenschaftlichen Sachverhalten auch in den letzten Jahren mehr
und mehr geöffnet hat.
Nicht überzeugen kann aus deutscher Sicht auch die Behandlung der Sachgebiete Politik
und Geschichte in der DDC. Neben zum Teil sehr problematischen Zuordnungen (Frankenreich zu Frankreich, Ritterorden zur Kirchengeschichte) ist die Geschichte durch eine strekkenweise unzureichende Untergliederung für europäische Themen gekennzeichnet, was sich
jedoch durch Expansionen berichtigen lässt. Problematischer erscheint die in der Politik übliche Einbeziehung ganzer Themenkomplexe, die nach deutschem Verständnis zu anderen Fächern wie dem Recht (Grundrechtsfragen) oder der Soziologie (Migration, Kolonialismus,
Sklaverei) gehören. Auch fehlen einige für das deutsche Regierungs- und Parteisystem wichtige Gesichtspunkte wie Regierungsbildung oder Parteienfinanzierung.
3.6
Vorschläge für die Vorgehensweise bei der Übersetzung und für die Behandlung von
Problemfächern
Von den Herausgebern der DDC wird Interessenten an fremdsprachigen Ausgaben eine Empfehlung für die Vorgehensweise bei einer Übersetzung an die Hand gegeben35, die für die hier
skizzierten Arbeitsschritte maßgebliche Anregungen geliefert hat.
1.
2.
3.
35
Ein Gremium aus Vertretern der späteren DDC-Anwender (Verbünde, Nationalbibliotheken, öffentliche Bibliotheken) legt die grundsätzlichen Richtlinien für die
Übersetzung fest und definiert die Arbeitspakete.
Ein Expertenteam von Übersetzern (mit Kenntnissen in Terminologiearbeit und Klassifikationstheorie/DDC) erarbeitet eine deutsche DDC-Terminologie (DDC Glossary),
übersetzt Einleitung und Manual und erarbeitet die Textbausteine, die innerhalb der
Klassenbeschreibungen zu verwenden sind. Dieses Expertenteam erarbeitet außerdem
die Übersetzungen der Tables (Schlüssel) und der Klassen 000 bis 099, gegebenfalls
(mit Unterstützung der unter 3 genannten Fachreferenten) auch die Übersetzungen der
weiteren DDC-Klassen.
Fachreferenten mit SWD-Erfahrung und Kenntnis des Literaturanfalls in den zukünftig
die DDC anwendenden oder nutzenden Bibliotheken (National- und UniversitätsS. Anlage 4.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
4.
28
bibliotheken) überprüfen die unter 2. genannten Arbeitsergebnisse im Hinblick auf fachliche Korrektheit, weitgehende Übereinstimmung mit der SWD-Terminologie und Eignung für eine sinnvolle Gliederung des Literaturanfalls.
Die Übersetzung einzelner Fachgebiete, bzw. -klassen kann nach Abschluss der unter 2
genannten Arbeiten auch von geeigneten Fachreferententeams übernommen werden
oder im Rahmen von gemeinsamen Projekten mit Fachgesellschaften, Fachinstituten
oder Spezialbibliotheken erfolgen, wie dies im Rahmen von „Global Info“ für Mathematik, Physik, Erziehungs- und Sozialwissenschaften bereits geplant ist oder diskutiert
wird. Weitere Kontakte, die hierfür genutzt werden können, gibt es auch im Bereich der
Wirtschafts-, Kunst- und Theaterwissenschaften.
Näheres zu Finanzierung und Organisation wird im Kapitel 4 (Organisation und Pflege) ausgeführt. Alle Arbeitsschritte erfolgen selbstverständlich in laufendem Kontakt mit OCLC,
bzw. einer von dort benannten Kontaktperson für die deutsche Übersetzung, die auch zusammen mit dem unter 1. genannten Anwendergremium und/oder dem Konsortium DDC eine
abschließende Begutachtung der deutschen DDC-Ausgabe übernimmt. Neben dem Zugriff
auf die englische Originalausgabe der DDC 21 ist bei der Übersetzungsarbeit die französische
Ausgabe der DDC 21 heranzuziehen, bereits geplante Änderungen für die 22. Auflage (in
Diskussion ist z.B. der Wegfall von Table 7 Groups of persons) sollten ebenfalls berücksichtigt werden.
Für Problembereiche wie Recht, Bildungswesen, Theologie und Geschichte ist eine frühzeitige Festlegung über nötige Expansionen, besonders umfangreiche zusätzliche verbale Einstiegsmöglichkeiten (Register, class-here und class-in-notes) und über die Nichtverwendung
von zu differenzierten Untergliederungen zu treffen. Letzteres erscheint auch für Table 2 bei
der Untergliederung der USA sinnvoll, jedoch sollte diese Entscheidung keine unmittelbare
Auswirkung auf die Übersetzung haben, da mit Rücksicht auf die Fremddatennutzung alle
Notationen der Originalausgabe auch in der deutschen DDC enthalten sein sollten. Generell
erscheint deshalb auch die französische Entscheidung für eine weitestmögliche Orientierung
an der englischen DDC als empfehlenswert, vor allem im Hinblick auf die zusätzlichen verbalen Erschließungsangebote mit RSWK/SWD, die mögliche Defizite bei der Tiefengliederung
und der Verwendung von geläufigeren Sucheinstiegen ausgleichen können.
3.7
Aufwandsabschätzung für eine deutsche DDC-Ausgabe
Aussagen zum voraussichtlichen Aufwand für die Einführung der DDC in den deutschsprachigen Ländern bleiben zum gegenwärtigen Zeitpunkt verständlicherweise äußerst ungenau,
jedoch lassen sich einige finanzielle und zeitliche Rahmenbedingungen beschreiben, die dazu
verschiedene Anhaltspunkte liefern können. Ein Vorschlag für die zeitliche Vorgehensweise
bei Einführung der DDC findet sich als Anlage 5 zur vorliegenden Studie. Von einer kostenneutralen Lösung bei der Einführung der DDC kann wohl kaum ausgegangen werden, auch
wenn die Mittel für die eigentliche Übersetzungarbeit nicht von den späteren Anwendern und
Nutzern aufzubringen sind, sondern über ein Projekt gesondert zur Verfügung gestellt werden.
Die Übersetzung selbst könnte in einem der französischen DDC-Ausgabe vergleichbaren
Zeitraum zu bewältigen sein, wenn wie dort ein Übersetzerteam mit seiner gesamten Arbeitszeit eingesetzt und durch Fachreferenten ergänzt wird. Bei der französischen DDC-Ausgabe
waren dies zunächst vier, dann sieben Übersetzer und eine Koordinatorin für zwei Jahre, was
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
29
circa 12 Mannjahren entspricht. Unterstützt und überprüft wurde diese Arbeit durch insgesamt
28 Mitarbeiter der drei Nationalbibliotheken im Rahmen ihrer hauptberuflichen Tätigkeit als
Fachreferenten. Bei einer Schätzung des Übersetzungsaufwandes pro Klasse der DDC, wie
sie zur Vorbereitung dieser Studie durchgeführt wurde, kam man auf etwa 10 Minuten pro
Klasse, was bei 60.000 Klassen zu ähnlichen Ergebnissen führt, wenn man die zusätzlich für
Einleitung und Manual erforderliche Zeit berücksichtigt. Auch wenn sich gegenüber der französischen Vorgehensweise eine gewisse Zeitersparnis durch die Verwendung einer Datenbank als Arbeitsinstrument erzielen lässt, so muss der Anfangsaufwand für die Erstellung
einer Datenbank dafür als zusätzlicher und schwer abschätzbarer Faktor ebenfalls berücksichtigt werden.
Mit Sicherheit können jedoch nicht alle Anforderungen an eine deutsche DDC-Ausgabe im
Hinblick auf sprachliche und inhaltliche Eignung für die Bedürfnisse der deutschsprachigen
Länder in einem Zuge erfüllt werden. Die Erfahrungen der DDC-Anwendung in den deutschen Bibliotheken und in der Nationalbibliographie werden nach dem Erscheinen der ersten
und möglicherweise noch nicht in jeder Hinsicht überzeugenden deutschen Ausgabe zu einer
stufenweisen Verbesserung durch die Ausweitung der Sucheinstiege, die Schaffung von Expansionen und den Ausbau von Querverweisen führen.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
30
4. Organisation und Pflege der DDC Deutsch
4.1
Vorüberlegungen zur Organisationsform
Weder die nach den französischen und lateinamerikanischen Erfahrungen auf zwei bis drei
Jahre zu veranschlagende Übersetzungsarbeit noch die spätere Anwendung der DDC in den
deutschsprachigen Ländern kann auf einen organisatorischen Rahmen verzichten, zu dem hier
einige Vorschläge und Erfahrungen zusammengetragen werden sollen. Die Lizenzvergabe für
eine Übersetzung durch den Inhaber der Rechte an der DDC, OCLC Forest Press, erfolgt nur
an eine Institution, die auch die Gewähr dafür bietet, dass die Übersetzung in angemessener
Zeit und einer qualitativ der Originalausgabe entsprechenden Form erscheint und - bei Sprachen mit größerem Verbreitungsgebiet - auf sprachlichem wie inhaltlichem Niveau den Erfordernissen des gesamten Sprachraums angepasst ist. Weiterhin ist zu garantieren, dass die
Übersetzungsarbeit in Abstimmung mit OCLC, bzw. einem von dort beauftragten Experten
erfolgt und Korrekturen oder Expansionsvorschläge, die bei der Anpassung der DDC an die
Erfordernisse des jeweiligen Landes oder Sprachraumes entstehen, so auch die Herausgeber
der DDC erreichen und dort gegebenenfalls für künftige englische Ausgaben der DDC berücksichtigt werden können.
Nach Abschluss der eigentlichen Übersetzung ist ein Gremium für die Koordinierung zwischen den DDC-Anwendern im deutschsprachigen Raum notwendig, von dem aus der Kontakt zu den amerikanischen Herausgebern ebenso gepflegt wird wie der Informationsaustausch und die Abstimmung zwischen den Nationalbibliotheken, die in ihren Nationalbibliographien die DDC anwenden, den DDC-Nutzern (Universitätsbibliotheken, bzw. Verbundzentralen und Spezialbibliotheken) und anderen, an DDC interessierten Institutionen (Fachgesellschaften, Forschungsinstitute, Verlage, usw.). Von hier aus sollte auch die Beteiligung an
Überarbeitungen einzelner Fachgebiete in der DDC und die Berücksichtigung von Änderungen bei Neuausgaben der englischen DDC gesteuert werden. Ein wichtiger Partner dieses
Gremiums wird selbstverständlich der Verlag sein, der Druck- und CD-ROM-Ausgabe der
deutschen DDC übernimmt.
Ausgehend von diesen Aufgabenstellungen wird die Gründung eines Konsortiums DDC
Deutsch, dessen Rechtsform im Einzelnen noch zu klären ist, und die Einrichtung einer Arbeitsstelle DDC Deutsch empfohlen.
4.2
Konsortium DDC Deutsch
Für die Bildung eines Konsortiums kommen als Partner zunächst die Nationalbibliotheken der
deutschsprachigen Länder in Frage, insbesondere dann, wenn sie in absehbarer Zeit eine Erschließung mit DDC in ihrer jeweiligen Nationalbibliographie planen. Seitens der Schweizerischen Landesbibliothek liegt hier bereits die Ankündigung vor, ab 2001 für das Schweizer
Buch DDC-Notationen zu vergeben. Die Deutsche Bibliothek, die sich bei den Vorbereitungen für eine DDC-Anwendung in Deutschland sehr engagiert hat, plant dies ebenfalls in näherer Zukunft, wenn eine entsprechende Nachfrage bei den Abnehmern ihrer bibliographischen
Dienstleistungen besteht und sie personell dazu in der Lage ist, ein solches Angebot auch
dauerhaft zu garantieren. Im österreichischen Bibliothekswesen ist ein Meinungsbildungspro-
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
31
zess angelaufen, der neben einer Mitarbeit an der DDC-Übersetzung auch die Beteilung in
einem Konsortium zum Inhalt hat. Als weitere Partner in dem geplanten Konsortium sind die
Bibliotheksverbünde zu nennen, wobei bisher die Diskussion über eine künftige Nutzung der
DDC im Bayerischen Bibliotheksverbund, dem Gemeinsamen Bibliotheksverbund und dem
Südwestverbund am weitesten fortgeschritten ist. Die anderen Verbünden können erst nach
Vorlage dieser Machbarkeitsstudie weitergehende Überlegungen zu ihrer Beteiligung am Projekt DDC Deutsch anstellen. Erwünscht wäre darüber hinaus eine Einbeziehung des öffentlichen Bibliothekswesens. Die Berücksichtigung anderer Institutionen (wie Fachgesellschaften,
Arbeitsgemeinschaften von Spezialbibliotheken u.ä.) ist möglich, sollte aber von einer Interessensbekundung der jeweiligen Einrichtung ausgehen.
4.3
Aufgaben des Konsortiums
Zunächst lassen sich die folgenden Aufgabenbereiche beschreiben:
1.
2.
3.
4.
Verhandlungs- und Vertragspartner von OCLC Forest Press und dem Verlag, der Herstellung und Vertrieb der deutschen DDC-Ausgabe übernehmen wird.
Abstimmung bei Stellung von Förderanträgen und Projektanträgen für Übersetzung der
DDC, Entwicklung von Konkordanzen zwischen DDC und anderen Universalklassifikationen bzw. zwischen DDC und Fachklassifikationen, Verbindung von DDC mit den
Normdateien (SWD, Fachthesauri, multilinguale Linkingsysteme). Die Verantwortung
für die Antragsstellung und die Durchführung von Projekten sollten die einzelnen Mitglieder des Konsortiums oder mit ihnen verbundene Institutionen (z.B. einzelne Universitätsbibliotheken) übernehmen, mit der Verpflichtung, das Konsortium über den Fortgang und das Ergebnis der Arbeiten zu unterrichten.
Gewährleistung einer breiten Anwendung und Nutzung von DDC im deutschen Sprachraum durch Verbesserung der OPACs, bzw. Entwicklung von Empfehlungen dafür,
Aus- und Fortbildungsmaßnahmen (in Abstimmung mit den regionalen Ausbildungseinrichtungen, insbesondere den Fachhochschulen), Öffentlichkeitsarbeit (im Einflussbereich der einzelnen Mitglieder).
Kontrolle und Beratung der Arbeitsstelle DDC Deutsch.
Von den Mitgliedern des Konsortiums wird dabei erwartet, dass sie die Kosten, die durch ihre
Beteiligung an der Arbeit des Konsortiums entstehen (Reisekosten, Kommunikation usw.),
selbst übernehmen und die unter Punkt 3. genannten Aufgaben aus eigenen Mitteln finanzieren. Innerhalb ihres Einflussbereiches sollten sie darauf hinwirken, dass die Bereitschaft einzelner Beschäftigter zur Mitarbeit an der DDC-Übersetzung und -Weiterentwicklung, sowie
ihr Engagement bei Fortbildungs- und Vortragstätigkeit von den jeweiligen Bibliotheken genehmigt bzw. unterstützt wird.
4.4
Arbeitsstelle DDC Deutsch
Es wird empfohlen, im Rahmen der künftig bei Der Deutschen Bibliothek angesiedelten
Standardisierungsaufgaben eine Arbeitsstelle für die laufenden, mit der DDC-Anwendung
und -Pflege anfallenden Aufgaben einzurichten. Diese Arbeitsstelle sollte dem Konsortium
DDC Deutsch jährlich über ihre Arbeit Bericht erstatten. Ihre Tätigkeit gehört in den Bereich
der Pflege und Weiterentwicklung von Regelwerken und Standards für die bibliothekarische
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
32
Arbeit, der zur Zeit im Zusammenhang mit der Übernahme von Aufgaben des Deutschen Bibliotheksinstitutes diskutiert wird. Im Einzelnen ergeben sich die folgenden Arbeitsbereiche:
1.
2.
3.
4.
5.
4.5
Funktion als Ansprechpartner für DDC-Anwender im deutschen Sprachraum,
Vermittlung zwischen OCLC und den deutschen Anwendern der DDC (Formulieren,
bzw. Weitergabe von Änderungs- oder Erweiterungsvorschlägen, Koordinierung von
Überarbeitungs- oder Expansionsvorhaben für einzelne Fächer, bzw. gemeinsame Initiativen aus dem deutschsprachigen Anwenderbereich der DDC),
Öffentlichkeitsarbeit, Organisation von Aus- und Fortbildungsveranstaltungen (in Zusammenarbeit mit Fachhochschulen u.a.), Herausgabe von Informationen zu DDC (z.B.
Web Site, DDC-Mitteilungen in gedruckter Form, Einrichtung einer Mailingliste oder
Diskussiongruppe), Berichterstattung auf Veranstaltungen (insbes. Bibliothekartag),
Mitarbeit in internationalen Gremien im Bereich der klassifikatorischen Sacherschließung (kann ggf. auch durch einen Vertreter des Konsortiums wahrgenommen
werden), insbesondere im Standing Committee Classification and Indexing der IFLA,
Übernahme von Koordinierungs- und Organisationsaufgaben bei der Übersetzung der
DDC ins Deutsche, so weit dies von dem zu gründenden Konsortium so gewünscht
wird. Hier sind auch andere Organisationsmodelle denkbar, z.B. die Einsetzung eines
persönlichen Herausgebers der DDC Deutsch, der für die Dauer der Arbeit an der Erstübersetzung diese Aufgaben übernimmt (vergleichbar der Organisationsform bei der
französischen Übersetzung).
Expertengruppe DDC
Die im Zusammenhang mit der künftigen Pflege von Regelwerken und Standards zur Zeit
diskutierten Vorschläge (insbesondere der Entwurf Der Deutschen Bibliothek zur Standardisierungsarbeit) sehen die Einrichtung einer Expertengruppe Klassifikation vor, zu deren Aufgaben die Beratung und Unterstützung bei der Einführung der DDC im deutschsprachigen
Raum gehören soll. Dabei sollen die Bedürfnisse und Erfahrungen der Verbünde, der verschiedenen Bibliothekstypen und der drei deutschsprachigen Länder eingebracht werden.
Vorgaben für die künftige Verknüpfung zwischen der DDC und anderen Sacherschließungsverfahren (RSWK/SWD, andere Klassifikationen) sind dort ebenso zu entwickeln wie Zielvorstellungen für eine verbesserte Nutzung der DDC in der elektronischen Umgebung. In der
Anfangsphase wird die Expertengruppe vor allem die Anforderungen und Erwartungen an die
Übersetzung der DDC formulieren und die Rahmenbedingungen für ihre äußere und inhaltliche Form mitbestimmen.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
33
5. Laufender Aufwand für die Sacherschließung nach DDC
5.1
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Einführung von DDC
Der erhebliche Aufwand, den die Übersetzung der DDC ins Deutsche mit sich bringt, ist sicherlich nur dann gerechtfertigt, wenn dieses Regelwerk auch auf breite Akzeptanz stößt. Es
sollte gesichert sein, dass DDC im deutschsprachigen Raum auch über die Erschließung von
konventionellen Medien hinaus zunehmend Anwendung findet, insbesondere im Bereich der
elektronischen Publikationen, für die DDC international die am häufigsten genutzte Universalklassifikation ist36. Bei den Abnehmern von DDC-erschlossenen bibliographischen Dienstleistungen (sowohl von Der Deutschen Bibliothek als auch seitens ausländischer Nationalbibliotheken oder anderer Anbieter von fremdsprachigen Katalogdaten) muss die Bereitschaft
bestehen, dieses Angebot auch sinnvoll zu nutzen. Vor allem für die geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächer, in denen (anders als z.B. in Mathematik und Physik) weder eine allgemein akzeptierte und angewendete Fachklassifikation angeboten werden kann noch bei der
Verwendung automatischer Indexierungsverfahren in Verbindung mit Fachthesauri mit raschen und befriedigenden Ergebnissen zu rechnen ist, ist die DDC ein Angebot, dessen Präzision über die der herkömmlichen Suchmaschinen weit hinausgeht.
Eine breite Diskussion der Möglichkeiten, die DDC bietet, gerade auch durch die intensiv
vorangetriebenen Forschungsvorhaben von OCLC37, ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Einführung der DDC in Deutschland. Nur so sind die Unterhaltsträger der Nationalbibliotheken, bei denen die laufende Erschließungsarbeit zu leisten ist, ebenso
vom Sinn dieser Maßnahme zu überzeugen wie die Institutionen, die Projektmittel für Übersetzung, Entwicklung von Konkordanzen und andere kürzerfristige Projekte im Zusammenhang mit DDC zur Verfügung stellen sollen. Nicht zuletzt gilt dies aber auch für die unmittelbar Beteiligten, für die die Einführung der DDC an ihrem Arbeitsplatz eine erhebliche Lernund Arbeitsbelastung darstellt, die häufig zusätzlich zur laufenden Arbeit zu leisten sein wird.
Im Hinblick auf diese Gruppe der künftigen DDC-Katalogisierer geht es darum, kurzfristig
für eine Einarbeitungsphase eine Entlastung zu schaffen und möglichst effektive Fortbildungsmaßnahmen anzubieten, auf längere Sicht aber eine möglichst präzise Aussage darüber
machen zu können, wie groß der zusätzliche Arbeitsaufwand bei der Vergabe von DDCNotationen sein wird und welche personellen und organisatorischen Konsequenzen sich daraus ergeben.
5.2
Einschätzung des Personal- und Zeitbedarfs und Auswirkungen auf die Deutsche Nationalbibliographie
Konkrete Aussagen über Personal- und Zeitbedarf sind, so weit sie die Vergabe von DDCNotationen für die Deutsche Nationalbibliographie (DNB) betreffen, die in diesem Abschnitt
exemplarisch behandelt werden soll, zur Zeit kaum zu machen, doch lassen sich einige Posi36
37
Vgl. Traugott KOCH: Nutzung von Klassifikationssystemen zur verbesserten Beschreibung, Organisation
und Suche von Internet Ressourcen. In: Buch und Bibliothek 50 (1998), S. 326-335.
Vgl. Joachim HENNECKE: Workshop DDC and Knowledge Organization in the Digital Library. In: Dialog
mit Bibliotheken (2000), Heft 1, S. 23-25.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
34
tionen der DDB-internen Diskussion über den künftigen Einsatz der DDC hier zusammenfassen.
Ausgehend von der derzeitigen Anwendung der RSWK auf sämtliche Veröffentlichungen
der Reihe A der DNB, weiterhin auf die komplette Reihe H mit Ausnahme der Sachgruppen
33 und 34 (Medizin und Tiermedizin) und einen Teil der Reihe B (Geisteswissenschaften
ohne Theologie) wäre eine DDC-Anwendung eine zusätzliche Dienstleistung, die allerdings
auf der bereits erfolgten Inhaltsanalyse und Umsetzung in SWD-Schlagwörter basiert. Unter
der Voraussetzung, dass auch die SWD längerfristig mit DDC-Notationen angereichert wird,
wird so ein rascher Einstieg in die jeweilige Notation angeboten, der jedoch eine gründliche
Kenntnis der DDC-Regeln im entsprechenden Fach erfordert und darüber hinaus durch Verwendung der Schlüssel oder Entscheidung über die Priorität bei mehreren in Frage kommenden Notationen zusätzliche Zeit erfordert. Für die bisher nicht mit RSWK erschlossenen Publikationen von großen Teilen der Reihe B und der Medizin/Tiermedizin in Reihe H sind Inhaltsanalyse und Notationsvergabe als neue zusätzliche Aufgaben anzusehen38. Jedoch kann
bei der DDC-Anwendung die bisherige Vergabe der Systematik-Nummern bei RSWK-Ketten
entfallen. Die Sachgruppen-Vergabe für das Wöchentliche Verzeichnis (WV) würde durch
die DDC-Notation ersetzt, falls man sich dafür entscheidet, dieses wie andere DDCerschlossene Nationalbibliographien sachlich nach DDC zu gliedern. Ein Problem stellt hier
die Reihe N der DNB dar, die wegen der meist sehr knappen CIP-Titel-Informationen bestenfalls bis zur dritten Stelle (also auf der Ebene der Hundred Divisions) erschlossen werden
kann. Generell ist bei einer Aufgabe der bisherigen WV-Sachgruppen allerdings zu prüfen,
inwieweit ein nach DDC gegliedertes WV den Bedürfnissen von Buchhandel und Bibliotheken entspricht (Kinder- und Jugendliteratur, Belletristik, Schulbücher sind z.B. nicht als eigene Gruppen ausgewiesen)39.
Ein Abstimmungsprozess zwischen Der Deutschen Bibliothek und den Abnehmern ihrer
Dienstleistungen, insbesondere den Verbundzentralen, über die Einsatzbereiche von DDCund RSWK-Anwendung in den verschiedenen Bibliographiereihen ist daher unbedingt erforderlich. Es erscheint aber als wünschenswert, die DDC-Vergabe möglichst umfassend vorzusehen, gerade um die bisherigen Defizite bei der Recherche nach nicht RSWK-erschlossenen
Publikationen auszugleichen. Jedoch sollte auch daran festgehalten werden, die Reihe A
komplett und die Reihe H zumindest in den Geistes- und Sozialwissenschaften mit RSWK zu
erschließen. Denkbar wäre allerdings ein stufenweiser Einstieg in die zusätzliche DDCVergabe oder auch eine stärker arbeitsteilige Vorgehensweise, etwa zwischen den Nationalbibliotheken der deutschsprachigen Länder.
Für eine genauere Prüfung der künftigen Arbeitsbelastung und den daraus resultierenden
Personalanforderungen beim Einsatz der DDC sind zunächst einmal die Nationalbibliotheken
zu betrachten, die schon über längere Erfahrung in der Anwendung der DDC in ihren Nationalbibliographien verfügen und vergleichbar große (oder größere) Literaturmengen erschließen wie Die Deutsche Bibliothek, also die Library of Congress (LoC) und die British Library
(BL). Ergänzend dazu werden die in der Schweizerischen Landesbibliothek (SLB) bereits bei
der Aufstellung nach DDC in Lesesaal und Literaturarchiv gemachten Erfahrungen dargestellt.
38
39
Zahlen dazu in Anlage 6.
Gliederungsvorschlag für ein nach DDC gegliedertes Wöchentliches Verzeichnis in Anlage 7.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
5.3
35
Erfahrungen bei Library of Congress und British Library
Die für die Vergabe von DDC-Notationen zuständigen Abteilungen in der Library of Congress und der British Library verfügen über eine lange Erfahrung in der DDC-Anwendung
und in der Organisation der Arbeitsabläufe, die für die Planung der künftigen DDC-Arbeit
insbesondere in Der Deutschen Bibliothek außerordentlich hilfreich sein können. Erfreulicherweise waren die beiden Verantwortlichen, David A. Smith in der LoC und Lucy Evans in
der BL, bereit, Durchschnittswerte zur Arbeitsproduktivität und Informationen zu Einarbeitungsdauer und Arbeitsablauf zur Verfügung zu stellen, die hier zusammengefasst werden.
Wichtige statistische Angaben finden sich darüber hinaus in einer Studie von Vesa Kautto40.
In der LoC waren im Geschäftsjahr 1998 zehn Personen mit der Klassifikation von
113.863 Titeln beschäftigt, pro Stunde wurden im Durchschnitt etwa zehn Titel klassifiziert.
Ein erfahrener Mitarbeiter kann aber bei ausschließlicher Konzentration auf die DDCKlassifizierung bis zu 20 Titel pro Stunde schaffen. Da die DDC-Vergabe am Ende des Geschäftsgangs liegt, kann dabei auf die Erschließungsergebnisse mit LCC und LCSH zurückgegriffen werden, was die für die Inhaltsanalyse notwendige Zeit sehr verkürzt. Dagegen
kommt erschwerend hinzu, dass das DDC-Department der LoC die zentrale und normierende
Instanz für die DDC-Anwendung weltweit darstellt, also einen erheblichen Aufwand für
Standardisierungs-, Test- und Revisionsarbeiten im Rahmen der täglichen DDC-Vergabe leistet.
Die Einarbeitungszeit für die DDC-Klassifikation beträgt zwischen sechs und neun Monaten. Die ersten drei Monate werden für das Erlernen der DDC an einem möglichst reich facettierten Sachgebiet (z.B. der Geschichte), in dem alle Tables (Schlüssel) zur Anwendung
kommen, verwendet, danach folgen mindestens drei weitere Monate in den künftigen Arbeitsgebieten, und zwar generell in der personalintensiven, aber als optimal eingeschätzten
Form der persönlichen Einarbeitung durch einen erfahrenen DDC-Klassifizierer.
Die British Library geht einen gänzlich anderen Weg, was die Arbeitsorganisation anbetrifft. Angestrebt ist hier, den gesamten Katalogisierungsvorgang (formal und inhaltlich) in
einer Hand zu konzentrieren, was aber umfassende Kenntnis aller Regelwerke voraussetzt und
deshalb bisher nur ansatzweise realisiert ist. In diesem Fall verteilt sich der Arbeitsaufwand
pro Titel wie folgt: 40% der Arbeitszeit für die Formalerschließung, 20% für die verbale Inhaltserschließung, 10% für die Vergabe der DDC-Notation und 30% für den als Authority
Control beschriebenen Vorgang der Überprüfung in den Normdateien. Da sehr viele in der BL
eingehende Dokumente bereits mit DDC erschlossen sind (z.B. durch CIP-Daten der LoC),
sind absolute Zahlen für den Eigenanteil an DDC-Notationen bei der Jahresproduktion schwer
zu ermitteln. Man geht aber davon aus, dass z.B. eine zusätzliche Kraft die gesamte aus Westeuropa ohne DDC-Daten bezogene Literatur in der BL (18.000 Titel pro Jahr) bearbeiten
kann, was einem Durchschnittswert von 11 Titeln pro Stunde entspricht. Erhebliche Rationalisierungseffekte verspricht man sich bei einer kombinierten DDC- und LCSH-Vergabe von
einer Nutzung der in Dewey for Windows oder WebDewey angebotenen Links. Mit DDCNotationen versehene ausländische Titel z.B. aus Deutschland wären als weitere Arbeitserleichterung höchst willkommen.
Der Einarbeitungsaufwand in der BL wird – unter Einbeziehung der formalen Katalogisierung – auf drei bis neun Monate geschätzt, wobei ein dreitägiger Intensivkurs, die selbständi40
Vesa KAUTTO: Classing and indexing, a comparative time study. In: International Classification 19 (1992),
S. 205-209.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
36
ge Beschäftigung mit Übungsmaterial und Lehrbüchern (insbesondere dem Practical Guide
von Lois Mai Chan) und eine Kontrolle der Arbeitsergebnisse in den ersten sechs Monaten
eingeschlossen sind.
5.4
DDC-Anwendung in der Schweizerischen Landesbibliothek
An der Schweizerischen Landesbibliothek sind drei verschiedene Anwendungsgebiete für die
DDC vorgesehen: Freihandaufstellung, Gliederung der Nationalbibliographie sowie zusätzlicher sachlicher Zugriff für die Datenbank-Recherche. Der Aufwand für die Einarbeitung in
die DDC-Vergabe, der Zeitaufwand für die eigentliche Klassifizierung und für das Erstellen
der Signatur wurden mit Hilfe von Tests an zwei Bestandsgruppen der SLB ermittelt: dem
Schweizerischen Literaturarchiv (einer Sammlung von ungefähr 6.000 hauptsächlich belletristischen Werken) und der Sammlung von Nachschlagewerken im Lesesaal der SLB.
Die Klassifizierung der Bestände des Schweizerischen Literaturarchivs (beim Test 300 Titel) bot dabei wenig Schwierigkeiten, da die Notationen für Werke eines Autors und die dazugehörige Sekundärliteratur (im Unterschied zu Textsammlungen verschiedener Autoren)
sehr einfach zu bilden sind. Der Zeitaufwand für die Klassifizierung war entsprechend gering,
das Klassifizieren des Dokumentes bis zur Eintragung der vollständigen Signatur in den Katalog konnte innerhalb von 5 bis 10 Minuten, manchmal in noch kürzerer Zeit erledigt werden.
Die Klassifizierung von Nachschlagewerken verlangte eine stärkere Einbeziehung der Tables, um etwa formale, geographische und zeitliche Aspekte zu erfassen, erforderte aber durch
die in Nachschlagwerken übliche eher allgemeinere Thematik kaum komplexe Notationen mit
Elementen aus mehreren Schedules (Haupttafeln). Im Ganzen wurden 150 Werke klassifiziert, wobei pro Titel durchschnittlich 10 Minuten benötigt wurden.
Für die Tests wurde hauptsächlich die englische Version der DDC auf CD-ROM verwendet. Die Ausbildung erfolgte autodidaktisch in etwa 15 Arbeitsstunden auf Grundlage von
Getting started with DDC for Windows und DDC decimal classification : a practical guide.
Die grösste Schwierigkeit dabei war, DDC for Windows korrekt zu erlernen (technischer
Aspekt). Ergänzend wurden die Kataloge von amerikanischen Bibliotheken, die DDC anwenden, herangezogen, zusätzlich auch amerikanische, britische und kanadischen CIPAufnahmen sowie die CD-ROMs der British Library und National Library of Canada.
Die Einführung von DDC in der SLB wird zusätzliche Ressourcen erfordern. Für die Klassifizierung der Nachschlagewerke, Bibliographien, Zeitschriften und Monographien für die
Freihandbibliothek (mindestens 15.000 Bände) werden bis im Dezember 2000 1.5 Stellen
nötig sein. Für die Nationalbibliographie Das Schweizer Buch werden jährlich 25.000 Dokumente klassifiziert werden müssen, wobei täglich 125 Dokumente zu bearbeiten sind, also 16
Dokumente pro Stunde. Nach den bisherigen Schätzungen ist es möglich, pro Stunde 5 Dokumente zu klassifizieren, drei zusätzliche Stellen wären dafür notwendig. Um diese zusätzliche Dienstleistung auf längere Sicht ohne zusätzliche Personalanforderungen bewältigen zu
können, wird ähnlich wie in der British Library eine stärkere personelle Integration von alphabetischer Katalogisierung und Sacherschließung (verbal und klassifikatorisch) angestrebt.
Ausbildungs- und Einarbeitungsaufwand hofft man gering halten und aus eigenen Mitteln
bestreiten zu können, da der Projektleiter über Erfahrung in der DDC-Anwendung verfügt
und in der französischen Schweiz auch weitere DDC-Anwender unter den Universitätsbibliotheken für den Austausch von Erfahrungen und für Fortbildungsangebote zur Verfügung stehen.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
5.5
37
Organisatorische Maßnahmen und Hilfsmittel zur Arbeitserleichterung
Entscheidend für den zu erwartenden Arbeitsaufwand bei der DDC-Erschließung ist zum Einen Form und Qualität der Arbeitsinstrumente, zum Anderen Umfang und angestrebte Qualität des Arbeitsergebnisses. Aussagen zu den Anforderungen an die Datenbank werden an anderer Stelle in dieser Studie bereits gemacht, für die alltägliche Arbeit mit der DDC sind neben den schon genannten Bedürfnissen (Verankerung der im Deutschen üblichen Terminologie und der in allen drei deutschsprachigen Ländern geläufigen Suchbegriffe über class-hereund class-in-notes und Register) auch die bequeme Handhabbarkeit der Tables wichtig.
Optimal wäre die Verfügbarkeit von Tools, die das regelgerechte Zusammensetzen von
Notationen unter Einschluss aller Sonderbestimmungen ermöglichen und ebenso auch die
Zerlegung kombinierter Notationen beispielsweise in den anglo-amerikanischen Fremddaten.
Hier ist allerdings eine aufwendige Entwicklungsarbeit notwendig, die nur in Zusammenarbeit von OCLC und PICA zu leisten ist und einige Zeit erfordert. Er erscheint fraglich, ob der
Beginn einer DDC-Anwendung in Deutschland so lange aufgeschoben werden sollte, bis derartige Arbeitsinstrumente verfügbar sind. Dies gilt auch für die Verwaltung von DDCDatensätzen als Normdatensätze (vergleichbar der SWD), die bei der Erschließung zu verwenden und dann erst zusammenzusetzen sind41. Da bei der DDC nicht von einem der SWD
vergleichbaren Korrektur- und Aktualisierungsaufwand auszugehen ist, wäre eine Normdatenstruktur zwar erstrebenswert, aber möglicherweise nicht ganz so notwendig wie dort. Unbedingt sinnvoll erscheint jedoch die Integration von DDC-Notationen in die SWD, nützlich
sicher auch eine Kombination von häufig vorkommenden zusammengesetzten DDCNotationen mit den am häufigsten damit verbundenen SWD-Schlagwörten, bzw. Schlagwortketten in einer Arbeitsdatenbank für die DDC-Klassifizierer.
Hinsichtlich des zu erwartenden Arbeitsvolumens bieten die in Anlage 6 genannten Zahlen
einige Anhaltspunkte, so weit es um die in der DNB anfallenden Titelmengen, die nach DDC
zu erschließen sind, geht. Entscheidend für den Zeitaufwand dürfte aber auch die angestrebte
Erschließungstiefe sein, d.h. die Genauigkeit, mit der der Dokumentinhalt gegebenenfalls
durch die Kombination mehrerer Notationselemente erfasst wird. Wichtig erscheint hier eine
vorherige Festlegung über die mit der DDC zu erreichenden Ziele: will man bei der Erschließung alle Möglichkeiten ausschöpfen, die die DDC bietet, und damit eine der verbalen Erschließung durch RSWK vergleichbare Feinheit erreichen oder begnügt man sich mit einem
etwas allgemeineren Zugriff auf einer höheren Hierarchieebene, ggf. unter Wegfall bestimmter Elemente aus den Tables? Für zusätzlich durch RSWK erschlossene Dokumente bietet
sich diese Vorgehensweise an und sollte dann generell für die DDC-Anwendung in der DNB
so gehandhabt werden, was nicht ausschließt, dass andere Anwender z.B. für elektronische
Publikationen oder Zeitschriftenaufsätze hier eine tiefer gehende Inhaltserschließung nach
DDC betreiben. Nicht möglich ist es, die Länge der zu vergebenden DDC-Notationen zu beschränken, da die veraltete Struktur der DDC für relativ allgemeine, aber modernere Sachverhalte bereits sehr lange Grundstellen vorsieht (Standardbeispiel Psychoanalyse: 150.195).
Sinnvoll erscheint aber eine Begrenzung der Zahl der kombinierten Elemente bei zusammengesetzten Notationen z.B. auf zwei angehängte Notationselemente zusätzlich zur Grundstelle42 oder der Verzicht auf die tieferen Hierarchieebenen in Bereichen, die für den deutschsprachigen Benutzer nicht von Interesse sind (dies gilt insbesondere für die untersten Hierar41
42
Vgl. dazu Kapitel 2.3.
Näheres dazu in Anlage 2.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
38
chiestufen bei der Gliederung der USA in Table 2).
5.6
Empfehlungen für die Anwender und Erwartungen an die Unterhaltsträger
Aus den hier dargestellten Überlegungen und Erfahrungen ergeben sich eine Reihe von Gesichtspunkten für die Einführung der DDC, die im Folgenden zusammengestellt werden sollen.
Die Einführungsphase der DDC wird sicherlich mit erheblich höherem Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden sein, als dies bei ihrer langfristigen Anwendung zu erwarten ist. Die
unterschiedlichen Angaben hinsichtlich der Produktivität zwischen LoC und BL einerseits
und der SLB (mit vergleichsweise einfacherem Material) andererseits zeigen das sehr deutlich, und auch die Erfahrungen bei der Einführung der RSWK bestätigen dies. Normierungsbedarf, Verbesserungen des Regelwerks (bzw. im Fall DDC der Übersetzung) und stufenweiser Ausbau der in der entsprechenden Datenbank enthaltenen Informationen nehmen in der
Anfangszeit wesentlich mehr Zeit in Anspruch und erfordern häufiger Absprachen zwischen
den Anwendern als im späteren Routinebetrieb.
Es erscheint sinnvoll, so bald wie möglich mit der Vergabe von DDC-Notationen (z.B. in
der SWD, aber auch in den Nationalbibliographien), bzw. der Nutzung von DDC-Notationen
in Fremddaten zu beginnen, um dabei entstehende Probleme und Erfahrungen in der Übersetzung und bei der Entwicklung der DDC-Datenbank zu berücksichtigen. Das Vorliegen einer
gedruckten deutschen Ausgabe der DDC sollte also nicht unbedingt abgewartet werden, wie
dies auch bei der Vorgehensweise der Bibliothèque Nationale de France der Fall war (die
Klassifizierung nach DDC für die Leseäle in Tolbiac begann mehr als zwei Jahre vor Erscheinen der französischen 21e CDD 1998). Der 2001 beginnenden DDC-Vergabe im Schweizer
Buch kommt dabei sicher eine Pilotfunktion zu. Vorschläge für eine Zeitplanung bei Einführung der DDC finden sich im Anhang43.
An die Adresse der Unterhaltsträger richtet sich der Hinweis auf die im Verhältnis zu dem
relativ hohen Anfangsaufwand bei der Einführung der DDC erheblichen Nutzeffekte auf längere Sicht, die durch die bessere Einbindung der deutschsprachigen Länder in die internationale Gemeinschaft der DDC-Anwender auch ökonomische Vorteile bringt. Neben den verbesserten und beschleunigten Recherchemöglichkeiten in OPACs und im Internet ist hier vor
allem die durch die Vergabe von DDC-Notationen erweiterte Zugänglichkeit von in Deutschland publizierter Literatur und hier erarbeiteten Forschungsergebnissen zu nennen. Dass
Deutschland und die anderen deutschsprachigen Länder nicht nur mit DDC erschlossene ausländische bibliographische Daten besser nutzen können, sondern auch selbst als Anbieter solcher Daten interessanter werden, zeigt sich in den Stellungnahmen der ausländischen Nationalbibliotheken zur möglichen Einführung der DDC in Deutschland. Da sowohl die Library
of Congress als auch die British Library erhebliche Mengen an deutschsprachiger Literatur
erwerben (ebenso wie die Universitätsbibliotheken beider Länder), verspricht man sich von
entsprechenden Angeboten in der Deutschen Nationalbibliographie einen erheblichen Rationalisierungseffekt und ist deshalb auch zu jeglicher Hilfestellung in der Einführungsphase
gern bereit. Dies wie auch die Unterstützung von OCLC in dem schwierigen Aneignungsprozess zu nutzen, erscheint selbstverständlich.
Darüber hinaus ist es aber unbedingt notwendig, auch mit eigenen personellen Ressourcen,
insbesondere an den Fachhochschulen, Informations- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu
43
S. dazu Anlage 5.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
39
DDC zu schaffen und geeignete Materialien für Unterricht und Selbststudium zu erarbeiten.
Seitens der Bibliotheksleitungen sollte die Bereitschaft bestehen, den Beschäftigten die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen zu ermöglichen und denjenigen, die sich darüber hinaus bei der Einführung der DDC engagieren wollen, dafür die notwendigen Freiräume zu gewähren, soweit dies mit den sonstigen Dienstpflichten vereinbar erscheint. Von einer erheblichen Mehrarbeit durch die DDC-Vergabe muss insbesondere bei Der Deutschen Bibliothek
ausgegangen werden, da eine möglichst umfassende Anwendung der DDC in den Reihen A,
B und H der Deutschen Nationalbibliographie im Interesse der Bibliotheken im Inland, aber
auch international liegt. Da der bisher erreichte Standard der verbalen Sacherschließung mit
RSWK keinesfalls eingeschränkt werden sollte und überdies eine Verbindung zwischen DDC
und Schlagwortnormdatei für die Weiterentwicklung beider Systeme erhebliche Vorteile und
langfristig auch Rationalisierungseffekte mit sich bringt, müssen dafür zusätzliche Personalkapazitäten bereitgestellt werden. Auch wenn die Übersetzung der DDC mit Projektmitteln
und zeitlich befristeten Stellen oder Werkverträgen zu bewältigen sein mag, kann die dauernde Pflege der deutschen DDC-Ausgabe und der Informationsaustausch zwischen den Anwendern der DDC im deutschsprachigen Raum sowie die Teilnahme an der internationalen DDCDiskussion und -Weiterentwicklung nur durch langfristig mit diesen Aufgaben betrautes und
entsprechend qualifiziertes Personal wahrgenommen werden.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
40
6. Konkordanzen zwischen Klassifikationen
6.1
Stand der Diskussion
Die Erstellung von Konkordanzen zwischen mehreren Klassifikationen wurde verschiedentlich empfohlen, um den Problemen der Verwendung unterschiedlicher Klassifikationen im
deutschen Bibliothekswesen zu begegnen, so von der Expertengruppe Online-Kataloge44 und
der Expertengruppe Klassifikation45. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Projekten, in denen eine Konkordanz erarbeitet wurde bzw. wird.
–
–
–
–
–
–
44
45
46
47
48
49
50
51
SWI – Schlagwortindex zu Systematik für Bibliotheken (SfB), Allgemeine Systematik
für Öffentliche Bibliotheken (ASB) Systematik Stadtbibliothek Duisburg (SSD)46.
Ein Verfahren zur maschinellen Erstellung einer Konkordanz enthält das Projekt OSIRIS47. Dieses arbeitet jedoch bisher ohne Darstellung der Struktur der Klassifikationen
bzw. anderer Erschließungsverfahren und ist derzeit nicht zur Verwendung in einem
Netz verteilter Systeme geeignet.
Im Projekt Konkordanz-Klassifikation hat Ingo Nöther (DBI) für einzelne Fächer eine
Konkordanz erarbeitet48. Dabei wird aus den bearbeiteten Klassifikationen eine Metaklassifikation als Hilfsmittel abgeleitet.
Bei der Deutschen Bibliothek (in Kooperation mit der British Library London, der Bibliothèque Nationale Paris und der Schweizerischen Landesbibliothek Bern) läuft derzeit das Projekt MACS (früher MUSE), in dem die SWD mit den LCSH und RAMEAU
verknüpft werden soll. Dies geschieht zunächst in einzelnen ausgewählten Fächern, um
methodische Erfahrungen zu gewinnen49. Obwohl es sich um eine Verbindung zwischen Thesauri handelt, ist sie methodisch auch für Klassifikationen relevant.
Ein vergleichbares Projekt ETHERELI befaßt sich mit einem multilingualen Thesaurus
zur theologischen Ethik.
Im Projekt DESIRE wird versucht, durch automatische Klassifikation und Unterstützung der Navigation die Erschließung von Webdiensten zu verbessern50. Ein Bericht
speziell über den Stand der Diskussion über Konkordanzen wurde von Debra Hiom gegeben51.
Sacherschließung in Online-Katalogen. Berlin : Deutsches Bibliotheksinstitut, 1994 (DBI-Materialien ;
132)., S. 38.
Klassifikationen für wissenschaftliche Bibliotheken. Berlin: DBI, 1998. S. 87 ff.
München : Saur, 1986 bzw. 1990.
http://www.ub.uni-osnabrueck.de.
Zurück zur Klassifikation. Modell einer internationalen Konkordanz-Klassifikation in: Klassifikationen für
wissenschaftliche Bibliotheken. Berlin 1998.
http://www.bl.uk/information/finrap3.html. Vgl. auch den Bericht von GENEVIEVE CLAVEL-MERRIN: The
need for cooperation in creating and maintaining multilingual subject authority file. = Paper 65 IFLA
Council and General Conference, Bangkok August 20 - August 28, 1999. Code-Nr. 080-155 (WS)-E).
Einen Bericht über den neuesten Entwicklungsstand enthält: Traugott KOCH und Diana VIZINE-GOETZ:
Automatic classification and context navigation support for web-services. in: Annual review of research
OCLC.1998 http://www.oclc.org/research/ vgl. auch Anm. 10 (Kap. 1).
http://www.sosig.ac.uk/desire/class/mapping.html.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
–
–
–
6.2
41
Eine Diskussionsliste zum Thema Subject gateways stellt IMESH dar52.
Mit dem Thema der Nutzung von Klassifikationen, Thesauri usw. als verknüpfte Informationsdienste im Internet befasst sich die Arbeitsgruppe Networked Knowledge Organization Systems/Services (NKOS)53.
Eine Konkordanz zwischen DDC und RVK in den Fächern Mathematik und Physik
sowie zwei Fachklassifikationen (MSC und PACS) wird zur Zeit im Projekt CARMEN
im Rahmen des Projekts Global-Info erarbeitet (vgl. 6.4).
Aufgaben einer Konkordanz
Ausgangspunkt der Forderung nach einer Konkordanz ist die Tatsache, dass unterschiedliche
Klassifikationen in Bibliotheken und Fachinformationssystemen verwendet werden. Dies gilt
auf längere Sicht auch bei einer Anwendung der DDC in Deutschland. In öffentlichen Bibliotheken werden weiterhin die ASB (mit ihren Derivaten) die KAB und die SfB verwendet
werden, in wissenschaftlichen Bibliotheken die für die Aufstellung geeigneten Klassifikationen wie RVK und GHBS sowie Fachklassifikationen, die sich in manchen Bereichen als
Standard der Forschung durchgesetzt haben (z.B. in Mathematik und Physik).
Ziel einer Konkordanz ist, eine integrierte Suche nach sachlichen Gesichtspunkten in verteilten Datenbeständen mit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten zu ermöglichen.
Dabei kann es sich sowohl um Bestände von Universalbibliotheken handeln wie um fachlich eingeschränkte Bestände (Fachinformationssysteme, elektronische Publikationen wie
Preprintserver usw.), die für eine fachübergreifende Suche zugänglich gemacht werden sollen.
Dabei soll den begrifflichen und formalen Unterschieden der verwendeten Klassifikationen
Rechnung getragen werden. Es genügt nicht, ein maschinelles Retrieval über gleiche Klassenbeschreibungen laufen zu lassen, da gleiche Begriffe unterschiedlich definiert oder in unterschiedlichem Kontext stehen können. Unterschiedliche formale Strukturen und die Gliederung nach unterschiedlichen Prinzipien erschweren vielfach eine Konkordanz.
Nur bedingt möglich und erforderlich ist es, die Struktur der jeweiligen Klassifikationen
aufeinander abzubilden. Zweck ist zunächst, für das Retrieval eine Verbindung zwischen zwei
Klassen, d.h. den Klasseninhalten, zu schaffen, nicht zwischen Strukturen. Ob es darüber hinaus möglich ist, in der Konkordanz auch Möglichkeiten zu search down bzw. search up zu
schaffen, ist offen.
Da Klassifikationen sich generell nicht 1:1 aufeinander abbilden lassen, hat eine integrierte
Suche in Datenbeständen, die mit unterschiedlichen Verfahren erschlossen sind, schlechtere
Retrievalergebnisse als eine solche in einheitlich erschlossenen Datenbeständen. Dies sollte
im Suchergebnis dokumentiert werden.
Bei der Einführung der DDC ist eine Konkordanz der deutschen Ausgabe vor allem zu den
in Deutschland stärker verbreiteten Klassifikationen sinnvoll: Bei den wissenschaftlichen Bibliotheken ist dies in erster Linie die Regensburger Verbundklassifikation (RVK) als am weitesten verbreitete Klassifikation (über 60 Hochschulbibliotheken mit vollständiger oder teilweiser Anwendung, über 120 Anwender insgesamt). Weiter sollten Konkordanzen zur Basisklassifikation, zur GHBS und anderen Klassifikationen erarbeitet werden. Geprüft werden
sollte auch, ob Konkordanzen zu Klassifikationen für öffentliche Bibliotheken erstellt werden
sollten. Hierbei ist vor allem an ASB und KAB zu denken.
52
53
http://www.desire.org/html/subjectgateways/community/imesh/.
http://www.alexandria.ucsb.edu/~lhill/nkos/index.html.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
42
Sinnvoll ist eine Konkordanz sowohl zu aktuell angewandten Klassifikationen wie auch
ggf. zu solchen, die auf Grund der Anwendung der DDC eingestellt werden, mit denen aber
zahlreiche maschinenlesbare Titel erschlossen sind. Ob im Einzelfall eine Konkordanz erarbeitet werden soll, muss von den jeweiligen Anwendern entschieden werden. Sie sind für die
Erstellung und Pflege einer solchen Konkordanz verantwortlich. Für die Pflege entsteht ein
kontinuierlicher Aufwand.
6.2.1 Aufgabe einer Konkordanz aus Sicht von Nutzern der DDC
Für Benutzer, die mit der DDC in deutschen OPACs recherchieren, sind Konkordanzen dadurch hilfreich, dass sie sachlich erschlossene Bestände unter einer Suchoberfläche nutzbar
machen. Dies gilt sowohl für aktuelle Bestände wie für ältere, vor Einführung der DDC erschlossene Bestände. Damit ist drei wesentlichen Argumenten Rechnung getragen:
–
–
–
Bibliotheken, die aus Gründen der sachlichen Aufstellung bei ihrer bisherigen Klassifikation bleiben, werden nicht gezwungen, selbst die DDC anzuwenden.
Der volle Effekt einer DDC-Anwendung tritt sofort ein; es muss also nicht erst das
langsame Wachsen der Zahl der nach DDC erschlossenen Titel abgewartet werden.
Bei der Einbeziehung von Fachklassifikationen können auch fachlich erschlossene Bestände für eine fachübergreifende Suche nutzbar gemacht werden.
Darüber hinaus können Konkordanzen den Übergang von Bibliotheken zur DDC wesentlich
erleichtern.
Konkordanzen erscheinen besonders sinnvoll für ausländische Benutzer, die mit deutschsprachigen, im OPAC i.d.R. nicht abgebildeten Klassifikationen, nur sehr schwer zurechtkommen können.
6.2.2 Aufgabe einer Konkordanz aus Sicht von Nutzern einer anderen Klassifikation
Neben den oben genannten Aufgaben der Abbildung der eigenen Bestände auf die DDC hat
die Konkordanz für Anwender einer anderen Klassifikation die komplementäre Aufgabe, eine
Recherche des Benutzers in anderen OPACs mit der jeweils eigenen Klassifikation zu ermöglichen.
Darüber hinaus hat eine solche Konkordanz Nutzen für die betroffenen Anwenderbibliotheken. Sie ermöglicht die Unterstützung bei der eigenen Klassifizierung von Titeln durch
Umsetzung von Angeboten aus fremdsprachigen Titeln und aus Daten Der Deutschen Bibliothek in die jeweils eigene Klassifikation. Dieser Aspekt wird bei den öffentlichen Bibliotheken im Vordergrund der Nutzung stehen, ist aber auch für Anwender der RVK bzw. der
GHBS von Interesse.
Aus dieser wechselseitigen Funktion ergibt sich, dass eine Konkordanz in beiden Richtungen anwendbar sein sollte. Es kann sich also nicht darum handeln, die anderen Klassifikationen nur auf die DDC abzubilden. Diese stellt nicht eine Metaklassifikation für andere Klassifikationen dar.
6.3
Struktur einer Konkordanz
Eine Konkordanz verweist auf zwei (oder mehrere) Klassifikationen, die in sich geschlossene
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
43
Systeme darstellen. Zwischen verschiedenen Klassifikationen muss mit Hilfe der Konkordanz
navigiert werden können.
Die Art der Beziehung zwischen einander zugeordneten Klassen muss abgebildet werden54; z.B.:
–
–
–
–
–
–
Beziehung 1 : 1 (Synonyme Begriffe, parallele Notationen);
Oberbegriff : Unterbegriff ;
Unterbegriff : Oberbegriff;
Verwandte Begriffe;
mit eigener Notation versehener Begriff : (nur) durch Schlüsselung recherchierbarer
Begriff;
Maß für die Übereinstimmung.
Die Konkordanzen greifen teils auf lokal, teils auf dezentral gehaltene vernetzte Datenbestände zu.
Nachdem in der Konkordanz die Struktur der jeweiligen Klassifikationen nicht aufeinander
abgebildet ist, ist es erforderlich, Strukturen in der Klassifikation selbst zu recherchieren. Dafür sind erforderlich:
–
–
Browsing-Funktionen (Suche von unten nach oben bzw. umgekehrt sowie in gleichgeordneten Systemstellen, ggf. graphische Darstellung oder Darstellung als Hyperlink)
verbale Suchmöglichkeiten in den Registerbegriffen.
Schwierigkeiten bereiten die unterschiedlichen Präkombinationen bzw. Schlüsselungen, sowohl von der formalen Seite - die Probleme der DDC sind in Kap. 2 behandelt - wie von der
inhaltlichen Seite.
Probleme bereitet auch die unterschiedliche Gliederungstiefe der Klassifikationen: Naturgemäß ist es einfach, eine fein gegliederte Klassifikation auf eine grob gegliederte abzubilden.
Bei letzterer tauchen viele Probleme einer Zuordnung von Titeln zu Notationen oder von Begriffen zu Notationen oder unterschiedliche Möglichkeiten der Untergliederung von Systemstellen nicht auf. Dem steht entgegen, dass der Informationsgehalt durch eine solche Konkordanz verschlechtert und eine höhere Anzahl von Treffern im Retrieval erreicht wird .
Umgekehrt ist es schwierig, Titel, die mit einer groben Klassifikation erschlossen sind, auf
eine fein gegliederte Klassifikation abzubilden. Auf der Ebene der Klassifikation können Systemstellen der ersteren Art der Klassifikation nur auf Oberbegriffe der letzteren abgebildet
werden. Dadurch werden auch spezielle Titel nur mit weiten Begriffen erschlossen. Diesen
Problemen kann man dadurch begegnen, dass durch Verfahren der maschinellen Klassifikation die Daten verbessert werden. Außerdem kann man durch besondere Retrievalverfahren
dies auszugleichen versuchen, z.B. durch Suche auch unter dem Oberbegriff, wobei diese
Treffer geringere Relevanz haben.
In der Praxis werden vielfach für einzelne Teile der Klassifikation jeweils unterschiedliche
Typen der Beziehungen beider Klassifikationen vorkommen.
Zu den in Frage kommenden Klassifikationen kann man feststellen:
54
Vgl. die Beispiele in Anlage 6.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
–
–
–
–
44
RVK: Sie hat ungefähr denselben Grad der Tiefengliederung wie die DDC, auch wenn
dieser für verschiedene Fächer unterschiedlich ist. Eine Konkordanz dürfte daher relativ
positive Ergebnisse bringen.
BK: hier ist der Unterschied zur DDC besonders groß. Eine Konkordanz von der BK
zur DDC ist daher mit Problemen behaftet; die umgekehrte Konkordanz ist dagegen
leicht erreichbar.
ASB und KAB: Die gröbere Gliederung beider Klassifikationen bietet eine gute Ausgangsbasis für eine Konkordanz, die von der DDC ausgeht. Dies ist für die Übernahme
von Fremdleistungen wohl eine gute Ausgangsbasis. Umgekehrte Konkordanzen wären
problematischer.
UDK: Auf sie wird hier nicht eingegangen, da die Zahl der deutschen Anwender und
der vorhandenen maschinenlesbaren Daten relativ gering ist. Längerfristig sehr sinnvoll
wäre jedoch eine Konkordanz der englischen Ausgaben beider Klassifikationen.
6.4 Verfahren der Erarbeitung einer Konkordanz
Zur Erarbeitung einer Konkordanz sind einerseits maschinelle, andererseits intellektuelle Verfahren denkbar.
Für einen praktischen Einsatz maschineller Verfahren kommt das im Projekt OSIRIS entwickelte Verfahren in Frage. Mit der dort erarbeiteten Konkordanz wird (u.a.) die DDC auf
die GHBS abgebildet55. Als erster Schritt sollte getestet werden, welche Ergebnisse bei einer
umgekehrten Abbildung entstehen.
Im Projekt CARMEN56 (begonnen 01.12.99) wird in einem eigenen Arbeitspaket eine
Konkordanz zwischen DDC, RVK und den Fachklassifikationen MSC (Mathematical Science
Classification) und PACS (Physics and Astronomy Classification Scheme) für die Fachgebiete Mathematik und Physik erarbeitet. Dabei soll sowohl ein System für die benutzerfreundliche Präsentation von Klassifikationen und eine Konkordanz programmiert werden, als auch
prototypisch die Inhalte der Konkordanz erarbeitet werden. Zielsetzung ist insbesondere die
Verbindung von Allgemein- und Fachklassifikation, um auf dieser Basis eine fachübergreifende Suche zu ermöglichen.
Eine Machbarkeitsstudie über den Gesamtaufwand einer Konkordanz DDC-RVK wird
derzeit von der Europäischen Akademie Bozen erstellt.
55
56
Nicht eingegangen werden soll hier auf die Frage, wie weit sich die verschiedenen GHBS-Versionen auseinander entwickelt haben, was die Nutzung einer Konkordanz erschwert.
http://www.bibliothek.uni-regensburg.de/carmen12.html.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
45
Zusammenfassung und Perspektive
Mit der wachsenden Verbreitung von Online-Katalogen und den globalen Recherchemöglichkeiten über das Internet wird immer deutlicher, daß die rein verbale Sacherschließung für die
thematische Recherche nur eine begrenzte Grundlage bieten kann. Sowohl der ökonomische
Zwang zum internationalen Austausch von inhaltsbeschreibenden Daten, als auch der wachsende Druck, die zunehmende Menge der elektronischen Dokumente über automatisierte Verfahren zu erschließen, lassen das Desiderat einer einheitlichen klassifikatorischen Sacherschließung immer deutlicher werden.
Diese Situation wurde von der Expertengruppe Klassifikation 1998 in einem Gutachten
analysiert. Sie hat darin eine Empfehlung für die Anwendung der Dewey Decimal Classification durch Die Deutsche Bibliothek und damit in Deutschland bzw. für den deutschen Sprachraum ausgesprochen.
Als Reaktion auf diese Empfehlung hat die Konferenz für Regelwerksfragen die vorliegende Studie in Auftrag gegeben. Die zu diesem Zweck gegründete Arbeitsgruppe Klassifikatorische Erschließung sollte prüfen, ob sich diese Empfehlung zur Anwendung der DDC in
Deutschland umsetzen läßt, welche technischen und organisatorischen Voraussetzungen dazu
geschaffen werden müssen und welcher Aufwand hierfür einzukalkulieren ist. Sie ging davon
aus, daß die gegenwärtige Situation der klassifikatorischen Erschließung eine Lösung erfordert, die international kompatibel ist und die innerhalb kurzer Fristen zu einer Verbesserung
der sachlichen Erschließung und Recherche auf allen Nutzungsebenen beiträgt.
Bei der Abwägung von Vor- und Nachteilen möglicher Alternativen zur Dewey Decimal
Classification sind die folgenden Optionen der DDC von der Arbeitsgruppe als ausschlaggebend für ihre Anwendung erachtet worden:
–
–
–
–
–
–
Sie ist die einzige wirklich global - nicht nur multinational - verwendete Klassifikation.
Ihre Anwendung im deutschen Sprachraum macht die Übernahme eines äußerst umfangreichen internationalen Fremddatenangebots möglich.
Die Weiterentwicklung in der Datenhaltung, die Aktualisierung und die internationale
Kooperation bei der Erschließungsarbeit wird durch eine tragfähige Organisation gewährleistet.
Sie ist bei der Entwicklung und Anwendung der klassifikatorischen Erschließung für
elektronische Dokumente im Internet weltweit führend.
Aufgrund ihrer Struktur ist die DDC geeignet, als „Dachsystematik“ über Konkordanzen die verschiedenen lokalen Systematiken mit Fremdleistungen zu bedienen.
Aufgrund ihrer internationalen Verbreitung (bisher liegen französische, italienische, und
spanische Übersetzungen vor) bietet die DDC gute Voraussetzungen als nonverbales
Bindeglied für die Aufbau eines multilingualen Normvokabulars zu fungieren.
Die DDC wird als System zur Wissensordnung für die digitale Medienwelt eine herausragende Stellung einnehmen, indem
–
–
sie im Rahmen der Erschließung von Dokumenten in verteilten Netzen eingesetzt wird;
sie zur Verknüpfung mit normiertem Vokabular Verwendung finden wird, was insbe-
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
–
–
46
sondere multilinguale Erschließungsprojekte begünstigen wird;
sie eine wichtige Rolle für das automatische Klassifizieren digitaler Dokumente spielen
wird;
zusätzlich Navigations- und systematische Zugangssysteme für digitale Dokumente auf
dieser Grundlage erstellt werden.
Für diese Punkte befinden sich bereits Projekte mit internationalen Partnern in Arbeit und
zeigen erste beachtliche Erfolge.
Voraussetzung für die Nutzung dieses großen Potentials, ist die Erarbeitung einer deutschen Übersetzung der neuesten englischen DDC-Ausgabe. Dazu hat die Arbeitsgruppe die
folgen den Gesichtspunkte erarbeitet:
Um die Kompatibilität zur Originalausgabe auf Dauer zu gewährleisten, muß sich eine
deutsche Übersetzung weitestgehend an die englische Ausgabe halten. Die Berücksichtigung
von Besonderheiten der deutschsprachigen Länder darf die gegenseitige Nutzung von Fremdleistung nicht in Frage stellen. Dies gilt auch für die ermittelten Problemfächer.
Nach Kalkulationen bei der Erarbeitung der französischen Ausgabe fordert die Erstellung
einer deutschen Übersetzung der DDC einen Arbeitsaufwand von etwa 12 Mannjahren. Damit
ist diese Arbeit nur in Kooperation von mehreren Partnern zu leisten und muß für eine effiziente Zusammenarbeit von Anfang an in einer Datenbank erfolgen. Die in der Studie enthaltenen Analysen zur Datenhaltung und zum Retrieval zeigen die Schwierigkeiten aber auch die
Vorteile dieser Vorgehensweise für die eigentliche Übersetzungsarbeit und für die spätere
Nutzung als Erschließungs- und Rechercheinstrument auf.
Für die Übersetzung schlägt die Arbeitsgruppe die Bildung eines Konsortiums aus den Nationalbibliotheken deutschsprachiger Länder als primäre Anwender in den Nationalbibliographien, den Bibliotheksverbünden als Vermittler und Nutzer der Daten sowie weiterer Institutionen mit spezifischen Nutzungs- und Anwendungsinteressen vor. Die weitere Pflege- und
Entwicklungsarbeit an der DDC sollte über eine entsprechende Arbeitsstelle bei der DDB
sowie einer Expertengruppe Klassifikation koordiniert werden.
Eine wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz der DDC in deutschen Bibliotheken
aber auch der Bereitstellung deutscher Sacherschließungsdaten für den internationalen Zugriff
über das Internet wird die Erstellung von Konkordanzen zwischen den in Deutschland verbreiteten lokalen Klassifikationen und der DDC sein. Die Studie zeigt den Stand der Diskussion, die Notwendigkeit und das Potential solcher Konkordanzen aber auch ihre Grenzen auf.
Sie will damit die Sicht auf die Möglichkeiten abrunden, die sich aus einer Anwendung der
DDC in Deutschland für die Benutzer ergeben.
Zusammenfassend resultieren aus einer Anwendung der DDC in Deutschland die folgenden bibliothekspolitischen Vorteile:
1. Mit der Einführung der DDC in Deutschland bei gleichzeitiger Fremddatenübernahme bietet sich den Bibliotheken die Möglichkeit:
–
–
–
die vorliegenden Millionenbestände der deutschsprachigen Bibliotheksverbünde zu einem großen Bestandteil sachlich zu erschließen;
die für den Einsatz automatischer Verfahren unbedingt nötigen Vorgaben großer Datenmengen an intellektuell erschlossenen Titel bereitzustellen;
durch Konkordanzen wichtigere regional bedeutsame Datenmengen in ein internationa-
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
47
les Erschließungssystem einzubringen.
2. Für das deutschsprachige Publikationswesen würde die Erarbeitung einer deutschen Ausgabe und die Einführung in den deutschsprachigen Nationalbibliotheken und nationalen Bibliographien bedeuten, dass sich
–
–
–
–
international der thematische Zugang für das deutschsprachige Schrifttum wesentlich
verbessert;
der internationalen Datentausch zum Ausland hin vereinfacht;
die Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf klassifikatorischer Ebene innerhalb des
deutschen Sprachraums mit den hereinreichenden übrigen Sprachen (bes. der Schweiz)
wesentlich verbessert;
ein Quasistandard für eine umfassende Klassifikation des gesamten westeuropäischamerikanischen Schrifttums auf dieser Basis einführen läßt.
3. Den größten Nutzen würde die Einführung der DDC für die nationalen und internationalen
Benutzer bei der thematischen Recherche mit sich bringen. Ihnen könnte
–
–
–
–
ein wissenschaftlich ausreichendes Rechercheinstrument aufgebaut werden, mit dem
einheitlich sowohl Literatur aus bibliographischen Datenbanken als auch Internetdokumente unter thematischen Gesichtspunkten selektiert werden kann.
die flächendeckend im deutschen Sprachraum eingeführte verbale Erschließung um die
notwendige themen- und umfeldbezogene klassifikatorische Komponente ergänzt werden.
durch die Trunkierbarkeit der DDC-Notation neue hierarchische Suchstrategien gegenüber der verbalen Suche ermöglicht werden;
durch die Synthetisierbarkeit und Dekomponierbarkeit der DDC-Notation breite Verknüpfungsmöglichkeiten postkoordinierter klassifikatorischer Suche zur Verfügung gestellt werden.
4. Die deutschen Bibliotheken bekommen durch Adaption der DDC somit die Option auf Partizipation an weiteren Entwicklungsvorhaben, in denen die DDC eingesetzt wird. Ein Verzicht auf die Adaption würde auch den Verzicht auf die Partizipation an derartigen Projekten
einschließen, da im internationalen Raum dann kaum noch Partner für die eigenen Entwicklungswege zu finden sein werden. Man könnte den Standpunkt einnehmen, dass es ausreiche,
wenn die methodische Vorgehensweise einer DDC-Entwicklung auf deutsche Verhältnisse
übertragen würde, ohne dass man auch DDC-Erschließung betreiben müsse. Dabei würde
jedoch verkannt, welch großer Aufwand zu leisten wäre, für derartige Entwicklungen die Daten eines eigenen Systems bereitzustellen, statt in Daten-Synchronisation zu einem bereits
vorhandenen System zu verfahren. Die Folge wäre mit großer Wahrscheinlichkeit nicht allein
die Isolierung im internationalen Maßstab sondern auch der Verzicht auf notwendige Entwicklungen aus Mangel an nationalen Ressourcen.
Um die in den vorangehenden Punkten skizzierten vielfältigen Möglichkeiten für die bibliothekarische Erschließungsarbeit wie für die Recherche nutzen zu können, müssen die Verant-
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
48
wortungsträger im deutschen Bibliothekswesen die personellen Ressourcen dafür schaffen,
dass eine zügige Übersetzung der deutschen Ausgabe der DDC realisiert wird, die DDB in die
Lage versetzt wird, die laufende Erschließungsarbeit möglichst großer Teile ihrer bibliographischen Verzeichnungen auf Dauer zu gewährleisten und die Verbünde diese klassifikatorischen Daten transportieren und geeignete Erschließungs- und Recherchetools für den Endnutzer bereitstellen. Angesichts des Nutzens, den auch die einzelne Bibliothek aus einem solchen
Gemeinschaftsprojekt ziehen wird, erscheint der damit verbundene Aufwand eine kalkulierbare Größe zu sein. Ohne die lokalen Sacherschließungsinstrumente zu dominieren, wäre dies
ein erfolgversprechender Ansatz, dem Benutzer große Teile der im deutschen Sprachraum
verfügbaren Literatur für eine einheitliche sachliche Recherche anbieten zu können.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
49
Anlage 1:
DDC-Anwendung in ausländischen Nationalbibliographien1
In den Nationalbibliographie der folgenden Staaten wird die DDC verwendet:
Ägypten
Australien
Bangladesch
Barbados
Bermudas
Bolivien
Botswana
Brasilien
Chile
Fidschi
Gambia
Ghana
Griechenland
Großbritannien
Guyana
Indien
Indonesien
Iran
Irak
1
Irland
Island
Italien
Jamaica
Jordanien
Kanada
Kenia
Kolumbien
Laos
Libyen
Malaysia
Malta
Mexiko
Namibia
Nepal
Neuseeland
Nigeria
Norwegen
Pakistan
Palästina
Papua-Neuguinea
Peru
Philippinen
Qatar
Sambia
Sierra Leone
Singapur
Sri Lanka
Südafrika
Swaziland
Syrien
Tansania
Thailand
Trinidad und Tobago
Türkei
Venezuela
Zaire
Zimbabwe
Aus: Barbara L. BELL: DDC System in national bibliographies. In: Dewey Decimal Classification : edition
21 and international perspectives. Albany, New York, 1997, S. 56.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
50
Anlage 2:
Ingo Nöther: Möglichkeiten der Kürzung und
Strukturierung von DDC-Notationen/
Gliederung
1.
2:
3.
Kürzung von Notationen der Schedules (Haupttafeln) und Tables (Schlüssel)
Vereinfachte Notationsbildung
Strukturell transparente Parallelnotation
1.
Kürzung von Notationen der Schedules (Haupttafeln) und Tables (Schlüssel)
1.1
Generelle Kürzung durch einheitliche Obergrenze,
z.B. max. 5 Stellen → 123.45
Solche generelle Kürzung empfiehlt sich nicht pauschal für die gesamte DDC, da die Länge
der Notation die Erschließungstiefe nicht gleichmäßig widerspiegelt. Abhängig vom dezimalen Nummernkontingent in den höheren Hierarchieebenen, das einem Fachgebiet schon in
frühen DDC-Versionen zugewiesen wurde, schwankt die Notationslänge für vergleichbare
Erschließungstiefen von Fachgebiet zu Fachgebiet sehr erheblich. Eine generelle Obergrenze
würde deshalb dazu führen, dass die einzelnen Fachgebiete unterschiedlich tief erschlossen
werden.
Generell könnten immerhin die Schedules auf 6 Stellen begrenzt werden. Allerdings liegt
der Anteil von Feinst-Notationen mit mehr als 6 Stellen nur bei 1%-5% - abhängig von der
Fachgruppe (z.B. bei 100 und 200: unter 1%, bei den 300-Fächern bei 5%).
Bei den Tables erscheinen folgende generelle Obergrenzen sinnvoll:
Table 1
Table 2
Table 7
1.2
Standard Subdivisions: max. 3 Stellen bei 071-079
max. 3 Stellen bei 081-089
Geographic Areas ...
max. 4 Stellen bei 4 - 9
Ausnahme: 43 Central Europe, Germany
Groups of Persons
max. 3 Stellen
Generelle Kürzung durch Reduzierung um eine oder zwei Stellen
z.B. 123.4567 → 123.456 (1 Stelle) bzw. → 123.45 (2 Stellen)
Selbst wenn man eine Mindestlänge von drei oder vier Stellen definiert, empfiehlt sich solche
Art Stellenreduzierung nicht. Sie würde nur zu einer Vergröberung der Erschließung, aber
nicht zu einer Arbeitserleichterung führen. Mit dem Abschneiden einer dezimalen Untergliederungsstufe würden auch deren Systemstellen-Beschreibungen wegfallen. Diese bieten aber
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
51
wertvolle inhaltliche Orientierungshilfen, die man unbedingt studieren sollte. Dann kann man
aber auch gleich ohne nennenswerten Mehraufwand die passende Unterziffer mit anfügen.
1.3
Kürzung einzelner Notationen und Notationsgruppen nach fachlich-inhaltlicher Beurteilung
Nicht empfehlenswert, da sehr aufwendig und letztlich subjektiv. Solche Kürzungen „von Fall
zu Fall“ würden die bereits viel zu zahlreichen Notes der DDC noch um weitere „German
Notes“ anreichern. Zudem müsste das Register auf alle Abweichungen hin durchgearbeitet
werden und wäre nicht mehr maschinell kompatibel zu machen zum originalen DDCRegister. Grundsätzlich sollte man die inhaltliche Integrität der DDC nicht in Frage stellen,
sondern nur in der Anwendung der DDC nach Erleichterungen suchen.
2.
Vereinfachte Notationsbildung
Die Hauptschwierigkeit der DDC-Anwendung liegt nicht in der Benutzung der Schedules und
Tables. Deshalb bringen die unter1. genannten Möglichkeiten der Notationskürzungen eigentlich noch keine wesentlichen Erleichterungen. Die Hauptschwierigkeit liegt vielmehr in der
Notationsbildung, d.h. in der Verknüpfung verschiedener Notationselemente zu einer kombinierten Notation. Dazu gibt es zahlreiche Regeln, die sorgfältig beachtet werden wollen, und
es gibt leider auch zahlreiche Ausnahmen zu diesen Regeln. Man wird die teilweise sehr
komplizierten Regeln nicht vereinfachen können. Das würde nur zu weiteren Sonderregeln
führen und das „Regelchaos“ noch verstärken. Man wird auch nicht Bestimmungen einfach
weglassen können, ebenso wenig wird man auf einzelne Tables verzichten dürfen. Solche in
die DDC-Struktur eingreifenden Abweichungen gefährden den globalen Austausch und die
globale Verwendbarkeit von DDC-Notationen und hätten eine Aufteilung in „echte“ und „unechte“ Notationen zur Folge, was wohl nicht im deutschen Interesse liegt. Man kann also nur
darauf vertrauen, dass so rasch wie möglich ein intelligentes System entwickelt wird, das dem
Klassifizierer bzw. Benutzer die zugelassenen weiteren Untergliederungen einer Systemstelle
durch Untergliederungen an anderen Stellen der Schedules oder durch Tables automatisch
anzeigt und die Verknüpfung der einzelnen Notationselemente von sich aus nach den jeweils
vorgeschriebenen Regeln vornimmt.
Unabhängig von der Entwicklung eines solchen Systems sollten allerdings Vereinfachungen überlegt werden, die unter Beibehaltung der DDC-Struktur lediglich arbeitsintensive
Feinsterschließung vermeiden. Grundsätzlich kann man sagen, dass mit jeder Hinzufügung
eines weiteren Notationsglieds der Schwierigkeitsgrad erheblich anwächst. Deshalb ist die
größte Arbeitserleichterung von einer Reduzierung der Anzahl der Notationsglieder zu erwarten. Dazu gäbe es zwei Möglichkeiten, die miteinander verbunden werden könnten:
2.1
Keine weiteren Notationsglieder nach Erreichen einer bestimmten Notationslänge
z.B. bei Grenze von 6 Stellen: 731 + 074 [+ 73 - entfällt, da bereits 6 Stellen]
Die Grenze - etwa von 6 Stellen - bedeutet nicht, dass alle überzähligen Stellen abgetrennt
werden. Solche generelle Kürzung wurde bereits oben verworfen. Gemeint ist lediglich, dass
keine weitere Untergliederung durch das Anhängen einer Table-Notation oder einer ScheduleNotation vorgenommen wird, wenn eine bestimmte Notationslänge bereits erreicht bzw. überschritten wurde. Diese bleibt dann aber bestehen. So können durchaus Notationen mit 7, 8, 9
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
52
und sogar mehr Stellen vorkommen, z.B. wenn eine Stammnotation von 5 Stellen um eine
Notation aus Table 2 ergänzt wird (09+ ... ).
Einige Notationen der Standard Subdivisions (Table 1) dienen vor allem als Verbindungszeichen zur Verknüpfung mit Notationen anderer Tables (z.B. 079, 088, 089, 09). Solche
Verbindungselemente sollten nicht für sich am Ende einer Notation stehen, vielmehr sollte die
zur Verknüpfung vorgesehene Table-Notation stets mit angehängt werden, also auch dann,
wenn bereits mit den Verbindungszeichen die Obergrenze erreicht ist, z.B. 123.45 + 089 + 51
und nicht: 123.45 + 089
2.2
Nicht mehr als 3 Notationsglieder
z.B. 739.4 + 5 + 0973 [ + 03 - entfällt, da bereits 3 Notationsglieder]
Mit 3 Notationsgliedern wird bereits eine zur Differenzierung und zur Vermeidung von Massenstellen ausreichende Feinerschließung erreicht. Deshalb sollte man der Versuchung widerstehen, noch weitere Glieder anzufügen, nur weil das Dokument und die DDC eine noch tiefer
gehende Erschließung zuließen. Man sollte dabei auch an die Recherche durch den Benutzer
denken, dem die Verknüpfung bereits von mehr als zwei Themenaspekten Schwierigkeiten
bereitet.
Zu überlegen wäre allerdings, ob solche Notationselemente der Standard Subdivisions
(Table 1), die als Verbindungszeichen fungieren (s.o.), als eigene Glieder zu zählen sind. Als
reine Verbindungszeichen ohne eigenen Aussagewert sind „04“ und „09“ zu betrachten. Andere Notationen der Standard Subdivisions, die in den meisten Fällen noch Notationen aus
anderen Tables angehängt bekommen, haben dagegen schon selbst eine inhaltliche Aussage
und sollten daher in die Zählung von 3 Gliedern einbezogen werden, das sind: 011, 015, 0218,
023, 024, 025, 0272, 0294, 0296, 071, 074, 079, 088 und 089. Wenn diese Notationselemente
bereits als dritte Glieder auftreten, könnte auf Ergänzungen aus anderen Tables verzichtet
werden.
3.
3.1
Strukturell transparente Parallelnotation
Hilfsmittel zur transparenten Notationsdarstellung
Der Aufbau von DDC-Notationen ist nur für Experten durchschaubar. Zwischen den Notationsgliedern gibt es keine Trennzeichen. Der Punkt nach der dritten Stelle bei Notationen mit
mehr als drei Stellen dient nur der Optik und hat keinerlei inhaltliche Aussage. Selbst wenn
die Notationsglieder irgendwie voneinander abgesetzt würden, wäre nicht sofort zu erkennen,
aus welchen Teilen der DDC sie stammen und welche Ziffern nur als Verbindungszeichen
dienen.
Die DDC will ihre Notationen so kurz und klar wie möglich halten. Kürze und Klarheit
dienen in erster Linie der Beschriftung für die Buchaufstellung. Optische Klarheit der Notation ist daher der DDC wichtiger als strukturelle Klarheit. Ein Benutzer, der die DDC zur Recherche verwenden will, muss die Notation für sein Thema kennen, ggf. im Register nachschauen. Doch das Register kann natürlich nur einen kleinen Teil der fast unbegrenzten Notationsbildungen zur Darstellung komplexer Sachverhalte aufnehmen.
Die DDC wird in Deutschland für die Buchaufstellung wohl kaum breitere Anwendung
finden. Der deutsche Benutzer wird mit der DDC also nicht wie ein amerikanischer Benutzer
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
53
durch Stöbern in Öffentlichen Bibliotheken oder Schulbibliotheken von Kindesalter an vertraut. Er lernt DDC-Notationen nicht mechanisch und gleichsam wie von selbst. Vielmehr
wird er sie sich „erarbeiten“ müssen, und zwar wohl meistens erst, wenn er sie als Studierender benötigt. Als Studierender geht er aber anders mit DDC-Notationen um als etwa ein Kind
oder ein Schüler in den USA. Er wird die in DDC-Notationen dargestellte Ordnung verstehen
und nachvollziehen wollen, um mit ihnen vertraut zu werden und sie richtig anzuwenden.
Wenn die DDC in Deutschland mittel- oder langfristig eine breitere Akzeptanz erreichen
soll, wäre es nötig, ihre Notationen klarer aufbereitet, d.h. strukturell transparent zu präsentieren. Das darf natürlich nicht dazu führen, dass DDC-Notationen in Deutschland anders aussehen als sonstwo. Es wäre aber sehr hilfreich, wenn parallel zur originalen DDC-Notation eine
Darstellungsweise geboten wird, die den Aufbau zeigt, speziell die Verbindungen
1.
2.
3.
4.
mit den Standard Subdivisions
mit den Tables 2-7
mit Untergliederungen aus anderen Teilen der Schedules
mit speziellen Tables innerhalb der Schedules.
Dazu könnten folgende einfache Hilfsmittel dienen:
Zu 1:
Anhängen der Standard Subdivisions (sowie reiner Verbindungszeichen) mit „+“
Beispiele: 628.840285 → 628.84+0285
704.94703 → 704.947+03
Zu 2:
Anhängen von Notationen aus Tables 2-7 mit „[T?]...“
Beispiele: 492.224 → 492.2[T4]24 („24“ entstammt Table 4)
790.0973 → 79+009[T2]73 („73“ entstammt Table 2)
Zu 3:
Anhängen von Untergliederungen aus anderen Teilen der Schedules mit Angabe
dieser Teile in [Q???]
Beispiele: 746.0439 → 746+04[Q677]39 („39“ ist Untergliederung von 677)
781.7166 → 781.7+1[Q781]66 („66“ ist Untergliederung von 781,
die „1“ davor ist reines Verbindungszeichen - facet indicator)
Entsprechend zu behandeln: Anhängen ganzer Schedules-Notationen mit [Q]...
780.0790 → 78+00[Q]790 („00“ ist hier Verbindungszeichen)
Zu 4:
Anhängen spezieller Tables (Sonderschlüssel) innerhalb der Schedules mit „[S]“
Beispiele: 616.210233 → 616.21[S]0233 („0233“ ist ein Sonderschlüssel, der
für 616.1-616.9 gilt)
324.24403 → 324.2[T2]44[S]03 („03“ ist ein Sonderschlüssel, der
für 324.24-324.29 gilt)
Die Darstellung in der strukturell transparenten Parallelform sollte nicht Selbstzweck sein.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
54
Deshalb ist die strukturell transparente Darstellungsweise nur bei Notationen angebracht, die
als solche nicht in den Schedules oder Tables vorkommen. Sehr oft sind in den Schedules
bereits komplexe Notationen aufgenommen, insbesondere Verbindungen mit den Standard
Subdivisions. Sie können dann als „Einheiten“ gelten und brauchen nicht analysiert zu werden. In der deutschen DDC-Ausgabe wird man einige auf deutsche oder europäische Verhältnisse bezogene komplexe Beispielnotationen direkt in die Schedules aufnehmen, wie das auch
die Amerikaner getan haben, z.B. „Presidental system in Hawaii“ 321.804209969. Solch eine
Notation bräuchte also nicht zerlegt werden in 321.8+042+09[T2]969.
3.2
Kennzeichnung der Sonderregeln (Ergänzung, Auslassung, Ersatz von Zeichen)
Bei den Verbindungen zwischen den einzelnen Notationselementen gibt es zahlreiche Sonderregeln. Dadurch bekommen die Einzelelemente ein anderes Aussehen in der komplexen Notation als in ihrer Quellform. Durch die Sonderregeln werden einzelne Zeichen ergänzt, weggelassen oder ersetzt. Zur Kennzeichnung einer Ergänzung kann man das „+“-Zeichen wählen.
Das Ersetzen ist nur eine Kombination von Weglassen und Ergänzen. Es ist also nur noch
eine weitere Kennzeichnung für Weglassen erforderlich. Dazu kann man das Zeichen „%“
verwenden am Anfang der Weglassung und „|“ zur Kennzeichnung des Endes, da häufig mehr
als 1 Zeichen entfällt.
Beispiel:
3.3
759.33 → 759[T2]%4|33 (aus Table 2 stammt 433, nicht 33!)
Verbindung zwischen originaler und transparenter Notationsform
Alle Elemente einer komplexen Notation, die als solche nicht in der DDC verzeichnet ist,
müssen also vollständig in ihrer Quellform rekonstruierbar sein. Das erleichtert nicht nur die
Nachprüfbarkeit, sondern dient auch der Abspeicherung der komplexen Notation in verschiedenen Feldern des Austauschformats, so dass man über die Einzelfelder bzw. durch eine
Kombination verschiedener Elemente (Aspekte) recherchieren kann. Im Idealfall würde der
Klassifikator nur die strukturell transparente Parallelform eingeben. Ein kleines Zusatzprogramm würde dann die originäre DDC-Notation automatisch bilden und die Einzelelemente
einer komplexen Notation den verschieden definierten Unterfeldern korrekt zuordnen.
Aus der „Struktur-Notation“ ist die originale DDC-Notation leicht zu bilden. Man übergeht
dabei „+“ und alle Klammern mit ihren Inhalten und setzt bei mehr als 3 Zeichen nach der 3.
Dezimalstelle einen Punkt. Die „Struktur-Notation“ hätte einen außerordentlichen Lerneffekt.
Mit solcher Paralleldarstellung könnte man sehr schnell DDC-Notationen verstehen und überprüfen und würde rasch mit der Praxis der DDC-Anwendung vertraut. Außerdem würde die
strukturell transparente Parallelnotation jedes maschinelle Verfahren für die Recherche oder
allgemein für die Notationsbildung erheblich erleichtern.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
55
Anlage 3: Datenorganisation
1
1.1
Normdatenstruktur
Struktur der Normdatei
Es werden für die Schedules (Haupttafeln) und die sieben Tables (Schlüssel) jeweils eigene
(Unter-)Felder und eigene Normdatensatztypen eingerichtet. Die Felder müssen wiederholbar
sein.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Normdatei für Schedules, zu verknüpfen in Feld Xa 1-5
Normdatei für Table 1: Standard Subdivisions, zu verknüpfen in Feld Xb
Normdatei für Table 2: Geographic Areas, Historical Periods, Persons, zu verknüpfen in
Feld Xc
Normdatei für Table 3a-3c: Subdivisions for the Arts, for Individual Literatures, for
Specific Literary Forms, zu verknüpfen in Feld Xd
Normdatei für Table 4: Subdivisions of Individual Languages and Language Families,
zu verknüpfen in Feld Xe
Normdatei für Table 5: Racial, Ethnic, National Groups, zu verknüpfen in Feld Xf
Normdatei für Table 6: Languages, zu verknüpfen in Feld Xg
Normdatei für Table 7: Groups of Persons, zu verknüpfen in Feld Xh
Alternativ wäre auch die Verwendung einer einzigen Normdatei denkbar, wobei über Indikatoren oder Satzkennungen eine eindeutige Zuordnung zu den einzelnen Subsystemen gewährleistet werden müsste.
1.2
Skizze zur Struktur der Normdatensätze
Satztyp/Indikator
Ebenenindikator
Notation
Benennung
Synonyme, Quasisynonyme
Übergeordnete Klasse
Zusätzliche Sucheinstiege (z.B. für Register von Druckausgaben)
Assoziative Beziehungen
Erläuterungen
DDC-Ausgabe/Version
Informationen betr. Relationen zu anderen Klassifikationssystemen
Tables zur weiteren Untergliederung und Programmieranweisungen für die Analyse der Dewey Numbers
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
56
1.3 Beispiele für DDC-Normdatensätze
1.3.1
Satztyp
Ebenenindikator
Notation
Benennung
Übergeordnet
Zusätzl. Begriffe
DDC-Ausgabe/Version
Andere Klassifikationssysteme
Tables zur weiteren Untergliederung:
Schedule
003
320.54
Nationalism
320.5 (Political ideologies)
Ethnic nationalism, pan movements
21
Table 1 (Xb)
1.3.2
Satztyp
Ebenenindikator
Notation
Benennung
Übergeordnet
Zusätzl. Begriffe
DDC-Ausgabe/Version
Andere Klassifiktionssysteme
Tables zur weiteren Untergliederung:
Table 1
001
09
Historical, geographic, persons treatment
21
Table 2 (Xc)
1.3.3
Satztyp
Ebenenindikator
Notation
Benennung
Übergeordnet
Zusätzliche Begriffe
DDC-Ausgabe/Version
Andere Klassifikationssysteme
Tables zur weiteren Untergliederung
Schedule
003
261.2
Christianity and other systems of belief
Social theology and interreligious relations
Christianity and other religions
21
Schedules (Xa)
Add to base number 261.2 the numbers following
29 in 292-299, e.g. Christianity and islam 261.27
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
2.
2.1
57
Beispiele für Modelle einer transparenten DDC-Datenhaltung am Titel:
Dokumentinhalt: Untersuchung über den Nationalismus im Deutschen Kaiserreich:
Dewey Number:
Einzelelemente :
320.540943
320.54 (Nationalism)
09 (Historical, geographic, persons treatment)
43 (Central Europe, Germany)
Strukturierte Darstellung über Verbindungszeichen:
320.54+09#43
Gefelderte Darstellung
X
Xa
Xa1
Xb
Xc
2.2
(Dewey Number)
(Schedule, I)
(Schedule, II)
(Standard Subdivision)
(Table 3)
320.540943
320.54 (Nationalism)
09(Historical, geographic, persons treatment)
43 (Central Europe, Germany)
Dokumentinhalt: Patriotismus deutscher Juden von der napoleonischen Ära bis zum
Kaiserreich
Dewey Number:
320.54089924043
Strukturierte Darstellung über Verbindungszeichen:
X
Xa1
Xb
Xc
Xf
(Dewey Number)
(Schedule, I)
(Standard Subdivision)
(Table 3)
(Table 5)
320.54+089-924#043
320.54089924043
320.54 (Nationalism)
089 (Racial, ethnic, national groups)
43 (Central Europe, Germany)
924 (Hebrews, Israelis, Jews)
Bemerkungen: Zwischen dem Element 924 und 43 wird aufgrund von Numberbuilding
instructions eine 0 als Facet indicator gesetzt. Bei einer maschinellen Analyse der Notation
muss der Facet indicator berücksichtigt werden. Lösungsvorschlag: alle Tables, die von einem
Facet indicator betroffen sein können, erhalten einen zweifachen Notationseintrag, einen mit
Null, einen ohne Null.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
2.3
Dokumentinhalt: Schüler im Umgang mit fremdsprachlicher Literatur : eine empirische Studie zum Rezeptionsverhalten von Schülern der Sekundarstufe II bei der Lektüre literarischer Texte im Englischunterricht
X
Xa
Xb
Xc
820.71043
820 (English and Old English (Anglo-Saxon) literatures
071 (Education)
43 (Central Europe, Germany)
58
Bemerkungen: Im Prozess des Numberbuilding entfällt eine Null (Xb), weil die Base-Number
bzw. Grundnotation (820) auf Null endet. Im Hinblick auf das Problem der automatischen
Analyse der Dewey Number ergeben sich zwei Lösungsmöglichkeiten:
a)
b)
c)
Durch Programmierung wird die Zuordnung von 82071 zu 820 und 071 geregelt und in
Form einer Programmieranweisung im Normdatensatz zu 820 festgehalten (EDVProgramm-Lösung).
Es wird ein eigener Datensatz 82071 (English and Old English literatures / Education)
gebildet, der als zusätzliche Präkombination mit entsprechender verbaler Benennung in
die Liste der Schedule-Notations aufgenommen wird (Präkombinationslösung).
Die auf Null endenden „schedule-notations“ werden zweifach erfaßt, einmal dreistellig
mit Null, einmal zweistellig ohne Null. (Lösung über doppelte Notation)
Außerdem wird eine Null als Facet indicator ergänzt (Xc). Lösungsvorschlag wie in Beispiel
2.2 beschrieben.
2.4
Dokumentinhalt: Applied factor analysis in the natural sciences. LCSH: Factor
analysis; Geology / Statistical mathematics
X
Xa
Xb
Xa
550.15195354
550 (Earth Sciences)
015 (Scientific Principles)
5195354 (Statistical mathematics, Factor analysis)
Bemerkungen: Die Zeichenfolge für Earth Sciences in den Schedules lautet 550, die für
Scientific Principles 015. Beim Numberbuilding fällt eine Null weg: statt 550.015 heißt es
550.15 – Lösungsvorschläge wie in 2.3, a-c beschrieben:
a)
b)
c)
Programmierung einer Zuordnung von 550.15 auf 550 und 015
Eigener Normdatensatz für 550.15 (Scientific Principle in Earth Sciences)
Doppelerfassung der Schedule-Notation 550 (Earth Science) als 550 und 55.
Zweites Problem: Bei der Kombination von 015 und 519354 fällt eine 5 weg aufgrund eines
Verwendungshinweises unter Table 1, 015: „Add to base number –015 the numbers following
5 in 510-590“. Lösungsvorschläge wie oben.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
2.5
Dokumentinhalt: American pronunciation. LCSH: English Language; United States;
Phonetics; Pronunciation
X
Xa
Xe
Xb
Xc
421.520973
421 (Writing system, phonology, phonetics of standard English)
152 (Spelling <Orthography> and pronunciation)
09 (Historical, geographic, persons treatment)
73 (USA)
59
Bemerkungen: Die Notation für „Writing system ... of standard English“ in den „schedules“
lautet 421, die für „Spelling and pronunciation in Table 4 lautet 152. Das Notationssegment
lautet aber 421.52. Eine 1 fällt weg.
Lösungsvorschläge:
a)
b)
c)
2.6
Programmtechnische Zuordnung von 421.52 nach 421 und 152.
Präkombination, d.h. eigener Normdatensatz für 421.52 (Standard English - Spelling
and pronunciation)
Zusätzliche Erfassung der Schedule-Notation 421 als 42
Dokumentinhalt: Beziehungen zwischen Islam und Christentum in Indien
Dewey Number:
X
Xa
Xa
Xb
261.270954
261.270954
261.2 (Christianity and other systems of belief)
297.09 (Islam, Babism, Bahai faith. Historical, geographic, persons treatment)
54 (South Asia, India)
Bemerkung: Die Ziffernfolge 29 entfällt aufgrund einer Anweisung zur Verwendung der
Klasse 261.2 (siehe Normdatensatzbeispiel 1.3.3 in dieser Anlage). Lösungsvorschläge:
a)
b)
c)
Programmtechnische Zuordnung von 261.27 nach 261.2 und 297
Eigener Normdatensatz für 261.27 (Beziehungen zwischen Christentum und Islam)
Zusätzliche Erfassung des Notationselements 297 als Notation 7 kommt nicht in Frage,
da die Ziffer 7 nicht eindeutig genug wäre.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
60
Anlage 4:
Dewey Decimal Classification
Guidelines for Preparation of Translations and Adaptations (Edition 21)*
The following guidelines are intended to assist editors of licensed translations and adaptations
of the Dewey Decirnal Classification. The steps should be followed in the order listed.
1.
2.
3
4.
5.
6.
7.
8.
*
1
2
Policy statement
Develop a policy statement on the contents of the edition. The policy statement should
include decisions on the following:
Use of options
Areas for expansion and adaptation 1
a. Geographic areas
b. Subject areas (e.g., Religion, Literature)
c. Historical periods
Treatment of relocation and discontinuation notes2, and tables of changed numbers
Treatment of examples in the introduction, tables and schedules, and Manual
Inclusion of ,,New Features”
Approach to Relative Index (translation of the English language index with additional
terminology, or development of a new index)
Prepare a list of standard sources for literary warrant and terminology. These sources
should be available to the editors and translators working on the project.
Ensure that the source of the translation is up-to-date, i.e., the print edition on which it
is based should include all of the changes announced in DC&.
Review and translate the Introduction and Glossary.
Review the Editorial Rules for the English language edition, and prepare rules for the
translated edition (the Editorial Rules for Edition 21 are available from the Editor).
Prepare a list of standard terminology to be used for the parts of the Classification and
notes.
Translate Table 1 Standard Subdivisions. Make sure that translators can recognize
standard subdivisions when they appear in the tables and schedules. The same terms in
the captions for standard subdivisions must be translated the same way in each
appearance in the schedules and tables, unless their contents have been modified in a
particular location. For example, T1-06 has the caption ,,Organizations and
management.” The same caption is used in each place in the schedules in which the
concept is represented, e.g., 368.006. At 027.006, the caption has been changed to just
,,Organizations,” because management is classed at 025.1.
Translate Table 2. The geographic examples used throughout the schedules and tables,
OCLC Forest Press.
Rememher to address ripple effects of expansions and adaptations throughout the schedules and tables.
Please note that do-not-use notes are not in the same category as relocation or discontinuation notes. Donot-use notes must be included in the translated edition.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
9.
10.
11.
12.
61
and the geographic names in the 900s must match those found in Table 2.
Translate Tables 3 (A-C), 5, and 6. Parallel captions for Tables 3 and 6 are used in the
800s, and Tables 5 and 6 are closely related.
Translate Table 4. Parallel captions for Tables 4 and 6 are used in the 400s.
Translate the schedules. Captions for standard subdivision concepts must match those in
Table 1 unless the meaning is modified. Captions for the same numbers should be
identical in the summaries, add tables, and tables of preference.
Translate Table 7 last. Many of the captions match those throughout the schedules.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
Anlage 5:
Zeitplan DDC Deutsch
Februar 2000
Fertigstellung Machbarkeitsstudie der AG Klassifikation
20.03.2000
Vorstellung Machbarkeitsstudie Bibliothekskongress Leipzig
April 2000
Entwurf Konsortialvertrag, Einladung Konsortialmitglieder
Testdatenbank DDC von OCLC
Juni 2000
Gründung Konsortium, Antragstellung DFG
Oktober 2000
Entwicklung Übersetzungsdatenbank
Auswahl Übersetzer, DDC-Schulungsbeginn
Januar 2001
Beginn Übersetzungsarbeit (erster Durchgang abgeschlossen
bis Mitte 2002, Korrekturen bis Ende 2002)
Ende 2001
Beginn DDC-Vergabe für DNB, Heft 1, 2002
Mitte 2003
Veröffentlichung DDC Deutsch
62
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
63
Anlage 6:
Statistische Daten zum Arbeitsvolumen bei Vergabe von DDCNotationen in der Deutschen Nationalbibliographie
Die Zahlenangaben entsprechen den im Berichtsjahr 1999 erhobenen Daten der DNB
1.
2.
Gesamtzahl der Titel nach Reihen der DNB
Reihe A
Reihe B
Reihe H
Gesamt
91.725
48.958
14.753
155.436
Gesamtzahl der sachlich (mit RSWK) erschlossenen Titel nach Reihen der DNB (ohne
07 und 59)
Reihe A
77.315
3.
4.
5.
Reihe B
9.558
Reihe H
Gesamt
5.431
92.304
Gesamtzahl der bisher nicht sachlich erschlossenen Titel nach Reihen der DNB (ohne
07 und 59)
Reihe A
Reihe B
Reihe H
Gesamt
––
38.016
9.322
47.338
Gesamtzahl der Titel in den WV-Gruppen 07 und 59 nach Reihen der DNB
Reihe A
Reihe B
Reihe H
Gesamt
14.710
1.084
––
15.794
Zeitdauer für die zusätzliche Erschließung mit DDC
Nach den Angaben von LoC und BL werden pro RSWK-erschlossenem Titel 5 Minuten zusätzlich für die DDC-Erschließung berechnet (Inhaltsanalyse und Schlagwörter sind bereits
vorhanden), pro bisher nicht erschlossenem Titel in allen Sachgebieten (mit Ausnahme von
Belletristik und Kinder- und Jugendliteratur) 10 Minuten. Für die Titel der WV-Sachgruppen
07 und 59 (Kinder- und Jugendliteratur, Belletristik) werden nach den Angaben der SLB 5
Minuten berechnet (dabei wird nicht nach bisher RSWK-erschlossenen oder nicht erschlossenen unterschieden, da die RSWK-Erschließung hier für die DDC-Vergabe unerheblich ist).
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
RSWK-Titel Titel ohne SWW
Titel 07 u. 59
Gesamt
92.304
461.520
980
5.794
78.970
170
155.436 In Titelzahlen
In Minuten
2.170
In Arbeitstagen
(bei 7.75 Std.)
47.338
473.380
1.020
64
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
65
Anlage 7:
DDC-Gliederung – Vorschlag für das Wöchentliche Verzeichnis der DNB
001 (-003)
Wissen, Wissenschaft, Methoden
004 (-005)
Computer, Datenverarbeitung
010
Bibliographie
020
Bibliotheks- und Informationswissenschaft
030
Enzyklopädien
050
Zeitschriften und Serien
060
Museen
070
Medien, Journalismus, Publizistik
___________________________________________________________________________
100 (-120)
130
150
Philosophie
Parapsychologie, Astrologie
Psychologie
(Problem: 140 und 160-190 gehören ebenfalls zur Philosophie)
___________________________________________________________________________
200 (-210)
Religion allgemein
220 (-280)
Bibel, Christliche Theologie
290
Vergleichende und nichtchristliche Religionswissenschaft
___________________________________________________________________________
300
310
320
330
340
350 (-354)
355 (-359)
360
364
365
368
370
380
Soziologie
Statistik
Politik
Wirtschaft
Recht
Verwaltung
Militär
Soziale Probleme, Wohlfahrt
Kriminologie
Strafvollzug
Versicherungswesen
Erziehung
Handel, Kommunikation, Verkehr
(möglich wäre hier weitere Unterteilung)
390
384 Kommunikation, Telekommunikation
385 Verkehr, Transport
Volkskunde
(hier eventuell noch ausgliedern)
398 Volksliteratur (primär und sekundär)
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
66
___________________________________________________________________________
400 (-410)
420
430
439
440
450
460
479
480
490
Sprache, Linguistik
Englisch
Deutsch
Andere germanische Sprachen
Romanische Sprachen, Französisch
Italienisch
Spanisch, Portugiesisch
Latein
Griechisch
Übrige Sprachen
(Sinnvoll wäre hier zumindest Ausgliederung)
491.7-491.9
Russisch, slawische und baltische Sprachen
(Möglich wäre auch eine in der DDC-Struktur besser verankerte Feingliederung)
491.1-491.5 Indo-iranische Sprachen
491.6 Keltische Sprachen
491.7-491.9 Russisch, slawische und baltische Sprachen
492 Semitisch-hamitische Sprachen
493-499
Sonstige Sprachen
___________________________________________________________________________
500
Naturwissenschaften allgemein
510
Mathematik
520
Astronomie
530
Physik
540
Chemie
550
Geowissenschaften
560
Paläontologie, Paläozoologie
570
Biowissenschaften, Biologie
580
Pflanzen
580
Tiere
___________________________________________________________________________
600
610
Angewandte Wissenschaften
Medizin (ohne Veterinärmedizin)
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
620
67
Ingenieurwissenschaften
(möglich ist hier eine DDC-gerechte, aber nicht unbedingt zeitgemäße
Feingliederung)
622 Bergbau
623 Militärtechnik, Nautik
624 Brückenbau
625 Straßen und Eisenbahnen
626 627 Hydraulik
628 Sanitär-, Gesundheits- und Umwelttechnik
629 Sonstiges
630
Landwirtschaft, Gartenbau, Tierzucht, Fischerei
640
Hauswirtschaft, Kochen, Kinderbetreuung
650
Management, Bürotechnik, Werbung
660
Chemische Technik
670
Industrielle Fertigung, einzelne Industriezweige
690
Bauen
___________________________________________________________________________
700
710 (-720)
730 (-750)
760
770
780
790
Künste
Architektur, Landschaftsarchitektur
Bildende Kunst, Kunsthandwerk
Drucken, Vervielfältigung
Photographie
Musik
Freizeitgestaltung, darstellende Kunst, Sport
(hier Feingliederung sinnvoll)
791 Hörfunk, Fernsehen, Film
792 Theater, Tanz
795 Spiel
796 Sport
___________________________________________________________________________
800
808
809
Literatur
Anthologien (Texte aus mehreren Sprachen)
Literaturwissenschaft, Literaturgeschichte (allgemein)
Bei allen folgenden Sprachen jeweils getrennt aufführen:
1. Primärliteratur (Belletristik)
2. Kinder- und Jugendliteratur
3. Literaturwissenschaft
810
820
830
839
840
USA-Literatur
Englische Literatur (weltweit)
Deutsche Literatur
Literatur der übrigen germanischen Sprachen
Französische Literatur
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
850
860
870
880
890
68
Italienische Literatur
Spanische und portugiesische Literatur
Lateinische Literatur
Griechische Literatur
Literatur der übrigen Sprachen
(Feingliederung entsprechend der Untergliederung bei 490 möglich,
empfohlen wird zumindest Ausgliederung der slawischen Literatur)
___________________________________________________________________________
900
910
920
930
940
950
960
970
980
990
Geschichte
Erdkunde, Reisen
Biographie (allgemein und aus allen Fachgebieten), Genealogie
Alte Geschichte
Geschichte Europas
Geschichte Asiens
Geschichte Afrikas
Geschichte Nordamerikas
Geschichte Südamerikas
Geschichte der übrigen Welt
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
69
Anlage 8: Beispiele für eine Konkordanz
Im Folgenden sind Grundtypen der Abbildung einer Klassifikation auf eine andere Klassifikation dargestellt. Alle Beispiele sind aus DDC und RVK gewählt. Für die jeweiligen Klassenbeschreibungen ist nicht die Registerform, sondern eine verkürzte Form gewählt.
Dargestellt wird nur die Suche ausgehend von einer Klassifikation innerhalb einer Konkordanz, nicht hingegen die Integration solcher Suchfunktionen in einem OPAC mit Titeln.
Seite 70-74 enthält Vorschläge für die Darstellung jeweils einer einzelnen Klasse in der Konkordanz. Die Ausgangsklasse kann auf verschiedenen Wegen gefunden werden, über Browsen, z.B. auf dem jeweils angedeuteten Weg, oder über verbale Suche, z.B. auf Seite 70 direkt
nach „Shakespeare, William ; Macbeth“.
Die Darstellung ist so zu verstehen, dass die jeweiligen Klassenbezeichnungen als Hyperlink zur Darstellung in der Klassifikation angelegt sind.
Zweckmäßig erscheint es, jeweils das Umfeld der Klasse darzustellen, insoweit die übergeordneten Klassen mit aufgeführt sind; die untergeordneten sind nur angedeutet.
Die Vollform der Anzeige einzelner Normdatensätze kann durch Wechseln in die andere
Klassifikation erreicht werden. Dort kann auch weiter navigiert werden (Verwandte und
Gleichgeordnete Klassen).
Die Art der Beziehung zwischen den jeweiligen Klassen und die Relevanz (Maß für die
Ähnlichkeit) ist angegeben. Das Gleichheitszeichen bedeutet gleicher Inhalt, die Zeichen größer als, kleiner als Unterbegriff : Oberbegriff und Oberbegriff : Unterbegriff.
„Suche“ meint den Übergang zur Titelsuche.
S. 70 stellt zwei Klassen gleichen Inhalts dar, wobei auf beiden Seiten keine weitere Unterteilung folgt.
S. 71 zeigt zwei Klassen gleichen Inhalts, wobei in RVK weitere untergeordnete Klassen ausgegliedert sind. Die Suche in Titeln umfasst im optimalen Fall die Notationen des
Oberbegriffs und der Unterbegriffe.
S. 72 enthält die logische Umkehrung: Suche nach einer untergeordneten Klasse, der in DDC
nur die übergeordnete Klasse entspricht.
S. 73 Eine Notation in der DDC hat mehrere Entsprechungen in RVK.
S. 74 Einer präkombinierten Klasse in RVK entspricht eine zusammengesetzte DDC-number.
Diese ist entsprechend den Vorschlägen in Anlage 2 in den Titeldaten mit ihren einzelnen Elementen abgespeichert. Für die Konkordanz müssen die Elemente jedoch präkombiniert gespeichert werden.
Anders kann vorgegangen werden, wenn auch in der Ausgangsklassifikation präkombinierte Begriffe zerlegt gespeichert werden. Im vorliegenden Fall ist dies bei RVK nicht
möglich, da es sich nicht um einen Schlüssel handelt. Umgekehrt enthält auch die DDC
in den Schedules präkombinierte Begriffe.
S. 75 zeigt einen Vorschlag, wie die Konkordanz beim Browsen in der Klassifikation angedeutet werden kann. Dargestellt ist die Klasse 323.44 mit dem gesamten Inhalt des Datensatzes, den Oberbegriffen und der Auswahl der vertretenen Unterbegriffe. Der Klasse
323.44 gleichgeordnete Begriffe werden bei 323.4 angezeigt.
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
70
RVK
DDC
800 Literatur und Rhetorik
810 - 890 Literatur in einzelnen Sprachen
820 Englische und altenglische Literatur
822 Englisches Drama
822.3 Elisabethanische Zeit (1558-1625)
H Anglistik, Amerikanistik
HG - HN Englische Literatur
HI Renaissance, Elisabethanische Zeit (1500-1640)
HI 1130 - 4000 Literaturgeschichte
HI 1350-4000 Einzelne Autoren und Denkmäler
HI 3269-3583 Shakespeare, William
822.33 Shakespeare, William
HI 3300 - 3583 Sekundärliteratur
HI 3390 - 3511 Dramen
HI 3421 Tragödien
822.3356 Macbeth, Sekundärliteratur
HI 3428 Macbeth
Beziehung: =
Relevanz
hoch
mittel
niedrig
Suche
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
71
DDC
900; 930 - 990 Geschichte
940 Allgemeine Geschichte Europas, Westeuropas
943 Mitteleuropa, Deutschland
RVK
N Geschichte
NN Neuere Geschichte
NN 3110 - 3920 Zeitalter der Gegenreformation und des
943.04 1618 - 1705
943.041 Zeit des Dreißigjährigen Kriegs 1618-1648
Dreißigjährigen Krieges (1555-1698)
NN 3460 - 3920 Geschichte des Reichs 1618-1648
Dreißigjähriger Krieg
Beziehung: =
Relevanz
Erläuterung: In der DDC sind keine Unterbegriffe ausgewiesen.
hoch
mittel
niedrig
Die class-in-note wird nicht auf diesem Bildschirm dargestellt.
Dreißigjähriger Krieg hat in der RVK 8 Unterbegriffe.
Suche
Suche mit Unterbegriffen
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
72
RVK
DDC
N Geschichte
NN Neuere Geschichte
NN 3110 - 3920 Zeitalter der Gegenreformation und des
Dreißigjährigen Krieges (1555-1698)
NN 3460 - 3920 Geschichte des Reichs (1618-1648),
Dreißigjähriger Krieg
900; 930 - 990 Geschichte
940 Allgemeine Geschichte Europas, Westeuropas
943 Mitteleuropa, Deutschland
943.04 1618 - 1705
NN 3460 -3920 Dreißigjähriger Krieg, Einzelfragen
943.041 Zeit des Dreißigjährigen Kriegs 1618-1648
NN 3920 Westfälischer Friede,
Darstellungen
Beziehung: <
Relevanz
hoch mittel
niedrig
Suche
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
73
RVK
DDC
Q Wirtschaftswissenschaft
300 Sozialwissenschaften
QV Arbeitnehmerfragen (Labor economics)
330 Wirtschaftswissenschaft
331 Arbeitnehmerfragen (Labor economics)
QV 600 Arbeitskampf, Vermittlung und
331.8 Gewerkschaften, Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehungen
331.89 Arbeitnehmer-Arbeitgeberbeziehungen
Schlichtung
Beziehung: <
Relevanz
331.892 Streik
-----------------
hoch
mittel
niedrig
Suche
Erläuterung: In der DDC gibt es zahlreiche Unterbegriffe und mehrere
verwandte Klassen. In RVK gibt es jeweils keine untergeordneten Klassen. „Suche mit Unterbegriffen“ bezieht
sich auf die DDC.
MN - MS Soziologie
MS Spezielle Soziologien
MS 4800 - 5560 Wirtschafts- und Industriesoziologie
MS 5000 Industrielle Beziehungen,
Streik, Mitbestimmung
Beziehung: <
Relevanz
hoch mittel
Suche
niedrig
Suche mit Unterbegriffen
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
74
RVK
N Geschichte
DDC
Benutze Kombination
NY Geschichte der Juden
NY 4050 - 4950 Geschichte der Juden nach Zeitabschnitten
und Ländern
900, 930 - 930 Geschichte
930 Geschichte des Altertums
932 Ägypten bis 640
æ
NY 4050 - 4500 Altertum
Schlüssel für Geschichte
004
NY 4500 Ägypten
Rassische, Ethnische, nationale Gruppen 004
________________________________________________________
Schlüssel Rassische, ethnische, nationale Gruppen
Andere rassische, ethnische, nationale Gruppen
924
Volk Israel, Israelis, Juden
Erläuterung:
Die Kombination von drei Dewey-numbers wird in der
Beziehung: =
Konkordanztabelle gespeichert. Die Suche erfolgt mit
Relevanz
Boolescher Logik in den Titeldaten. Im vorliegenden Beispiel
hoch
mittel
niedrig
wird nicht gezeigt, wie die Daten in einer DDC-Ausgabe
zusammengesucht werden.
Suche
Einführung und Nutzung der Dewey Decimal Classification (DDC) im deutschen Sprachraum
DDC
300 Sozialwissenschaften (RVK: - )
320 Politikwissenschaft (RVK: MA-ML)
323 Bürgerliche und politische Rechte (RVK: MD 4700
PL 400)
323.4 Einzelne bürgerliche Rechte (RVK: PL 400)
323.44 Allgemeine Handlungsfreiheit (VK: PL 404)
hier: Geistige Freiheit
vgl. Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit s. 323.47
Petitionsrecht s. 323.48
332.442 Glaubensfreiheit, Gewissensfreiheit, (RVK: PL 407)
332.443 Meinungsfreiheit (Rede) (RVK: PL 408)
332.445 Meinungsfreiheit (Veröffentlichung), Pressefreiheit
(RVK: PL 408)
333.448 Freiheit der Privatsphäre (RVK: PL 418)
75