Unser Gehör

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Unser Gehör
Unser Gehör
Das Ohr führt die Welt in den Menschen
Erkennst du dein Ohr und die einzelnen Elemente auf dem Bild?
as Alle Töne und Geräusche der Umwelt sind Luftschwingungen und treffen als sogenannte Schallwellen auf unser Ohr. Schallwellen breiten sich über die Luft, das
Wasser oder in festen Gegenständen aus. Im luftleeren Raum (Vakuum, Weltall) ist
dagegen keine Schallausbreitung möglich, dort hören wir absolut nichts.
Die Frequenz
Die Anzahl Schwingungen pro Sekunde wird als Frequenz bezeichnet, ihre Masseinheit heisst Hertz (Hz). 1 Hertz bedeutet eine Schwingung pro Sekunde. Je höher die
Frequenz, bzw. je grösser die Hertzzahl, umso höher erscheint uns ein Ton. 20 Tausend Schwingungen pro Sekunde sind also 20‘000 Hertz oder 20 Kilohertz (kHz).
Unser Ohr nimmt je nach Alter Frequenzen zwischen ca. 20 Hz und 21 kHz wahr,
wobei das menschliche Ohr im Hörbereich zwischen 500 Hz und 5kHz am empfindlichsten reagiert. In diesem Frequenzbereich bewegt sich unserer Sprache.
Mit zunehmendem Alter sinkt die Empfindlichkeit zur Wahrnehmung hoher Frequenzen. Hohe Frequenzen können deshalb auch bei grosser Lautstärke nicht wahrgenommen werden. Mit älteren Personen deshalb nicht schreien, sondern mit deutlicher Stimme im tieferen Frequenzbereich sprechen.
Durchschnittliche
Hörfähigkeit nach Alter
05 Jahre
21 kHz
20 Jahre
18 kHz
35 Jahre
15 kHz
50 Jahre
12 kHz
65 Jahre
9 kHz
80 Jahre
5 kHz
Hier kannst du deine Hörfähigkeit in verschiedenen Frequenzbereichen testen. Der hörbare Bereich ist dein persönliches Hörfeld. Sobald du nichts mehr hörst, ist deine persönliche Hörgrenze erreicht.
Die Verständigung über Töne ist auch im Tierreich verbreitet. Elefanten teilen sich
im Infraschallbereich mit (=Töne unterhalb 16 Hz). Diese tiefen Töne liegen ausserhalb des menschlichen Hörfeldes, d.h. sie sind mit unserem Gehör nicht wahrnehmbar. Infraschalltöne können über viele Kilometer hinweg gesendet werden, so
dass die Elefantenherden wieder zusammen finden, selbst wenn einzelne Tiere einen
ganzen Tagesmarsch entfernt sind.
Auch Vögel können Infraschall wahrnehmen. So hören sie beim Fliegen mit ihren
Beinen schon von weitem, ob sich zum Beispiel eine Meeresküste nähert.
Fledermäuse sind mit einem besonders raffinierten System zur Schallortung ausgestattet. Sie erzeugen im Kehlkopfbereich Ultraschalltöne im Bereich zwischen 20 und
200 kHz. Diese Töne werden über die Nasenlöcher oder über den Mund ausgesandt.
Trifft der Schall der Fledermaus auf ein Objekt, z.B. auf ein Tier oder eine Höhlenwand, so wird der Schall reflektiert. Der Ruf (=Chirp) besteht meistens aus einer Serie von fünf oder mehr verschiedenen Tönen, die eine Dauer von weniger als einer
Sekunde bis zum Hundertstel einer Sekunde haben können. Auf das Echo reagiert
die Fledermaus äusserst präzis. Sie schafft es, einen Weg zwischen 0,05 Millimeter
dicken Drähten zu finden. Beutetiere kann sie aus bis zu 10 m Entfernung und einer
Grösse von 0,1 mm wahrnehmen.
Nach dem Prinzip der Echoortung funktioniert auch das Echolot eines Schiffes zur
Tiefenmessung.
Die Lautstärke
Je grösser der Ausschlag einer Schwingung, bzw. je höher die Auslenkung der
Amplitude, umso lauter hören wir den Ton. Die Lautstärke (Schallpegel, Schalldruck) wird in Dezibel (dB) gemessen. Eine Zunahme um 10 dB wird subjektiv als
Verdoppelung der vorhergehenden Lautstärke wahrgenommen. Eine leise Unterhaltung mit 40 Dezibel wird folgLautstärken in dB
lich nicht viermal so laut wie das normale Atmen mit 10
Dezibel empfunden, sondern acht Mal lauter. Bei grossen
05 Hörschwelle
Lautstärken hat das drastische Auswirkungen auf die Ver10 Atmung
20 Flüstern
letzbarkeit unseres Gehörs. Bei 120 Dezibel liegt die soge40 Leise Unterhaltung
nannte Schmerzgrenze. Geräusche über diesem Pegel kön60 Lautes Gespräch
Pegelbegrenzung Walkman
nen das Gehör irreparabel schädigen.
65 Beginnende Schädigung des
Vegetativen Nervensystems
Erhöhtes Risiko für Herz- KreislaufErkrankungen bei permanenter
Einwirkung, fehlende Konzentration
70 Staubsauger, Haartrockner
80 Strassenlärm, Schreien, LKW
85 Gehörschutz vorgeschrieben
90 Auto Hupe, Lautes Schnarchen
100 Motorrad, Kreissäge, Discomusik
110 Schnellzug aus der Nähe, Rockkonzert
120 Schmerzgrenze,
Gehörschädigung möglich
Schuss, Donner, Technomusik
130 Sirene, Düsenflugzeug aus 7m
Entfernung
150 Taubheit bei längerer
Einwirkung
160 Trommelfell kann platzen
Knall bei Airbag-Entfaltung
170 Starke Ohrfeige aufs Ohr
190 Innere Verletzungen, Tod
194 Höchstmöglicher Schalldruck
Unser Ohr ist ein komplexes, sensibles Organ. Es besteht
aus drei Teilen.
1. Das äussere Ohr
Es leitet den Schall aus der Umgebung zum Trommelfell.
Die akustische Wahrnehmung führt in Form von Schallwellen über die Ohrmuscheln in den Gehörgang. Die Schallwellen treffen am Ende des Gehörgangs auf das Trommelfell.
Dieses reagiert auf die Druckschwankungen wie die
Membran eines Mikrophons.
Ohrmuschel mit Gehörgang (braun)
Aufgrund der Form und Stellung der Ohrmuscheln wird der Schall wie durch einen
Trichter aufgenommen. Personen ohne Ohrmuschel hören kaum schlechter, aber die
Herkunftsrichtung der Schallquelle ist schwer zu orten. Das Richtungshören wird
erst durch das Vorhandensein beider Ohren ermöglicht. Ein Geräusch auf der rechten Körperseite erreicht das rechte Ohr um eine kurze Zeiteinheit früher als das linke
Ohr. Aufgrund dieses Unterschieds „errechnet“ das Gehirn die Richtung der ankommenden Schallwellen.
Der Gehörgang ist ca. 27 Millimeter lang und hat einen Durchmesser von 6 bis 8 mm.
Er verläuft leicht abgewinkelt zum Trommelfell. Im ersten Drittel des Gehörgangs
befinden sich die Ceruminaldrüsen. Sie produzieren Ohrenschmalz.
Hast du schon gewusst, dass Ohrenschmalz eine wichtige Funktion hat? Ohrenschmalz enthält Substanzen, die die Ausbreitung von Krankheitserregern im Gehörgang verhindern. Ausserdem befördert Ohrenschmalz Staub nach aussen und
schützt den Gehörgang vor Austrocknung. Wenn sich jedoch Ohrenschmalz ansammelt und hart wird, verschlechtert sich durch die Blockierung das Gehör. Es muss
eine Spülung vorgenommen werden.
Eulen können Richtung und Distanz einer Schallquelle besonders gut orten. Ihr Gesichtsschleier wirkt wie zwei Parabolantennen mit Schallverstärkung. Ausserdem
sind ihre Ohröffnungen links und rechts in unterschiedlicher Höhe angebracht. Eine
vom Boden kommende Schallwelle erreicht daher ein Ohr früher als das andere.
Aufgrund der Differenz kann das Gehirn der Eulen die Höhe oder die Tiefe der
Schallquelle relativ genau orten. Dies ist beim Fangen von Mäusen bei Dunkelheit
von grosser Bedeutung.
2. Das Mittelohr
Durch die raffinierte Mechanik des Mittelohrs wird der Schall verstärkt. Schallwellen werden wie Klopfzeichen an das ovale Fenster übertragen.
Der Hauptteil des Mittelohrs, die Paukenhöhle, ist ein ca. 5 mm breiter spaltförmiger
Raum. Das Trommelfell, eine dünne oval förmige Membran,
bildet die seitliche Wand. Diese trennt das Mittelohr vom Aussenohr luftdicht ab. Das Trommelfell ist nur 0,1 mm dick und
hat eine Fläche von ca. 0.5 cm². Dies entspricht knapp der
Grösse des Fingernagels des kleinen Fingers.
Von der Paukenhöhle führt ein ca. 3.6 cm langer Gang zum
Nasen-/Rachenraum. Die sogenannte Ohrtrompete oder EuTrommelfell
stachische Röhre ermöglicht durch die Verbindung mit dem
Rachenraum einen Druckausgleich und gewährt, dass der
Luftdruck auf beiden Seiten des Trommelfells identisch bleibt. Gäbe es dieses
„Druckausgleichsventil“ nicht, würde sich das Trommelfell dehnen und könnte nicht
mehr schwingen.
Hammer, Amboss und Steigbügel leiten die Schallwellen vom Trommelfell zum Innenohr
Die Eustachische Röhre ist allen bekannt. Sie öffnet sich kurzzeitig wenn wir schlucken, gähnen oder uns die Nase putzen. Sobald der Druck auf den Ohren anwächst
und zu gross wird - bei der Überwindung grosser Höhenunterschiede, z.B. beim
Ausflug in die Berge oder nach dem Start oder bei der Landung im Flugzeug - verschaffen wir uns über die Eustachische Röhre durch Schlucken oder Gähnen den erforderlichen und wohltuenden Ausgleich.
Durch die eintreffenden Wellen aus dem Aussenohr wird das Trommelfell in
Schwingung versetzt. Die Übertragung der Schwingungen vom Trommelfell zum
Innenohr verläuft über die Kette der drei Gehörknöchelchen in der Paukenhöhle.
Entsprechend ihrer Form heissen die Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und
Steigbügel. Weil der Hammer mit dem Trommelfell verwachsen ist, nimmt dieser die
Schwingungen des Trommelfells auf und leitet sie über den Amboss an den Steigbügel weiter. Die Kraft der Bewegung verstärkt sich aufgrund der speziellen Hebelkonstruktion der Knochenkette um das Dreifache.
Der Steigbügel führt die Schwingung weiter und „klopft“ an das ovale Fenster. Das
ovale Fenster ist eine Membran zwischen Mittelohr und Innenohr und ist ca. 20 Mal
kleiner als das Trommelfell. Der darauf aufsetzende Steigbügel überträgt seine
Schwingungen und bewirkt aufgrund der Komprimierung, vergleichbar mit einer
hydraulischen Presse, eine zusätzliche Verstärkung um den Faktor 20. Ohne diese
Verstärkung wären wir extrem schwerhörig.
Übrigens: Der Steigbügel ist so klein wie ein halbes Reiskorn und mit dem Gewicht
von drei Milligramm das kleinste Knöchelchen des menschlichen Körpers.
3. Das Innenohr
Das Innenohr hat zwei Funktionen:

Das Gleichgewichtsorgan zerlegt Beschleunigungen des Kopfes in Richtungskomponenten.

Die Gehörschnecke wandelt die verschiedenen Frequenzanteile der mechanischen Schwingungen der Schallwellen in elektrochemische Informationen um.
Der Hörnerv leitet die Nervenimpulse zum Gehirn, wo diese weiter verarbeitet
werden.
Das Innenohr besteht aus drei Bogengängen, den beiden Vorhofsäckchen (Lagesinnesorgan) und der Schnecke. Dieses komplizierte System wird auch als knöchernes
Labyrinth bezeichnet.
Ein akustischer Reiz beeinflusst das gesamte knöcherne Labyrinth. Bogengänge und
Vorhofsäckchen steuern das Gleichgewicht und die aufrechte Haltung des Menschen. Das Gleichgewichtsorgan reagiert bereits auf feinste Erschütterungen. Ein rein
akustischer Reiz, vor allem der Rhythmus, kann deshalb auch über den Körper
wahrgenommen werden (s. auch DVD Tipp: „Touch The Sound“). In aufrechter Haltung hören wir am besten. Die Schnecke, das eigentliche Hörorgan analysiert die unterschiedlichen Frequenzbereiche.
Das Gleichgewichtsorgan
Bogengänge und Vorhofsäckchen
Erst die perfekte Zusammenarbeit zwischen Schnecke und
Gleichgewichtsorgan ermöglicht eine korrekte Tonanalyse
Die Bogengänge (im Bild blau) sind mit Endolymphe gefüllte, halbkreisförmige
Schläuche, die in drei Ebenen angeordnet sind. Endolymphe ist eine kaliumreiche
Flüssigkeit und ähnelt der intrazellulären Flüssigkeit. Jeder Bogengang enthält eine
Verdickung in der Wand, die so genannte Ampulle. Der Boden der Ampulle ist mit
Haarsinneszellen besetzt. Eine gallertige Hülle umgibt die Sinneshaare dieser Zellen.
Bewegen wir unseren Kopf, bleibt die Endolymphe aufgrund ihrer Trägheit zunächst
in den Bogengängen zurück, während sich die gallertigen Hüllen der Ampullen mit
dem Bogengang mitbewegen. Somit drückt die zurückbleibende Endolymphe, ähnlich wie eine Welle, auf die gallertigen Hüllen und löst in den Haarsinneszellen einen
Reiz aus. Weil wir für jede Ebene des Raumes einen Bogengang besitzen, können wir
Drehbewegungen in allen Richtungen wahrnehmen.
Die Bogengänge münden in den Vorhof des Innenohrs (im Bild braun). Unterhalb
der Bogengänge liegen senkrecht zueinander zwei Vorhofsäckchen (Lagesinnesorgan, Macula Utriculi und Macula Sacculi). Die beiden Säckchen sind ähnlich aufgebaut wie die Ampullen in den Bogengängen und reagieren auf Beschleunigungen
des Körpers im Raum. Auch hier ragen die Sinneshärchen der Sinneszellen in eine
gallertige Membran. In dieser Gallerte sind jedoch zahlreiche kleine Kalkkristalle
(Calciumkarbonat) eingebettet. Bewegen wir unseren Kopf, werden diese Kristalle,
bedingt durch die Schwerkraft der Erde, nach unten gezogen. Je nach Kopfhaltung
wird die Gallerte und mit ihr die Sinneshärchen unterschiedlich stark abgebogen.
Unser Gehirn erfasst aus den Informationen der beiden Sinnesfelder in den Vorhofsäckchen die Lage im Raum - oder genauer, die Lage unseres Kopfes im Raum.
Von den Sinneszellen gelangt die Information über die Gehirnerven zu entsprechenden Nervenkernen im Hirnstamm. Diese erhalten zusätzliche Informationen aus dem
Kleinhirn und dem Rückenmark. Ist die Funktion eines der Systeme gestört, können
widersprüchliche Informationen eintreffen und Schwindel auslösen.
Vereinfachte Darstellung der beiden Vorhofsäckchen.
Macula Sacculi reagiert auf vertikale Beschleunigungen, Macula Utriculi auf horizontale Beschleunigungen.
Neuere Untersuchungen zeigen, dass das Gleichgewichtsorgan im Innenohr nicht
nur für die Orientierung im Raum zuständig ist. Eine wichtige Funktion scheint dieses bei der präzisen Steuerung von Körperbewegungen im Dunkeln zu erfüllen oder
auch bei komplexen Bewegungsabläufen, wie sie z.B. Artisten ausführen.
Die Gehörschnecke ist das eigentliche Hörorgan
Im Innenohr sitzt gut geschützt die Gehörschnecke (Cochlea), ein schneckenförmiger
Hohlraum mit ca. 2½ Windungen. Sie hat die Grösse einer Erbse und besteht aus einem knöchernen und einem häutigen Teil. Das Knochenmaterial der Cochlea ist nach
den Zähnen das härteste Material im menschlichen Körper. Im knöchernen Teil liegen gut geschützt die Fasern des Gehörnervs. Das gesamte knöcherne Labyrinth ist
von einem in sich geschlossenen Schlauchsystem durchzogen, dem häutigen Labyrinth. Im Gegensatz zum äusseren Ohr und dem Mittelohr, die beide Luft enthalten,
ist das Innenohr mit einer klaren Flüssigkeit, der so genannten Peri- und Endolymphe, gefüllt. Peri- und Endolymphe unterscheiden sich in ihrer chemischen Zusammensetzung.
Die Gehörschnecke hat eine
ähnliche Form wie eine Meeresmuschel
Die Schnecke kann man sich auch als langen Schlauch vorstellen, der aufgrund seiner Länge (ca. 32 mm) aufgerollt in der Ohrkapsel liegt. Der feinhäutige Teil verläuft
wie eine Wendeltreppe in der Cochlea und unterteilt das Innere der Hörschnecke in
drei übereinander liegende Kammern, die mit zwei unterschiedlichen Flüssigkeiten,
Peri- und Endolymphe, gefüllt sind. Zwischen den beiden Flüssigkeiten besteht eine
elektrische Spannung, welche wie eine Batterie die Wirkung einer Stromquelle entfaltet. Sie liefert für die Reizaufnahme und Weiterleitung die erforderliche elektrische
Energie.
Vorhoftreppe, Schneckengang und Paukentreppe
Die drei Kammern heissen:

Vorhoftreppe oder Scala vestibuli (Scala = Treppe, Vestibulum = Vorhof). Der
Raum grenzt über den Vorhof ans ovale Fenster zum Mittelohr. Der Hohlraum ist mit Perilymphe gefüllt.

Schneckengang oder Scala media. Auf der Basilarmembran befindet sich
wulstförmig das Cortische Organ, das eigentliche Hörorgan mit seinen Stützund Sinneszellen. Die äussere Reihe der Sinneszellen verstärkt die leisen Signale, die innere Reihe ist das eigentliche Mikrophon und leitet die Signale
über die Nervenbahnen ans Gehirn weiter. Dieser Hohlraum ist, wie auch das
Gleichgewichtsorgan, mit Endolymphe gefüllt.

Paukentreppe oder Scala tympani. Der Raum grenzt über die Paukenhöhle an
das runde Fenster zum Mittelohr. Das runde Fenster ist durch das Sekundäre
Trommelfell (Membrana tympani secundaria) abgeschlossen und dämpft die
Schwingungen aus der Hörschnecke ab. Der Hohlraum der Paukentreppe ist
mit Perilymphe gefüllt.
Die beiden grösseren Gänge, Scala vestibuli und Scala tympani sind an der Spitze der
Schnecke miteinander verbunden. Am Boden des Schneckengangs, der Scala media,
ziehen die in Reihen angeordneten Haarsinneszellen bis zur Spitze der Schnecke (Helicotrema).
Auf der Basilarmembran befindet sich das Cortische Organ. Hier findet der eigentliche Hörprozess statt:
Die Umwandlung mechanischer Schwingungen in Nervenimpulse.
Um die träge Flüssigkeit im Schneckengang in Schwingung zu versetzen, müssen die
ankommenden Druckschwankungen verstärkt werden. Sobald das ovale Fenster
durch den Steigbügel in Bewegung gesetzt wird, bewegt sich dieses wie ein Kolben
hin und her und erzeugt in der Flüssigkeit der Schnecke hydraulische Druckwellen.
Diese Wanderwellen pflanzen sich vom ovalen Fenster zum Helicotrema (Schneckenspitze, Ort wo Paukentreppe in Vorhoftreppe übergeht) fort und bilden an einer
frequenzabhängigen Stelle ein Maximum an Schwingung. Während diese Wellen zur
Spitze hin und zurück verlaufen, versetzen sie die Wände, die die Gänge voneinander trennen, in wellenförmige Bewegungen. Auf einer dieser Wände, der Basilarmembran, befindet sich das hochempfindliche Cortische Organ mit seinen ca. 20‘000
Hörzellen (benannt nach Alfonso Corti, der dieses eigentliche Hörzentrum 1851 entdeckte). Die Basilarmembran ist mit spezialisierten Hörsinneszellen bedeckt. Die
längsten Härchen (Zilien) der Sinneszellen ragen in die darüber liegende Deckmembran (Tektorialmembran). Die Tektorialmembran bedeckt als einseitig befestigte, gallertartige Decke das Corti-Organ und wird durch die Wellenausbreitung der
benachbarten Wände (Scala Vestibuli und Scala Tympani) in Schwingung versetzt.
Diese Bewegung wird auf die Haarsinneszellen übertragen. Von diesen Haarzellen
leiten Tausende von Nervenfasern die Informationen an das Gehirnareal weiter.
Nur zwei Tausendstel Millimeter lang sind die Härchen in der Schnecke des menschlichen Innenohrs
Die Haarzellen sind äusserst sensible und verletzliche Strukturen. Die meisten Fälle
von Schwerhörigkeit sind auf eine Schädigung der Haarzellen durch zu laute und zu
lange Einwirkung von Lärm oder Musik auf das Ohr zurück zu führen.
Die Umwandlung der Schallwellen in Nervenimpulse im Cortischen Organ
Bei der Umsetzung von Schallwellen in Nervenimpulse hat die Natur ein „technisches“ Problem zu lösen:

Schall ist im alltäglichen Leben eine kontinuierliche Grösse, d.h. Lautstärken
und Tonhöhen können sich stufenlos ändern.

Nervenimpulse funktionieren ähnlich wie Computer: Entweder es gibt einen
Impuls, oder es gibt keinen.
Die kontinuierlichen Wellen müssen folglich in einzelne Nervenimpulse umgewandelt werden.
Wie das Cortische Organ diese komplizierte Information dem Gehirn mitteilt, war
lange Zeit ein Geheimnis. Wissenschaftler wissen seit längerer Zeit, dass das Gehirn
nicht auf mechanische Schwingungen reagiert, sondern nur auf elektrochemische
Veränderungen. Das Cortische Organ muss also die wellenförmige Bewegung der
Basilarmembran irgendwie in entsprechende elektrische Impulse umwandeln und
diese dem Gehirn zuführen. Es hat den ungarischen Wissenschaftler Georg von Békésy 25 Jahre gekostet, das Geheimnis dieses winzigen Organs zu lüften. Er entdeckte, dass die hydraulischen Druckwellen, die durch die Gänge der Schnecke verlaufen,
irgendwo einen Höhepunkt erreichen und auf die Basilarmembran stossen. Wellen,
die von Geräuschen mit hoher Frequenz erzeugt werden, stossen an der Schneckenbasis auf die Membran und Wellen niederfrequenter Geräusche stossen an der Spitze
auf die Membran. Békésy machte daher die Schlussfolgerung, dass Töne von einer
bestimmten Frequenz bestimmte Wellen erzeugen, die die Basilarmembran an einer
bestimmten Stelle biegen, worauf die dortigen Haarzellen reagieren und Signale an
das Gehirn senden. Die Lage der Haarzellen würde somit der Frequenz entsprechen
und die Zahl der gereizten Haarzellen der Intensität.
Diese Erklärung gilt für einfache Töne. In der Natur auftretende Geräusche sind jedoch selten einfach. Das Quaken eines Frosches klingt ganz anders als ein Trommelschlag, obwohl beide Geräusche die gleiche Frequenz haben können. Das liegt daran,
dass jedes Geräusch aus einem Grundton und vielen Obertönen besteht. Die Zahl der
Obertöne und ihre relative Stärke verleihen jedem Geräusch seine bezeichnende
Klangfarbe, seinen Charakter. Erst dadurch können wir die Geräusche, die wir hören, erkennen und unterscheiden.
Die Basilarmembran kann auf alle Obertöne eines Geräuschs gleichzeitig reagieren
und feststellen, wie viele und welche Obertöne vorhanden sind und so das Geräusch
identifizieren. In der Mathematik heisst dieser Vorgang Fourier-Analyse, benannt
nach dem französischen Mathematiker Jean-Baptiste Joseph Baron de Fourier aus
dem 19. Jahrhundert.
Die Lösung:

Die eintreffenden Schallwellen werden nach Tonhöhe aufgegliedert, jede
Haarzelle ist für eine bestimmte Tonhöhe zuständig.

Wenn es lauter wird, sendet die betreffende Haarzelle einfach mehr Impulse
pro Sekunde mit einer Geschwindigkeit von ca. 1m/s bis 100m/s ans Gehirn
(3.6 – 360 km/h!).

Im Gehirn werden die einzelnen Impulse der ca. 20'000 Haarzellen des Cortischen Organs wieder zu einer kontinuierlichen Hörwahrnehmung zusammengesetzt.
Die unten stehende Grafik stellt die Zuordnung zwischen der anregenden Frequenz und dem Ort der maximalen Auslenkung dar.
Die unterschiedlichen Frequenzen werden auf der Cochlea in verschiedenen Bereichen «verarbeitet». Die tiefen Töne können sich weiter fortpflanzen als die hohen, welche bereits im vordersten
Teil der Gehörschnecke verebben.
Ein hoher Ton bewegt sich in der Flüssigkeit der Gehörschnecke schneller fort als ein
tiefer Ton. Dies bedeutet: Ein hoher Ton legt im Vergleich zu einem tiefen Ton eine
kürzere Strecke zurück, er tut dies aber mit einer höheren Geschwindigkeit als ein
tiefer Ton. Das Gehirn kann nun aus den übermittelten Informationen "Geschwindigkeit" und "Laufstrecke" der Welle berechnen, welche Art von Ton oder Geräusch
von den Ohren erfasst wurde und "spielt" die akustische Wahrnehmung im Kopf ab.
Hier hören wir schliesslich die Töne, Laute und Geräusche unserer Umwelt.
Hohe Töne bilden in der Nähe des ovalen Fensters ein Maximum an Schwingung,
tiefe Töne in der Nähe der Schneckenspitze. So wird jede Frequenz auf einem bestimmten Bereich abgebildet.
Bis heute ist man immer noch nicht sicher, welche Art Signale das Innenohr an das
Gehirn weitergibt. Untersuchungen zeigen, dass die Signale von allen Haarzellen an
Länge und Stärke etwa übereinstimmen. Daher glaubt man, dass nicht der Inhalt der
Signale, sondern die einfachen Signale an sich dem Gehirn eine Nachricht zuführen.
Interessanterweise wird bei den heutigen modernen Kommunikationssystemen ein
Verfahren namens Pulscodemodulation angewandt, das auf dem gleichen Prinzip
beruht. Statt Einzelheiten zu senden, wird ein entsprechender Code gesendet. Auf
diese Weise wurden Bilder vom Mars in Binärcodes zur Erde geschickt. Nach diesem
Prinzip werden auch Töne für Aufnahmen und Playbacks digitalisiert.
Zusammenfassung Innenohr:
Der Schall wird beim Menschen über den äusseren Gehörgang und das Mittelohr auf
die flüssigkeitsgefüllte Gehörschnecke (Cochlea) übertragen. Durch die Bewegungen
des Steigbügels im ovalen Fenster wird in der Schnecke eine Flüssigkeitsverschiebung, bzw. eine Druckänderung hervorgerufen. Dadurch wird die Basilarmembran
in Schwingungen versetzt. Aufgrund dieser Schwingungen bilden sich auf der Basilarmembran Wanderwellen aus, die sich vom ovalen Fenster zum Helicotrema
fortpflanzen und an einer frequenzabhängigen Stelle ihr Amplitudenmaximum ausbilden. Schon feinste Erschütterungen des Schneckenganges reizen einen Teil der
Sinneshärchen. Die Wellenbewegungen der Flüssigkeit bewirken ein Verbiegen der
Härchen der Hörsinneszellen. Die Haarzellen, die in der Cochlea sitzen, wandeln das
akustische Signal in einen elektrischen Nervenimpuls um, der über die Hörnerven in
Abhängigkeit von Schalldruck und Frequenz der Schwingungen zum Hörfeld des
Gehirns geleitet und dort als Töne wahrgenommen werden. Auf dem Weg zum Gehirn werden diese Impulse auf Ihre Herkunft analysiert, d.h. die von beiden Ohren
aufgenommenen Signale werden miteinander verglichen und dadurch die Richtung
ermittelt. Allerdings muss das Gehirn die Sprache oder Musik bereits kennen und
gespeichert haben, um sie wahrzunehmen und verstehen zu können.
Hast du alles verstanden? Das verlinkte Wort zeigt den schematischen Ablauf.
Auf dem Weg zum Gehirn wird alles was wir hören verstärkt oder vermindert, es
wird bewertet - als negativ, positiv oder neutral - und manches kann sogar völlig
weggefiltert werden. Nur die Signale, die tatsächlich bis zur Hirnrinde gelangen,
werden von uns wahrgenommen.
Ein Beispiel:
Jede Person schluckt täglich etwa 2000 bis 3000 Mal. Die Lautstärke des Schluckgeräusches liegt bei ca. 30 dB (Lautstärke flüstern). Wenn wir nicht bewusst auf das
Schlucken achten, hören wir es nicht, da dieses Geräusch von den Filtersystemen unseres Gehirns als normal erkannt wird. Dieses Geräusch erreicht die Hirnrinde nicht
und wird von uns deshalb nicht wahrgenommen - es sei denn, wir achten bewusst
darauf.
Noch einige Links zum Thema Hören.
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Viel Spass beim Surfen und Stöbern!

Ein Video über Superohren

Eine 3D-Darstellung des Gehörs

Ein Video Unser Gehör

Ausführlichere Informationen für Wissbegierige (Niveau Oberstufe, Erwachsene).

„Es war einmal das Leben.“ Ein Zeichentrickfilm über das Ohr.

Teil 1

Teil 2

Teil 3

Hier kannst du dein Wissen testen.

Einige Rätsel (Quiz, Lückentext und Kreuzworträtsel) zum Thema Ohr.

Raumakustik:
Die bildliche Vorstellung und die akustische Charakteristik eines Raumes sind stark
miteinander verbunden. Unter Raumakustik hörst du eine kommentierte Führung
durch verschiedene Räume. Einleitung und Schluss wurden in einem akustisch neutralen Besprechungsraum aufgenommen.
 Unter dem Titel „Hörverlust statt Musikgenuss“ findest du weitere Links und
Informationen.