FOL Renaissance Nachtspeicher 130220_FM_frei

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FOL Renaissance Nachtspeicher 130220_FM_frei
Dipl. Physiker Frank Merten
Forschungsgruppe 1 - Zukünftige Energie- und Mobilitätsstrukturen!
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Erneuerbare (neu) vernetzt! intelligent – stabil – bezahlbar – bürgernah
3. Kongress der Deutschen Umwelthilfe e.V.
zum ökologischen und regional akzeptierten Umbau der Stromnetze
Berlin, Heinrich-Böll-Stiftung, 20. Feb. 2013
Motivationen (aus den Medien)
!  Spiegel online (3.12.12): „Stromkonzerne planen Comeback der Nachtspeicher“
-  „! als Energiespeicher für schwankende Strommengen aus Windkraftwerken!“
-  „Dazu solle das ab 2019 geplant Verbot für den Verkauf von Speicherheizungen
fallen.“
-  „!die 1,4 Millionen noch eingebauten Geräte genügen laut RWE, um
Pumpspeicher mit zehn Gigawatt Leistung zu ersetzen!“ (1)
!  Financial Times Deutschland (04.12.12): „Energiewende: RWE will Comeback der
Nachtspeicher“ / „Energiewende: Kreative Behelfslösung Nachtspeicher“
-  analog zum Spiegel (2)
!  EnBW (MeRegio Newsticker, 18.10.12):
„Die Elektrospeicherheizung – auf dem Weg zur Naturheizung“ (3)
-  „Perspektivisch soll so überschüssiger Strom – aus regenerativer Erzeugung –
zum Zeitpunkt der Produktion genutzt werden“
!  Stromtarife-Vergleicht.net (07.12.12): „EnBW forscht an Nachtspeicheröfen für
Ökostrom“ (4)
-  „‘Es ist aber noch zu früh zu sagen, ob und wie das funktioniert‘ sagte ein
Sprecher!“
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Motivationen (eigene Interpretationen)
Hauptmotivation Energiewende?
!  „Überschüssigen“ Strom aus erneuerbaren Energien nicht verwerfen,
sondern in Nachtspeicherheizungen nutzen (speichern)
-  Nachfrage an fluktuierende Erzeugung anpassen
-  Bedarf an zusätzlichen Speicherkapazitäten reduzieren
ODER !
!  Festhalten an (alten) Geschäftsmodellen bzw. von Kunden mit
Nachtspeicherheizungen
!  Verbot von Nachtspeicherheizungen aufheben bzw. rauszögern
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Hinter-Gründe für die Außerbetriebnahme von
Nachtspeicherheizungen (NSH)
!  Element des Integrierten Energie- und Klimaprogramms 2007 der
Bundesregierung (Meseberger Beschlüsse)
!  Zudem verankert in: Aktionsplan für Energieeffizienz (2007-2012) a. d. EU
!  Übergeordnetes Ziel für die Novellierung der Energieeinsparverordnung
(EnEV): „Die energetischen Anforderungen an Gebäude werden in Stufen
dem Stand der Technik und der Energiepreisentwicklung angepasst. !.“ (5)
-  Erreichung u.a. durch den Ersatz (stufenweise Außerbetriebnahme) von
elektrischen Speicherheizsystemen mit einem Alter von 30 Jahren
-  Begründung:
„Der Einsatz von Strom für Heizzwecke erfordert einen wesentlichen
höheren Energieeinsatz als bei anderen Energieträgern !
Nachtstromspeicherheizungssysteme sind deshalb Heizsysteme die zur
Erreichung einer bestimmten Raumtemperatur wesentlich mehr Energie
benötigen, als zur bestimmungsgemäßen Nutzung erforderlich ist.
! zu berücksichtigen, dass die Erzeugung des für den Betrieb
elektrischer Widerstandsheizungen erforderlichen Stroms einen
erheblichen CO2-Ausstoß verursacht.“
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Regelungen zur Außerbetriebnahme von Nachtspeicherheizungen
nach §10a EnEV 2009
!  Ersatz von elektrischen Speicherheizsystemen (NSH), wenn:
-  Wohngebäude (> 5 Wohneinheiten), Raumwärme ausschl. durch NSH
-  Nichtwohngebäude (> 500 qm durch NSH und min. 4 Monate auf 19°C
beheizt )
-  Dann Außerbetriebnahme
-  Zum 31.12.2019 für vor dem 1.1.1990 eingebaute/aufgestellte Anlagen
-  Sonst 30 Jahre nach Einbau/Aufstellung bzw. wesentlicher Erneuerung
-  Ausnahmen:
-  Andere öffentlich-rechtliche Pflichten entgegenstehen
-  Nicht wirtschaftlicher Umsetzung in angemessener Frist
-  Für Gebäude, die die WSVO 1995 erfüllen
!  Offene Frage: Wie viele NSH sind wann betroffen?
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Heizstrom-Markt ist rückläufig, wenig Wettbewerb ausgesetzt und
stark regionalisiert
!  Gegenstand sind unterbrechbare elektrische Verbrauchseinrichtungen zum
Zwecke der Raumheizung: A) Nachtspeicherheizung und B) Wärmepumpe
!  Anzahl NSH ca. 2,2 Mio. (2006) und 1,6 Mio. (2009) (6)
!  z. Vgl. Anzahl WP: ca. 350.000 (2009) und 450.000 (2011),
davon zuletzt ca. 40% Luft-Wärmepumpen
!  Heizstrombedarf von NSH ca. 13,8 (13,4) Mrd. kWh in 2009 (2011), d.h. etwa
11% Anteil am Haushaltsstromverbrauch (6, 7)
!  Auf Haushalte entfällt ca. 80% des Heizstrommarktes mit einem mittleren
Preise von ca. 17,64 ct/kWh (7)
!  Ca. 25 (30) Unternehmen decken 70 (75) % des Heizstrommarktes ab
(1,1 Mio. NSH mit 10 TWH) (7)
!  Marktbeherrschende Stellung vor allem durch Grundversorger wird durch
Zutrittsschranken (z.B. intransparente Lastprofile und Tarife) noch abgesichert
und vermutlich noch kurz- bis mittelfristig anhalten (6)
!  Regionaler Fokus in NW, BW und BY (ca. 900.000 oder ca. 63%) (10)
!  Installierte elektrische Gesamtlast:
schätzungsweise ca. 10-11 GWel (7 kWel/NSH)
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Nachtspeicherheizungen werden in der Hälfte der Fälle bereits
durch andere Heizungstypen ersetzt
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Überschüssiger Strom und Nachtspeicherheizungen
Was ist „überschüssiger“ Windstrom?
Verfügbarer Strom,
a)  der temporär die lokale Nachfrage übersteigt und der nicht abtransportiert
werden kann aufgrund regionaler Netzengpässe - Verteilnetz zu Transportnetz
(regionale Überschüsse)
b)  der temporär die (Gesamt-)Nachfrage übersteigt (negative Residuallast)
Regionale Überschüsse
!  Abgeregelter Strom aus Erneuerbaren Energien (EE) gemäß §11 EEG
(Einspeisemanagement: 127 (421) GWh in 2010 (2011) (Faktor 3,3)
davon 97% Windstrom bzw. 0,3 (0,9 %) am eingespeisten Windstrom) (7)
"  Dieser vor allem im Norden anfallende „Überschuss“-Windstrom kann durch den
größten Teil der NSH-Last (in NRW und Süddeutschland) nicht genutzt werden
"  Selbst regional bleibt die mögliche „Speicherung“ von „Überschuss“-Windstrom
für NSH (ca.10%) im Idealfall (Problem Windstrombezug) und rein bilanziell auf
bisher ca. 10 % (30 %) in 2010 (2011) begrenzt
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Windstrom steht lokal aber nicht immer dann zur Verfügung,
wenn Raumwärme benötigt wird!
!  Untersuchung für Norwegen (s.u.) zur Korrelation von Windleistung und
Heizenergiebedarf für verschiedene Standorte zeigt uneinheitliche Ergebnisse
!  Es gibt vermeintlich gute Standorte !
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Quelle: Beyer et al. „Korrelation von Windgeschwindigkeit und Umgebungstemperatur: - eine Untersuchung zur Gleichzeitigkeit des Ertrags
von Windenergieanlagen und des Heizwärmebedarfs in Norwegen; Universitetet i Agder, Grimstad, und Teknova A.S, Kristiansand, Norwegen; o.J.!
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Windstrom steht lokal aber nicht immer dann zur Verfügung,
wenn Raumwärme benötigt wird!
!  Untersuchung für Norwegen (s.u.) zur Korrelation von Windleistung und
Heizenergiebedarf für verschiedene Standorte zeigt uneinheitliche Ergebnisse
Quelle: Beyer et al. „Korrelation von Windgeschwindigkeit und Umgebungstemperatur: - eine Untersuchung zur Gleichzeitigkeit des Ertrags
von Windenergieanlagen und des Heizwärmebedarfs in Norwegen; Universitetet i Agder, Grimstad, und Teknova A.S, Kristiansand, Norwegen; o.J.!
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! und Windstrom kann (noch) nicht die gesamte Last decken
Quelle: Hauser et al. 2012: Die Rolle thermischer ‚Stromsenken‘ und der Solarthermie während der Transformationsphase des Stromsystems –
eine energiewirtschaftliche Betrachtung; IZES; Saarbrücken, 2012!
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Hohe Nachfrage ist eher ein Garant für den Einsatz von
thermischen Kraftwerken und höheren Spotmarktpreisen
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Quelle: Hauser et al. 2012: Die Rolle thermischer ‚Stromsenken‘ und der Solarthermie während der Transformationsphase des Stromsystems –
eine energiewirtschaftliche Betrachtung; IZES; Saarbrücken, 2012!
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Und die Perspektive?
In Zukunft steigen zwar die negativen Residuallasten stark an!
im Jahr 2050
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Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis der BMU-Leitstudie 2010
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Und in Zukunft? Sollen und können die gewaltigen
Effizienzpotenziale im Bereich Gebäude gehoben werden
BINE-Info
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PassivHaus
KfW 40
EnEV 2009
EnEV 2002
WSVO 95
WSVO 84
Bestand
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Für diesen Fall (PH*) gibt es sowohl ökologisch als
auch ökonomisch weitaus bessere Optionen als NSH
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FAZIT
(aus Sicht des Klima- und Ressourcenschutzes)
!  Nachtspeicherheizungen (NSH) führen prinzipiell zu höherer Auslastung fossil
befeuerter thermischer Kraftwerke (resp. Primärenergiebedarf und CO2-Ausstoß)
!  Windstromüberschüsse fallen lokal (bes. im Norden) an und sind damit für den größten
Teil der NSH-Nachfrage (in NW, BW und BY) nicht verfügbar
!  Das Angebot an Windstrom korreliert nicht überall/immer mit dem Heizbedarf
!  Sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht ist keine nachhaltige
Perspektive für den Einsatz von NSH erkennbar
!  Im Kontext der angestrebten Einsparungen an Primärenergie und CO2-Emissionen im
Gebäudebereich gilt vielmehr
-  Gebäude möglichst erst energetisch sanieren, dann neue Technik installieren!
-  Erdgas-Brennwert als Referenzanlage (Mindeststandard)
-  KWK (Nahwärme, Fernwärme, Mikro-KWK), Biogas, Holzpellets, Solaranlage und
Gas-WP bieten ökologische Vorteile
-  Elektro-WP i.d.R. nur unter bestimmten Voraussetzungen (Niedertemperatursystem,
guter Dämmstandard) ökonomisch und ökologisch sinnvoll
-  Elektroheizung (NSH) ökologisch und ökonomisch nicht vertretbar
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Quellen
(1)  http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/stromkonzerne-wollen-nachtspeicherheizung-wiederbelebena-870771.html
(2)  http://www.ftd.de/politik/deutschland/:energiewende-kreative-behelfsloesung-nachtspeicher/70124942.html
(3)  Zu EnBW: http://www.stromtarife-vergleich.net/stromerzeuger/3644-enbw-forscht-an-nachtspeicherofen-furokostrom.html
(4)  http://www.enbw.com/content/de/privatkunden/innovative_tech/meregio/!
(5)  Bundesregierung: Integriertes Energie- und Klimaprogramm
(6)  BNA 2010. Heizstrom
(7)  BNA 2012: Monitoringbericht 2012
(8)  Beyer et al. : Korrelation von Windgeschwindigkeit und Umgebungstemperatur: - eine Untersuchung zur
Gleichzeitigkeit des Ertrags von Windenergieanlagen und des Heizwärmebedarfs in Norwegen; Universitetet i
Agder, Grimstad, und Teknova A.S, Kristiansand, Norwegen; o.J.
(9)  Hauser et al. 2012: Die Rolle thermischer ‚Stromsenken‘ und der Solarthermie während der Transformationsphase
des Stromsystems - eine energiewirtschaftliche Betrachtung; IZES; Saarbrücken, 2012
(10)  Frey; Schulz et al. 2007: Studie zu den Energieeffizienzpotenzialen durch Ersatz von elektrischem Strom im
Raumwärmebereich; IZES/BEI; Saarbrücken/Bremen, 2007
(11)  Pehnt, Merten et al. 2009 „Energiebalance – Optimale Systemlösungen für erneuerbare Energien und
Energieeffizienz“ (Ergebnisse des Projektes in Kurzfassung); Heidelberg/Wuppertal 2009
(12)  Markewitz 2011: Diskurs GAS 2011; Bonn, 6. Juli 2011
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