auch (natürlich nicht als Erholungspause für sich)

Transcrição

auch (natürlich nicht als Erholungspause für sich)
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auch (natürlich nicht als Erholungspause für
sich) dem Quartett von Hamilton mit Pianist
[an Lundgrefl, Bassist Hans Backenroth und
Drummer Kristian Leth das Feld für einen
knackigen Instrumental. Nostalgisch, aber
alles andere als behäbig, ui
mainstream
NILS LANDGREN
Same Other Time - A Tribute To Leonard Bernstein
(ACT/edel)
Natürlich haben auch fazzer sich am Repertoire Leonard Bernsteins betätigt, aber ein
komplettes Album mit Hits sowie selten gespieltem Material dürfte eher zu den Raritäten zählen. Nils Landgren hat es gewagt
und mit Schützenhilfe von Vince Mendoza
Arrangements ausgeführt, welche die Klassiker neu und ideenreich interpretieren. Wo
beispielsweise im Original von „Something's
Corning" ein einsamer Tenor soliert, singen
Landgren und Janis Siegel (von Manhattan
Transfer) ein heiteres Duett. Hier wie auch
bei einigen weiteren Songs liefern die Bläser
der Bochumer Symphoniker den warmen
Hintergrund und Landgrens Quartett mit
Wolfgang Haffner, Dieter Ilg und fan Lundgren setzt groovige Akzente. Der West-SideStory-Hit „Maria" strahlt als flotter sinfonischer Instrumental mit Focus auf Landgrens Posaune, bei „Somewhere" liefert seine
Band den Stoff für den Gesang des Chefs, der
wie gewohnt den Smoothie gibt - diesmal jedoch recht frei von schnulzigen Sentimenten. Selbst solche sonst zu Evergreens
verblassten Nummern glänzen auf diesem
Tribut in neuem Finish, ul
modern
NINA ROTNER
In This Time (Laika/Rough Trade)
Authentizität ist ein bedeutender Faktor, wenn
es um Qualität geht. Weiß sie überhaupt,
wovon sie da singt, von Trennung, Trauer,
Einsamkeit, Heimweh oder Glück, die Standards häufig thematisieren? Oder trällert sie
nur einfach etwas herunter? Von Nina Rotner kann man Letzteres kaum behaupten.
Die 33-jährige Slowenin lebt seit 2010 in Berlin und ließ in ihrer Heimat eine beachtliche
Karriere als Schauspielerin, Vokalistin und
Theologin hinter sich. Das Multitalent wollte
endlich das tun, wonach ihr der Sinn stand:
mit frei improvisierenden Musikern arbeiten und sich selbst befreien. Rotner verarbeitet auf ihrem Debüt persönliche Erlebnisse
wie den Verlust von Vater, Großvater und Lebensgefährte innerhalb eines Jahres („Small"),
ihre Liebesgeschichte („Hokkaido") oder die
brennende Sehnsucht nach der Heimat („Der
Hubschrauber"). Mithilfe einer starken Band
(unter anderen Gitarrist Chris Dahlgren und
Trompeter Dima Bondarev) öffnet sie ein musikalisches Tagebuch mit sehr persönlichen
und emotionalen Texten, geschrieben mit
der Tinte des Modern fazz und slowenischem
Herzblut. In jeder Hinsicht authentisch, rk
modern • avantgarde
HENRI TEXIER
Sky Dancer (Labet Bleu/Broken Silence)
Mein Gott, was ist dieser alte Henri Texier
noch immer für ein begnadeter Geschichtenerzähler. Er bleibt nach wie vor einer der wenigen, bei denen nicht einmal ein Basssolo
langweilig wird. An seinem Sextett blüht sogar Nguyen Le zu einem leidenschaftlichen
Kameramann auf dem Sechssaiter auf. Diesmal haben es Texier die Indianer angetan.
Doch er tanzt weder mit dem Wolf, noch
fällt er auf abgestandene Westernklischees
herein. Er malt seine eigene Prärie. Vielleicht
fällt es anfangs ein wenig schwer, seine
Klangbilder mit Dakota, Navajo und Komantsche zu verbinden. Doch wenn man
erst einmal mit Texier in dessen Ebene reitet,
stellen sich die Images von Büffeln und Tipis
früher oder später ganz von selbst ein. Seine
Erzählungen sind subtil und verraten trotzdem noch die Indianer-Faszination eines
kleinen Jungen, wenn auch ohne jeden Anflug von Sentimentalität. Da ist nichts Wertendes, Verklärendes oder Anklagendes, es
ist die pure Lust am Formulieren, die jede Sekunde dieser CD zum Vergnügen macht, wk
modern
JOHN A B E R C R O M B I E
The First Quarte! (ECM/Universal)
Die Münchner Plattenfirma ECM ist für ihre
Reihe „Old & New Masters" wieder ins Archiv gestiegen und hat drei Alben in einer
Box zusammengefasst, die Ende der ig/oerJahre stilbildend gewesen sind. Mit „Arcade",
„Abercrombie Quartet" und „M" hat sich vor
gut 35 Jahren John Abercrombie als Bandleader in der Jazzszene etabliert. Die damals so
populäre Gattungen Jazz-Rock lässt sich in
den Aufnahmen mit dem Gitarristen Abercrombie, dem Pianisten Richie Beirach, dem
Bassisten George Mraz und dem Schlagzeuger Peter Donald nur als Echo erahnen. Abercrombie und Beirach geben vielmehr ihren
Kompositionen Akkordfolgen mit, die den
funktionsharmonischen Rahmen sprengen.
Diese Harmonik erlaubt es dem Quartett, eine impressionistische, leise Klangsprache zu
formulieren. Auch heute noch ist es faszinierend, wie sich Abercrombie und Beirach in
ihren Solo-Chorussen umspielen, wie sie
sich mit ihren Improvisationen einerseits
polyphon durchdringen, andererseits aber
auch mit kantigen Dissonanzen kontern, lau
modern
SHAULI EINAV QUARTET
Beam Me Up
(Berthold Records/AUve)
Shauli Einav wird immer mehr zum Prediger. Er meint, er wolle Menschen verbinden,
und hat sich dafür einen insistierenden Ton
und nachdrücklichen Erzählstil angewöhnt,
der auf seinem vierten Album unter eigenem
Namen, „Beam Me Up", wenig Raum für Interpretationen lässt. Einerseits ist das gut,
denn auf diese Weise bekommt das Quartett
des in New York lebenden israelischen Tenorsaxofonisten eine klare, kollektiv gestaltende Aura, die der Musik Präsenz verleiht.
Auf der anderen Seite verlieren sich die Musiker ein wenig in der Pluralität der Möglichkeiten, die von der Andeutung sublimiert
arabesker Linien bis hin zum Coltrane-Erbe
reichen, dem wiederum die normative Kraft
des Genialischen fehlt. Einav und seine Kompagnons Paul Lay am Klavier, Florent Nisse
am Bass und Gautier Garrigue am Schlagzeug beschwören in sieben Kapiteln eine ekstatische Variante des Modern Jazz, die bei aller Emphase sich vor allem um sich selbst
dreht. Er scheint das auch gespürt zu haben,
denn die Hidden-Track-Ballade verzichtet
auf die Deixis der Bedeutungshastigkeit von
Musik und klingt prompt weit unmittelbarer als der Rest, rd
POP
KIRA
May Your Mind Explode A Blossom Tree
(Stunt Records/in-akustik)
Die Beziehung der dänischen Sängerin Kira
Skov zu ihrem britischen Produzenten John
Parish, der vor allem durch seine Arbeit für
PJ Harvey bekannt wurde, ist mittlerweile so
eng, dass man ihn getrost als fünftes Bandmitglied bezeichnen kann. Das ist er schon
allein deswegen, weil er auf Kiras neuem Album Schlagzeug spielt, aber seine Rolle für
Klang und Atmosphäre der Platte geht natürlich weit darüber hinaus. Skov und Parish
haben im Vorfeld der Aufnahmen neun Monate lang musikalische Ideen ausgetauscht
und dann im legendären Rockfield Studio in
Wales die Basis des Albums eingespielt, bevor es ein paar Wochen später in Kopenhagen an die Feinarbeit ging. Der Aufwand hat
sich gelohnt, denn die zehn Songs von „May
Your Mind Explode A Blossom Tree" haben
nicht nur ein jeweils individuelles Klanggewand, sondern ergeben in der Summe das geschätzte Mehr, das über eine bloße Songsammlung hinausgeht. Kiras Stimme schält
sich immer wieder aus einem sorgsam konstruierten Soundnebel und gibt den Liedern
so ihre ganz besondere Qualität, rt
modern
FLORIAN HOEFNER QUARTET
Luminosity (Oriain Records/in-akustik)
Abgeschiedenheit muss sich nicht immer in
meditativen Klängen manifestieren, manchmal dient sie einfach nur der Konzentration.
Seit der deutsche Pianist Florian Hoefner
dem hektischen New York den Rücken
kehrte und in Neufundland lebt, lässt er sich
bestenfalls von der wilden Schönheit der Natur ablenken. Sein neues Album beginnt
zwar mit einer tief gehenden Ballade, doch
hat die Abkehr vom Trubel beim Komponieren nicht nur elegische lyrische Schleicher
hervorgebracht. Viele von Hoefners neuen
Stücken - maßgeschneidert für sich selbst,
den grandiosen kanadischen Saxofonisten