Die neue, alte Kunst des Westernreitens von ELISAbEth

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Die neue, alte Kunst des Westernreitens von ELISAbEth
 54 PFERDE-SPEZIAL
Jippie-Yeh!!!
Die neue, alte Kunst des Westernreitens von Elisabeth Freundlinger
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ie Zügel locker in einer Hand, das Lasso in der anderen, den Hut
lässig in den Nacken gerückt, reiten sie in den Sonnenuntergang
(oder durch die Arena). Cowboys und –girls sind die ewigen Helden unserer Träume. Ihre Pferde sowieso. Anfangs in wilder Freiheit, später unter der Führung von Menschen als Arbeiter, Fortbewegungsmittel und
Gefährten, zählten Pferde im Wilden Westen zum größten Besitz.
Oder wie sagte schon Jolly Jumper, treuer Kamerad von Lucky Luke?
»Warum trägt eigentlich immer nur das Pferd den Cowboy und nicht
umgekehrt?«
Es begann vor langer Zeit ...
Das Gold lockte spanische Siedler auf den neuen Kontinent. Zu Beginn
ließen sich die Vaqueros im heutigen Kalifornien nieder, später in Texas.
Ihr Reitstil entsprach einer alten, aus Europa mitgebrachten Kultur. Er
wird heute noch im Westernreiten gepflegt. Kraft und Beschleunigung
gehen von der Hinterhand des Pferdes aus. Dirigiert wird das Tier ausschließlich mit Gewichtshilfen. Anders als beim englischen Reitstil bleibt
der Schenkeldruck nicht die ganze Zeit aufrecht, die Pferde reagieren
auf kleinste Signale – weshalb man auch von Impulsreiten spricht. »Ich
würde sagen, das Westernreiten wird immer trendiger«, sagt Iris Oplusstil, die in Kärnten einen Trainingsbetrieb für Westernpferde führt.
»ROSE VALLEY gibt es jetzt seit sieben Jahren. Wir bilden in allen Disziplinen aus.« Sie selbst hat in Amerika eine fundierte Ausbildung absolviert und kann in allen Bereichen der Westernreiterei Erfolge vorweisen.
Das Trainieren ist für sie mehr als bloß ein Beruf – das zeigt sich auch an
der perfekt auf die Bedürfnisse der Westernpferde ausgerichteten Anlage. Oplusstil: »Für diesen Sport begeistern sich Leute aus allen Gesellschaftsschichten.« Was sie hingegen gar nicht mag, ist die billige Cowboyromantik: »Man braucht eine gute Ausbildung! Manche Leute
setzen sich am Wochenende einen Hut auf und tun ein bissl Indianer
spielen und das nennen sie dann Westernreiten. Das geht aber auf Kosten des Sports, der nicht mehr ernst genommen wird. Wer einmal in
Amerika auf einer Working Ranch gearbeitet hat, dem ist die Romantik
ausgetrieben. Natürlich ist es auch romantisch. Aber vor allem geht es
um Disziplin und ums Funktionieren. Es geht um den Partner Pferd. Ich
selber trag meinen Cowboyhut nur im Turnier.«
Pferderassen
Westernpferde sind muskulös und kompakt gebaut: ein Stockmaß von
150 - 155cm gilt als ideal. Die drei Hauptrassen sind das Quarter Horse,
das Paint Horse und der Appaloosa. Oplusstil: »Aufgrund ihrer Genügsamkeit und ihres freundlichen Wesens sind Quarter Horses sehr gefragt.« Der Name ›Quarter Horse‹ kommt noch aus der Zeit der Cowboys, die zum Zeitvertreib Sprintrennen veranstalteten. Die Distanz:
eine Viertel Meile (402 m). Quarter Mile Races werden in Amerika auch
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heute noch durchgeführt, die Preisgelder sind enorm hoch.
Vor zehn Jahren hat sich Sabine Schmidt den Traum vom eigenen
Gestüt und Trainingsbetrieb erfüllt. Hier werden Pferde – und ihre Reiter – zum Westernreiten ausgebildet.
»Wer fleißig übt, kann im Lauf eines Jahres ein ganz guter Reiter
werden. Gut ausgeblidete Quarter Horses sind ja einfacher zu handeln«, erzählt die Trainerin. »Sie sind ruhig und verlässlich. Da sie
nicht so groß sind wie andere Pferde, eignen sie sich auch gut für
Anfänger.«
Sabine Schmidt
Kann jedermann das Westernreiten lernen?
»Na ja, eine gewisse sportliche Figur ist schon nötig, damit meine ich vor allem das Gewicht. Wer schon
reiten kann, darf auch ein paar Kilo zu viel auf die Waage bringen, weil das dann durch den guten Sitz
ausgeglichen wird. Übrigens eignet sich das Westernreiten auch durchaus für ältere Leute.«
Schadet es oder nützt es, wenn man zuvor klassisch, also englisch gelernt hat?
»Sagen wir so: die klassische Ausbildung ist auf keinen Fall Voraussetzung, aber auch nicht wirklich
hinderlich. Es braucht halt eine Weile, bis man draufkommt, dass man mit den Beinen nicht mehr so
viel arbeiten muss. Und wer das einmal erkannt hat, ist vom Westernreiten begeistert!«
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Das Equipment
Und was braucht man so?
Oplusstil: »Die Ausrüstung kommt ursprünglich von den Cowboys, wurde aber in den letzten 15 Jahren immer mehr dem Sport angepasst, es
gibt für fast jede Disziplin eigens gebaute Sättel. Die Gebisse ›Bits‹, sind
zum einhändigen Reiten gebaut. Wenn die Pferde ihre Grundausbildung fertig haben – nach ca. 2 Jahren – sollten sie einhändig zu reiten
sein.»
Die langen Zügel werden offen (damit sie sich nicht im Sattelhorn verfangen) und einhändig geführt (»Neck Reining«). Der Western-Sattel
hat eine breite Sitzfläche, ein Sattelhorn und lange Steigbügel.
Eine annehmbare Grundausstattung ist ab 1.500 Euro zu kriegen. Damit
ist allerdings nur das Pferd gut angezogen. Reiter bevorzugen Jeans im
klassischen, nicht zu weiten Schnitt (Achtung, die einfache Naht sollte
auf der Bein-Innenseite sein), dazu Schnürstiefel und – dem coolen
Cowboyimage zum Trotz – eine Reitkappe. Man kann dem Bedürfnis
nach Lässigkeit ja bei der Oberbekleidung freien Lauf lassen. Und wer
noch eine gut passende Englisch-Reithose im Kasten hat, braucht sich
dafür auch nicht zu genieren.
Andreas Petric
Das Turnier
Als Tierarzt und Chiropraktiker ist Andreas Petric auf die Behandlung von Pferden spezialisiert.
Auch seine Freizeit gehört den wiehernden
Freunden. Seit 18 Jahren ist Andy Petric Western-Reiter und nimmt an Turnieren (Cutting) in
Bayern und Tschechien teil.
Frage an den Tierarzt:
Meistens genießen es Western-Reiter einfach, sich stressfrei in der
Natur zu bewegen. Doch so mancher wurde auch schon vom TurnierVirus gepackt. Worauf kommt es bei diesem Sport an?
Belastet dieser Sport nicht die Gelenke?
Natürlich! Das ist wie bei jedem Hochleistungssport. Man muss aufpassen und darf ein Tier nicht verheizen.
zz Reining – Die Westerndressur (Zirkel, Fliegender Wechsel, Spin, Sliding Stop, Roll Back ...)
zz Western Riding – fliegende Galoppwechsel
zz Cutting – Ein Rind muss von der Herde abgetrennt und zur Arenamitte getrieben werden
zz Western Horsemanship – Hier wird der Reiter geprüft (Haltung, Hilfengebung und Fähigkeit, sein Pferd kontrolliert vorzustellen)
zz Trail – Das Überwinden von Hindernissen
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Passieren viele Unfälle?
Nein, weniger als bei Springturnieren. Wichtig ist die eine perfekte
Kondition des Pferdes und gute Bodenbeschaffenheit. Die Sandauflagen unterscheiden sich je nach Western-Disziplin.
Ab wann und wie lange kann ein Tier diesen Sport ausüben?
Der Trend geht inzwischen zu älteren Pferden. Ich kenne einen
20-jährigen Hengst, der noch immer erfolgreich an Cuttingturnieren
teilnimmt. Angefangen wird mit 2-Jährigen.
Frage an den Cowboy: Wo ist der Kick?
Man muss es erlebt haben. Es ist ein WOW-Erlebnis!
BUCHTIPPS
Peter Kreinberg: »Aufbaukurs Westernreiten«, Kosmos-Verlag n Antje Holtappel: »Go- West – Westernreiten«, Kynos -Verlag n Renate Ettl »Was der
Westernrichter sehen will«, Cadmos-Verlag n Sylvia C. Hofmann: »Western
Freizeitreiten im Westernstyle«, Cadmos-Verlag n Ute Tietje: »Westernreiten – Praxiswissen für Ein- und Umsteiger«, Kosmos -Verlag n Renate Ettl
»Western Reiten«, Tipps für Ein- und Umsteiger; Cadmos-Verlag n
Web-Tipps für Westernreiter
7 www.rosevalley.at
Kärntner Reitstall mit Schwerpunkt Westernreiten
7 www.ap-pferdepraxis.at
Website von Mag. Andy Petric, Fachtierarzt für Chiropraktik
7 www.mb-trainingstable.at
Reitstall in der Nähe von Wien mit Schwerpunkt Westernreiten
7 www.awa.at
Austrian Western Riding Association