E-Book: Doppelte Haushaltsführung
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E-Book: Doppelte Haushaltsführung
Doppelte Haushaltsführung: Beteiligen sie den Fiskus an ihren Kosten Arbeitnehmer mit zwei Wohnungen Die heutige Arbeitswelt erfordert viel Flexibilität. Und so gibt es immer mehr Mitarbeiter, die beruflich bedingt eine zweite oder vielleicht sogar eine dritte Wohnung beziehen. Praxisbeispiele: » Ein Unternehmen wird umstrukturiert und verlegt seinen Standort. » » Der Arbeitnehmer A zieht deswegen um. Der Beschäftigte B wechselt seinen Arbeitgeber, mietet nunmehr zusätzlich eine Zweitwohnung in einer fremden Stadt an und pendelt am Wochenende in die Heimat, wo die Familie weiterhin wohnt. Beide Ehe- oder Lebenspartner C und D machen beruflich Karriere. Während in der gemeinsamen Wohnung das Familienleben am Wochenende und in den Urlauben stattfindet, wohnen C und D jeweils in einer Zweitwohnung in der Nähe ihres Arbeitgebers. Dies sind typische Beispielfälle, in denen Arbeitnehmer in ihrer Einkommensteuererklärung den Mehraufwand aus Anlass einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten steuerlich geltend machen können. Der Fiskus beteiligt sich finanziell an den Lasten. Unter welchen Voraussetzungen und welche Kosten abzugsfähig sind, das beschreibt diese Broschüre anschaulich und topaktuell. Denn eingearbeitet sind 1. die neuen Grundsätze, die seit der Umsetzung der steuerlichen Reisekostenreform ab Jahresanfang 2014 gelten, 2. die neuen Angabepflichten, die seit der Einkommensteuererklärung 2013 gelten und 3. die jüngste Rechtsprechung der Finanzgerichte sowie die aktuellen Vorgaben der Finanzverwaltung (Stand: 31.7.2014). Die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung gelten prinzipiell auch für Selbstständige. Profitieren Sie zusätzlich von konkreten Tipps, wie ein Arbeitgeber bestimmte Kosten oft steuerfrei an seine Arbeitnehmer erstatten kann. Dargestellt wird die ab 2014 gültige Rechtslage. 2 Doppelte Haushaltsführung | www.lexware.de Wann doppelte Haushaltsführung vorliegt Mit den Praxisbeispielen wird deutlich, dass die doppelte Haushaltsführung 1. das Innehaben einer Zweitwohnung, eines eigenen Hausstands, erfordert - und zwar aus eigenem Recht als Mieter oder Eigentümer, alternativ aus abgeleitetem Recht als Lebenspartner, Lebensgefährte oder als Wohngemeinschaftsbewohner 2. sich darin manifestiert, dass die zusätzlich bezogene Zweitwohnung nicht den Lebensmittelpunkt darstellt; dieser liegt vielmehr in der Hauptwohnung 3. beruflich veranlasst wurde und deshalb die Wohnung bezogen wurde (z.B. bei Neuantritt einer Stelle, Versetzung, Arbeitsplatz- oder Firmenwechsel) 4. in einer Wohnung am oder zumindest in der Nähe des Beschäftigungsorts, der ersten Tätigkeitsstätte (R 9.11 Abs. 4 Lohnsteuer-Richtlinien LStR), realisiert wird 5. seit Jahresanfang 2014 eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung erfordert. Damit sind die laufenden Kosten wie Miete und Mietnebenkosten gemeint. Bei Arbeitnehmern wird typisierend voraus-gesetzt, dass sie mindestens mehr als 10 % (Bagatellgrenze) der monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Kosten wie die Miete als Geldleistung tragen. Wird die Bagatellgrenze unterschritten, so kann die finanzielle Beteiligung auch anderweitig nachgewiesen werden. Praxis – Tipp So könnte beispielsweise eine umfangreiche Mitarbeit im elterlichen Betrieb eine solche zu materialisierende Gegenleistung sein. Für den Eltern-Kind-Fall ist zu empfehlen, dass die Eltern als Vermieter einen schriftlichen Mietvertrag mit Sohn oder Tochter vereinbaren, in dem mindestens zwei Drittel der ortsüblichen Miete verlangt wird. Dann können die Eltern auch sämtliche Aufwendungen bei den Vermietungseinkünften als Werbungskosten abziehen. Fall Wohngemeinschaft: Der regelmäßige Wocheneinkauf von Lebensmitteln für alle Mitbewohner kann statt einer Mietzahlung als finanzielle Beteiligung gewertet werden. Oder auch die Übernahme von Nebenkosten könnte in eine solche Berechnung einfließen, ob die Bagatellgrenze von 10 % der laufenden monatlichen Kosten überschritten ist. Ist dies der Fall, dann können die notwendigen Mehraufwendungen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden. 3 Doppelte Haushaltsführung | www.lexware.de Legaldefinition Gesetzlich neu geregelt wurde die doppelte Haushaltsführung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG mit der Reform des steuerlichen Reisekostenrechts zum 1.1.2014: „Werbungskosten sind auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt. Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus. Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung können im Inland die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens 1.000 Euro im Monat. Aufwendungen für die Wege vom Ort der ersten Tätigkeitsstätte zum Ort des eigenen Hausstandes und zurück (Familienheimfahrt) können jeweils nur für eine Familienheimfahrt wöchentlich abgezogen werden. Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte anzusetzen. Nummer 4 Satz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Aufwendungen für Familienheimfahrten mit einem dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Kraftfahrzeug werden nicht berücksichtigt.“ Details beschreibt das BMF-Schreiben vom 30.9.2013, Az. IV C 5 – S 2353/13/10004. 4 Doppelte Haushaltsführung | www.lexware.de Was ist absetzbar? Nur die durch die doppelte Haushaltsführung ausgelösten Mehraufwendungen sind als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben steuerlich abzugsfähig. Dazu zählen folgende Positionen: 1.Unterkunftskosten: Seit 2014 wird bei einer inländischen Wohnung unabhängig von der Größe pauschal maximal 1.000 Euro pro Monat anerkannt. Bei einem gemieteten Apartment zählen hierzu: » » » » Miete, Mietnebenkosten wie Heizung, Strom, Wasser, Müllgebühren etc., Reinigungskosten, Abschreibung für notwendige Einrichtungsgegenstände wie Bett, Kühlschrank, etc., » Rundfunkbeiträge, » Zweitwohnungsteuer und » auch die Mietkosten für einen separat angemieteten Pkw-Stellplatz oder eine Garage. Praxis – Tipp Die Pauschale deckt alle Kosten ab. Die 1.000-Euro-Pauschale ist für jeden Mietmonat ansetzbar und bei Nichtausschöpfung zwischen den Monaten übertragbar, sodass bei einer ganzjährigen doppelten Haushaltsführung de facto 12.000 Euro geltend gemacht werden können. Sollten beispielsweise in den ersten sechs Monaten des Jahres die monatlichen Gesamtkosten bei 980 Euro liegen und ab Juli bis zum Jahresende bei 1.020 Euro, so sind insgesamt 12.000 Euro als Werbungskosten abzugsfähig. Kommt es zu einer Betriebskosten-rückzahlung, so mindert dies in diesem Monat zunächst die Gesamtkosten. Die 1.000-Euro-Pauschale gilt pro Person. Im Ergebnis kann jeder Ehegatte, Lebenspartner oder jedes Mitglied einer Wohngemeinschaft diese Pauschale beanspruchen. 5 Doppelte Haushaltsführung | www.lexware.de Praxisbeispiel: Zwei doppelte Haushalte Die Lebenspartner A und B bewohnen gemeinsam in Augsburg eine Wohnung, die den Lebensmittelpunkt darstellt. Beide sind berufstätig. Während A in München aus dienstlichen Gründen ein Apartment bezieht, wohnt B wochentags ebenfalls jobbedingt in Stuttgart. Beide können jeweils den Höchstbetrag von 12.000 Euro als Werbungskosten in ihrer Einkommensteuererklärung angeben; insgesamt also 24.000 Euro bei einer gemeinsamen Veranlagung. Fallabwandlung: Das gilt auch bei einem Zusammenwohnen in derselben Zweitwohnung – etwa in München –, wenn die entsprechenden Kosten nachgewiesen werden. Auch für Wohnungseigentümer gilt die 1.000-Euro-Höchstgrenze. Einzubeziehen sind hier dann: » » » » » » » Abschreibungen, Schuldzinsen, Nebenkosten, Versicherungen, Grundbesitzabgaben, Reparatur- und Renovierungsaufwendungen und Mobiliar etc. Die neue Pauschale wird sicherlich zu weniger Streit wegen der Angemessenheit der Wohnungskosten führen. Auf deren Größe kommt es jedoch nach wie vor an, wenn die Zweitwohnung im Ausland liegt. Dann wird wie bis Ende 2013 in diesen Fällen typisierend eine Durchschnittsmiete für eine 60 Quadratmeter große Wohnung als Maßstab herangezogen, die nicht überschritten werden darf. Bis zu 1.000 Euro monatlich kann der Arbeitgeber die nachgewiesenen erforderlichen Kosten steuerfrei erstatten. Alternativ kann er – ebenfalls steuerfrei – für die ersten drei Monate jede Übernachtung mit 20 Euro pauschal vergüten, danach für weitere 21 Monate mit 5 Euro. 6 Doppelte Haushaltsführung | www.lexware.de 2. Umzugskosten Für die Begründung, den Wechsel oder die Beendigung einer doppelten Haushaltsführung können die nachgewiesenen Umzugskosten (vor allem Speditionskosten) als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgesetzt werden. Zu den Umzugskosten müssten auch die Maklerkosten für die Vermittlung der Zweitwohnung gehören. Diese sind unbeschränkt abziehbar. Der Arbeitgeber kann diese steuerfrei erstatten. Die Pauschale für sonstige Umzugsauslagen nach § 10 Gesetz über die Umzugskostenvergütung für die Bundesbeamten, Richter im Bundesdienst und Soldaten (BUKG) ist nicht anwendbar. 3. Verpflegungsmehraufwendungen Für die ersten drei Monate, in denen eine doppelte Haushaltsführung begründet wurde, kann der Steuerpflichtige die Tagespauschalen von 24 Euro (ab 24 Stunden Abwesenheit von der Erstwohnung) bzw. 12 Euro bei mehr als acht Stunden Abwesenheit geltend machen. Bei einer Tätigkeit im Ausland sind die jeweiligen Auslandstagegelder maßgebend. Praxis – Tipp Unterbrechungsregelung lässt Dreimonatsfrist neu beginnen Eine Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit am Beschäftigungsort für mindestens vier Wochen führt dazu, dass die Dreimonatsfrist von Neuem beginnt. Dabei kommt es nicht mehr auf den Grund an. Denkbar wären etwa ein längerer Urlaub wie eine Weltreise, Krankheit oder eine Beschäftigung an einer anderen Tätigkeitsstätte. Der Arbeitgeber kann bis zur Höhe der als Werbungskosten abzugsfähigen Pauschbeträge die Verpflegungsmehraufwendungen steuerfrei erstatten. Eine unentgeltliche oder verbilligte Verpflegung bis zu 60 Euro muss nicht als Arbeitslohn versteuert werden, wenn der Arbeitnehmer Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten beanspruchen könnte. Nach den drei Monaten muss jedoch die Mahlzeitengestellung lohnversteuert werden. Hierbei gibt es jedoch eine Pauschalierungsmöglichkeit nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG. Im Kroatien-Anpassungsgesetz, das am 11.7.2014 den Bundesrat passierte, wurde neu geregelt, dass die Bewertung mit dem Sachbezug von der Mahlzeitengestellung bei Auswärtstätigkeiten auf Mahlzeiten bei beruflich veranlasstem doppelten Haushalt erweitert wird (§ 8 Abs. 2 EStG). 7 Doppelte Haushaltsführung | www.lexware.de 4. Fahrtkosten Vorgeschrieben ist, dass nur eine tatsächlich durchgeführte wöchentliche Familienheimfahrt mit 30 Cent je Entfernungskilometer geltend gemacht werden kann. Nachdem Urlaub und Krankheitstage üblich sind, wird das Finanzamt demnach keine 52 Fahrten, eher maximal um die 45 im Kalenderjahr anerkennen. Eine zeitliche Beschränkung für eine doppelte Haushaltsführung gibt es genauso wenig wie eine betragsmäßige wie bei der Entfernungspauschale. So sind auch Ticketkosten für Züge oder Flüge sowie Taxikosten ansetzbar. Praxis – Tipp Umgekehrte Familienheimfahrt Ist es aus betrieblichen Gründen unmöglich, dass der Arbeitnehmer selbst die Familienheimfahrt durchführt, so kann auch der Ehegatte zu ihm fahren. Die Fahrtkosten hierfür können als umgekehrte Familienheimfahrt als Werbungskosten abgesetzt werden, weil sie beruflich veranlasst sind. Entschieden hat dies das FG Münster in seinem Urteil vom 28.8.2013, Az. 12 K 339/10 E für einen weltweit tätigen Monteur, der auf wechselnden Baustellen eingesetzt wurde. Den Richtern konnte er eine Arbeitgeberbescheinigung vorlegen, dass er aus produktionstechnischen Gründen auch am Wochenende unabkömmlich war. Das überzeugte sie von der überwiegend beruflichen Veranlassung. Die drei Besuchsfahrten seiner Ehefrau in die Niederlande minderten folglich seine Steuerlast. Zusätzlich zu den Familienheimfahrten kann der Steuerpflichtige für die erste und letzte Fahrt zur Zweitwohnung bzw. zur Hauptwohnung zurück – nach Beendigung der doppelten Haushaltsführung – pauschal 30 Cent für jeden gefahrenen Kilometer oder die tatsächlichen Fahrtkosten steuerlich geltend machen. Die Fahrten zwischen Zweitwohnung und erster Tätigkeitsstätte zählen nicht zur doppelten Haushaltsführung und sind in der Einkommensteuererklärung mit der Entfernungspauschale ansetzbar. Bei einer Dienstwagengestellung durch den Arbeitgeber gilt, dass für Familienheimfahrten grundsätzlich ein geldwerter Vorteil mit 0,002 Prozent des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer zu ermitteln ist. Für eine wöchentliche Fahrt ist jedoch kein geldwerter Vorteil zu versteuern. Ein Werbungskostenabzug beim Arbeitnehmer ist hierfür dann auch nicht möglich. Obwohl diese Familienheimfahrt lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei ist, löst sie Umsatzsteuerpflicht aus (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG, Abschnitt 1.8 Abs. 8 und Abs. 18 Umsatzsteuer-Anwendungserlass). Folglich müssten Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer darauf drängen, die Entfernungskilometer und Anzahl der Familienheimfahrten mitzuteilen. 8 Doppelte Haushaltsführung | www.lexware.de Wahlrecht Einmalig kann der Steuerpflichtige sich für zwei verschiedene Alternativen entscheiden: 1. E r macht die Unterkunftskosten, Verpflegungspauschale und eine wöchentliche Familienheimfahrt als Kosten seiner doppelten Haushaltsführung geltend oder 2. er setzt sämtliche Fahrtkosten für tatsächliche Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Rahmen der Entfernungspauschale an. Für den Arbeitgeber ist die gewählte Option seines Arbeitnehmers unbeachtlich. Allerdings muss der Arbeitnehmer die steuerfreien Erstattungen von seinen Fahrtkosten abziehen, sodass die Werbungskosten gemindert werden. 9 Doppelte Haushaltsführung | www.lexware.de Abgrenzung Von der doppelten Haushaltsführung abzugrenzen sind: 1. Dienstreisen und 2. Einsatzwechseltätigkeiten In beiden Fällen handelt es sich nicht um eine doppelte Haushaltsführung. Bei Ersterem liegt nur eine vorübergehende auswärtige Tätigkeit des Arbeitnehmers außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte, also seinem regelmäßigen Arbeitsplatz, vor. Bei der Einsatzwechseltätigkeit ist der Mitarbeiter hingegen an ständig wechselnden Orten tätig. Typisch ist dies für einen Monteur oder einen Außendienstmitarbeiter. Praxisfall: Behandlung eines dauerhaft bewohnten Pensionszimmers wie ein doppelter Haushalt Eine recht eigenwillige Falllösung präsentierte das Finanzgericht SachsenAnhalt in seinem Urteil vom 12.11.2013, Az. 4 K 1498/11. Konkret ging es hier um die Dauer des Abzugs von Verpflegungsmehraufwendungen bei Einsatzwechseltätigkeit eines Außendienstmitarbeiters, der an Werktagen dasselbe Pensionszimmer außerhalb seines Erstwohnsitzes bewohnte. Bei Einsatzwechseltätigkeit konnte der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bis zum Veranlagungszeitraum 2013 auf drei Monate beschränkt sein, wenn der Arbeitnehmer längerfristig an derselben Tätigkeitsstätte eingesetzt wurde. In diesem Urteil für das Jahr 2009 verneint das Finanzgericht Sachsen-Anhalt dieselbe Tätigkeitsstätte, behandelt jedoch ein von einem Außendienstler dauerhaft bewohntes Pensionszimmer wie einen doppelten Haushalt und kommt daher im Ergebnis doch zur Beschränkung des steuerlichen Abzugs auf drei Monate – und das trotz der Ablehnung als Zweitwohnung. Das letzte Wort hat nunmehr der Bundesfinanzhof. Zur Rechtsfortbildung wurde Revision unter dem Aktenzeichen VI R 95/13 zugelassen. Für die doppelte Haushaltsführung ist maßgeblich, wo der Lebensmittelpunkt ist. Dies war beim Pensionszimmer nach Meinung der Finanzrichter nicht der Fall. Der klagende Vertriebsmitarbeiter mit ständig wechselndem Einsatzort bewohnte in B regelmäßig und dauerhaft montags bis freitags immer dasselbe Pensionszimmer. Von dort aus fuhr er sternförmig zu seinen Kunden. Daneben hatte er in A eine Wohnung. Von dort aus fuhr er montags nach B, um von dort aus täglich seine Kunden zu besuchen. 10 Doppelte Haushaltsführung | www.lexware.de Am Abend kehrte er ins monatsweise angemietete Pensionszimmer zurück, um dort Verwaltungsaufgaben seiner beruflichen Tätigkeit zu erledigen. Die Verpflegungsmehraufwendungen wollte er im Rahmen einer Auswärtstätigkeit absetzen. Das Finanzamt hingegen beschränkte den Abzug auf drei Monate, weil es von einer doppelten Haushaltsführung ausging. Im Ergebnis gab das Finanzgericht dem Finanzamt recht. Weil der Angestellte dauerhaft im selben Pensionszimmer wohnte, hätte er die örtlichen Gegebenheiten im Laufe der Zeit gekannt. Insofern falle sein Mehraufwand für die Verpflegung nach den ersten drei Monaten in die Privatsphäre. Der Lebensmittelpunkt war nach Ansicht des Gerichts in A, wo er seine Wochenenden und Urlaube verbrachte. Für die Ermittlung der Pauschbeträge stellte das FG aber auf die Abwesenheitsdauer vom Pensionszimmer ab. Hinweis: Hätte der Kläger darstellen können, dass er dieses nicht nur als dauerhafte Schlafstätte und für die Erledigung von beruflichen Verwaltungs- tätigkeiten in den wochentäglichen Abendstunden nutzt, wäre möglicherweise eine Anerkennung als Zweitwohnung möglich gewesen. Hierzu gehören beispielsweise auch die Zubereitung von warmen Essen und die Aufbewahrung von persönlichen Dingen, woran es im vorliegenden Fall jeweils fehlte. Die Unterkunftskosten hierfür dürfen ab diesem Jahr mit höchstens 1.000 Euro pro Monat als Werbungskosten abgezogen werden. Allerdings ist der Verpflegungsmehraufwand auf die ersten drei Monate beschränkt. Ob ein Pensionszimmer wie ein doppelter Haushalt behandelt werden kann, ohne einen solchen darzustellen, muss nun der Bundesfinanzhof entscheiden. In ähnlichen Fällen sollten die Einkommensteuerbescheide offen gehalten werden. Im vom Finanzgericht entschiedenen Fall wäre aktuell wegen des seit Anfang 2014 geltenden neuen Reisekostenrechts ein höherer Betrag abzugsfähig gewesen. Zum einen wegen der neuen Verpflegungspauschalen in Höhe von 12 Euro bei eintägigen Reisen ab 8 Stunden und 24 Euro bei mehr als 24 Stunden Abwesenheit. Zum anderen, weil bei der vom Gericht festgestellten Einsatzwechseltätigkeit keine dreimonatige Beschränkung für Verpflegungsmehraufwendungen gilt. Diese Neuregelung gilt nicht nur für Außendienstler, sondern auch beispielsweise für Pflegekräfte im mobilen Einsatz sowie Berufskraftfahrer und bei allen beruflichen Tätigkeiten auf mobilen, nicht ortsfesten betrieblichen Einrichtungen wie z.B. Fahrzeuge, Flugzeuge und Schiffe. 11 Doppelte Haushaltsführung | www.lexware.de Einzelne Problemfelder Berufliche Veranlassung Das oben genannte BMF-Schreiben enthält eine Vereinfachungsregelung zur Prüfung, ob eine Zweitwohnung beruflich veranlasst ist. Demnach wird auf der einen Seite die Entfernung zwischen Hauptwohnung und Beschäftigung mit der Entfernung zwischen der Zweitwohnung und der ersten Tätigkeitsstätte auf der anderen Seite verglichen. Eine Zweitwohnung am auswärtigen Tätigkeitsort liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer diesen arbeitstäglich aufsuchen kann. Wenn er in zumutbarer Weise hinkommt, dann kann eine Zweitwohnung am Beschäftigungsort angenommen werden. Auch innerhalb einer Großstadt wie Berlin oder Hamburg könnten grundsätzlich Hauptwohnsitz und eine Zweitwohnung zur Begründung einer doppelten Haushaltsführung vorliegen. Zuletzt verneinte dies jedoch das FG Hamburg im konkreten Fall eines Steuerpflichtigen (Urteil vom 26.2.2014, Az. 1 K 234/12). Hier war die Hauptwohnung nur 25 Kilometer und 41 Minuten mit Auto bzw. weniger als eine Stunde vom Beschäftigungsort entfernt. Somit galt der tägliche Arbeitsweg von dort aus als üblich und ohne Weiteres als zumutbar. Folge: Der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort fallen nach Richtermeinung nicht auseinander, eine doppelte Haushaltsführung wurde konsequenterweise verneint. Anders gelagert war der Fall, den das FG Münster mit Urteil vom 27.6.2013, Az. 3 K 4315/12 E (Revision beim BFH eingelegt: Az. VI R 59/13) entschied. Hier lag zwar die Zweitwohnung am Beschäftigungsort näher am Hauptwohnsitz (47 Kilometer Distanz) als an der ersten Tätigkeitsstätte (83 Kilometer). Dennoch akzeptierten die Richter ein „Wohnen am Beschäftigungsort“ mit der Konsequenz, dass die Kosten für eine doppelte Haushaltsführung anerkannt wurden. Hier war der Arbeitsplatz nicht in zumutbarer Weise arbeitstäglich zu erreichen. Wegen Baustellen und Staus betrug hier die regelmäßige Fahrzeit ein bis zwei Stunden, während von der Zweitwohnung aus eine Fahrtzeit unter einer Stunde möglich war. Ergänzend hierzu bot der Ort der Zweitwohnung für den klagenden Universitätsprofessor den Vorteil, dass dort zwei Bibliotheken in seinem Fachbereich waren, die er häufiger aufsuchte. Eigener Hausstand und finanzielle Beteiligung Die Unterhaltung eines eigenen Hausstands setzt seit der Gesetzesänderung zum 1.1.2014 eine finanzielle Beteiligung voraus. Für Fälle bis 2013 hat der BFH in mehreren Fällen sogenannten „Nesthockern“, also älteren, wirtschaftlich selbstständigen berufstätigen Kindern, die mit ihren Eltern in einem gemeinsamen Haushalt leben und diese Wohnung als Lebensmittelpunkt ansehen und daneben eine Zweitwohnung absetzen wollen, großzügig 12 Doppelte Haushaltsführung | www.lexware.de geurteilt und einen eigenen Hausstand zuletzt bei einem 52-Jährigen bejaht (BFH, Urteil vom 14.11.2013, Az. VI R 10/13). Im konkreten Fall erkannten die Finanzrichter an, dass der Sohn dort den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hatte und die Haushaltsführung maßgeblich mitbestimmte. Konsequenz: Ihm wurde der Hausstand als „eigener“ zugerechnet. Eine doppelte Haushaltsführung wurde anerkannt. Doch die steuerlich guten Zeiten für auswärts wohnende Arbeitnehmer mit einem Zimmer im Elternhaus dürften weitgehend vorbei sein. Bei Ledigen ist die steuerliche Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung seit 2014 deutlich schwieriger geworden, weil die finanzielle Beteiligung eine neue Kernvoraussetzung ist, die nachgewiesen werden muss. Hierzu ist die zehnprozentige Bagatellgrenze zu überschreiten. Einen eigenen Hausstand eines alleinstehenden Arbeitnehmers im Elternhaus anerkannt hat das FG Münster mit Urteil vom 12.3.2014, Az. 6 K 3093/11. Der Sohn konnte glaubhaft bezeugen, dass er dort seinen Lebensmittelpunkt hatte (viel Zeit mit Freunden und Freizeitaktivitäten dort verbringt) und dort weitgehend selbstständig und „abgenabelt“ vom Haushaltsbereich seiner Mutter lebte. Zudem beteiligte er sich an den Hauskosten und erledigte Garten- sowie Reparaturarbeiten. Praxishinweis: Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern Kosten erstatten wollen, können sich daran orientieren, dass diejenigen mit Steuerklassen III, IV oder V – also im Wesentlichen Verheiratete – einen eigenen Hausstand haben. Bei Ledigen, also Arbeitnehmer mit Steuerklasse I, II oder VI, sollte der Arbeitnehmer schriftlich erklären, dass sie neben einer Zweitwohnung an der ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand am Lebensmittelpunkt unterhalten und sich daran auch finanziell beteiligen. 13 Doppelte Haushaltsführung | www.lexware.de Verlagerung des Lebensmittelpunkts Praxisfall: Wegzug zum Beschäftigungsort Nichtselbstständige Eheleute zogen 2008 aus ihrem eigenen Haus in eine gemeinsame Zweitwohnung am Beschäftigungsort. Im Haus verblieb nur der volljährige Sohn, der immer wieder besucht wurde. Das FG München entschied (Urteil vom 8.5.2014, Az. 15 J 2474/12), dass sich hierdurch der Lebensmittelpunkt an den Ort der Zweitwohnung verlagert habe. Die doppelte Haushaltsführung wurde gestrichen. Anders wäre der Sachverhalt wohl entschieden worden, wenn minderjährige Kinder oder zu versorgende Verwandte im Haus verblieben wären. Um den Lebensmittelpunkt am Heimatort nachweisen zu können, müssen Belege erbracht werden – etwa: » Tankquittungen als Beweis für oftmalige Besuche am Erstwohnsitz, » Vereinsmitgliedschaften mit regelmäßigem Engagement vor Ort oder » ein dort ausgeübtes Ehrenamt oder eine politische Tätigkeit. 14 Doppelte Haushaltsführung | www.lexware.de Fazit Arbeitgeber werden für steuerfreie Auslösungen bei einer doppelten Haushaltsführung stärker denn je unterscheiden müssen, ob der unterstützte Mitarbeiter verheiratet oder ledig ist. Um für Betriebsprüfungen gewappnet zu sein, sollten letztere entsprechende schriftliche Erklärungen abgeben, die den Lebensmittelpunkt am Hauptwohnsitz und eine finanzielle Beteiligung stützen. Eine steuerfreie finanzielle Beteiligung durch den meist für die Begründung einer doppelten Haushaltsführung verantwortlichen Arbeitgeber ist weiterhin möglich. Insgesamt bringt die gesetzliche Neuregelung der doppelten Haushaltsführung in vielen Belangen mehr Klarheit. Doch neue rechtsfortbildende Rechtsprechung bleibt sicherlich nicht aus. Alternativ kann der Steuerpflichtige Werbungskosten geltend machen und so seine finanzielle Mehrbelastung etwas reduzieren. Doch nicht zu vergessen: Oft zieht eine doppelte Haushaltsführung auch physische und psychische Mehrbelastungen für die betroffenen Pendler und deren Angehörigen nach sich. 15 Doppelte Haushaltsführung | www.lexware.de Impressum Haufe-Lexware GmbH & Co. KG Small Business & Consumer – M. Reinert Munzinger Straße 9 79111 Freiburg E-Mail: [email protected] Web: www.lexware.de verantwortlich für den redaktionellen Inhalt: CONTENTmanufaktur GmbH, München Elisabeth Matejka, Eric Kubitz E-Mail: [email protected] Web: www.contentmanufaktur.net 16 Doppelte Haushaltsführung | www.lexware.de