Kolkrabe

Transcrição

Kolkrabe
Kolkrabe
Corvus [c.] corax
alle kartierten Vorkommen außerhalb der
Alpen und des südlichen Alpenvorlandes.
Lebensraum
Der Kolkrabe, im 19. Jh. durch Verfolgung in
die Gebirge zurückgedrängt, ist in den Alpen
fast ausschließlich Felsbrüter. Außerhalb der
Alpen brütet er in Wäldern und größeren Gehölzen, in geeigneten Gebieten (z. B. steil eingetiefte Flusstäler) an Felsen, sonst bis an den
Alpenrand auf Bäumen, auch Bruten in offeneren Landschaften auf Gittermasten sind bekannt (Bezzel & Lechner 1978, Farkaschovsky & Stadelmann 1988). Zur Nahrungssuche
halten sich die Vögel ans offene Land. In den
Alpen kommen sie bis in die Alpinstufe und
nutzen dort auch touristische Nahrungsquellen
(Siegner 2002). Im Agrarland oder in Talweitungen suchen sie auch in der Nähe von Siedlungen und an Mülldeponien nach Nahrung.
Dichten können nur über große Flächen geschätzt werden; die Reviere einzelner Paare sind
sehr groß. Bis 1980 brüteten nur 1–2 Paare im
Murnauer Moos auf 41,8 km2 (Bezzel, Lechner & Schöpf 1983); im südlichen Alpenvorland brüteten auf 900 km2 0,8–0,9 Paare/100 ha
(Heiser in Wüst 1986). Im Werdenfelser Land
wurden auf 1440 km2 0,07–0,08 Paare/100 ha
geschätzt (Bezzel & Lechner 1978). Somit
sind auch in den Verbreitungsschwerpunkten
die Dichten großflächig niedrig.
Verbreitung
Von Nordafrika über ganz Europa und Nord- und Mittelasien bis Ostsibirien und Kamtschatka; fehlt im östlichen
und mittleren China; südlich
bis Kleinasien, Zypern, Persischer Golf und Himalaya; vom
arktischen Nord- bis zum nördlichen Mittelamerika. Bildet
u.a. mit Corvus [corax] cryptoleucus eine Superspezies. In Bayern
brütet Corvus c. corax Linnaeus
1758.
282
Der Kolkrabe ist in Bayern in den Alpen und in
Teilen des Alpenvorlandes flächig verbreitet.
Verbreitungsschwerpunkte liegen auch im ostbayerischen Grenzgebirge und in der Rhön.
Außerhalb dieser höher gelegenen Gebiete
haben sich regionale und lokale Vorkommen im
Tiefland gebildet. Höchste Brutplätze wurden
bis 1700–1800 m ü. NN nachgewiesen (Murr
1977b, Bezzel & Lechner 1978, H.-J. Fünfstück unveröff.).
Mit der Bewertung 2 ist die Erfassung zwar
nur als ausreichend einzustufen, C-Nachweise
sind aber durch den großen Aktionsradius der
Brutpaare und die Rufwahrnehmungen leicht
zu erbringen, so dass wohl wenige Vorkommen
übersehen wurden.
Bezogen auf das UTM-Gitter der Kartierung
1979–83 hat sich 1996–99 die Zahl besetzter
Rastereinheiten verdoppelt, 38 % (n = 224)
waren beide Male besetzt; neu besiedelt sind
Bestandsentwicklung
Der Kolkrabe ist in Bayern seltener Brutvogel,
1975 bis 1999 hat sein Bestand 20–50 % zugenommen (v. Lossow & Fünfstück 2003). Vor
1980, als Brutplätze außerhalb der Alpen und
des Alpenvorlandes nicht bekannt waren, lag
die Bestandsschätzung um den Minimumwert
der Schätzung von 1999 (Bezzel, Lechner &
Ranftl 1980: 300–500). Von den Alpen her
findet eine langsame Wiederbesiedelung ehemaliger Brutgebiete in Südbayern statt, bis
nördlich von Kempten, um München (Siegner
1986b, 1991, 1993) und nördlich des Chiemsees. Die Wiederbesiedelung im Bayerischen
Wald stammt zum größten Teil aus einem
Wiedereinbürgerungsprojekt (Scherzinger
1991). Neu besiedelt gegenüber der Kartierung
1979–83 (Nitsche & Plachter 1987) sind die
Rhön, alle Mittelgebirge zu Thüringen, und der
Frankenwald (Feulner 1991). Auch abseits der
Brutzeit
Rasteranzahl/-frequenz
C 209 / 10,5 %
D 121 / 6,1 %
330 / 16,6 %
Brutbestand BY
400–800
Gesetzlicher Schutz
BNatSchG b
BayJagdG 0
genannten Mittelgebirge gibt es viele neue Brutvorkommen, z. B. in weiten Teilen der Oberpfalz (Bönisch 1992a) und in der Fränkischen
Alb um Weißenburg. Diese Arealausbreitungen
dürfen aber nicht mit einer der Zahl nach großen Bestandsvermehrung gleichgesetzt werden.
Von einer Zunahme ist hier nichts zu bemerken. Brutplätze, insbesondere bei Neuansiedlungen, sind bereits zur Balzzeit ab Februar zu
schützen, da Paare dort auf Störung sehr empfindlich reagieren.
Besonderheiten
Gefährdung und Schutz
Der Kolkrabe ist in Bayern nicht gefährdet.
Dies kann allerdings nur so lange gelten, wie er
von Bestrebungen und Maßnahmen, Rabenvögel zu dezimieren, nicht betroffen ist. Verfolgung hat schon einmal im 19. Jh. den der
Zahl nach nie hohen Bestand über weite Gebiete
zum Erlöschen gebracht und noch 1985 wurde
bei einer Schusszeit von fünf Monaten eine
Wiederbesiedlung außerhalb der Alpen für
unmöglich gehalten. In den Alpen ist der Bestand stabil und stützt sich größtenteils auf seit
Jahrzehnten besetzte traditionelle Brutplätze.
Vordringliche Fragen betreffen nicht nur die
Kontrolle des Brutbestandes, sondern vor allem
auch die Ermittlung des Reproduktionserfolges.
Wichtig sind auch Daten über Nichtbrüteranteile sowie Größe und Verhalten von Nichtbrütertrupps und gemeinsamen Schlafplätzen.
Da viele Müllkippen geschlossen wurden, wird
die Frage der Ernährungsstrategien von Kolkraben im Winter interessant; die meisten Vorkommen liegen immer noch in besonders winterkalten und schneereichen Gebieten Bayerns.
Ingrid Geiersberger
283